Kriegsmaschinen - Roboter im Militäreinsatz (TELEPOLIS) -  - E-Book

Kriegsmaschinen - Roboter im Militäreinsatz (TELEPOLIS) E-Book

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Beschreibung

Militärroboter sind keine Science fiction mehr. Ihre Bedeutung in bewaffneten Konflikten hat in den letzten zehn Jahren massiv zugenommen. Insbesondere US-Präsident Obama setzte im Kampf gegen den Terrorismus stark auf Drohnen - und konnte mit der Tötung Osama bin Ladens einen spektakulären Erfolg seiner Strategie verzeichnen. Die in diesem Buch versammelten Beiträge betrachten das Problem der Militärroboter aus unterschiedlichen Perspektiven: Friedensforscher und Informatiker kommen ebenso zu Wort wie Filmhistoriker, Philosophen und Science-Fiction-Autoren.

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Seitenzahl: 356

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Kriegsmaschinen – Roboter im Militäreinsatz

www.telepolis.de

Das Online-Magazin TELEPOLIS wurde 1996 gegründet und begleitet seither die Entwicklung der Netzkultur in allen Facetten: Politik und Gesetzgebung, Zensur und Informationsfreiheit, Schutz der Privatsphäre, wissenschaftliche Innovationen, Entwicklungen digitaler Kultur in Musik, Film, bildender Kunst und Literatur sind die Kernthemen des Online-Magazins, welche ihm eine treue Leserschaft verschafft haben. Doch TELEPOLIS hat auch immer schon über den Rand des Bildschirms hinausgesehen: Die Kreuzungspunkte zwischen realer und virtueller Welt, die »Globalisierung« und die Entwicklung der urbanen Kultur, Weltraum und Biotechnologie bilden einige der weiteren Themenfelder.

Als reines Online-Magazin ohne Druckausgabe nimmt TELEPOLIS damit eine einzigartige Stellung im deutschsprachigen Raum ein und bildet durch seine englischsprachige Ausgabe und seinen internationalen Autorenkreis eine wichtige Vermittlungsposition über sprachliche, geografische und kulturelle Grenzen hinweg. Verantwortlich für das Online-Magazin und Herausgeber der TELEPOLIS-Buchreihe ist Florian Rötzer.

Die TELEPOLIS-Bücher basieren auf dem Themenkreis des Online-Magazins. Die Reihe schaut wie das Online-Magazin über den Tellerrand eingefahrener Abgrenzungen hinaus und erörtert Phänomene der digitalen Kultur und der Wissensgesellschaft.

Eine Auswahl der bisher erschienenen TELEPOLIS-Bücher:

Alfred Krüger

Angriffe aus dem Netz

Die neue Szene des digitalen Verbrechens

2006, 220 Seiten, 19 €

Vanessa Diemand, Michael Mangold,

Peter Weibel (Hrsg.)

Weblogs, Podcasting und Videojournalismus

Neue Medien zwischen demokratischen

und ökonomischen Potenzialen

2007, 234 Seiten, 18 €

Peter Bürger

Bildermaschine für den Krieg

Das Kino und die Militarisierung der

Weltgesellschaft

2007, 224 Seiten, 18 €

Andreas Lober

Virtuelle Welten werden real

Second Life, World of Warcraft & Co:

Faszination, Gefahren, Business

2007, 174 Seiten, 16 €

Stephan Schleim

Gedankenlesen

Pionierarbeit der Hirnforschung

2008, 184 Seiten, 18 €

Rainer Sommer

Die Subprime-Krise und ihre Folgen

Von faulen US-Krediten bis zur Kernschmelze

des internationalen Finanzsystems

2., aktualisierte und erweiterte Auflage

2009, 232 Seiten, 19 €

Stefan Weber

Das Google-Copy-Paste-Syndrom

Wie Netzplagiate Ausbildung und

Wissen gefährden

2., aktualisierte Auflage

2009, 196 Seiten, 16 €

Klaus Schmeh

Versteckte Botschaften

Die faszinierende Geschichte der

Steganografie

2009, 246 Seiten, 18 €

Vanessa Diemand, Uwe Hochmuth,

Christina Lindner, Peter Weibel (Hrsg.)

