Krieger des Lichts - Ungezähmtes Herz - Pamela Palmer - E-Book

Krieger des Lichts - Ungezähmtes Herz E-Book

Pamela Palmer

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Beschreibung

Vor tausend Jahren brach die schöne Ariana dem Krieger Kougar das Herz und verschwand kurz darauf spurlos. Seither hielt er sie für tot, bis er eines Tages erfährt, dass Ariana noch am Leben ist. Doch eine dunkle Macht bedroht ihrer beider Völker, und sie will sich die Verbindung zwischen Ariana und Kougar zunutze machen. Ihre Liebe darf nicht wieder entflammen und ist doch nie ganz erloschen.

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PAMELA PALMER

KRIEGER DES LICHTS

Ungezähmtes Herz

Roman

Ins Deutsche übertragen von

Firouzeh Akhavan-Zandjani

Für Kyle

Prolog

Anno Domini 1006

Auf dem blutigen Schlachtfeld nahm sie Gestalt an, eine Frau aus Nebel und Licht. Als sie zu Fleisch und Blut wurde, zerrte der kalte Wind an ihrer Tunika, stach ihr in die Wangen und riss dunkle Strähnen aus ihrem Zopf, sodass sie ihr vor ihren Augen flatterten. Unter Wolken, so dicht und grau wie die Wellen der aufgewühlten See, stand Ariana, die Königin der Ilinas, strich ihr Haar zurück und ließ den Blick über das Feld schweifen, auf dem eine Schlacht tobte zwischen Männern und Tieren.

Gestaltwandler.

Krieger des Lichts.

Es gab nur noch sechsundzwanzig echte Gestaltwandler auf der Welt, wo es doch einst Tausende gewesen waren. Sechsundzwanzig, jeder aus einer anderen Ahnenlinie stammend, einer anderen Tierart zugehörig. Raubkatzen und Bären, ein Pferd, ein Wolf und ein riesiger Fuchs, neben solchen, die keine geborenen Kämpfer waren und daher in ihrer menschlichen Gestalt fochten – unter anderem ein Adler und ein Bussard. Die Krieger des Lichts kämpften gegen ihre Erzfeinde – die Zauberer.

Aus dem Nebel tauchte neben ihr ihre Stellvertreterin Melisande auf, deren grazile Züge sich angewidert verhärteten, als sie die Kampfszene betrachtete. »Er möchte, dass du zusiehst, wie er tötet?«

»Er ist mein Gefährte, Melisande.« Trotz aller in dieser Rüge liegenden Ruhe fehlte es ihr nicht an Schärfe.

Ariana wusste, dass die Zurechtweisung nichts brachte. Melisande war ganz und gar nicht damit einverstanden gewesen, dass sich ihre Königin einen Gefährten nahm, und dann auch noch einen Gestaltwandler. Genau genommen war keine ihrer Kriegerinnen besonders glücklich über ihre Entscheidung gewesen, eine Entscheidung, mit der sie nun einmal zu leben hatten, da Ariana ihren Krieger des Lichts über alles liebte.

»Ich habe keine Ahnung, warum Kougar mich gerufen hat«, gab Ariana zu.

Das Klirren der Schwerter wurde vom Schmerzensschrei eines Zauberers übertönt, als der riesige Fuchs ihm den Arm abriss. Noch während sie dies beobachtete, machte der Löwe einen gewaltigen Satz und erleichterte einen anderen Zauberer in einer Gischt aus Blut um dessen Kopf.

Dann öffnete der Himmel seine Schleusen, und ein Schauer aus kleinen, schmerzhaften Hagelkörnern prasselte herab.

Ein großer goldener Puma löste sich aus dem Kampfgetümmel und rannte auf sie zu. Sein schlanker Katzenkörper bot eine prachtvolle Erscheinung, als er quer über das gefrorene Feld lief. Durch die mystische Verbindung, die sie für immer vereinte – die Paarbindung –, hatte er schon im Moment ihres Erscheinens gewusst, dass sie da war.

