King of Romance - Tina Keller - E-Book
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Tina Keller

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Beschreibung

Die junge Schauspielerin Amy wird für einen ungewöhnlichen Auftrag engagiert: Sie soll die erfolgreiche Autorin Juliette Love auf einer Lesetour mimen. Als Amy Jon begegnet, ist es um sie geschehen. Jon ist genauso wie die Helden in Juliettes Romanen: groß, durchtrainiert, unverschämt sexy. Doch leider ist er Juliettes Mann und damit für Amy tabu. Das ändert jedoch nichts an Amys Gefühlen, die von Tag zu Tag stärker werden. Auch Jon scheint sich zu ihr hingezogen zu fühlen. Doch was ist mit seiner Frau Juliette? Welches Geheimnis verbergen die beiden?

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 - Jon

Kapitel 2 - Amy

Kapitel 3 - Jon

Kapitel 4 - Amy

Kapitel 5 - Jon

Kapitel 6 - Jon

Kapitel 7 - Jon

Kapitel 8 - Jon

Kapitel 9 - Amy

Kapitel 10 - Jon

Kapitel 11 - Amy

Kapitel 12 - Jon

Kapitel 13 - Jon

Kapitel 14 - Amy

Kapitel 15 - Amy

Kapitel 16 - Jon

Kapitel 17 - Amy

Kapitel 18 - Jon

Kapitel 19 - Amy

Kapitel 20 - Jon

Impressum

Tina Keller

King of Romance

Der heimliche Autor

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder andere

Verwertungen nur mit schriftlicher Genehmigung

der Autorin.

Kapitel 1 - Jon

„Jon, wir müssen unbedingt deine Identität lüften. Die Leserinnen wollen die Queen der sinnlichen Liebesromane jetzt endlich live und in Farbe sehen.“

Rebecca, meine Verlegerin, sieht mich hinter ihrer schwarzen Brille mahnend an. Dieser Blick verheißt nichts Gutes, das weiß ich aus Erfahrung. Er bedeutet, dass Rebecca längst einen Plan ausgeheckt hat, dem ich als Autor zustimmen muss.

Das letzte Mal war es ein scheußliches Cover, das vorletzte Mal musste sich meine weibliche Protagonistin für einen von zwei Männern entscheiden, obwohl ich eine launige Dreierkonstellation vorgesehen hatte. Aber das war laut Rebecca unmöglich, denn „die Leserinnen träumen von der großen Liebe zwischen zwei Menschen und nicht einem wilden Dreier.“

Und Rebecca hat natürlich immer Recht. Das ist Gesetz.

„Wie stellst du dir das vor?“, gebe ich zurück. „Soll ich mich einer Geschlechtsumwandlung unterziehen oder reicht es, wenn ich im Kleid und auf Pumps durch die Gegend wackele?“

Rebecca zieht amüsiert ihre Augenbrauen hoch.

„Wie immer witzig, der Star-Autor. Nein, mein Guter, ich will aus dir keinesfalls eine Transe machen.“

„Du meinst, ich soll mich outen? Wir teilen der Welt mit, dass die Bestseller-Autorin Juliette Love in Wirklichkeit Jonathan Brandon heißt und ein Kerl ist?“

„Selbstverständlich nicht.“

Rebecca schüttelt energisch ihren Kopf mit den feuerroten Locken.

„Das machen wir auf gar keinen Fall. Millionen von treuen Leserinnen würden sich total verarscht fühlen. Das geht nicht. Sie verschlingen seit Jahren Romane von Juliette Love, einer Autorin. Und genau die müssen wir ihnen jetzt präsentieren. Die Leserinnen wollen endlich wissen, wer diese fantastischen Romane schreibt, die vor Erotik nur so knistern.“

Ich runzele die Stirn. „Und wie willst du das machen?“

„Ganz einfach.“ Rebecca zündet sich eine Zigarette an und pustet mir den Rauch ins Gesicht.

„Wir engagieren eine Schauspielerin, die Juliette Love spielt.“

„Wie bitte?“, rufe ich empört aus. „Eine fremde Frau soll mich spielen? Auf gar keinen Fall gebe ich dazu mein Einverständnis. Das kannst du vergessen.“

„Sie spielt nicht dich, sondern Juliette Love,“, weist Rebecca mich zurecht. „Juliette Love gibt es nicht, Darling.“

„Natürlich“, widerspreche ich. „Ich bin Juliette Love.“

„Nein, du bist Jonathan Brandon. Ich hoffe, du hast durch das jahrelange Schreiben unter einem weiblichen Pseudonym keine Persönlichkeitsstörung bekommen. Dafür wäre dann ja ich verantwortlich.“

Rebecca lacht ihr typisches kehliges, heiseres Lachen. Ja, sie ist für einiges verantwortlich, was in meinem Leben passiert ist.

