Julia Ärzte zum Verlieben Band 121 - Marion Lennox - E-Book

Julia Ärzte zum Verlieben Band 121 E-Book

MARION LENNOX

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Beschreibung

NUR EINE NACHT MIT DR. SANTINI von MARINELLI, CAROL
Dr. Elias Santini traut seinen Augen nicht: Vor ihm liegt die bezaubernde Beth, mit der er vor Monaten eine unvergessliche Nacht verbracht hat - und bringt sein Kind zur Welt! Wie wird sie erst reagieren, wenn sie erfährt, dass er nicht nur Arzt, sondern auch noch Thronfolger eines kleinen Landes ist?

DAS GEHEIMNIS DES ITALO-DOCS von HARDY, KATE
Ihr letzter Freund hat sie im Stich gelassen, als sie ihn am nötigsten gebraucht hat. Seitdem ist Kinderärztin Jenna lieber allein. Ihr neuer Kollege Dr. Lorenzo Conti lässt ihr Herz schneller schlagen. Doch kann sie ihm vertrauen? Sie merkt: Irgendetwas verbirgt er vor ihr …

DER LANDARZT, DER EIN PLAYBOY WAR von LENNOX, MARION
Um feste Beziehungen hat Landarzt Tom Blake bisher einen großen Bogen gemacht. Dass er ein Playboy ist, weiß auch die hinreißende Tasha. Wie soll er sie je davon überzeugen, dass seine Gefühle für sie echt sind?

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Seitenzahl: 607

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Carol Marinelli, Kate Hardy, Marion Lennox

JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN BAND 121

IMPRESSUM

JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBENBand 121 - 2019 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2017 by Carol Marinelli Originaltitel: „Their Secret Royal Baby“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MEDICAL ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Karin Klas

© 2018 by Pamela Brooks Originaltitel: „Unlocking the Italian Doc’s Heart“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MEDICAL ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Bettina Röhricht

© 2016 by Marion Lennox Originaltitel: „Falling for Her Wounded Hero“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MEDICAL ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Karin Klas

Abbildungen: StockLite / shutterstock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733713454

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

CAROL MARINELLI

Nur eine Nacht mit Dr. Santini

So hätte Beth sich das Wiedersehen mit Notarzt Elias Santini nicht vorgestellt. Seit ihrer leidenschaftlichen Nacht vor neun Monaten ist sie auf der Suche nach ihm. Wie soll sie ihm erklären, dass er ihr gerade hilft, seine eigene Tochter zur Welt zu bringen?

KATE HARDY

Das Geheimnis des Italo-Docs

Verlieben kommt für Dr. Lorenzo Conti nicht infrage. Mit Frauen hat der Kinderarzt abgeschlossen. Dann bringt seine neue Kollegin Jenna mit ihrem fröhlichen Lachen und ihrem hinreißenden Charme seinen Vorsatz ins Wanken. Ist sie diejenige, die sein verwundetes Herz heilen kann?

MARION LENNOX

Der Landarzt, der ein Playboy war

Als der Halbbruder ihres verstorbenen Mannes Hilfe braucht, zögert Medizinerin Tasha keine Sekunde. Selbstverständlich ist sie für den Landarzt Tom Blake da. Natürlich nur aus Freundschaft, oder?

Nur eine Nacht mit Dr. Santini

1. KAPITEL

„Warst du Weihnachten bei deiner Familie, Elias?“

Es war fast Mitternacht und nach einigen geschäftigen Stunden in der Notaufnahme die erste Gelegenheit für die Mitarbeiter, sich zu unterhalten.

Mandy war heute die verantwortliche Krankenschwester und hatte ein Tablett mit Kaffee und Kuchen gebracht. Sie hatte offensichtlich Lust auf ein wenig Geplauder.

„Nein.“ Elias Santini nahm einen sehr willkommenen Schluck Kaffee, während er seinen Befund zu einem Patienten notierte. Er hatte Mr. Evans gerade an die Kardiologie überwiesen.

„Hast du etwa gearbeitet?“, fragte Mandy.

Elias war als stellvertretender Assistenzarzt in der Notaufnahme tätig. Er hatte in den letzten Monaten an verschiedenen Orten in London gearbeitet, wobei er regelmäßig ins Royal Hospital kam. Das bedeutete, dass die Leute dort, die ihn langsam besser kennenlernten, mehr über ihn und sein Leben wissen wollten.

„Nein“, sagte er. „Ich habe zwei Wochen freigenommen und bin gereist. An Silvester und Neujahr war ich in Schottland.“

Es geschah selten, dass Elias etwas über sein Privatleben erzählte. Mit diesem Informationshappen wollte er Mandy lediglich davon abhalten, das zu fragen, was sie bestimmt gerade hatte fragen wollen.

Doch leider funktionierte es nicht. Sie fragte trotzdem.

„Wo lebt eigentlich deine Familie?“

Es wäre einfacher gewesen, zu lügen.

Mit seinem dunklen, guten Aussehen und seinem Akzent hätte Elias sagen können, dass er aus Italien oder Griechenland käme. Er sprach beide Sprachen und wäre damit durchgekommen. Aber er wollte nicht lügen, außerdem wollte er seine Herkunft nicht verleugnen.

Er hatte nur bisher nicht darüber sprechen wollen.

„Medrindos“, antwortete er deshalb.

„Oh!“, rief Mandy. „Da waren Mark und ich in unseren Flitterwochen! Wir möchten unbedingt noch mal zurück, um zu sehen, ob es immer noch so wunderschön ist.“

„Das ist es“, versicherte Elias ihr.

„Wo ist es wunderschön?“, fragte Valerie, eine andere Krankenschwester, die zu ihnen trat und sich ein Stück Kuchen auswählte.

„Medrindos“, sagte Mandy. „Da kommt Elias her. Eine herrliche Insel im Mittelmeer.“

Damit hatte sie natürlich recht. Zudem handelte es sich um ein kleines, aber enorm vermögendes Königreich. Ein mediterranes Juwel und ein teures Urlaubsziel. Mandy schwärmte von den makellosen Stränden und dem azurblauen Wasser, den Kirchen und dem Palast. Elias schrieb weiter.

Er hatte sein Land nicht verleugnet, aber er hatte nicht erwähnt, dass er dort als Prinz an zweiter Stelle der Thronfolge stand. Doch Elias wusste, dass auch diese Information irgendwann durchsickern würde. Jemand würde etwas in den Nachrichten sehen, oder Mandy würde im Internet surfen, um ihre Erinnerungen an die schönen Flitterwochen aufzufrischen, und dort würde sie Fotos der Königsfamilie finden. Oder sie würde eine Schlagzeile über die wilden, jungen Royals lesen. Sein Bruder machte sich gerade ein schönes Leben an Bord der königlichen Jacht und besuchte in Südfrankreich eine Party nach der anderen.

Elias wusste, dass er bald erkannt werden würde. Vielleicht würde auch die Presse herausfinden, dass er hier arbeitete, genauso wie damals, als er in Oxford tätig war. Die aufgeregte Berichterstattung hatte dazu geführt, dass der Palast ihn nach Hause zitiert hatte. Daraufhin hatte Elias eine Weile dasselbe langweilige, wenn auch luxuriöse Leben geführt, das sein Bruder Andros offenbar so sehr genoss. Dass es dabei einige Skandale gegeben hatte, wurde geduldet, solange er den Schoß der Familie nicht verließ.

„Prinzen sind eben Prinzen“, hatte seine Mutter immer gesagt, wenn wieder einmal ein sensationslüsterner Artikel erschien.

Doch eine Schlagzeile hatte sie nicht einfach so beiseite wischen können. Elias war in etwas hineingeschlittert, das für einen Mann in seiner Position wohl immer eine Gefahr darstellte: Eine hochschwangere Frau hatte sich an die Presse gewandt und behauptet, sie trage sein Kind unter dem Herzen.

Auch wenn Elias dem Palast versichert hatte, dass es keinen Grund gab, hatten sie Anwälte und PR-Menschen losgeschickt. Sie hatten sogar schon Zahlungspläne ausformuliert, falls das Baby tatsächlich seins war.

Allerdings hatten sie zwei Punkte übersehen.

Ja, es gab Fotos von dieser Frau und Elias auf einer Hochzeit in London, und ja, sie waren auf derselben Feier in einem Luxushotel gewesen.

Aber sie hatten nie miteinander geschlafen.

Und wenn seine Mutter ihn auch nur ein kleines bisschen gekannt hätte, hätte diese Sache sie zum Lachen gebracht, absurd, wie sie war. Denn die Frau hatte behauptet, Elias hätte ihr seine Liebe gestanden.

Solche Worte hatte Elias niemals auch nur gedacht, geschweige denn ausgesprochen.

Doch dafür hatte sich niemand interessiert. Sie hatten alle nur auf das Ergebnis des DNA-Tests gewartet. Und als der zeigte, dass Elias nicht der Vater war, hatte der Palast kollektiv aufgeatmet.

Elias hatte es natürlich von Anfang an gewusst.

Der Skandal hatte nicht dazu beigetragen, dass er sich in seinem Leben wohler fühlte. Auch wenn es anfangs Spaß gemacht hatte, als junger Mann aus königlicher Familie die Beine von der Jacht baumeln zu lassen, kam ihm dieses Dasein doch schnell sinnlos vor. Er wollte nicht sein Leben lang auf verschwenderische Partys, quälend lange Empfänge und Eröffnungen gehen oder sich auf einer Jacht betrinken.