Als die Katze näher kam, verfiel sie in Schritttempo, um gleich darauf in einem funkelnden Regenbogen blendenden Lichts zu erstrahlen. Einen Augenblick später war an ihre Stelle ein Mann in einer dunkelblauen Kampftunika getreten, in dessen Gürtel Messer und ein Schwert steckten. Sämtliche Krieger des Lichts waren größer, stärker und edler als alle anderen männlichen Wesen auf Erden. Kougar – deren Anführer und ihr Mann – war zweifellos der edelste von allen. Sein Haar war so dunkel wie ihres, sein Bart kurz geschnitten, seine Augen hell wie Eis, doch zugleich loderte eine wilde und zugleich gütige Flamme darin.

Eine wohlige Wärme sickerte durch ihre Adern.

Obwohl sein Blick freundlich blieb, als er schließlich vor ihr stand, zog Kougar ein finsteres Gesicht. »Zwei weitere deiner Kriegerinnen haben uns während der Vorbereitungen zur Schlacht angegriffen, Liebes.«

Ariana sah ihn entgeistert an. »Nein. Sie wissen, dass ich mir das verbitte! Wo sind sie?«

»Horse hat einer die Hand abgeschlagen, Snake der anderen den Arm. Sie haben sich beide in Nebel aufgelöst und sind geflohen.«

Ihre Gliedmaßen würden schnell nachwachsen, so wie alle Körperteile einer Ilina, was jedoch sehr schmerzhaft werden würde. Weitaus besorgniserregender war jedoch die Tatsache, dass sie die Krieger des Lichts entgegen ihrem strikten Befehl überhaupt angegriffen hatten. Verdammt. Ihre Frauen hatten die Verbindung zwischen ihr und ihrem Krieger nie akzeptiert.

Melisande warf Kougar einen feindseligen Blick zu. »Wie viele Krieger hast du heute verloren?«

»Keinen.«

»Wie schade.«

Ariana bedachte ihre Freundin mit einem strengen Blick. »Mel.«

Kougar deutete eine spöttische Verbeugung an. »Dein liebreizendes Wesen erhellt jedes Schlachtfeld, Melisande.«

»Zur Hölle mit dir, Krieger.«

Ariana blickte ihrer Vertreterin in die Augen. »Warum greifen meine Frauen die Krieger an? Ich habe ganz klar befohlen …«

Melisande hob die Hände. »Ich schwöre, damit habe ich nichts zu tun.« Ihr Blick durchbohrte Kougar. »Sosehr ich dies auch gutheißen mag.« Melisande sah Ariana wieder an, wobei ihr Blick zusehends besorgter wurde. »Im Tempel wurde über Verwilderung gesprochen. Ich habe nichts darauf gegeben, hätte es aber vielleicht tun sollen. Kann sein, dass einige vom bösen Geist befallen worden sind.«

»Gütige Göttin, das will ich nicht hoffen.« Gegen den bösen Geist gab es kein Heilmittel, keine Möglichkeit, ihn zu zerstören, außer durch den Tod der Befallenen. »Such sie.«

Melisande nickte und warf Kougar zum Abschied noch einen letzten Blick zu. »Warum tust du uns beiden nicht den Gefallen, im Kampf zu sterben?« Mit einer schnellen Bewegung ihrer Hand löste sich Melisande in Nebel auf und war verschwunden.

Kougar schüttelte den Kopf. »Sie würde sogar die Göttin höchstpersönlich herausfordern.« Er rieb sich direkt über dem Herzen mit der Faust die Brust, als wäre er tatsächlich verletzt worden.

»Alles in Ordnung?«, erkundigte sie sich.

Seine Faust hielt inne, und sein überraschter Blick verriet, dass er gar nicht bemerkt hatte, was er tat. »Mir geht’s gut.« Er trat vor und legte seine großen Hände sanft um ihre Schultern, während hinter ihnen in einiger Entfernung die Schlacht tobte. »Was ist nur mit deinen Kriegerinnen los? Nun sind es schon vier in ebenso vielen Tagen, die uns angegriffen haben. Der böse Geist fordert selten mehrere Opfer gleichzeitig.«

Ariana zuckte die Schultern, obwohl sie selber mehr als besorgt war. »Ich kümmere mich darum.«

Enttäuschung blitzte in den Augen ihres Wandlers auf, und sie verspürte ein Prickeln durch das Band, welches sie aneinanderknüpfte. Er ballte die Hände zu Fäusten.