Ich, Wir und Die Anderen

Neue Medien zwischen demokratischen

und ökonomischen Potenzialen II

2009, 212 Seiten, 18 €

Matthias Brake

Mobilität im regenerativen Zeitalter

Was bewegt uns nach dem Öl?

2009, 154 Seiten, 16 €

Stefan Selke, Ullrich Dittler (Hrsg.)

Postmediale Wirklichkeiten

Wie Zukunftsmedien die Gesellschaft

verändern

2009, 256 Seiten, 19 €

Matthias Becker

Datenschatten

Auf dem Weg in die Überwachungsgesellschaft?

2010, 182 Seiten, 16,90 €

Lothar Lochmaier

Die Bank sind wir

Chancen und Perspektiven von

Social Banking

2010, 160 Seiten, 15,90 €

Harald Zaun

S E T I – Die wissenschaftliche Suche

nach außerirdischen Zivilisationen

Chancen, Perspektiven, Risiken

2010, 320 Seiten, 19,90 €

Stefan Selke, Ullrich Dittler (Hrsg.)

Postmediale Wirklichkeiten aus

interdisziplinärer Perspektive

Weitere Beiträge zur Zukunft der Medien

2010, 256 Seiten, 19,90 €

Stephan Schleim

Die Neurogesellschaft

Wie die Hirnforschung Recht und Moral

herausfordert

2011, 218 Seiten, 18,90 €

Astrid Auer-Reinsdorff, Joachim Jakobs,

Niels Lepperhoff

Vom Datum zum Dossier

Wie der Mensch mit seinen schutzlosen

Daten in der Informationsgesellschaft

ferngesteuert werden kann

2011, 182 Seiten, 16,90 €

Marcus B. Klöckner

9/11 – Der Kampf um die Wahrheit

2011, 218 Seiten, 16,90 €

Weitere Informationen zu den TELEPOLIS-Büchern und Bestellung unter: www.dpunkt.de/telepolis

Hans-Arthur MarsiskeHans-Arthur Marsiske, geb. 1955, lebt und arbeitet als freier Autor in Hamburg. An der dortigen Universität hat er Soziologie und Sozialund Wirtschaftsgeschichte studiert. Die Entwicklung der Robotik und künstlichen Intelligenz verfolgt er am liebsten als Zuschauer von Roboterwettkämpfen und berichtet darüber in der Zeitschrift c’t, im Online-Magazin Telepolis sowie anderen Print- und Onlinemedien. Buchveröffentlichungen: »Endspiel 2050 – Wie Roboter Fußball spielen lernen« (2003; mit Hans-Dieter Burkhard), »Heimat Weltall – Wohin soll die Raumfahrt führen?« (2005).

Hans-Arthur Marsiske (Hrsg.)

Kriegsmaschinen

Roboter im Militäreinsatz

 

 

 

E-Mail: [email protected]: Florian Rötzer, München, [email protected]

 

Lektorat: Dr. Michael BarabasCopy-Editing: Dr. Anja Stiller, SalzburgHerstellung: Frank HeidtUmschlaggestaltung: Hannes Fuß, www.exclam.deDruck und Bindung: M.P. Media-Print Informationstechnologie GmbH, 33100 Paderborn

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBNBuch: 978-3-936931-73-0PDF: 978-3-936931-92-1ePub: 978-3-936931-93-81. Auflage 2012Copyright © 2012 Heise Zeitschriften Verlag GmbH & Co KG, Hannover

Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Abbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Herausgeber, Autor noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen.5 4 3 2 1 0

Inhaltsverzeichnis

Fluchtpunkt Autonomie – Die Gretchenfrage der Robotik

Eine Einleitung

Hans-Arthur Marsiske

Erwachen

Eine Kurzgeschichte

Herbert W. Franke

Der Moment des Triumphs

E-Mail-Dialog über ein Bild

Rafael Capurro · Hans-Arthur Marsiske

Vorratsbomben im Himmel

Über digitalen Terror, unsichtbare Opfer und die Rhetorik der Präzision

Jutta Weber

Sehende Kampfzonen

Urbane Kriegsführung und US-Militärtechnologie

Stephen Graham

Granatenschock, Gesichtsverlust und die Geburt des Roboters im Ersten Weltkrieg

Cornelius Borck

Mechanization Takes Command

Frühe avantgardistische Roboterfilme

Thomas Tode

Mythen werden Realität

Paul G. Plöger über Roboter im Kino und in der Wirklichkeit

Interview: Hans-Arthur Marsiske

Malak

Eine Kurzgeschichte

Peter Watts

Sind Roboter die besseren Soldaten?