Das war ein leeres Leben, völlig bedeutungslos. Als er mit seinen Eltern darüber gesprochen hatte, war ihr Vorschlag gewesen, doch zu heiraten. Prinzessin Sophie von Theodora war ihre erste Wahl. Sie weigerten sich, seiner Liebe zur Medizin weitere Gedanken einzuräumen, und er weigerte sich, auf ihren Befehl hin zu heiraten. Und so hatte er all das vor ungefähr sechs Monaten hinter sich gelassen und war erneut nach England gezogen. Dieses Mal jedoch nach London.

Er flog zurück nach Medrindos, wenn er dort bei offiziellen Anlässen gebraucht wurde, aber hier in London genoss er es, dass niemand von seiner königlichen Abstammung wusste. Auch wenn das nicht immer einfach war – er musste stets einen gewissen Abstand zu anderen wahren. Aber er war willens, diesen Preis zu zahlen, um ganz normal leben zu können und seiner geliebten Arbeit nachzugehen.

Er sah auf, als Roger, der Facharzt, der heute im Dienst war, hereinkam.

„Wie geht es Mr. Evans?“, fragte Roger.

„Ich habe ihn gerade an die Kardiologie überwiesen“, sagte Elias. „Aber die haben mit einem Patienten auf der Intensivstation zu tun, deswegen dauert es wohl noch eine Weile, bis jemand runterkommt.“

„Willst du dich kurz schlafen legen, während es so schön ruhig ist?“, fragte Roger.

Er würde um neun Uhr mit seiner Schicht durch sein, während Elias das ganze Wochenende über Bereitschaft hatte. Es schien ihm ein wenig früh, um schon Pause zu machen, aber hier musste man jede Chance nutzen, die sich bot. Wer wusste schon, wann es wieder so ruhig sein würde.

„Gern.“ Elias trank den Rest seines Kaffees aus, doch noch während er sich umdrehte, entschied er sich anders.

„Roger, können wir uns wohl am Montag mal unterhalten?“

„Wir können uns auch jetzt unterhalten“, sagte Roger.

Aber Mandy war immer noch da, und Elias wollte es richtig machen.

„Lieber am Montag.“

„Na gut. Dann komme ich um halb neun rein“, sagte Roger. „Wir können sprechen, bevor du nach Hause gehst.“

„Wunderbar.“

Elias ging quer durch die Abteilung zur Beobachtungsstation. Dahinter lagen der Personalraum und der Bereitschaftsraum.

Ein älterer Herr, den Elias vor ein paar Stunden auf die Beobachtungsstation gebracht hatte, sang I belong to Glasgow, auch wenn sie sich im Herzen Londons befanden. Elias lächelte der Krankenpflegerin zu, die hinter dem Schreibtisch saß.

„Ich brauche Ohrenstöpsel“, sagte sie. „Der singt bestimmt noch eine Weile.“

Das Lied verfolgte ihn bis in den Bereitschaftsraum, und Elias sah sich nach dem Schlafhilfegerät um, das weißes Rauschen erzeugte und den Lärm von außerhalb blockierte. Irgendwo musste es sein. Manchmal, wenn neue Reinigungskräfte anfingen, stellten sie es in den Schrank. Und dort war es tatsächlich. Elias schaltete das Gerät an und das Licht aus. Er ließ die Schuhe an, streckte sich auf dem Bett aus und schloss die Augen.

Das Gerät war gut, aber nicht gut genug. Die dunkle Baritonstimme erreichte ihn noch immer.

„I belong …“

Der Mann musste Schotte sein. Und er selbst? Wo gehöre ich hin, fragte sich Elias. Langsam hatte er das Gefühl, nach London zu gehören. Hier gefiel es ihm. Natürlich würde er immer auch nach Medrindos gehören, darauf wiesen seine Eltern ihn oft genug hin. Aber vielleicht konnte er sich ja an zwei Orten zu Hause fühlen?

Ja, Mandy oder irgendjemand anderes würde bald herausfinden, wer er war. Aber darauf war er vorbereitet. Er wurde bald dreißig und wusste, dass er sich auf die Notaufnahme spezialisieren wollte. Nach seinen zwei Jahren beim Militär von Medrindos hatte er sich durchgesetzt und in England Medizin studiert.

Sein königlicher Status verbot es ihm jedoch, in Medrindos als Arzt zu arbeiten.

Elias liebte sein Land sehr, und seine Eltern kümmerten sich gut darum.

Aber das war auch das Problem.

Das Königreich war wohlhabend, und jemand, der an zweiter Stelle der Thronfolge stand, hatte wenig zu tun. Sein Vater Bruno war sechzig, und mit den typischen Genen der Familie würde er vielleicht noch dreißig weitere Jahre König bleiben. Dann würde sein wilder Bruder Andros den Thron besteigen.

Elias hingegen wollte seine Karriere im medizinischen Bereich vorantreiben. Er wollte noch mehr lernen und seine Kompetenzen erweitern. Er überlegte, ob er sich bewerben sollte, fest hier im Krankenhaus zu arbeiten, um sich zum Facharzt ausbilden zu lassen.

Er atmete tiefer und glitt in den Schlaf.

Vielleicht war es der schottische Akzent des Sängers dort draußen, der seine Gedanken und seine Träume zurückführte zu jener einen Nacht.

Zu jener Nacht, in der er alles hinter sich gelassen hatte …

Elias sah sich auf der Jacht stehen, nachdem sie wochenlang zwischen den griechischen Inseln herumgekreuzt waren. In dieser Nacht hatten er und Andros zu einer feudalen Party geladen.

Prinzessin Sophie war dort, und das war kein Zufall.

Alvera, die Leiterin der Palast-PR, hatte vorgeschlagen, dass Sophie und Elias öffentlich zusammen tanzen und am nächsten Morgen gemeinsam an Land beim Frühstück gesehen werden sollten. Es sollte eine Hochzeit geben. Einer der jungen Prinzen sollte endlich sesshaft werden.

Er blickte zu Sophie hinüber. Sie schien genauso wenig begeistert zu sein wie er, diese Sache ins Rollen zu bringen, und lächelte ihm mit einem Achselzucken zu.

Ihre beiden Länder wünschten sich diese Hochzeit und warteten atemlos darauf. Sophie und Elias wussten, dass schon ein Tanz oder ein einziger Kuss bedeuten würde, dass sie eine Beziehung eingehen würden. Und auch wenn diese eine Weile lang inoffiziell bleiben würde, wäre eine Trennung nur noch mit großer Peinlichkeit für Sophie und ihre ganze Familie möglich.

Also wäre es besser, erst dann etwas anzufangen, wenn sie sich wirklich sicher waren.

Deshalb ging Elias nicht zu ihr hinüber, sondern nahm sich eine noch nicht geöffnete Flasche Champagner und verließ das Deck so diskret wie möglich.

Niemand sah, wie er von der Jacht trat und den Pier entlangging. Er trug eine schwarze Hose, ein maßgeschneidertes weißes Hemd und keine Schuhe. Er ging zum Strand hinunter, spürte den Sand unter den Füßen und ein Gefühl der Freiheit. Dadurch, dass er nicht mit Sophie tanzte, hatte er sich Zeit erkauft. Wenn auch nicht viel, denn in den Augen ihrer Familien waren sie bereits verlobt. Es würde nicht mehr lange dauern, bis diese Verbindung auch offiziell bekannt gemacht werden würde.

Dass er die Sache verzögerte, würde ihn noch etwas kosten. Aber daran war er gewöhnt.

Mit seiner Mutter sprach er eigentlich nur, wenn es nötig war, einen Skandal auszubügeln oder eine Tradition aufrechtzuerhalten. Das war schon immer so gewesen. Königin Margarita hatte im Leben ihrer Söhne kaum jemals eine Rolle gespielt. Dafür hatten sie Kindermädchen gehabt. Manchmal war sie zu ihnen gekommen, nachdem sie zu Abend gegessen hatten, um eine gute Nacht zu wünschen. Das war eine seiner frühesten Erinnerungen. Er hatte sich so sehr gefreut, seine Mutter zu sehen, dass er vor Aufregung seine Milch verschüttet hatte und die Königin verschreckt zurückgewichen war.

„Kümmert sich bitte jemand um Elias?“, hatte sie gesagt.

Heute trank er keine Milch mehr, aber das Gefühl war geblieben. Seine Aufgabe und die von Andros war, bei öffentlichen Auftritten neben ihrer Mutter zu stehen.

Das reichte ihm jedoch nicht. Er wollte mehr. Er wollte nicht heiraten, er wollte keine Partys mehr feiern, er wollte nicht mehr mit Frauen schlafen, die ihm nichts bedeuteten.

Elias grub die Füße in den Sand und blickte zur Jacht hinüber. Lachen war über das Wasser hinweg zu hören, und er war froh, allein hier zu stehen. Dieses Leben war so langweilig. Er vermisste es, Teil eines Teams zu sein und vor allem, sein Hirn einzusetzen. Sein Vater hatte vorgeschlagen, ihm eine Beraterrolle im Krankenhaus von Medrindos zu verschaffen, aber Elias konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen.

Er öffnete die Flasche Champagner.

„Feierst du etwas?“

War er gar nicht allein am Strand? Er drehte sich um. Unter einem Baum saß eine Frau, die Beine lang ausgestreckt und die Hände hinterm Kopf verschränkt, als würde sie sich im Licht des Mondes sonnen.

