Kein Künstler in der Küche - Annabeth Albert - E-Book + Hörbuch

Kein Künstler in der Küche Hörbuch

Annabeth Albert

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Beschreibung

Curtis Hunt hat sich mit seinen Schnitzereien landesweit einen Namen gemacht und kann damit ein kleines Unternehmen in Rainbow Cove, Oregon, unterhalten. Während der ruhigen Wintermonate versucht er einfach nur, die touristenarme Jahreszeit zu überstehen, ohne sich in der Trauer um seinen vor zwei Jahren verstorbenen Partner zu verlieren. Logan Rosner, der im örtlichen Grillrestaurant als Koch arbeitet, erkennt Curtis' Bedürfnisse und lässt sich auf ein Stelldichein mit dem ortsansässigen Griesgram ein. Für beide Männer ist dieses heiße Treffen mehr, als sie eigentlich erwartet hatten, und als Logan vorschlägt, einander regelmäßig "auszuhelfen", kann Curtis ihm nicht widerstehen. Doch je besser er Logan kennenlernt, desto mehr wächst ihm der junge Koch ans Herz und er muss sich entscheiden, ob er es noch einmal riskieren kann, sich in jemanden zu verlieben…

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Zeit:9 Std. 45 min

Sprecher:Julian Mill

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Deutsche Erstausgabe (ePub) Juni 2019

Für die Originalausgabe:

© 2017 by Annabeth Albert

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Tender with a twist«

Published by Arrangement with Annabeth Albert

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische

Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2019 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

ISBN-13: 978-3-95823-761-2

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Vanessa Tockner

Liebe Leserin, lieber Leser,

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Klappentext:

Curtis Hunt hat sich mit seinen Schnitzereien landesweit einen Namen gemacht und kann damit ein kleines Unternehmen in Rainbow Cove, Oregon, unterhalten. Während der ruhigen Wintermonate versucht er einfach nur, die touristenarme Jahreszeit zu überstehen, ohne sich in der Trauer um seinen vor zwei Jahren verstorbenen Partner zu verlieren. Logan Rosner, der im örtlichen Grillrestaurant als Koch arbeitet, erkennt Curtis‘ Bedürfnisse und lässt sich auf ein Stelldichein mit dem ortsansässigen Griesgram ein. Für beide Männer ist dieses heiße Treffen mehr, als sie eigentlich erwartet hatten, und als Logan vorschlägt, einander regelmäßig „auszuhelfen“, kann Curtis ihm nicht widerstehen. Doch je besser er Logan kennenlernt, desto mehr wächst ihm der junge Koch ans Herz und er muss sich entscheiden, ob er es noch einmal riskieren kann, sich in jemanden zu verlieben…

Für Sloan Johnson,

deren Coverdesign der Originalausgabe Curtis wunderbar

zum Leben erweckt hat und deren Freundschaft

mein Leben bereichert.

Und für Edie Danford,

die mich bei der Überarbeitung sehr gefordert hat,

um Curtis und Logan gerecht zu werden. Deine Anregungen machen meine Geschichten unermesslich besser. Außerdem bedeutet deine Freundschaft mir alles. Ich kann mich glücklich schätzen, euch beide in meinem Leben zu haben.

Eins

Logan

Der verrückte Holzschnitzer war oben ohne. Schon wieder. Es war ein schläfriger Donnerstag im Januar an der Küste von Oregon, was bedeutete, dass die meisten vernünftigen Leute Flanell und Jacke trugen und sich gegen den scharfen Wind eingepackt hatten. Ich trug eine mit Fleece gefütterte Radlerhose und eine langärmlige Jacke, während ich die erste gute Fahrradfahrt des Jahres feierte, und fröstelte trotzdem, als ich nahe des Juweliergeschäfts auf der 101 anhielt – der größten Schnellstraße, die durch Rainbow Cove führte.

Ich sagte mir, dass ich anhielt, um Wasser aus meiner Flasche zu trinken, wusste jedoch, dass das eine schlechte Ausrede war. Tatsächlich fesselte mich der Anblick von Curtis Hunt, der einen riesigen Baumstamm mit seiner Kettensäge bearbeitete.

All die Gerüchte, die über seine exzentrische Art im Umlauf waren, hin oder her, er war ein unvergleichlicher Künstler und zuzusehen, wie er sein Ding machte, war eine wahre Freude. Schweiß tropfte trotz der kühlen Temperaturen von seinem Kopf und Rücken und er arbeitete wie ein Besessener, bewegte sich hierhin und dorthin um das Stück herum, tanzte beinahe, während seine Kettensäge mit einer Anmut umherflitzte, die ich vom Juwelier erwartet hätte, aber nicht von diesem muskulösen Holzarbeiter mit seinem schweren Gerät.

Er trug eine mit Sägespänen bedeckte Jeans, schwere Stiefel, eine Schutzbrille und Ohrenschützer, aber sein rotes Flanellhemd hing abgelegt auf der Skulptur eines Falken in der Nähe. Selbst aus der Ferne waren seine schimmernden Muskeln und Tattoos beeindruckend. Der Kerl war vermutlich fünfzehn Jahre älter als ich, aber großartig in Form. Ja, wenn ich solche Tattoos und Muskeln hätte, würde ich mein Hemd auch ausziehen. Bei seinem Anblick breitete sich etwas Warmes in meinem Bauch aus, aber ich schob das tiefe Pochen der Erregung beiseite, da es niemals im Leben befriedigt werden würde. Es war sehr wahrscheinlich, dass er über alle meine Fantasien lachen würde, besonders über die, die ihn, ein Seil und einen eher flehentlichen als finsteren Blick aus seinen Augen beinhalteten.

Aber ein Mann konnte hinsehen. Und wollen. Daher nahm ich mir Zeit mit meinem Wasser und beobachtete, wie sich aus dem rohen Stamm allmählich die Silhouette eines Vogels schälte.

In einer so kleinen Stadt wie Rainbow Cove machten die Klatschmäuler Überstunden und ich kannte alle Gerüchte über Curtis. Wusste, dass er vor ein, zwei Jahren seinen langjährigen Geliebten verloren hatte und dass die zwei lokale Legenden gewesen waren. Curtis war offenbar noch exzentrischer geworden, nachdem der andere Kerl gestorben war, war in die alte Tankstelle gezogen, die er als Galerie für seine Schnitzereien nutzte, baute sein eigenes Essen an und reagierte griesgrämig auf Fortschritt.

Und der Fortschritt war es, der mich nach Rainbow Cove getrieben hatte. Der Fortschritt war, was mein Restaurant verkörperte – Hoffnung, dass die lokale Wirtschaft im Tourismus ein neues Standbein finden konnte. Daher war es keine Überraschung, dass Curtis meine Freunde und mich nicht zu mögen schien. Er würde es vermutlich nicht schätzen, dass ich ihn ansah, als wäre er ein Tumblr-Feed für Holzfällersexuelle – nur da, um mir mit seinem Anblick Freude zu bereiten. Aber verdammt, diese Muskeln...

Ich gönnte mir einen letzten Blick, bevor ich davonstrampelte, aus dem Stadtzentrum hinaus und an der Kreuzung zu einer schmalen Wohnstraße abbog, die der Küstenlinie im Süden folgte. Ich war allein auf der Straße – der herrliche, riesige graue Himmel und der weite blaue Ozean waren meine einzige Gesellschaft. Das war noch etwas, für das ich nach Rainbow Cove gekommen war – für den Raum, um allein zu sein, die Ruhe, die ich davor nur in einem Dojo gefunden hatte.

