Kloster, Mord und Dolce Vita - Sammelband 4 - Valentina Morelli - E-Book

Kloster, Mord und Dolce Vita - Sammelband 4 E-Book

Valentina Morelli

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Beschreibung

Kloster, Mord und Dolce Vita: eine Krimi-Serie wie ein Urlaub in der Toskana. Drei Folgen in einem Band!

Folge 10 - Das Geheimnis des toten Malers

Das Kloster muss Geld verdienen! Nur so kann Isabella die Schließung verhindern. Daher will sie mit Matteos und Ninas Hilfe endlich die alten, hässlichen Gemälde verkaufen, die im Büro der Äbtissin hingen. Doch als sie die Galerie des Kunsthändlers betreten, finden sie ihn tot vor - ein Raubmord! Gestohlen wurden Bilder von Romeo Bassino, einem vor Jahren verstorbenen, toskanischen Maler. Warum sind dessen mittelmäßige Bilder in letzter Zeit so enorm im Wert gestiegen ? Isabella und Matteo ermitteln und decken ein langgehütetes Geheimnis auf ...

Folge 11 - Mord im letzten Akt

Feierstimmung in Santa Caterina: Zum großen Sommerfest findet auf dem Marktplatz eine Freiluft-Oper statt. Isabella und die Nonnen sind aufgeregt, zumal das Kloster einige der Opernleute beherbergt. Alles fiebert auf den großen Abend hin, an dem das ganze Dorf sich in Abendkleidung einfindet, um der Oper zu lauschen. Doch im letzten Akt bricht der Intendant auf seinem Logenplatz zusammen - tot! Zuerst sieht alles nach einem Schwächeanfall aus, doch Schwester Isabella schaut genauer hin ...

Folge 12 - Das Schweigen der Äbtissin

Die Gnadenfrist ist abgelaufen, die finanzielle Lage aussichtslos: Schwester Isabellas Kloster soll endgültig geschlossen werden. Während die Nonnen aufgeregt darüber debattieren, wie es weitergeht, hat sich die zurückgekehrte ehemalige Äbtissin Filomena ein Schweigegelübde auferlegt. Und auch sonst erkennen die anderen sie nicht wieder. Da wird Carabiniere Matteo zu einem Waldstück bei Santa Caterina gerufen: Dort wurde ein Toter gefunden - anscheinend ermordet. Bald stellt sich heraus: Der Tote hatte eine Verbindung zu Filomena ...

Über die Serie:

Benvenuto a Santa Caterina! In dem malerischen Toskana-Dorf lebt, betet und ermittelt Schwester Isabella. Der junge Carabiniere Matteo ist froh über ihre Hilfe - meistens. Denn eines weiß der einzige Polizist von Santa Caterina: Schwester Isabella hat ihren eigenen Kopf!

Mit Witz, Charme und dem Blick fürs Menschliche ermitteln Isabella und Matteo in der Toskana. Klar, dass dabei auch die italienische Lebenskunst nicht zu kurz kommen darf!

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.

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Seitenzahl: 397

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Kloster, Mord und Dolce Vita - Sammelband 4

Digitale Erstausgabe - Sammelband

beTHRILLED in der Bastei Lübbe AG

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Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de

ISBN 978-3-7517-9219-6

Über die Autorin

Valentina Morelli schreibt seit vielen Jahren Romane. Mit "Kloster, Mord und Dolce Vita" setzt sie der Heimat ihres Herzens ein Denkmal und fängt das unvergleichliche Lebensgefühl unter der Sonne der Toskana ein. Krimis sind für sie ein Mittel, zutiefst menschliche Geschichten zu erzählen.

Über das Buch

Kloster, Mord und Dolce Vita: eine Krimi-Serie wie ein Urlaub in der Toskana. Drei Folgen in einem Band!

Folge 10 - Das Geheimnis des toten Malers

Das Kloster muss Geld verdienen! Nur so kann Isabella die Schließung verhindern. Daher will sie mit Matteos und Ninas Hilfe endlich die alten, hässlichen Gemälde verkaufen, die im Büro der Äbtissin hingen. Doch als sie die Galerie des Kunsthändlers betreten, finden sie ihn tot vor - ein Raubmord! Gestohlen wurden Bilder von Romeo Bassino, einem vor Jahren verstorbenen, toskanischen Maler. Warum sind dessen mittelmäßige Bilder in letzter Zeit so enorm im Wert gestiegen ? Isabella und Matteo ermitteln und decken ein langgehütetes Geheimnis auf ...

Folge 11 - Mord im letzten Akt

Feierstimmung in Santa Caterina: Zum großen Sommerfest findet auf dem Marktplatz eine Freiluft-Oper statt. Isabella und die Nonnen sind aufgeregt, zumal das Kloster einige der Opernleute beherbergt. Alles fiebert auf den großen Abend hin, an dem das ganze Dorf sich in Abendkleidung einfindet, um der Oper zu lauschen. Doch im letzten Akt bricht der Intendant auf seinem Logenplatz zusammen - tot! Zuerst sieht alles nach einem Schwächeanfall aus, doch Schwester Isabella schaut genauer hin ...

Folge 12 - Das Schweigen der Äbtissin

Die Gnadenfrist ist abgelaufen, die finanzielle Lage aussichtslos: Schwester Isabellas Kloster soll endgültig geschlossen werden. Während die Nonnen aufgeregt darüber debattieren, wie es weitergeht, hat sich die zurückgekehrte ehemalige Äbtissin Filomena ein Schweigegelübde auferlegt. Und auch sonst erkennen die anderen sie nicht wieder. Da wird Carabiniere Matteo zu einem Waldstück bei Santa Caterina gerufen: Dort wurde ein Toter gefunden - anscheinend ermordet. Bald stellt sich heraus: Der Tote hatte eine Verbindung zu Filomena ...

Über die Serie:

Benvenuto a Santa Caterina! In dem malerischen Toskana-Dorf lebt, betet und ermittelt Schwester Isabella. Der junge Carabiniere Matteo ist froh über ihre Hilfe - meistens. Denn eines weiß der einzige Polizist von Santa Caterina: Schwester Isabella hat ihren eigenen Kopf!

Mit Witz, Charme und dem Blick fürs Menschliche ermitteln Isabella und Matteo in der Toskana. Klar, dass dabei auch die italienische Lebenskunst nicht zu kurz kommen darf!

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Kloster, Mord und Dolce Vita - Sammelband 4

Cover

Titel

Impressum

Über die Autorin

Über das Buch

Inhalt

Kloster, Mord und Dolce Vita – Das Geheimnis des toten Malers

Cover

Grußwort des Verlags

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Impressum

Kloster, Mord und Dolce Vita – Mord im letzten Akt

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Grußwort des Verlags

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Impressum

Kloster, Mord und Dolce Vita – Das Schweigen der Äbtissin

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Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

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Kapitel 9

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Kapitel 11

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V A L E N T I N A M O R E L L I

Das Geheimnis des toten Malers

1

»Sei mir bitte nicht böse, Liebster, aber zum Händchenhalten ist es mir wirklich zu heiß.« Nina befreite sich aus Matteos Griff und beschleunigte ihren Schritt. »Außerdem müssen wir uns ein wenig sputen, ich kann das Geschäft nicht so lange geschlossen lassen.«

»Keine Umstände meinetwegen«, sagte Isabella, die sich ein paar Schritte hinter den beiden befand.

»Ich bin dir nicht böse«, erwiderte Matteo, ein wenig angefressen, wie die Schwester fand.

Dabei hatte Nina recht. Die Hitze lag schwer über der Stadt und brachte die Luft zum Flirren. Unter ihrem Velan staute sich die Wärme, und der schwere Stoff ihres Habits schaffte es kaum mehr, die heißen Sonnenstrahlen abzuhalten. Gedrängt in die Schatten der Häuserfassaden lief sie durch das gepflasterte Kunstgässchen von Lucca.