„Glaube schon“, sagte Elias. Auch wenn in seiner Welt die Champagnerkorken jeden Tag schon zum Mittagessen knallten.

„Dabei hatte ich gedacht, ich könnte hier in Ruhe das Paradies genießen.“

„Ich wollte nicht stören“, sagte er und lächelte über ihren leichten schottischen Akzent.

„Schon gut.“ Sie hielt ein Plastikglas in der Hand, und er hob die Flasche, um ihr einen Schluck Champagner anzubieten. Als sie lächelte, blitzten ihre Zähne auf. „Ich dachte schon, du fragst nie.“

Er ging zu ihr hinüber und goss ihr etwas Champagner ins Glas. Sie hatte lange Locken, aber im Dunkeln konnte er die Haarfarbe nicht erkennen.

„Cheers!“, sagte sie.

„Cheers.“

Sie nahmen beide einen Schluck, sie aus dem Plastikglas, er aus der Flasche. Ein angenehmer Moment.

„Klingt, als ob die da drüben Spaß haben“, sagte sie und wies mit dem Kopf in Richtung der Jacht.

Elias wollte ihr nicht verraten, dass er gerade dort herkam und von Spaß nicht die Rede sein konnte.

„Anscheinend. Ich bin Elias“, sagte er und runzelte gleichzeitig die Stirn. Seine Stimme hatte, als er seinen Namen sagte, wie die einer Frau geklungen.

„Elias!“

Er öffnete die Augen. Mandy hatte sich in seinen Traum von jener Nacht geschlichen. Er setzte sich auf, als die Tür des Bereitschaftsraums weiter geöffnet wurde und das helle Licht hineinfiel. Die Nacht am Strand war mit einem Mal wieder weit weg.

Der dringende Klang in Mandys Stimme sagte ihm, dass etwas geschehen war. Sonst hätten sie ihn weiterschlafen lassen. Er stand auf und folgte ihr durch den Korridor.

„Wir haben eine junge Frau, die zu früh ihre Wehen bekommen hat. Ich hab das Gyn-Team angefragt, aber da oben scheint die Hölle los zu sein.“

Das passierte hin und wieder. Die Gynäkologen warteten schließlich nicht Kaffee trinkend darauf, dass sich die Notaufnahme meldete. Erst letzte Woche hatte Elias selbst einem Jungen auf die Welt geholfen, bevor jemand gekommen war. Doch es war eine einfache Geburt gewesen, und das Kind war zum errechneten Termin gekommen. Anders als heute.

Er war schlagartig wach, als Mandy weitersprach: „Mr. Evans geht es leider schlechter. Ich habe Unterstützung angefordert, denn Roger ist gerade dabei, ein Kind wiederzubeleben.“

Wie so oft war es in der Notaufnahme ganz plötzlich hektisch geworden.

„Wie weit ist die Schwangerschaft?“, fragte Elias.

„Neunundzwanzigste Woche. Ihre Fruchtblase ist geplatzt, als wir sie aufs Bett gelegt haben. Das Baby kommt, und zwar sehr schnell.“

Sie hatten die Kabine erreicht, und Elias atmete einmal tief durch. Er hatte noch nie allein ein Frühchen holen müssen. Hinter dem Vorhang hörte er ein Stöhnen.

„Wie heißt sie?“

Bevor Mandy ihm den Namen der Patientin sagen konnte, betrat Elias die Kabine. Und bevor Mandy ihn aussprach, wusste er es auch schon.

„Beth.“

Sie saß aufrecht und in einen Krankenhauskittel gehüllt auf dem Bett. Eine Decke war über Bauch und Beine gebreitet. Sie trug ihr wunderschönes rotes Haar aufgesteckt, aber einige Locken hatten sich gelöst und glänzten dunkel vor Schweiß. Ihre mandelförmigen Augen waren geschlossen. Lange, weißgoldene Ohrringe mit Rubinen glitzerten an ihren Ohren.

Die hatte sie auch an dem Abend getragen, als sie sich kennengelernt hatten.

Er konnte sich noch genau erinnern, wie er ihr Hotelzimmer betreten, das Licht eingeschaltet und die Frau erblickt hatte, die er davor nur im Mondlicht hatte betrachten können – das dunkle Rot ihres Haars, ihre blassrosa Lippen und die meerblauen Augen.

Nun hatte Valerie ihren Arm um Beths Schultern gelegt und bat sie, noch nicht zu pressen.

Elias zögerte. Könnte Mandy einen anderen Arzt suchen? Könnte er vielleicht mit Roger tauschen?

Aber natürlich war das nicht möglich. Bis Roger ihm alles über das Kind berichtet und sich selbst über Beth informiert haben würde, wären für beide Patienten wertvolle Minuten verstrichen. Es gab keine Zeit zu verlieren. Mandy hatte gesagt, das Baby wäre schon fast da.

Sein Baby?

Darüber konnte er momentan nicht nachdenken.

„Beth“, sagte Valerie. „Dr. Santini ist da …“

2. KAPITEL

Beth blinzelte ungläubig, als sie die Augen öffnete und Elias auf sich zukommen sah. Es dauerte einen Moment, bis sie erkannte, dass er dunkelblaue Krankenhauskleidung trug und ein Namensschild. Er war der Arzt, der sie behandeln sollte?

Sie bekam ja kaum Luft, wie sollte sie da protestieren? Sie wollte nicht, dass er sie so sah! Sie wollte nicht, dass er auf diese Weise herausfand, dass er Vater wurde.

Nichts lief wie geplant.

Noch vor fünfzehn Minuten hatte sie sich selbst wegen eines gut erledigten Jobs auf die Schulter geklopft. Sie war aus dem Restaurant getreten und wollte die Straße überqueren, um zu ihrem Hotel zurückzukehren. Und nun blickte sie in die Augen des einzigen One-Night-Stands, den sie jemals gehabt hatte.

Elias.

Beth wünschte sich, in ihrem Hotelbett zu erwachen und herauszufinden, dass sie nur einen Albtraum hatte. Sie versuchte, vom Bett zu steigen.

„Ich will nach Hause.“

„Beth, Sie müssen sich hinlegen“, sagte Valerie und hielt sie auf.

Aber Beth machte sich von ihr los. Dabei rutschte ihr der Kittel herunter.

„Ich kann nicht …“ Beth griff nach einer Stange des Metallbetts und rüttelte daran. „Ich will zurück ins Hotel. Ich will …“

Elias nahm ihre Hand. Er sah, wie verzweifelt sie war, und das lag nicht nur an ihm. Sie hatte Wehen, starke, heftige Wehen, die ihr Angst machten.

„Es ist alles in Ordnung“, sagte er.

Seine Stimme klang so ruhig und vernünftig. Beth starrte ihn an. Ob er sie überhaupt erkannte? Wie konnte er so ruhig sein, obwohl alles, wirklich alles schiefging?

Beth war in ihrer Rolle als Eventmanagerin nach London gekommen, um Mr. Costas bei der Eröffnung der neuesten Niederlassung seiner renommierten Restaurantkette zur Seite zu stehen.

Er war ihr wichtigster Kunde.

Der Abend war gelaufen wie geplant. Das Restaurant hatte sich hauptsächlich mit Freunden und Verwandten von Mr. und Mrs. Costas gefüllt. Die meisten waren extra nach London gereist, aber weil sie viele der Gäste schon von anderen Events kannte, war die Organisation fast ein Kinderspiel gewesen. Im Hotel auf der anderen Straßenseite waren genug Zimmer reserviert, und alles verlief perfekt.

Doch dann, als die meisten Gäste sich schon verabschiedet hatten, hatte Beth plötzlich Hitze in sich aufsteigen gefühlt. Sie hatte ein schwarzes Wollkleid getragen, schwarze Strumpfhosen und High Heels, und obwohl es eine kalte Januarnacht war, legte sie sich den Mantel nur über den Arm. Die Kälte draußen hatte ihren heißen Wangen gutgetan, und sie hatte gierig nach Luft geschnappt. Als sie gerade die Straße überqueren wollte, durchfuhr sie ein scharfer Schmerz im Rücken.

Bestimmt die High Heels, dachte Beth, aber der Schmerz ließ sie innehalten. Obwohl der Asphalt nass war, wollte sie sich mitten auf der Straße die Schuhe ausziehen. Doch als sie sich dafür vorbeugte, breitete sich der Schmerz weiter im Rücken und so weit nach vorne aus, dass er sie wie ein Gürtel umschloss. Beth legte sich eine Hand auf den Bauch, der sich hart und angespannt anfühlte.

Als der Schmerz vorbeiging, richtete sie sich wieder auf und lehnte sich gegen einen Laternenpfahl, um durchzuatmen. Da stand sie auf Strümpfen und brach in der nächsten Sekunde in kalten Schweiß aus. Sie glaubte, sich übergeben zu müssen. Das Hotel lag einfach nur auf der anderen Straßenseite, aber für Beth schien es meilenweit entfernt.

Sie nahm ihr Telefon zur Hand und blickte es ratlos an. Was sollte sie tun? Sollte sie das Krankenhaus anrufen, in dem sie sich für die Geburt angemeldet hatte? Aber was sollten sie in Edinburgh für sie tun? Sollte sie einen Krankenwagen rufen? Nein, entschied sie. Der Schmerz war vorbei. Vielleicht hatte sie sich nur den Magen verdorben.