Vor drei Jahren habe ich einen Krimi an ihren Verlag geschickt. Daraufhin rief sie mich an und verkündete, ihr gefalle mein Schreibstil, doch sie suche jemanden, der erotische Romane schreiben könne. Ob ich mir vorstellen könne, Erotik zu schreiben? Nein, das konnte ich nicht. Ich hatte bis dahin nicht einen einzigen Erotikroman gelesen, weil mich dieses Genre überhaupt nicht interessierte.

Damals arbeitete ich bereits seit einigen Jahren als freier Journalist, nachdem ich mein Studium in Journalistik und Kommunikationswissenschaft abgeschlossen hatte. Während meines Studiums hatte ich bei einer Tageszeitung als Praktikant gearbeitet (natürlich unentgeltlich) und mein Geld als Sporttrainer verdient. Nach meinem Studium wollte ich am liebsten zum Fernsehen oder zumindest zum Radio.

Doch das gestaltete sich als äußerst schwierig. Grundvoraussetzung war ein mindestens halbjähriges Volontariat in Vollzeit, bei dem ich keine Zeit gehabt hätte, nebenbei Geld zu verdienen. Das ging natürlich nicht, denn wovon hätte ich dann leben sollen?

Also schlug ich mir die Karriere als smarter Nachrichtensprecher aus dem Kopf und arbeitete freiberuflich für ein Sportmagazin und weiterhin als Personal Trainer.

Das reichte mir auf die Dauer aber nicht. Ich wollte etwas eigenes machen, etwas Neues erschaffen. Mir wurde klar, dass ich ein Buch schreiben wollte. Das hatte ich schon als Kind gewollt, es war ein langer Traum von mir. Und den wollte ich mir jetzt erfüllen.

Demzufolge beschloss ich, neben der Tätigkeit als Journalist und Trainer Autor zu werden, am besten natürlich Bestseller Autor. Ich feilte fast ein Jahr lang an einem Krimi, den ich für ein Meisterwerk hielt und war überzeugt, mich bald auf den Bestseller-Listen wiederzufinden.

Meine Enttäuschung war groß, als ich eine Absage nach der nächsten sammelte bzw. sich die meisten der 80 angeschriebenen Verlage erst gar nicht meldeten.

Als ich mir ein Bein brach und somit ein halbes Jahr lang nicht als Sporttrainer arbeiten konnte, wurde es finanziell eng. Sehr eng.

Ich erinnerte mich an Rebecca Lobster vom DiamondsVerlag, rief sie an und fragte sie, was man denn so als Erotik-Autor schreiben müsse. Sie empfahl mir ein paar erotische Romane und ich begann, diese zu lesen – und konnte nur mit dem Kopf schütteln.

Das wollten die Leute lesen? Männer in Plüschhemden, die generell ohne Unterhose herumliefen und permanent eine Erektion hatten, wo sie gingen, standen und lagen? Immergeile Frauen, die vor Nässe trieften, die ihnen an den Beinen entlang lief und zu ihren Füßen eine Pfütze bildete? Verstanden das die Leser unter Erotik? Ich fand es einfach nur albern. So einen Mist wollte ich nicht schreiben.

Doch dieser Mist verkaufte sich, während meinen Krimi nach wie vor niemand haben wollte. Also las ich mich zähneknirschend durch Berge von Pornos, um zu verstehen, was von einem Erotik-Autor erwartet wurde.

So ganz verstand ich es offenbar auch nach der Lektüre von gefühlten hundert Romanen immer noch nicht, denn mein erster Versuch scheiterte kläglich.

Und mir wurde eines klar: Erotik zu schreiben war keinesfalls so leicht, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es reichte nicht aus, selbst Sex zu haben und demzufolge zu wissen, wie Sex ablief. Man musste diesen Ablauf auch in Worte fassen können. Und das war verdammt schwierig. Ich brach mir wirklich einen ab und gab mir die größte Mühe, doch mein Erstlingswerk wurde schrecklich.

Rebecca las sich meine Story durch und meinte resigniert, Erotik sei wohl nicht mein Ding und ich solle besser bei meinen Krimis bleiben. Auch, wenn sie keiner verlegen wollte.

Das verletzte meinen Stolz. Warum sollte ich nicht das können, was Tausende anderer Autoren schließlich auch konnten? Ich war jung und hatte viel Sex; was also war so schwierig daran, darüber zu schreiben?

Fortan begann ich, mich beim Sex zu beobachten. Was genau fühlte ich und wie konnte ich das in Worte fassen?

Meine niederschmetternde Diagnose war: Ich konnte es nicht. Niemand konnte es. Wie soll man jemandem einen Orgasmus beschreiben, der selbst noch nie einen hatte? Es ist schlichtweg unmöglich. Man kann die sexuellen Handlungen beschreiben, aber nicht, was innerlich in einem vorgeht. Diese Wörter gibt es einfach nicht. Das war eine frustrierende Erkenntnis.

