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Du glaubst, die Welt ist schwarz und weiß? Falsch! Sie ist grau. Mit anderen Worten: Nichts ist, wie es scheint! Das erfahren auch die Initiatoren einer Friedensinitiative im Nahen Osten. Müde davon, zusehen zu müssen, wie sich Generationen in immer neuen Kriegen töten, streben sie einen umfassenden, nachhaltigen Frieden mit allen Parteien an. Dazu braucht man weder Waffen noch Munition. Mit Frieden verdient man einfach kein Geld. Berater und Politiker in der zweiten Reihe fürchten um ihren Einfluss. Profithaie scharen diese Friedensgegner um sich. Sie planen eine Anti-Friedens-Aktion. Aber: Nichts ist, wie es scheint! Zur gleichen Zeit an einem entfernten Ort: Der Marine im Ruhestand, John Kingcaid, hört einen Schrei aus der Nachbarwohnung. Er klopft an der Tür und rettet seine Nachbarin vor den Killern eines Gangsterbosses. Sie verlieben sich. Doch nichts ist, wie es scheint! John gerät bei einem harmlosen Museumsbesuch in eine gewalttätige Auseinandersetzung mit Terroristen. Er kämpft um das Leben der Besucher. Im Kampf verliert er beinahe das Eigene. Er fällt in ein Koma. In diesem hat er eine Vision, die im hilft sich in die Gegenwart zurückzukämpfen, um ein Geheimnis zu lüften. Dabei ist nichts, wie es scheint! Die CIA fängt ein Telefonat ab. Erfährt von einem geplanten Terroranschlag, abscheulicher als 9/11. Das Weiße Haus schaltet sich ein. Es unternimmt alles, um den Anschlag zu verhindern. Jedoch: Nichts ist, wie es scheint! John erkennt, dass Jahrtausende der Vergangenheit sich mit der Gegenwart verbinden. Seine Nahtoderfahrung öffnete eine mystisch-parapsychische Barriere. Er erinnert sich an seine historischen Kämpfe als Krieger verschiedener Epochen. Geschichte und das Hier und Heute, fließen ineinander. Sie bilden die Zukunft. Er ist den Verschwörern und deren Terroristen auf der Spur! Löst er die Rätsel rechtzeitig? Oder ist doch nicht alles, wie es scheint? – IST ES SCHOCKIERENDER?!
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Seitenzahl: 964
Veröffentlichungsjahr: 2025
Krieger der Ewigkeit
Schmutzige Politik
© 2021 W.G. Alexander
Herausgegeben von: Wolfgang Gojan
ISBN Softcover: 978-3-347-46490-2
ISBN Hardcover: 978-3-347-46491-9
ISBN Großdruck: 978-3-347-46490-2
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung „Impressumservice“, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Widmung
Für alle Menschen, die einen Traum haben und diesen verwirklichen, egal wie alt sie sind.
Krieger der Ewigkeit
Schmutzige Politik
Von W. G. Alexander
Auflage, 2021
© W. G. Alexander – alle Rechte vorbehalten
Buchbeschreibung:
Du glaubst, die Welt ist schwarz und weiß? Falsch! Sie ist grau. Mit anderen Worten: Nichts ist, wie es scheint!
Das erfahren auch die Initiatoren einer Friedensinitiative im Nahen Osten. Müde davon, zusehen zu müssen, wie sich Generationen in immer neuen Kriegen töten, streben sie einen umfassenden, nachhaltigen Frieden mit allen Parteien an. Dazu braucht man weder Waffen noch Munition. Mit Frieden verdient man einfach kein Geld.
Berater und Politiker in der zweiten Reihe fürchten um ihren Einfluss. Profithaie scharen diese Friedensgegner um sich. Sie planen eine Anti-Friedens-Aktion.
Aber: Nichts ist, wie es scheint!
Zur gleichen Zeit an einem entfernten Ort: Der Marine im Ruhestand, John Kingcaid, hört einen Schrei aus der Nachbarwohnung. Er klopft an der Tür und rettet seine Nachbarin vor den Killern eines Gangsterbosses. Sie verlieben sich.
Doch nichts ist, wie es scheint!
John gerät bei einem harmlosen Museumsbesuch in eine gewalttätige Auseinandersetzung mit Terroristen. Er kämpft um das Leben der Besucher. Im Kampf verliert er beinahe das Eigene. Er fällt in ein Koma. In diesem hat er eine Vision, die im hilft sich in die Gegenwart zurückzukämpfen, um ein Geheimnis zu lüften.
Dabei ist nichts, wie es scheint!
Die CIA fängt ein Telefonat ab. Erfährt von einem geplanten Terroranschlag, abscheulicher als 9/11. Das Weiße Haus schaltet sich ein. Es unternimmt alles, um den Anschlag zu verhindern.
Jedoch: Nichts ist, wie es scheint!
John erkennt, dass Jahrtausende der Vergangenheit sich mit der Gegenwart verbinden. Seine Nahtoderfahrung öffnete eine mystisch-parapsychische Barriere. Er erinnert sich an seine historischen Kämpfe als Krieger verschiedener Epochen. Geschichte und das Hier und Heute, fließen ineinander. Sie bilden die Zukunft. Er ist den Verschwörern und deren Terroristen auf der Spur! Löst er die Rätsel rechtzeitig?
Oder ist doch nicht alles, wie es scheint? – IST ES SCHOCKIERENDER?
Über den Autor
W. G. Alexander ist ein Pseudonym.
Er lebt zurückgezogen mit seiner Frau im idyllischen Süddeutschland. Die erwachsenen Kinder sind ausgezogen, stehen auf eigenen Beinen. Der Autor und seine liebe Gattin, wie er sie nennt, sind verliebt die Landschaft, in der sie aufwuchsen, und Sport in der Natur. Er ist Problemlöser aus Leidenschaft, wie sein Protagonist im vorliegenden Werk. Er liebt es, nach über 42 Jahren im Beruf, als Berater tätig zu sein. In der Freizeit zu schreiben, funktioniert nur mit einer Liebenden, verständnisvollen Gattin an der Seite verbunden mit einem straff organisierten Zeitmanagement.
Zur Entspannung, um runterzukommen, hat der Autor immer schon Geschichten erdacht. Notizen niedergeschrieben, Teile davon notiert. Er fasste sie zusammen und machte sich daran, in diesem ersten Band, seiner Fantasie Raum zu geben.
Viel Spaß beim Lesen
Anmerkung
Die vorliegende Handlung und alle Personen entspringen der Fantasie des Autors. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Menschen, Parallelen des Inhaltes zur Realität, sind rein zufällig. Die geschichtlichen Ereignisse sind sorgfältig recherchiert, erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die getroffenen Aussagen unterliegen den Eindrücken des Autors aufgrund seiner Recherchen bezogen auf die jeweilige Epoche.
Wichtige Personen in der chronologischen Folge:
John Kingcaid: aus dem Dienst geschiedener Marine Infanterist
Retired-Marine. Im Rang eines Lieutenant Colonels verabschiedet.
Leslie Jordan: Nachbarin von John Kingcaid. Sie besitzt eine Firma für „Erwachsenenfilme“.
Roger Hallstadt: John Kingcaids bester Freund und ehemaliger Kamerad beim Militär. Er ist Agent bei Homeland Security, dem Heimatschutzministerium der USA.
Gregori Rischkin: russischer Mafioso.
Weitere Kameraden aus Johns Militärzeit beim MARSOC
(Marine Corps Forces Special Operations Command):
Mark Sawyer, First Lieutenant, Aufklärung.
Rico Vasquez, First Lieutenant, Scharfschütze.
Marty Conroy, Second Lieutenant.
Elvira Mueller genannt Jiggs, Master Sergeant, später
First Lieutenant.
Jon Sorensen, Sergeant Major.
Carl Jenkins: Finanzmogul und Freund des Stabschefs im Weißen Haus.
Imran (Imran ist laut Koran der Großvater von Jesus) al Faizabad: Extremistenführer und deren Chefplaner
Hanif (der Rechtschaffene): Freund von Imran und Spezialist für Sprengstoffe. Sie kennen sich seit ihrer Kindheit.
Uthman bin Awari: (Uthman ist die arab. Abwandlung von Osman, Begründer und erster Sultan des Osmanischen Reiches), Jetsetter, Toyboy, Geheimagent.
Bahira (die Funkelnde) al Quasim: Moderatorin bei Al Jazeera
Jillian Hendrix: CIA Agentin und Stieftochter des Verteidigungsministers der USA (Secretary of Defense).
Brandon Howard: Präsident der USA.
Frederick Jennings: Stabschef im Weißen Haus. Studienfreund des Finanzmagnaten Carl Jenkins.Melissa Cumberland: Direktorin des FBI (Federal Bureau of Investigation).
Tom Hancock: Direktor der CIA (Central Intelligence Agency).
Conner Franklin: Direktor der Homeland Security (Heimatschutzministerium). Es ermittelt und verhindert Terroranschläge auf amerikanischem Boden.
Paul Raymond: Direktor der NSA (National Security Agency).
Sammelt weltweit alle verfügbare Daten und arbeitet diese für die amerikanischen Geheimdienste auf.
Die Gruppe: Jakob Nierlinger IV., Deutschland.
Michael Lancaster, Großbritannien.
Jerome Besançon, Frankreich.
Christian Schümko, Brasilien.
Martin Hortmann, USA.
Carl Jenkins (bereits genannt), USA.
König Mohammed II.: König und Premierminister von Saudi-Arabien.
König Faisal I.: König von Jordanien.
Clive O’Donnell: Verteidigungsminister (Secretary of Defense) der USA.
Dimitri Koljakow: Oberst des GRU, sowjetischer Militärgeheimdienst, Freund des Verteidigungsministers der USA.
Oleg Myasnik: russischer Waffenhändler.
Steve Nolan: Detective des New York Police Departement, NYPD.
Manuel Soreno: Detective des New York Police Departement. Partner und Freund von Steve Nolan.
Yoshio Takeda: IT Spezialist der NSA, National Security Agency, und Kollege von Mia Coats. Ebenfalls NSA.
Prolog
04. Juli 2013: Die Amerikaner feierten zum 237. Mal ihre Unabhängigkeit und er, Faisal I., König von Jordanien, stand nach 16 Monaten harter Arbeit an einem geschichtsträchtigen runden Tisch. Fernab jeglicher Zivilisation. Technisch abgeschnitten von der Außenwelt, in einer geheimen Zeltstadt in der Wüste auf der arabischen Halbinsel.