Auch wenn das vermutlich bedeuten würde, dass alle Gäste der Costas über der Toilette hängen würden.

Da kam der nächste Schmerzanfall.

Er war nicht so schlimm wie der erste, aber schlimmer als die Übungswehen sein sollten, auf die sie die Hebamme bei ihrem letzten Besuch hingewiesen hatte. Tief im Becken verspürte Beth ein Ziehen, als hätte sich das Baby nach unten verlagert und drängte nun nach außen.

Sie musste ins Krankenhaus. Zum Glück kam in diesem Moment ein Taxi vorbei, dem sie entschlossen winkte.

„Können Sie mich bitte ins nächste Krankenhaus fahren?“, fragte sie.

„Das Royal?“

„Ja.“

Beth saß mit klopfendem Herzen im Fond und versuchte, sich davon zu überzeugen, dass sie überreagierte.

Wen sollte sie anrufen? Ihre Eltern? Diesen Gedanken schob sie sofort zur Seite. Ihre Eltern waren wütend und beschämt darüber, dass Beth schwanger war. Sie wollten nichts mit ihr zu tun haben.

Ihre Mutter kam dann und wann zu Besuch, mit selbst gestrickten Jäckchen und Socken, und ihr Vater hatte ihr eine Karte geschickt und einen Scheck beigelegt, damit sie ein paar Babysachen kaufen konnte. Es war schließlich nicht die Schuld des Kindes, hatte er geschrieben.

Vielleicht könnte sie Rory anrufen, ihren Ex-Freund.

Nur dass es unfair war, ihn nach Mitternacht aus dem Bett zu klingeln. Er konnte schließlich nichts tun.

Außerdem war es nicht sein Kind.

Beth zwang sich, ruhig zu bleiben. Der Schmerz war wieder vorbei, und selbst wenn sie wirklich schon Wehen hatte, gab es Medikamente, mit denen man sie aufhalten konnte. Einer Freundin war das so passiert. Vielleicht würde sie also länger in London bleiben als geplant, aber das wäre machbar.

Hauptsache, dem Baby ging es gut.

Da kam die nächste Schmerzwelle auf sie zugerollt. Und die war sogar noch heftiger als die erste. Beth entfuhr ein lang gezogenes Stöhnen. Am liebsten hätte sie sich auf dem Boden des Taxis zusammengerollt.

„Halten Sie durch“, rief der Taxifahrer. „Wir sind gleich da.“

Er hielt vor der Notaufnahme, drückte auf die Hupe und fuchtelte mit den Armen, um zu zeigen, dass sie Hilfe brauchten. Einer der Wachmänner eilte ins Gebäude.

Die Schmerzen waren wieder vorbei, aber Beths Beine fühlten sich an wie Wackelpudding. Sie konnte sich nicht bewegen und begann zu zittern. Es war nicht möglich, dass das Baby schon unterwegs war. Bei der ersten Geburt dauerte es schließlich immer ewig. Und sie hatte ja nur ein paar Wehen. Sie griff nach ihrer Handtasche.

„Wie viel schulde ich Ihnen?“, fragte Beth und versuchte, ihre Stimme normal klingen zu lassen.

„Schon gut“, sagte der Fahrer. „Geht aufs Haus.“

„Hier.“ Beth hielt ihm einen Geldschein hin. Er nahm ihn nicht. „Hier!“, schrie sie. Sie schrie nie. Es sollte eine ganz normale Taxifahrt sein, kein Notfall. „Nehmen Sie mein Geld.“

Man musste immer die Kontrolle behalten – das hatte Beth gelernt. Irgendwo in ihr gab es zwar diesen Drang, etwas Verrücktes, Wildes zu tun, aber sie hatte immer gewusst, wie man diesen Drang unterdrückte.

Abgesehen von diesem einen Mal.

Und deshalb war sie jetzt hier.

Beth versuchte, an den zwei Krankenschwestern vorbeizusehen, die mit einem Rollstuhl auf sie zukamen. Endlich nahm der Taxifahrer das Geld. Die Tür wurde geöffnet.

„Ich kann selbst laufen“, sagte sie, musste sich jedoch am Griff festhalten, um sich nicht zusammenzukrümmen.

„Wir helfen Ihnen“, sagte eine der Pflegerinnen.

Beth hatte keine Wahl. Sie griff nach der ausgestreckten Hand. Sie trug noch immer den Mantel und die Schuhe mit sich und zitterte am ganzen Körper.

„Ich bin Mandy“, sagte die andere Pflegerin. „Und das hier ist Valerie. Wie heißen Sie?“

„Beth.“

„Wie weit sind Sie, Beth?“, fragte Mandy und half ihr in den Rollstuhl.

„Neunundzwanzigste Woche.“

Sie wurde in die geschäftige Notaufnahme geschoben. Die Türen zu einem angrenzenden Raum öffneten sich, und Beth sah, wie mehrere Ärzte um ein Kind herumstanden, und noch weiter hinten bekam ein Mann eine Herzmassage.

Sollten die Krankenschwestern nicht lieber dort mithelfen?

Inzwischen hatten sie sie in eine Kabine gerollt, halfen ihr beim Aufstehen und fragten sie über ihre Schwangerschaft und die Schmerzen aus. Da fühlte Beth etwas Heißes, Nasses zwischen den Beinen.

„Ich hab mir in die Hose gemacht“, flüsterte Beth und fing an zu weinen. Das war alles so peinlich. Die beiden Frauen halfen ihr auf das Bett.

Mandy zog ihr die Strumpfhose und den Slip aus, während Valerie versuchte, ihr Kleid zu öffnen. Da kam noch eine Helferin herein. Wieso konnten einfach so Leute reinkommen, wenn sie fast nackt war? Zum Glück bedeckte Mandy sie schnell mit einer Decke. Beth sah die Sorge in den Augen der Schwester. Mandy nahm ihr Handy aus der Kitteltasche, und plötzlich war sie verschwunden.

„Wir brauchen Ihren Namen und Ihre Adresse“, sagte die Helferin.

Konnte das jetzt wirklich so wichtig sein?

„Elizabeth Foster.“

„Und Ihre Adresse, Elizabeth?“

„Beth“, korrigierte sie die Frau. Sie hatte schon wieder geschrien, aber sie hasste es, Elizabeth genannt zu werden. So riefen ihre Eltern sie, wenn sie wütend waren.

Und in letzter Zeit waren sie ständig wütend gewesen.

„Ihre Adresse?“

Beth leierte sie herunter.

„Da sind Sie aber weit weg von zu Hause“, sagte Valerie.

„Ich bin zum Arbeiten hier.“

„Ihre nächsten Verwandten?“, fragte die andere Frau.

Beth konnte sich kaum noch auf sie konzentrieren, geschweige denn antworten. Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht, dass jemand ihre Eltern benachrichtigte, wenn die doch nichts mit dem Baby zu tun haben wollten. Aber Valerie sprach sanft auf sie ein.

„Wenn Ihnen etwas passiert, müssen wir doch wissen, wen wir anrufen sollen“, sagte sie.

Das konnte Beth sich erst recht nicht vorstellen. Wenn ihr etwas geschah und jemand ihre Eltern mitten in der Nacht mit schlechten Neuigkeiten aus dem Bett holte …

„Rory“, stöhnte Beth unter Schmerzen.

Rory würde wissen, wie er mit ihnen umzugehen hatte.

„Ist das Ihr Partner?“, fragte die Helferin.

„Mein Ex. Aber er ist ein guter Freund der Familie. Er weiß Bescheid, und wenn mir was passiert, kann er meine Eltern benachrichtigen.“

„Hat er eine Telefonnummer?“

„Hab ich im Handy gespeichert.“

Sie fand seine Nummer und diktierte sie der Frau. Ein Inkubator mit Wiederbelebungseinheit wurde in die Kabine geschoben. Beths Herz fing an zu rasen.

„Es ist doch noch viel zu früh. Können Sie mir nicht etwas geben, um die Wehen zu stoppen?“

Valerie legte einen Arm um sie. „Alles wird gut.“

„Ich muss pressen.“

„Noch nicht. Warten Sie, bis der Arzt hier ist.“

Beth kniff die Augen zusammen und kämpfte gegen den Drang an, das Baby aus sich herauszudrücken. Als ob man die Flut aufhalten könnte!

Alles ging schief. Wirklich alles.

Denn als sie die Augen öffnete, war er da.

Elias.

Ihr One-Night-Stand. Der Vater ihres Kindes.

„Nein.“

Sie versuchte, vom Bett zu kommen. „Ich will nach Hause.“

Nur weg hier!

Aber natürlich konnte sie nicht einfach abhauen. Der logische Teil ihres Hirns wusste das. Genauso wie ihr Arzt. Er nahm ihre Hände und hielt sie sanft an den Handgelenken fest. Ihr Krankenhaushemd rutschte ihr über die Schultern und legte ihre Brüste frei.

Das war auch schon egal.

Erkannte er sie wirklich nicht wieder? Wieso war er so ruhig?

Sie hatte ihn jedenfalls keine Sekunde vergessen. Auch wenn sie nicht geglaubt hatte, ihn jemals wiederzusehen. Doch da waren diese grauen Augen, die sie so einfach verführt hatten. Sie konnte es noch nicht recht glauben.

