Krokodile am Buffet - Andreas Kühn - E-Book

Krokodile am Buffet E-Book

Andreas Kuhn

0,0
2,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Viele potenzielle Urlauber lieben ihren heimischen Balkon, die Schrankwand in der guten Stube, die Jogginghose beim Fernsehen, den gartenzwergverzierten Schrebergarten und den trauten Wackeldackel samt umhäkelter Klopapier-Rolle auf der Hutablage des Autos. Doch wehe, sie gehen auf Reisen! Dann mutieren Biedermann und -frau schnell für Tage oder gar Wochen zu Pauschal-Terroristen. Ihnen ein leider hässliches Denkmal zu setzen, ist längst überfällig: Zur Abschreckung, zur Mahnung und zur Erinnerung - aber auch zum Schmunzeln Wenn diese sagenhafte Spezies die trauten vier Wände erst einmal zwei Stunden hinter sich gelassen hat, dann ist Benimm wie Rotz am Ärmel ihr Knigge. Einmal auf die große weite Welt losgelassen und von Orts- und Landeskenntnis sowie von polyglottem Wesen völlig befreit, torkeln sie dann von Alaska bis nach Feuerland, von Andalusien bis zum Nordkap und von Flensburg bis ins Allgäu. Sie fühlen sich wie Eroberer fremder Länder und hausen doch weiland wie Hunnenkönig Attila. Zwar haben einige von ihnen ein halbes Dutzend Reiseführer gelesen - aber leider selten etwas verstanden. Das liegt selten am Nicht-Können, sondern vielmehr am Nicht-Wollen. Damit auch ja nichts Prägendes an fremden Orten an ihnen haften bleibt, tragen sie bevorzugt Outdoor-Jäckchen von Markenherstellern, an denen alles abperlt. Der deutsche Pauschal-Terrorist tourt am liebsten in einer größeren Gruppe durch die Welt. Bevorzugt buchen jedoch diejenigen eine Gruppenreise, die am wenigsten dafür tauglich sind. Sie verwechseln den Begriff "Gruppenreise" gern schon mal mit "betreute Reise". Kein Koch, kein Kellner, kein Zimmermädchen, keine Rezeptionistin und weder Pilot noch Busfahrer sind vor ihrer vernichtenden Kritik gefeit. Der deutsche Pauschal-Terrorist sucht Haare selbst in Suppen, wo gar keine drin sein können. Notfalls reißt er sich ein Haar aus eben jenen Ohren, die niemals hören konnten oder wollten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 131

Veröffentlichungsjahr: 2014

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Andreas Kühn

Krokodile am Buffet

Ratgeber für Pauschal-Terroristen

© 2014 Andreas Kühn

Umschlaggestaltung und Satz: Nadine Müller

Illustrationen: © Julien Tromeur - Fotolia.com

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN: 978-3-8495-8922-6

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

„Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben.”

Alexander von Humboldt (1769-1859)

Inhalt

Vorwort

Gestatten: Guffi und Guste

Der Pauschal-Terrorist

Packend wie ein Krimi

Sag einfach „To-ma-te”!

Krokodile am Buffet

Ein Gedeck mehr

Teure Frischhaltefolie

Der Eier-Schock

„Da fehlt noch etwas!”

Carabinieri auf nüchternen Magen

Rohes Ei an weicher Birne

Diabetiker in Scharen

Einmal fremdschämen bitte

Das falsche Pärchen

Brötchen-Bombardement

„Die spinnen, die Römer!”

Reisende Münchhausen

Appetits-Häppchen

Lichtbildner unterwegs

Weißglut - leicht entfacht

Mitreisende Missverständnisse

Das dämliche Trio

Einbrecher willkommen

Bargeld adé!

Ende eines Russland-Traums

Souvenir, Souvenir

Wahre Fundgruben

Das Kreuz mit der Kreuzfahrt

Austeilen und einstecken

Zu wenige Prostituierte?

Deplatzierte Wohltaten

Der Dauer-Campingplatz

Kostenlos und umsonst

Reiseleitender Feldwebel

Die Hüterin des Gesetzes

Das dreifache Dessert

Wenn Neugierde frech wird

Die Währungs-Sachkundige

Wahre Liebe auf Reisen

Fürsorgliche Katzen-Liebhaberin

Telefonieren laut Katalog

Gazpacho aus der Gluthölle

Flamenco oder Stierkampf?

Auskenner in Afrika

Wenn der Durst groß ist

Der Bier-Koffer

Wein bis zum Weinen

Magenbitter für lau

Warum man reisen sollte

Katalog oder KataLÜG?

