Jupiter 9: DANAE - Kai Hirdt - E-Book + Hörbuch

Jupiter 9: DANAE E-Book und Hörbuch

Kai Hirdt

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Beschreibung

Seit 3000 Jahren reisen die Menschen zu den Sternen. In dieser Zeit haben sich die Erde und die zahlreichen Welten der Liga Freier Terraner zu einer blühenden Gemeinschaft entwickelt. Doch es zieht eine neue Gefahr für die Menschheit herauf. Sie kommt diesmal nicht aus den Tiefen des Universums, sondern aus dem Herzen der menschlichen Zivilisation – direkt vom Riesenplaneten Jupiter. Mit seiner Lebensgefährtin Mondra Diamond und Reginald Bull, seinem ältesten Freund, begibt sich Perry Rhodan an den Ort des Geschehens. Rhodan stellt fest, dass unbekannte Mächte den Jupiter in ein Schwarzes Loch verwandeln wollen. Sie bedienen sich eines uralten Artefakts auf dem Ganymed und eines mysteriösen Gebildes auf der Jupiteroberfläche. Während Perry Rhodan in unbekannte Fernen des Kosmos aufbrechen muss, ringt seine Lebensgefährtin ums Überleben. Das Todesspiel auf der Atmosphärenstation MERLIN steht vor seinem Höhepunkt. Auch Chayton Rhodan setzt seinen Kampf gegen die Drogenbarone fort. Ihrer beider Gegner ist die Stationspositronik DANAE ...

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Zeit:3 Std. 34 min

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Nr. 9

DANAE

Kampf um MERLINS Casino – Chayton Rhodan muss einen Toten erwecken

Kai Hirdt / Christian Montillon

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Verräter

Runde 4: Dschinnistan

Aus Oread Quantrills Schriften, nie veröffentlicht:

Befreier

Runde 5: Neo-Dracula

Aus Oread Quantrills Schriften, nie veröffentlicht:

Der alte Magier

Aus Oread Quantrills Schriften, nie veröffentlicht:

Aus Oread Quantrills Schriften, nie veröffentlicht:

Aus Oread Quantrills Schriften, nie veröffentlicht:

Aus Oread Quantrills Schriften, nie veröffentlicht:

Zurück im Casino

Runde 6.1: Fair Play

Aus Oread Quantrills Schriften, nie veröffentlicht:

Büßer

Runde 6.2: Ende des Fair Play

Nach dem Spiel

Erlöser

Impressum

Seit 3000 Jahren reisen die Menschen zu den Sternen. In dieser Zeit haben sich die Erde und die zahlreichen Welten der Liga Freier Terraner zu einer blühenden Gemeinschaft entwickelt.

Doch es zieht eine neue Gefahr für die Menschheit herauf. Sie kommt diesmal nicht aus den Tiefen des Universums, sondern aus dem Herzen der menschlichen Zivilisation – direkt vom Riesenplaneten Jupiter.

Mit seiner Lebensgefährtin Mondra Diamond und Reginald Bull, seinem ältesten Freund, begibt sich Perry Rhodan an den Ort des Geschehens. Rhodan stellt fest, dass unbekannte Mächte den Jupiter in ein Schwarzes Loch verwandeln wollen. Sie bedienen sich eines uralten Artefakts auf dem Ganymed und eines mysteriösen Gebildes auf der Jupiteroberfläche.

Während Perry Rhodan in unbekannte Fernen des Kosmos aufbrechen muss, ringt seine Lebensgefährtin ums Überleben. Das Todesspiel auf der Atmosphärenstation MERLIN steht vor seinem Höhepunkt. Auch Chayton Rhodan setzt seinen Kampf gegen die Drogenbarone fort.

Ihrer beider Gegner ist die Stationspositronik DANAE ...

Die Hauptpersonen des Romans

Mondra Diamond – Die Parcours-Kämpferin wird Zeugin von Perry Rhodans Tod.

Gili Saradon – Die TLD-Agentin wird zur Mörderin.

Chayton Rhodan – Perry Rhodans Verwandter wandelt sich zum Soldaten des Lichts.