Portland war überfüllt, und nicht nur mit Leuten. Die Erwartungen meiner Eltern waren immer gegenwärtig, ebenso wie vergangene Fehler und Schmerzen. Die allgemeine Geschäftigkeit der Stadt machte es mir schwer, Atem zu holen, zu denken und zu atmen und einfach zu sein. Der Verkehr. Der Lärm. Die Forderungen. Alles war zu viel für mich geworden und als mein Freund Mason die Idee einer Bar mit Grill hier an der Küste aufgebracht hatte, hatte ich die Gelegenheit zu einem Neuanfang ergriffen. Ich hatte die Küste geliebt, seit ich ein Kind gewesen war – einige meiner frühesten Erinnerungen drehten sich um glückliche Familienwochenenden, die wir hier verbracht hatten.

Schließlich führte meine Fahrt mich zum Restaurant zurück. Nachdem ich mein Fahrrad abgesperrt hatte, ging ich in die Küche. Mason unterzeichnete gerade die Fleischlieferung von einer Farm aus der Gegend.

»Der Koch!« Der Fahrer begrüßte mich mit einem Winken. »Wir haben einige neue Filets bekommen. Meinen Sie, Sie wollen welche fürs Wochenspezial?«

»Vielleicht«, sagte ich, zog meine Ausrüstung aus und verstaute sie.

Meine Gedanken huschten sofort weg vom hemdlosen Holzschnitzer und zurück zu meiner wahren Leidenschaft – dem Kochen. Ich liebte es, hier Koch zu sein, derjenige, der die Entscheidungen traf und Tagesangebote gestaltete. Ich hatte in Portland jahrelang Souschef-Stellen gehabt und mich immer mehr nach meiner eigenen Speisekarte gesehnt, bei der ich mit Soßen und Präsentation spielen und meine eigenen lokalen Zutaten auswählen konnte.

Ich inspizierte die Päckchen, die Mason in den Kühlraum und Kühlschrank räumte. Wir würden den meisten Umsatz mit den endlos gestapelten Burger-Patties machen, aber ich liebte es auch, mit meinen Tagesangeboten etwas Abwechslung zu bieten.

Ich beäugte die Filets, die der Fahrer auf seinem Karren hatte. »Die sehen gut aus. Ich denke an Filet mit Pfefferkorn-Kruste und Rotweinreduktion.«

»Ich weiß nicht, ob irgendjemand den Filet-Preis zahlen wird.« Mason schüttelte den Kopf. Die träge Wintersaison begann, an meinem Freund zu nagen, der auch unser Manager war. »Du kannst es als Tagesteller probieren, aber nehmen wir nicht zu viel.«

Widerwillig nahm ich nur eine kleine Menge der Filets, um Masons Wünschen zu entsprechen. Ich würde meine Pläne für die Wochenangebote mit günstigeren Optionen wie Shepherd’s Pie vervollständigen.

»Wie war deine Fahrt?«, fragte Mason, nachdem der Lieferant gegangen war.

»Gut.« Ich verspürte kein Verlangen, von meiner Schwärmerei für den Holzschnitzer zu berichten. Das war ein kleiner persönlicher Luxus gewesen. Außerdem war Masons Polizeichef-Freund Nash Flint gut mit Curtis befreundet, was bedeutete, dass ich von zwei Seiten geärgert werden würde, wenn ich verriet, dass meine Blicke in diese Richtung wanderten.

»Du bist nicht zu einsam, oder?«, hakte Mason nach. »Es ist dein erster Winter an der Küste und ich weiß, dass es schwer sein kann.«

»Bin nicht einsam«, sagte ich wahrheitsgemäß. Ich war so froh, all die Stimmen aus Portland los zu sein – meine Eltern, die es nur gut meinten, meinen Ex, meinen Aikido-Meister, meine vielen rechthaberischen Freunde, die Küchenchefs und Restaurantmanager, die es für unnötig gehalten hatten, mich zu befördern. Die Ruhe der Nebensaison bedeutete, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben endlich frei war, selbst eine Richtung für mich auszusuchen, und ich hatte vor, das zu nutzen. Das sagte ich Mason nicht, aber das war mein Neujahrsvorsatz – der Mensch zu sein, den ich in Portland nur zögerlich gelebt hatte. Es war höchste Zeit, dass ich mir selbst eine Chance gab.

***

Curtis

Ich wischte die verirrten Sägespäne von meinem Knie, direkt bevor Bill meinen Anruf annahm. Ich hatte wieder zu dicht neben meinem Abendessen geschnitzt.

»Halt die Fesseln bereit. Ich komme am Freitag zum Abendessen.« Für Bill zwang ich meine Stimme in eine glückliche Tonlage. Ich saß auf dem Parkplatz der Rainbow Tavern und es war ein Samstag, der sich eher wie ein Montag anfühlte, und ich wollte ein Date vereinbaren, bevor ich zu einem Abendessen gehen musste, vor dem ich mich sträubte.

»Curtis! Nett von dir zu hören, aber diesen Freitag? Hatten wir Pläne?« Bill klang zerstreuter als sonst. Er war ein alter Freund und ich hatte beobachtet, wie er sich von einem langhaarigen Biker in einen feinen, wenn auch oft zu beschäftigten Collegeprofessor verwandelt hatte.

»Es ist der dritte Freitag im Monat. Es scheint so, als hätten wir eine Routine aufgebaut...« Eine Routine, die ich verzweifelt brauchte.

»Ah. Na, ich schätze, darüber hätte ich mit dir reden sollen. Tom und ich haben große Neuigkeiten. Die Adoptionsbehörde hat sich gemeldet. Wir holen sie am Donnerstag ab. Geschwister – ein Junge und ein Mädchen. Zwei und vier Jahre alt. Wir sind hin und weg.«

An diesem Punkt sollte ich ihnen gratulieren. Bill und Tom hatten den Großteil eines Jahres darauf gewartet, dass die Adoption sich verwirklichte. Ich sollte nicht kleinlich oder enttäuscht sein. Ein glücklicher – wirklich glücklicher – Kerl würde das Richtige sagen, nachdem er ihre Neuigkeiten gehört hatte. Aber was herauskam, war: »Also kein Kink am Freitag?«

Bill seufzte, als hätte er mehr von mir erwartet. »Kein Kink für eine Weile. Tom und ich haben geredet. Wir werden uns die nächsten paar Monate auf die Familie konzentrieren und eine Pause von der Szene machen. Danach werden wir besprechen, ob wir wieder anfangen wollen.«

»Eine Pause machen? Du? Du hast in demselben Jahr, in dem du deine Dissertation geschrieben hast, Mr. Leather gewonnen. Du hast dir noch nie eine Auszeit genommen.«

»Die Dinge haben sich geändert.« Bills Stimme war sanfter. »Ich bin kein junger Hüpfer mehr. Nach einiger Zeit wird die Szene ermüdend, meinst du nicht?«

Ja, ja, das meinte ich. Genau deshalb liebte ich meine Vereinbarung mit Bill – keine Erwartungen, keine Gefühle, keine in Bars oder bei Treffen verschwendete Zeit, kein lächerliches Wischen nach links oder rechts auf der letzten Dating-App.

»Vor ein paar Wochen schienst du es noch ziemlich gerne gemacht zu haben.«

»Tut mir leid. Ich hätte dich gleich anrufen sollen, nachdem Tom und ich geredet haben. Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass es dir etwas ausmachen würde.« Bill trommelte mit irgendetwas auf seinen Schreibtisch, vielleicht mit einem Kuli, und das ständige Klicken trieb mich ebenso in den Wahnsinn wie sein herablassender Tonfall.

