Krieger des Lichts - Ungezähmte Liebe - Pamela Palmer - E-Book

Krieger des Lichts - Ungezähmte Liebe E-Book

Pamela Palmer

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Beschreibung

Der Krieger Fox muss sich im Kampf gegen Dämonen beweisen. Ihm wird die schöne Kämpferin Melisande an die Seite gestellt, die jedoch eine starke Abneigung gegen Gestaltwandler hegt. Als Melisande und Fox in eine Falle geraten, müssen sie einander bedingungslos vertrauen, wenn sie überleben wollen.

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PAMELA PALMER

KRIEGER DES LICHTS

Ungezähmte Liebe

Roman

Ins Deutsche übertragen von

Firouzeh Akhavan-Zandjani

Zu diesem Buch

Die Krieger des Lichts sind eine Bruderschaft von Gestaltwandlern, die dazu auserkoren sind, die Welt vor bösen Magiern und ihren Dämonen zu schützen. Die Pläne ihrer Feinde jedoch werden immer ruchloser und hinterhältiger: Eigentlich hätte das plötzliche Erscheinen lang verschollener Tierseelen für die Krieger des Lichts ein Grund zur Freude sein sollen, aber die Rückkehr der Gestaltwandler endet in einer gewaltigen Katastrophe – hatten doch die Zauberer ihre Finger im Spiel. Und damit nicht genug des perfiden Ränkeschmiedens! Die Mächte des Bösen schaffen es, Kara, die Strahlende, zu entführen – und ohne deren Energie sind die Krieger dem Tod geweiht. Die Bruderschaft ist in Aufruhr. Da hat Fox, der neue Fuchswandler, eine Vision, die ihm Karas Aufenthaltsort verrät. Zusammen mit seinen Gefährten macht er sich auf die Suche. Unterstützung erhalten sie von den magischen Ilina, dabei wird Fox die kämpferische Melisande an die Seite gestellt. Diese verabscheut die Gestaltwandler aus tiefstem Herzen – doch der verführerische Fox bringt ihre Gefühle gewaltig durcheinander. Als sie gemeinsam in eine Falle geraten, müssen die beiden zusammenarbeiten, um zu überleben …

Für meinen Vater, Stew Palmer,

einen der großartigsten Menschen, die ich je kennengelernt habe. Ich danke dir, Dad – für alles.

1

Acht Tage zuvor

Mit einer geschickten Drehung wich Kieran dem Tritt seines Gegners aus, ließ gleichzeitig sein eigenes Bein vorschwingen und schickte sein Gegenüber damit unsanft auf den harten Holzfußboden.

»Nicht schlecht!«, sagte Kieran, während er dem anderen die Hand reichte und auf die Beine half. »Noch mal.«

Der Junge stöhnte zwar, nickte jedoch und strich sich eine schweißnasse Haarsträhne aus den Augen. Die Sporthalle am Rande von Dublin besaß keine Klimaanlage, und so war es trotz der spätfrühlingshaften Außentemperaturen drinnen sehr warm. Es roch nach Schweiß und harter Arbeit. Mehr als vierzig neue Rekruten befanden sich gerade beim Training. Während sich die beiden Männer umkreisten, rief Kieran der Gruppe zu: »Achtet auf die Hände eures Gegners. Ihr müsst immer wissen, wo sie gerade sind. Die Hände sind die gefährlichste Waffe der Zauberer.« Er brauchte nicht hinzuzufügen, dass ein Zauberer in der Lage war, einen Therianer mittels einer einzigen Berührung in seinen Bann zu schlagen und zu einer gefügigen Marionette zu machen, die gegen die eigenen Kameraden eingesetzt werden konnte. Gefangenschaft oder der Tod waren die Alternativen. Dass die Therianer schon seit Jahrtausenden Krieg gegen die Zauberer führten, wussten seine Rekruten nur allzu gut.