Dennoch bemühte ich mich fortan, mit meiner Sprache möglichst nah an dieses Gefühl heranzukommen und überarbeitete meinen Porno. Ich verzichtete auf vulgäre Ausdrücke und verwendete lieber Umschreibungen. Ich stellte die Gefühle in den Vordergrund und weniger die körperliche Akrobatik. Ich wollte, dass der Sex das widerspiegelte, was zwischen den beiden Protagonisten ablief.

Es war Knochenarbeit, doch es lohnte sich. Als ich den Roman einige Monate später an Rebecca schickte, war sie total überrascht. Sie konnte kaum glauben, dass ich tatsächlich der Autor war. Aus dem Porno war ein gefühlvoller Liebesroman mit ansprechenden erotischen Szenen geworden.

Er gefiel ihr ausnehmend gut, und sie wollte ihn in ihrem Verlag veröffentlichen – allerdings unter einem weiblichen Autorennamen. Erotik-Romane werden zum größten Teil von Frauen gelesen, und die lesen lieber Bücher von Autorinnen, war Rebeccas Statement. Angeblich können sich nur Frauen richtig in eine Frau hineinversetzen. Was natürlich Quatsch ist, wie ich bewiesen habe, aber das darf ich leider nicht publik machen.

Ich konnte nicht lange mit mir hadern, denn mein Konto war inzwischen so weit überzogen, dass der Bankberater jede Woche bei mir anrief und mich ermahnte, den Saldo endlich auszugleichen. Ich musste finanziell wieder auf die Füße kommen, und darum war mir so ziemlich alles egal. Ich brauchte einfach nur Kohle, und zwar dringend. In dieser Situation hätte ich allem zugestimmt.

Rebecca glaubte an mich und steckte eine Menge Geld in die Werbung. Ich erblickte mein Buch an Plakatwänden, in Buchhandlungen und Magazinen.

Juliette Love – Geschichten mit Esprit, Leidenschaft und Tiefgang.

Ihr Konzept ging auf: Gleich der erste Roman verkaufte sich 250.000 mal. Der Großteil des Geldes ging zwar an die Buchhandlungen und den Verlag, aber für mich blieb auch noch eine Menge übrig.

Das war auch bitter nötig, denn durch meinen langen Arbeitsausfall hatten sich eine Menge Schulden angesammelt, nicht nur bei der Bank. Nachdem ich diese abgetragen hatte, befanden sich auf meinem Konto immer noch 300.000 Dollar. Drei-hundert-tausend-Dollar!!!

Ich saß stundenlang nur da und starrte meinen Kontoauszug an. Das war der absolute Wahnsinn! So viel Kohle hatte ich noch nie in meinem Leben besessen! Ich schnappte völlig über vor lauter Begeisterung.

Angestachelt durch diesen wahnsinnigen Erfolg schrieb ich wie im Fieber innerhalb von nur sechs Wochen den zweiten Roman, der sich doppelt so oft verkaufte wie der erste. Und der dritte verkaufte sich so oft wie die ersten beiden zusammen!

Ich war wie im Rausch und schrieb wie ein Besessener. Mein Leben fand nur noch auf der Couch mit dem Laptop auf den Knien statt. Ich leistete mir eine Putzfrau und beschäftigte mehrere Lieferdienste, die mir das Essen brachten. Meine Wohnung verließ ich nur noch morgens zum Joggen und am Wochenende, um irgendeine Frau abzuschleppen. Wenn ich über Sex schrieb, musste ich schließlich auch welchen haben.

Meine sozialen Kontakte schliefen völlig ein. Ich fühlte mich lebendig, wenn ich über ein aufregendes Leben schrieb, ich musste es selbst gar nicht mehr führen. Ich lebte für meine Romane und in meinen Romanen. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass ich mich einmal zu einem derartigen Eigenbrötler entwickeln würde.

Aber so ist das nun mal mit den kreativen Berufen. Entweder man macht sie ganz oder gar nicht, jedenfalls eine Zeitlang. Ich wollte einfach nichts anderes mehr tun. Es war, als sei ein Ventil geplatzt. Das Skurrile war: Ich fühlte mich pudelwohl und wollte gar nicht anders leben. Ich liebte es.

In nur zwei Jahren schrieb ich zehn Romane, und sowohl Rebecca als auch ich verdienten daran ein Vermögen.

Inzwischen habe ich ein luxuriöses Penthouse in New York und ein mondänes Haus in der Karibik. Geld spielt keine Rolle mehr, ich kann mir jeden erdenklichen Luxus leisten. Im Grunde bräuchte ich nie wieder eine einzige Zeile zu schreiben. Ich habe ausgesorgt, und das mit 32. Das gibt mir ein irre gutes Gefühl von Freiheit. Ich kann machen, was ich will. Und vor allem: Ich muss nichts mehr machen, was ich nicht will.