Er trug zerknitterte Krankenhauskleidung, und seine Haare waren länger als damals. Sie fielen ihm ins Gesicht, und sie hätte sie ihm gern aus den Augen gestrichen. Unrasiert war er auch. Als wäre er gerade erst aufgewacht.

„Beth“, sagte er. „Das Gynäkologieteam ist auf dem Weg. Im Moment musst du allerdings mit mir vorliebnehmen.“

Sie starrte ihn an.

„Ich bin Arzt. Ich muss dich jetzt untersuchen.“

„Oh, nein!“, rief sie. „Ich will einen Gynäkologen!“

Valerie drückte ihr die Schulter. „Dr. Santini weiß, was er macht“, versuchte sie, sie zu beruhigen. „Er ist Assistenzarzt bei uns hier in der Notaufnahme. Letzten Monat hat er einen gesunden, kleinen Jungen zur Welt gebracht. Sie sind in guten Händen, Beth.“

Sie stellte doch nicht seine dämlichen Qualifikationen infrage. Es war der Mann an sich, gegen den sie etwas hatte. Valerie half ihr zurück aufs Bett, während Elias ganz ruhig einen Papierkittel überzog und dann auch noch Handschuhe.

„Hast du damals …“ Sie brachte den Satz nicht zu Ende, aber Elias verstand, das sah sie ihm an.

Damals hatte er sie mit den Fingern erforscht, warum brauchte er jetzt verdammt noch mal Handschuhe? Und nein, ein Kondom hatte er auch nicht benutzt.

„Wir müssen jetzt an das Baby denken“, sagte er.

Beth schaute ihm in die Augen und sah dort Besorgnis. Echte Besorgnis.

„Kannst du ihr bitte Sauerstoff geben?“, fragte er Valerie, die versuchte, mit einem Gerät die Herztöne des Babys zu finden.

Ihren Kittel hatte Beth längst verloren. Sie war nackt, verängstigt und verwundbar.

„Darf ich dich untersuchen, Beth?“, fragte Elias.

Wieder war eine Durchsage zu hören. Jemand rief einen Anästhesisten aus. Beth musste an den Mann denken, der draußen wiederbelebt wurde. Und das kranke Kind, über das sich zwei andere Krankenschwestern unterhalten hatten. Sie brauchten mehr Personal, hatten sie gesagt.

Beth sah Elias an. Für ihn war das hier wohl auch nicht einfach. Sie wusste, dass er sie erkannt hatte. Denn seine Stimme klang gepresst, als er sie um Erlaubnis gefragt hatte, sie zu untersuchen.

Sie nickte und gestand ihm, dass sie Angst hatte. „Es geht viel zu schnell. Bislang ist alles ganz normal gelaufen.“

„Wie lang hast du schon Wehen?“, fragte Elias, während Mandy ihr half, die Beine aufzustellen.

„Ich weiß nicht.“ Beth dachte daran, wie sie ratlos mit dem Handy in der Hand vor dem Restaurant gestanden hatte. „Vielleicht seit Mitternacht.“

Elias warf einen Blick auf die Uhr. Es war nicht einmal zwanzig nach zwölf. Die Arme, dachte er. Und nicht nur, weil es Beth war.

Das hier war eine Sturzgeburt, bei der der Fötus vom Uterus geradezu abgestoßen wurde, und auch wenn zu früh geborene Babys oft sehr schnell kamen, so war dieses hier wirklich besonders fix. Die Wehen schienen brutal und erschöpfend zu sein, und Beth wirkte schon jetzt geschwächt und wie unter Schock.

„Kannst du mir etwas geben, um die Wehen zu stoppen?“, fragte sie, während er sie untersuchte.

Er biss kurz die Zähne zusammen. „Beth, dein Baby wird gleich da sein. Ich kann dir nichts mehr geben. Wir müssen nur versuchen, diesen letzten Teil so lange wie möglich hinauszuzögern. Du darfst noch nicht pressen …“

Er wollte versuchen, die Geburt mit der Hand zu kontrollieren. Eine zu schnelle Geburt könnte das Hirn des Kindes schädigen. Außerdem hoffte er noch immer, dass ihm jemand zu Hilfe kommen würde.

Er sah zu Mandy hinüber.

„Sollen wir rübergehen?“ Er meinte den Wiederbelebungsbereich, weil sie dort mehr Medikamente und Geräte zur Verfügung hatten. Aber Mandy schüttelte den Kopf. „Alles voll. Und das Team ist ja schon unterwegs.“

Elias nickte.

Er hatte schon mehrfach gesehen, wie sie arbeiteten. Sie hatten immer alles dabei, was sie brauchten. Sie konnten diesen winzigen Raum im Handumdrehen in eine Intensivstation für das Baby verwandeln – und auch in einen Operationssaal, falls Beth Hilfe brauchte.

Er hielt die Finger am Kopf des Babys und versuchte, die Geschwindigkeit zu steuern. Der Kopf war winzig. Ganz anders als bei dem Jungen letzten Monat.

„Es geht wieder los“, sagte Beth. „Ich muss pressen.“

„Nein, nein“, sagte er, aber nicht im Befehlston, sondern so sanft wie möglich. Er wollte sie überzeugen, widerstehen zu können. „Atme, Beth, langsam atmen.“

Sie hechelte fast.

„Langsam“, wiederholte er. „Wir wollen dem Kleinen hier ganz langsam auf die Welt helfen.“

Die nächste Wehe begann, und Beth stöhnte. Jede Zelle ihres Körpers sagte ihr, dass sie das Kind endlich hinausdrücken sollte.

„Es ist noch zu früh“, sagte sie weinend. „Das Baby ist viel zu früh.“

„So ist es jetzt eben“, sagte Elias, als der Schmerz wieder weniger wurde.

Seltsam: Diese Worte beruhigten Beth. So sprach ihr Vater immer, wenn seine Gemeindemitglieder mit Sorgen zu ihm kamen. Ihr Vater war immer so ruhig und so weise. Er hörte zu, lauschte den Ängsten und jedem einzelnen Drama, und dann sagte er diese Worte: So ist es jetzt eben. Daraufhin versuchte er, seinen Schäfchen zu helfen, nach vorne zu blicken und weiterzumachen.

Mit ihr war ihm das jedoch nicht gelungen. Es war zu viel für ihn gewesen, dass seine so wunderbare, gut erzogene Tochter aus ihrem vorgezeichneten Alltag ausgebrochen war. Da konnte er ihr nicht mehr helfen.

Doch das tat nun Elias.

Er klang bestimmt, während er ihr sagte, was sie zu tun hatte. Und sie hörte zu.

„Atme langsam weiter. Tief einatmen, damit dein Baby genug Sauerstoff kriegt.“

Das konnte sie schaffen, oder?

„Konzentrier dich“, sagte Elias.

„Versuche ich ja, aber …“

„Alles andere spielt jetzt keine Rolle.“

Er hatte recht. Seine Worte galten wohl für sie beide.

Er blickte sie an. „Konzentrier dich nur auf dein Baby. Der Rest kann warten.“

Zum Beispiel die Gedanken an ihre gemeinsame Nacht.

Elias konnte schon sehen, dass das Baby rote Haare hatte, so wie seine Mutter. Aber Beth sollte es selbst herausfinden.

Was jeden Moment passieren würde.

Er warf einen Blick zu den Geräten, die alle bereitstanden. Auch ein Bettchen für den Säugling war vorbereitet. Darüber gab es ein Rotlicht, das ihn wärmen würde. Dankbar nickte er Mandy zu, die alles unter Kontrolle zu haben schien. Gerade zog sie eine Spritze auf, die sie Beth nach der Geburt verabreichen würde, um die Nachgeburt zu vereinfachen. Scheren lagen dort und Klammern. Ein steriles Tuch, mit dem Mandy ihm das Baby abnehmen würde. Kurz verspürte er die absolute Ruhe um sie herum.

„Du bist sehr tapfer, Beth“, sagte er.

Sie war erschöpft, ihr rotes Haar so nass, als käme sie gerade aus der Dusche. Ihre blasse Haut war so weiß, dass jede einzelne Sommersprosse zu erkennen war.

Beth schien sich tatsächlich beruhigt zu haben. Offensichtlich hatte sie sich damit abgefunden, dass das Baby kam. Sie gab sich Mühe, langsam zu atmen und es so mit Sauerstoff zu versorgen.

Valerie hatte über das Dopplergerät den Herzschlag des Kleinen gefunden. Er war stark und schnell und übertönte in seiner Dringlichkeit alle anderen Geräusche in der Kabine.

„Wissen Sie schon, ob es ein Mädchen oder ein Junge ist?“, fragte Valerie, und Beth schüttelte den Kopf.

„Ich wollte mich überraschen lassen.“

Es war ein seltsamer Moment, aber Elias und Beth lächelten sich an.

„Da kommt die nächste Wehe“, sagte Beth plötzlich.

Das Lächeln war aus ihrem Gesicht gewichen. Elias hörte, wie sie stöhnte und immer lauter wurde. Ihre Beine zitterten, während sie versuchte, nicht zu pressen. Trotzdem zog der Uterus sich zusammen, und der Kopf des Babys kam herausgerutscht.

Die Nabelschnur hatte sich um den Hals gewunden, aber zum Glück so locker, dass Elias sie über den Kopf lösen konnte.

„Bist du bereit, dein Baby kennenzulernen?“, fragte er.