»Tut es nicht. Es ist wunderbar für euch.« Ich zwang die Worte heraus. Ich wollte nicht, dass er dachte, ich wäre emotional oder so – nicht was das Ende dessen betraf, was im Grunde ein für beide Seiten bequemes Geschäftsarrangement gewesen war. »Troy wäre auch begeistert. Sagt Bescheid, wenn ihr irgendetwas für die Kinder braucht. Habt ihr euch wo angemeldet?«

»Wir sind versorgt, aber wir bitten Freunde, ihre liebsten Kinderbücher zu schicken, wenn sie wollen. Und Curtis, wir vermissen ihn auch. Sehr. Aber vielleicht solltest du langsam daran denken, jemanden zu finden. Jemanden für dich.«

Ich hatte kein liebstes Kinderbuch und brauchte niemanden. Ich hatte jemanden gehabt. Troy. Er war mehr als genug für ein Leben gewesen. Und so dankbar ich auch für Bills lange Freundschaft war, ich hatte genug von seinem herablassenden Tonfall. »Passt auf euch auf. Ich treffe mich mit Nash, also gehe ich besser.«

»Nash Flint? Troys alter Freund aus der Highschool? Ich hab gehört, er hätte vor ein paar Monaten sein Coming-out gehabt.«

»Jepp. Hat sich einen Mann geholt und alles.« Denn es reichte nicht aus, dass Bill und Tom zu den lächerlich glücklichen Freunden in meinem Leben gehörten. Da war noch Nash, der vom stoischen Polizeichef zum betörten Freund von Mason, dem Barbesitzer, geworden war, und jetzt auch ihre kleine Familie. Und ich freute mich für sie alle. Wirklich. Sie verdienten es, eine Familie und Liebe und all das zu finden, das mich abgesehen von meinen Jahren mit Troy konsequent gemieden hatte. Aber ich musste zugeben, dass es etwas herausfordernd war, Zeit mit ihnen zu verbringen, während mich die Eifersucht schmerzte wie eine neunschwänzige Peitsche.

Als ich den Anruf mit Bill beendete, sah ich, wie Nashs Jeep auf den Parkplatz fuhr.

»Du weißt, dass ich nur aus Mitleid mit dir esse.« Ich setzte ein breites Lächeln auf, während ich über den Kiesplatz zu ihm ging. »Dein Mann hat dich verlassen.«

»Ha.« Nash schnaubte. »Er ist mit seiner Nichte Lilac und ihrer Pfadfindergruppe auf einem Ausflug ins Aquarium. Morgen früh ist er zurück. Aber ja, danke, dass du mich vor den Schrecken meiner eigenen Kochkünste rettest.«

»Drei Stunden in eine Richtung mit über zwanzig kleinen Mädchen? Oh Gott, bitte lass mir das erspart bleiben.« Ich schauderte theatralisch, während ich ihm ins Restaurant folgte. »Aber hattet ihr schöne Feiertage? Ich wette, ihr habt sie viel zu sehr verwöhnt.«

Ja, ich wusste doch, wie man zur richtigen Zeit das Richtige sagte, obwohl es manchmal hart war, die Worte zum Kooperieren zu bringen. Und tatsächlich lächelte Nash breit.

»Das haben wir. Hätten wir nicht tun sollen. Haben es aber doch getan.« Und dann plapperte er noch gute fünf Minuten von Puppenhäusern und American Girl, nachdem wir unseren üblichen Tisch am Fenster in Beschlag genommen hatten. Nashs Mann Mason war zusammen mit zwei Freunden Besitzer des Lokals.

»Möchten Sie Getränke?« Die Kellnerin wirkte nicht viel älter als Masons Nichte – irgendein junges Mädchen aus der Gegend, das die Jungs als Aushilfe angestellt hatten. Ich schätzte die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Nash, Troy und ich mit ihren Eltern zur Schule gegangen waren, denn in dieses Alter kamen wir inzwischen, irgendwo zwischen vierzig und dem Tod.

Ich bestellte ein Bier, das mir dabei half, zu nicken und Nashs glücklichen Erzählungen zu lauschen, und Nash einen Tee, da er vor Ende des Abends noch zur Arbeit gerufen werden könnte.

Es war ein schleppender Samstagabend, daher kam die Kellnerin schnell mit unseren Getränken zurück. Nash und ich bestellten beide das Übliche zu essen, er einen normalen Burger mit Salat, ich einen Veggie-Burger mit Süßkartoffelpommes.

»Was ist das?« Ich nahm das Werbedreieck aus Papier, das zwischen Ketchup und Salz auf der Seite des Tisches stand. »Ein Lederabend?«

»Etwas, das die Jungs ausprobieren. Inzwischen kommen mehr Leute zu ihren Pride-Abenden, daher hatten sie die Idee, zusätzlich einige Themenabende zu veranstalten, um vielleicht andere Leute anzusprechen. Du solltest deinen Freunden in Eugene davon erzählen.«

Ich knurrte, als er Bill erwähnte, der Stich seiner Zurückweisung war noch frisch. »Sie sind beschäftigt. Haben jetzt Kinder und so. Lassen die Szene hinter sich.«

»Ah. Na, das ist zu schade.« Nash und ich, wir sprachen nicht über unsere privaten Aktivitäten im Schlafzimmer, aber er kannte mich gut genug, um Mitgefühl in seinem Blick auszudrücken. »Aber du und Troy hattet doch einige... Kontakte, richtig? Ich weiß, dass Mason sich freuen würde, wenn du die Nachricht verbreitest.«

»Ich bin nicht das Kink-Begrüßungskomitee.«

»Weißt du, du könntest die Bemühungen der Jungs, Rainbow Cove zu einem Reiseziel für Schwulentourismus zu machen, etwas stärker unterstützen. Es würde auch für dich bessere Geschäfte bedeuten«, tadelte Nash, bevor er einen Schluck seines Tees nahm.

»Muss ich dich daran erinnern, dass du vor nicht allzu langer Zeit auch nichts für ihren Plan übrig hattest? Und natürlich will ich bessere Geschäfte. Das wollen wir zu dieser Jahreszeit alle.« Die kühlen, verregneten, feuchten Tage des frühen Januars waren nie gut für uns, die wir vom Touristengeschäft abhängig waren. »Ich höre mich ein wenig um. Bist du glücklich?«

»Ekstatisch.« Nash sah aus, als wollte er mehr sagen, aber in diesem Moment kam unsere Kellnerin zurück. Ohne Essen.

»Es tut mir so leid, aber der Koch sagt, er hat keine vegetarischen Frikadellen mehr. Sein heutiges Tagesgericht ist ein vegetarisches Reuben-Sandwich und auf der Karte...«

»Süße. Es geht um gefrorene kleine Hockeypucks. Ich bin ziemlich sicher, dass er einen irgendwo tiefgefroren hat. Ich bestelle das immer. Immer.« Ich machte eine verscheuchende Geste mit der Hand, denn ich hatte es einfach satt, heute Abend nicht zu bekommen, was ich wollte.

»Bobby, Liebes, könntest du Logan darum bitten, noch mal nachzusehen?« Nashs Ton war viel netter als meiner. »Wir wären dir dankbar.«

Nachdem sie gegangen war, richtete er seinen finsteren Blick auf mich. »Du wirst noch die gute Aushilfe verschrecken. Mason hat Bobby gerade erst ausgebildet. Entspann dich. Wir finden dir schon etwas angemessen Grasiges zum Essen.«

»Ich mag, was ich mag.« Ich war nicht in Stimmung, meine Ernährungsvorlieben zu diskutieren.