»Ich bin dein Mann, Ariana. Ich bin hier, um dir zu helfen, mit solchen Schwierigkeiten fertigzuwerden.«

Ihre Laune verschlechterte sich, und sie hob herausfordernd das Kinn. »So wie du mich dir helfen lässt? Ich habe dir angeboten, dir heute im Kampf zur Seite zu stehen, und du hast abgelehnt.«

»Natürlich habe ich das. Dies ist unser Krieg, nicht eurer.«

»Und für die Ilinas bin ich verantwortlich, nicht du.«

Als der kalte Wind aufbrauste und die Rufe und das Geschrei des Kampfes herantrug, blickte Kougar sich um. »Ich muss zurück. Geh und bring dich in Sicherheit. Wir reden später darüber, welche Rolle ein Mann im Leben seiner Gefährtin spielt.«

»Später fallen wir uns in die Arme und denken nicht einmal mehr ans Reden.«

Ein vielsagendes Lächeln erschien auf Kougars schönen Lippen. »So wird es ganz sicher sein.« Er zog sie an sich, presste seinen geöffneten Mund auf ihren und stieß mit seiner warmen Zunge durch die gierigen Lippen. Der Kuss dauerte nur Sekunden und sorgte dennoch dafür, dass sie sich anschließend schwach und stark zugleich fühlte.

Als sie sich voneinander losrissen, brachte Ariana nur ein gequältes Lächeln zustande. Streitgespräche endeten immer auf dieselbe Weise.

Erneut rieb sich Kougar die Brust, und er presste seine Lippen aufeinander.

Als sie ihm einen wütenden Blick schenkte, zuckte er die Achseln. »Nur ein Zwicken in der Brust.«

»Schmerzt die Paarbindung etwa?«

Kougar lächelte. »Das behaupten meine Männer, aber so ist es nicht. Niemals.«

Er schob seine Hand unter ihr Kinn und küsste sie noch einmal, wobei seine Zunge wie ein Versprechen in ihren Mund glitt. Als er sich löste, meinte sie, in der innigen Tiefe der Liebe, die aus seinem Blick sprach, versinken zu müssen.

Ariana streichelte ihm über die Wange. »Pass auf dich auf, meine Bestie.«

Kleine Fältchen traten in seine Augenwinkel. »Aber immer doch.« In einer fließenden Bewegung voller Kraft und Anmut drehte er sich um und tauchte durch einen Funkenschauer blitzender Lichter ab, um auf vier Pfoten zu landen und zum Schlachtfeld zurückzueilen.

Mit vor Lust und Liebe pochendem Herzen verwandelte Ariana sich entspannt in ihre natürliche nebelartige Form, dachte an ihr Schloss im Kristallreich und spürte, wie sich wenige Augenblicke später die mit Gold und Juwelen verzierte Große Halle mit der hohen Decke um sie herum bildete. Kougar sagte oft zu ihr, dass sie in ihrem nebelartigen Zustand wie ein Geist aussähe: Zwar konnte man ihren Körper sehen, aber nicht danach greifen. In Fleisch und Blut war sie ihm lieber. Und wenn er sie an seinen stählernen Körper zog, dann bevorzugte auch sie ohne Frage diese Form.

Sie sah sich um und war erstaunt, dass ihre Kriegerinnen nicht da waren. Insgesamt gab es nur einhunderteinundvierzig Ilinas, von denen nicht alle im Hier lebten, sondern teilweise weit abseits von der übrigen Welt. Vor langer Zeit hatten die Ilinas das Kristallreich errichtet, welches kaum mehr war als ein Schloss, hoch oben über der Erde in einem Energiegürtel, der als Syphianischer Strom bekannt war. Ein Schloss in den Wolken, zu dem nur diejenigen Zutritt hatten, welche sich in Nebel verwandeln konnten, sowie deren Gäste. Oder Gefangene.

Aus einer Nebenhalle kam eine ihrer Kriegerinnen in die Große Halle geeilt. Getrill begrüßte sie mit äußerst besorgtem Blick. »Du bist zurück.«

»Wo sind denn alle?«

»In den Gärten.«

Ariana setzte sich in Bewegung, wobei sie annahm, dass die beiden auf dem Schlachtfeld verwundeten Frauen der Grund für die Sorgenfalten ihrer Freundin waren. Zweifellos bereiteten die beiden auch ihr selbst Kopfzerbrechen. Was um alles in der Welt sollte sie nur mit ihnen anstellen? Obwohl es das Recht und die Pflicht der Königin war, eine Kriegerin, die sich dem Bösen zugewandt hatte, unschädlich zu machen, haderte sie mit sich. Wie konnte sie eine der Ihren töten? Eine ihrer Schwestern, ihrer Freundinnen?