Glücklicherweise besaßen die Therianer den Zauberern gegenüber klare Vorteile im Hinblick auf ihre Muskelmasse. Einst waren sie ihnen sogar in noch anderen Bereichen überlegen gewesen. Es hatte eine Zeit gegeben, da alle Therianer Gestaltwandler gewesen waren, die sich ganz bewusst in ihre Tiere verwandeln konnten. Doch jene Zeiten waren vor fünf Jahrtausenden zu Ende gegangen, als sich Zauberer und Therianer für einen kurzen Zeitraum verbündet und den Großteil ihrer Macht geopfert hatten, um die Dämonen zu besiegen, die auf der Erde ihr Unwesen trieben. Das gemeinsame Vorgehen war von Erfolg gekrönt gewesen. Seither waren die Dämonen in einer verwunschenen Klinge gefangen, aus der sie nicht entkommen konnten. Aber die von beiden Rassen verpfändeten Kräfte waren nie mehr zurückgekehrt. Als ein wenig Ruhe eingekehrt war, hatte nur jeweils ein Therianer je Art die alte Macht wiedererlangt, sich in sein oder ihr Tier zu verwandeln. Diese wenigen, die Stärksten und Besten ihrer Linie, hatten sich zusammengeschlossen und waren seither als die Krieger des Lichts bekannt.

Die übrigen Therianer, auch Kieran, verwandelten sich nur in ihren Träumen und kämpften auf Menschenart gegen ihre Feinde, mit Fäusten und Messern.

Sein Gegner stürzte sich erneut auf ihn, vernachlässigte dabei jedoch die eigene Deckung, sodass Kieran ihn leicht über die Schulter werfen konnte. »Halt deinen Schwerpunkt tief, Kumpel. Versuch’s noch mal.«

Der Mann sah aus wie dreißig, konnte aber alles von fünfundzwanzig bis tausend oder älter sein, da kein Unsterblicher mehr alterte, sobald er ausgewachsen war. Er krümmte sich einen Moment lang und schnappte nach Luft. »Irgendwelche Nachrichten vom neuen Fuchs?«

Letzten Monat war der Fuchs-Wandler während eines Angriffs der Zauberer ums Leben gekommen. Die Krieger des Lichts waren ein eher verschlossener, wortkarger Haufen, und selten drangen Einzelheiten über sie zur breiten Masse der Therianer durch. Aus dem Tod des Fuchs-Wandlers war jedoch kein Geheimnis gemacht worden. Wenn ein Krieger starb, ging der Tiergeist auf denjenigen über, der als Nächstes an der Reihe war – auf den stärksten Therianer mit der entsprechenden Gestaltwandler-DNA –, und zeichnete ihn, sodass er den Platz des toten Gestaltwandlers einnehmen konnte. Es konnte Wochen, ja manchmal Monate dauern, ehe der Geist des Tieres schließlich seine Wahl traf, und in dieser Zeit herrschte in der gesamten Therianergemeinde immer große Unruhe, da sich jeder fragte, ob er … oder sie … vielleicht derjenige war.

Kieran schüttelte den Kopf. »Nein, nichts.« Ein Funke Hoffnung tanzte in seiner Brust, weil nicht ausgeschlossen war, dass er derjenige war. Im Gegensatz zu den meisten Therianern war er sich sicher, dass er die Fuchs-Wandler-DNA in sich trug. Nach fünftausend Jahren wussten nur noch die wenigsten Therianer etwas über ihre Abstammung. Aber Kierans Vater war alt und nur wenige Jahre nach dem großen Opfer geboren worden. Und die Mutter seines Vaters war von Geburt an eine Fuchs-Wandlerin gewesen.

Beide verfügten über eine ausgeprägte Intuition und wussten Dinge oft, ehe sie geschahen. Kieran hatte diese Gabe in abgeschwächter Form geerbt, wenn auch leider so schwach, dass sie nahezu wertlos war. Im Allgemeinen meldete sich sein Bauchgefühl mit so nebulösen Vorahnungen, dass er auch gleich darauf hätte verzichten können.

Sollte der Geist des Tieres ihn für den Stärksten und Besten aller Träger von Fuchswandler-DNA halten, konnte die Zeichnung diesmal ihn treffen. Eine aufregende Vorstellung, die ihn aber auch mit gemischten Gefühlen erfüllte. Ausgewählt zu werden stellte eine ungeheure Ehre dar. Und der Gedanke, die Gestalt wandeln zu können wie seine Ahnen, war einfach unvorstellbar. Zugleich war es jedoch eine lebenslange Verpflichtung, wenn man als Krieger des Lichts auserwählt wurde. Weder eine Ablehnung noch eine Rückkehr zum alten Leben kamen hierbei in Betracht. Alle Krieger des Lichts lebten bei der Strahlenden, der einen Frau, die von der Göttin gezeichnet wurde, um die Energien der Erde heraufzubeschwören, die für die Kräfte und Fähigkeiten der Krieger unerlässlich waren. Der neue Fuchs würde nach Great Falls, Virginia, umziehen müssen und dort zusammen mit den anderen Gestaltwandlern im Haus der Krieger des Lichts leben. Dann wäre er Teil eines größeren Ganzen, einer der Krieger an vorderster Front, um die Welt vor einer möglichen Rückkehr der Dämonen zu bewahren.

