Kreatives Schreiben – Schreiben für Film und Serie - Benjamin Benedict - E-Book

Kreatives Schreiben – Schreiben für Film und Serie E-Book

Benjamin Benedict

4,6

Beschreibung

Schreiben für Film und Serie. Ein Schreibverführer neuen Typs: die literarische Schreibwerkstatt als Meisterkurs. Kein Lehrbuch mit Geboten und Regeln, sondern ein breites Spektrum kreativer Ansätze zum Ausprobieren! Dieser Band verführt zum Schreiben von Drehbüchern für Filme und Serien. Es gilt, Plots und Szenen zu entwickeln, Helden und Antihelden zu erschaffen und Regieanweisungen zu schreiben.

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Vorwort

Am frühen Morgen stehen Hunderte von Fahrgästen auf den Bahnsteigen einer U-Bahn-Station und warten auf die einfahrenden Züge. Viele sind mit ihren elektronischen Geräten beschäftigt, einige lesen, andere unterhalten sich. Ein Drehbuchschreiber wird ein solches Szenario genau beobachten, denn die visuelle Fülle an Leben wird ihm wie eine Vorlage für sein Schreiben erscheinen. Dann wird er die Fahrgäste als unterschiedliche Figuren erkennen, die in ihre Lebensgeschichten verstrickt sind. Kleidung, Gestik, Sprechen und Denken – das alles formiert sich sehr individuell und macht aus einer Figur einen (nervösen, geduldigen, zerstreuten) Typus oder sogar einen (aufmerksamen, gespannten, umtriebigen) Charakter.

Manche Figuren sind besonders neugierig und nehmen mit anderen Kontakt auf. Gespräche (Dialoge) bahnen sich an, Lebensgeschichten werden miteinander verknüpft, kleine Spiel- und Handlungsabläufe entstehen. Ein Drehbuchschreiber will wissen, wie solche Dialoge und Abläufe sich gestalten lassen, damit ein Zuschauer ihnen aufmerksam und gespannt folgt. Während seines Schreibens hat er vor allem ihn im Blick, sein (sonst meist zerstreutes) Sehen will er lenken und fesseln, für die Dauer von etwa zwei Stunden.

Genau diese unablässige, sich vertiefende und immer stärker werdende Fokussierung des Zuschauerblicks ist das Ziel eines jeden guten Drehbuchs. Anders als beim Musikhören, beim Lesen oder beim Betrachten von Kunst wird dem Rezipienten keine Sekunde der Abschweifung oder des momentanen Innehaltens gegönnt. Der Filmzuschauer kann nicht pausieren, sich ablenken oder an etwas anderes denken. Dem Film in seinen rasch abwechselnden Einstellungen folgend, wird sein Blick immer mehr an das visuelle Geschehen gebunden. Durch diese sich intensivierende Bindung entsteht allmählich auch eine emotionale. Der Zuschauer fühlt sich dann als Teil des Geschehens, spürt die Filmatmosphären auf seiner eigenen Haut, leidet mit, vergießt vielleicht sogar Tränen.

Bei alldem bemerkt er gar nicht, mit welch raffinierten Schritten und Methoden das Drehbuch und seine Verfilmung ihn zu solchen emotionalen Reaktionen gebracht und verführt haben. Benjamin Benedicts Buch über die unterschiedlichsten Konzepte des Drehbuchschreibens macht ihm diese Methoden auf wunderbar klare und einsichtige Weise deutlich. Neben den vielen, oft sehr weitschweifigen Klassikern zu diesem Thema ist dieses Buch ein dichtes, gut handhabbares und vor allem nahezu vollständiges Kompendium all der Themen und Aspekte, die für ein solches Schreiben wichtig sind. Als erfahrener Filmproduzent, der weiß, wovon er spricht, trainiert Benedict mit dem Leser die kleinen Schritte, die zum Erfolg führen könnten. Gleichzeitig aber lässt er ihn auch an seinen Filmerfahrungen teilhaben und zeigt passioniert und enthusiastisch, wie die Schaulust an Filmen sich durch ein solches Wissen immens steigert.