„Nein!“, rief sie. Doch sie streckte die Arme aus.

Elias sah zu, wie sich die kleinen, mandelförmigen Augen des Babys öffneten, während es ihm endgültig in die Hände rutschte.

Es war ein Mädchen.

„Hallo, Baby“, sagte Elias und lächelte.

Beth sah Tränen in seinen Augen. Wie froh sie war, dass ihr Baby so liebevoll empfangen wurde. Das hier waren die beängstigendsten Momente, die sie je erlebt hatte, und doch fühlte sie sich sicher.

Elias hielt das Baby weiterhin fest, während Mandy die Nabelschnur abklemmte und durchschnitt. Das kleine Mädchen blinzelte in die nagelneue Welt und nahm überrascht seinen ersten Atemzug. Es kniff die Augen zusammen, öffnete den Mund und gab einen dünnen, schrillen Schrei von sich. Mandy griff nach dem sterilen Tuch, aber Elias legte Beth das Baby einfach so in die wartenden Arme.

Er wollte, dass auch Beth diesen kurzen Moment bekam, den er mit dem Baby gehabt hatte, vor allem, weil es dauern würde, bis sie es wieder in die Arme schließen konnte.

Das Kind war kräftig und hatte zu weinen begonnen, aber als er es Beth reichte, beruhigte es sich gleich wieder.

„Ein Mädchen“, sagte Beth und nahm es in die Arme.

Wie ein verschrecktes Vögelchen lag das Baby auf Beth’ Brust. Die kleinen Augen waren geöffnet, während es den Duft seiner Mutter einatmete und das vertraute Geräusch ihres Herzschlags hörte.

Mandy legte eine Decke über beide und hielt dem Kind vorsichtig Sauerstoff in die Nähe des Gesichts, während Elias die ersten Untersuchungen machte. Er durfte jetzt nicht daran denken, dass dieses Kind seins war, sondern musste sich rein als Mediziner verhalten: Der Herzschlag war schnell, ihr Atem auch, und sie schien rosig.

„Oh, mein Baby.“ Beth schluchzte auf und hielt ihr Kind weiter gegen ihre nackte Haut.

Es war ein so wichtiger, kurzer Moment für Mutter und Kind, aber Elias musste handeln.

„Wir müssen sie aufs Bettchen legen“, sagte er.

„Ich will sie nur noch ein bisschen halten.“

„Beth, ich muss sie untersuchen.“

Er hörte schnelle Schritte auf die Kabine zukommen, während er die Decke weglegte und das Baby hochnahm. Die Kleine schrie protestierend auf.

„Wie geht es ihr?“, rief Beth.

Elias legte sie auf das vorgewärmte Bettchen. Ihr Apgar-Score nach der ersten Minute war eine Sieben – bei dieser frühen Geburt gar nicht schlecht. Ihr Muskeltonus war schwach, was jedoch in der neunundzwanzigsten Woche nicht überraschend kam.

Elias übergab das Baby an das Gynäkologieteam und sah zu, wie sie ihre eigenen Geräte starteten.

Mandy war verschwunden.

Draußen vor der Kabine war es immer lauter geworden, aber Elias konnte sich auf nichts anderes konzentrieren. Unentwegt sah er das kleine Baby an, das von Minute zu Minute erschöpfter schien und mit dem lebhaften Kind gleich nach der Geburt kaum noch Ähnlichkeit hatte. Seine winzigen Nasenlöcher weiteten sich, weil es nicht genug Sauerstoff bekam, und Arme und Beine wurden schlaff.

„Elias …“ Mandy steckte den Kopf durch den Vorhang. „Ich brauche dich.“

„Moment noch.“

„Eine Zweijährige mit Krämpfen …“

Er konnte die Augen nicht von dem Baby lösen.

„Elias!“ Mandy rief noch einmal.

Er sah zu Beth hinüber, die von Valerie versorgt wurde. Auch eine Hebamme kümmerte sich um sie, aber kurz blickte Beth ihn an.

„Elias!“

Mandy war schon wieder losgelaufen und brauchte dringend Hilfe. Und für sein Baby konnte er nichts tun. Selbst wenn er allen sagen würde, dass es seins wäre, würden sie ihn auffordern, sie ihre Arbeit machen zu lassen. Also tat er, was ein Arzt im Dienst tun musste …

„Ich komme wieder“, sagte er zu Beth, aber sie sah ihn nicht mehr an. Sie stand kurz davor, auch die Plazenta abzustoßen, und versuchte ängstlich, einen Blick auf ihr Kind zu erhaschen.

Sein Kind. Nun endlich konnte er es denken: Es war sein Kind.

3. KAPITEL

Elias war verschwunden.

Sie hatte gehört, dass er dringend gebraucht wurde und gehen musste. Das konnte sie verstehen.

Nein – eigentlich verstand sie überhaupt nichts mehr. Es war null Uhr neunundzwanzig, und noch vor einer halben Stunde hatte sie auf der Straße gestanden und überlegt, was sie tun sollte.

Jetzt war sie Mutter, und niemand sagte ihr, wie es ihrem Baby ging.

Hier und da konnte sie ein Wort aufschnappen.

„Atemnotsyndrom.“

„Schwierigkeiten.“

„Atmung.“

„CPAP.“

„Wir schließen sie an.“

Beth legte den Kopf zurück. Sie zitterte unter der Decke. Die Hebamme prüfte ihren Blutdruck und lauschte ebenfalls den Kommentaren des Ärzteteams.

„Wir haben keine Betten. Sie müsste ins St. Patrick’s.“

Beth konnte den Worten keine Sprecher zuordnen und fühlte sich schwindelig. Sie wollten ihr Baby in ein anderes Krankenhaus bringen?

„Sie bleibt hier“, sagte Beth und schüttelte den Kopf. „Sie bleibt hier.“

„Schon in Ordnung“, sagte die Hebamme. „Wir bringen Sie auch dorthin, so schnell wie möglich.“

„Ich will aber bei ihr bleiben.“

Beth bemerkte, dass sie an einem Tropf hing. Sie konnte sich nicht erinnern, wann das geschehen war.

„Blutdruck liegt bei neunzig zu fünfzig“, rief die Hebamme und wandte sich dann an Beth: „Was haben Sie normalerweise für einen Blutdruck?“

Beth hatte während der Voruntersuchungen immer einen eher niedrigen Blutdruck gehabt, aber ihr fielen die genauen Zahlen nicht mehr ein, und außerdem sah sie schwarze Punkte vor ihren Augen schwimmen. Ihre Lippen fühlten sich taub an.

„Kommen Sie, wir legen Sie flach hin“, sagte die Hebamme, und Beth spürte, wie Kopf und Oberkörper sich senkten. „Atmen Sie ein paarmal tief durch.“

Schon wieder.

Das einzige Geräusch, das sie hörte, war der Herzschlag ihres Mädchens auf dem Monitor. Er war sehr schnell, und das Baby weinte schon eine ganze Weile nicht mehr.

Beth zitterte noch immer vor Schock. Es war so rasch gegangen.

Ein Mann, der sich als Neonatologe vorstellte, also als Experte für Früh- und Neugeborene, sagte ihr, dass das Baby in ein anderes Krankenhaus und auf die NIS, die neonatologische Intensivstation, käme.

„Kann ich mit?“

„Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Wir müssen eine Menge Geräte und ein paar Helfer mitnehmen.“

„Ich setz mich einfach nur in die Ecke.“

„Sind Sie sicher, dass Sie sitzen können?“

„Kann ich sie wenigstens sehen?“, fragte Beth, aber ihr Baby wurde bereits aus der Kabine geholt. Kurz erblickte sie einen roten Haarschopf zwischen lauter Schläuchen und Monitoren.

Plötzlich war es still in der Kabine.

Mandy brachte ihr noch einen Beutel Infusionsflüssigkeit, den die Hebamme aufhängte. „Ich habe einen Krankenwagen für Sie bestellt, Beth. Er braucht aber vielleicht noch eine Weile, weil er sich immer erst um Notfälle kümmern muss.“

Zum Glück dauerte es dann nur eine Viertelstunde. Man half ihr auf eine Trage. Die Hebamme würde mit ihr fahren, und Beth bedankte sich bei Mandy. Die Krankenschwester lächelte ihr zu.

„Ich rufe morgen früh durch und frage nach, wie es Ihrem Mädchen geht. Haben Sie schon einen Namen für sie?“

„Noch nicht“, sagte Beth.

Natürlich hatte sie schon überlegt. Eloise zum Beispiel, weil es so ähnlich klang wie der Name ihres Vaters.

Auf dem Weg nach draußen sah Beth, dass Elias mit einer Wiederbelebung beschäftigt war. Sie wurde hinaus in die dunkle Nacht geschoben, dann in einen Krankenwagen, in dem das Funkgerät knisterte.

Nach zehn Minuten waren sie in einem anderen Krankenhaus angekommen. Beth wurde über die Flure gefahren und auf die Entbindungsstation. Sie erhaschte einen Blick auf ein Schild, auf dem die NIS ausgeschildert war. Dort lag ihr Baby.

„Wie geht es ihr?“, fragte sie, sobald sie sicher im Bett lag.

„Sobald wir etwas wissen, sagen wir Bescheid.“

Das hörte sie in der nächsten Zeit wieder und wieder. Beth hatte sich noch nie so hilflos und ängstlich gefühlt.

Elias ging es nicht anders.