Kieran starrte zu den Dachbalken empor, während seine Gedanken den Atlantik überquerten. Würde er sich – wenn er die Wahl hätte und nach reiflicher Überlegung – aus freien Stücken dafür entscheiden, der neue Fuchs-Wandler zu werden?

Mit einem leichten Lächeln antwortete er sich selbst mit einem Nicken. Zur Hölle, ja.

»Neue Paare bilden!« rief er, worauf drei weibliche Rekruten wie von der Tarantel gestochen auf ihn zustürzten. Alle hatten diesen Ausdruck in den Augen, der verriet, dass sie auf der Stelle zu jeder von ihm gewünschten Art von Paarbildung bereit wären. Er bedachte alle drei mit einem Grinsen und winkte eine der Frauen zu sich, während er die beiden anderen mit dem Gesicht zueinander Aufstellung nehmen ließ. Alle drei lachten. Diejenige, die er als Trainingspartnerin auserkoren hatte, lächelte ihn übers ganze Gesicht an, ein Lächeln, das schlagartig in Überraschung umschlug, als er ihr die Beine unter dem Körper wegriss. Mit einem spitzen Schmerzensschrei landete sie rücklings auf dem harten Holzboden.

Er lehnte den Gebrauch von Matten im Training ab. Therianer waren unsterblich und trugen keine dauerhaften Verletzungen davon. Sie mochten sich beim Sturz vielleicht etwas brechen, kurierten den Schaden jedoch innerhalb einer Minute wieder aus. Je früher sie lernten, mit Schmerzen umzugehen, desto besser. Wenn sie nicht für die Therianerwache taugten, wollte er es lieber gleich wissen.

»Denk immer nur an den Kampf, Süße«, riet er der Frau, während er ihr hochhalf.

Sie warf ihm einen Blick zu, der aus einer Mischung aus argwöhnischem Lächeln und weiblicher Neugier bestand. »Du hast es echt drauf, Kieran.«

Er lachte. »Ja, das stimmt. Aber das Einzige, was ich dir hier zeigen werde, Süße, sind ein paar Tricks, die dir möglicherweise das Leben retten, falls die Dämonen jemals zurückkehren. Na komm«, forderte er sie auf, nahm eine geduckte Kampfhaltung ein und fing an, sie zu umkreisen. »Woll’n doch mal sehen, was du so draufhast.«

Fünfzehn Minuten später gönnte er sich eine Pause und ließ das Training von einem seiner Untergebenen fortführen, während er ein Handtuch nahm und sich den Schweiß von Stirn und Nacken wischte. Jill, eine seiner Stellvertreterinnen, reichte ihm einen Becher Wasser. Ihre endlos langen Beine steckten in einer schwarzen Kampfhose, und ihr Lächeln war so warm und einladend wie ein irischer Pub in einer kalten Winternacht.

»Ich habe noch nie so viele Therianerinnen gesehen, die das Kämpfen lernen wollen«, sagte sie leise. »Die meisten von ihnen haben hier nichts verloren.«

Kieran zuckte die Achseln. »Sie wollen lernen, sich zu verteidigen.«

Jill schnaubte. »Sie hoffen auf eine Chance, in deinem Bett zu landen. Du bist eine Legende … das weißt du doch.«

Oh ja, das wusste er, auch wenn es schon beinahe normal für ihn war.

Er ließ den Blick durch den Raum schweifen und stellte fest, dass nahezu zwei Drittel der Schüler dem, was er tat, mehr Aufmerksamkeit schenkten als den eigenen Gegnern. Kein Wunder, wo doch zwei Drittel seiner Schüler weiblich waren. Er war mit der Gabe gesegnet oder gestraft – das zu entscheiden fiel ihm oft schwer –, die gleiche Anziehungskraft auf das weibliche Geschlecht auszuüben wie Nektar auf Bienen, ob er nun wollte oder nicht. Sie beobachteten ihn mit höchst einladenden Blicken, wobei sich die Mutigeren ihm ganz offen an den Hals warfen.