Bloß: Ich liebe es zu schreiben. Ich kann es selbst kaum glauben, aber ich schreibe inzwischen gerne Erotik. Mein nächstes Buch wird der verschmähte Krimi mit einigen erotischen Szenen sein, auch wenn Rebecca die Augen verdreht und glaubt, dass diese Kombination ein Flop wird. Und wenn schon. Mit ein paar Millionen auf dem Konto kann sich Juliette Love auch mal einen Flop leisten. So what?

***

„Warum müssen die Leserinnen Juliette denn unbedingt sehen?“, frage ich. „Autoren leben doch eher im Verborgenen. Es sind scheue Gestalten, die den ganzen Tag vor ihrem Laptop hocken und die Öffentlichkeit meiden. Warum willst du Juliette plötzlich ins Rampenlicht zerren? Es reicht doch, wenn sie weiterhin erfolgreiche Bücher schreibt. Niemand muss wissen, wer sie ist und wie sie aussieht.“

„Da irrst du dich aber gewaltig.“ Rebecca schüttelt den Kopf.

„Die Leserinnen sind verrückt nach deinen Büchern. Sie wollen wissen, wer die Autorin ist, die ihnen prickelnde Lesestunden beschert. Sie verehren Juliette, sie lieben sie wie eine Freundin, sie identifizieren sich mit ihr. Sie glauben, sie längst zu kennen. Sie ist ihnen vertraut. Und jetzt möchten sie eben ein Gesicht dazu haben, einen Menschen aus Fleisch und Blut. Ich finde, das ist ein sehr verständlicher Wunsch, den wir ihnen erfüllen müssen. Tun wir das nicht, laufen wir Gefahr, dass die Verkaufszahlen rapide sinken. Ich denke, das wollen wir beide nicht riskieren.“

Nein, natürlich nicht. Abgesehen vom Geld gibt mir der Erfolg den totalen Kick. Es ist gigantisch mitzuerleben, wie ein Buch durch die Decke geht. Das ist mit nichts zu vergleichen. Darauf will ich nicht verzichten. Das ist meine Droge, nach der ich lechze.

Ich denke über Rebeccas Worte nach. Sie hat sicher recht. Die Leute wollen jemanden zum Anfassen haben. Juliette ist gesichts- und körperlos. Vielleicht vermuten einige schon, dass es sie in Wirklichkeit gar nicht gibt und ein Schwung von verschiedenen Autoren die Romane schreibt.

Das wollen die Leserinnen aber nicht. Sie wollen eine Autorin haben, die sie mit diesen Romanen in Verbindung bringen. Sie sind neugierig auf die Frau, die ihre Sehnsüchte kennt und in Worte fasst. Sie wollen wissen, wer diese Person ist. Und sie würden wahrscheinlich tot umfallen, wenn sie wüssten, dass diese Person ein Mann ist. Tot umfallen und die Romane nicht mehr kaufen. Nein, das geht nicht.

„Ich verstehe, was du meinst“, sage ich schließlich. „Die Leserinnen wollen jemanden zum Anschauen und Anschwärmen haben. Trotzdem ist mir nicht wohl bei der Sache, dass eine andere Frau … äh, ich meine, eine Frau meine Bücher präsentieren soll. Es sind schließlich meine Babys, die ich mit viel Herzblut geschrieben habe. Es passt mir nicht, dass irgendjemand diese Bücher als seine eigenen ausgibt.“

Ich spüre, wie ich richtig eifersüchtig werde.

„Die Schauspielerin gibt deine Bücher nicht als ihre eigenen aus, sondern als die Bücher von Juliette“, stellt Rebecca klar. „Wir erinnern uns: Es gibt Juliette gar nicht.“

„Aber wie soll das weitergehen?“, will ich wissen. „Soll diese Schauspielerin ihr Leben lang Juliette spielen?“

„Nein.“ Rebecca schüttelt den Kopf. „Es soll eine einmalige Sache sein. Sie wird auf große Leserreise quer durch die Vereinigten Staaten gehen, und dann ist Schluss. Dann haben die Leute gesehen, was sie sehen wollen, und die scheue Autorin zieht sich wieder zurück. Wie du schon richtig bemerkt hast: Autoren stehen für gewöhnlich nicht im Rampenlicht.“

„Aber was ist, wenn sie jemand auf der Straße trifft? Sie muss jederzeit damit rechnen, dass sie jemand für Juliette hält“, wende ich ein.

„Natürlich werden wir sie für ihre Rolle entsprechend zurecht machen“, beruhigt Rebecca mich. „Und zwar so, dass man sie ungeschminkt und mit ihren echten Haaren nicht erkennt. Sie wird nur eine Rolle spielen, Jon. Perücke, Make-up, farbige Kontaktlinsen, andere Figur, das ganze Programm. Sobald sie abgeschminkt ist, wird es Juliette Love nicht mehr geben.“

„Hm.“ Ich bin nicht ganz überzeugt. Aber es ist natürlich auch mein gekränktes Ego, das Einspruch erhebt.