Doch sie hatte nicht die Muße, um sich die Nase an den hübsch dekorierten Schaufenstern platt zu drücken. Dafür stand zu viel auf dem Spiel. Sie fieberte ihrem Termin entgegen, der vielleicht dafür sorgte, dass sich ein Hoffnungsschimmer am wolkenverhangenen Himmel des Klosters zeigte.

Isabella war dankbar dafür, dass Matteos Freundin Nina sich der drei Gemälde annahm, die sie erst kürzlich aus dem Äbtissinnenbüro verbannt und in den Keller verfrachtet hatte. Denn dort würden sie auch nicht hübscher werden.

Nicht, dass Isabella sich sonderlich für das Schicksal der drei Heiligen interessierte, die vor langer Zeit in Öl auf die Leinwände gemalt worden waren. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, in Erfahrung zu bringen, um welche Heiligen es sich auf den Gemälden handelte. Einer von ihnen war womöglich Franz von Assisi. Vielleicht. Aber das war ihr egal.

Mit ihrer Dunkelheit hatten sie Isabella in ihrem Äbtissinnenbüro geradezu erdrückt. Sie war ein Freund von farbenfrohen Bildern. Und so würde sie sich leichten Herzens von ihnen trennen können.

Vielleicht würde der Verkauf der Gemälde sogar so viel Gewinn abwerfen, dass die dringlichsten Forderungen beglichen werden konnten, die die Gläubiger an das Kloster stellten. Vielleicht würde das auch ein wenig ihr schwieriges Verhältnis zum Revisor entspannen. Sie seufzte einmal tief. Es waren viele Vielleichts für einen glutheißen Vormittag.

Umso glücklicher war sie über die Hilfe der beiden. Matteo hatte die drei Gemälde gestern aus dem Klosterkeller geschleppt und sie zu Ninas befreundetem Kunsthändler nach Lucca gebracht, wo sie aufs Genaueste inspiziert wurden, damit eine Schätzung ihres Wertes vorgenommen werden konnte. Und das tat dieser Mann, ohne einen Cent dafür zu verlangen. Schon allein dafür stand Isabella tief in Ninas Schuld.

Bei ihr fühlte sie sich mit ihrem Anliegen bestens aufgehoben. Das Kloster hatte monetäre Sorgen und brauchte Geld. So war sie auf die Idee gekommen, Nina nach dem Wert der drei Gemälde zu fragen. Vielleicht gab es sowohl einen Markt als auch Kunstliebhaber für derartige Bilder.

Sie hoffte nur, dass es so war, denn die Lage des Convento di Nostra Regina della Pace war ernst. Sehr ernst. Würde es ihnen nicht gelingen, den Revisor des Vatikans davon zu überzeugen, dass das Kloster sich von der finanziellen Schieflage erholen und ganz bald wieder auf eigenen Beinen stehen würde, käme dies dem sicheren Aus des Convents gleich.

Roms Haltung war unerbittlich, und den Schwestern blieb nicht mehr viel Zeit – nur noch wenige Wochen, in denen das Schicksal der vierzehn Ordensschwestern besiegelt würde.

Isabella war eine optimistische Frohnatur und bereit, alle Bürden auf sich zu nehmen, die ihr der Herr auferlegte. Wenngleich das bedeutete, dass sie Hand in Hand mit Revisor Libero Bruni arbeiten musste. Dabei stand ihre Beziehung von Anfang an auf keinem guten Fundament. Bereits ihre erste Begegnung hatte ihn rücklings niedergestreckt. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie war ihm bei der Ankunft im Vatikan blindlings in die Arme gelaufen.

Dorfpomeranzen , hallte es unwillkürlich in Isabella nach. So hatte er sie und Schwester Immacolata damals beschimpft. Und nun lebte er inmitten der Pomeranzen und erklärte ihnen die große Welt der Conventführung.

Isabella hoffte wirklich, dass dieser Kunsthistoriker ihre Bilder als wertvoll einschätzte. Zum Wohle aller brauchte sie dringend einen Erfolg, den sie dem Revisor präsentieren konnte. Sie schloss für einen Moment die Augen und schlug ein Kreuz. Sicherlich konnte es nicht schaden, noch ein schnelles Bittgebet gen Himmel zu schicken.

»Ich bin dir wirklich nicht böse«, hörte sie Matteo zwischen ihren Gebetsphrasen. »Aber ich befürchte, dass du es noch bist.«

Isabella sah nach vorn und schüttelte leicht den Kopf. Seit einer ganzen Weile war die Stimmung zwischen den beiden alles andere als rosig.

Nina blieb stehen und sah Matteo fragend an. »Warum sollte ich?«

»Ich hatte gehofft, dass du mir das sagst. Aber in letzter Zeit verhältst du dich äußerst zurückhaltend mir gegenüber.«

Sie stieß ein unbekümmertes Lachen aus. »Was hätte ich für einen Grund, auf dich böse oder sauer oder gar deinetwegen missgestimmt zu sein? Du bist mein Freund, il mio amore.«

Isabella verstand, warum Matteo der Tochter des Bürgermeisters mit Haut und Haaren verfallen war. Sie war nicht nur bildhübsch, sondern auch intelligent und obendrein äußerst charmant und nett. Aber etwas lag in ihrem Lachen, das Isabella ihre Stirn runzeln ließ.

Und auch Matteo schien mit ihrer Aussage nicht zufrieden zu sein. »Genau genommen bist du abweisend zu mir, seit ich deinen Papa versehentlich verdächtigt habe.«

Eine unsichtbare Hand hatte das Lachen aus Ninas Gesicht gewischt. »Du hast ihn ins Gefängnis gesteckt!«

»Versehentlich!«

Sie quittierte seinen Einwand mit einem erbitterten Aufbrummen, das selbst Isabella scharf die Luft einziehen ließ. Das klang nicht gut.

Matteo seufzte. »Daher weht also der Wind.«

»Gar nichts weht hier«, gab Nina angriffslustig von sich. »Ich finde es eben nur bezeichnend, dass du meinem Vater einen Mord zutraust.«

Isabella sah dabei zu, wie Matteos Mund sich öffnete und er in eine Schnappatmung verfiel. Doch es folgten keine Worte. Was sollte er auch dazu sagen? Es entsprach schließlich der Wahrheit. Als der Gegenkandidat für die Bürgermeisterwahl tot aufgefunden wurde – erschossen auf seiner Joggingroute, und zwar mit Lenzis Gewehr –, hatte Matteo in seiner Funktion als Carabiniere nicht lange gefackelt und Ninas Vater hinter Gitter gebracht.

Das war durchaus nachvollziehbar für Isabella. Ebenso naheliegend war Ninas Groll, den er damit auf sich gezogen hatte. Sie senkte das Kinn und wünschte sich, nicht Zeugin dieses Streits zu sein. Es war eine wirklich unglückliche Situation, in der sich beide befanden.

»Er war unschuldig«, sagte Matteo schließlich. »Das ist das Einzige, was zählt, nicht? Und immerhin haben Isabella und ich den richtigen Täter zur Strecke gebracht.« Er gab sich einem spitzbübischen Lächeln hin, mit dem er zweifellos auf Lob aus war.

Aber Nina blieb hart. Sie blickte stoisch geradeaus und schien die Fassade eines Buchladens interessanter zu finden als den verzweifelt vor sich hin lächelnden Carabiniere.