»Als der Aufruf an die therianischen Enklaven erging, die eigenen Leute kampftauglich und fit zu machen, wollte jedes weibliche Wesen von den britischen Inseln in unsere Trainingsgruppe. Ich frage mich, warum«, fügte Jill trocken hinzu.

Kieran trank einen großen Schluck kaltes Wasser und lächelte. »Eifersüchtig, Süße?«

Ihre Miene wurde ernst. »Das könnte ich tatsächlich sein, Kieran. Wäre ich der festen Überzeugung, dein Herz je gewinnen zu können.«

Er wand sich innerlich. Das war genau die Art von Unterhaltung, die er hasste, weil er den Gedanken zutiefst verabscheute, ihr wehzutun – oder irgendeiner anderen Frau.

»Ich besitze kein Herz, das ich dir schenken könnte, Jill«, sagte er mit leisem Bedauern.

»Das hast du mir schon so manches Mal gesagt, Kieran, aber du irrst dich. In deiner durchtrainierten Brust schlägt ein großes Herz. Du hast einfach nur noch nicht die Richtige gefunden. Und sosehr ich mir auch das Gegenteil wünschte, ich bin es nicht.«

Nein, das war sie nicht. Keine Frau war es. Und genau das hatte er ihnen allen klarzumachen versucht. Er hatte den Tod einer Frau mit ansehen müssen, die er mehr als sein eigenes Leben geliebt hatte. Und dabei war es bedeutungslos, dass es sich um seine Schwester gehandelt hatte und nicht um seine Geliebte. Über die Jahrhunderte hinweg war er immer wieder Zeuge geworden, wie gute Freunde sich in einem Ritual mit ihren auserwählten Gefährten verbanden – ihren Geist und ihre Seele –, um dann miterleben zu müssen, wie der Hinterbliebene unsägliche Qualen litt und nicht mehr in der Lage war, ein normales Leben zu führen, wenn der Partner starb. Paarbindungen zwischen Unsterblichen waren weit mehr als nur das gegenseitige Versprechen von Liebe und Wertschätzung. Man konnte sie nie wieder lösen.

Nein, eine Gefährtin würde er sich niemals nehmen. Wenn der Schmerz über den Verlust einer Schwester schon so groß war, wie viel schlimmer musste es dann wohl sein, die Gefährtin zu verlieren? Schon vor langer Zeit war er daher zu dem Schluss gekommen, dass jede Art von Liebe letztendlich zu einem gebrochenen Herzen und sonst nichts führte. Da war er ohne besser dran.

Er legte den Arm um Jills Hals und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Du bist wirklich scharf, Süße. Und ich liebe dich auf meine Weise. Das weißt du.«

»Ja, ich weiß, Kieran. Ich weiß.«

Während er Jill losließ, richtete er sein Augenmerk wieder auf die Trainingsgruppe. Dabei ignorierte er die Frauen, von denen die meisten ihm immer noch mehr Aufmerksamkeit schenkten als ihren Gegnern. Zwei Männer stachen für Kieran aus der Gruppe hervor: ein Kleinerer, der in seinen Augen eine Führungspersönlichkeit besaß, und ein bulliger Waliser mit einem Blick, der Kieran nicht gefiel. Er sah darin ein hartes Leuchten, hinter dem Kieran einen Hang zur Bösartigkeit zu erkennen meinte. Der Mann würde sich in Kürze entweder von seiner Einstellung trennen oder die Trainingsgruppe verlassen müssen.

Mit einer schnellen und entschlossenen Aktion schaffte es der Gegner des Walisers in diesem Moment, den ihm an Körpergröße überlegenen Mann zu Boden zu werfen. Kieran sah etwas Metallisches aufblitzen, als der Waliser – noch auf dem Hosenboden sitzend – ausholte. Ein Messer, verdammt! Blut spritzte, als die Klinge den Oberschenkel des kleineren Mannes aufschlitzte.

Verflucht!

