Kasperles Schweizerreise - Josephine Siebe - E-Book

Kasperles Schweizerreise E-Book

Josephine Siebe

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Beschreibung

Während Mister Stopps beim Bürgermeister die Beine auf den Tisch legte und mit Trine und der Käseschüssel zusammenstieß, saß Kasperle in einem dunkeln Kirchenwinkel und – weinte.

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www.buch-klassiker.de

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Inhalt

Cover

Kasperles Schweizerreise

Mister Stopps kommt nach Torburg

Kasperle wird verkauft

Eine vergnügte Abschiedsfeier

Die Abreise

Eine furchtbare Räubergeschichte

Eine schreckliche Nacht

Im Krug zum Grünen Kranze

Mister Stopps Diener Bob

Bob und Kasperle machen eine Entdeckung

Der Prinz von England

Eine lustige Fahrt

Kasperle will Schlagsahne essen

Mister Stopps und der Stier

Kasperle erlebt zu viel

Am schönen, blauen See

Die weiteren Abenteuer

Josephine Siebe

Kasperles Schweizerreise

Eine lustige Kasperle-Geschichte

Ausgabe im SoTo Verlag, 2016

Bielatalstraße 14, 01824 Königstein

Vollständig und neu gesetzt durch Sandra Oelschläger

Herausgeber der Klassik-Reihe: Sandra Oelschläger

Umschlaggestaltung unter Verwendung von Bildern, 

die der Creative Commons CC0 unterliegen.

ISBN Print 978-1534698567

ISBN Print Großdruck 978-1534698604

ISBN EPUB 978-3-96077-051-0

www.buch-klassiker.de

Mister Stopps kommt nach Torburg

»Brrr, halt!« Da hielt die Postkutsche vor Torburg, und der dicke Postillon drehte sich um und sagte zu seinem einzigen Fahrgast: »Da sin mer, aber scheene ist’s nicht.«

Mister Stopps, ein schrecklich reicher, etwas verdrehter Engländer, streckte den Kopf zum Fenster hinaus und schrie: »Ueiter!«

»Nee, hinein lohnt es sich nicht zu fahren.«

»Uarum?«

»Darum, weil’s gebrannt hat.«

»Uas?«

»Na, die Stadt.«

»Uo?«

»Na, potz Wetter, das sieht doch ein Blinder,« brummte der Kutscher. »Halb Torburg ist niedergebrannt, ein schreckliches Unglück.«

»Ich uill fahren hinein.« Mister Stopps sah ziemlich ungerührt auf die Brandspuren neben dem Tor. Vor zwei Tagen hatte ein Brand das hübsche, freundliche Städtchen heimgesucht; ganze Gassen lagen in Schutt und Asche. Am Tor standen klagende und jammernde Menschen, und Mister Stopps schaute sie erstaunt an und fragte: »Uas machen sie?«

»Na, tanzen tun se nicht.« Der Postillon tippte mit dem Finger an die Stirn, sein Fahrgast kam ihm schon etwas seltsam vor. Der aber lehnte sich in den Wagen zurück, schaute in ein rotes Buch und rief: »Ueiter! Von Brand steht hier nichts drin, ich uill nur sehen Merkuürdiges.«

In diesem Augenblick schrien die Leute draußen laut: »Kasperle, oh unser gutes Kasperle!«

»Uas sein das?« Mister Stopps blickte nun wieder zum Wagen hinaus und sah zu seinem grenzenlosen Erstaunen ein putzlebendiges Kasperle mitten zwischen den Leuten stehen. Es heulte schrecklich, weil ihm die armen Abgebrannten so bitter leid taten.

»Na, das ist halt Kasperle.«

»Uer sein – Kahs – Kahs – Kasperle?«

»Na, Kasperle ist Kasperle. Potz Wetter, so ein saudummes Gefrage!« murrte der Postillon. »Jetzt fahr’ ich den närrischen Herrn zum Bürgermeister, der mag ihm Antwort geben.«

Und mit hü und hott rumpelte die gelbe Postkutsche durch das Tor in das Städtchen hinein, und Mister Stopps rief: »Halten, ich sehen uill Kahs – Kahs –«

Aber wenn der alte Postillon Heinrich einmal fuhr, dann fuhr er, da mochten die Fahrgäste rufen soviel sie wollten. Und weil er seinen Gast für übergeschnappt hielt, fuhr er noch schneller als sonst. Rumpelpumpel, vorbei ging’s an Häusern und Schutthaufen. Da war endlich das Bürgermeisterhaus, und Heinrich blies so lange: Trara, trara, ich bin da! bis der Bürgermeister, seine Frau und die Mägde alle angelaufen kamen. »Himmel, was ist los? Brennt’s schon wieder?«