Schon oft hatte er sich gefragt, ob er eigentlich ein guter Arzt war. Ja, er hatte die beste Ausbildung erhalten, angefangen in einem der wichtigsten englischen Internate, und nach seiner Zeit beim Militär hatte er in Oxford studiert. Ihm war alles, so hatten seine Freunde gern – und wohl zu Recht – gescherzt, mit dem goldenen Löffel gereicht worden. Doch in dieser Nacht hatte Elias das erste Mal das Gefühl, Arzt zu sein. Ein richtiger Arzt.

Ein guter Arzt. Ihm war es sogar gelungen, seinen persönlichen Gefühlen keine Beachtung zu schenken. Einem Frühchen auf die Welt zu helfen, war beängstigend genug, wenn es nicht das eigene Kind war. Aber so hatte sein Herz bestimmt genauso schnell geklopft wie das des Kindes.

Es war ihm so schwer gefallen, den Raum zu verlassen und seinen Aufgaben nachzukommen. Alles, was ihm wichtig war, hatte er dort zurückgelassen. Trotzdem tat es gut zu wissen, genauso professionell gehandelt zu haben, wie sein Kollege, der Neonatologe, gehandelt hätte, wenn ihm etwas Persönliches dazwischengekommen wäre.

Sein Kopf schmerzte, als würde er jeden Moment explodieren. Als er Beth verlassen und die Reanimationsstation betreten hatte, hatte er dort eine weinende Mutter und ihr zweijähriges Kind vorgefunden, das sich in Krämpfen wand.

Elias konzentrierte sich auf den Jungen, gab ihm Medikamente und stellte die richtigen Fragen.

„Gestern Abend, als ich ihn ins Bett gebracht habe, war ihm schon schlecht“, erklärte die Mutter. „Ich dachte, dass er nur erkältet ist.“

„Er hat hohes Fieber.“

Die Krämpfe hatten aufgehört, und der Kleine weinte verwirrt. Elias setzte sich neben ihn.

„Hallo“, sagte er, um ihn abzulenken. „Schau, hier ist deine Mum.“ Er nickte ihr zu, damit sie um das Bett herumkam und der Junge sie sah. „Ich heiße Elias, und ich bin Arzt hier im Krankenhaus.“ Dann wiederholte er das Wichtigste: „Hier ist deine Mum.“

Er musste wieder zu Beth.

Zur Mutter seines Kindes.

Trotzdem untersuchte er den Jungen erst noch gründlich, sah ihm in den Mund und in die Ohren und horchte ihm die Brust ab. Er tat, was er tun musste. Am Rande bekam er mit, dass sein Kind verlegt worden war. Durch die kurzzeitig offene Tür hatte er gesehen, wie Valerie einen Inkubator über den Flur schob.

Er nahm dem Jungen Blut ab und füllte die entsprechenden Formulare aus. Außerdem wollte er die Brust röntgen lassen, weil er eine Lungenentzündung befürchtete. Er verabschiedete sich, um mit dem Kinderarzt zu sprechen, aber als Roger ihm entgegenkam, nahm er ihn zur Seite.

„Ich habe gerade erfahren, dass es einen Notfall in meiner Familie gibt.“

Roger sah ihn verständnisvoll an. Es war wohl nicht zu übersehen, wie sehr Elias sich zusammenreißen musste.

„Ich rufe Raj an“, sagte Roger, griff zum Telefon und sprach mit dem Kollegen. „Er ist unterwegs, aber eine halbe Stunde kann es noch dauern.“

Elias nickte. „Danke.“ So lange musste er wohl noch aushalten.

Es war viel zu tun, und er konnte nicht in der Ecke sitzen, bis er abgelöst wurde. Eine Frau mit einer Überdosis wurde eingeliefert, und Elias kümmerte sich um sie. Er mischte ihr Aktivkohle zusammen, die sie trinken sollte. Mandy lief mit zwei Infusionsbeuteln an ihm vorbei.

„Wie geht es dem Baby?“, rief er.

Sie machte eine undefinierbare Handbewegung. „Wir haben es ins St. Patrick’s gebracht.“

„Und die Mutter?“

„Ist mit einem anderen Krankenwagen hinterher. Die Arme. Sie ist nur zum Arbeiten hier in London. Muss doch furchtbar sein, wenn man so in der Fremde plötzlich sein Baby bekommt.“

Mandy sah ihn genauer an. „Du bist ganz blass. Tut mir leid, dass du schlechte Nachrichten von zu Hause bekommen hast. Ich brauche aber noch ein Formular von dir. Das Baby braucht eine Nummer.“

„Klar.“ Das kleine Mädchen musste ins System eingetragen werden, was gerade bei einer Überweisung schnell gehen musste. Er gab der Patientin mit der Überdosis die Aktivkohle und erklärte ihrem Freund, der danebensaß, wie wichtig es war, dass sie die ganze Flasche austrank.

„Das Zeug sieht schlimm aus, ich weiß“, sagte er. „Aber es schmeckt nach gar nichts. Wenn es Probleme gibt, klingeln Sie hier, ja? Es sollte bald jemand kommen, der sie aufnimmt.“

Elias eilte zum Schwesternzimmer und suchte sich die Dokumente zusammen.

Elizabeth Foster.

Er erfuhr, dass sie dreiundzwanzig war und in Edinburgh wohnte. Als sie sich kennengelernt hatten, hatte sie in Dunroath gelebt, einem kleinen Fischerdorf an der Ostküste von Fife.

Als nächsten Verwandten hatte sie Rory eintragen lassen. Elias wusste, dass das ihr Ex-Freund war. Ob sie wieder zusammengefunden hatten? Vielleicht war das Baby doch nicht seins?

Aber natürlich war es das. Schon allein das Datum war eindeutig.

In ihrer gemeinsamen Nacht hatte Beth etwas wie „Pfarrerstochter“ gesagt. Elias hatte es damals nicht verstanden, aber inzwischen wusste er, dass ihr Vater tatsächlich Pfarrer war. Und bestimmt sehr streng. Wahrscheinlich waren die letzten Monate für Beth alles andere als einfach gewesen.

Er verfasste einen ausführlichen Bericht. Ein neues Leben war mit viel Papierkram verbunden.

Baby Foster.

Geburt in der 29. SSW.

Frühzeitige Wehen, schnelle Geburt.

Apgar-Score (1 Min.): 7

Seine Hand zitterte beim Schreiben, als ob er erst in diesem Augenblick begriff, was eigentlich geschehen war.

Nicht nur, dass er Vater geworden war.

Auch dass Prinz Elias, Zweiter in der Thronfolge, gerade einer kleinen Prinzessin und somit der Dritten in der Thronfolge auf die Welt geholfen hatte. Im Palast wurde der Arzt, der bei der Geburt anwesend gewesen war, immer mit verkündet. Er sah schon die Schlagzeilen vor sich und die Aufregung der Presse.

Wenn auch unscharf. Das Einzige, was er klar vor seinem inneren Auge sah, war das Baby. Ihr winziger Kopf und die schlaffen Arme und Beine. Die feinen roten Haare und ihre Schwierigkeiten beim Atmen. Wie sie die Augen geschlossen und die winzigen Nasenflügel gebläht hatte, während sie kleine Spuckebläschen vorm Mund gehabt hatte.

Was machte er immer noch hier?

Elias hatte noch nie so sehr den Drang verspürt, einfach loszuweinen. Panik stieg in ihm auf, und er vergrub den Kopf in den Händen.

„Alles in Ordnung?“, fragte Roger. „Es ist schlimm, wenn man nicht sofort loskann.“

Elias atmete tief ein. Beth und das Baby waren in guten Händen. Aber das musste er mit eigenen Augen sehen.

Endlich kamen die erlösenden Worte: „Raj ist da.“

„Danke!“

Die Arbeit konnte ohne ihn weitergehen. Elias eilte in den Umkleideraum und zog sich um – schwarze Jeans, Pulli, Stiefel und Jacke. Er schaltete das Schlafhilfegerät aus.

Der betrunkene Mann auf der Beobachtungsstation sang immer noch I belong to Glasgow. Durch den Nebeneingang verließ Elias das Gebäude und wurde von der kühlen Nachtluft empfangen.

Sein Baby würde nach Medrindos gehören.

Wenn er seiner Familie erzählte, was geschehen war, würde er damit einen festgelegten Ablauf in Bewegung setzen. Anwälte würden sich auf Beth stürzen, um Hintergrund-Checks vorzunehmen, und ihm würden sie sagen, dass er am besten nichts tun und alles den offiziellen Stellen überlassen solle.

Beth hatte eine kleine Prinzessin geboren und wusste nichts davon. Damals hatte Elias sich entschieden, ihr nichts von seiner Herkunft zu erzählen.

Er wusste, dass das Baby sein Kind war – nicht wegen irgendeiner sofortigen Verbindung oder einem Instinkt, sondern weil er Beth in jener Nacht intensiv kennengelernt hatte. Ganz egal, was der Palast oder ihre Familie aus der Sache machen würden, ganz egal, wie abschätzig sie über einen One-Night-Stand sprechen würden: Elias wusste, was für ein Geschenk diese Nacht gewesen war.

Für sie beide.

4. KAPITEL

Alles war perfekt gelaufen.

George und Voula Costas hatten ihre Silberhochzeit auf der griechischen Insel feiern wollen, auf der sie aufgewachsen waren und geheiratet hatten. Beth hatte die Überraschungsparty organisiert.