Ron Arkin über die Ethik von Kampfmaschinen

Interview: Hans-Arthur Marsiske

Lasst die Maschinen machen

Wie intelligent ist die Künstliche Intelligenz?

Hans-Dieter Burkhard

Autonome Roboter im Nebel des Krieges

Lora G. Weiss

Seltsame Vögel

Eine Kurzgeschichte

Hans-Arthur Marsiske

Die Verlockung des automatisierten Krieges

Warum westliche Demokratien ein besonderes Interesse an militärischen Robotern haben

Niklas Schörnig

Von Selbstmordanschlägen zu Angriffen mit bewaffneten Drohnen

Florian Rötzer

Der Kriegsmaschine Grenzen setzen

Rüstungsbegrenzung für bewaffnete unbemannte Fahrzeuge

Jürgen Altmann

Wer ist der Mensch?

Überlegungen zu einer vergleichenden Theorie der Agenten

Rafael Capurro

Der Entschluss

Eine Kurzgeschichte

Herbert W. Franke

Über die Autoren

Eine MQ-9 Reaper wird auf der Creech Air Force Base in Nevada startklar gemacht. Das unbemannte Flugzeug wird von den US-Streitkräften und dem US-Geheimdienst CIA seit November 2006 eingesetzt, insbesondere im Grenzgebiet von Pakistan und Afghanistan. Es kann an Außenlastträgern Bomben und Raketen mit einem Gesamtgewicht bis zu 1.361 kg transportieren und ist damit der derzeit wohl gefährlichste Militärroboter. Im offiziellen Sprachgebrauch gilt die Reaper indessen nicht als Kampfflugzeug, sondern als »bewaffneter Aufklärer«. Unbemannte Kampfflugzeuge, die international zumeist mit dem Kürzel UCAV (Unmanned Combat Aerial Vehicle) bezeichnet werden, befinden sich in der Erprobung. (Foto: U.S. Air Force / Lance Cheung)

Fluchtpunkt Autonomie – Die Gretchenfrage der RobotikEine Einleitung

Hans-Arthur Marsiske

Der erste Mensch, der durch einen Roboter zu Tode kam, war Robert Williams. Er wurde am 25. Januar 1979 in einer Gießerei in Flat Rock, Michigan, von einem Roboterarm erschlagen, der die Orientierung verloren hatte. Zwei Jahre später stieß ein Roboter bei Wartungsarbeiten den Japaner Kenji Urada in eine Schleifmaschine. Es gab in den Folgejahren noch mehr Tote, doch auch das waren alles Unfälle.

Ob der Absturz einer iranischen Linienmaschine am 3. Juli 1988 als Unfall gelten kann, ist weniger klar. Zumindest steckte aber wohl keine Absicht dahinter, als der US-Kreuzer »Vincennes« den mit 290 Passagieren besetzten Airbus des Fluges Iran Air 655 abschoss. Das damals noch recht neue automatische Schiffsverteidigungssystem »Aegis« hatte das zivile Flugzeug irrtümlich als iranischen Kampfjet identifiziert – und kein menschliches Besatzungsmitglied wagte es, dem Computer zu widersprechen.

Seit Beginn dieses Jahrtausends sind die meisten der durch Roboter verursachten Todesfälle jedoch eindeutig keine Unfälle mehr. Die Namen der Opfer bleiben in der Regel unbekannt. Aber es gab Tote, als am 4. Februar 2002 eine von einer MQ-1 Predator-Drohne abgefeuerte Hellfire-Rakete einen Autokonvoi in Afghanistan traf, unter dessen Insassen ein al-Qaida-Anführer vermutet wurde. Im Jemen fiel am 3. November desselben Jahres der ebenfalls als al-Qaida-Führer verdächtigte Qaed Senyan al-Harthi einem Drohnenangriff zum Opfer – sowie fünf weitere (namenlose) Personen, die ihn in einem Jeep begleiteten. Die britische Fachzeitschrift »Jane’s Defence Weekly« erkannte darin bereits damals den Beginn der Roboter-Kriegsführung (Alexander 2002). Im Verlauf einer Dekade sind aus der Handvoll Drohnen, mit denen die USA in die Kriege in Afghanistan und im Irak zogen, weit über 10.000 Roboter im ständigen Einsatz geworden (Dabringer 2010, 74f.; vgl. Singer 2009, 32ff.).