Bewertungen richtig lesen

Tipps für den „tip”

Sicher ist sicher

Frühstück nach DIN

Nach- und umgefragt

„Frankfurter Tabelle”

Herr Richter, was spricht er?

Danke

Über den Autor

Über tredition

Leberwurst zum Schluss

Vorwort

Es ist an der Zeit, Guste und Guffi (so will ich die Alptraum-Gäste aller Reiseveranstalter und sonstigen touristischen Dienstleister nennen) auch einmal zu bewerten. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Auch wenn diese beiden Pauschal-Terroristen in Reinkultur im realen Leben so nicht vorkommen. Sie sind eine Summe aus sehr vielen – freundlich ausgedrückt – Eigentümlichkeiten einer Vielzahl Reisender.

Der Pauschal-Terrorist fällt weder vom Himmel, noch sehe ich eine Chance, dass er irgendwo auf den Weltmeeren absäuft. Es ist eine sich stets selbst reproduzierende Spezies.

Um nicht bereits vorweg missverstanden zu werden: Selbstverständlich gibt es die übergroße Mehrheit der verständigen, aufgeschlossenen und notfalls auch einmal nachsichtigen Reisegäste. Ohne diese, noch immer die überwältigende Mehrheit stellende, aber zunehmend seltener werdende Spezies wäre kaum einem touristischen Dienstleister sein Job noch freudvoll möglich.

Nicht nur aus rechtlichen Gründen finden sich mehrheitlich weder Namen von Pauschal-Terroristen, noch Orte des Geschehens, noch anderweitige Details, die Rückschlüsse auf Personen, Hotels oder Reise-Veranstalter zulassen. Mitunter habe ich den einen oder anderen Schauplatz auch verlagert, niemals aber das Geschehen selbst. Es hat sich alles so zugetragen wie beschrieben.

Ich ziehe ausdrücklich den Hut und verneige mich vor denen, die teils jahrzehntelang im Hotel, im Flieger, im Reisebus, am Skilift oder hinterm Bar-Tresen geduldigst auch Pauschal-Terroristen erdulden. Wer ihnen schon kein Trinkgeld gönnt, sollte sie wenigstens mit dem bedenken, was sie verdienen: Respekt. Weil sie Menschen mögen. Auch weil sie wissen, wer ihnen täglich die Brötchen hinstellt – der zahlende Gast!

Viele Deutsche lieben ihren heimischen Balkon, die Schrankwand in der guten Stube, die Jogginghose beim Fernsehen, den gartenzwergverzierten Schrebergarten und den trauten Wackeldackel samt umhäkelter Klopapier-Rolle auf der Hutablage des Autos. Doch wehe, sie gehen auf Reisen! Dann mutieren Biedermann und -frau schnell für Tage oder gar Wochen zu Pauschal-Terroristen. Ihnen ein leider hässliches Denkmal zu setzen, ist längst überfällig: Zur Abschreckung, zur Mahnung und zur Erinnerung.

Wenn diese sagenhafte Spezies die trauten vier Wände erst einmal zwei Stunden hinter sich gelassen hat, dann ist Benimm wie Rotz am Ärmel ihr Knigge. Einmal auf die große weite Welt losgelassen und von Orts- und Landeskenntnis sowie von polyglottem Wesen völlig befreit, torkeln sie dann von Alaska bis nach Feuerland, von Andalusien bis zum Nordkap und von Flensburg bis ins Allgäu.

Sie fühlen sich wie Eroberer fremder Länder und hausen doch zuweilen wie einst Hunnenkönig Attila. Zwar haben einige von ihnen ein halbes Dutzend Reiseführer gelesen – aber leider selten etwas verstanden. Das liegt selten am Nicht-Können, sondern vielmehr am Nicht-Wollen. Damit auch ja nichts Prägendes von fremden Orten an ihnen haften bleibt, tragen sie bevorzugt Outdoor-Jäckchen von Markenherstellern, an denen alles abperlt.

Der deutsche Pauschal-Terrorist tourt am liebsten in einer größeren Gruppe durch die Welt. Bevorzugt buchen jedoch diejenigen eine Gruppenreise, die am wenigsten dafür tauglich sind. Sie verwechseln diesen Begriff gern schon mal mit „betreute Reise“.

Weder sind sie in der Lage, ihre Hörgeräte richtig zu justieren noch haben sie vor Reiseantritt ihre 6-Dioptrien-Brillen beim Optiker prüfen lassen. Wozu auch? Es scheint ja nur eine Frage der Zeit sein, bis auch der sprichwörtliche Blindenhund für sie optional buchbar ist!