»Nun ja, ich zahle, also könntest du dich etwas beruhigen. Und mir vielleicht sagen, was dich in letzter Zeit so mürrisch macht? Normalerweise bist du der Charmante und ich der Mürrische, aber in letzter Zeit ist es umgekehrt.«

»Ich hasse diese Zeit im Jahr.« Ich befingerte ein Zuckerpäckchen. Ich würde ihm nicht sagen, dass es einen großen Anteil hatte, dass er glücklich vergeben war und ich das nicht erwartet hatte. »Sonst nichts. Kurze Tage. Kurzer Geduldsfaden. Du weißt, wie es ist.«

»Ich weiß, dass der Jahrestag...«

»Sag es nicht.« Ich winkte seine Sorgen ab, als wüsste ich nicht auf die Sekunde genau, wann Troy gestorben war, als wüsste ich nicht, dass der Jahrestag in der kommenden Woche war. »So morbide bin ich nicht. Ich streiche nicht die Tage auf dem Kalender durch.«

»Ich vermisse ihn auch. Und dich. Du bist im Winter immer niedergeschlagen, aber jetzt ist es schlimmer.« Sorge trübte Nashs gut aussehendes Gesicht.

»Mason hat dich ja ganz emotional gemacht. Redest über Gefühle und so.« Ich schüttelte den Kopf. Ein gezähmter Nash Flint war tatsächlich ein besonderer Anblick. »Wie wäre es, wenn du mir mehr von den Feiertagen erzählst? Was hat Mason gekocht?«

Nash seufzte, als bereite der Themenwechsel ihm Schmerzen, aber er schluckte den Köder und erzählte von Rippenbraten und Eierlikörkeksen. Mir gefiel die Welt, in der Nash sein Happy End bekommen hatte, in der es eine Familie wie seine gab und wie die, die Bill und Tom sich schufen, in der es Festmahle und Geschenke und überquellendes Wohlwollen gab. Aber ich durfte nicht in dieser Welt leben. Nein, ich würde mein Bier schlürfen und auf meinen verdammten Burger warten und froh sein, dass die Welt wenigstens auf meine Freunde herablächelte.

***

Logan

»Der Gast sagt, du musst eine Veggie-Frikadelle eingefroren haben.« Bobbys schüchterne Stimme erklang hinter mir. Ich schwor, diese Frau würde mich früher oder später dazu bringen, mich zu verbrennen, so wie sie sich an mich heranschlich.

»Hab ich nicht. Tut mir leid. Hast du ihm ein Veggie-Reuben oder die Schwarze Bohnensuppe angeboten?«

»Er hatte kein Interesse. Er war gemein.« Ihre Stimme bebte. Sie wirkte viel jünger, aber ich wusste, dass sie einundzwanzig war und Schwierigkeiten gehabt hatte, in der Gegend einen Job zu finden, bevor Mason sie unter seine Fittiche genommen hatte. »Polizeichef Flint hat auch darum gebeten, dass du noch mal nachsiehst.«

Oh, jetzt wusste ich genau, mit wem wir es zu tun hatten. Curtis. Derselbe verrückte Kettensägen-Holzschnitzkünstler, den ich vor einer Weile angegafft hatte, obwohl ich es nicht hätte tun sollen. Verdammt temperamentvoll. Und trotz meiner erheblichen Bemühungen, unsere vegetarischen Optionen auszubauen, bestellte der Mann immer dasselbe.

»Sag ihm, dass es keine gibt. Es tut uns leid. Ich beeile mich mit dem Veggie-Reuben, wenn er das probieren will.«

»Bring mich nicht dazu, es ihm zu sagen.« Zu dem Beben in ihrer Stimme kam ein starkes Glitzern in ihren Augen. Wenn sie in Tränen ausbräche, würden wir alle Ärger bekommen und Mason würde es mir nie verzeihen, wenn wir einen weiteren Kellner verloren.

»Ist Adam schon zurück?« Da Mason Lilacs Ausflug begleitete, waren wir unterbesetzt. Adam, Masons bester Freund und unser Geschäftspartner im Restaurant, war normalerweise für die Bar zuständig und half im Speisebereich, aber er machte eine schnelle Erledigung für seine Mutter.

»Noch nicht.« Bobby wurde blass.

»Horatio, kannst du auf den Grill schauen? Die Pommes sollten gleich fertig sein.« Momentan waren nur ich und ein Hilfskoch im Dienst.

»Klar, Boss.« Wie bei Bobby war das auch für Horatio einer der ersten Jobs und er freute sich zwar über die Erfahrung, war aber auch so grün wie das Moos, das zu dieser Jahreszeit alles in Oregon bedeckte. Ich war nicht sicher, ob ich ihm zutraute, nicht das Gebäude niederzubrennen, aber ich hatte nicht gerade viele Optionen.

Ich hatte gerade zwei Salate für die einzigen anderen Gäste angerichtet, daher gab ich Bobby die Teller. »Du bringst die hinaus. Ich kümmere mich um Curtis und Flint.«

Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare, obwohl es hoffnungslos war, sie vorzeigbar zu machen. Küchenarbeit war schweißtreibend und chaotisch. In meiner Freizeit gab ich mir eine gewisse Mühe mit meinem Aussehen und es ärgerte mich ein wenig, dass Curtis mich ganz zerknittert sehen würde. Nicht, dass es mich stören sollte. Es war ja nicht so, als wüsste Curtis, dass ich ihn beobachtet hatte. Oder als hätte ich einen Grund, mich um seine Meinung von mir zu kümmern.

Während mein Herz schneller schlug, als mir gefiel, näherte ich mich ihrem Tisch. Flint trug sein übliches Freizeit-Outfit, Poloshirt und Jeans, während Curtis in einem alten Harley-T-Shirt, das seine tätowierten Arme betonte, seine übliche Aussteiger-aus-einer-Motorradgang-Ausstrahlung hatte. Die Jeans mit Farbflecken, die wilden braunen Haare und der Bart verstärkten sein raues Image noch.

Flint schenkte mir ein Lächeln – seit er mit Mason zusammenlebte, war er viel freundlicher als früher –, aber Curtis starrte nur finster vor sich hin. Das war bei ihm an der Tagesordnung. Bei den wenigen Malen, die wir miteinander gesprochen hatten, war er immer abfällig gewesen, als wäre ich jünger als Bobby und Horatio und seine Zeit noch weniger wert. Und aus irgendeinem Grund würde ich mir das heute nicht gefallen lassen.

»Wir haben keine Veggie-Burger. Sie kommen von einem lokalen Lieferanten in Eugene und der hatte diese Woche überraschend einen Schneesturm und konnte nicht liefern. Und jetzt würde ich gerne...«

»Habt ihr Pommes? Bring mir einfach welche. Die esse ich, während Nash sein Abendessen bekommt.« Etwas an Curtis' höhnischer Art ging mir nahe und bewirkte, dass ich ihn mit viel mehr als einem finsteren Blick an die Wand drücken wollte.

»Hör mal. Jeden Tag achte ich darauf, dass eines unserer Angebote vegetarisch ist. Außerdem gibt es einige Optionen auf der normalen Karte. Ich kann dir sogar vegane Pizza machen. Oder ein Sandwich mit veganem Grillkäse, wenn du so etwas willst. Such dir etwas aus und ich mache es.« Ich schlug einen Ton an, den ich nicht oft herausholte, eine Strenge, die nicht zu Protest einlud. Ich war ein unkomplizierter Kerl, aber Curtis Hunt brachte mich immer mehr gegen sich auf.

Curtis und Flint blinzelten mich beide an. Ich bezweifelte, dass Flint mich je sauer erlebt hatte – sein Pech.

»Ich schätze, ich könnte das Grillkäse-Sandwich probieren«, sagte Curtis schließlich. »Bekomme ich ein paar gebratene Zwiebeln hinein wie im Burger oder hast du von denen auch keine mehr?«

»Natürlich kann ich das machen. Vielleicht etwas gegrillte Paprika und ein wenig...«

»Nur die Zwiebeln.« Curtis schüttelte den Kopf, als wäre ich der größte Dummkopf.

»Du wirst dein Sandwich mögen.« Ich behielt den strengen Ton bei. »Und du wirst nett zu Bobby sein. Wenn du ein Problem hast, kannst du nach mir fragen.«

»Oh, das werde ich.« Curtis' Ton lag irgendwo zwischen trocken und leicht amüsiert.