Osama bin Laden ist jedoch nicht von einem Roboter getötet worden. Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die tödlichen Schüsse von einem Menschen abgefeuert wurden. Bodenroboter wären beim gegenwärtigen Stand der Technik nicht dazu in der Lage. Ein Angriff mit einer Drohne wäre zwar möglich gewesen, hätte aber zu viel Raum für Unsicherheit darüber gelassen, ob Bin Laden wirklich getötet wurde.

Doch die Kommandoaktion vom 2. Mai 2011 markiert einen wichtigen Etappensieg in einem Konflikt, der insbesondere seit dem Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama mit massiver Unterstützung durch Roboter geführt wird. Das Bild, das die US-Regierung dazu veröffentlichte, unterstreicht diese Bedeutung, zeigt es doch die politische Führung in der gleichen Situation wie Drohnenpiloten: In Washington D.C. verfolgen Obama und seine engsten Berater auf einem Bildschirm in Echtzeit das Geschehen in zehntausend Kilometer Entfernung. Der Erfolg wird als eine Bestätigung der gesamten Strategie verbucht werden und der weiteren Entwicklung von Militärrobotern einen starken Schub geben.

So berichtete die Washington Post am 21. September 2011, dass die CIA den Einsatz von bewaffneten Drohnen offenbar massiv ausweiten will und neue Basen für MQ-9 Reapers im Mittleren Osten und am Horn von Afrika einrichtet. Die CIA sei »one hell of a killing machine«, zitierte Spacewar.com dazu einen Ex-Agenten. Konkret wird vermutet, dass Drohnenbasen auf den Seychellen, in Äthiopien, Djibouti und auf der Arabischen Halbinsel, möglicherweise in Saudi-Arabien, eingerichtet werden.

Die meisten Roboterangriffe werden aber derzeit immer noch in der pakistanischen Bergregion Waziristan im Grenzgebiet zu Afghanistan geflogen. Über die dortige Situation am Boden sind zuverlässige Informationen nur sehr schwer zu bekommen. Was Jutta Weber für den vorliegenden Band zusammengetragen hat, ist aber erschütternd genug. Wie viele unschuldige Opfer die Angriffe bisher gefordert haben, weiß niemand genau. Die Schätzungen gehen weit auseinander, auch weil es für die Einstufung als »Zivilist« oder »Militanter« keine verbindlichen Definitionen gibt. Bei denjenigen, die bislang von Drohnenattacken verschont geblieben sind, hat das Leben unter der ständigen Bedrohung zu einer massiven Verbreitung psychischer Störungen geführt.

Die gegenwärtigen Verhältnisse in Waziristan lassen sich aus westlicher Perspektive auch als Zukunftsvision deuten. Denn die beschriebenen Zustände werden nicht auf diese fernen Gebiete beschränkt bleiben. Das derzeitige Monopol des Westens auf Roboterwaffen kann auf Dauer keinen Bestand haben. Schon heute lassen sich kleine, mit Autopiloten ausgestattete Drohnen für weniger als 1.000 Euro zusammenbauen, Baupläne und Software gibt es als Open Source im Internet. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Technologie für terroristische Aktionen und gezielte Attentate genutzt wird. Und es ist, wie Florian Rötzer in seinem Beitrag richtig bemerkt, »fast ein Wunder«, dass es nicht schon längst geschehen ist.

Was den tatsächlichen Attacken vorausgeht, ist der Blick auf die Ziele. Er zwingt Menschen und ihr Verhalten in Kategorien von Normalität und Abnormität und strebt danach, jegliche Privatheit und Intimsphäre aufzulösen. Stephen Graham zeigt in seinem Aufsatz eindrücklich, wie die Strukturen der Städte des Orients und der Südhalbkugel mehr und mehr als »Störungen des algorithmischen Blicks« wahrgenommen werden, denen die westlichen Streitkräfte mit einer wahren Flut von Sensoren entgegenwirken wollen. Diese verzerrte Wahrnehmung fremder Kulturen beschränkt sich längst nicht mehr auf den Bereich des Militärs, sondern hat auch Eingang in andere kulturelle Bereiche wie etwa Computerspiele gefunden.