»Da drinne sitzt wer!« Heinrich deutete mit der Peitsche auf Mister Stopps. Der steckte sein rundes, großes Gesicht zum Fenster hinaus und fragte; »Sein Sie Vater von Kahs – Kahs – Kahs?« Das verstand niemand, denn Mister Stopps hatte den ganzen Namen schon vergessen, und das war ein Glück. Der Bürgermeister von Torburg hätte es gewaltig übelgenommen, als der Vater Kasperles angesehen zu werden. So sah er aber, daß der Fremde ein reicher Mann war, und weil Heinrich noch schrie: »’s ist ’n reicher Engländer,« bekam er nach deutscher Art ungeheuren Respekt. Er machte eine tiefe Verbeugung, noch eine, und fragte: »Was wünschen Sie, mein Herr?«

»Kahs – Kahs –,« Mister Stopps würgte an dem Wort herum, und die Frau Bürgermeisterin sagte: »Ach, der Goldene Adler ist niedergebrannt, der Fremde hat Hunger, er will Käse. Komisch, diese Engländer!«

»Aussteigen soll er, meine Pferde sind müde,« brummte Heinrich. Einen richtigen, lebendigen Engländer hatte man noch nie in Torburg gesehen, darum verneigte sich der Bürgermeister noch einmal und lud den Fremden ein, in sein Haus zu kommen. Der dachte, das ist sicher ein Wirtshaus. Er stieg also aus und rief: »Mein room!«

Daß dies auf deutsch Zimmer hieß, wußte die gute Bürgermeisterin nicht, sie nahm es für englische Sitte und rief: »Flink, Trine, bring Käse und Rum.« Und dann nötigte sie den Gast in das Wohnzimmer; in dem warf der sich lang auf das Sofa, legte die Beine auf den Tisch und rief wieder: »Ich uill Kahs – Kahs –!« »Jemine, der hat aber Hunger,« dachte die Bürgermeisterin und rief flink der Magd zu: »Eil dich doch!«

Und kaum hatte Mister Stopps wieder seinen Mund aufgetan und noch einmal »Kahs« gesagt, als Trine hereinmarschierte. Sie trug allen Käse, den es im Hause gab, herbei, und weil es so viel war, hatte die Käseglocke nicht gereicht, und sie hatte den Käse auf eine Bratenschüssel gelegt. Er duftete nicht sehr lieblich, und Mister Stopps schrie auf einmal: »Oh!« und hielt sich seine Nase zu, und dann wieder: »Ooooh!«

»Das ist der Käse,« sagte die Bürgermeisterin. »Und gut ist er.«

»Oh, no, no, Kahs – Kahs –.« Mister Stopps merkte, daß man ihn mißverstanden hatte, und weil er Kasperles Namen nicht herausbekam, fing er an Gesichter zu schneiden, mit Händen und Füßen zu zappeln, und der Bürgermeister, seine Frau und Trine starrten verdutzt den sonderbaren Gast an. »No, no, oh schrecklich,« schrie der und zeigte auf Trine.

»Na, das verbitt’ ich mir, schrecklich bin ich nicht,« brummte die. »Der Herr ist aber, weiß der Himmel, das reine Kasperle.«

»Oh ja, den ich meine, nicht das da,« schrie Mister Stopps, deutete auf den Käse und schnitt ein fürchterliches Gesicht dazu. Da rannte Trine mit dem Käse wütend hinaus und rief zweimal: »Alter Kasper, alter Kasper!«

»Dies ich meine! Uas sein das für ein merkuürdiges Ding?«

»Kasperle meint er!« Der Bürgermeister tippte sich an die Stirn und brummte: »Da kommt ein Kasper zum andern.«

»Erzählen! Ist es ein Menschen?«

»Ih bewahre, Kasperle ist Kasperle.«

Der Bürgermeister sah seinen seltsamen Gast an; der hatte die Füße wieder auf den guten Tisch von Kirschbaumholz gelegt. So etwas! Er nahm kurz entschlossen Mister Stopps an den Beinen, und platsch, da lag der lange Herr auf der Erde.

»Oh!« sagte der verdutzt, »ich kann machen uas ich uill in meine room.«

»Ach, Unsinn, Rum gibt’s hier nicht, das ist kein Wirtshaus.«

»Oh!« Wieder riß der Fremde seinen Mund auf, als wollte er den dicken Bürgermeister verschlingen. »Uo bin ich?«

»In meinem Haus, und ich bin der Bürgermeister.«

»Ja, und ich bin die Frau Bürgermeisterin,« rief die rundliche Hausfrau. »Und mir hat noch nie ein Gast seine Füße auf den Tisch gelegt. Es ist mein bester!«

Da begriff Mister Stopps, daß er gar nicht in einem Wirtshaus war, und weil er an den Postillon dachte, der ihn hierhergeführt, rief er empört: »Schafskopf!«

»Na, das verbitte ich mir aber.« Schwipp, schwapp, griff der Herr Bürgermeister, der trotz seiner Dicke sehr behende war, zu, und pardauz flog Mister Stopps zur Türe hinaus.

Rissel rassel bums! Da lag Trine mit der Käseschüssel. Trine hatte ein bißchen horchen wollen, und da bekam sie unversehens Mister Stopps an den Kopf.