„Das ist ein maßloses, utopisches Fantasiegebilde, Faisal!“ Kein geringerer als sein saudischer Amtskollege, König Mohammed II., Herrscher seines Nachbarlandes, schüttelte abweisend das herrschaftliche Haupt.
„Mohammed!“ Faisal I. war nicht gewillt aufzugeben. „Seit über 100 Jahren liegt der Nahe Osten bis zum Indus in kriegerischen Auseinandersetzungen. Mal mehr, mal weniger. Ich bewundere Tag für Tag deinen Spagat zwischen Religion und Staatsgeschäften.“ Er spielte auf die extrem puristisch-traditionell ausgeprägte Religionsform im Königreich Saudi-Arabien an. Politisch gab man sich weltoffen, religiös folgte man einer dogmatisch muslimischen Koranauslegung. Diese lehnte zum Beispiel die Schiiten als Ketzer ab. Die meisten von Ihnen leben im Iran und im Irak.
Sie zu einem Austausch einzuladen war einer der utopischen Streitpunkte in Faisals Zielvorstellung. „Du glaubst allen Ernstes, dass unsere sunnitischen Brüder sich mit den Ketzern an einen Tisch setzen?“, fragte Mohammed II. seinen Amtskollegen.
„Mit den schiitischen Ketzern aus dem Iran und den Juden aus Israel, mein königlicher Freund“, antwortete Faisal unbeeindruckt. Der saudische Herrscher sprang dermaßen heftig auf, dass der schwere Sessel nach hinten kippte.
Das war ihr Auftaktgespräch zu einer gemeinschaftlichen, spektakulären Friedensmission. Es folgten geheime Treffen in den Staaten, die es einzuladen galt. Beide Staatsmänner erlebten bei ihren Besuchen ein Wechselbad der Gefühle. 16 Monate lang.
Die Stimme des Monarchen zitterte vor Anspannung, als er seine ersten Worte sprach: „Meine Freunde! Es ist mir eine Ehre, diese noch nie da gewesene Runde von verantwortlichen Politikern zu begrüßen.“ Mit ausgebreiteten Armen dämpfte er den Applaus der Gäste. „Wie unheimlich brisant und absolut aufsehenerregend unser Unterfangen ist, bewies die Art der Einladung. Mündlich unter vier Augen luden euch vertrauenswürdige Männer nach ausführlichen Gesprächen an einen geheimen Ort in der saudischen Wüste. Erfahren die falschen Menschen zu früh von diesem historischen Treffen, wird es schwierig, ans Unmögliche grenzend, das Ziel zu erreichen. Mohammed, bitte“, bat er, seinen Mitstreiter zu übernehmen.
„Als Monarch und Staatsoberhaupt des Gastgeberlandes heiße ich die Delegationen aller beteiligten Länder herzlich willkommen. Lasst uns die nächsten fünf Tage darüber reden, wie wir die Spirale aus Krieg und Terror nachhaltig, dauerhaft stoppen. Noch nie ereignete sich ein ähnliches Treffen auf arabischem Boden.“ Wieder stürmischer Applaus der Gäste. Mit Standing Ovations für die beiden Initiatoren! „Zum ersten Mal findet eine gemeinsame Konferenz statt, um Frieden zu schaffen, im Nahen Osten, unter der Beteiligung von Sunniten, Schiiten und Juden. Ohne einen Mediator fremder Mächte. Ab heute tragen wir die Verantwortung über den Ausgang unserer Gespräche. Also, lasst uns Geschichte schreiben!“
Der Applaus, der nach diesen wohlgewählten Worten losbrach, ließ sich nicht mehr dämpfen und dauerte Minuten an.
01
Bevor die Aufzugstür schloss, quetschte sich ein Männerschuh in den letzten Spalt. Die Tür fuhr zurück. Leslie blickte in die durchdringend blauen Augen ihres Nachbarn John Kingcaid. „Hallo“, grüßte sie.
„Hi Nachbarin, nimm mich mit.“ Zwei große Papiertüten tragend, drückte sich dieser in den Sechs-Personen-Aufzug, der damit beinahe voll war.
„Wenn ich dich samt deinen Einkaufstüten sehe, meldet sich mein schlechtes Gewissen.“
„Ja, warum? Soll ich in Zukunft durch die Garage?“, fragte er perplex die für ihn traumhaft schöne Nachbarin. Ihre Meinung war ihm alles andere als gleichgültig!
„Quatsch! Wenn ich dich samt deinen Einkäufen sehe, erinnert mich das daran, wie ungesund meine eigenen Essgewohnheiten sind. Dabei besitzen unsere Wohnungen die gleiche Hightech-Einbauküche. Mit dem Unterschied, dass Ms. Jordan lediglich die Mikrowelle zum Erwärmen von Fertiggerichten verwendet. Was benutzt wird, ist die eingebaute Espresso-Cappuccino-Maschine.“ Ihr Gesichtsausdruck wurde kläglich bei dem Gedanken an ihre Kochkünste.
„Ja“, bestätigte John, „die Kaffeemaschine. Der absolute Hit für jeden Kaffee-Fan.“ Sie lachten, während die Aufzugklingel zum Aussteigen mahnte. Gemächlich, schweigsam schlenderten beide den Flur entlang. Ihre Apartments lagen gegenüber. Die Einzigen auf dem Stockwerk.
„Hast du Lust? Heute Abend gibt es Kabeljau mit Gemüse. Dazu Reis in Kokosmilch, thailändisch gewürzt. Ich schnipple noch einen gemischten Salat zur Abrundung. Meine Planung gilt für Tage im Voraus. Es reicht also locker für uns beide!“ Puh, jetzt war es raus, er lud sie ein. Hat ja nur zwei Jahre gedauert! Solange wohnten sie in den gegenüberliegenden Wohnungen als Nachbarn.
Im selben Moment hätte er vorzugsweise Feindberührung in einem Gefecht. Mit Beschuss, Nahkampf, eben dem vollen Programm. Da wusste der Retired-Marine, was zu tun war. Jetzt hieß es, tatenlos ihre Antwort abwarten. Ihr engelsgleiches Gesicht strahlte.
Sie verpackte die Absage charmant. „Oh! Das ist aber aufmerksam. Darf ich darauf zurückkommen? Heute liegt ein Berg Arbeit auf meinem Schreibtisch. Die lässt sich beim besten Willen nicht aufschieben. Ich produziere Dreißig-Minuten-Kurzfilme. Vor dir steht die Regisseurin samt ihrer Schnittmeisterin. Sorry!“
„Kein Problem. Erhöhen wir den Einsatz. Überlege, was ich für uns kochen soll.“ Ja Mann, dachte er, schmiede das Eisen, solange es heiß ist. Schnell schob er die nächste Frage hinterher. „Weiß du, wann es klappt?“
„Lass mich nachdenken.“ Sie legte auf eine reizende Art einen Finger an die Nase. „Wie wäre es freitags?“
„Super! Wochenende. Gibt es ein Lieblingsgericht? Isst du Fleisch? Ich rede zu viel, entschuldige.“ Ihre perfekten Zähne blitzten, als sie lachte.
„Lieblingsgericht? Nein. Überrasch mich! Fleisch? Ja!“
John hätte sie am liebsten umarmt und geküsst. „Super ich zaubere was. Gibt es bei den Beilagen etwas, was ich falsch machen kann?“
„Nein. Jetzt habe ich voll das schlechte Gewissen. Eigentlich zieht die Dame kulinarisch vom Leder. Deine Einladung ist ein richtiges Verwöhnprogramm. Sonst laden die Kerle uns Mädchen eher bequem in ein Restaurant ein.“ John beantwortete ihr verlegenes Schmunzeln mit seinem besten Lausbubenlachen.
„Alte Soldatenregel: Nutze den taktischen Vorteil optimal. Wenn möglich, bis zum Sieg.“
„Na dann, Soldat. Auf das Gefecht freue ich mich.“ Leslie stellte ihre 1,70 Meter überraschend auf die Zehenspitzen, hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und verschwand in ihrer Wohnung.
Zu Hause räumte er gut gelaunt, vor sich hin pfeifend die Einkäufe ein. Er fing an zu kochen. In Gedanken durchstöberte er den Rezeptordner. Abwechslungsreich, nicht zu spektakulär. Während des Abräumens und Geschirrverstauens meldete sein Autorenareal im Gehirn: Du könntest schreiben, ich bin kreativ! Er setzte sich vor den Rechner und legte los.
John war Autor von Groschenromanen über die Dienstzeit im Marine Corps. Er schrieb auf Vorrat, sobald ihm eine Idee kam! Total vertieft schreckte er mitten in seinem Flow auf. Was hatte er gehört? Da! Ein gedämpfter Schrei. Es dauerte Sekunden, bis er mit allen Sinnen in der Gegenwart ankam. Dieser Laut. Er konnte nur aus der Nachbarwohnung kommen. Die Wände waren effektiv schallgedämmt. Wenn er hörte, dass sie schrie…
„Leslie!“, hämmerte er einen Augenblick später gegen ihre Wohnungstür. Er zählte langsam bis fünf. Nichts! „Les, ich zähle bis drei, dann wähle ich 911. Vorher trete ich diese verdammte Tür ein.“
Bevor er eins denken konnte, öffnete jemand. John blickte direkt in die Mündung einer Automatik, Kaliber 45. Der Anblick genügte. Unmittelbar schaltete sein Gehirn in den Analyse-Kampf-Modus eines US Marine mit Navy-SEAL-Ausbildung.
„Fresse halten! Reinkommen, Arschloch!“ Der Typ hinter der Pistole schien dem Akzent nach eindeutig Osteuropäer. Offensichtlich nicht zimperlich in der Wahl der Gewaltmittel. Sie waren alleine auf dem Stockwerk. Hochwertig schallisolierte Wohnungen. Die Bewohner legten Wert auf Privatsphäre. Selbst bei einem Knall durch eine Schusswaffe würde nur ein geübter und erfahrener Lauscher diesen als solchen erkennen. Sollte sich in den Appartements unter sowie über ihnen überhaupt jemand aufhalten. Der Zeitpunkt des Überfalls war bewusst gewählt. Abends in New York nach 20:00 Uhr traf man sich mit Freunden oder blieb zu Hause. Meistens ignorant, allein. Bloß nicht in etwas hineingezogen werden!
Die Arme seitlich angewinkelt, halb erhoben, folgte er dem vermeintlichen Russen ins Wohnzimmer. Sie waren zu zweit. Einer erledigte den Job, der Partner sichert oder unterstützt. In Johns Fall neutralisierte er die Bedrohung an der Wohnungstür.