Gewalt prägt auch den umgekehrten Blick, den der Menschen auf die Roboter. Der erste Roboter, der im Jahr 1921 unter dem Titel L’uomo meccanico (»Der mechanische Mann«) auf der Kinoleinwand erschien, war bereits eine Kampfmaschine. Und der Höhepunkt der Geschichte bestand darin, dass zwei dieser furchterregenden Roboter aufeinander einprügelten, dabei das Mobiliar eines Opernhauses zertrümmerten und damit das Grundmuster für zahllose spätere Roboterfilme schafften. Es ist kein Zufall, dass solche Ideen gerade in diesen Jahren aufkamen – das können Cornelius Borck und Thomas Tode in ihren Beiträgen überzeugend herausarbeiten. Das traumatische Erlebnis des Ersten Weltkriegs, die Erfahrung von Millionen Soldaten, zum willenlosen Anhängsel einer übermächtigen Kriegsmaschinerie degradiert worden zu sein, fand hier seinen künstlerischen Ausdruck. In den brillant choreographierten Verfolgungsjagden der Terminator-Filme sind heute noch die Echos der Stahlgewitter zu spüren, die 1914 bis 1918 über die Schützengräben tobten und die moderne Idee des Roboters hervorbrachten.

Der Roboterforscher Paul Plöger, der sich die intelligenten Maschinen auch leidenschaftlich gern auf der Leinwand ansieht, spricht im Interview über die Verbindungen zwischen Kinobildern und realer Forschung, aber auch über die wachsende Bedeutung des bewegten Bildes in der wissenschaftlichen Kommunikation. Forschungsvideos stellen zwar in der Regel die Funktionalität der gezeigten Roboter in den Vordergrund, aber ähnlich wie im Spielfilm wird es auch hier richtig spannend, wenn die Grenze zwischen Leben und Nichtleben, zwischen Technik und Natur berührt wird. Unangenehme Fragen bleiben allerdings vorerst dem Spielfilm vorbehalten. Wie es sich anfühlt, wenn ein Roboter Macht über Leben und Tod hat, ist aus Forschungsvideos nicht zu erfahren.

Was in diesem Buch weitgehend fehlt, ist der militärische Blick auf das Thema. Autoren aus dem militärischen Umfeld, die ich um Beiträge bat, durften nicht, wollten lieber nicht oder antworteten gar nicht erst. Ich nehme es ihnen nicht übel. Schließlich stehen sie mit ihrer Zurückhaltung nicht allein. Namhafte Zeitungen und Zeitschriften lehnen Artikel zu Militärrobotern ab, weil sie »nichts Militärisches im Blatt haben wollen«. Forscher, die sich selbst auf der zivilen Seite verorten, befürchten, die Diskussion über Militärroboter könnte die Robotik insgesamt in Verruf bringen. So gab es auch während der Vorbereitung dieses Buches immer wieder Mahnungen, doch bitte nicht die Rettungsroboter und andere nützliche Anwendungen zu vergessen. All das macht es nicht leicht, das Thema öffentlich zu verhandeln. Gleichwohl ist dies dringend nötig. Denn die unangenehmen Fragen stellen sich nicht mehr nur im Kino: Roboter, die autonom über den Einsatz tödlicher Waffen entscheiden, erwartet das US-Militär in zwanzig bis dreißig Jahren (vgl. DoD 2005, 73; DoD 2009, 18, 30).

Es könnte sein, dass sich diese Kampfmaschinen dann strenger an ethische Regeln halten als menschliche Soldaten, wie Ronald Arkin in diesem Band im Interview erläutert. Es könnte auch sein, dass die Entwicklung langsamer fortschreitet als erwartet. Immerhin gibt es noch gewaltige technologische Probleme zu bewältigen. Hans-Dieter Burkhard und Lora Weiss heben in ihren Beiträgen insbesondere den komplexen Bereich der Wahrnehmung hervor. Ungelöst ist bislang auch die Frage, wie autonome Systeme auf ihre Zuverlässigkeit getestet werden können. »Interoperabilität«, das möglichst reibungslose Zusammenwirken unterschiedlicher Robotersysteme, ist ebenfalls derzeit noch mehr Wunsch als Realität.