Wütend stürmte Kieran durch die Halle, verpasste dem Mistkerl einen Fausthieb mitten ins Gesicht und entriss ihm das Messer, das er mit einem kräftigen Wurf tief in einem der Holzbalken an der Wand versenkte.

»Was habe ich euch am ersten Trainingstag gesagt?«, dröhnte er. »Keine Messer! Keine. Messer.«

Der Waliser sprang mit vor Zorn sprühenden Augen auf. Und plötzlich verwandelten sich seine Augen in die eines Tieres, wie es nur bei einem echten Gestaltwandler geschehen konnte.

Heilige Scheiße!

Unter Kierans ungläubigem Blick schossen dem Kerl Reißzähne aus dem Mund – und der Bastard fing an zu lachen. Auch wenn er erst noch die Gestalt wandeln musste – was erst geschehen würde, wenn er von den übrigen Kriegern des Lichts durch ein Ritual mit seinem Tier vereint worden wäre –, war klar, dass der neue Fuchs-Wandler gefunden war. Auch frisch gezeichneten Gestaltwandlern konnten immerhin schon Reißzähne und Klauen wachsen.

Er starrte diesen Widerling an. Das sollte der Beste in der Linie der Fuchs-Wandler sein? Na dann, verdammter Mist.

Der neue Krieger des Lichts schwang herum und traf Kieran ausnahmsweise einmal unvorbereitet. Zu spät bemerkte Kieran, dass die Hand, die ihn angriff, mit lauter scharfen Krallen versehen war. Er spürte, wie sie ihm das Gesicht von der Schläfe bis zum Kiefer aufschlitzten, Haut und Muskeln wegrissen und sich ein warmer Blutstrom über ihn ergoss.

Ein brennender Schmerz begleitete den Heilungsprozess in seinem Gesicht, der umgehend einsetzte. Rasende Wut flammte in Kieran auf, dass ausgerechnet dieses Arschloch dazu auserkoren worden war, die Rasse zu verteidigen, und der Fuchsgeist ihn wegen so einer gemeinen Kreatur übergangen hatte.

Mit lautem Knurren teilte Kieran einen Schlag aus, der dem Mistkerl zeigen sollte, dass er es trotzdem noch mit ihm aufnahm, doch seine Hand konnte … wollte … sich nicht zur Faust schließen, und zerkratzte dem Waliser stattdessen das Gesicht. Nein, er zerkratzte es nicht nur … sondern zerfleischte es förmlich. Ungläubig starrte er auf die Fleischfetzen in der Visage des schockierten Mannes … und auf die blutigen Klauen, wo sich eben noch seine Fingernägel befunden hatten.

Was zum Teufel ging hier vor? Hatte er sich etwa in ein verfluchtes Monster verwandelt?

Mit der Zunge fuhr er über seine Zähne, die plötzlich viel mehr geworden zu sein schienen und seinen Mund ausfüllten. Nein, nicht einfach Zähne. Reißzähne. Wie der Waliser war auch er wild geworden – so nannten sie es, wenn sich die ersten äußeren Merkmale des Tieres zeigten.

Aber … gleich zwei neue Krieger des Lichts? Unmöglich … es sei denn, ein weiterer Krieger war gestorben, ohne dass sie davon wussten. Schockiertes Entsetzen und freudiger Stolz kämpften in seinem Innern miteinander.

Mit großen Augen versammelten sich die anderen schweigend um sie herum. Es geschah nicht alle Tage, dass ein Therianer einen Krieger des Lichts zu Gesicht bekam. Kieran selbst hatte noch nie das Vergnügen gehabt; nicht in seinen gesamten dreihundert Jahren. Heute war er selbst offensichtlich einer geworden.

Plötzlich fingen alle gleichzeitig an zu reden.

»Ich dachte, nur der Fuchs wäre gestorben.«

»Vielleicht wurden die Krieger wieder angegriffen, und wir haben nichts davon erfahren.«

»Du musst im Haus des Lichts anrufen.«

Kieran begegnete dem Blick des Walisers und war froh zu sehen, dass die Augen des Mannes wieder menschlich und sowohl Reißzähne als auch Krallen wieder verschwunden waren. Auch Kierans bildeten sich zurück.

Jill trat mit weit aufgerissenen Augen zu ihnen. Der Schock war ihr deutlich anzusehen. »Dann verlässt du uns also … um zu den Kriegern zu gehen.«

»Aye.« Dieser Gedanke ließ ihn erschaudern.