„Willkommen, willkommen. Mit Publikum ist jede Aktion aufregender. Findest du nicht? Leslie, Schatz!“ Die beiden sahen aus wie Brüder. Dunkelhaarig, leicht gelockt, schulterlanges Haar. Wulstige, dicht behaarte Augenbrauen oberhalb tief liegender Augen. Was ihnen eine einschüchternde Ausstrahlung verlieh. Ihr Bart um Mund und Kinnpartie komplettierte das Klischee über Auftragskiller oder Schläger der Russenmafia. Circa 1,85 Meter groß, 95 Kilo schwer, durchtrainiert, muskulös. Keine aufgeblähte Sportstudiomuskulatur. Kingcaid tippte auf Boxtraining. Diese Einschätzung war bedeutsam für alle weiteren Maßnahmen. Er schätzte das körperliche Potenzial der Gangster ein. Die Angreifer erwiesen sich als kräftig und ausdauernd.
Die Szene, die John vorfand, erklärte den Wahnsinnsschrei von Leslie. Sie saß mit auf den Rücken gefesselten Händen auf einem hochlehnigen Stuhl. Die Bluse entzweigerissen hing seitlich herunter. Der BH lag am Boden. Durch die nach hinten gebundenen Arme, dem aufrechten Sitz, angelehnt an die Stuhllehne, stellten die üppigen Brüste eine Augenweide dar. Was den Anblick komplett zerstörte, waren die Russen, die Schusswaffen, das scharfe Jagdmesser unter ihrem Busen.
Der Ganove neben Leslie schob die Automatik in der Rechten hinter den Hosenbund. Sein Kumpel hatte die Unterbrechung durch den unliebsamen Nachbarn im Griff. Mit dem Grinsen einer Hyäne wandte er sich wieder dem eigentlichen Opfer zu.
„Oh, schaut, was mir aus Versehen passiert ist!“ Ein feines Blutrinnsal rann von der Messerschneide unter Leslies rechter Brust über ihren Bauch. Seine erneute Aufmerksamkeit beschleunigte ihre Atmung. „Ihr habt mich abgelenkt. Jetzt habe ich der Schlampe den Busen geritzt. Na egal, vielleicht schneide ich ihn ihr ja ab“, drohte er bedächtig mit dunkler Stimme. John erkannte, dass Leslie geschockt der Atem wegblieb.
Eine düstere Welle des Zorns überflutete Kingcaids Geist. Erfüllte Körper samt Bewusstsein. Nur für einen Wimpernschlag. Um sofort wieder der eiskalt berechnende Kampfkoordinator zu sein. Ablenkung! Er musste die beiden kurz aus dem Gleichgewicht bringen, damit er seine Chance erhielt.
Die Situation: Zwei Gegner. Einer bei ihm. Bedrohung durch Schusswaffe Model Glock 19, Kaliber 45. Die Automatik besaß keinen Sicherungshebel. Sie war vermutlich durchgeladen. Sein Gegenüber zu 100 Prozent feuerbereit. Der Zweite: konzentriert, entschlossen zu handeln. Beidhändig. Mit einem rasiermesserscharfen Jagdmesser unter Leslies Busen. Er musste zu einer Abwehrhandlung verleitet werden. Nur so vermochte John die Nachbarin vor einer drohenden, schweren Verletzung durch das Messer schützen.
„Zum Verständnis, um zu wissen, warum wir im Anschluss an dieses geschmacklose Manöver sterben oder haben Sie ein freundlicheres Schicksal für uns vorgesehen, Tovarishch?“
„Hahaha, Bratjishka, Brüderchen! Das ist echt witzig. Du hast Mumm, so frech zu fragen.“ Er löste das Jagdmesser um ein paar Zentimeter von Leslies Busen.
„Mut oder Dummheit sind in Bedrohungssituationen oft nicht zu unterscheiden“, verwickelte John ihn in ein Gespräch. Dadurch relaxte sich sein direkter Gegner. Dem frontal zugewandt hob der Marine die rechte Hand in Kopfhöhe, wo dessen Automatik war. Sich dem Gangster bei Leslie zuwendend, stieß er seine Linke blitzschnell, zur Ablenkung, seitlich nach vorn und sagte laut: „Vielleicht …!“
Das folgende Geschehen vermochte selbst die gefesselte Beobachterin im Anschluss nicht mehr, exakt schildern. John beugte den Kopf aus der Schusslinie seines Bewachers. Gleichzeitig packte er mit der Rechten, die Hand des Russen samt dessen Pistole. Die Augen und die Messerhand des Gangsters bei Leslie, folgten reflexhaft der Handbewegung des Elitekämpfers. Die Klinge entfernte sich unter ihrem Busen. Der Mafioso ließ das Messer fallen. Er zog, eilig die Glock 19 aus dem Hosenbund und drückte ab. Nichts! Entsichert war die Automatik, doch nicht durchgeladen.
Glück gehabt, Kingcaid!, Schoß es dem durch den Kopf. Als der Gangster bei Leslie durchlud, trafen ihn zwei Kugeln aus der Pistole seines Kumpels in die Brust.
John sah den Ablauf geistig vor Augen. Zeitlich sprechen wir von Sekundenbruchteilen, der Handlung eines Elitesoldaten. Die Hand des Gegenübers samt Automatik gepackt, schob der Marine den Zeigefinger über den des Russen und erschoss Leslies Peiniger. John registrierte zufrieden, wie diese ihren Stuhl nach hinten kippte, um aus der Gefahrenzone eines weiteren Schusswechsels zu kommen.
Gutes Mädchen!, dachte er kurz, bevor er vor Schmerz die Zähne knirschte. Sein Kontrahent schlug ihn wiederholt in die Nierenpartie. Die Hand an der Pistole drosch er dem Gangster den rechten Ellenbogen ins Gesicht, packte dessen Unterarm, drehte sich darunter hindurch, sank aufs linke Knie und zog den brüllenden Gegner über die Schulter. Dem fielen die Arme, als er auf den Rücken krachte, zur Seite. Die Halspartie lag für einen Sekundenbruchteil nicht geschützt vor dem Ausgeschiedenen, dem Retired-Marine. In diesem Hauch eines Augenblicks durchbrach der Zorn in Kingcaids Geist dessen moralische Barriere. Mit ungezügelter Wut schlug er zu. Das Bild der gefesselten, halb nackten, zu Tode erschrockenen Leslie im Sinn. Der Ellenbogen traf den ungeschützten Hals des Angreifers. Johns brutaler Schlag zertrümmerte den Knorpel des Kehlkopfes. Mit der Kampferfahrung des ehemaligen Kommandosoldaten ließ er den sterbenden Gegner liegen. Er sprang zu Leslie. Packte den Stuhl an der Lehne, richtete sie auf. Hob das Jagdmesser des Erschossenen vom Teppich, durchtrennte die Fesseln, half ihr auf die Beine. Schluchzend Tränen in den Augen, sank sie in seine Arme. Zärtlich strich John ihr übers Haar. Drückte sie ebenso fest wie sie ihn. Sie wimmerte. Der schlanke Köper zitterte. Behutsam löste er sich von Leslie. Ließ sie auf einen der Stühle gleiten. Kniete vor ihr und hielt ihre Hände.
„So blöd, es sich anhört. Schaffst du es, dich zu beruhigen?“
Sie schniefte herzerweichend. „Glaub‘ schon. Werd’s versuchen.“
Sie umarmte ihn, als würde sie John nie wieder loslassen.
„Du musst leider so bleiben. Oben ohne. Zieh dir nur einen Morgen- oder Bademantel über.“ Sanft befreite er sich aus ihrer Umarmung. „Sorry, ich verständige die Polizei. Bis die eintreffen, erklär mir bitte, warum zwei russische Killer dich überfallen, um dich zu töten.“ Erst jetzt registrierte er, dass Leslie hart ins Gesicht geschlagen worden war. Die Wangenknochen sahen stark gerötet aus und schwollen an. „Okay? Ich bin gleich wieder da.“ John eilte in die Küche.
Die Nachbarin verschwand im Schlafzimmer. Als sie wiederkam, war sie in einen eleganten Seidenkimono gehüllt, der kurz über ihren Knien endete. Links ein Tiger, rechts ein Drache.
02
Während Leslie ihren Kimono anzog, holte John Eis. Er packte es in ein Küchenhandtuch und reichte es ihr zum Kühlen. „Hier, leg das auf dein Gesicht. Du wirst die kommenden Tage trotzdem rumlaufen wie George Foreman nach dem Kampf gegen Muhammad Ali.“ Er versuchte, die missliche Botschaft mit einem Lächeln zu überspielen.
„Aua, Scheiße! Danke. Jetzt erst merke ich, wie weh mir meine Wangenknochen tun. Die zwei durchlebten keine schöne Kindheit oder? Wie kommen die dazu, Menschen das anzutun. Bis es einem passiert, denkt man, das gibt es nur in Filmen. Plötzlich hörst du ein Geräusch an deiner Tür, gehst nachsehen, und bekommst eine Knarre ins Gesicht gehalten.“
„Dafür hältst du dich großartig. Ohne zu drängeln, aber es wäre besser, wenn ich Bescheid wüsste, bevor die Polizei kommt.“ Tränen schossen ihr in die Augen. Sie suchte nach einem Taschentuch. Stand auf, hastete zum Schrank im Essbereich, kramte in einer Schublade, kehrte mit Papiertaschentüchern zurück.
Wie jemand, der Zeit gewinnen will! Sofort verbannte John diesen Gedanken. Er rief sich in Erinnerung, was sie durchlebte, bevor er eingriff. Geduld war gefragt. Ein letztes Schniefen, ein zitterndes Einatmen.
Leslie fing an, ihre Geschichte zu erzählen: „Irgendwie, wenn überhaupt, wollte ich meine Beichte sensibler und ausführlich präsentieren. Durch verschiedene Geschehnisse mit Kerlen bin ich Männern gegenüber eher zurückhaltend.“ Prüfend wanderte ihr Blick zu John. Ohne darauf einzugehen, ohne sie aufzufordern, lehnte er an ihrer Kommode. Ruhig, ein Fels in der Brandung. Irgendwie ergriff sie die Ruhe, die er ausstrahlte. Immer flüssiger sprudelten die Worte über ihre Lippen. Da war ein Gefühl, welches sie reden und reden ließ. Es quoll alles aus ihr heraus. Leslie drängte es förmlich, John ihre Geschichte zu erzählen. Es war keine Story für einen Beziehungsstart in Kurzfassung. Einer so gewaltigen Beichte gehen Wochen, Monate des Kennenlernens voraus. Erst, wenn die Partner Gewissheit haben, wie es sich zwischen ihnen entwickelt, kommen intime Vorgeschichten von solcher Tragweite auf den Gesprächsplan.