Es könnte aber auch alles sehr viel schneller gehen. Künstliche Intelligenz entwickelt sich nicht kontinuierlich. Sie erwächst aus einem Zusammenspiel vieler verschiedener Technologien. Wenn mehrere solcher Teilbereiche zur gleichen Zeit die Einsatzreife erreichen, kann es zu regelrechten Entwicklungssprüngen kommen. Es gibt points of no return, Technologiesprünge, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Niemand kann im Voraus sagen, wann sie erreicht sind. Die Autonomie wird bei Robotern nicht irgendwann eingeschaltet, sie kommt schleichend, beginnt bei der Navigation und Flugkontrolle, geht weiter bei der Vorverarbeitung der Sensordaten, der Steuerung der Aufmerksamkeit, der Auswahl der Ziele. Auch in den Roadmaps des US-Verteidigungsministeriums verläuft die Entwicklung zu luftkampffähigen Robotern als schrittweise Erweiterung der Fähigkeiten: Aus unbewaffneten werden zunächst bewaffnete Aufklärer, die bewegliche Ziele am Boden angreifen können. Als Nächstes sollen sie die gegnerische Luftverteidigung ausschalten, dann auch gepanzerte Stellungen zerstören können, bis sie schließlich reif sind für den Kampf gegen ihresgleichen in der Luft (vgl. DoD 2005, 74).

Gegenwärtig wird die Entwicklung der Militärroboter allein durch die Dynamik des Wettrüstens vorangetrieben. Verlangsamen ließe sich das Tempo nur durch internationale Vereinbarungen zu Rüstungsbegrenzungen. Jürgen Altmann benennt in seinem Beitrag die dabei zu bewältigenden Probleme und beschreibt Rüstungskontrollabkommen, die als Vorbilder dienen können. Das von ihm mitgegründete »International Committee for Robot Arms Control« (ICRAC) hat im September 2010 in Berlin einen Workshop zu diesem Thema veranstaltet. Dort wurde auch eine Erklärung mit Forderungen zur Beschränkung von Militärrobotern verabschiedet.

Die Durchsetzung Internationaler Rüstungskontrollen wird jedoch dadurch erschwert, dass gerade westliche Staaten, die bislang solche Abkommen mit am stärksten vorangetrieben haben, sich von der Robotisierung des Militärs besonders angezogen fühlen. Niklas Schörnig nennt in seinem Beitrag dafür unter anderem auch kulturelle Gründe: Roboter seien im Westen einfach »cool«.

Daher muss das Thema auch und vor allem auf der kulturellen Ebene verhandelt werden. Roboter werden unser Leben verändern. Wie intelligent sie noch werden können und wie lange das dauern wird, weiß niemand. Aber Umwälzungen im menschlichen Selbstverständnis sind unvermeidlich. Rafael Capurro zeigt in seinem Beitrag, wie sich Fragen nach Person und Identität ganz neu stellen. Auch die Kurzgeschichten von Peter Watts und von mir spekulieren darüber.

Vielleicht wundert sich mancher Leser, dass in diesem Buch neben wissenschaftlichen Aufsätzen auch Science-Fiction-Geschichten vertreten sind. Dieser Ansatz ist ganz bewusst so gewählt, denn Fiktion und Realität sind im Bereich der Robotik eng miteinander verwoben. Gerade Science-Fiction-Filme enthalten wichtige Gedanken zum Thema und stellen häufig die richtigen Fragen. Eine breite gesellschaftliche Diskussion über Militärroboter darf sie nicht ausblenden.

So stammt der Begriff »Roboter« selbst aus der Science-Fiction. Karel Capek verwendete ihn erstmals 1921 in seinem Drama »R.U.R.« (vgl. die Beiträge von Borck und Tode in diesem Band). Kaum eine Robotikkonferenz vergeht, ohne dass jemand die von dem Science-Fiction-Autor Isaac Asimow formulierten drei »Robotergesetze« zitiert, die das Verhältnis zwischen Menschen und Robotern regeln sollen: Ein Roboter darf keinen Menschen verletzen; er muss den Befehlen eines Menschen folgen, sofern diese nicht mit dem ersten Gesetz kollidieren; er muss seine Existenz schützen, solange dies nicht mit dem ersten und zweiten Gesetz kollidiert.