»Einfach noch mal, damit ich es verstehe«, mischte Isabella sich, um Ablenkung bemüht, ein. »Wir gehen nun zu diesem Boccelli –«

»Boccella«, wurde sie sogleich von Nina korrigiert. »Maria Boccella.«

»Boccella«, wiederholte Isabella der Form halber. »Dem Mann, der genau wie du Kunsthändler ist.«

Nina verzog das Gesicht. »Maria ist mehr als das. Er ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Wo ich mich ein wenig mit Gemälden auskenne, ist dieser Mann ein absolutes Genie. Er hat selbst lange Zeit gemalt und wird immer wieder als Fachmann von Museen hinzugezogen.« Sie warf Isabella einen kurzen Blick zu, während sie auf die Uhr sah und ihren Schritt beschleunigte. »Allerdings kann er es nicht ausstehen, wenn man zu spät zu einer Verabredung kommt.«

Isabella und Matteo schlossen sich dem Tempo an.

»Und bei den Bildern, die Sie veräußern möchten, Schwester, reicht mein Fachwissen bei Weitem nicht aus.« Trotz der Eile, die sie überkam, bedachte sie Isabella mit einem wohlwollenden Lächeln. »Maria wird wissen, was deine Bilder wert sind – und vor allem, an wen er sie verkauft bekommt.«

Isabella lächelte hoffnungsfroh zurück. Das klang in der Tat gut.

»Bestimmt müssen sie vorher professionell gereinigt werden. Das wird noch ein wenig was kosten, aber der Aufwand lohnt sich auf jeden Fall.«

Isabella runzelte die Stirn. Das klang nun wieder überhaupt nicht gut. Sie konnte sich schlichtweg keine weiteren Kosten leisten, sie brauchte sofort Geld. Als hätte Matteo ihren gedankenvollen Blick bemerkt, erwiderte er: »Sei unbesorgt, Isabella, das Geld bekommst du im Nachhinein doppelt und dreifach rein.«

Nina nickte zustimmend. »So ist es. Ich selbst habe zurzeit ein halbes Dutzend Kundenaufträge bei Maria, die Restauration und Reinigung betreffen.« Sie grinste. »Glauben Sie mir, Isabella, es gibt keinen besseren Mann für diesen Job.« Ohne Vorwarnung blieb sie stehen, atmete hörbar tief ein und strich sich dabei ihre Bluse glatt. »So! Da wären wir.«

Sie standen vor einem kleinen Laden inmitten der Altstadt, dessen staubige Schaufenster mit Bildern und Skulpturen vollstanden. Über dem Eingang hing eine grünlich schimmernde Metalltafel, auf die der Name Galleria d’Arte Boccella in Goldschrift geprägt war. Das Schild war ein wenig schief, und die Ränder hatten bereits Patina angesetzt.

Matteo zog die Tür auf und löste damit ein hübsch klingendes Windspiel aus, das über der Tür angebracht war. Er wollte gerade eintreten, als Nina ihn ernst anfunkelte.

»Du glaubst wirklich, dass mein Vater zu einem Mord fähig ist.« Sie formulierte es nicht als Frage, sondern als Feststellung, was Matteos Kehlkopf aufhüpfen ließ.

Bestimmt tat er gut daran, ihr schweigend die Eingangstür zum Atelier aufzuhalten. Nach Nina trat Isabella ein, und sofort umhüllte sie ein schummriges Licht. Der Geruch von Ölfarben und altem Stoff drang ihr in die Nase. Aber es lag noch etwas anderes in der Luft. Es war das schwere, würzig-süße Aroma von Pfeifentabak.

Mit kleinen Schritten folgte sie Nina durch die Galerie, die mit Staffeln und Skulpturen vollgepfropft war. Manche davon so unglücklich in den Weg gestellt, dass sie geradezu darum herumbalancieren musste. Überall wimmelte es von Gemälden in allen Größen und Farben. Auf den ersten Blick sah sie ausschließlich Bilder aus der barocken, vielleicht spätbarocken Epoche – sofern ihre rudimentäre Kunstkenntnis sie nicht gänzlich im Stich ließ. Landschaften, Stillleben, religiöse Malereien, alles düster, schwer und satt.

An manchen Bilderrahmen baumelten kleine Papierschilder mit handgeschriebenen Zahlen darauf. Isabella schlackerte mit den Ohren, als sie eines davon in Augenschein nahm und einen hohen vierstelligen Betrag darauf las. Der Hoffnungsfunke glomm wieder auf. Vielleicht bin ich hier mit meinen Bildern goldrichtig.

Matteo trat neben sie und verzog das Gesicht. »Ganz schön finster hier drinnen.«

Nina schritt unbeirrt weiter durch den engen Raum und hielt auf den Tresen zu, hinter dem Isabella die Silhouette eines Mannes mit längeren grauen Haaren ausmachte. Neben ihm entdeckte sie tatsächlich eine Pfeife, die in einem Aschenbecher vor sich hin qualmte.

»Ciao, Maria!« Nina hob ihre Stimme. »Entschuldigen Sie die Verspätung. Ich habe die Schwester aus Santa Caterina dabei.«

»Buongiorno!«, sagten Isabella und Matteo wie aus einem Mund.

Doch der Mann hinter dem Tresen ließ sich zu keiner Reaktion hinreißen.

Isabella warf Nina einen besorgten Blick zu. »Ob er sauer auf uns ist, weil wir zu spät dran sind?«

»Der macht bestimmt nur ein Mittagsnickerchen.« Matteo konnte sich ein gönnerhaftes Grinsen nicht verkneifen.

»Maria?«, fragte Nina noch einmal – diesmal etwas lauter.

»Da schläft aber einer den Schlaf des Gerechten.« Matteo schob sich an Isabella vorbei und räusperte sich lautstark. »Signor Boccella.« Doch auch dies führte nicht zur gewünschten Reaktion. Er schüttelte den Kopf. »Kein Wunder, wenn man sich zur Mittagsstunde schon am Barolo bedient.« Er streckte die Hand aus und deutete auf ein umgekipptes Weinglas, dessen dunkelroter Inhalt sich auf dem ganzen Tresen verteilt hatte. Daneben stand eine geöffnete Weinflasche.

Doch etwas an diesem Bild ließ Isabella innehalten. Sie trat näher an die schwere Holztheke heran. In Gedanken fragte sie sich, wie sich dieser Weinfleck wohl aus der hübsch gehäkelten Decke bekommen ließe, die den Tresen schmückte, als ihr schlagartig zwei Dinge klar wurden. Zum einen, dass sich Blut leichter als Wein herauswaschen ließ. Zum anderen – und das wurde ihr mit schonungsloser Härte bewusst: Maria Boccella schlief nicht. Er war tot.

2

»Er ist tatsächlich tot«, sagte Matteo tonlos und bestätigte damit, was Isabella längst wusste.

Er nahm die beiden Finger vom Hals des Kunsthändlers, mit denen er den Puls zu fühlen versucht hatte. Umständlich nestelte er die Einweghandschuhe aus dem Gürtel und streifte sie sich über. Das flappende Geräusch erfüllte die Galerie. Es klang irgendwie pietätlos in Isabellas Ohren. Sie sah dabei zu, wie Matteo behutsam den Kopf des Kunsthändlers anhob und versuchte, ihn in eine aufrechte Position zu bringen. Sofort wurde der Grund für den Zusammenbruch sichtbar.

»Eine Wunde«, stieß Nina entsetzt aus.

Isabella fühlte sich in ihrem Verdacht bestätigt und bekreuzigte sich. Das Blut war ein eindeutiges Indiz.

Matteo schnaufte laut auf und griff in seine Hosentasche. »Ich werde wohl die Polizei rufen müssen.«

»Aber du bist die Polizei«, fuhr Nina ihn entrüstet an.

»Wir sind in Lucca, Nina. Das ist nicht mein Zuständigkeitsbereich. Außerdem bin ich als Dorf-Carabiniere nicht für Morde zuständig.« Er hielt kurz inne und drückte sich das Telefon ans Ohr.