»Er wird es mögen«, fügte Flint hinzu.

»Gut.«

Ich wollte mich gerade umdrehen, um in die Küche zurückzugehen, da erhob Flint wieder die Stimme. »Wenn du schon da bist, könntest du Curtis vielleicht erzählen, was ihr alles für den Lederabend geplant habt?«

Oh, natürlich dachte Flint, Curtis könnte daran interessiert sein. Curtis gehörte vermutlich zu den Kerlen, die glaubten, ein finsterer Blick und unhöfliche Bemerkungen machten sie zu einem Dom. Er würde eine verstaubte Motorradhose aus seinem Schrank holen und zweifellos erwarten, vor Ende des Abends flachgelegt zu werden.

Und leider könnte er dabei nicht falschliegen. Er hatte eine gefährliche Ausstrahlung, die in Lederbars in Portland anziehend wirkte, und trotz seiner begrenzten Garderobe sah er nicht allzu schlecht aus – Armmuskeln, hagerer Körperbau, blaue Augen so hell, dass sie in ihrer Intensität beinahe geisterhaft wirkten, und volle Lippen, die nicht einmal der Bart verbergen konnte.

»Wir beginnen nach dem üblichen Abendandrang. Von neun bis Mitternacht wird es spezielle Angebote bei Drinks und Appetithäppchen geben. Wir haben einen DJ, der aus Eugene kommt, und haben den Abend in Eugene, Roseburg, Portland, Coos Bay und einigen Leder-Communitys im Internet beworben. Wir hoffen auf anständige Beteiligung.«

»Ich hoffe, die bekommt ihr«, sagte Flint ermutigend. »Ich weiß, dass in letzter Zeit wenig los war.«

»Das ist nicht nur ein Werbegag – wir versuchen, alle Facetten der LGBTQ-Gemeinschaft anzusprechen.«

»Dann zieht den Touristen ruhig das Geld aus der Tasche.« Bei Curtis' gönnerhaftem Ton stellte ich mir wieder vor, wie er an ein Bett gefesselt war und niedergehalten wurde, bis er bettelte. Vielleicht mit Handschellen. Das Grinsen würde von seinem Gesicht verschwinden und mit Bitten um mehr ersetzt werden. Das würde nie geschehen, aber Mann, der Kerl brauchte wirklich jemanden, der ihn in seine Schranken verwies.

»Ich gehe das Essen zubereiten.« Während ich zur Küche ging, bedachte ich ihn mit einem letzten sengenden Blick, der vermutlich unbemerkt bleiben würde.

Wenn er beschlossen hatte, dass ich ein lästiger Junge war, dann würde ich ein lästiger Junge bleiben. Ich kannte Typen wie ihn nur allzu gut. Es spielte keine Rolle, wie streng ich wurde, für Kerle wie Curtis würde ich immer ein Schwächling mit Kindergesicht bleiben.

Und Gott helfe mir, nächste Woche würde die Bar voll mit solchen Typen sein. Unglücklicherweise lag die Schuld bei mir selbst – ich war es, der einen Lederabend vorgeschlagen hatte. Ich hielt es immer noch für eine gute Idee, obwohl es wahrscheinlich jede schlechte Erinnerung daran heraufbeschwören würde, wie ich die Lederszene in Portland getestet hatte. Aber ich würde ohnehin in der Küche sein, weit abseits der Action. Was ich ja wollte, oder? Ich warf die Zutaten für Curtis' Bestellung viel kräftiger zusammen, als nötig war.

»Was hat dir das Sandwich getan?« Adam kam in die Küche, endlich war er zurück.

»Nichts.« Ich konnte die Frustration nicht aus meiner Stimme verbannen.

»Tut mir leid, das hat länger gedauert als erwartet. Aber ich habe das Teil für Moms Ofen bekommen und montiert. Zum Glück waren sie nicht allzu lange ohne Heizung.«

»Ja, das wäre beschissen. Hat sie gerade viele Gäste?« Adams Mutter führte eine beliebte Frühstückspension am Stadtrand.

»Ein paar.« Adam zuckte mit den Schultern. »Alle Betriebe haben wenig zu tun. Sie lässt dich grüßen. Sagt, dass sie dich vermisst und du mal zum Abendessen vorbeikommen sollst.«

»Ich schreibe ihr und frage nach, wann es gut wäre.« Als ich in die Stadt gekommen war, hatte ich ein Zimmer über der Garage von Adams Mutter gemietet, aber vor einer Weile hatte ich Masons Miethaus übernommen, als er bei Nash eingezogen war. Ich hatte mehr Privatsphäre und eine eigene Küche gewollt, aber ich vermisste die großzügige Gastfreundschaft von Adams redseliger Mutter.

»Habe ich etwas Interessantes verpasst?«

»Flint ist mit Curtis hier. Und wir haben keine Veggie-Burger. Du musst gleich diese Bestellung für mich rausbringen. Sie haben Bobby verschreckt.«

»Oh, Mann. Keine Veggie-Burger. Curtis muss sauer sein.« Adam lachte.

»Das ist er. Und Flint hat versucht, ihm den Lederabend zu verkaufen, aber er denkt offensichtlich, dass es eine dumme Idee ist.«

»Er hat nur permanent schlechte Laune. Lass dich nicht von ihm runterziehen. Und er und Troy waren ziemlich aktiv in dieser Szene, soweit ich gehört habe. Zu schade, dass Troy bei diesem Unfall gestorben ist – er hätte den perfekten Türsteher für das Event abgegeben. Der Kerl war so groß und beängstigend, wie du es noch nie gesehen hast – ein richtiger Hagrid.«

»Im Ernst?« Ich hatte bereits von Curtis' totem Liebsten gehört, mir aber immer einen ruhigen und sanftmütigen Mann vorgestellt, der nur allzu gerne die zweite Geige zur Kraft von Curtis' großer Persönlichkeit spielte.

»Oh ja.« Adam beobachtete, wie ich Flints Burger und Curtis' Sandwich anrichtete. »Und er konnte Curtis im Zaum halten. Curtis war nicht immer so mürrisch. Und nach Troys Tod ist er viel... exzentrischer geworden. Ist in die alte Tankstelle gezogen, die er als Studio nutzt. Wusstest du, dass sie ein Haus am Strand hatten, das jetzt leer steht? Er wohnt nicht darin, verkauft es aber auch nicht.«

»Keine Überraschung.« Ich hatte genug Geschichten über Curtis gehört, sodass mich nichts, das er tat, schockieren konnte. »Hier. Bring das Essen raus.«

»Wahrscheinlich wird er sich beschweren, aber nimm es nicht persönlich.« Adam lächelte mich an, bevor er die Teller nahm.

»Mache ich nicht.« Das durfte ich nicht vergessen. Es wäre nur das Rezept für ein Desaster, irgendetwas persönlich zu nehmen, was Curtis tat – ebenso wie meine Neugier auf seine Beziehung mit Troy zuzulassen. Wenn Troy ein großer Kerl gewesen war, der Curtis im Zaum gehalten hatte, was bedeutete das für meine Annahmen darüber, wo Curtis in der Szene stand?

Nichts. Überhaupt nichts. Ich konnte mich nicht auf ihn versteifen. Ich musste mich darauf konzentrieren, dem Betrieb durch diese schleppende Zeit zu helfen, Tagesgerichte schaffen, die mehr Gäste anlockten, den Lederabend überleben und diesen langen, trüben Winter an der Küste durchstehen. Selbst mir Sorge darüber zu machen, ob Curtis das Sandwich mögen würde, war mehr, als ich hätte tun sollen.