„Es gefällt mir nicht, dass irgendeine Schauspielerin die Lorbeeren einheimst, die mir zustehen.“ Ich trommele mit einem Stift auf dem Tisch herum.

Rebecca lächelt nachsichtig.

„Jon, du hast Millionen an diesen Büchern verdient, reicht dir das nicht? Du kannst im Publikum sitzen – wohl wissend, dass die Ovationen dir gebühren. Meine Güte, du bist ja wirklich schon fast so zickig wie eine Frau.“

„Ich bin nicht zickig“, widerspreche ich. „Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es meine Bücher sind. Des Weiteren: Wenn die Leserinnen Fragen stellen, wie soll eine Schauspielerin, die meinen Hintergrund nicht kennt, diese Fragen beantworten können?“

„Selbstverständlich gehen wir alles im Vorfeld durch, auch mögliche Fragen“, beschwichtigt mich Rebecca.

„Wir fertigen einen Fragenkatalog an und besprechen genauestens, was Juliette antworten soll. Den Text lernt sie auswendig, als Schauspielerin ist sie das ja gewohnt.“

Ich seufze auf. „Hast du schon jemanden auf dem Schirm?“

„Natürlich.“ Rebecca nickt. „Die Anforderungen waren ja klar: Sie darf keine Superfrau sein, damit sich die Leserinnen mit ihr identifizieren können. Also eher der Typ nettes Mädchen von nebenan, ein Kumpeltyp. Ich habe fünf Kandidatinnen für dich. Du darfst dir deine Juliette aussuchen.“

Wenigstens etwas.

Rebecca klappt ihren Laptop auf und tippt flink etwas ein. Dann dreht sie den Bildschirm zu mir und präsentiert mir fünf junge Damen.

Ich weiß sofort, wer Juliette ist. Die in der Mitte mit den lustigen Sommersprossen und den rotblonden Haaren. Sie hat strahlende, grüne, wache Augen und ein umwerfendes Lächeln. Keine Superfrau und strahlende Schönheit, sondern tatsächlich ein Kumpeltyp. Die sympathische Frau von nebenan.

„Die da.“ Ich zeige auf das Foto. „Wer ist sie?“

„Sie heißt Amy Stevens, ist 28 und spielt vorwiegend am Theater“, weiß Rebecca sofort, ohne nachzusehen.

„Sie ist auch meine erste Wahl. Sie hat nämlich eine absolut sinnliche Stimme. Ich habe alle Damen gebeten, ein paar Passagen aus einem erotischen Roman zu lesen. Ich kann dir sagen, du schmilzt förmlich dahin, wenn du Amy sprechen hörst. Sie wird deinen Romanen eine ganz neue Dimension verleihen.“

Rebecca ist richtig begeistert, während ich Amy noch eine Weile auf dem Bildschirm betrachte. Sie sieht fröhlich und unbeschwert aus; ein Typ zum Pferdestehen. Sie gefällt mir.

„Sollen wir gleich einen Termin mit ihr vereinbaren?“ Rebecca zückt ihren Terminkalender.

„Sie wohnt in Boston. Ich könnte sie nächste Woche einfliegen lassen. Oder bist du dann nicht in New York?“

Da ich überall schreiben kann, bin ich oft in meinem Haus in der Karibik, um mir die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen. Auf einer großen Terrasse mit Blick aufs Meer schreibt es sich sehr viel angenehmer als in der hektischen Großstadt. Aber im Moment bin ich ganz gern in New York. Nirgendwo anders kann man so schnell und so unkompliziert Sex kriegen. Im Moment heißt sie Stacy.

Stacy habe ich eine Weile lang trainiert. Die meisten Frauen, die ich trainiert habe, wollten nach einer Weile das Training sehr gerne ins Bett verlegen, wogegen ich mich in den seltensten Fällen gesträubt habe. Schließlich musste ich ja Material für meine Romane sammeln.

Am Anfang habe ich meine Bett Gespielinnen tatsächlich oft gefragt, was genau sie beim Sex empfunden haben. Sie haben sich nicht mal gewundert, sondern fanden es toll, dass sich ein Mann so dezidiert danach erkundigt. Also haben sie mir bereitwillig Auskunft gegeben und ich habe mich bemüht, mir alles zu merken. Am liebsten hätte ich mein Notizbuch gezückt, aber das konnte ich ja nicht, da mein geheimes Schaffen als Erotik Autorin stets im Verborgenen stattfindet.

Jedenfalls ist Stacy eine gute Adresse, wenn es um hemmungslosen, unverbindlichen Sex geht. Und mehr will ich nicht. Wenn ich mir vorstelle, ich müsste jahrelang immer mit derselben Frau ins Bett gehen … wie öde! Außerdem hätte ich dann keine Inspiration für meine Romane mehr. Nein, eine feste Beziehung kommt für mich absolut nicht in Frage.

„Ich bin nächste Woche hier“, antworte ich. „Du kannst diese Amy einfliegen lassen.“

Da bin ich ja mal gespannt, wer meine Rolle als Juliette übernehmen wird.