Nein, ich rede nicht von bildungsfernen Schichten auf Reisen. Auch die intellektuell Begüterteren lassen zuweilen gern einmal die berühmte Sau raus. Sie haben schließlich dafür bezahlt, alles zu bekommen. Auch das, was nicht gebucht wurde. Sie wissen vieles nicht, aber alles stets besser. Ihr Credo lautet: All inklusive. Immer. 24 Stunden lang. Überall.

Seine Weltoffenheit zeigt der deutsche Pauschal-Terrorist an fernen Stränden gern dadurch, dass er Sandburgen nicht nach dem Vorbild von Neuschwanstein baut und die Liege statt mit dem eigenen Badetuch gerne landestypisch mit dem hoteleigenen reserviert.

Wenn der Pauschal-Terrorist von den ihn umgebenden dienstbaren Geistern allzeit genügend gebauchpinselt wird und er selbst nie vergessen hat, pünktlich seine Pillen gegen den unvermeidlichen Bluthochdruck zu schmeißen, kann er sogar gelegentlich freundlich sein.

Aber nur bis zum letzten Tag. Dann verkriecht er sich entweder in sein Hotelzimmer oder schreibt mit zittrigen Fingern am wackeligen Tisch im Flieger oder im Reisebus „Bewertungen“ über all das, was er nicht verstanden hat und auch nie verstehen wird.

Der Zeitpunkt ist dann gekommen, alles und jeden madig zu machen. Auch wenn diese Spezies am Buffet die Salatgabel nie von der Tortenzange und das Weißweinnie vom Bordeaux-Glas unterscheiden konnte. Auch wenn viele Pauschal-Terroristen trotz großem Piktogramm den Taster zum Spülen auf dem WC ebenso wenig fanden wie sie unfähig waren, ihre Klimaanlage mittels Fernbedienung zu regeln. Notorische Nörgler sind einfach unsterblich.

Kein Koch, kein Kellner, kein Zimmermädchen, keine Rezeptionistin und weder Pilot noch Busfahrer sind vor ihrer vernichtenden Kritik gefeit. Der deutsche Pauschal-Terrorist sucht Haare selbst in Suppen, wo gar keine drin sein können. Notfalls reißt er sich ein Haar aus den gleichen Ohren, die nie hören konnten. Alles nur, um „Beweise“ führen zu können. Generalschuldige gibt es natürlich auch – meist sind es Reiseleiter und Stadtführer, die dazu trefflich taugen.

Das eigentliche Reiseziel vieler Pauschal-Terroristen war, ist und wird wohl auch immer bleibten: Eine nachträgliche Reisepreis-Minderung um jeden Preis oder wenigstens ein Gutschein. Sein schizophrenes Wesen offenbart sich, wenn der kurzzeitige Beschwerdeärger verflogen ist: Prompt wird beim gleichen Reiseveranstalter der nächste Trip gebucht.

Gestatten: Guste und Guffi.

Ich nenne die beiden reisenden Prachtexemplare, die den geneigten Leser auf den nächsten Seiten begleiten werden, einfach mal Guste und Guffi. Es soll und darf sich jeder angesprochen fühlen. Denn ein bisschen Guste und Guffi steckt doch in jedem Reisenden. Diese beiden sind die untypisch typischen deutschen Pauschal-Terroristen.

Nach jedem Urlaub erzählen sie zuerst, wie das Wetter war und welche kulinarischen Reserven für einen langen Tag man am Frühstücksbuffet mitgehen lassen konnte. Eventuell erinnern sie sich noch vage, ob ihre dienstbaren touristischen Begleiter „nett“ oder nett waren. Mehr haben sie dann auch meistens nicht zu berichten.

Sie sind die absoluten Lieblinge, die ungekrönten Könige aller in der Touristik Tätigen. Andere Dienstleister gehen zum Friseur, um sich die Haare in modischem Chic Grau färben zu lassen. Touristiker bekommen diese Zierde von allein und ungewollt. Wenngleich nicht umsonst, dafür aber in allen Fällen kostenlos.

Guste und Guffi fragen schon vor Beginn einer mehrtägigen Reise, wann genau sie wieder daheim sein werden. Guste hat mindestens einen Reiseführer dabei (vorzugsweise eine veraltete Ausgabe, die irgendwo zum Sonderpreis in einer Ramschkiste lag). Das Gebetsbuch der beiden ist eine Kopie der Reisebeschreibung aus dem Katalog. Und das Handgepäck von Guffi ziert nicht selten ein Navigationsgerät – mittlerweile auch gern im Smartphone integriert.

Die Gründe liegen auf der Hand: Man kann ja nicht wissen, ob der Reiseleiter wirklich etwas weiß. Selbst wenn er ein Allwissender sein sollte, kann es nicht schaden, ein Besserwisser zu sein. Schließlich landete so mancher Busfahrer schon vor dem falschen Hotel, weiß Guffi vom Hörensagen. Und Reiseleiter, die den Stadtplan verkehrt herum lesen, soll es ja auch schon gegeben haben.