Oread Quantrill

Verräter

Chayton Rhodan rieb sich die schmerzenden Handgelenke. Mit den Daumen massierte er die Stellen, an denen die Fesseln in die Haut geschnitten hatten. Nur langsam kehrte das Gefühl in seine Finger zurück.

»Wie können wir sie aufhalten?«, fragte er Tarla Phel.

Seine Wächterin betrachtete ihn argwöhnisch. Und sie stand für Chaytons Geschmack wieder entschieden zu nah bei der Waffe, die sie bis vor einer Minute auf ihn gerichtet hatte. Sie war unsicher, ob es richtig gewesen war, ihn zu befreien – das sah er auf ihrem Gesicht.

»Tarla, wir müssen sie aufhalten!«, sagte er deshalb beschwörend. »Wenn sie MERLINS Casino angreifen, landen sie im besten Fall in den Zellen. Wahrscheinlich werden sie aber erschossen oder von den Techno-Jaguaren zerfetzt. Und zwar, bevor sie die Bombe auch nur in DANAES Nähe bringen!«

Entscheide dich endlich, dachte er. Hilf mir oder töte mich.

Als Phel ihm die Fesseln abgenommen hatte, hatte er sich schon als Gewinner gefühlt. Aber ganz so einfach fiel es ihr offensichtlich nicht, sich aus Gabriel Udons Bann zu lösen. Die Mission, die der Rebellen- oder besser Sektenführer angeordnet hatte, war zwar völliger Wahnsinn. Das musste Phel als ehemaliger Flottenoffizierin eigentlich klar sein. Dennoch: Gabriel hatte etwas an sich, das seine Leute ihm treu folgen ließ.

»Hilf mir, Tarla«, bat er eindringlich. »Wir haben doch dasselbe Ziel. Oread Quantrill und dieser ganze Tau-acht-Drogenwahnsinn müssen aufgehalten werden. Das schaffen wir aber nicht, wenn eure Leute tot sind.«

Sie rang mit sich. Sie hasste Drogen. Drogen hatten ihre Schwester das Leben gekostet. Das war der Punkt, an dem Chayton sie packen konnte. Dass er selbst einen Monatsvorrat Tau-acht in der linken Oberschenkeltasche mit sich herumschleppte, musste sie nicht wissen.

»Ich will doch nur mit Gabriel sprechen!« Nun flehte er sie tatsächlich an.

»In Ordnung«, sagte Phel schließlich.

»Danke!« Chayton atmete erleichtert auf. »Wie erreiche ich ihn?«

Phel fischte ein kleines Funkgerät aus einer Tasche. »Wir haben gesicherte Funkverbindungen.« Sie gab ihm das knapp handgroße, technisch völlig veraltete Maschinchen.

Chayton zog den Mund schief. So schlecht, wie die Rebellen organisiert waren, setzte er kein großes Vertrauen in ihre Verschlüsselungstechnik.

Aber im Moment war egal, ob man sie abhörte. Es ging nur noch darum, den Wahnsinnsangriff zu stoppen, bevor Kalwi dabei ums Leben kam. Die seltsame, verwahrloste alte Frau hatte unter der Wirkung von Tau-acht eine Art Zweites Gesicht entwickelt.

Und sie wusste etwas über MERLIN – nicht über die Raumstation, auf der sie sich gerade aufhielten, sondern über deren alte Zentralpositronik. Irgendwann hatte man MERLIN durch DANAE ersetzt. Diese neue Positronik steuerte vom Casino aus das Geschehen auf der Jupiter-Atmosphärenstation. Sie war einer der entscheidenden Faktoren, die Oread Quantrill an der Macht hielten.

Die ursprüngliche Positronik MERLIN gab es allerdings anscheinend noch. Wenn es Chayton gelang, DANAE die Kontrolle über die Faktorei der Kristallfischer zu entziehen und das ursprüngliche Zentralgehirn in seinen alten Rang zurückzuversetzen, war Quantrill plötzlich besiegbar.

Hierfür mussten sie jedoch den letzten Zugang zur MERLIN-Positronik finden. Und nur Kalwi wusste, wo sich dieser befand.