Monate der Vorbereitung hatten sich ausgezahlt. Beth betrat ihr Hotelzimmer, schloss die Tür hinter sich und zog sich lächelnd die Sandalen aus. Der Kellner hatte sie mit einem großen Cocktail weggeschickt, und Beth freute sich, nach den letzten Tagen einfach zu entspannen.

Die Nacht war heiß. Sie schaltete den Ventilator über dem Bett an, zog das dünne Leinenkleid aus, das sie auf der Feier getragen hatte, und löste sich die Haare. Sie war zufrieden mit sich und ihrer Arbeit.

Gerade wollte sie sich hinlegen, da klingelte das Telefon.

Eigentlich hatte sie schon darauf gewartet. Ihr Vater wollte sich erkundigen, wie die Party gelaufen war. Zumindest würde er das als Vorwand anbringen, um herauszufinden, ob sie gut nach Hause gekommen war.

Kurz überlegte Beth, ob sie es einfach klingeln lassen sollte. Sie war schließlich zweiundzwanzig Jahre alt.

Zwischen England und Griechenland gab es zwei Stunden Zeitverschiebung, und sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie ihr Vater hin und her lief und wartete, bis er endlich anrufen konnte. Wenn sie den Anruf nicht annahm, würden sich ihre Eltern sorgen und es immer wieder versuchen. Also …

„Hi, Dad“, sagte Beth.

„Woher wusstest du, dass ich es bin?“, fragte ihr Dad verblüfft.

Weil es für den Hotelservice zu spät war und alle anderen sie auf dem Handy angerufen hätten. Worauf ihr Vater antworten würde, dass es zu teuer sei, mit dem Handy ins Ausland zu telefonieren. Außerdem hätte er dann auch nicht herausgefunden, ob sie wirklich zu Hause war.

„Nur geraten“, antwortete Beth stattdessen und verdrehte die Augen.

Sie versuchte, ihm nicht böse zu sein. Sie war ja auch das erste Mal im Ausland und hatte sich gerade von ihrem langjährigen Freund Rory getrennt, was für große Aufregung gesorgt hatte.

„Deine Mum und ich sind nur neugierig, wie der Abend gelaufen ist. War Voula überrascht?“

„Sehr sogar.“

„Und du meinst, sie hat wirklich nicht mitbekommen, was George geplant hatte?“

„Nein.“ Beth lächelte. „Sie war ehrlich überrascht.“

Sie unterhielten sich eine Weile, und Beth genoss das Gespräch. Ihr Vater kannte die Costas’ und viele der Menschen, die heute hier gewesen waren. Vielleicht war er nicht glücklich, dass seine Tochter so weit weg war, aber das bedeutete ja nicht, dass ihn nicht wirklich interessierte, wie es gelaufen war.

Sie beendeten den Anruf mit freundlichen Worten, und Beth legte sich aufs Bett. Aber die fröhliche Stimmung, die sie von der Party herbegleitet hatte, war verschwunden. Sie liebte ihre Eltern, fühlte sich aber oft von ihnen erdrückt.

Ihr Vater war Pfarrer, was für sie nie ein Problem gewesen war, während sie aufwuchs.

Ihre Kindheit war wunderbar gewesen. Sie war ein Einzelkind und spät ins Leben ihrer Eltern getreten. Das Pfarrhaus war ein fröhlicher Ort, und sie hatten ständig Besuch, oft aus dem Ausland, was Beth besonders aufregend fand. Im Urlaub hatten sie die heimatlichen Strände erkundet oder waren zelten gegangen. Die Position ihres Vaters war ihr damals ganz normal vorgekommen.

Oft war sie gewarnt worden, dass alles, was sie tat, auf ihren Vater zurückfiele. Aber selbst als Teenager hatte sie sich von ihrer strengen Erziehung nicht eingeengt gefühlt. Beth ging gern zur Schule, und abends und am Wochenende gab es immer etwas zu tun.

Sie las gern, und Freunde steckten ihr hin und wieder auch Bücher zu, die garantiert zu einem großen Streit geführt hätten. Aber ihre Eltern hatten sie nie gefunden.

Sie hatte einen festen Freundeskreis gehabt. Und Jungen? Wenn sie sich für einen besonders interessiert hätte, hätte es vielleicht Schwierigkeiten gegeben, aber da war niemand gewesen.

Natürlich hatte es ab und an Auseinandersetzungen gegeben – Beth war stur und hatte nicht umsonst rote Haare. Als kleines Kind war sie schnell wütend geworden, lernte aber mit der Zeit, nur die wirklich wichtigen Kämpfe bis zum Ende zu führen.

Erst als sie langsam erwachsen wurde, hatte es Probleme gegeben. Öfter als früher hörte sie eine leise, unzufriedene Stimme in sich. Im letzten Schuljahr empfahlen ihre Eltern ihr, doch Krankenschwester oder vielleicht Lehrerin zu werden. Beth freute sich auf ein Studium in Edinburgh und plante schon, sich mit ihrer Freundin Shona eine Wohnung zu teilen.

Ihr Vater hatte andere Pläne. Ein enger Kollege hatte angeboten, Beth bei sich aufzunehmen, und während der Ferien und an den Wochenenden würde sie natürlich nach Hause kommen.

Beth weigerte sich. Sie wollte mit Shona zusammenziehen.

In den folgenden Monaten merkte Beth, dass sie weder Krankenschwester noch Lehrerin werden wollte. Das Studium war ihre Chance gewesen, von zu Hause wegzukommen, aber das war wohl nicht der richtige Grund, sich für einen bestimmten Beruf zu entscheiden, oder? Also war sie zurück zu ihren Eltern gezogen, um die Karriere zu verfolgen, die sie wirklich interessierte.

Nun war es gut, von daheim weg zu sein.

Beth stand auf und ging zum Fenster hinüber. Bevor sie den Fensterladen öffnete, zog sie sich den Sarong über, den sie auf dem Markt gekauft hatte.

Es war eine wunderbare Nacht.

Der Himmel war von dunkelstem Blau, genauso wie das Mittelmeer. Unzählige Sterne überzogen das Firmament, und der Mond war als zarte Sichel sichtbar. Die Bäume wiegten sich im leichten Wind.

Auf dem Wasser lag eine beeindruckende Jacht, hell erleuchtet und von kleineren Booten umgeben. Die Leute im Dorf waren ganz aufgeregt gewesen, dass irgendwelche jungen Adeligen sie besuchten.

Beth hörte Musik und verspürte plötzlich den Drang, dort draußen zu sein. Nicht auf der Party, aber sie wollte am Strand spazieren gehen und ihre Freiheit genießen.

Aus einer Schublade zog sie ein graues Schlauchkleid, das sie auf demselben Markt erstanden hatte wie den Sarong. Beide würde sie hierlassen müssen. Zu Hause würden sie als anstößig gelten. Das Schlauchkleid war eng und zeichnete ihre schlanke Figur und die Kurven ihrer Hüften und Brüste nach. Es war nicht zu kurz, aber sie zeigte doch mehr Haut als üblich. Ihr Dekolleté war nicht üppig, aber dieses Kleid ließ es fast so wirken.

Es war einfach, es war bequem, aber es war auch ein bisschen eng und sexy.

Beth griff nach einem Haargummi, aber entschied sich dann, die Haare offen zu tragen. Schuhe brauchte sie auch nicht. Stattdessen nahm sie den Cocktail und verließ das Hotel. Sie könnte wieder auf die Party gehen, Mr. Costas würde sich freuen.

Aber ihr war nicht nach Party.

Sie wollte nachdenken.

Weg von der Arbeit, weit weg vom Pfarrhaus und getrennt von Rory. Beth musste herausfinden, was sie eigentlich mit ihrem Leben machen wollte.

Der Strand lockte sie. Sie überquerte die Straße, betrat den weichen, kühlen Sand und lief los. Von der Jacht hörte sie Musik und Gelächter. Sie setzte sich unter eine der Palmen.

Und da sah sie ihn.

Zuerst hatte sie gar nicht auf den Schatten geachtet, der auf dem Pier auftauchte. Er war erst weit weg, lief dann ebenfalls den Strand entlang und blieb hin und wieder stehen, um auf das Meer hinauszublicken. Je näher der Mann kam, desto interessanter wirkte er. Er war groß mit breiten Schultern und sah irgendwie elegant aus. Sein Profil war markant. In ihrer Nähe hielt er erneut inne. Er hatte sie wohl nicht gesehen, sondern blickte nachdenklich aufs Wasser hinaus. Aus irgendeinem Grund wollte sie mehr über ihn wissen.

Er machte sich an der Flasche zu schaffen, die er bislang nur in einer Hand getragen hatte. Als Beth den Korken ploppen hörte, musste sie lächeln. Trotzdem machte sie ihn noch nicht auf sich aufmerksam.

Wie immer … Immer hielt sie sich im Hintergrund. So hatte man sie schließlich erzogen.

„Feierst du?“, fragte sie.

Er drehte sich um, ganz offensichtlich überrascht, dass dort jemand war.

„Glaube schon“, sagte er. Mit einem Blick auf ihr Glas hielt er ihr die Flasche entgegen.

Beth lächelte breiter. „Ich dachte schon, du fragst nie.“

Sie unterhielten sich ein wenig, und schließlich stellte er sich vor.

„Ich bin Elias.“