Sie war auf halbem Wege zu den Gärten, als ein Schrei die Stille zerriss.

Ariana erstarrte, dann wünschte sie sich an ihr Ziel und löste sich in Nebel auf, um die Strecke in Sekundenbruchteilen zurückzulegen. Sie erreichte den Innengarten und fand Melisande, Brielle und mehr als ein Dutzend ihrer Kriegerinnen im Kreis versammelt vor. In ihrer Mitte lag die sanftmütige Angelique am Boden und wand sich vor Schmerzen.

Einen Moment lang starrte Ariana sie verwirrt an. Angeliques Gliedmaßen waren unversehrt. Also war sie keine der beiden, die die Krieger angegriffen hatten. Stattdessen glühten Angeliques Augen so wild, wie Ariana es noch nie gesehen hatte. In ihnen spiegelte sich eine Besessenheit, aus der das Böse sprach.

»Was ist passiert?« In Arianas Worten schwang Angst mit, die allmählich ihr Herz und ihre Adern erfasste.

Melisande blickte mit kreidebleichem Gesicht auf. »Ich weiß es nicht. Sie kam gerade vom Tempel zurück und berichtete, dass die Frauen dort unten Menschenmänner entführen und quälen würden. Sie reißen ihnen die Augen aus, während sie sie reiten, Ariana. Und sie lachen, wenn sich die lustvollen Schreie dieser Männer in Schreie voller Todesqual verwandeln.«

»Wie bitte?«

»Sie gehörte auch zu ihnen, Ariana. Als köstliches Vergnügen hat sie es bezeichnet. Ich sah die Erregung in ihrem Blick.«

Angelique schrie wieder auf, krümmte sich unter Schmerzen, während sich ihr Körper unnatürlich verdrehte – und dann erstarrte. Ihr Gesicht nahm ein lebloses Grau an.

»Nein!«, stieß Brielle hervor.

Starr vor Entsetzen spürte Ariana tief im Innern, wie die Lebensfaser zerriss – die Faser, die jede einzelne Kriegerin mit ihrer Königin verband.

Angelique war tot.

Doch noch während der Schock über den Verlust an ihrem Herzen und Verstand nagte, spürte sie, wie das nächste Band zerriss. Und noch eins und noch eins. Octavia, Zerlina, Serafina. Tot, tot, tot.

Ariana schwankte, und das Entsetzen löste ihr Denkvermögen auf. »Sie sterben. Sie sterben alle.«

Überall im Garten ertönte das Wehklagen ihrer Kriegerinnen, als sie den Tod ihrer Schwestern fühlten. Nur ein kurzer Augenblick, dann merkte Ariana, dass sich ihre Schreie veränderten. Dass ihre Frauen anfingen zu tanzen. Dasselbe wilde Glühen, welches sie in Angeliques Augen gesehen hatte, lag nun auch in ihren Blicken.

Ariana starrte sie an, blickte hastig von einer zur nächsten – Getrill, Brielle, Marinn –, während sie allmählich verstand und von Panik ergriffen wurde.

Nein, nein und nochmals nein.

»Ariana?« Aber noch während Melisande sie ansprach, legte sich ein verschlagenes Lächeln auf ihre Lippen, und in ihren Augen glühte das Böse auf.

Ariana gefror das Blut in den Adern.

Oh heilige Göttin, möge sie ihnen beistehen.

Kougar wechselte in seine menschliche Gestalt, als Wind, dessen Haar vom Sturm zerzaust war, auf Horse angeritten kam. Wind saß ab, und dann nahm auch Horse in einem Meer aus funkelnden Lichtern wieder seine menschliche Gestalt an, sodass ihm die beiden, seine ältesten und engsten Freunde, Schulter an Schulter gegenüberstanden.

Am anderen Ende des Schlachtfeldes beglückwünschten sich die anderen Krieger, von denen sich einige noch in ihrer tierischen Gestalt befanden, gegenseitig zu einem gelungenen Kampf.