»Das ist ja interessant.« Nina reckte das Kinn empor. »Bei meinem Papa hat dich das damals nicht gestört.«

Matteo wollte etwas erwidern, doch dann wandte er sich ab und legte eine Hand auf das freie Ohr. »Ciao, Matteo Silvestri hier, Carabiniere von Santa Caterina. Ich habe eine Entdeckung gemacht …«

Isabella hörte halbherzig dabei zu, wie er sich mit der Polizeistation von Lucca unterhielt und den schrecklichen Fund schilderte. Sie betrachtete derweil die Ladentheke. Sie war groß und ausladend und geradezu zugepflastert mit Zetteln.

Neben einem kleinen Computerbildschirm stand ein schwarzes Telefon, das nicht viel jünger zu sein schien als die Gemälde, die überall an den Wänden hingen. Die Tabakpfeife, dachte Isabella und sah den feinen bläulichen Rauchschwaden zu, die sich aus dem Pfeifenkopf schlängelten und ihren würzigen Duft in die Galerie trugen. Da die Pfeife noch glomm, war wohl davon auszugehen, dass der Tod des armen Mannes erst vor Kurzem eingetreten war.

»Wer ist zu so etwas Grausamem imstande?« Nina fasste sich an den Hals, an dem Isabella rote Flecken erkannte. Der Schrecken stand der jungen Frau förmlich ins Gesicht geschrieben.

Isabella verstand sie nur zu gut, selbst wenn sie der grausame Fund nicht in dem Maße mitnahm. Nicht, dass sie der Anblick einer Leiche kaltließ, doch in den letzten Monaten hatte sie zu viele gesehen, um bei solch einem Anblick noch schockiert zu sein. Gewöhnen würde sie sich daran allerdings niemals, das stand außer Frage.

»Was weißt du über Boccella?«, fragte sie die Tochter des Bürgermeisters. »Hatte er womöglich Feinde?«

Nina sah sie unverwandt an. »Er ist tot, Isabella. Augenscheinlich aufgrund einer Gewalteinwirkung. Ich würde sagen, dass diese Frage damit wohl eindeutig mit einem Ja beantwortet werden kann.«

»Nicht unbedingt.« Die Schwester ließ ihren Blick aufmerksam durch die kleine Galerie schweifen. Etwas erregte tatsächlich ihre Aufmerksamkeit.

»Die Polizei ist gleich da«, hörte sie Matteos Stimme.

»Wenn beispielsweise ein Raub stattgefunden hat«, sie nickte zu ihren eigenen Worten, »könnten wir eine Affekttat in Betracht ziehen. Somit muss es also kein Feind gewesen sein.«

Der Carabiniere zog eine Braue hoch und betrachtete die Schwester unbestimmt. Isabella glaubte, dass es Anerkennung war, die in Matteos Augen aufblitzte.

»Der Gedanke ist gut«, sagte er. Und nun sah auch er sich konzentriert um, bis er gefunden zu haben schien, wonach er suchte. »Die Registerkasse.«

Isabellas Blick legte sich auf das schwere, klobige Messingteil, das auf einem Pult neben dem Tresen stand. Sie wunderte sich. »Wer arbeitet denn noch mit so etwas?«

Nina lächelte sie verhalten an. »Unter uns Kunsthändlern sind diese alten Kassen äußerst begehrt. Zudem funktionieren sie trotz ihres Alters mitunter tadellos. Damals wurde eben für die Ewigkeit gebaut.«

»Sie scheint nicht aufgebrochen worden zu sein«, murmelte Matteo nachdenklich. Mit ausgestreckten Händen stellte er sich vor die Kasse. »Wo ist denn der Öffnungsmechanismus?« Seine Finger legten sich auf die Tasten und drückten wahllos herum.

Nina schob seine Hände weg und drückte einen Knopf, woraufhin sich die untere Schublade aufschob.

»Oh, da.« Matteo grinste. »Diese Taste wollte ich als Nächstes drücken.« Da Nina sein Lächeln nicht erwiderte, richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Schublade. »Sie ist noch voll«, stellte er fest. »Einen Raubmord können wir damit wohl ausschließen.«

»Nein«, fuhr Nina hart auf. »Können wir nicht.«

Isabellas Blick huschte in ihre Richtung.

»Was meinst du damit?«, wollte Matteo wissen.

Nina streckte ihre Hand aus und deutete auf eine Staffelei, auf der ein goldener Rahmen stand. »Das Bild«, antwortete sie leise.

»Welches Bild?«, fragte Matteo verständnislos. »Da ist doch überhaupt kein Bild im Rahmen.«

»Eben.« Sie sah ihn ernst an. »Es fehlt.«

»Woher willst du das wissen? Vielleicht war da nie ein Bild.«

»Doch!« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich weiß es, weil ich die Reinigung des Bildes mit diesem Rahmen bei Maria in Auftrag gegeben habe.«

Matteo trat einen zaghaften Schritt auf sie zu. »Bist du dir sicher?«

Nina funkelte ihn erbost an. »Natürlich bin ich das!«

»Ich frag ja bloß«, gab Matteo kleinlaut von sich.

Kritisch inspizierte er den Rahmen. Als er schließlich die Hand ausstreckte und durch den Rahmen hindurchfasste, stöhnte Nina laut auf. »Was soll das, Matteo! Glaubst du, es ist unsichtbar geworden?«

»Nein, ich …«

»Um was für ein Bild handelt es sich denn?«, fuhr Isabella dazwischen, ehe sie Zeugin eines weiteren Streits der beiden wurde.

Mit weit geöffneten Augen wandte Nina sich der Schwester zu. »Es war ein Kundenauftrag, ich …«

Weiter kam sie nicht, da just in diesem Moment die Ladentür aufgerissen wurde und mehrere Polizisten in die Galerie traten.

»Buongiorno, die Herren!« Matteo trat hinter der Theke hervor und eilte auf seine städtischen Kollegen zu. »Ich bin Matteo Silvestri«, stellte er sich vor. »Carabiniere aus Santa Caterina. Ich habe den Toten gemeldet.«

»Carabiniere, he?« Ein breitschultriger Mann baute sich förmlich vor ihm auf. Er wurde flankiert von zwei uniformierten Polizisten. Er selbst trug keine Dienstbekleidung. Dafür einen gut sitzenden Zweireiher mit hochgekrempelten Ärmeln und darunter ein T-Shirt mit weitem V-Ausschnitt. In einer schwungvollen Bewegung nahm er die Sonnenbrille ab und betrachtete den vor ihm stehenden Carabiniere eindringlich.

Beim Anblick dieses Mannes fühlte Isabella sich entfernt an eine amerikanische Krimiserie erinnert, die sie in ihrer Jugend hin und wieder gemeinsam mit ihrem Bruder Andrea gesehen hatte. Der Mann wirkte jung. Oder jung geblieben. Das war im diffusen Licht der Galerie schwer zu sagen.

Matteo nickte ihm tapfer zu. »Genau!«

Isabella glaubte, sein angestrengtes Schlucken bis zur Theke zu hören.

»Und Sie sind?«, fragte er mit leicht geneigtem Kopf. »Ich glaube, wir kennen uns noch nicht.«

»Das ist gut möglich«, erwiderte der Mann. Doch dabei beließ er es. Er trat einfach an Matteo vorbei, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. Dafür wandte er sich dem rechts stehenden Kollegen zu, einem jungen, leicht untersetzten Mann mit sanften Zügen und stahlgrauen Augen. »Was haben wir denn hier?«

»Einen Toten«, antwortete Matteo anstelle des Polizisten und folgte dem Mann eilig. »Es handelt sich um Maria Boccella, den Inhaber dieser Galerie.«

Einer der Polizisten machte sich Notizen.

»Wir haben ihn vor wenigen Minuten gefunden.«

»Haben Sie ihn angefasst?«, fragte der Mann barsch. »Etwas am Tatort verändert?«

»Natürlich nicht«, erwiderte Matteo sofort.