Fiktive Szenarien haben unser Bild vom Roboter nachhaltig geprägt und prägen es immer noch. Dennoch scheint unter Wissenschaftlern und Ingenieuren Unsicherheit darüber zu herrschen, wie mit diesen Bildern umgegangen werden soll.

Bei dem erwähnten ICRAC-Workshop zu Rüstungskontrollen für Militärroboter etwa äußerten Teilnehmer mehrfach die Sorge, mit Terminator-Visionen in einen Topf geworfen werden zu können. Zugleich schmückten Szenenbilder aus diesen und ähnlichen Filmen aber etliche PowerPoint-Präsentationen. Und auf dem Weg ins Hotel zitierten Workshop-Teilnehmer aus dem legendären philosophischen Dialog mit der intelligenten Bombe aus John Carpenters »Dark Star« (USA 1974) – einem Film, der wiederum als Namensgeber für das von Lockheed Martin und Boeing entwickelte, hoch fliegende unbemannte Flugzeug RQ-3 DarkStar diente.

Der britische Mikrobiologe Charles Cockell hat vorgeschlagen, bei der Suche nach außerirdischem Leben das Prinzip »höchster moralischer Relevanz« zu verfolgen. Jede Lebensform, auf die wir stoßen, sei sie noch so unscheinbar und vermeintlich »primitiv«, sollte bis zum ausdrücklichen Beweis des Gegenteils als intelligent gelten (vgl. Cockell 2007).

Das empfiehlt sich in abgewandelter Form auch für Roboter: Bis zum Beweis des Gegenteils sollten wir davon ausgehen, dass sie sich zu komplexen, leidensfähigen Wesen entwickeln können. Die Geschichten von Herbert W. Franke, die das Buch gewissermaßen einrahmen, erinnern daran. Wir schaffen die Grundstrukturen der künstlichen Lebensformen, mit denen alle künftigen Generationen leben werden. Das sollte ruhig und überlegt geschehen, nicht im atemlosen Wettstreit um kurzfristige militärische Vorteile.

Literatur

Alexander, Doug (2002): Robotic Warfare. The Tribune, 8. April 2002. http://www.tribuneindia.com/2002/20020408/login/main1.htm

Cockell, Charles S. (2007): Space on Earth. Saving our World by seeking others. Macmillan

Dabringer, Gerhard (Hg.) (2010): Ethical and Legal Aspects of Unmanned Systems. Interviews. Institut für Religion und Frieden, Wien.

DoD [Department of Defense] (2005): Unmanned Aircraft Systems Roadmap 2005-2030. http://www.fas.org/irp/program/collect/uav_roadmap2005.pdf

DoD [Department of Defense] (2009): FY 2009-2034 – Unmanned Systems Integrated Roadmap. http://www.acq.osd.mil/psa/docs/UMSIntegratedRoadmap2009.pdf

Singer, Peter W. (2009): Wired for War. The Robotics Revolution and Conflict in the Twenty-first Century. New York (Penguin Press).

Ein Flugroboter patroulliert im Film Terminator 3 – Rebellion der Maschinen (USA/Dtl./UK 2003, Regie: Jonathan Mostow) durch ein Gebäude. Doch die eigentlichen Helden der Terminator-Filme sind die Infanteristen. Auch in den fiktiven Roboterkriegen der Zukunft sind weiterhin sie es, die die Schlachten gewinnen: nahezu unbesiegbare, menschenähnliche Kampfmaschinen, die niemals aufgeben, unter schwerem MG-Beschuss allenfalls mal stolpern und notfalls auch als Abrissbirne aushelfen können.

Auf den realen Kriegsschauplätzen des 21. Jahrhunderts werden humanoide Roboter dagegen vorerst keine nennenswerte Rolle spielen – ganz sicher nicht bis zum Jahr 2029, in dem James Cameron, der Erfinder der Terminator-Figur, den Krieg der Menschen gegen die Maschinen stattfinden lässt. Dagegen könnte die Lufthoheit innerhalb dieses Zeitrahmens tatsächlich an Roboter übergehen: Offizielle Planungsdokumente des US-Verteidigungsministeriums (Unmanned Systems Roadmaps) erwarten im Laufe der 30er-Jahre dieses Jahrhunderts luftkampffähige autonome Roboterflugzeuge, die Manöver mit Belastungen bis zum Vierzigfachen der Erdschwerkraft fliegen können und damit jedem menschlichen Piloten überlegen sind.