»Wir haben den letzten der Ringe zerstört«, berichtete Wind. »Es ist geschafft. Die Zauberer sind geflohen.«

»Gut. Lasst uns …«

»Kougar!«, erschallte es vom anderen Ende des Schlachtfelds. Ein Warnruf, kein Jubelschrei.

Kougar trafen die fragenden Blicke seiner Freunde, als er sich auch schon in die Katze verwandelte und auf allen vieren zurückrannte, ehe er sich erneut verwandelte. Seine Krieger standen um etwas … oder um jemanden herum. Argwohn lag in ihren Augen. Als sie zur Seite traten, um ihn durchzulassen, erblickte er eine am Boden liegende, offensichtlich von Schmerzen gepeinigte Frau. Noch eine von Arianas Nebelkriegerinnen, in ihrer körperlichen Gestalt. Und nur in dieser war es möglich, sie zu verwunden oder gar zu töten.

»Nicht schon wieder«, brummte Kougar. Sein Blick richtete sich auf den Eisbär-Wandler, der ihn gerufen hatte. Sollte er sie angegriffen haben, würden sie das bitter bezahlen müssen.

Der Krieger schüttelte den Kopf, als er die unausgesprochene Frage seines Anführers erahnte. »Sie tauchte vor wenigen Sekunden mit gezogenem Schwert vor mir auf, Kougar. Doch fast so schnell, wie sie erschien, brach sie auch zusammen. Keiner von uns hat sie angerührt.«

»Was geht hier vor?«, wollte Horse wissen, während er mit Wind zu ihnen trat.

Kougar schüttelte den Kopf, als die Ilina zu ihm hochsah und in ihrem Blick, der eigentlich schmerzerfüllt sein sollte, teuflische Freude aufblitzte.

»Der Tod ist über uns gekommen«, stieß sie hervor. »Die Rasse der Ilina existiert nicht mehr. Das Böse … verschlingt uns alle!«

Das letzte Wort noch auf den Lippen, erstarrte sie plötzlich, und ihr Fleisch wurde so grau wie der Winterhimmel.

»Sie ist tot.« Die Fassungslosigkeit, die in Winds Stimme mitschwang, dröhnte zusammen mit den letzten Worten der Nebelkriegerin durch Kougars Schädel.

Die Rasse der Ilina existiert nicht mehr.

Natürlich war sie von Sinnen. Dennoch bohrte sich die Sorge wie ein Schwert in seine Brust.

Er musste sofort seine Gefährtin sehen.

Als er die Hand fest auf seinen Armreif legte, dachte er ans Kristallreich und flüsterte die Zauberworte, die ihn zu Ariana bringen würden – sofern sie dort war. Er war der einzige Nicht-Ilina, der durch den im Armreif eingeflochtenen Zauber Zugang zu ihrer Feste hatte. Durch die Paarbindung hatte er die Fähigkeit erlangt, Ariana ins Kristallreich zu folgen.

Er spürte, wie der Zauber ihn erfasste, und wappnete sich für den schwindelerregenden Ritt. Gleich darauf löste sich der Zauber wieder auf, als hätte es ihn nie gegeben, und er befand sich immer noch am Ausgangspunkt, auf dem Schlachtfeld, inmitten seiner Männer.

Er knurrte, doch sein Herzschlag schwoll zu einem dumpfen Hämmern an, als ihn die Gewissheit erfasste, dass irgendetwas nicht in Ordnung war … ganz und gar nicht in Ordnung war.

Als er, die Hand fest auf den Armreif gepresst, die Worte ein zweites Mal leise murmelte, schlug der Schmerz zu wie eine Streitaxt – so heftig, dass er ihn in die Knie zwang, ihm die Brust zerschnitt und ihn beinahe in zwei Hälften spaltete.

»Kougar!« Wind packte seinen linken Arm, Horse den rechten.

Oh heilige Göttin.

Die Attacke überstieg seinen Verstand und brach sein Herz.

Die Paarbindung, dieses glänzende Kristallband, das sein Herz an Arianas geknüpft hatte, zersprang. Das Strahlen in seinem Innern erlosch, als wäre es nie da gewesen.