»Keine ungefährliche Sache«, fuhr sie mit brüchiger Stimme fort. »Sie kämpfen an vorderster Front. Zwei sind gestorben.«

Doch die Front war genau das, wo er hinwollte. Er wollte gegen das Böse kämpfen, etwas verändern. Er begegnete dem Blick des Walisers und bemerkte wieder diesen Ausdruck in dessen Augen, der ihm nicht gefiel. Vielleicht war der Mann einer von denen, die Probleme mit Autoritäten hatten, in welcher Form auch immer. Oder aber er war einfach nur ein Arschloch. Wie dem auch sei, anscheinend waren sie von nun an Brüder – für den Rest ihres unsterblichen Lebens.

Als er das Handy hervorholte, um in seiner Enklave nach der Telefonnummer des Hauses des Lichts zu fragen, bekam er eine Gänsehaut auf den Armen, die ankündigte, dass seine Intuition ihm etwas mitzuteilen hatte, was vermutlich mal wieder von geringem Nutzen sein würde.

Falsch.

Falsch? Was zum Teufel sollte das bedeuten? Dass er falschlag, wenn er dachte, seine »Gabe« sei von geringem Nutzen? Oder dass es falsch war, genau jetzt im Haus des Lichts anzurufen? In Washington, D.C. war es jetzt … ungefähr 7:30 Uhr. Zu früh?

Oder hatte die Eingebung einen tieferen Sinn?

Wer wusste das schon? Es hatte keinen Zweck, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Was geschehen war, war geschehen. Er war gezeichnet worden, um in den erlesenen Kreis der Krieger des Lichts aufgenommen zu werden. Daran ließ sich nicht rütteln. Aber das wollte er auch gar nicht.

Sein Leben lang hatte er gehofft, dass dieser Augenblick eines Tages kommen möge, und nun würde er das verflucht noch mal feiern. Auch wenn ihm sein Bauch dieses eine Wort ohne Unterlass zuflüsterte.

Falsch.

Drei Tage zuvor

Unmittelbar vor Sonnenaufgang nach einer wolkenlosen Nacht stapfte Kieran – umrahmt von alten wie neuen Kriegern des Lichts – durch die Wälder hoch über den felsigen Klippen des Potomac in Great Falls, Virginia. Er hatte angenommen, dass die Zeichnung von gleich zwei Kriegern des Lichts – ihm und dem Waliser – eine Folge des Todes zweier Krieger war, was sich jedoch – der Göttin sei Dank – nicht bewahrheitet hatte.

Jahrtausendelang hatte es auf der Welt sechsundzwanzig Krieger gegeben, sechsundzwanzig Tiergestaltwandler, die alle in die Gestalt eines anderen einzigartigen Tieres schlüpfen konnten. Dann, vor sechshundert Jahren, waren siebzehn von ihnen in eine Geistfalle geraten und kehrten nie wieder zurück. Die Geistfalle hatte Mann und Tiergeist getrennt, die Männer getötet und die Tiergeister gefangen gehalten, sodass sie nie den Nächsten zeichnen konnten. So hatte es seit sechshundert Jahren nur noch neun Krieger des Lichts gegeben.

Doch plötzlich war vor einer Woche der erste der siebzehn verlorenen Tiergeister zurückgekehrt. Diese Nachricht war nicht bis nach Dublin vorgedrungen, und so hatten die Krieger geglaubt – ohne dass man sie eines Besseren hätte belehren können –, dass ihr neuer Fuchs-Wandler zu ihnen gestoßen sei. Überrascht hatten sie feststellen müssen, dass sich der neue Krieger in einen Säbelzahntiger verwandelte, eines der siebzehn verlorenen Tiere. Noch während sich die Krieger darüber freuten, waren acht weitere – inklusive Kieran und dem Waliser – gezeichnet worden und hatten sich auf den Weg zum Haus des Lichts gemacht. Heute war ihre Wiedergeburt, das Ritual, bei dem sie sich zum ersten Mal in ihre Tiere verwandelten und so enthüllt werden würde, welches Tier wen ausgesucht hatte.