Ganz falsch lag Cameron mit seinem Szenario trotzdem nicht: Die ersten realen Kampfroboter liefen zwar nicht, sondern flogen, aber sie kamen mit der Infanterie. Nicht die Luftwaffe setzte die ersten Drohnen ein, sondern das Heer.

ErwachenEine Kurzgeschichte

Herbert W. Franke1

Voll Tatendrang trat er hinaus in die Welt, von der er alles erhoffte. Doch ihm blieb nichts zu tun übrig. Er kam zu spät.

Das Erste, was ich bemerkte, war Licht. Die Eindrücke sammelten sich: Glimmlampen, Messinstrumente, ein Prüfstand, ein Raum – 18 m lang, 6 m breit.

Dann erlebte ich den köstlichen Augenblick, in dem mir die Möglichkeit bewusst wurde, mich bewegen zu können. Ich versuchte Schritte und kam bis zur Wand. Ich drehte mich um 90° und ging weiter. Wieder stand ich an einer Wand. Ich entdeckte, dass ich auch schief zu den Hauptrichtungen vorwärtskam. Mit Vergnügen lief ich kreuz und quer im Raum herum.

Meine Wahrnehmungen verbanden sich nun mit Informationsmaterial, das in meinem Kopf aufgespeichert war. Ich konnte denken. Eine wundervolle Tätigkeit! Aus den Seheindrücken abstrahierte ich die Reihe der voneinander unabhängigen Eigenschaften, versuchte, sie durch Zahlen zu erfassen, verband diese miteinander und kam zu Ergebnissen, die sich – was für ein angenehmes Gefühl! – durch Beobachtungen an der Umgebung bestätigen ließen.

Das Letzte, das ich bemerkte, war, dass es etwas gab, was ich wollte und musste. Beides war aber das Gleiche. Da gab es eine Aufgabe, einen Sinn. Mein Gehirn und die Kraft meiner Glieder, die Empfindlichkeit meiner Sinnesorgane, die Fähigkeit, Wahrnehmungen aufzunehmen, sie mit meinem Wissen logisch zu verbinden und danach zweckentsprechend zu handeln, waren eine Einheit, ein geschlossener Kreis von Impuls und Funktion, der mir ein geregeltes Leben ohne das geringste Unbehagen verhieß. Meine Aufgabe lautete: den Menschen zu dienen.

Ich trat durch die Tür, bereit, die Situation aufzunehmen. In Bruchteilen von Sekunden würde ich sie analysiert haben und wissen, was für Handlungen notwendig wären, die den Menschen zugute kämen...

Vor mir lag eine Landschaft aus Metall – Räder, Streben, Maschinenteile, Drähte, die meisten verbogen, manche glühend, fast alle radioaktiv. Krater gähnten, Gebäude lagen plattgedrückt am Boden, Schienen ragten in die Luft. Fahrzeuge lagen aufgerissen, Möbel zerbrochen, Bücher zerfetzt. Flammen schlugen aus zersplittertem Holz, Rauchschwaden krochen den Boden entlang.

Die Welt sah anders aus, als ich sie mir vorgestellt hatte. Mich störte die Unordnung. Was mich aber verrückt machte: Ich sah keinen Menschen.

Ich lief weiter und suchte. Ich war lange unterwegs. Ich fand keinen Menschen.

Schon einige Male versuchte ich, in meinem Kopf zu erforschen, was mir meine Programmierung in diesem Fall vorschreibt. Irgendetwas aber dürfte mit mir nicht in Ordnung sein. Sooft ich mir diese Frage stelle, erfasst mich ein Schwindel und mein Kopf wird heiß. Ich muss wohl weitersuchen.

Ich hätte nie gedacht, dass ein Roboter so unglücklich sein kann.

1)  [Aus dem Erzählband »Der grüne Komet« von Herbert W. Franke, Goldmann-Verlag, München 1960]

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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