Johns Gefühle für Leslie wirbelten durcheinander. Den Atem angehalten sortierte er seine Gedanken über die attraktive Nachbarin neu. Diese Frau, mit dem engelsgleichen Aussehen. Ihrem ovalen Gesicht, umrahmt von goldblonden Locken und der Figur einer Venus. Sie empfand wie er! Oh Mann, dachte er, blöd und blind war ich, zwei Jahre lang!
Ihre Geschichte fing an mit ihrem zweiten Studium 2008. Eine Studentin aus ihrer WG schien immer Geld zu haben. Als Leslie sie darauf ansprach, verriet diese nicht so recht, was es für ein Job war. Vielmehr schlug die Mitbewohnerin vor, sie mitzunehmen. Dort angekommen eröffnete Ms. Jordan ihre Karriere als Aktmodell.
Die perfekte, sanfte Verführung. „Weißt du, die sind nett zu einem. Keiner drängte mich. Die Typen sehen ja verdammt gut aus. Alle benahmen sich so aufmerksam. Romantisch. Die Aufnahmen hatten Stil. Na ja, ich war neugierig und sexuell kein Kind von Traurigkeit. Wir fingen an kurze, softe Szenen zu drehen. Irgendwann zeigte ich nackt, hemmungslos, voller Lust Dinge, die Menschen, nicht mal mit ihren Partnern abziehen. Scheiße, John. Ich plante nie, jemandem das in fünf Minuten Kurzfassung vorzutragen!“ Wiederholt schüttelten plötzliche Weinkrämpfe die Süße.
Schnell zog er einen Stuhl heran. Schloss Leslie tröstend in seine Arme. „Diese Situation ist für uns beide mehr als surreal. Ich habe mir das Kennenlernen ebenfalls gemächlicher vorgestellt. Mit Kerzenlicht, Romantik, bei einem ausgesprochen leckeren Essen. Hey! Wir leben. Du sitzt hier. Unverletzt. Beruhige dich. Mich beeindruckt deine ehrliche Offenheit.“ Einfühlsam wiegte er Leslie, bis sie aufhörte zu zittern. Tränen rannen über das heißgeredete, gerötete Gesicht. Er kniete sich vor sie. John sah in die rot geweinten Augen. Hielt das verweinte Antlitz zärtlich in beide Hände. Er versuchte, Ruhe verbunden mit Gelassenheit auszustrahlen. „Les! Das heute ist erst der Beginn eines gemeinsamen Weges.“ Er lachte sarkastisch, bezogen auf die Brutalität des Abends. „Nicht viele Paare haben einen dermaßen dramatischen Auftakt. Rückblickend liefert der hier die tollste Beziehungsanfangsgeschichte, die es gibt. Unter all unseren Bekannten. Vielleicht entscheiden wir von Fall zu Fall, wem deine Geschichte unzensiert zuzumuten ist.“
Nach diesen verständigen Worten zierte Leslies Gesicht wieder ein Grinsen. Gleichzeitig wischte sie die restlichen Tränen von den Wangen. „Ja! Du hast recht. Shit. Ich fasse mich kürzer, bevor die Polizei klingelt. Gott sei Dank. Wir sind in New York. Das Verkehrschaos betrifft wirklich alle. Weiter! Richtige Hardcore-Clips gab es erst ab 2009. 2013 wechselte ich hinter die Kamera. Seit 2013 führte ich ausschließlich Regie. Betreute die Models. Bereits 2012 gründete ich meine Produktionsfirma. Besaß ein eigenes Label. Über die zunehmend osteuropäischen Mädchen geriet dieses Label in den Focus eines russischen Mafioso. Der zwingt mich jetzt, Schutzgeld in Form einer Beteiligung zu bezahlen.“
„Okay,“ hakte John nach, „verstanden. Die Schläger heute? Die hatten den Auftrag, den Wünschen ihres Bosses drastisch Nachdruck zu verleihen!“
„Nein! Die sollten ein Exempel statuieren. Mich töten, damit die Firma nach meinem unschönen Ende legal übernommen werden kann. Ich sagte ihm, dass, bevor ich ihn mit reinnehme, um seinen Menschenhandel zu decken, die Hölle zufriert!“
03
„Das, Miss Jordan, war eine ehrliche, mutige Antwort“, bekam sie von Detective Steve Nolan zu hören.
„Leider nicht überlegt. Bedenkt man, mit wem Sie redeten“, vollendete sein Mitstreiter Manuel Soreno realistisch, nicht gerade charmant. „Während mein Partner Notizen zu Ihrer Aussage machte, habe ich die Kollegen der Abteilung organisiertes Verbrechen Osteuropa angerufen. Dieser Russe, Gregori Rischkin, ist kein Unbekannter. Der füllt dicke Ordner bei denen. Er gehört zur sogenannten 2. Generation. Mit 11 Jahren kam er als Kind in die Staaten. Besuchte die High-School, studierte am College. Jetzt kommt’s, Kriminalpsychologie und Forensik.“
„Halleluja“, warf John, der bisher stoisch den Ausführungen lauschte, in die Runde.
„Wieso Halleluja, Mr. Kingcaid?“, fragte ihn Detective Nolan irritiert.
„Na, das Lieblingswerk aller erfolgreichen Anführer, Sunzi - die Kunst des Krieges. Davon gibt es inzwischen Abwandlungen für jede beliebige Branche. Analog dazu dachte unser russischer Freund, plane ich, als Verbrecher richtig groß aufzusteigen, studiere ich zuerst, wie Kollegen samt Gegner ticken. Weiß ich das, kläre ich, wie die Gegenspieler sich aufstellen. Erkenne ich, wonach sie suchen, welche Methoden bei den Nachforschungen verwendet werden, kann ich meine Verbrechen effizienter planen und arrangieren.“ Beide Detectives verzogen das Gesicht, als hätten sie auf eine Zitrone gebissen.
„Kurz. Prägnant. Auf den Punkt gebracht“, antwortete Soreno, um gleich weiterzumachen. „Dann ist Ihnen, Ms. Jordan, Mr. Kingcaid, bewusst, dass sie zu Zielscheiben wurden. Solange wir nur ihre Aussage haben, Ms. Jordan, kann das NYPD gegen den smarten Gregori nicht vorgehen. Ohne stichhaltige Beweise werden Rischkins Anwalt oder Anwälte das heute als missglückten Versuch eines Raubüberfalls abtun. Er wird jede Beteiligung entrüstet von sich weisen.“ Leslie sank bei den Ausführungen des Detective auf ihrem Stuhl immer mehr zusammen. Sie ließ buchstäblich ihren Kopf hängen.
John bemerkte am Zucken ihrer Schultern, dass sie still und leise erneut weinte. Er setzte sich neben sie, umarmte und wiegte sie zärtlich, um sie wiederholt an diesem gewalttätigen Abend zu trösten. Heute kam es für Leslie ein ums andere Mal zunehmend härter.
„Detectives, brauchen sie weitere Informationen? Sonst schlage ich vor, meiner Nachbarin Ruhe zu gönnen. Das alles ist viel und echt heftig. Es ist schwer, solch einen körperlich direkten Überfall zu verarbeiten. Wenn Ms. Jordan noch etwas Wichtiges einfällt, melden wir uns.“
„Ja natürlich“, antworteten die Ermittlungsbeamte, wie aus einem Mund. Sie klappten ihre Notizblöcke zu. Verabschiedeten sich eilig. Sie versprachen, einen Streifenwagen vor die Tür zu stellen, dann verließen sie hastig die Wohnung. Allein für sich versanken beide in Schweigen. Minutenlang saßen sie da. Jeder mit den eigenen Gedanken und Emotionen beschäftigt.
„Er versucht mich mundtot zu machen. Richtig, John?“, fing Leslie als Erste an.
„Vielleicht? Er und zwei seiner Männer passen dich auf dem Weg zur U-Bahn ab. Du wirst angesprochen. Passanten hasten vorbei. Alles um euch herum fließt weiter. Niemand nimmt Notiz von dem Vorgang. Eine Person steigt in ein Auto. Kurz danach wieder aus. Sie ist gesund, unverletzt. Das heißt, es gibt keine wirklichen Zeugen. Deine Antwort holten sie auf gleichem Wege ein. Heute dann, nach der Absage, Rischkins Reaktion. Alles innerhalb von fünf Tagen. Gregori handelt schnell, verdammt schnell. Nicht ein Versuch, dich gefügig zu machen. Kein langwieriges Blabla. Er strebt Ergebnisse an. Plan A samt B stehen und sind im Einklang. Ja! Wir müssen dringend davon ausgehen, dass er nach heute Abend, uns beide umlegen lassen möchte. Dich, weil es zum Plan gehört. Mich, weil ich seine Kreise störe, mich rächen könnte!“
„Die Polizei?“, versuchte es Leslie, „kann sie helfen? Uns beschützen? In jedem Krimi stellen sie den Bedrohten Beamte vor die Tür!“
„Du sagst es. In jedem Krimi. Im richtigen Leben funktioniert das maximal ein paar Tage. Nein, ich löse das auf meine Art! Wir sind auf uns gestellt und auf sehr versierte Freunde. Lass mich telefonieren!“
04
Nach dem dritten Klingeln meldete sich Johns Gesprächspartner. „Verdammt spät für einen Höflichkeitsanruf auf ein Bier, Amigo!“
„Auch dir einen schönen Abend, Roger. Habe ich euch geweckt?“ Sein Freund Roger Hallstadt verneinte. „Ich brauche ein sicheres Haus, ein Safehouse. Zwei Personen. Ausrüstung samt Spezialzubehör auf Abruf. Unsere Jungs der alten Truppe, wenn verfügbar mit Scharfschützen. Trommelst du die für mich zusammen?“
„Erstens Chief, ist der Papst katholisch? Zweitens, natürlich hole ich die Kavallerie. Drittens, oh Mann, Bro, in was bist du nun wieder hineingeraten? Brauchen wir eine Crew von Homeland, dem Heimatschutzministerium? Das hört sich nach einem harten Job an. Terrorverdacht!“ Typisch Roger. Keine unnötigen Fragen. Keine Zeit vergeuden. Gleich auf den Punkt kommen.