Das Funkgerät fand endlich die Gegenstation. Oder vielleicht nahm Gabriel auch erst nun den Ruf an. Der Kopf des Manns erschien in einem kleinen Holo. Sein erfahrenes Gesicht; die wissenden, braunen Augen; das graue Haar gewellt. Der kurze, graue Bart verlieh ihm etwas sowohl Seriöses als auch Verwegenes. Er wirkte weise und entschieden zugleich, wie der geborene Anführer.

Und doch war er nur ein Irrer, der seine Gefolgsleute in einen sinnlosen Tod schickte.

»Tarla, was ...« Gabriel brach ab, als ihm statt seiner erwarteten Ansprechpartnerin das Gesicht von Chayton entgegenblickte. »Was willst du?«, fragte er nach einer kurzen Pause eisig.

»Ich will, dass ihr den Wahnsinn lasst!«, sagte Chayton nicht minder kalt. »Hör zu, Gabriel. Es könnte mir egal sein, was du mit deinen Leuten machst. Ist es aber nicht.«

Das war gelogen – er brauchte Kalwi, sonst war ihm das Schicksal von Gabriels Sektierern völlig egal. Wahrscheinlich wäre es das sogar gewesen, wenn Tau-acht seine Empathiefähigkeit nicht völlig zerstört hätte. Aber dies war kein Moment für übertriebene Ehrlichkeit.

»Brich den Angriff ab«, sprach Chayton beherrscht weiter. »Lass uns gemeinsam nach einer Möglichkeit suchen, wie wir Quantrill und seinen Leuten richtig wehtun können!«

Gabriel lächelte milde. »Und wieder höre ich die Worte des Versuchers.« Er bewegte die Hand, sodass die Optik einen erweiterten Ausschnitt erfasste.

Chayton sah die Gesichter der anderen Rebellen vorbeiziehen: die Ferronin Tuuk, die so etwas wie Gabriels Leibwächterin war. Ein Arkonide, zwei Menschen, ein Cheborparner.

Chayton bemerkte die Gangmarkierung hinter der Gruppe. Sie waren noch ein paar Decks vom Casino entfernt. Etwa eine Viertelstunde würden sie noch brauchen.

Das Holo schwenkte weiter. Motahn kam ins Bild. Das Mädchen mit dem Hirnschaden trug etwas in ihren Händen, wahrscheinlich die Bombe. Sie sollte gemäß Gabriels Plan den Sprengkörper bis zum Bronzetorbogen im Casino tragen, der DANAE beherbergte. Ein Mädchen ohne Gedanken konnte sich nicht an einen Telepathen verraten. Und davon gab es viele auf MERLIN, seit Tau-acht Mutantenkräfte in den Süchtigen wachgerufen hatte.

Wenn das wirklich der Grund war, warum Gabriel Motahn für diese Aufgabe ausgewählt hatte, war das ein durchaus guter Gedanke. Leider war der Rest des Plans ein komplettes Desaster. Bevor Motahn zehn Schritte ins Casino hineingekommen wäre, hätte jeder ganz konventionelle Sicherheitsmechanismus den Sprengstoff entdeckt und Alarm geschlagen. Da halfen alle Tau-acht-Mutanten in Gabriels Gruppe nichts, trotz ihrer Tarnergabe oder ihrer Fähigkeit, technische Geräte lahmzulegen.

»Hört ihr die Worte des Versuchers?«, erklang Gabriels Stimme aus dem Holo.

Die Optik offenbarte nun die letzten der Widerständler: den zweiten Cheborparner, die beiden Menschen Kuvando und Iamela – und Kalwi. Sie zeigte ihr weitgehend zahnloses Grinsen.

Chayton fluchte im Stillen. Er brauchte nur zehn Minuten mit dieser Frau. Danach konnten die Widerständler seinetwegen zum Teufel gehen.

»Hör zu, Gabriel«, beschwor Chayton ihn. »Ich habe einen Plan. Wir können Quantrill schlagen, und wir können DANAE vernichten. Aber nicht mit einer Bombe. Bitte brich euren Einsatz ab und triff dich mit mir. Ich werde dir alles erklären!«

Gabriel sprach weiterhin nicht mit ihm, sondern mit seiner Gefolgschaft. »Hört den Versucher! Hört seine süßen Versprechen! Er will uns auf den breiten, einfachen Weg führen, den Weg zur Verdammnis! Folgt ihr ihm auf den einfachen Weg?«

»Nein!«, riefen viele Stimmen unisono. »Wir kämpfen für das Licht!«, kam noch ein einzelner Ruf hinterher.