Aber das hielt mich nicht davon ab, durch die Durchreiche zu sehen und einen Blick darauf zu erhaschen, wie er in sein Sandwich biss. Ich wusste, dass es die perfekte Mischung aus Mandelkäse, Sauerteigbrot und gebratenen Zwiebeln war, und doch war der Genuss auf seinem Gesicht befriedigend. Und wenn ich mich fragte, was seine Augen sonst noch so verdunkeln könnte, nun ja, dann musste ich mich wirklich zusammenreißen. Er war nicht mein Typ und ich hatte ein Restaurant zu retten.

Zwei

Curtis

Ich würde nicht auf den Lederabend gehen. War nicht einmal in Versuchung. Und die Tatsache, dass der Kochjunge ein anständiges Sandwich zubereitet hatte, änderte nichts daran. Er hatte unerwartet Rückgrat bewiesen, aber er war ein wenig wie ein Schoßpudel, der einen Rottweiler niederbellte. Witzig, aber nicht ratsam. Mit diesem Kindergesicht sollte er wirklich aufpassen, auf wen er sein Temperament richtete. Nicht jeder war so versöhnlich wie Nash und ich.

Und warum dachte ich an ihn, als ich mehrere Tage später für Janice Holz hackte? Ich hatte ihren Hund Chopper nach draußen mitgenommen und er rannte hin und her und versuchte, sich mit zwei Eichhörnchen anzufreunden, die nichts mit ihm zu tun haben wollten. Der große Mischling musste inzwischen an die zehn Jahre zählen, erinnerte mich jedoch immer noch sehr an den Welpen, der er gewesen war, als Troy ihn vor beinahe einem Jahrzehnt mitgebracht hatte.

»Gib’s auf, Junge.« Ich warf einen Ast für ihn. »Du brauchst ohnehin keine hochnäsigen Eichhörnchen. Kerle wie wir, wir kommen allein am besten klar.«

Ich zog mein Flanellhemd aus und behielt nur das weiße Unterhemd an, während ich darauf wartete, dass er mit dem Ast zurückkam. Trotz der niedrigen Temperaturen war Holzhacken schweißtreibende Arbeit, besonders in den Mengen, die Janice für ihren Holzofen brauchte. Im Oktober hatte ich etwa sieben Raummeter für sie gehackt, aber dieser Winter war ungewöhnlich kalt gewesen und sie musste ihren Stapel bereits auffüllen.

Chopper ließ sich Zeit mit dem Stöckchen und ich sah von meiner Arbeit auf, um mich zu vergewissern, dass er nicht zu nahe an die Straße gegangen war. Janices Grundstück lag an einer Ecke und ich arbeitete im Garten auf der Seite des Hauses, um das gehackte Holz in das Gestell zu stapeln, das sie nahe der Küchentür an der Seitenwand hatte. Der Garten war auf dieser Seite nicht eingezäunt und ich wünschte, sie hätte mich das machen lassen, aber bisher hatte sie meinen Bemühungen widerstanden. Zu dieser Zeit am Morgen war die Straße wie ausgestorben, da alle entweder arbeiteten, in der Schule waren oder noch schliefen.

Moment mal. Ein Kerl auf einem Fahrrad war am Rand des Grundstücks und streichelte Chopper den Kopf. »Chop. Du kommst sofort hier rüber.«

Er wusste es wirklich besser, als sich mit irgendwelchen Fremden anzufreunden. Ich marschierte hinüber. Janice lebte allein und selbst mit Chopper machte ich mir Sorgen um sie.

Als ich mich allerdings näherte, merkte ich, dass ich den Kerl erkannte. Es war der Kochjunge und er sah mit seinem silbernen Helm, dem eng geschnittenen schwarz-silbernen Shirt und einer langen Radlerhose, die in ein im Fernsehen übertragenes Radrennen gehörte, sehr schick aus. Selbst dann verstand ich nicht wirklich, wozu die gut waren. Es war ja nicht so, als würde die hübsche Hose vor Schürfwunden schützen, wenn er stürzte.

»Kann ich dir helfen?«, fragte ich.

»Oh, tut mir leid. Ich wusste nicht... es hat ausgesehen, als würde der Hund auf die Straße laufen, also bin ich stehen geblieben, um zu sehen, wohin er gehört.«

»Hierher.«

»Das dachte ich mir, danke.« Genau wie am gestrigen Abend im Restaurant ließ er sich nicht von meinem knappen Tonfall einschüchtern, was eine Überraschung war. Bei seinem Körperbau und Gesicht hätte ich erwartet, dass er vor meinem Temperament zurückzuckte, aber das war nicht der Fall. »Ich wusste nicht, dass du Feuerholz hackst. Ist das ein Nebenjob für dich?«

Er ließ den Blick über mich schweifen und verweilte etwas zu lange bei meinem Bizeps. Nun ja, dieses Spiel konnten zwei spielen. Ich gab ihm ebenfalls einen abwägenden Blick. Seine Aufmachung verbarg seinen langen, sehnigen Körper kein Stück. Ich hatte ihn schon zuvor auf dem Fahrrad gesehen, jedoch nie wirklich die muskulösen Oberschenkel oder den flachen Bauch bemerkt. Zu jung. Zu dünn. Aber ich konnte ihm immer noch Unbehagen einflößen, daher richtete ich meinen Blick auf seine vollen Lippen.

»Siehst du etwas, das dir gefällt, Junge?«

Er errötete nicht, verzog allerdings das Gesicht. »Nein. Und ich heiße Logan.«

»Na gut, Logan.«

»Ich habe versucht, dich nach deiner Arbeit zu fragen. Verkaufst du Feuerholz? Mein Miethaus hat einen Holzofen, aber ich habe noch nicht versucht, ihn in Betrieb zu nehmen.«

»Tu es nicht. Erst nachdem jemand sich den Kamin angesehen hat. Ich bin ziemlich sicher, dass Masons alter Herr einen Holzofen hat. Mason soll dir jemanden finden, der ihn sich ansieht, wenn er es nicht selbst tun kann. Das Letzte, was wir wollen, ist, dass du das Haus niederbrennst.«

Ich bot nicht an, ihn mir selbst anzusehen, aber ich meinte es ernst. Beheizung mit Holz war eine ernste Angelegenheit und ich hatte vielleicht nicht viel für den Jungen übrig, aber ich wollte ihn trotzdem nicht verbrannt wie die Kohlestäbchen, die meine Mom als Pommes bezeichnet hatte.

»Und das Holz? Verkaufst du welches?«

Ich konnte nicht sagen, warum er so versessen darauf war, mir Arbeit zu geben, aber es gefiel mir nicht besonders. Ließ die Härchen auf meinen Armen prickeln. Kam Mitleid gefährlich nahe.

»Nein. Ich tue Freunden ab und zu den Gefallen. Gelegentlich bittet ein Kumpel mich um etwas Größeres.« Ich ließ in meinem Ton durchschimmern, dass er weder ein Freund noch ein großer Job war, der meine Zeit wert war.

»Oh.« Die Enttäuschung, die auf sein Gesicht trat, gab mir dasselbe Gefühl wie das eine Mal, als ich versehentlich auf Choppers Bein getreten war.

»Hör mal, wenn du den Ofen von jemandem ansehen lässt, sage ich meinem Kumpel, dass du Holz brauchst, und frage nach, welchen Preis er momentan verlangt.« Ich hatte keine Ahnung, warum ich freiwillig anbot, Johnny für den Jungen anzurufen, obwohl der Lebensmittelmarkt und mehrere andere Geschäfte im Ort Feuerholz anboten. Allerdings verlangten die normalerweise mehr. Johnny würde dem Jungen einen fairen Preis bieten.