„Unbedingt! Zur Observierung. Ich muss alles über den 24-Stunden-Rhythmus einer Zielperson wissen. Mindestens zehn Tage. Und ja es geht auch um Terrorismus. Die Zielperson ist ein Russe. Kriegst du das hin für mich?“
„Hey, wofür hat man Freunde. Gib mir 60 Minuten.“
„Ich rufe dich zurück. In genau einer Stunde. Es wird eine unbekannte Nummer eines Prepaid Handy sein. Zeit läuft ab jetzt.“ John legte auf. Er drehte sich, sah in die staunenden, fragenden Augen von Leslie. Die hatte ihre Tränen getrocknet. Wartete auf Erklärungen bezüglich des obskuren Telefonates mit einem Freund! Wie es schien.
„Rog, einer meiner ältesten Mitstreiter aus der Militärzeit. Ihn und die anderen, die er für mich anrufen soll, habe ich ausgebildet. Wir retteten uns wiederholt bei haarsträubenden Einsätzen gegenseitig das Leben. Das ist die Truppe. Seit 9/11 arbeitet Rog in einer wichtigen Position beim Heimatschutzministerium, Homeland Security. Dort ist er einer der leitenden Ermittler in New York. Er hilft dir und mir unsichtbar zu werden. Bisher hat Rischkin seinen Plan durchgezogen. Durch mein Eingreifen verwandelten wir uns in Zielscheiben. Der liebe Gregori geht heute Nacht einfach zu Plan B über. Da der unbekannt ist, warte ich nicht. Er soll ins Leere laufen. Ab morgen wird er auf Schritt und Tritt von Überwachungsprofis observiert.“
„Du musst herausfinden, wer dein Gegner ist.“
„Die Kunst des Krieges! Sunzi sagt: Ziehst du in einen Krieg, beschaffe dir Informationen über den Feind. Alle die notwendig und hilfreich sind. Entscheide, welche wichtig sind. Lege die Strategie fest!“
„Kapiert, Captain! Was und für wie lange soll ich packen?“
„Für zwei Wochen und so viel Zeit muss sein. Ich schied im Rang eines Lieutenant Colonel beim Marine Corps aus. Wenn schon, denn schon Private Jordan! Zu den Klamotten: bequeme Sachen. Nichts Auffälliges. Das wird keine Modenschau. Wie verhält es sich in deinem Studio? Wirst du vertreten? Du brauchst eine glaubhafte Geschichte. Rischkin wird uns suchen, auf Teufel komm raus.“ Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
„Lügen haben kurze Beine, sagt Mom. Ich sag die Wahrheit. Überfallen rettete mich mein mutiger Nachbar davor, vergewaltigt und getötet zu werden. Zwischen uns hatte es vorher bereits gefunkt. Aufgrund der Ereignisse testen wir spontan, wie es weitergeht. Du weißt. Plötzlich wird einem bewusst, so schnell ist das Leben vorbei. Deshalb stiegen wir ins Auto. Fuhren los in den Sonnenuntergang.“ Nach der Story grinste selbst der coole Lieutenant Colonel.
„Schön, intelligent, alles megatoll verpackt. So stellt man sich eine Zielperson zum Untertauchen in seinen Männerträumen vor. Bin gespannt, was Rog sagen wird, wenn er uns im Safehouse trifft. Was? Schau mich nicht so an!“
„Komm her, Marine!“ Leslie erhob sich geschmeidig. Vielleicht lasziver als beabsichtigt. Sie trat zwei Schritte auf ihn zu. Groß, stark stand er da. Beide realisierten erst in diesem Augenblick, dass sie ab sofort gemeinsam ein Paar in dieser verzwickten Lage bildeten. Adrenalin herrschte hormonell immer noch vor! Zumeist bei John. Schließlich war es keine zwei Stunden her, da tötete er Menschen. „Ich habe mich nicht dafür bedankt, dass du mir das Leben gerettet hast.“ Sie legte ihm die Arme um den Hals. Leslie, einen halben Kopf kleiner, stellte sich auf die Zehenspitzen. Sie schauten sich mit Hingabe in die Augen. Ihre Lippen berührten seine. Sanft, zärtlich, weich. Irgendwie vertraut. Kein leidenschaftliches Zungenspiel. Nein, dass hier reichte tiefer. War intimer. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Leslie sich löste. Sie genossen es beide, sich gegenseitig mit Blicken zu verschlingen. Der Marine zog sie näher heran. Sie ergab sich gerne seiner Kraft und Vitalität. An Kingcaids Brust spürte sie das Leben pur. Erlebte das Gefühl, von innen heraus Feuer zu fangen.
Empfindsam fühlte John Leslies fragiles Zittern. Er räusperte sich, unterbrach ihr verliebtes Schweigen. „Was sagt man über Liebe, entstanden durch eine Extremsituation? Ich frage, um herauszufinden, wie wir uns die nächsten Tage vorstellen? Du, ich auf engstem Raum. 24 Stunden.“ John schob Leslie auf Armlänge von sich. Aufmerksam beobachtete er, ob sich ihr Gesichtsausdruck wandelte. Sie antwortete lächelnd mit einer Gegenfrage.
„Warum entstand unsere Liebe in einer Extremsituation? Und? Was schwebt dir vor? Beim Zusammenleben auf engstem Raum? Marine!“ Direkt und schelmisch gefragt, war es an John, hart zu schlucken.
Zeit gewinnen. Über eine sinnvolle Antwort nachdenken! Ertappt schaute er auf seine Uhr. Je länger er nachdachte, umso größer wuchs die Verlegenheit. „Ah, wie sage ich das, ohne blöd dazustehen?“ Mit pennälerroten Ohren kontrollierte er die Uhrzeit. „Wir haben noch ein paar Minuten. Bevor dein furchtloser Kämpfer weiche Knie bekomme, setzen wir uns.“ Ein unverhohlen freches Grinsen im Gesicht trommelte Leslie gespielt fordernd auf die Tischplatte. „Jaja, hetz mich nicht. Vor zwei Stunden stand ich fröhlich pfeifend am Herd beim Kochen. Überlegte mir, wie, sensibel ich bei einem romantischen Abendessen vorfühle, was du über deinen Nachbarn denkst.“
„Gut. Weiter!“, forderte die Schöne.
„Was heißt hier weiter? Die Sachlage ist eine vollkommen andere oder? Das erinnert mich stark an ein Verhör.“
„Och, du armer Schüchterner. Soll ich anfangen?“ Leslie legte ihm ihre Hand auf den Arm. Strahlte vor Zärtlichkeit und Verständnis. Nicht vorstellbar, dass sie in den vergangenen Stunden um ihr Leben gebangt und gekämpft hatten. Es schien, als wären sie durch das Gespräch über ihre Beziehung kurz in eine schönere Welt entrückt worden. John atmete tief ein, brachte jedoch nur ein Nicken zustande. Beide hielten sich bei den Händen. Die attraktive Nachbarin schilderte ihre Erinnerungen an ihre erste Begegnung der schlagartig abenteuerlich gewordenen Romanze. „Lass mich nachdenken. Hm, der erste Eindruck. Es ist vielleicht falsch, doch ich halte ihn für wichtig. Ich habe mich fast nie getäuscht dabei. Es geschah vor meiner Wohnung. Eine Einkaufstüte auf dem Arm. Schusselig, wie ich manchmal bin, fiel mir der Schlüsselbund auf den Boden. Gerade am Bücken öffnete sich die Aufzugstür. Na toll, was für ein Anblick, war der erste Gedanke.“
„Hey, der Anblick, ein Gedicht. Ein Hurra auf den Sommer, Hotpants und solch einen Hintern. Leider sankst du geistesgegenwärtig in die Knie.“
„Genau. Ich knickte gleich ein, stellte die Tüte auf den Boden. Griff den Schlüsselbund. Versuchte so elegant wie möglich wieder hochzukommen. Anschließend wollte ich irgendwohin versinken, was dein fröhliches ‚Hallo Nachbarin‘ verhinderte. Du zwangst mich praktisch zum Umdrehen. Dabei strebte ich nur in meine Wohnung, um zu verschwinden. Es war mir so peinlich.“
„Ihr Frauen…“ maulte John gespielt.
„Ruhe! Du hattest deine Chance.“
„Gut, gut. Bin ja schon ruhig.“
„Also! Ich richtete mich auf. Drehte mich um. Erblickte… eine markante Nase. Mit 1,70 Meter bin ich normal groß für eine Frau. Egal warum, Partner, sollten größer sein. Was schon mal positiv war, deine 1,85 Meter. Erst als wir uns einen Schritt entfernten, sah ich das Gesamtkonzept.“
„Und?“
„Ganz ok! Kein: Ach wie ist er toll! Einfach, ja, ok. Ein guter Typ. Hätte schlechter sein können.“ Trotz der eher nüchternen Beurteilung ließ sich John in diesem Stadium nicht mehr entmutigen. Trug sie die Aussagen zu seiner Person doch frech grinsend vor.
„Ah! So unbeeindruckt warst du gar nicht, Ms. Jordan. Du willst nur nicht zu weit aus der Deckung kommen. Abwarten, was ich zu sagen habe. Nicht wahr?“ Leslie lehnte sich schmunzelnd zurück, breitete die Arme aus. Bedeutete damit: Leg los, Freundchen. It’s your turn. „Tja, wenn ich darüber nachdenke. Dir gleich mein Herz ausschütte. Passt die Bezeichnung Trottel auf mich!“
„Oooch, wie süß selbstkritisch ihr Kerle sein könnt!“ Leslie kam sofort wieder an den Tisch. Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit gepaart mit weiblicher Neugier war geweckt.
„In der letzten Stunde erkannte ich, dass wir durch mein Zögern zwei Jahre Beziehung verloren haben. Inklusive allem, was dazugehört!“ Es fehlte nur, dass er die Faust auf den Tisch hämmerte. Sie sah John an, wie dieses durch ihn verschuldete Versäumnis seinen Ärger anstachelte.
„Baby“. Leslie benutze zum allerersten Mal eine vertraute Anrede. „Wenn schon, müssen wir beide gleichermaßen frustriert reagieren. Erzähl weiter!“, drängte sie begierig.