Chayton rollte mit den Augen. Kämpfen für das Licht, und koste es das Leben – dieses Versprechen hatte Gabriel seinen Leuten immer wieder abgenommen, seinen selbst ernannten Soldaten des Lichts.

»Versteh es doch, Gabriel!«, rief er verzweifelt. »Ihr werdet nichts erreichen! Ihr werdet einfach sterben, und das war's!«

»Das nennst du ›nichts erreichen‹?« Das Holo zeigte wieder Gabriel.

Chayton glaubte, er hätte sich verhört. Meinte der Mann das ernst?

Ja. Da war kein Zeichen von Hohn und Spott in seinem Gesicht. Nur Milde und Bedauern.

»Wir gehen ins Licht, so oder so«, sagte Gabriel. »Sterben wir im Kampf für das Licht, wird das Licht uns umfangen.«

Abrupt desaktivierte Chayton das Holo. Es gab nichts mehr zu sagen. Gabriel wollte anscheinend gar nicht mit dem Leben davonkommen. Der Märtyrertod war fest einkalkuliert, und es war seinen Leuten einfach egal, dass sie ihr Leben bei einem sinnlosen Angriff geben würden. Gabriel hatte ihnen dafür eine spirituelle Erlösung versprochen – und sie glaubten ihm.

Mit einem erschlagenden Gefühl der Ohnmacht wandte Chayton sich an Phel. »Sie werden es tun. Obwohl sie nicht die geringste Chance haben ...«

»Sie kämpfen für das Licht«, sagte Phel, als wäre damit etwas erklärt.

»Wir halten sie auf. So oder so!«, entschied Chayton. Erst danach fiel ihm auf, dass er damit Gabriels Wendung zitierte. Grimmig griff er nach Phels Strahler.

Sie ließ nicht los. »Was hast du vor?«, fragte sie, die Waffe fest umklammernd.

»Weiß ich noch nicht. Ich fange sie ab, vielleicht hören sie mir dann zu.«

»Das wird nicht ...«

»Ich muss es versuchen!«, schrie er ihr ins Gesicht. Sie zuckte zurück.

»Entschuldige.« Er zwang sich, sich zu beherrschen. »Ich muss das tun. Komm mit und hilf mir, oder bleib hier. Wie du willst.«

Phel nickte zögerlich. Sie gab die Waffe frei.

Zu zweit machten sie sich auf den Weg zum Casino.

*

Es war zu schaffen. Bei dem Hologespräch waren Gabriel und seine Soldaten des Lichts noch fünfzehn Minuten vom Casino entfernt gewesen. Chayton und Phel konnten in zehn Minuten da sein, wenn nichts dazwischenkam.

Natürlich kam etwas dazwischen.

Sie hatten bereits den Hauptkorridor erreicht, der zum Casino führte – zu dem gewaltigen Raum, der einst die Zentrale des Raumschiffs gewesen war, als MERLIN noch als Ultraschlachtschiff der Terranischen Flotte in Dienst gestanden hatte. Keine hundert Meter trennten sie mehr von ihrem Ziel, da gerieten sie in eine Tau-acht-Parade: einen jenen ekstatischen Märsche der Süchtigen, die in den vergangenen Wochen immer häufiger vorkamen.

Dutzende, Hunderte, schließlich Tausende der Abhängigen schlossen sich zusammen, bestärkten einander in ihren Phantasien und Wahnvorstellungen und schoben sich wie die Zellen eines einzigen, gewaltigen Organismus gemeinsam durch die Gänge, bis der kollektive Rausch nachließ.

Ein solcher Menschenstrom kam nun auf sie zu. Chayton konnte sich der Parade nur entgegenstemmen und hoffen, dass sie ihn nicht mitriss. An ein Durchkommen war nicht zu denken.

»Folgt Pescha!«, rief eine nackte Frau.

»Tu es, Mahannol!«, rief ein junger Mann mit tief blutunterlaufenen Augen, als er gegen Chayton prallte.