Kapitel 2 - Amy

Die Aufführung war wie immer anstrengend. Zum 73. Mal habe ich Lulu Green gespielt, die hin und her gerissen ist zwischen zwei sehr unterschiedlichen Männern und sich für keinen entscheiden kann. Also lebt sie mit beiden – und ist fassungslos, als sie herausfindet, dass die beiden Männer dasselbe tun. Auch sie haben jeweils eine andere Beziehung, die sie nicht aufgeben wollen.

Nach dem ersten Schock versuchen alle, diese Sechser-Konstellation zu führen, doch es geht natürlich schief. Eifersucht, Misstrauen und Unsicherheit sind an der Tagesordnung, und schließlich müssen sich sie sich eingestehen, dass die konventionelle Zweierbeziehung eben doch stabiler ist.

Am Ende zerbrechen alle Beziehungen gleichzeitig. Ein tragisches Ende, das die Zuschauer verwirrt und manchmal auch enttäuscht zurücklässt, denn sie haben sich natürlich ein Happy End gewünscht.

„Wer alles will, steht am Ende mit leeren Händen da“, höre ich plötzlich eine tiefe, rauchige Stimme hinter mir, als ich in der Garderobe bin und mir die falschen Wimpern abnehme.

Ich drehe mich um und stehe einer Frau Mitte Dreißig mit langen, feuerroten Haaren und einer Zigarette in der Hand gegenüber. Sie ist sehr schick und sehr teuer angezogen, das sehe ich sofort. Ein blaues, eng geschnittenes Kleid aus einem edlen Stoff, hohe Pumps und eine Tasche von Hermès, die locker ein paar tausend Dollar kostet.

„So ist es“, stimme ich ihr etwas heiser zu. Am Ende hat Lulu geweint und geschrien, und ich muss meine Stimme etwas schonen.

„Ihre Performance war sehr beeindruckend.“

Die Frau sieht mich anerkennend an und stellt ihre wertvolle Tasche auf der Garderobe ab. Mir erschließt sich ehrlich gesagt nicht, warum man für so eine hässliche Tasche so viel Geld ausgibt. Das ist wirklich nur was für gelangweilte Leute, die sonst alles haben.

„Sie haben alles gegeben und waren mit Leib und Seele dabei.“

„Vielen Dank.“

Ich verstaue meine falschen Wimpern in einem Etui. Natürlich bin ich mit Leib und Seele dabei. Ich bin Schauspielerin. Wenn ich in eine Rolle schlüpfe, dann spiele ich sie nicht, sondern ich bin diese Rolle. Das ist ja das Tolle an meinem Beruf: Ich kann in einem einzigen Leben in ganz viele Leben eintauchen, wenn auch nur temporär. Das ist immer wieder aufs Neue faszinierend.

„Darf ich mich vorstellen? Rebecca Lobster, Inhaberin des Diamonds Verlags.“

Die Rothaarige streckt mir ihre Hand entgegen.

„Angenehm. Amy Stevens“, sage ich und ergreife ihre Hand.

„Was verschafft mir die Ehre?“

Mrs Lobster nimmt einen tiefen Zug von ihrem Glimmstängel und zieht die sorgfältig gezupften Augenbrauen in die Höhe. Sie ist nicht nur perfekt angezogen, sondern auch perfekt geschminkt und perfekt frisiert. Ich glaube, sie macht keine halben Sachen, in jeder Beziehung.

Jetzt mustert sie mich eingehend von oben bis unten.

„Ich habe ein etwas ungewöhnliche Anliegen“, beginnt sie und lässt sich ungefragt auf einem Stuhl nieder.

„Immer raus damit“, ermuntere ich sie. Schlimmer als die Anfrage, einen Kürbis zu spielen und zwei Stunden lang bewegungslos auf der Bühne zu stehen, kann es auch nicht sein.

„Könnten Sie sich vorstellen, eine Lesereise zu machen, auf der Sie erotische Texte lesen?“, fragt Mrs Lobster.

Na, so ungewöhnlich ist dieses Anliegen jetzt aber auch nicht. Das habe ich schon oft gemacht. Ich habe für Autorinnen Texte aus ihren Romanen vorgelesen, die sie nicht über die Lippen bekamen. Sie können zwar die wildesten Sachen schreiben, aber aussprechen können sie sie nicht.

Damit habe ich kein Problem. Ich kann alles aussprechen. Mir bleibt kein noch so vulgäres Wort im Hals stecken. Ich habe sogar schon Pornos synchronisiert.

Ich zucke mit den Schultern.

„Klar kann ich mir das vorstellen. Ich habe schon eine Menge erotischer Texte vorgelesen. Das ist für mich kein Thema.“

„Ich weiß.“ Mrs Lobster nickt. „Ich habe Ihre Stimme gehört und war begeistert. Sie haben die Fähigkeit, detaillierte Sexszenen so zu lesen, dass sie sich niemals obszön anhören. Das ist wirklich eine große Gabe. Und genau darum bin ich hier, Miss Stevens.“

„Nennen Sie mich doch Amy“, bitte ich.