„Du hast recht. Die Zeit verrinnt.“ Ein Blick auf die Uhr bestätigte ihre Ungeduld. Zehn Minuten bis zum Anruf bei Hallstadt. „Die Gegebenheit war ähnlich der von heute. Grins‘ nicht so unverschämt! Nein wirklich, aus meiner Sicht schwebtest du geradezu Richtung Fahrstuhl. Du schautest über die Schulter. Drehtest dich um und hast tatsächlich gewartet. Oh Mann, was für ein Weib! Diese Augen, der Blick. Aufgrund der Entfernung bewunderte ich lebensgroß das Ensemble ‚neue Nachbarin‘. Einfach wow! Es sah dermaßen unerreichbar aus. So fantastisch, dass ich bis heute brauchte, um die atemberaubende Traumfrau auf ein erstes Date anzusprechen. Ich wartete die ganze Zeit darauf, dass in deinem Leben jemand auftaucht. Dauernd grübelte ich, mit wem du wohl ausgehst. Hm, zu Besuch kommt keiner! Unsere kurzen Unterhaltungen endeten ständig unverbindlich, von meiner Seite aus eher schüchtern. Ich traute mir einfach nicht mehr zu. Bis heute. So eine Scheiße!“
„Hey, keine Schimpfwörter, Marine. Das steht dir nicht. Überhaupt Soldat, diese Lovestory mit der Rettung der Nachbarin zum Abschluss, die ist ein echt überwältigender, dramaturgisch nicht zu toppender Anfang einer nicht vorstellbaren Beziehung!“
05
„Super Schlusswort, Süße!“ Er sprang vom Stuhl, nicht ohne ihr einen Kuss auf die Lippen zu hauchen. Rannte los. „Ich hole das Handy.“
In Gedanken versunken sinnierte Leslie über die vergangenen drei Stunden. Als sie das Studio verließ, war ihre Welt in Ordnung. Das kurze, intime Gespräch zwischen ihnen im Aufzug. Das gemütliche Schlendern zu ihren Wohnungen. Die anschließende Einladung. Sie glaubte, zu träumen. Besser lief es vorher nie. Bis zu den Geräuschen an ihrer Wohnungstür.
Scheiße! Was sagten die Detectives? Die Gangster kamen mit einem nachgemachten Zweitschlüssel in die Wohnung. Die Spurensicherung fand keine Hinweise für ein gewaltsames Eindringen. Als mich Rischkin samt seinen Gorillas abfing, durchwühlten diese meine Tasche. Bei der Gelegenheit holten sie sich einen Abdruck der Wohnungsschlüssel. Ich brauche ein neues Schloss. Im selben Moment, in dem sie mit ihren Gedanken zu Ende war, setzte der Schock ein. Bisher hatte sie Ablenkung von den Ereignissen der letzten Stunden.
Sie warteten auf die Polizei, gestanden sich ihre Liebe und diskutierten. Alles Erinnerungen, die sie nicht an die Vorkommnisse denken ließ. Eine Woge des Entsetzens überrollte das zarte Geschöpf. Leslies Muskeln verspannten. Ihre Atmung beschleunigte. Sie drohte zu hyperventilieren. Die gesteigerte Atemfrequenz senkte die CO2-Konzentration im Blut. Sie hatte das Gefühl zu ersticken. Sie atmete schneller und schneller, glaubte aber, sie bekommt nicht genügend Luft. Hinzu kam ein Schüttelfrost, der ihre Zähne klappern ließ.
Als sie so mit sich kämpfte, betrat John telefonierend wieder ihre Wohnung. „Jepp, in circa 45 Minuten im Safehouse drei. Super. Danke Bro ... Oh scheiße, Les! Rog, ich melde mich.“ Sachte tätschelte er ihre Wangen. „Eine Tüte!“ Sofort erkannte der Marine, was passiert war. Er reagierte. Er rannte in die Küche, holte eine Tüte und hielt sie Leslie vors Gesicht, ließ sie hineinatmen. Die verbrauchte Luft beim Ausatmen hob den Kohlenstoffdioxidgehalt im Blut an. Ihre Atmung normalisierte sich. Zusätzlich wärmte er die Geliebte mit einer Decke unterstützt durch liebevolles Rubbeln der Oberarme. Einfühlsam kniete er vor ihr, suchte ihren Blick. „Sorry Süße, das war dumm von mir. Ich sollte gleich wieder zurückkommen, dich nicht alleine lassen.“
„Es geht schon. Danke John. Bitte! Keine Vorwürfe. Die Geschehnisse waren bedauerlich genug. Ruf deinen Kumpel an. Ich komme klar!“ Es würde dauern, diese Nacht zu verarbeiten. Gangster bedrohten sie. Beabsichtigten sie zu foltern. Der eine drohte, ihre Brust abzuschneiden. Sie sollte missbraucht werden. Getötet! Durch eine glückliche Fügung war sie nicht mehr mit ihren düsteren Gefühlen auf sich allein gestellt. John erhob sich. Die Hand zärtlich an ihrer Schulter, telefonierte er. Ganz Soldat, kam er ansatzlos zum Punkt.
„Hi, Rog. Die Wohnung in Harlem. Ja, ich erinnere mich. Fantastisch, da lebt es sich wie im Urlaub. Die Ausstattung, Technik, Bewaffnung, dieselbe?“
„Ja, Chief, alles wie gewohnt“, drang die vertraute Stimme des Freundes an sein Ohr.
„Leslies Sachen sind schnell gepackt. „
„Okay Kumpel“, antwortete Roger, „ruf mich mit derselben Nummer zurück, solltet ihr euch verspäten. Hey, ich bin echt gespannt. Aber auch angepisst. Du erzählst mir bei jedem Drink von deinem geruhsamen Leben, als Autor und Retired-Marine. Verlierst jedoch keine Silbe über die heimliche Traumfrau Nr. 10. Versuch dich nicht rauszureden, Freund John. Ich habe Jenny alles brühwarm erzählt. Du kommst um ein gemeinsames Abendessen im kultigsten Restaurant von New York nicht herum.“
„Alter Gauner! Ist ja gut. Botschaft angekommen. Bis gleich.“ Dann legte er auf. Eine gigantische Sporttasche in der Hand, den Blick in sich gekehrt, überdachte er, ohne Leslie zu beachten, seine innere Checkliste für einen solchen Fall. Wie er in ihrem Wohnzimmer stand, realisierte sie ihn zum zweiten Mal heute Nacht, nicht als den netten Nachbarn von nebenan. Ab jetzt agierte er wie der Special-Forces-Kämpfer des Marine Corps, Lieutenant Colonel John Kingcaid!
Das erste Mal war, als er um ihr Leben kämpfte. Eiskalte, tödliche Präzision. In dem Moment stand sie selber unter Schock. Ihre Wahrnehmung ließ zu diesem Zeitpunkt keine tatsächliche Erkenntnis zu. Doch allmählich fing es an! Sie verarbeitete das Erlebte, die Bilder vor ihrem geistigen Auge.
Zum zweiten Mal, bei den folgenden Telefonaten mit seinem Freund Roger. Wieder ohne zu zögern. Selbstbewusst, präzise, forderte er, was er brauchte.
Leslie überkam vollkommene Ruhe. Wie John in diesem Moment dastand, den Kopf zur Seite geneigt, in Überlegungen vertieft, sein nach innen gerichteter Blick. Der gab den alles entscheidenden Ausschlag! In Gedanken versunken strahlten Kingcaids harte blaue Augen wie Laser. Als könnte er damit Stahl schmelzen. In dem Moment baute Leslie felsenfest darauf, dass ihr Leben wieder gut wird. Bleib an seiner Seite, dann kann dir niemand mehr etwas zuleide tun, lauteten ihre abschließenden Überlegungen.
„Gut soweit. Ich habe alles. Roger regelt den Rest. Brechen wir auf!“, unterbrach John die Stille ihrer Gedanken, schaute auf sie herab! 25 Jahre Dienst als Führungsoffizier einer Eliteeinheit schärften seinen Blick. „Okay!“ Er zog einen Stuhl heran, stellte die Tasche auf den Boden. Keine Sekunde ließ er Leslie aus den Augen. „Reden wir also! Deine Frage hängt in der Luft wie warmer Atem in einer kalten Winternacht. Was bewegt dich?“ Feinfühlig ergriff er ihre beiden Hände.
Leslie schluckte, bevor sie anfing. „Sag mir bitte, sollte ich dir zu nahe treten mit meinen dummen Zivilistenfragen.“
„Aha! Ich ahne etwas, aber leg los“, antwortete John.
„Puh! Also. Du hast mir gerade eine Tüte vors Gesicht gehalten, bis sich die Atmung normalisierte, mich in den Arm genommen, die Tränen getrocknet, meinen Schock gelindert, in eine Decke gepackt! Nachdem du mich vor drei Stunden davor bewahrtest, missbraucht, gefoltert und umgebracht zu werden. Du hast zwei Menschen getötet. Wieee! fühlst du dich John Kingcaid!“ Angespannt beobachtete Leslie jedes Muskelspiel in seinem Gesicht.
Achtsam formulierte er die Erwiderung. „Die Kurzfassung ohne emotionale Ausschweifungen! Ich werde heute genauso erholsam schlafen wie all die Nächte zuvor. Deine Frage beinhaltete bereits die Antwort. Zum Verständnis! Ich habe den Dienst nach 25 Jahren als Special Forces Kämpfer des Marine Corps quittiert. Das ändert nichts an meinem Charakter. Ich denke, fühle, handle mein Leben lang als das, was ich bin. Ein Marine! Die Geschehnisse heute Nacht beschleunigten unseren Beziehungsstart mit einem Turboboost.“ Der Griff um ihre Hände geriet zupackender. Genauso beherzt gab ihm Leslie diesen Händedruck zurück. Zwischen ihnen herrschte Klarheit! „Wir übersprangen so ziemlich alles, was einer Beziehung vorangeht. Wir benutzen Kosenamen. Wir reden, als würden wir uns Jahre kennen und lieben. Zum vorgefallenen direkt Süße! Ich sah dich halb nackt, blutend auf einem Stuhl. Gefesselt, in Panik. Ein Killer hatte die Absicht, dich mit seinem Kumpel zu schänden, verstümmeln, zu töten! Meine Aufgabe, die Gefahr ‚den Möglichkeiten entsprechend‘ zu neutralisieren. Ich eliminierte die beiden. Für mich Ende von Schritt 1! Jetzt wende ich mich Schritt 2 zu. Den Auftraggeber ausschalten, um kein Ziel mehr zu sein. Ende Schritt 2.“
Leslie schüttelte den Kopf, als müsse sie düstere Gedanken verscheuchen. „Logisch, effizient! Emotionslos!“ Lautete ihre Erkenntnis.