Zweierlei also lernt man aus diesem klug aufgebauten, reichen Buch: Mit kleinen Schritten ein Gesamtkonzept eines Drehbuchs zu entwerfen – und: Filme in Zukunft genauer daraufhin anzuschauen, mit welchen Methoden sie den Zuschauer für sich einnehmen. Nach der Lektüre ertappt man sich dabei, die ganze Umgebung als Szenario für ein Drehbuch zu sehen. Zum Beispiel einen x-beliebigen U-Bahnhof, irgendwo auf der Welt.

Hanns-Josef Ortheil, im Sommer 2014

Inhalt

Vorwort

Inhalt

Einleitung

Textprojekte und Schreibaufgaben I: Elemente der Geschichte

1. Story

2. Entwicklungsweg der Figuren, Thema und Gestaltungsprinzip der Geschichte

3. Plot: Typologie und Masterplots

4. Genre: Erzählmodell und Emotionsmaschine

Textprojekte und Schreibaufgaben II: Figuren

5. Merkmale und Wesenszüge einer Figur

5.1 Physischer Status/Erscheinungsbild

5.2 Psychologischer Status/Innenleben

5.3 Sozialer Status/Gesellschaftliches Leben

5.4 Gegenwart und Vergangenheit

5.5 Figurenkonstellation und Typologie

6. Techniken der Figurenzeichnung – erste Auftritte

6.1 Charakterisierung durch Handlung und Wahrnehmung

6.2 Don’t safe the cat

6.3 Charakterisierung durch Erwartung

Textprojekte und Schreibaufgaben III: Elemente des Drehbuchs

7. Dialog und Beschreibung

8. Figuren und Sprache

9. Dialogtechniken

10. Szene und Subtext

11. Szenenbau

Textprojekte und Schreibaufgaben IV: Bauformen der Erzählung – Struktur

12. Struktur

13. Reise des Helden

14. Serienstruktur

15. Zeit und Erzählung

Textprojekte und Schreibaufgaben V: Techniken der Erzählung

16. Motivation und Dosierung von Information

17. Dramatische Ironie und Suspense

18. Zufälle und Rhythmen des Erzählens

19. Humor

Nachbetrachtung:

Gefühle und Erkenntnis

Literatur- und Medienverzeichnis

Filme (Auswahl)

Einleitung

Jeden Tag flüchtet sich die schüchterne Kellnerin Cecilia aus dem tristen Amerika der Wirtschaftsdepression in die wunderbare Fantasiewelt des Kinos und schaut immer wieder ihren Lieblingsfilm »The Purple Rose of Cairo«. Der Film bietet ihr Trost, Ablenkung, Unterhaltung, große Gefühle – schlicht jenes Glück, welches sie in ihrem Leben vermisst. Eines Tages wendet sich der Held des Films, Tom Baxter, von der Leinwand an die verzauberte Cecilia im Zuschauerraum. »Mein Gott, Sie müssen diesen Film wirklich lieben.« Tom verlässt die Leinwand und tritt in Cecilias Leben. Der große Drehbuchautor Woody Allen hat sich diese magische Geschichte ausgedacht. Sie beschreibt die Utopie des Filmemachens, dass sich das reale Publikum im Zuschauerraum und die fiktionalen Figuren auf der Leinwand wirklich begegnen, dass sie sich emotional berühren, dass sie ihr Leben teilen. Nicht so magisch wie bei Cecilia und Tom vielleicht, aber doch so, dass noch lange nach dem Ende des Films die Figuren im Publikum weiterleben, seine Gefühle und Gedanken bestimmen und – bei einer Serie – auf ein baldiges Wiedersehen hoffen lassen.