»Danke. Das wäre toll.« Er scharrte mit dem Fuß neben dem Vorderreifen seines Rads im Staub. »Ich... äh... hat dir das Sandwich geschmeckt? Gestern Abend?«

Es war das verdammt Beste gewesen, das ich seit einem Monat gegessen hatte, aber das würde ich ihm nicht sagen. »Es war in Ordnung. Aber die Pommes waren etwas zu knusprig.«

»Daran arbeite ich noch mit Horatio. Ich rede mit ihm.« Er nickte ernst, als wäre ich einer dieser Restaurantkritiker und würde einen Artikel über sein Restaurant schreiben. »Ich experimentiere ein wenig mit dem Sandwich – brate die Zwiebeln langsam an, nehme Thymian und Knoblauch, außerdem Mozzarella oder eine vegane Alternative, gebe alles auf Sauerteigbrot und nenne es ein Französisches Zwiebel-Sandwich.«

Das klang tatsächlich schmackhaft, aber ich sagte nur: »Klingt nicht schlecht.«

»Du solltest vorbeikommen und es kosten. Bis zum Lederabend habe ich es vermutlich auf der Karte.«

»Wir werden sehen.« Das sagte ich nur, da ich wusste, dass Nash mich öfter ins Restaurant locken wollte und vermutlich bald dorthin schleppen würde. Zum Lederabend würde ich trotzdem nicht gehen.

»Na, dann denk drüber nach.« Er klang so fest wie am Abend, als er gesagt hatte, ich sollte das Sandwich bestellen. Eigentlich war es überraschend, dass er so tief und gebieterisch werden konnte. Beinahe süß, wie ein Bärenjunges, das herausfand, dass es Klauen besaß. Und ich merkte, wie ich unwillkürlich nickte.

Mit einem letzten Winken fuhr er los und ich beobachtete viel zu lange, wie er über die Straße verschwand.

»Wer war das?« Janice kam auf ihren Stock gestützt den Weg entlang.

»Nur ein Junge. Der Koch im Restaurant. Du weißt schon, der Betrieb von Nashs neuem Mann?«

»Ich weiß.« Sie war nicht der Typ, der auf Klatsch hörte. Oder aus dem Haus kam. Weiter als zu diesem Spaziergang über den Gehweg würde sie die ganze Woche nicht kommen. Für sie war es ein großer Ausflug, hinter dem Haus den Ball für Chopper zu werfen.

»Hey, hättest du gerne mal einen Burger von dort? Nash sagt, ihr Rind ist gut. Ich könnte ihn für dich vorbeibringen.«

»Ich bekomme mein Rind von Swanigan’s. Eine Ochsenhälfte. Dieselbe Bestellung seit über dreißig Jahren.« Sie nickte fest. »Ich habe gerade einen Braten im Schongarer, aber ich schätze, du möchtest nichts davon.«

»Nein, Ma’am.« Wenn es in diesem Leben jemanden gab, für den ich Fleisch essen würde, dann war es Janice und ich musste bei dem Gedanken an Rinderbraten trotzdem ein Schaudern unterdrücken. »Aber habe ich da Kekse gerochen?«

»Das ist richtig, du Charmeur.« Sie boxte mich leicht in die Schulter. Vor Jahren hatte sie gelernt, einfache, vegane Haferkekse mit Rosinen zu backen. Ich hatte nicht viel für Rosinen übrig, freute mich aber trotzdem darauf. Sie war die einzige Person, die für mich einer Familie nahekam, und dass sie sich Zeit genommen hatte, um für mich zu backen, wärmte meine Brust und ließ sie eng werden. Außerdem war sie die letzte Person, die mich charmant fand, und diese Meinung würde ich nicht zerstören. Daher folgte ich ihr in das kleine, weiße Häuschen zurück, das wie immer überheizt war. Diese Wärme machte mich immer mehr als nur ein wenig klaustrophobisch.

»Ich habe im Fernsehen diese neue Kaffeesahne gesehen, die aus Kokosnuss gemacht ist. Hab sie diese Woche zu meiner Bestellung hinzugefügt.« Sie holte einen kleinen Karton aus dem Kühlschrank. Der kleine Lebensmittelladen in Rainbow Cove lieferte normalerweise nicht aus, machte jedoch Ausnahmen für Janice und einige andere. »Möchtest du welche für den Kaffee?«

»Klar.« Normalerweise trank ich meinen Kaffee süß und ohne Sahne, aber sie sollte den Einkauf nicht umsonst gemacht haben. Ich schenkte mir aus der Kaffeekanne auf der Theke ein und fügte einen gesunden Klecks Sahne hinzu. »Ich bin bald mit dem Holz fertig. Bis Mittag oder so werde ich wohl verschwunden sein, falls du nichts anderes hast, das gemacht werden muss.«

»Die Glühbirne im Badezimmer flackert immer wieder, aber ich würde dich nicht...«

»Kein Problem. Ich sehe nach, wenn ich mit dem Holz fertig bin. Sag Bescheid, wenn dir noch etwas einfällt.«

Ich ging wieder hinaus, mit Kaffee in meinem Thermosbecher und Chopper auf den Fersen. Während ich den Gang durchquerte, gab ich mir große Mühe, die Fotos an beiden Wänden nicht anzusehen. Überall im verdammten Haus waren Fotos, sogar im Badezimmer und auf der Treppe zum Dachboden. Kein Fleck war ihrer Sammlung entkommen, aber hier im Gang gab es ein Foto, das ich immer versuchte zu übersehen und bei dem ich doch jedes Mal stehen blieb.

Wie so viele von Janices Fotos war es eins, das sie selbst geschossen hatte – früher, als sie noch aus dem Haus gekommen und ihre Kamera überallhin mitgenommen hatte. Dieses Foto hatte einen Holzrahmen in Form einer Blockhütte und darin waren Troy und ich zu sehen, wie wir vor dem Verkauft-Schild unseres Hauses standen. Sie war so stolz auf Troy gewesen, darauf, wie er monatelang die Immobilienanzeigen studiert, genau das richtige Schnäppchen gefunden und nach dem Verkauf die Arbeit hineingesteckt hatte, um es in ein Zuhause zu verwandeln. Ich hatte natürlich geholfen, aber Troy war der Motor gewesen, der dieses Projekt vorangetrieben hatte.

Und Gott, es tat weh, in dem Foto das Lächeln des großen Kerls zu sehen. Er sah mich an, nicht die Kamera, und in seinem Blick war alles, das ich bis zum Tod mit mir herumtragen würde. Zärtlichkeit. Zuneigung. Wärme. Stolz. Nur ein Hauch Kontrolle, denn ja, das hatte auch zu ihm gehört. Es war ein großer, häuslicher Moment und er war trotzdem ein cooler Typ, dessen albernes Grinsen nur mir galt. Jedes Mal, wenn ich an diesem Foto vorbeiging, verlor ich eine weitere Hautschicht und setzte die Ebene darunter den rauen Elementen aus. Ich wusste aus Erfahrung, dass ich meine Haut mit genug Arbeitsstunden früher oder später wieder verhärten und mit Schwielen bedecken würde, bis die Trauer mich das nächste Mal entblößte.

***

Logan

»Probiert mal.« Ich schnitt ein Sandwich vorsichtig in mundgroße Bissen, damit wir alle meine letzte Kreation kosten konnten. Ich hatte die Zwiebeln mit veganer Butter, Thymian und ein wenig Balsamico-Essig langsam angebraten. Die Jungs nahmen jeder einen Bissen und kauten pflichtbewusst.

»Braucht Steak. Medium rare. Dünn geschnitten.« Adam nahm ein zweites Stück, während er sich noch beschwerte. »Im Ernst. Was soll das ganze Veggie-Zeug?«

»Es ist beliebt.« Ich versuchte, nicht allzu abwehrend zu klingen. »Besonders zu dieser Jahreszeit. Im Januar versuchen alle, gesund zu essen, um ihre Neujahrsvorsätze einzuhalten.«

»Wie lautet deiner?«, fragte Mason, vermutlich in dem Versuch, Adam und mich von unserer Zankerei über den Wert vegetarischer Optionen auf der Karte abzuhalten.