»Nein!«, brüllte er, wobei das Wort wie ein Echo in seinem Kopf widerhallte. »Sie ist fort. Ariana ist fort. Tot.«

Er konnte nicht atmen. Der Schmerz fraß ihn auf, ein quälend brennender Schmerz. Seine Klauen und Reißzähne schossen hervor, als das aus tiefster Seelenqual entstandene Bedürfnis, jemanden in Stücke zu reißen – ganz gleich wen –, in einem Wutanfall durch seinen Körper tobte.

»Bleib in deiner Haut!« Horse’ Stimme drang wie ein Pfeil in seinen Kopf und unterband die einsetzende Wandlung.

»Beruhige dich, mein Freund«, redete Wind auf ihn ein. »Beruhige dich. Dies ist nicht der Ort, um es herauszulassen. Wir bringen dich nach Hause.«

Kougars Sinne begannen zu schwinden. Die Farben vor seinen Augen verblassten, die Gerüche verflüchtigten sich fast gänzlich. Das Zerreißen der Paarbindung stürzte sein Inneres in ein tiefes Chaos. Alles, was er jetzt noch spürte, war der quälend brennende Schmerz, der ihn mit Haut und Haar verschlang.

Sein Körper würde weiterleben, da er so gut wie unsterblich war.

Doch sein Leben … war vorbei.

1

Heute

Auf vier Pfoten streifte Kougar durch die Straßen von Harpers Ferry, West Virginia. Immer wieder schlüpfte er in die nächtlichen Schatten der Gebäude aus dem neunzehnten Jahrhundert, die sich gegen den mondbeschienen Himmel erhoben und so still dalagen wie die Toten der Sezessionskriege oben auf dem Friedhofshügel. Seit der Schlacht vor vier Tagen – einem Kampf zwischen den Kriegern des Lichts, den Zauberern und den drei Geisterdämonen, die die Zauberer befreien konnten – war er allein durch diese Stadt gewandert.

Natürlich hatten die Krieger gewonnen, doch der Preis, den sie dafür hatten zahlen müssen, war den Sieg nicht wert gewesen. Zwei der Krieger, Hawke und Tighe, waren im Strudel der Zauberer verschwunden. In dieser Geistfalle wurden die Männer von ihrem Tier getrennt, und zwar innerhalb weniger Tage. Es blieb ihnen nicht viel Zeit, um die Krieger zu retten.

Und es gab nur einen Weg.

Lediglich eine Person hatte es jemals geschafft, in die Geistfalle einzudringen und sie lebend wieder zu verlassen. Eine Frau, die sich in Nebel verwandeln konnte, wenn sie wollte. Die Königin der Ilinas.

Aus Kougars Katzenkehle drang ein tiefes Knurren, als brennender Hass in ihm aufstieg.

Nur eine Frau konnte seine Brüder und deren Tiere retten.

Ariana, dieses Miststück, seine Frau.

Er hatte geglaubt, sie wäre tot. Tausend Jahre lang hatte er um sie getrauert, bis er vor einundzwanzig Jahren die Wahrheit erfuhr – dass Ariana und ihre Rasse ihren Untergang nur vorgetäuscht hatten, nachdem der böse Geist über sie gekommen war. An dieser Erkenntnis war er fast zerbrochen, bis er sich in Erinnerung rief, dass die Frau, die er einst liebte, nicht mehr existierte, verloren war an den bösen Geist, der sich ihrer Seele bemächtigt hatte. Seine geliebte Ariana hätte ihn niemals in dieser Weise getäuscht.

Als er herausfand, dass sie noch lebte, hatte er sich geweigert, sie aufzuspüren. Er hätte den seelenlosen Blick aus ihren toten Augen nicht ertragen. Doch mit der Gefangennahme von Hawke und Tighe vor vier Tagen hatte sich alles geändert. Er musste sie finden und zwingen, die Geistfalle aufzubrechen und die beiden zu befreien.

Das Problem war nur, dass er nicht wusste, wo sie war.

Auf Raubtierpranken rannte er zwischen zwei dicht nebeneinanderstehenden Backsteingebäuden hindurch und den nächtlichen Hügel hinauf, während das scharfe, rhythmische Pochen der Verzweiflung durch seine Adern dröhnte. Das Rauschen der beiden Flüsse, die Harpers Ferry flankierten, wurde vom Rattern eines herannahenden Zuges übertönt. Die Geräusche schienen immer lauter zu werden, bis sogar das Zirpen der Insekten zu einem Kreischen in seinen Ohren wurde.

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