Trine schrie, Mister Stopps brüllte, die Frau Bürgermeisterin weinte, der Bürgermeister schimpfte, aus der Amtsstube kamen die Schreiber. Die Kinder und die Dienstmagd kamen auch angelaufen, und auf einmal kam noch Heinrich, der Postillon, zurück. Der hatte in der Hand den Regenschirm des Engländers, den der in der gelben Kutsche vergessen hatte. »Jemine, was ist denn nu los?«

»Da ist er, der Schafskopf,« schrie Mister Stopps.

»Ach so, den haben Sie gemeint?«

Der Bürgermeister sah Heinrich streng an: »Warum hat Er mir den gebracht?«

»Na, er wollte doch durchaus was Merkwürdiges sehen!«

»Ich bin nichts Merkwürdiges,« schrie der Bürgermeister erbost.

»No, Kahs – Kahs –«

»Kahs – Kahs – da liegt er,« jammerte Trine, »Kasperle meint er.«

Heinrich rieb sich das Knie. Die ganze Geschichte kam ihm recht sonderbar vor, und dem Bürgermeister kam Mister Stopps auch sonderbar vor, als er hörte, der wollte durchaus Kasperle sehen.

»Ich uill ihn kaufen,« schrie Mister Stopps, »kauufen!«

»Ach, Unsinn, den gibt unser Organist, Meister Severin, nicht für eine Million her.«

»Ich zahlen uill eine Million.«

»Donnerwetter!« Beinahe hätte sich der Bürgermeister vor Erstaunen in den Käse gesetzt, aber seine liebe Frau hielt ihn noch fest, und dann holten beide vereint Mister Stopps wieder herein und führten ihn nun in ihre allerbeste Stube. Und diesmal legte Mister Stopps nicht die Beine auf den Tisch, er setzte sich sehr steif auf einen Stuhl. Der Bürgermeister tat es ihm nach, die Bürgermeisterin setzte sich auf das Sofa, und dann fragte Mister Stopps: »Uer sein Kasperle?«

»Ja, wer? Ein unnützes Ding!« Der Bürgermeister, der eine ungeheure Ehrfurcht vor dem fremden Manne hatte, der für ein Kasperle eine Million zahlen wollte, fing an zu erzählen.

Eine lange Geschichte war es, und wer sie noch nicht kennt, der lese in den drei vorhergehenden Kasperlebänden nach, was Mister Stopps zu hören bekam. Höchst erstaunlich! Da gab es ein putzlebendiges Kasperle, das kein Mensch war und doch einer war. Das achtzig Jahre und länger geschlafen hatte; das in der weiten Welt herumgelaufen war, und das der Herzog August Erasmus jetzt manchmal einlud, und von dem die schöne Gräfin Rosemarie und der berühmte Geiger Michele Freunde waren und vieles andere noch. Und seit vier Jahren lebte das Kasperle in Torburg, war das närrischste Ding, war aller Liebling und Freund, war immer vergnügt und spielte mit dem mächtigen Herzog und dem feinen Marlenchen.

Während der Bürgermeister erzählte, nickte Mister Stopps ein paarmal mit dem Kopf und murmelte: »Uerde ihn kaufen!«

»Ach, du lieber Himmel, so viel Geld haben Sie doch nicht, um ’s Kasperle zu bezahlen,« sagte da einmal die Bürgermeisterin, die nicht an die Million glaubte.

Und wieder rief Mister Stopps: »Ich geben eine Million!«

»Taler?« fragte der Bürgermeister vorsichtig, der dachte, dieser Fremde könnte ja auch Gröschlein oder Pfennige meinen.

»Pfund,« antwortete Mister Stopps.

»Pfund?« Die Bürgermeisterin dachte an die schönen, blanken Pfundgewichte aus Messing in ihrer Küche und sagte kopfschüttelnd: »Was soll man da mit einer Million anfangen!«

Der Bürgermeister aber wußte wohl, daß Pfund eine englische Münze ist und ungefähr sechseinhalb Taler wert war. Er dachte bei sich, dafür könnte man ganz Torburg aufkaufen, und aller Jammer und alle Not hätten ein Ende. Ach, du lieber Himmel, wäre das ein Glück für seine liebe Heimatstadt! Aber Kasperle, Kasperle, würde der sich verkaufen lassen? Der Bürgermeister stand plötzlich mit einem Ruck auf. »Kommen Sie,« sagte er feierlich zu Mister Stopps, »wir gehen zu Kasperle.«

»Ja, und ich uerde ihn kaufen. Kahs – Kahs –!«

Und damit gingen sie, und die Bürgermeisterin dachte, es ist doch kurios, daß man mit Pfundstücken bezahlt. Ob die dieser Fremde wohl alle mit hat? Dann muß er doch ungeheure Kisten haben. Seltsam, höchst seltsam!

Kasperle wird verkauft

Während Mister Stopps beim Bürgermeister die Beine auf den Tisch legte und mit Trine und der Käseschüssel zusammenstieß, saß Kasperle in einem dunkeln Kirchenwinkel und – weinte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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