Vor diesen Momenten der Magie, vor diesen erträumten Begegnungen zwischen realen und fiktionalen Welten liegt jedoch eine lange und mühselige Phase, die von manchen Autoren als development hell bezeichnet wird. Gemeint sind die Monate oder Jahre, in denen aus einer vagen Idee zunächst eine konkrete Idee, dann eine Skizze, ein Exposé, ein Treatment, eine Outline und schließlich ein Drehbuch wird, welches dann womöglich 36 verschiedene Fassungen durchläuft, bis es gedreht wird, wie im Fall von »Der englische Patient«. Diese Zeit verbringen die Autoren meistens einsam vor ihrem Computer oder bestenfalls in der gemeinsamen Arbeitsklause eines writers’ room.

Die vage Idee, dass eine Filmfigur die Leinwand verlässt, war ein kurzer Eintrag im Notizbuch von Woody Allen. Dann galt es die Figuren zu erfinden, denen dies widerfährt, den spezifischen Schauplatz zu finden, in diesem Fall das Amerika der Großen Depression der 1930er-Jahre – zugleich eine Hochphase des Kinos. Eine konkrete Geschichte war zu konzipieren, hier die einer Frau zwischen zwei Welten, jener des Films und jener der Realität. Diese Geschichte verbindet sich mit dem Plot der Rivalität zwischen der Filmfigur Tom Baxter und dem sie darstellenden Schauspieler Gil Shepherd, die am Ende beide um die Zuneigung von Cecilia kämpfen. Dies alles wurde zu einem großartigen Drehbuch und schließlich zu einem wunderbaren Film über den Konflikt zwischen Kunst und Wahrheit, über die Macht und den Trost des Kinos und auch über Hoffnung und Verrat.

In diesem Band betrachten wir das Drehbuch als Textform. Es werden keine Filme analysiert und in ihren Elementen beschrieben, sondern ausschließlich Drehbücher. Das Drehbuch stellt eine komplexe Textform dar, an die mannigfaltige Anforderungen gestellt werden. Ein Drehbuch ist hochformalisiert in seiner Gestalt. Es ist ein technischer Text und als solcher Grundlage von finanzieller Kalkulation und organisatorischer Planung. Es muss ein Lesevergnügen sein und Schauspieler, Regisseure, Geldgeber für ein Projekt begeistern. Es soll den Eindruck des späteren Films vorwegnehmen, ja, seine Grundlage sein. Aber es wird ein Gebrauchstext bleiben. Während selbst einige Theaterstücke – man denke an den zweiten Teil des »Faust« oder Karl Kraus’ »Die letzten Tage der Menschheit« – eher für die Lektüre als für die Bühne gedacht sind, findet ein Drehbuch seine einzige Bestimmung in der Verfilmung. Ein Drehbuch steht also nie für sich allein. Es ist und bleibt aber die alles entscheidende Grundlage für einen Film. Ein Drehbuchautor hat deshalb eine große Verantwortung. Jedes seiner Worte zählt. Jedes Wort hat Konsequenzen. Schon zwei Wörter – wie z. B. »Rom brennt« – können Millionen kosten.