„Okay, aber dann müssen Sie Rebecca sagen.“

„Einverstanden.“

Wir lächeln uns an.

„Ich habe seit vielen Jahren eine Autorin unter Vertrag, die einen ganzen Schwung erotischer Bestseller geschrieben hat“, erklärt Rebecca. „Nun möchten ihre Leserinnen sie unbedingt kennenlernen. Daher habe ich eine Lesereise geplant. Das Problem ist: Die Autorin selbst ist nicht in der Lage, diese Lesereise zu machen.“

„Nanu?“ Fragend schaue ich Rebecca an. „Wieso nicht? Ist sie krank?“

Rebecca wiegt den Kopf hin und her.

„So was in der Art. Sie ist sehr scheu und meidet die Öffentlichkeit. Sie … sie hat eine Art Sozialphobie. Sie bekommt Schweißausbrüche und Panikanfälle, wenn sie von vielen Menschen umringt ist. Es ist völlig unmöglich, sie auf eine Menschenmenge loszulassen.“

„Wie schrecklich. Das tut mir aufrichtig leid.“

Rebecca zuckt mit den Schultern.

„Ach, so schlimm ist es nicht. Sie ist eigentlich ganz happy, dass sie in ihrem Turm sitzen und schreiben kann. Das ist einfach ihr Ding. Sie hat ja auch sehr viel Geld damit verdient. Nur die Leserinnen werden ungeduldig und wollen ihre Lieblingsautorin kennenlernen. Da kämen Sie jetzt ins Spiel.“

Ich blicke Rebecca fragend an. So ganz verstehe ich nicht, was da mein Part sein soll.

Oder doch.

„Sie meinen – jemand anderes soll diese Autorin praktisch spielen?“, fällt bei mir der Groschen.

Rebecca beobachtet mich ganz genau.

„Sie haben es erfasst.“

Ich schlucke.

„Aber … damit führen Sie die Leserinnen doch an der Nase herum.“

„Aber nein.“ Rebecca lacht kehlig auf. „Wir würden Sie so zurechtmachen, dass Sie aussehen wie die echte Autorin. Die echte Autorin können wir nun mal nicht bieten. Sie würde mit Sicherheit einen Panikanfall bekommen und weglaufen. Auch, wenn sie nur daneben sitzen würde. Dieses Risiko können wir nicht eingehen. Ihre Fans wären total geschockt. Das können wir beiden Parteien nicht zumuten.“

Ich runzele die Stirn. „Also, ich habe schon für Autorinnen erotische Texte gelesen, aber da saß die Autorin daneben und jeder wusste, wer das Buch geschrieben hatte und dass ich nur die Vorleserin war. Aber so zu tun, als sei ich diejenige … Ich weiß nicht …“

Mir ist nicht ganz wohl bei der Sache. Ich möchte niemanden an der Nase herumführen und vortäuschen, jemand zu sein, der ich gar nicht bin. Okay, als Schauspielerin mache ich das natürlich immer, aber da weiß jeder, dass es nur eine Rolle ist.

Hier aber würden alle in Wirklichkeit denken, ich sei jemand, der ich nicht bin. Das finde ich nicht fair den Leuten gegenüber. Die himmeln mich an, weil ich tolle Bücher geschrieben habe, dabei stimmt das gar nicht. Ich heimse da Lorbeeren ein, die mir nicht zustehen. Das will ich nicht. Ich will nicht für Leistungen hofiert werden, die ich nicht erbracht habe.

„Haben Sie Skrupel?“ Rebecca lacht und steht von ihrem Stuhl auf. „Das müssen Sie nicht. Bedenken Sie: Die echte Autorin ist damit einverstanden. Sie wünscht es sich sogar. Sie würden ihr einen großen Gefallen tun, und sie wäre Ihnen auf ewig dankbar.“

„Hm.“ Ich packe meine Sachen zusammen.

„Könnte ich mit ihr sprechen? Ich meine, ich müsste ja auch wissen, was ich in ihrem Sinne auf irgendwelche Fragen antworten soll.“

Rebecca holt tief Luft.

„Nein, das geht nicht. Sie lebt nicht in Amerika. Aber Sie können sich über Email mit ihr austauschen.“

Das finde ich jetzt aber schon ein bisschen schräg. Weiß die Autorin überhaupt, dass sie gedoubelt wird? Oder wollte sie vielleicht zu viel Gage haben und der Verlag will sparen?

„Sie können mit ihr telefonieren“, schiebt Rebecca nach.

„Wie gesagt: Sie ist sehr menschenscheu. Viele Autoren sind das. Und auf sie trifft das in besonderem Maße zu.“

Rebecca schreitet etwas nervös in der Garderobe hin und her. Ich weiß nicht so recht, was ich von diesem Angebot halten soll. Ich würde es sofort machen, wenn die Autorin neben mir säße und jeder wüsste, dass ich nur vorlese. Aber so?