Kieran stieg die Felsen hinab. Er wurde von Jag, einem der neun ursprünglichen Krieger, und Ewan begleitet, der auch gerade erst gezeichnet worden war. Mit ihm hatte er im Laufe der letzten Jahrzehnte ab und an dies- und jenseits des Atlantiks gekämpft. Ein guter Mann, der Göttin sei Dank. Hätten alle das Wesen des Walisers, wären Kieran vielleicht Zweifel gekommen, ob der Tiergeist wirklich die Besten einer Art zeichnete, wie immer behauptet wurde. Die neuen Krieger waren im Großen und Ganzen ein ungehobelter Haufen, die alten dagegen wurden ihrem legendären Ruf in jeder Hinsicht gerecht. Nach allem, was Kieran bisher gesehen hatte, waren sie eine gute, ehrbare Truppe und eine wahrhaftige Bruderschaft.

»Wie läuft es ab?«, fragte Kieran Jag, während die Gruppe aus mehr als einem Dutzend unsterblichen Männern barfuß, mit nacktem Oberkörper über die Felsen schritt. Das Schlusslicht bildete Lyon, der Anführer der Krieger, zusammen mit seiner Gefährtin Kara, der Strahlenden.

»Zuerst beschwören wir einen mystischen Kreis auf dem Felsen der Göttin herauf, damit zufällig vorbeikommende Menschen nicht Zeuge des Ganzen werden. Danach ist Ritualzeit, mein Hübscher.« Jag grinste. »Ich will dir doch nicht die Überraschung verderben.«

Ein gewaltiges Zittern überlief Kieran. Er stand kurz davor, zum ersten Mal die Gestalt seines Tieres anzunehmen. Wie oft hatte er dies in seinen Träumen schon getan? Wie oft hatte er sich schon gefragt, wie es in den alten Zeiten wohl gewesen sein mochte, als noch alle Therianer die Gestalt wandelten? Er konnte gar nicht zählen, wie oft.

Während er die Felsen hinabstieg, fragte er sich, welcher der Tiergeister ihn wohl gezeichnet hatte. Er hoffte, es war der Fuchs, schließlich entstammte er dieser Linie. Seine Mutter hatte nicht viel über ihr therianisches Erbgut gewusst. Nur wenige Therianer nahmen sich einen festen Partner, und bis dies geschah, lebte kaum einer von ihnen monogam. Seine Mutter hatte ihren eigenen Vater nicht gekannt, noch viel weniger wusste sie etwas über dessen DNA. Das bedeutete, dass Kieran von jedem der siebzehn Tiergeister gezeichnet worden sein könnte und nicht nur vom Fuchs.

Er würde es schon bald erfahren.

Als sich die neun um Kara scharten, wandte Lyon sich an die Neulinge. »Kommt nicht näher, bis wir euch dazu auffordern. Wenn Kara strahlt und ihr sie berührt, ohne einen Armreif zu tragen, tötet sie euch.«

»Du solltest sie mal sehen, wenn sie glüht«, sagte Ewan leise zu Kieran. »Das ist ein Anblick, den man nicht vergisst.«

Kieran grinste. »Es ist ein Anblick, an den wir uns gern gewöhnen werden.«

Ewan gluckste. Er war ebenso aufgeregt wie Kieran. »Das werden wir.«

Dann beobachtete Kieran, wie Kara die Arme hob und buchstäblich zu leuchten begann, als hätte sie einen Sonnenstrahl verschluckt. Sie war so bezaubernd, hübsch und noch recht jung, nicht einmal dreißig. Sie trug ein schmal geschnittenes Zeremoniengewand und dazu Flip-Flops. Das Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz hochgebunden. Er mochte sie wirklich sehr.

Lyon beobachtete seine Gefährtin voll wahrer Liebe und zärtlicher Hingabe, mit unübersehbarer Entschlossenheit, sie vor allem Bösen zu beschützen.

Rituelle Worte wurden gesprochen, Blut vergossen, und plötzlich spürte Kieran, wie ein Schwall von Energie und Kraft in einem Sturm der Euphorie durch seinen Körper schoss. Um ihn herum funkelten Lichter, und dann fand er sich auf Kniehöhe wieder, auf allen vieren, während ihm eine Schnauze aus dem Gesicht ragte. Die Aufregung war überwältigend, und dann verspürte er nur noch pure Freude, als er den Kopf drehte und sein rotes Fell, den buschigen Schwanz und den Körper eines Fuchses erblickte.