Isabella sah, wie ihm die Hitze bei dieser Notlüge in die Wangen stieg, während er schnell seine Hände hinter dem Rücken verbarg und das Geräusch der abgestreiften Gummihandschuhe die Galerie erfüllte.

»Und wer sind die beiden Damen?«, fragte der Mann weiter, ohne Matteo auch nur anzuschauen.

»Das sind Signora –«

»Ich bin Signorina Lenzi.« Nina strich sich über den Bleistiftrock und machte mit ausgestreckter Hand einen Schritt auf den Mann zu. »Ich bin Kunsthändlerin und eine Freundin von Maria Boccella.«

»Und meine Freundin«, mischte Matteo sich ein, woraufhin er einen weiteren wütenden Blick von Nina erntete.

Der Mann ergriff Ninas Hand und schien sie gar nicht mehr loslassen zu wollen. »Sehr angenehm.« Er legte einen bemerkenswerten Augenaufschlag an den Tag, den Nina mit einem nicht minder umwerfenden Lächeln erwiderte. »Ich bin Zaniolo«, stellte er sich ihr vor. »Commissario Roberto Zaniolo.«

»Und ich bin Schwester Isabella.« Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen drängelte sie sich zwischen die beiden und löste den Händedruck, um diesem Zaniolo die Hand zu schütteln. »Ich bin hier, weil Signor Boccella den Wert von drei Gemälden von mir schätzen sollte.« Sie warf einen betrübten Blick auf die Theke. »Aber daraus wird wohl nichts mehr.«

»Einen Raubmord im eigentlichen Sinne können wir ausschließen.« Matteo kämpfte sich umständlich an den beiden Polizisten vorbei und stellte sich neben die Theke. »Zumindest wurde kein Geld gestohlen. Dafür aber haben wir festgestellt, dass ein Gemälde fehlt, nämlich –«

»Wir?«, fiel Zaniolo ihm ins Wort.

»Nun ja, Nina und ich.« Er räusperte sich. »Ich will sagen, dass meine Ermittlungen …«

Der Kommissar schüttelte unwirsch den Kopf. »Nicht Ihre Ermittlungen, Carabiniere.«

»Silvestri«, rief Matteo dem Mann in Erinnerung. »Matteo Silvestri.«

Zaniolo sah ihn unverwandt an. »Nun, Silvestri. Wir sind hier nicht auf dem Land, sondern in einer Stadt. Lassen Sie dies also bitte Aufgabe der Polizia di Stato sein.«

Matteo holte Luft, wollte offenbar zu einer Erwiderung ansetzen, doch da hatte der Kommissar sich schon von ihm abgewandt und richtete eine weitere Frage an Nina. »Sie sagten also, Sie seien eine Freundin des Toten.«

Sie nickte. »So ist es. Wir sind, nein, wir waren befreundet und obendrein gute Kollegen.«

Zaniolo nickte ebenfalls und schien darüber nachzudenken. Doch dann weckte etwas seine Aufmerksamkeit. Ein harter Ruck fuhr durch sein breites Kreuz, und er machte einen großen Schritt auf die Wand zu. »Du meine Güte, ist das ein Albani?«

Ninas Blick huschte in Richtung des Kommissars. »Sie verstehen etwas von Kunst?«

Zaniolo grinste in gespielter Verlegenheit. »Nur eben das, was man mit einem abgebrochenen Kunstgeschichtsstudium so aufgeschnappt hat.«

Ninas Augen wurden groß. »Sie haben Kunstgeschichte studiert?«

Zaniolo hob die Hände. »Bloß ein paar Semester! Und dann hat es mich doch zur Polizia di Stato verschlagen.«

Isabella bekam in diesem Moment zwei Dinge mit: ein unbestimmtes Funkeln in den Augen der Bürgermeistertochter und Matteos Blick, mit dem er voller Unglauben Nina anstarrte, weil sie den Kommissar anstarrte.

»Die Polizeilaufbahn ist in unserer Familie seit Generationen Tradition.« Er grinste Nina an. »Da ist es schwer, sich mit seiner Liebe für die Kunst durchzusetzen. Ganz besonders dann, wenn der eigene Vater der Polizeichef von Genua ist.« Er machte eine kurze Pause, als wollte er seine Worte wirken lassen. Dann vollführte er eine wegwerfende Handbewegung. »Nun aber genug von mir. Warum sind Sie hier?«

»Wir sind hier, weil ich Maria Boccella darum gebeten habe, drei Gemälde der Schwester zu schätzen.« Sie nickte Isabella zu. »Sie möchte sie verkaufen.«

»Aha«, machte Zaniolo und reckte sein kantiges Kinn in Richtung eines der Polizisten, der sich daraufhin etwas auf seinem Block notierte. »Und da haben Sie ihn so vorgefunden?« Er bedachte Nina und die Schwester mit einem intensiven Blick. »Ist Ihnen darüber hinaus noch etwas Merkwürdiges aufgefallen?«

»Der Mord kann noch nicht lange her sein«, sagte Isabella. »Die Tabakpfeife glimmt noch.« Sie zeigte auf den Tresen.

»Außerdem fehlt ein Bild.« Nina deutete auf die Staffelei, die unmittelbar hinter dem Tresen stand. »Der Rahmen ist noch da, aber das Bild ist weg.«

»Es fehlt?« Der Kommissar sah sie irritiert an.

»Es wurde herausgeschnitten.« Mit ihrer Hand fuhr sie den Rahmen entlang, und nun erkannte Isabella auch, dass an manchen Stellen Reste der Leinwand zu erkennen waren.

»Das ist merkwürdig«, befand Zaniolo.

»Es ist ein Gemälde, das ich im Auftrag einer Kundin zu Maria gebracht habe, damit er es professionell reinigen konnte.«

»Reinigen?«, fragte der Polizist mit dem Notizblock in der Hand.

Nina nickte. »Es war ein Ölgemälde«, erklärte sie. »Sie vergilben mit der Zeit. Außerdem setzt sich auf der Oberfläche Staub und Schmutz ab. Mit einer professionellen Reinigung lassen sich die Farben jedoch wieder wunderbar zum Leuchten bringen.« Sie nahm tief Luft und schien kurz von ihrer Trauer übermannt zu werden. Doch ebenso schnell hatte sie ihre Gefühle wieder unter Kontrolle. »Maria war ein Meister auf dem Gebiet der Reinigung. Unter seinen Händen erwachte so manches alte Gemälde wieder zu neuem Leben.«

»Und dieses Gemälde«, sagte Zaniolo, »war es denn sonderlich wertvoll? Stammt es von einem bedeutenden Maler?«

Nina schüttelte den Kopf. »Nein. Weder das eine noch das andere … eigentlich. Der Künstler ist Romeo Bassino.«

Isabella horchte tief in sich hinein, doch der Name sagte ihr nichts.

»Der Maler stammt aus Lucca, ist aber vor ein paar Jahren gestorben.«

Der Kommissar griff Ninas Worte auf: »Was meinen Sie mit ›eigentlich‹?«

Diese räusperte sich. »Es ist in der Tat etwas … merkwürdig«, kam es ihr nach einer kurzen Pause über die Lippen. »Romeo Bassino galt nie als äußerst begnadeter Künstler. Dennoch haben sich im letzten Jahr die Preise seiner Gemälde vervielfacht.« Ihre Schultern hoben sich ein Stück. »So richtig erklären kann sich das niemand. Nicht dass seine Bilder schlecht sind.« Sie streckte die Hände von sich. »So meine ich das nicht. Aber sie zeugen eben nicht von außerordentlichem Talent, wie es Maler wie de Chirico oder ein Morandi an den Tag gelegt haben.«

Zaniolo betrachtete sie mit gerunzelter Stirn. »Aber irgendetwas Besonderes muss doch an seinen Gemälden sein. Warum sollten sie sonst in derart kurzer Zeit so im Wert gestiegen sein?«

Nina lächelte. »Es ist wie in der Wirtschaft. Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Auch wir Händler wissen nicht immer so genau, warum ein Künstler begehrt ist und ein anderer nicht.«

Isabella seufzte auf. »Bedauerlich nur, dass dieser Bassino nichts mehr davon hat.«

»Er nicht«, bestätigte Nina. »Aber seine Frau. Bassinos Witwe hat die Reinigung des Gemäldes nämlich bei mir in Auftrag gegeben.«

Isabella sah sie nachdenklich an.