„Ist das eine Frage, ein Vorwurf oder das Ergebnis deiner Überlegungen? Wenn du nicht damit klarkommst, dass ich plane, und vollbringe, was notwendig ist, dann haben wir schwierige, intensive Gespräche vor uns!“ Grimmig schaute der aus dem Dienst geschiedene Elitekämpfer in ihre bergseegrünen Augen.
Durchdacht erwiderte die Schöne den abschätzenden Blick ... schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, Marine. Keine Bedenken, keine Zweifel. Du bist der Boss. Ich musste mir über die ungewohnt brutale Effizienz deines Vorgehens Klarheit verschaffen.“
Genauso geradlinig fragte John nach: „Keine Zweifel bezüglich meiner Gefühle?“ Leslie beugte sich ihm entgegen. Legte ihre Arme um seinen Hals. Küsste ihn mit einer verzehrenden Leidenschaft. Bis sie sich trennten, zum Atem holen.
„Nie im Leben werde ich an dir und deinen Gefühlen zweifeln. Egal, für welche Sache!“ John nickte zufrieden.
„Wir nehmen mein Auto, verschwinden durch die Garage. Damit rechnet die Streife vor dem Haus nicht. Die sind auf eine Bedrohung von außen fixiert.“ Erstaunt schaute Leslie ihren „Freund“ an.
„Sagen wir nicht Bescheid?“ John schüttelte den Kopf.
„Geh‘ davon aus, dass dein neuer bester Kumpel Rischkin im Police Department Informanten hat. Genauso gut könnten wir ihm unser Vorhaben mailen. Nein, wir verwandeln uns in Geister. Für jeden! Du telefonierst morgen mit den Kollegen im Studio über die gemeinsame Spontanreise. Sei ruhig schön übertrieben romantisch.“ Im Reden griff er nach ihrer Tasche. Drängte zum Aufbruch. Minuten später fuhren sie in seinem SUV, einem Hummer H1, in den stockend fließenden New Yorker Nachtverkehr. Unterwegs in ein neues Leben. Zumindest für Leslie.
Er plante neben ihr auf der Fahrt die Vorgehensweise der kommenden Tage. Auf ihn kam eine Informationsflut zu, ausgelöst durch die Observierung. Gleichzeitig verlangte er nach mehr Hintergrundwissen bezüglich des Gegenspielers. Davon hing es ab, wie wer von den Freunden einzusetzen war. Gab es erkennbare Ziele? Welche Erfolge verbuchte der Russe mit seinen Aktivitäten? Hatten diese Auswirkungen auf die geplante Gegenoperation? Fragen über Fragen. Für ein effektives, militärisches Vorgehen musste John wissen, wie Rischkins Aufteilung in legale und illegale Unternehmungen ist. Von zentraler Bedeutung würde sein: Welche Verbindungen nutzte der Mafioso?
Freund Gregori wird ein perfekter Netzwerker sein. In beiden Welten: der legalen wie in der illegalen. Des Weiteren war es notwendig, folgte John den eigenen Gedanken, die, wie Roger sie nannte, Traumfrau Nr. 10 zu beschäftigen. Er benötigte ungebrochene Konzentration für die Analyse und Planung der kommenden Operation. Gegen einen gefährlichen Mafiaboss. In diesem Stadium ist eine gelangweilte, tendenziell nörgelnde Partnerin nicht von Vorteil. „Wie fit, Leslie, bist du bei Recherchen im Internet?“
„Puh, das Übliche. Shoppen, Entertainment. Was mich interessiert, google ich. Wikipedia ist in meinen Favoriten gespeichert. Wieso?“
„Arbeitsteilung wäre vorteilhaft. Je nachdem, wie üppig die Informationen fließen. Ich weiß nicht, was ich zur abschließenden Planung brauche. Wir lassen uns überraschen und richten uns teamtechnisch aufeinander ein!“ Er schaute kurz zu ihr rüber, suchte ihre Hand. Dankbar für diese fürsorgliche Geste griff sie zu. Sie versuchte erst gar nicht, das Zittern zu verbergen.
„Da vorn ist es. Wir brauchen einen Parkplatz! Roger kümmert sich anschließend um das Auto.“
„Gleich zwei Autos weiter auf der rechten Seite“, bewies Leslie ihre Beobachtungsgabe. Er bugsierte den Hummer-SUV in die Parklücke. Sie schnappten ihre Taschen aus dem Wagen, schlossen ab. Seine Partnerin trabte ihm staunend hinterher. Das hatte so gar nichts mit einem Agententhriller gemeinsam. Von wegen Altbau, Seitenstraße, Hinterhof! Sie liefen auf eine toprenovierte Häuserfront in Harlem zu. John zog das Prepaid-Handy aus der Tasche, wählte Hallstadts Nummer. „Ich sehe das Licht im Fenster, Amigo.“
„Was soll ich sagen? Pünktlichkeit ist eine Zier und schön in die Kamera lächeln. Beweisfoto für die Erbsenzähler in D.C., sorry.“
„Keine Ursache, mein Freund. Sobald das hier vorüber ist, Rog, definierst du den Begriff Party neu!“
Bevor sie die Klingel berührten, ertönte der Summer der Eingangstür. Sie betraten einen langen Flur. Rechts führte eine Treppe ein Stockwerk höher. „Ihr müsst in den ersten Stock. Die Räumlichkeiten wurden umgebaut, Chief.“ Roger zeigte sich lächelnd am Treppenende. Furcht einflößend registrierte Leslie die Pistole in seiner Linken. Ihren Blick bemerkend meinte er lakonisch: „Ich bin lieber vorsichtig. Herein in die gute Stube. Keine Scheu.“ Als wären sie beide ein Herz und eine Seele, zog Hallstadt Johns Begleiterin in die Arme.
„Hör auf zu fummeln. Nimm mir was ab“, maulte dieser. Roger und Leslie hörten, wie die Taschen auf den Boden plumpsten. Hallstadt wandte sich dem Freund zu.
Sofort wechselte Tonlage, Lautstärke, die gesamte Körpersprache. „Hey, du Gauner.“ Es folgten freundschaftliche Boxhiebe mit Finten, bevor sie sich umarmten. Der Agent von Homeland Security hielt den Mitstreiter aus unzähligen Gefechten bei den Oberarmen. Er war einen Tick größer als John. Schlanker und sehniger. In dessen ausgestreckt Armen erduldete Leslies Freund alle Nettigkeiten. „Mann, Mann, Mann, Chief, du hast Mumm. Monatelang kein Wort. Dann, ein Paukenschlag. Lasst euer Gepäck stehen.“ Sich umwendend öffnete er die erste Tür rechts. „Madame et Monsieur, der Salon. Setzt euch. Hunger? Durst? Was darf ich bringen?“
John zeigte auf Leslie. „Was zu trinken, bitte“, bat sie. Gleich darauf erschien ihr Gastgeber mit drei Flaschen Wasser und Gläser in der Hand.
„Also Amigo. In was seid ihr hineingeraten?“ Militärisch kurz, präzise setzte John ihn ins Bild. „Sauber! Ich dachte bereits an nichts Einfaches. Man benötigt kein Safehouse samt Schutz- plus Kampfausrüstung wegen aufdringlichen Nachbarn. Puh, aber gleich ein russischer Mafiaboss. Das ist mal richtig cool, würde Mike sagen.“
„Mike ist sein vierzehnjähriger Sohn“, reagierte John auf Leslies fragende Mimik. „Tja, ich glaube nicht, dass es reicht, wenn wir bei Rischkin um Verzeihung bitten. Ihm mitteile, dass es mir leidtut, ich es nur nicht nett finde, Killer zu schicken, die meine Nachbarin vergewaltigen, verstümmeln und töten.“
„Deine Einschätzung ist sicherlich richtig, Bro. Der Plan?“
„Ich warte die Informationen der Beobachtungsteams ab, als Folge dessen steht ihm ein Angebot ins Haus.“
Leslie riss entsetzt die Augen auf. „Waaas!“ Aufgebracht fuchtelte sie mit den Händen. „Spinnst du? Ich versteh´s nicht. Wir tauchen unter, damit du Tage später zu ihm rennst. Was bietest du Rischkin an? Ein Flatrate-Abo auf meinem Sex-Channel? Du sagtest, wir bewegen uns aus der Schusslinie, bis die Cops das Schwein festnageln!“
„Gute Idee, liebe Ms. Jordan, nur funktioniert das nicht“, übernahm Roger für John das Antworten. Der nickte stumm zur Verstärkung. „Die Polizei hat nichts gegen diesen Gangster in der Hand. Rischkin streitet ab, dir jemals begegnet zu sein. Kannst du Aufzeichnungen vorweisen, die deine Treffen mit ihm dokumentieren?“
„Scheiße, nein!“ Leslie sprang genervt auf. Wanderte hin und her.
„Les“, unternahm John einen Versuch, die Geliebte zu beruhigen, „ich verhandle nicht erst seit heute mit einem Verbrecher. Lass uns die Infos abwarten. Es ist eine einmalige Sache. Die klappt. Egal wie!“
„Beeindruckend! Diese Klarheit in euren Aussagen! Wie professionell deine Chancenbewertung! Was bitte heißt egal wie?“
Die beiden Kameraden schauten sich grimmig an. „Willst du das wirklich hören? Kannst du es dir nicht ausmalen?“, fragt John. Ihr Gesichtsausdruck spiegelte Entsetzten vermischt mit Angst und Trauer wieder. In Ihren Augen erkannte ihr Freund die aufsteigenden Tränen. Er umarmte sie einfühlsam. „Hey, schon in Ordnung.“ Er streichelte über ihr Haar. Sie presste ihn an ihren Körper.
Schluchzend meinte sie: „Ich lasse nicht zu, dass du für mich tötest! Ihr seid Soldaten. Für euch ist es normal, solche Entscheidungen zu treffen. Ich dagegen erfuhr erst heute, wo bei einer Knarre hinten oder vorne ist. Nichts ist gut, John. Du bist mir nicht gleichgültig. Das weißt du seit ein paar Stunden! Deshalb ist es überhaupt nicht in Ordnung, wie ihr den eventuellen Tod eines Menschen beschließt!“
„Leslie! Beschlossen ist noch gar nichts, weil wir nicht ahnen, was auf uns zukommt. Du hast Recht, Schatz. Roger und ich sind Soldaten. Deine Meinung ist mir keinesfalls egal. Nur in dem Fall ist es meine Entscheidung. Ich hole dir dein Leben zurück, respektive schütze es. Aus diesem Grund bestimme ich, wie! Rischkin hat mich fürs Erste noch viel wilder auf dem Radar. John Kingcaid ist eine elementare Bedrohung. Nicht du hast die Killer erledigt. Spätestens morgen kennt er alles, was es offiziell über Lieutenant Colonel John Kingcaid beziehungsweise dessen Laufbahn beim Marine Corps Forces Special Operations Command, dem MARSOC, zu lesen gibt. Seinen Verbindungen entsprechend vielleicht mehr. Abgestimmt darauf, plant er meine Eliminierung. Um ruhig zu schlafen. Ergo ist es meine -und nur meine- Aufgabe, die Gefahr zu neutralisieren. Sobald er mich erledigt hat, wendet er sich wieder dir zu!“
„Um das Schwein in den Arsch zu treten, bekommst du von mir und den Jungs alles, was du brauchst“, vollendete Hallstadt.