Ich hatte mir letzte Woche vorgenommen, mein wahres Ich anzunehmen, aber so etwas Abgedroschenes würde ich bestimmt nicht mit den beiden teilen. Daher zuckte ich mit den Schultern und zeigte ein – wie ich hoffte – boshaftes Grinsen. »Mehr Gemüse essen.«

»Na, gratuliere. Damit hast du Erfolg. Wie wäre es, wenn du dir nächstes Jahr vornimmst, Wild und Elch auf die Karte zu setzen?« Adam lachte und nahm ein drittes Stück, bevor ich den Teller wegnehmen konnte.

»Vielleicht. Du willst doch nur eine Ausrede, um jagen zu gehen.«

»Schuldig.« Adam grinste. Er hielt sich nicht nur für göttlich in Flanell, sondern war auch ein sehr aktiver Mensch. Ich begriff nicht, wie man einen angenehmen, freien Tag aufgeben konnte, um an einen kalten und feuchten Ort zu gehen und auf die geringe Wahrscheinlichkeit zu zählen, dass Bambi vorbeikam. Ich würde jederzeit einen schönen, langen, asphaltierten Radweg vorziehen.

»Nächste Woche mache ich eine Variation davon mit über dem Feuer gerösteten Paprikaschoten.« Und dann klopfte ich mir mit den Knöcheln auf den Kopf, denn so funktionierte mein Gehirn. »Oh. Feuer. Da fällt mir ein – Mason, kennst du jemanden, der sich den Holzofen in meinem Mietshaus ansehen kann? Ich würde Flora lieber nicht deswegen belästigen, aber die Heizleisten reichen einfach nicht mehr aus. Ich will es mit dem Kamin versuchen, aber nicht das Haus niederbrennen, wenn der Wärmefluss...«

»Der Abzug. Das ist kein DeLorean.« Mason lachte über seinen eigenen Zurück in die Zukunft-Scherz. »Und ja, mein Onkel kümmert sich jedes Jahr um seinen und den meines Dads. Ich könnte ihn wahrscheinlich dazu bringen, vorbeizukommen und einen Blick drauf zu werfen.«

»Cool.« Ich hatte darauf geachtet, mein seltsames Gespräch mit Curtis am Straßenrand nicht zu erwähnen, da ich nicht noch mehr geneckt werden wollte. Ich bekam ohnehin schon genug ab. Und tatsächlich hatte Adam noch einen in der Hinterhand.

»Sind wir bereit für den Lederabend? Allerdings mache ich mir wirklich Sorgen um Logan. Vielleicht brauchen wir eine Leine oder ein Codewort, falls irgendein großer Biker versucht, ihn mitzunehmen.«

»Logan kann auf sich selbst aufpassen. Und ich werde in der Küche beschäftigt sein, nicht nach einem Date für die Nacht suchen.«

»Ich meine ja nur, Engel. Ich mache mir Sorgen um dich. Du bist vermutlich der feuchte Traum eines jeden Doms. Nicht, dass ich das verstehe. Wie kann man jemanden ansehen und denken: Darauf würde ich gerne blaue Flecken hinterlassen? Wer tut so etwas?«

Ich. Ständig. »Leute mit einer Vorliebe für Kink. Zu denen du nicht gehörst.« Ich verdrehte die Augen. »Und du bist nur sauer, dass du an dem Abend höchstwahrscheinlich kein Kekse-mit-Milch-Vanilla-Date findest.«

»Keine Dates. Für euch beide.« Mason starrte uns finster an. »Wir fangen nichts mit Gästen an. Wisst ihr noch?«

»Ja, Boss.« Auf dem Weg zum Lagerraum verdrehte Adam die Augen. Mason ging, um die Tagesgerichte auf die Tafel zu schreiben, und dann war ich mit meiner Vorbereitung allein, bis Horatio kurz vor dem Mittagsandrang ankam. Zumindest hoffte ich, dass es Andrang gab. Selbst mäßiger wäre eine riesige Verbesserung verglichen mit den letzten Wochen. Anders als manche Kochfreunde liebte ich die Vorbereitungen. Alles zu schnippeln, zu schneiden, zu reiben und in eigene Behälter zu füllen, beruhigte das rastlose Pochen in meiner Brust.

Die Mittagszeit verlief träge, aber stetig, bis etwa halb zwei, als Mason den Kopf hereinsteckte. »Mein Freund ist hier. Mit Curtis. Und anscheinend wollen sie mit dir reden.«

»Mit mir? Was habe ich getan?«

»Ich weiß nicht, aber ich übernehme hier für dich, während du gehst und es herausfindest.« Mason scheuchte mich mit der Hand davon.

»Tag«, sagte ich, während ich mich dem Duo näherte. Sie saßen an ihrem üblichen Tisch, Flint in Uniform, Curtis in einem Flanellhemd, das schon bessere Jahrzehnte gesehen hatte. Und verdammt, mein Blick huschte zuerst zu Curtis. Uniform-Pornos gaben mir nichts – im Gegenteil, offenbar hatte mein verräterischer Körper eine Vorliebe für bärtige Grübler entwickelt. »Mason hat gemeint, ihr wolltet etwas von mir?«

»Ja. Er hat erzählt, dass dein Haus zu kalt ist?« Flint sah mich kritisch an. Er erinnerte mich immer an meinen ehemaligen Geometrie-Lehrer aus der Highschool, als könnte er all meine Schwächen sehen und mich für mangelhaft befinden. »Das hättest du früher sagen können.«

»Schon gut.« Ich zuckte mit den Schultern. »Er hat gemeint, sein Onkel...«

»Ist nicht der, den ich fragen würde.« Flint schüttelte den Kopf. Seine Abneigung gegen Masons Familie war legendär. »Arnie Fletcher reinigt die Kamine für Heizungen, Kamin- und Küchenöfen. Er kommt morgen bei dir vorbei. Und Curtis hat einen Anruf getätigt, was das Holz betrifft.«

Etwas sagte mir, dass Mason Nash bedrängt und der wiederum Curtis einen Tritt in den Hintern verpasst hatte, aber Curtis nickte. Er reichte mir einen Zettel, auf den er einen Namen, eine Nummer und eine beträchtliche Summe geschrieben hatte. Seine Handschrift war eckig, als müsste er sich Mühe geben, um ordentlich zu schreiben.

»Das ist für vier Raummeter, gespalten und ofenfertig. Bargeld. Das reicht vermutlich aus, um dich durch den restlichen Winter zu bringen, da du nicht allzu oft zu Hause bist und auch anders heizen kannst. Aber wenn du den Ofen nur ausprobieren willst, kannst du auch einen Raummeter nehmen. Das ist etwa eine Pick-up-Ladung.«

Das waren die meisten Sätze, die Curtis je in meiner Nähe hintereinander gesagt hatte, und ich mochte seine Stimme, wenn er nicht wie ein sarkastischer Arsch klang. Er sprach langsam, als hätte er über jedes Wort nachgedacht, und seine normale Stimme hatte einen melodischen Beiklang, der verschwand, wenn er mürrisch war.

»Klingt, als sollte ich das tun. Ich hole mir einen Raummeter.«

»Hast du einen Truck? Johnny liefert nicht unter vier Raummeter.« Und damit war der mürrische Ton zurück.

»Nur das Fahrrad und meinen Miata. Ich könnte wahrscheinlich Adams...«

»Oder Curtis könnte aufhören, so stur zu sein, und dich fahren.« Nash warf Curtis einen vielsagenden Blick zu.

Curtis stieß einen tiefen Seufzer aus und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Montag. Nachmittags? Da habt ihr hier normalerweise nicht viel zu tun, oder?«