»Warum tat sie das?«, fragte Zaniolo. Dabei streckte er den Hals, als wollte er einen verspannten Muskel dehnen.

Nina überlegte kurz. »Bei diesem Gemälde handelt es sich wohl um eines der Lieblingswerke ihres Mannes. Es schien ihm viel bedeutet zu haben.« Nina zögerte. »Ich wollte es ihr abkaufen, eben weil Bassinos Bilder stark an Wert zulegen und als sichere Anlage gelten. Aber sie wollte sich nicht davon trennen.«

»Das ist nur verständlich«, sagte Matteo. »Wenn es das Lieblingsbild ihres Mannes war, wird es ihr wohl ebenso viel bedeuten.«

»Und deshalb wollte sie es wohl auch professionell reinigen lassen«, stimmte Isabella zu.

»Also haben wir ein verschwundenes Gemälde von einem ortsansässigen Künstler, der seit Jahren tot ist«, fasste der Kommissar zusammen. Er sah Nina an. »War dieses Gemälde denn wertvoll genug, um solch eine Tat zu rechtfertigen?« Langsam nahm er den Blick von ihr und betrachtete den Toten hinter dem Tresen.

Ninas Stirn legte sich in Falten. »Ich kenne den Wert dieses Gemäldes nicht so genau«, sagte sie nachdenklich, »aber es wird nicht wesentlich mehr als fünftausend Euro gewesen sein.«

»Das ist eine Menge Geld«, gab Zaniolo zu bedenken. »Manch eine schreckliche Straftat wird für weitaus niedrigere Beträge begangen.«

Nina nickte zustimmend. »Zweifellos.« Sie ließ den Blick durch die Galerie schweifen. »Aber ich sehe bereits vier Gemälde in diesem Raum, die von höherem Wert sind als ein Bassino.«

Isabella erinnerte sich an das Preisschild eines der Bilder, an dem sie beim Eintreten vorbeigegangen war.

Der Kommissar betrachtete ebenfalls die Gemälde an der Wand und kratzte sich dabei mit der Sonnenbrille hinter dem Ohr. »Das ist äußerst merkwürdig.« In einer schwungvollen Drehung wandte er sich ihnen zu. »Gut, die Damen und der Herr, dann bitte ich Sie, meinen Kollegen noch einen Augenblick für die Zeugenaussage zur Verfügung zu stehen.« Sein Blick saugte sich an Nina fest. »Und Ihnen, Signorina, danke ich für diesen aufschlussreichen Bericht.«

Sie lächelte ihn mit strahlenden Augen an. »Immer wieder gern, Signor Commissario.«

3

Matteo war alles andere als gut gelaunt. Genau genommen war er sogar stinkwütend. Wütend auf diesen Roberto Zaniolo, der ihn vor Ninas Augen und in Anwesenheit der Schwester wie einen Hilfspolizisten behandelt hatte. Dabei war er es, der den Toten gefunden und den Tatort als Erster gesichert hatte. Und er war es, der die Polizia di Stato informiert hatte.

Wenn es schon nicht sein Fall war, weil Lucca nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fiel, dann hatte er doch zumindest den kollegialen Respekt verdient und als erfahrener Ermittler hinzugezogen zu werden. Schließlich war er nicht irgendwer, sondern immer noch ein Carabiniere.

Obwohl nun schon Stunden seit dem Auffinden des Toten vergangen waren, wollte sich Matteo einfach nicht beruhigen. Zu aufwühlend waren die Ereignisse in der stickigen Galerie. Ninas Verhalten ihm gegenüber, das barsche Auftreten des mysteriösen neuen Commissario. Und natürlich der gewaltsame Tod von Maria Boccella.

Das hier war Lucca, keine amerikanische Großstadt, in der so etwas alltäglich war. Und so ließ ihm diese Sache keine Ruhe. Und er wollte sich nicht mit einer Rolle als Zeuge in einem Mordfall begnügen. Er würde dem aufgeblasenen Möchtegern-Großstadtpolizisten zeigen, aus welchem Holz er geschnitzt war. Matteo hatte schon Fälle ganz anderen Kalibers gelöst.

Vor Wut krallten sich seine Fingernägel tief in das Polster des Schreibtischstuhls. Denn die jüngsten Ereignisse hatten ihm die Tagespläne gründlich vermasselt. Eigentlich hatte er auf ein gemeinsames Mittagessen mit Nina und Isabella gehofft. In Lucca gab es eine hervorragende Osteria. Doch nach dem Auffinden des toten Kunsthändlers war ihnen allen der Appetit vergangen.

So hatten er und die Schwester die Rückreise nach Santa Caterina angetreten, und nun klemmte er wieder hinter seinem Schreibtisch, um mehr über diesen Romeo Bassino in Erfahrung zu bringen. Schließlich musste es einen guten Grund geben, warum ausgerechnet eines seiner Gemälde in einer Galerie voller hochpreisiger Bilder gestohlen wurde.

Bei seinen Recherchen hatte er schnell herausgefunden, dass Nina mit allem recht hatte. Bassinos Gemälde waren in den letzten Monaten tatsächlich enorm im Wert gestiegen. Doch bei seinen Recherchen entdeckte er nichts, was dies erklären würde.

Dafür hatte er eine Menge Informationen über den neuen Commissario gefunden. Roberto Zaniolo kam direkt aus Genua und wurde vor wenigen Wochen auf eigenen Wunsch nach Lucca versetzt. Noch wusste Matteo nicht, warum man sich freiwillig aus einer aufregenden Hafenstadt in ein beschauliches Städtchen der Toskana versetzen ließ. Aber das würde er noch herausfinden.

Mit dem Kopf voller Gedanken starrte er das kleine Messingkreuz an der Tür an, das er einst von Schwester Isabella geschenkt bekommen hatte. Es hing ein wenig schief, passte damit aber perfekt zum Deckenventilator, der ächzend über ihm seine nicht mehr ganz runden Kreise drehte.

Allmählich brauchte dieses Büro wirklich eine Renovierung. Er musste unbedingt das Gespräch mit Lenzi suchen. Doch die letzten Wochen hatte Eiszeit geherrscht. Zumindest wusste er nun, vom wem Nina ihre nachtragende Art vererbt bekommen hatte. Allem Anschein nach waren die Lenzis mit Elefanten verwandt. Sie vergaßen nichts.

Zermürbt fragte er sich, wann sich endlich die Wogen glätten würden und alles wieder so werden würde, wie es früher einmal war. Er und der Bürgermeister waren nie Freunde gewesen, aber sie waren zumindest auf einem Weg, respektvoll miteinander umzugehen. Eine Zeit lang sah es sogar danach aus, dass Lenzi sich mit der Wahl seiner Tochter abgefunden hatte und er bereit dazu war, Matteo in den Kreis der Familie aufzunehmen.

Wehmütig dachte Matteo an das erste Abendessen zurück. Die lang ersehnte Einladung bei den Lenzis. Viele Wochen war das nun her, und es war keine weitere Einladung gefolgt. Dabei war es nicht so, dass er das Tafelsilber gestohlen hatte. Er hatte lediglich seinen Job verrichtet und den Bürgermeister für ein paar Tage in einen, nun ja, unfreiwilligen Staatsurlaub geschickt. Echt blöd gelaufen, dachte er. Aber doch noch lange kein Grund, derart nachtragend zu sein.