Er stand inmitten anderer Tiere und sah einen Eisbären, wo Ewan soeben noch gewesen war, ein Krokodil anstelle des Walisers, einen Grizzlybären, einen Schneeleoparden, einen weißen Tiger, einen Luchs und sogar einen Adler.

»Wandelt euch zurück«, forderte Kougar sie auf.

Kieran stellte sich vor, wieder auf zwei Beinen zu stehen, und in einem erneuten Sturm der Euphorie und einem Funkenregen aus sprühendem Licht kehrte er in seine menschliche Gestalt zurück.

»Von nun an werdet ihr für uns …« Kougars ausgestreckter Arm senkte sich und deutete von einem Krieger zum nächsten, wobei er bei ihm anfing. »Fox, Grizz, Polaris, Lepard, Witt, Eigle, Lynks und Croc sein.«

Ewan klopfte ihm auf den Rücken. »Na, was meinst du, Fox?« Er lachte herzlich. »Das wird den Damen gefallen.«

Kieran … nein, jetzt war er Fox … grinste und klopfte Ewan gleichfalls auf den Rücken. »Ich würde sagen, das ist eine tolle Nacht, Polaris. Eine wirklich tolle Nacht.«

Als Ewan sich umdrehte, um den anderen zu gratulieren, trat Jag näher, und er und Kieran packten den Unterarm des anderen im traditionellen Gruß der Krieger. »Willkommen im Rudel, Foxman.«

»Kara!«

Lyons erschreckter Aufschrei ließ Kieran und Jag herumwirbeln, und sie sahen, wie Kara ohnmächtig in Lyons Armen zusammenbrach. Keiner der neuen Krieger schien etwas zu bemerken, während die alten und Fox die Strahlende eng umringten.

»Was hat sie denn?«, fragte Fox.

Als Kara zu sich kam, legte sie den Arm um Lyons Hals. »Mir geht’s gut. Es liegt nur … am Ritual. Ich habe das Gefühl, als würde es mir jedes Mal alle Kraft aussaugen.«

Neun Krieger atmeten gleichzeitig erleichtert auf.

Lyon legte seine Stirn an die der Strahlenden. »Du hast mir Angst gemacht.«

Mit einem sanften Lächeln schmiegte Kara eine Hand an die Wange ihres Gefährten. »Ich liebe dich.«

»Liebste.«

Kieran … Fox … beobachtete sie und wunderte sich über den Mut … und die Dummheit der beiden, sich so sehr um einander zu sorgen, den anderen so innig zu lieben. Diesen Fehler würde er selbst auf keinen Fall jemals begehen.

2

Zwei Tage zuvor

Fox stapfte durchs Haus des Lichts. Die Absätze seiner Stiefel klackten laut auf den Holzdielen, der goldene Fuchskopf-Armreif, der während seiner ersten Verwandlung erschienen war, lag fest an seinem Oberarm, und in seinem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander. Seit Tagen flüsterte seine Intuition immer wieder dieses eine verfluchte Wort. Falsch.

Und nun glaubte er auch zu wissen, warum. Verdammt, alles war falsch. Die Situation im Haus des Lichts hätte nicht schlimmer sein können.

Vergangene Nacht hatten sich die neuen Krieger, jene, die von den verlorenen Tiergeistern gezeichnet worden waren, gegen die übrigen erhoben und versucht, sie zu vernichten. Jag und Paenther hatten schwere Verletzungen davongetragen, die so ernst waren, dass alle um ihr Leben gefürchtet hatten, doch sie würden durchkommen. Einer der neuen Krieger, Eigle, war tot. Und der Rest verschwunden. Sogar Ewan … Polaris.

Es war mehr als offensichtlich, dass die boshaften Zauberer dahintersteckten. Irgendwie hatten sie die Tiergeister aus ihrem Gefängnis befreit und mit einer Art dunkler Magie infiziert, die die Tiergeister nicht nur davon abgehalten hatte, die Besten einer Linie zu zeichnen, sondern zudem das Verhalten der neu hervorgegangenen Krieger kontrollierte, um sie als bösartige Kriegerarmee einsetzen zu können. Die guten Krieger des Lichts steckten in gewaltigen Schwierigkeiten.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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