Bevor aber die Worte des Autors zur Handlungsgrundlage für Hunderte von Filmschaffenden werden, um dann im Idealfall Millionen von Menschen als Zuschauer zu erreichen, wartet eine lange, beschwerliche und oft einsame Reise. Einige der vielen möglichen zielführenden Wege des Erzählens, der verschiedenen narrativen Konzepte sollen Ihnen in diesem Band nahegebracht werden: als Handwerkszeug, als Hilfsmittel, als Karte für das unwägbare und schwierige Terrain der Entwicklung einer Geschichte. In diesem Buch sollen keine starren Regeln aufgestellt werden, es sollen – wie es auch der Drehbuchtheoretiker Robert McKee formuliert – Prinzipien vorgestellt werden, die zeigen, auf welch vielfältige Weise Erzählen funktionieren kann und bereits funktioniert hat. Die hier vorgestellten Beispiele gelingender Erzählungen in Film und Serie sind analytischer Ausgangspunkt für Ihr eigenes, individuelles, hoffentlich innovatives und originelles Drehbuch. Es gibt im weiten Feld der filmischen Erzählung kein Richtig oder Falsch. Es gibt aber mannigfaltige eindrucksvolle Beispiele, aus denen sich Empfehlungen und Hinweise auf Prinzipien ableiten lassen. Es werden also Techniken des Erzählens vorgestellt, Methoden der Entwicklung und Strukturierung. Nur wer die Regeln oder in diesem Fall eben Techniken kennt, kann mit ihnen umgehen. Diese Einführung ist von der Überzeugung getragen, dass ein Drehbuchautor eine Vielzahl von Erzähltechniken zur Hand haben sollte, die er je nach Bedarf und Aufgabe zur Anwendung bringen kann. Persönliche Inspiration, Intuition, Schönheitssinn, Empfindung kann niemand lernen und niemand vermitteln. Techniken der Gestaltung, analytische Methoden, Erzählprinzipien lassen sich hingegen beschreiben, man kann sie sich aneignen.

Dazu laden wir nun ein. Wir werden im ersten Teil den erzählerischen Kern eines Films und die Rahmenbedingungen des Erzählens in Form von Plots und Genre beschreiben. Im zweiten Teil widmen wir uns dem Zentrum jeder Erzählung, den Figuren. Im dritten Teil wird es um die konkreten Elemente des Drehbuchs gehen, insbesondere um den Dialog und den Szenenbau. Im vierten Teil richten wir den Blick auf die Struktur von Drehbüchern, im letzten Teil stellen wir spezifische Erzähltechniken zur Gestaltung von Spannung, zur Vermittlung von Information und zum Erzeugen von Humor vor.

Das Buch richtet sich gleichermaßen an Schüler, (Film-)Studenten, Filmemacher und interessierte Zuschauer. Die beste Voraussetzung, selbst Filme und Serien zu gestalten, ist, sie als Zuschauer zu lieben. Der Weg zum Erzählen liegt im Studium des Erzählens und dann in der Praxis des eigenen Erzählens. Auf diesem Weg möchten wir Sie mit diesem Band begleiten. Wenn wir von Autoren und Erzählern sprechen, sind die Autorinnen und Erzählerinnen immer mitgemeint und nur aus Platzgründen nicht spezifisch erwähnt. Ebenfalls aus Platzgründen mussten wir auf die originalsprachlichen Zitate verzichten und haben diese ins Deutsche übersetzt.

In »The Purple Rose of Cairo« folgt Cecilia schließlich Tom Baxter in die Welt des Films und ist enttäuscht, dass dort bei den vermeintlich rauschenden Festen in den Kulissen statt Champagner nur Gingerale ausgeschenkt wird. Wir hoffen, dass die gemeinsame Reise durch die Gestaltungsfelder von Film und Serie für Sie keine solche Desillusionierung darstellt, sondern einen Kenntnisgewinn, der Ihren Respekt und Ihre Wertschätzung für die großen Filmerzähler steigert und Ihnen hilft, auf Ihrem eigenen Weg als Drehbuchautor voranzukommen.

Textprojekte und Schreibaufgaben I: Elemente der Geschichte

1. Story

Jemand will etwas unbedingt haben und hat Schwierigkeiten, es zu bekommen.1

Eine junge Frau sitzt gebannt vor dem Fernseher, das Telefon klingelt. Seufzend drückt sie auf den Pausenknopf, eine Freundin ist am Apparat. »Was machst du?«, fragt sie. »Ich schaue Breaking Bad.« »Worum geht’s?«

Ein Drehbuchautor trifft einen berühmten Regisseur im Fahrstuhl. Er nimmt all seinen Mut zusammen und spricht ihn an. »Ich arbeite an einer Wahnsinnsgeschichte.« Skeptisch blickt der Regisseur ihn an. »Was ist die Story?«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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