Das Schrillen des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken. Er war noch immer so schlecht gelaunt, dass er erst gar nicht drangehen wollte. Doch als er die eingeblendete Telefonnummer sah, überlegte er es sich anders. Wenn es eine Person schaffte, ihn aus dem Tal der Trübsal zu führen, dann: »Schwester Isabella!« Er bemühte sich, möglichst freundlich zu klingen. »Was gibt es denn?«

»Vorrangig möchte ich mich erkundigen, wie es dir geht«, hörte er sie sagen. »Nina und du, ihr habt nicht gerade einen harmonischen Eindruck gemacht.«

»Ach. Das legt sich wieder«, wiegelte Matteo ab und kratzte sich am Hinterkopf. Zumindest hoffte er es.

»Ja, ganz bestimmt.«

Er hielt mit dem Kratzen inne. Irgendetwas an Isabellas Tonfall gefiel ihm nicht. Doch sie gab ihm keine Zeit, länger darüber zu brüten.

»Und wie findest du den Polizisten?«, wollte sie von ihm wissen.

»Zaniolo?«, Matteo sprach den Namen aus, als hätte er auf etwas Eigenartiges gebissen und nun einen unangenehmen Geschmack im Mund. Er dachte intensiv über seine Gefühlswelt nach, suchte nach den richtigen Worten. »Er hat eine steile Karriere hingelegt«, erwiderte er schließlich. »Er sieht ganz gut aus und scheint sehr sportlich zu sein. Kurz gesagt, ich traue ihm nicht.«

Isabella lachte. »Du bist eifersüchtig.«

»Bin ich nicht«, log Matteo. Bei Gott, und ob er das war – wegen der Art, wie Nina ihn angesehen hatte. Er wühlte tief in seinem Gedächtnis und fragte sich, wann Nina ihn das letzte Mal so intensiv angeschaut hatte. Hatte sie es jemals? Mit einem tiefen Seufzer ließ er sich in den Stuhl fallen. Er wollte nicht mehr länger nachdenken.

»Übrigens habe ich etwas herausgefunden«, sprach die Schwester in seine Gedanken hinein.

Matteo war wieder ganz Ohr. »Über Zaniolo?«

»Was? Nein. Wieso über ihn?« Isabella klang verwirrt. »Ich habe etwas über diesen Künstler in Erfahrung bringen können. Über Romeo Bassino.«

»So?« Matteo gähnte. Dass ihn das viele Denken immer so müde machte.

»Schwester Immacolata hat mir geholfen … mit dem Internet. Du weißt ja selbst, wie versiert sie ist.«

Matteo wusste es. Dank der alten Schwester hatte er Ersatzteile für seine geliebte Vespa auftreiben können, die es längst nicht mehr hätte geben sollen.

»Sitzt du?«

Matteo zögerte. »Ja?«

»Gut. Denn dieses Gemälde ist nicht das einzige, das gestohlen wurde.« Er hörte Isabella tief Luft holen. »Ich meine, dass weitere Bilder von Bassino jüngst abhandengekommen sind. Und zwar in ganz Italien.«

»Bitte was?« Matteo richtete sich auf. Die Müdigkeit war wie weggeblasen.

»In den letzten Wochen gab es fünf Diebstähle in Kunsthandlungen – und bei allen wurden Gemälde von Bassino gestohlen. Das ist doch mehr als nur ein Zufall … findest du nicht auch?«

»Das ist ja … allerhand«, war alles, was der Carabiniere von sich geben konnte. Mit einem Mal fühlte er sich unwohl in seiner Haut. Wie hatten die beiden Schwestern das in Erfahrung bringen können, wenn er selbst das noch nicht herausgefunden hatte? Während er Isabella am Telefon hatte und sich all ihre Rechercheergebnisse im Detail anhörte, holte er den Computer aus dem Ruhemodus und scrollte durch die Polizeiakten im Netz.

»Steht alles im Internet«, sagte Isabella. Er hörte das Grinsen in ihrer Stimme. »Ein Gottesgeschenk, diese Suchmaschinen. Findest du nicht auch?«

»Ich, ähm …«

»Immacolata hat es mir so erklärt, dass man mit den richtigen Suchphrasen einfach alles im Netz aufstöbern kann.«

»Suchphrasen«, wiederholte Matteo dünn. »Natürlich.« Den Hörer zwischen Schulter und Hals eingeklemmt, tippte er auf der vor ihm stehenden Tastatur herum. »Bassino – Gemälde – Diebstahl«, murmelte er, während er die Begriffe in das Suchfeld eingab und die Enter-Taste drückte. Doch es wurde ihm kein Ergebnis angezeigt. Stirnrunzelnd nahm er den Hörer wieder zur Hand.

»Interessant ist übrigens auch, dass darum allem Anschein nach gar kein so großes Aufheben gemacht wurde, da Bassinos Gemälde nicht wertvoll sind. Vielmehr ist es ein Kuriosum, das ausschließlich Kunsthändler zu interessieren scheint.«

Matteo ließ sich wieder nach hinten fallen und dachte über die Preisschilder an den Gemälden in der Galleria d’Arte Boccella nach. Einige davon hatten den Wert eines hübschen gebrauchten Mittelklassewagens. Warum also hatte der vermeintliche Täter sich mit einem verhältnismäßig billigen Gemälde zufriedengegeben?

»Bislang hat die Presse sich wohl nicht sonderlich dafür interessiert«, sprach die Schwester weiter. »Da die Bilder keinen besonderen Wert haben.« Er hörte sie am anderen Ende der Leitung auflachen. »Wir reden hier schließlich nicht vom Raub der Mona Lisa aus dem Louvre.«

Ein wenig fühlte er sich schlecht, dass er nicht selbst auf diese Informationen gestoßen war. Doch mit einem Mal hob sich seine Laune. Vielleicht hatten seine verehrten Kollegen aus Lucca das ebenfalls noch nicht herausgefunden. Das wäre durchaus möglich!

Zufrieden lächelte er vor sich hin. Vielleicht hatte er damit vor diesem aufgeblasenen Zaniolo den entscheidenden Ermittlungsvorsprung. Wie von selbst hoben sich seine Mundwinkel zu einem breiten Grinsen an. Was wäre er ohne den Beistand von Schwester Isabella? Sie gaben ein prächtiges Team ab.

»Weißt du, was wir nun tun sollten, Matteo?«

»Ich bin ganz Ohr, Schwester Isabella …«

4

Matteo stand vor einem hübschen Gebäude aus roten Ziegeln im südlichen Stadtteil von Lucca. Es war ein altes Wohnhaus aus der Gründerzeit mit einem hohen Eingang und halbrundem Erker. Auf dem Namensschild las er den erwarteten Namen: Bassino. Er klingelte. Während er wartete, zählte er die schmalen Fenster des Erkers. Es waren sechs. Dann öffnete sich die Tür, und eine ältere Frau mit hellen Locken kam zum Vorschein.

»Buongiorno.« Matteo nahm die Mütze ab und lächelte freundlich. »Silvestri mein Name«, stellte er sich vor. »Wir haben miteinander telefoniert, Signora Bassino.«

Die Frau im Türspalt erwiderte sein Lächeln. Matteo fand sie vom ersten Augenblick an sympathisch. Ein wenig erinnerte sie ihn an seine Vermieterin. Robuster Körperbau, rosige Wangen und runde Augen hinter einer großen Brille. Mit einem zuvorkommenden Lächeln trat sie zur Seite und bat ihn herein.