»Ranva! Ranva, mach mich glücklich!«, schrie eine Ganymedanerin. Ihr Blick ging ins Leere.

Chayton hielt Tarla Phels Hand fest, damit sie nicht getrennt wurden. Mehr als einmal wurden sie beinahe auseinandergerissen. Der Strom von Menschen und Außerirdischen ebbte nicht ab. Nackte, Bekleidete; in teurer Kleidung und in Lumpen; laut schreiend, stumm. Gemein waren ihnen der glasige Blick und die geröteten Augen, die den Tau-acht-Nutzer im fortgeschrittenen Stadium verrieten. Die Droge nahm ihnen das Schlafbedürfnis, doch sie forderte ihren Tribut. Das wusste Chayton nur allzu gut, aus eigener Erfahrung.

Er wusste nicht, wer Pescha, wer Mahannol oder wer Ranva war. Er kannte nicht den Ursprung der Prozession und nicht ihr Ziel. Er wusste nur eins: Er musste hindurch, bevor Gabriel und seine Soldaten das Casino erreichten.

Er schoss mit dem Strahler in die Decke. »Macht Platz!«, rief er, doch seine Stimme ging völlig unter im Gebrabbel aus tausend Kehlen. Auch der Schuss bewirkte nichts.

Chayton konnte es kaum fassen. Er hatte einen potenziell tödlichen Thermostrahl knapp über ihren Köpfen abgegeben, und niemand schenkte dem die geringste Beachtung. Es war, als hätte die Droge ihren Opfern sogar den Überlebensinstinkt genommen.

Er überlegte, sich den Weg einfach freizuschießen, da traf ihn die Schulter eines zugedröhnten Hünen, der sich vorbeischob. Chayton strauchelte und verlor das Gleichgewicht. Phel zog ihn auf die Beine, bevor der Mob ihn zertrampeln konnte, aber er hatte seine Waffe verloren. Er bückte sich danach, doch jemand stieß mit dem Fuß dagegen. Der Strahler rutschte einige Meter weit, dem nächsten Tau-acht-Süchtigen vor die Füße. Erneut bekam die Waffe einen Tritt und entfernte sich noch weiter. Binnen Sekunden hatte Chayton sie aus den Augen verloren.

»Gib mir Glück, Ranva!«, schrie eine junge Frau direkt neben Chayton, eher noch ein Mädchen. Sie mochte kaum älter als fünfzehn sein.

Chayton entdeckte einen kleinen Vorsprung in der Korridorwand zwei Meter hinter ihnen. Ein Aggregat, das aus der Wand herausragte, vielleicht ein Teil der Belüftung. Im richtigen Moment ließ er sich mit der Menge treiben, bekam das stabil montierte Gerät zu fassen, hielt sich fest und schaffte es schließlich, hinaufzuklettern.

Er blickte über die Menge hinweg zum Casino.

Dort kamen sie. Dort kamen Gabriel Udon und seine Leute.

Er würde sie nicht mehr aufhalten können.

Wenn er wenigstens noch die Waffe gehabt hätte! Er hätte den Strahler auf Überlastung stellen und in Richtung des Casinos werfen können. Dann hätte es Alarm gegeben, und die SteDat hätte das Casino noch vor Gabriels Angriffsversuch evakuiert und gesperrt.

SteDat!

Chayton fluchte. Auf den Gedanken hätte er früher kommen müssen. Aber seit seiner eigenen Verhaftung vor anderthalb Monaten betrachtete er die Stationssicherheit als Feind, vor dem er sich verstecken musste.

Im Augenblick aber konnten die Wächter ihm helfen. Er zog das Funkgerät aus der Tasche.

»Was hast du vor?«, schrie Phel neben ihm.

Er konnte sie kaum hören über die »Ranva! Ranva! Gib mir Glück!«-Rufe. Ein Mann mit exotischem Aussehen und freiem Oberkörper schob sich näher. Er legte den Süchtigen in seiner Nähe zwei Finger auf die Stirn, worauf sie mit leerem Blick und dümmlichem Lächeln stehen blieben, bis der Rest der Prozession sie wieder mitriss. »Ranva! Ranva!«, schrien diejenigen, die er noch nicht angefasst hatte.