„Sprechen wir über die Gage. Vielleicht beeinflusst die Ihre Entscheidung.“

Rebecca wirft ihre Haare zurück. Ihr dezentes Parfüm verteilt sich im Raum. Es riecht teuer, wie alles an ihr.

„Pro Lesung zahlen wir Ihnen fünftausend Dollar. Wir planen zunächst eine kleinere Lesetour mit 15 Terminen in vier Wochen. Das bedeutet, Sie könnten in nur einem Monat 75.000 Dollar verdienen.“

Ich starre sie an und sinke entgeistert auf meinen Stuhl. Will sie mich auf den Arm nehmen? 75.000 Dollar in vier Wochen? Das verdiene ich sonst nicht in drei Jahren!

Ich muss immer ums Überleben kämpfen und darum, die Miete zahlen zu können. Ich arbeite viel, ich übe viel – und komme doch kaum über die Runden. Aber ich lebe meinen Traum, und das ist es mir wert. Ich wollte immer Schauspielerin werden, und ich habe mir diesen Traum erfüllt. Aber ich zahle auch einen hohen Preis dafür, denn ich lebe von der Hand in den Mund.

Natürlich wäre es wunderbar, mir eine Zeitlang keine Sorgen um Geld machen zu müssen. Es ist anstrengend, jeden Abend auf der Bühne mein Bestes zu geben, Texte zu lernen, zu proben – und immer Angst haben zu müssen, dass die Waschmaschine kaputt geht oder sonst irgendetwas ansteht, das ich nicht bezahlen kann. Jede Ausgabe außerhalb der Reihe ist eine Katastrophe.

Und für 75.000 Dollar könnten eine Menge Katastrophen passieren, die dann plötzlich keine mehr wären. Das ist wirklich ein äußerst verlockender Gedanke.

„Danach machen wir eine kurze Pause, und dann geht es mit weiteren zwanzig Terminen die Westküste entlang“, fährt Rebecca fort. „Das würde zusätzliche hunderttausend Dollar für Sie bedeuten.“

Ich glaube, ich kollabiere gleich. Hunderttausend Dollar!!! Davon kann ich jahrelang leben! J-A-H-R-E-L-A-N-G!!!

Ich muss keinen Anfall mehr kriegen, wenn der Kühlschrank seinen Geist aufgibt, ich kann mir neue Klamotten kaufen, ich kann meiner Großmutter einen Treppenlift schenken, denn sie kommt kaum noch die Treppe hoch.

Es bricht mir jedes Mal das Herz, wenn ich sehe, wie sehr sie sich abmüht, aber sie will nicht umziehen, weil sie schon so lange in ihrem Apartment wohnt. Der Lift wäre eine große Erleichterung für sie, und ich kann dafür sorgen, dass sie diese Erleichterung bekommt. Das ist ein tolles Gefühl. Es wäre schön, ihr etwas zurückgeben zu können, denn sie hat so viel für mich getan. Ja, ich werde es für Granny tun.

„Wenn wir ins Geschäft kommen, müssten Sie natürlich eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben“, schreckt mich Rebecca aus meinen Gedanken auf. Jetzt wird ihr Blick streng, und ich zucke unwillkürlich zusammen.

„Wenn Sie jemals jemandem erzählen, dass Sie die Autorin nur spielen, müssen Sie drei Millionen Dollar zahlen.“

Jetzt zucke ich gleich noch mal zusammen. Da würde ich dann wohl den Rest meines Lebens im Knast verbringen.

„Aber wenn Sie den Mund halten, sind Sie um 175.000 Dollar reicher.“ Jetzt lächelt Rebecca wieder zuckersüß.

„Gern runde ich den Betrag auf glatte 200.000 Dollar auf. Ich würde sagen, da fällt die Entscheidung doch nicht schwer, oder?“

Ich schlucke. Nein, eigentlich nicht. So viel Geld werde ich nie wieder irgendwo angeboten bekommen. Mir fällt so vieles ein, das ich damit machen könnte.

Meine Matratze ist durchgelegen. Das Apartment könnte einen neuen Anstrich vertragen. Die Teppiche sind fleckig. Der Kühlschrank röhrt seit Monaten und kühlt nicht mehr richtig. Meine Schuhe sind durchgelaufen. Die Möbel sind alt und wacklig. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Und überhaupt: Wenn ich es nicht tue, macht es eben eine andere Schauspielerin, die nicht so viele Skrupel hat. Und warum habe ich die überhaupt? Die Autorin ist damit einverstanden, sie will es sogar. Ich tue ihr einen Gefallen. Was also hält mich noch zurück?

Gar nichts.

Ich atme tief durch.

„Okay, ich mache es.“ Fest blicke ich Rebecca in die Augen.

---ENDE DER LESEPROBE---