Die Witwe des Malers führte ihn über ein Fischgrätparkett in das Wohnzimmer, wo er auf einem Korbsofa Platz nahm. Mit der Mütze auf dem Schoß sah er sich um. Der große Raum war derart vollgehängt mit Bildern, dass die Wand dahinter nur zu erahnen war. Matteo fühlte sich davon ziemlich erschlagen. Dennoch sagte er: »Schön haben Sie es hier.«

Als hätte sie seinen Gedanken aufgefangen, erwiderte die Witwe: »Als Frau eines Malers lässt es sich wohl nicht verhindern, dass man über die Jahre hinweg eine stattliche Anzahl von Gemälden anhäuft. Wohin also damit, wenn nicht aufhängen?« Mit einem verschmitzten Grinsen nickte sie zu einem Bild in Matteos Rücken und trat dann an eine Kommode, wo sie aus einer Karaffe zwei Gläser mit Wasser befüllte.

»Jedes einzelne dieser Gemälde hat eine besondere Bedeutung für mich«, erklärte sie beim Einschenken. »Niemals könnte ich mich davon trennen.« Ungefragt reichte sie Matteo ein Glas, der es nickend entgegennahm und neben sich auf den Tisch stellte.

»Das verstehe ich natürlich. Sind es denn alles Gemälde Ihres verstorbenen Mannes?«

»Oh nein!« Die Frau lachte amüsiert auf. »Kaum eines der Gemälde stammt von ihm. Er hätte es niemals ertragen, seine eigenen Bilder tagtäglich betrachten zu müssen. Die meisten dieser Bilder stammen von Freunden meines Mannes. Sie sind nicht sonderlich wertvoll, aber niemand hat gesagt, dass Kunst gleichbedeutend mit einem materiellen Wert ist.« Mit dem Glas in der Hand nahm sie auf einem Sessel gegenüber von Matteo Platz und stellte ihr Glas ebenfalls auf den Tisch.

»Kunst liegt ja ohnehin im Auge des Betrachters«, sagte Matteo, womit er sich ein zustimmendes Nicken einfing, was ihn tatsächlich ein wenig stolz machte. Auch wenn er an keiner Universität Kunstgeschichte studiert hatte, so hatte auch er ein gewisses Verständnis für Kunst. »Für ein Original-Mannschaftsfoto des AC Florenz aus dem Meisterschaftsjahr neunzehnhundertneunundsechzig mit allen Originalautogrammen wäre ich ohne Weiteres gewillt, einen hohen dreistelligen Betrag zu zahlen. Und das ist doch schließlich auch eine Form der Kunst … irgendwie.«

Die Witwe faltete die Hände im Schoß und sah ihn auf eine eigentümliche Art an, die der Carabiniere nicht zuordnen konnte. Ob er etwas Falsches gesagt hatte?

»Am Telefon sagten Sie, dass Sie mit mir über die Bilder meines Mannes reden möchten.«

»So ist es.« Matteo setzte sich aufrecht hin, zumindest soweit dies in diesem Rundsessel möglich war, und räusperte sich. »Es geht um ein Gemälde, das sie Nina Lenzi zur Reinigung gegeben haben.«

Hinter den Brillengläsern weiteten sich die Augen. » Das Mädchen am Fluss . Ich erinnere mich.«

»Bitte was?« Matteo sah die Frau verständnislos an, die daraufhin ein leichtes Kichern von sich gab. »Es ist der Name des Gemäldes.«

»Oh.« Der Carabiniere zückte seinen Block und machte sich eine entsprechende Notiz – hauptsächlich, um Nina später zu beeindrucken.

»Was ist denn mit dem Bild?«, wollte die Witwe wissen.

»Nun«, begann er zögernd. »Es wurde gestohlen.«

»Gestohlen?« Die Witwe sah ihn entsetzt an. »Das Gemälde?«

»Genau das ist das Problem«, meinte Matteo und erzählte der Witwe vom toten Kunsthändler Maria Boccella, bei dem Nina die Reinigung des Gemäldes in Auftrag gegeben hatte.

»Ich verstehe das alles gar nicht.« Die alte Frau wirkte sichtlich mitgenommen.

Matteo fragte sich, ob es wirklich klug war, sie mit der harten Realität zu konfrontieren. »Ich habe Nachforschungen angestellt«, sprach er weiter. »Demnach wurden in den letzten Wochen in mehreren Kunstgalerien Gemälde Ihres Mannes gestohlen.«

»Das … das ist mir neu!« Die Witwe griff nach ihrem Wasserglas und nahm einen gierigen Schluck, wischte sich dann die dunkel geschminkten Lippen mit dem Handrücken ab und sah Matteo ungläubig an. »Warum sollte man die Bilder meines Romeo stehlen?«

»Im Grunde habe ich mir die Antwort darauf von Ihnen erhofft, Signora.«

Doch die Frau schüttelte nur den Kopf. »Mein Mann war ein leidenschaftlicher Maler. Aber nie war er besonders erfolgreich gewesen. Erst seit seinem Tod sind seine Bilder ein wenig im Wert gestiegen. Nicht über alle Maßen, aber zumindest so, dass ich gut über die Runden komme. Wissen Sie, meine Rente ist wirklich nicht hoch. Seit Romeos Tod habe ich den Bestand seiner Bilder nach und nach aufgelöst. Aber ich habe niemals die Summen dafür bekommen, zu denen seine Bilder jetzt gehandelt werden. Ich verstehe das alles selbst nicht.«

Ich auch nicht, dachte Matteo. Schon gar nicht verstand er, warum für ein Bassino-Gemälde ein Mann sein Leben hatte lassen müssen.

»Können Sie sich diesen posthumen Ruhm in irgendeiner Art erklären?«, hakte er nach. »Was macht die Bilder Ihres Mannes so besonders?«

Wieder erntete er mit seiner Frage nur ein Kopfschütteln. »Ich weiß es wirklich nicht, junger Mann. Vielleicht verhält es sich ein wenig wie mit Vincent van Gogh. Zu Lebzeiten war dieser nie auf einen grünen Zweig gekommen, doch heute zählen seine Werke zu den teuersten der Welt.« Sie hielt kurz inne und winkte dann ab. »Wobei dieser Mann ein malerisches Genie war.« Sie lächelte befreit auf. »Davon war mein lieber Romeo weit entfernt.«

Matteo sah die Witwe eindringlich an. »Er war nicht talentiert?« Er verspürte ein Kratzen im Hals und griff nach seinem Wasserglas.

»Oh doch, das war er durchaus. Aber das sind Millionen andere Maler auch. Aber nur einmal in einer Generation kommen so bedeutende Künstler wie Dalí, Picasso oder Rubens vor.« Sie beugte sich nach vorn und nahm Matteo in Augenschein. »Das wusste auch mein Mann, und er hat sehr darunter gelitten. Zeit seines Lebens hat er um die Anerkennung der Öffentlichkeit gebuhlt. Doch die ansässigen Kunstkenner hatten nur wenig übrig für seine Bilder.« Sie seufzte leise in sich hinein. »Vielleicht war das der Grund, warum er sein Seelenheil in, nun ja, zwielichtigen Kreisen gesucht hat.«

Matteo hielt in der Bewegung inne. Das Wasserglas hielt er nun vor sich in der Luft. »Was meinen Sie damit?«

»Die Ehre und die Anerkennung, die ihm die Kunstkenner verwehrt haben, hat er aus anderen Kreisen bekommen.«

»Welche anderen Kreise?« Ohne einen Schluck genommen zu haben, stellte er das Glas wieder ab.

Die Witwe sah ihn zögernd an und blieb einen langen Augenblick stumm. Doch dann schüttelte sie unwirsch den Kopf. »Was solls?« Es klang, als spräche sie mit sich selbst. »Er ist tot, und kein Hahn kräht mehr danach.«

»Wonach?«