»Ich warne SteDat!«, brüllte Chayton zurück. »Besser, sie werden verhaftet, als dass sie beim Angriff sterben!«

Phel sah ihn entsetzt an. »Du verdammter Verräter!«, brüllte sie, und diesmal übertönte sie die »Ranva!«-Rufe mühelos.

Sie sprang an ihm hoch, versuchte, ihm das Funkgerät aus der Hand zu schlagen.

»Tarla, es muss sein!«, schrie er und hielt das Gerät in die Höhe, außerhalb ihrer Reichweite.

Sie ließ sich nicht abbringen, sprang weiter an ihm empor und schlug auf ihn ein. Schließlich gab er ihr einen Tritt vor die Brust. Sie stolperte zurück, genau in Ranvas Weg.

»Gib ihr Glück!«, rief Chayton.

Der Mann legte zwei Finger auf Phels Stirn. Sofort entspannte sich ihre Haltung, und ein Lächeln legte sich auf ihre Züge. Ein anderer Mann und eine Frau stießen sie beiseite. An der Korridorwand, direkt hinter Chaytons Vorsprung, stützte sie sich ab. Der Menschenstrom floss an ihr vorbei.

Chayton beachtete sie nicht weiter. Er versuchte, mit dem Funkgerät die SteDat zu erreichen. Nach langen Sekunden erschien das Gesicht einer jungen Frau in der rot-blauen Uniform.

»Ich muss Onezime Breaux sprechen!«, forderte Chayton hektisch.

»Der Sicherheitschef ist ...« Sie zögerte. »... verhindert. Wer bist du? Worum geht es?«

»Es wird einen Angriff auf das Casino geben«, rief er, »in wenigen Sekunden!« Gabriel und seine Leute hatten keine dreißig Meter mehr zurückzulegen. »Eine Gruppe von Leuten um einen Mann mit grauen Haaren und Bart. Sie haben eine Bombe!«

»Und wer bist du?«, fragte die Frau misstrauisch. Dann riss sie die Augen auf. Sie hatte ihn erkannt. »Chayton Rhodan!«, rief sie.

»Ganz genau.« Kurz zuckte sein Blick zu Phel. Den Widerständlern hatte er sich als Chayton Wilder vorgestellt. Aber zum einen sah Phel mit ihrem dümmlich-glücklichen Grinsen nicht aus, als hätte sie das Gespräch mitbekommen. Zum anderen war seine Tarnung inzwischen eigentlich auch egal. »Ich stehe auf eurer Fahndungsliste, ich kenne mich aus mit Kriminellen. Also vertrau mir verdammt noch mal und tu endlich was! Sie sind gleich da!«

Die Frau zögerte kurz, dann fing sie hektisch an, Kommandos zu geben. Stahlwände schossen herab und verschlossen den fünf Meter hohen, bronzefarbenen Torbogen, der den Eingang zum Casino bildete. Chayton sah, wie Gabriel und seine Leute überrascht anhielten.

Chayton hoffte, dass sie die Bombe nun nicht in einer Verzweiflungstat außerhalb des Casinos zündeten. Den fast identischen inneren Bronzebogen, der DANAE beheimatete, hatten sie nicht erreicht. Der äußere Bogen, der das Tor zum Casino bildete, konnte immer noch als Symbol dienen ...

Aber dazu kam es nicht. Sicherheitsleute in rot-blauen Uniformen lösten sich aus verschiedenen Winkeln und betäubten Gabriels Leute mit ihren Paralysatoren. Einer nach dem anderen brachen die Soldaten des Lichts zusammen und schlugen auf den Boden.

Ein letztes Mal hielt Chayton den Atem an, als Motahn stürzte. Aber die Bombe in den Händen des Mädchens detonierte nicht.

»Danke«, sagte er zu der Frau in dem kleinen Holo vor ihm.

»Wir tun nur unsere Pflicht«, gab sie nüchtern zurück. »Waren das alle?«

Chayton zählte aus der Ferne die Körper am Boden. »Ja«, bestätigte er.

»Wir werden deine Anschuldigungen jetzt prüfen«, sagte die Sicherheitsfrau. »Ich hoffe für dich, dass du dir die Geschichte nicht nur im Rausch ausgedacht hast. In dem Fall ...«