„Glaub mir“, versuchte John Leslie zu besänftigen, „Rischkin zu töten ist der endgültig letzte Ausweg. Jeder vermiedene Kampf ist ein guter Kampf. Vertrau uns einfach.“
Am Ende dieser Aussprache erhob sich Roger. Er führte beide durch die Wohnung. Sie begutachteten die Räumlichkeiten ihrer Bleibe der nächsten Tage. Der Freund verabschiedete sich und entließ sie in eine ungewohnte Zweisamkeit.
Trotz der Gespräche über ihre Beziehung und was sie alles versäumt hatten, verspürte keiner von beiden Lust zu mehr Intimität! Unausgesprochenes lag zwischen ihnen. Das galt es aufzuarbeiten. John holte Bettzeug aus einem der Schlafzimmer. Leslie beobachtete erstaunt die Aktion.
„Was? Der Dobermann schläft draußen. Bellt bei Gefahr. ICH schlafe auf der Couch!“ so viel Gentleman fand die Süße dann doch zu viel. Sie legte ihre beiden Hände, gegen die muskulöse Brust. Schaute mit verschleierten Augen zu ihm auf.
„Cool Babe, dass wir uns über den Sex ohne Worte einigen! In meinen vorherigen Beziehungen erlebte ich oft, dass die Kerle unverzüglich herausfinden wollten, was das Ex-Porno-Model im Bett abzieht. Da ist es erholsam, angesichts der vergangenen Erlebnisse dieser Nacht, auf Verständnis zu stoßen. Nur! Eine gewisse männliche Nähe von meinem neuen Freund wünsche ich mir schon. Also Lieutenant Colonel, schwingst du deinen sexy Männerarsch schleunigst in das Bett dort drinnen.“ Sie ergriff seine Hände, legte sie vielsagend auf ihren „Wahnsinnshintern“, wie John ihn bezeichnete.
„Mhm.“ Dieser packte charmant eingeladen beherzt zu, knetete ihre Pobacken. Streichelnd unter Küssen, umarmte er sie. So wiegten sich beide Körper einen langen Moment. „Ist es unsexy“, flüsterte er, „ein Sturmgewehr neben dem Bett stehen zu haben?“
Leslie lachte. „Ja, Soldat. Obendrein sehr unromantisch!“
06
Die Nacht vor dem Handstreich bei Rischkin schien die längste in ihrem Leben. Leslie fiel nichts mehr ein, was sie zu erledigen hatte, um abgelenkt zu sein.
Nach elf Tagen Observierung wiederholte sich der Tagesablauf des Gangsters zum zweiten Mal innerhalb 72 Stunden. Nachdem John mit Rogers Hilfe alle Zeitfenster der Aktivitäten geprüft hatte, stand der Zeitpunkt fest. Morgen würde die Operation „Rischkin“ abgeschlossen. In dieser Nacht begab ihr Geliebter sich in Lebensgefahr. Leslie benötigte resolute Überzeugungskraft, um in die Aktion eingebunden zu werden.
„Unser Vorhaben“, erklärte John, „ist nicht im Mindesten legal. Einbruch, Körperverletzung. Notwendigerweise töte ich Rischkin. Du darfst nicht das Geringste darüber wissen. Deine juristische Meinung, Rog?“
„John hat recht, Les. Je weniger Außenstehende befragt werden können, umso einfacher kann ich helfen, sollte was schieflaufen. Der Plan ist dann, den Chief in die Immunität der Homeland Security zu retten. Meine Behörde bringt den Schweinehund, Rischkin, mit einem Terrorismusverdacht in Verbindung. Er liefert hochmoderne RPG 29 Raketenwerfer an verschiedene Gruppierungen in den Nahen Osten und die nicht, wie gefordert ausschließlich an Staaten. Da verlangt das Heimatschutzministerium Beweise, dass diese RPG’s all den angegebenen staatlichen Armeen geliefert wurden.“
„John“, packte Leslie dessen Unterarm. Tränen glitzerten in ihren Augenwinkeln. „Du bist sicher, dass es nur so gelingt? Wir sind beide unabhängig, vermögend, lass uns wegziehen, wohin auch immer! Aus den Augen, aus dem Sinn. Welche Motivation, uns zu verfolgen, hat Rischkin denn, wenn die Beute einfach verschwindet. Soll er meine Nachfolger erpressen. Ich gebe auf. Für alle, die mit mir zusammenarbeiten, wahrscheinlich das Sicherste.“ Zärtlich schaute er sie an. Beruhigend legte er seine Hand auf die ihre.
„Baby, das klingt verlockend aber ... Ah, Rog, sag du es ihr. Mir vertraut sie ja doch nicht.“
Leslies Blick wanderte zu Hallstadt. Er war in den letzten Tagen ein spürbar guter, rücksichtsvoller Freund geworden. Sie wartete gespannt seine Erklärung ab. „Hm. Das ist wie Blut im Wasser. Verstehst du. Der Hai Rischkin lässt sich in diesem Stadium von nichts und niemandem aufhalten. Der wittert die Beute. Nur eine, bildlich gesprochen, Kugel stoppt ihn. Ob das Projektil ein Vorschlag ist, respektive ein echtes Geschoss? Das entscheidet er im Gespräch selber.“
„Les, in abgewandelter Form“, übernahm John, „verhandeln Roger und ich seit Jahrzehnten mit solchen Menschen. Tut mir leid! Du musst dich auf diese Einschätzung verlassen. Vertrau uns einfach.“ Sie entzog sich ihrem Geliebten, legte seufzend den Kopf in den Nacken.
Alle drei fühlten die Spannung in der Luft. Die Freunde erkannten aus Erfahrung, was die Planung mit der Gefühlswelt, der toughen Leslie anstellte. Sie brachte es auf den Punkt. „Okay, ich lass euch am besten in Ruhe. Meine Gefühlsduselei ist keine Hilfe.“ Sie erhob sich, zaghaft lächelnd, um zu verschwinden.
„Wow, wow, wow.“ Roger umrundete als Erster den Tisch. Er umarmte sie. Als John hinzukam, brach Leslies Gefühlspanzer der letzten Tage. Ähnlich brüchig gewordenem Eis auf einem zugefrorenen Fluss. Ihre Schultern zuckten. Sie schluchzte ihren Kummer unter Tränen heraus. Ihr Freund wiegte sie wie ein kleines Kind. Ohne ein Wort zu sagen, verließ Roger die Wohnung. Die zwei Kämpfer verstanden sich stillschweigend. Zig Einsätze hinter feindlichen Linien lehrten sie, was wann zu tun war.
Allmählich beruhigte sich Leslie wieder. Sie schniefte herzzerreißend. „Ein Taschentuch, du Frauenversteher.“ Der Ausdruck brachte sie beide zum Lachen. Die Spannung löste sich.
„Hey es gibt keine toughere Partnerin für diese Aktion als dich. Ich wunderte mich die ganzen letzten Tage, wie sich meine Süße hält. Unsere Gemeinsamkeit ist ungewohnt und verwirrend. Du hast recht. Als Paar ist es wichtig, Bescheid zu wissen. Ein vollkommen neuer Umstand. In der Vergangenheit führte ich solche Militäraktionen mit Soldaten durch. Die befolgen Befehle. Da musste ich mich nicht rechtfertigen. Verzeih mir bitte, wenn ich dir nicht genug Beachtung schenkte!“
„Oh, das ist es nicht. Ihr bemüht euch von Herzen. Ich versteh die Notwendigkeit deiner Entscheidung. Erkenne, was ihr für eine Leistung vollbringt. Paradox fühlt es sich an, weil es hier so schön zu leben ist. Friedlich zusammen zu sein. Ich verdrängte in den letzten Tagen, warum wir eigentlich hier wohnen. Die Zeit war wie Urlaub. Ich träumte meine eigene Story. Heute hat mich eure Abschlussplanung brutal in die Realität geholt. Das ist alles.“ Ihr stiegen wieder die Tränen hoch. Sie rannte ins Schlafzimmer.
John saß auf der Couch, stützte resignierend den Kopf in die Hände. Was kann ich für Leslie nur tun? Fragte er sich in Gedanken. Warten! Er ließ der Frau seines Herzens eine Chance, mit sich klarzukommen. Das war kein Einsatz wie in der Vergangenheit. Morgen trug er nicht nur die Verantwortung für die Kameraden. Bis heute gab es niemanden in Kincaids Leben, zu dem es galt zurückzukehren. „Scheiße.“ Er erhob sich, um ihr hinterherzugehen. Da öffnete sich die Tür zu ihrem Schlafzimmer. Eine schnäuzende Geliebte kehrte zurück. Sogar mit geröteten Augen gab Leslie Jordan ein Wahnsinnsbild ab.
„Das gemeinsame Beisammensein, Marine, ist eine Katastrophe für meinen Gesichtsteint. Ich hatte noch nie so lange ein verweintes Gesicht und geschwollene Tränensäcke. Erst seit ich dich liebe. Daran müssen wir unbedingt arbeiten, du Elitekämpfer.“ Oh Gott. Sie maulte herrlich süß. John atmete befreit auf.
„Was in der Richtung geisterte mir ebenfalls durch den Kopf. Im Moment machte sich dein Marine zu dir auf, um die Geliebte aus ihrer Trübsal zu erlösen.“ Katzenhaft glitt die Schönheit auf seinen Schoß. Sie hielt sein Gesicht in beiden Händen und küsste ihn zärtlich. Einen Augenblick lang vergaß der Elitesoldat, was er vorhatte. In 30 Stunden tötete er, sollte es nötig sein, einen Verbrecher. Als Profi schaffte er es, den Gedanken wieder in sein Unterbewusstsein zu verbannen. Er streckte den Arm nach seiner attraktiven Geliebten aus. Für John war es immer noch märchenhaft: Sie liebte ihn genauso vorbehaltlos wie er sie.