Seit es das Internet gibt, ist auch hinlänglich bekannt, dass Piloten auf Langstreckenflügen gern mal ein Nickerchen zu viel machen. Auch Kapitäne aus aller Herren Länder sollen ja schon Kreuzfahrtschiffe auf Grund gesetzt haben. Da kann eine Seekarte selbst für Laien schon mal nützlich sein. Ganz unabhängig davon, ob man in der Lage ist, selbige richtig zu lesen.

Denken andere an schönen Urlaub und ihr Reise-Tagebuch, so denken reinrassige Pauschal-Terroristen an die „Frankfurter Tabelle“. Sie gibt Juristen brauchbare Anhaltspunkte für die Minderung des Reisepreises – je nach vorliegendem Reisemangel. Für nicht wenige Reisende ist diese Tabelle eine Art Bibel geworden. Deshalb führen sie auch penibel Tagebuch über die kleineren und größeren Unzulänglichkeiten eines Urlaubs.

Es gibt inzwischen sogar vielreisende Stenografen: Sie schreiben schneller ihr Notizbuch voll als der Reiseleiter sprechen und ein Taxifahrer einparken kann. Denn nur was man Schwarz auf Weiß geschrieben hat, kann man getrost zum Reiseveranstalter oder am besten gleich zum Rechtsanwalt tragen.

Das Wissen um mögliche Reklamationen ist bei Guste und Guffi grundsätzlich größer als das übers jeweilige Reiseziel. Ein erholsamer Urlaub steht gegen eine mögliche Reisepreisminderung im Hintergrund. Meckern und nörgeln als Lebenselixier. Erfahrene Pauschalterroristen wissen, dass es die perfekte Reise nicht gibt. Und sie wollen diese auch gar nicht! Es ist ja auch bedeutend schwieriger, den Ausführungen über die Geschichte einer antiken Ausgrabungsstätte zu folgen als im Reisebus, der Guste und Guffi dorthin brachte, einen Schmutzfleck auf dem Sitzpolster zu entdecken.

Der klassische Pauschal-Terrorist weiß stets, was er vorab für seine Reise bezahlt hat. Welche Leistungen er dafür erwarten darf, vergisst er gern und oft. Oder er tut zumindest so. Gern werden Rundreise und Studienreise verwechselt, obwohl der Katalog eindeutige Aussagen trifft und der Preisunterschied zwischen beiden hinlänglich bekannt sein sollte.

Guffi und Guste erwarten für ihr Geld Höchstleistungen von allen Dienstleistern. Der livrierte Frühstücks-Kellner sollte möglichst ebenso inbegriffen sein wie der Anzug und Schlips tragende und als wandelndes Kaffee und Würstchen kochendes Lexikon daherkommende Busfahrer.

Braucht ein italienischer Fremdenführer in Verona eine Stunde, um britischen Touristen die Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt zu zeigen, so sind es bei Guste und Guffi aus deutschen Landen drei Stunden. Denn so lange dauert es, bis auch die letzte Frage beantwortet ist. Besonders beliebt machen sich diejenigen Pauschal-Terroristen, die von nichts eine Ahnung, aber zu allem eine starke Meinung haben.

Der Pauschal-Terrorist

Die besten Voraussetzungen für einen perfekten Pauschalterroristen bringst du dann mit, wenn du wenigstens im fünften Lebensjahrzehnt stehst. Wäre doch gelacht, wenn du dir da noch die Butter vom Reise-Brot nehmen ließest? Förderlich wäre, wenn du mit deinem bisherigen Leben und deinem persönlichen Umfeld chronisch unzufrieden ist. Perfekt wird es, wenn du es eigentlich gar nicht magst, zu verreisen.

Immer dann, wenn dir daheim die Decke auf den Kopf fällt, wenn dich deine Frau (bzw. bei Frauen: dein Mann) nur noch nervt – dann verreise. Wenn dir seit Wochen das Essen nicht schmeckt – mach den Abflug. Wenn dir das Bier vor der Glotze zum zigsten Male schal geworden ist – besteige den nächsten Zug. Wenn Nachbars Hund zu laut bellt oder deine Katze zu selten Mäuse fängt – dann bist du reif für eine Insel. Wenn der ganze Frust deines Lebens bereits droht, dir die Schädeldecke zu sprengen – dann ist der ideale Zeitpunkt gekommen, eine Reise zu buchen.

Das Ziel ist ziemlich egal. Die Art der Reise ist gleichfalls nicht von Belang. Aber verreise um Gottes Willen bloß nicht allein. Nimm einen von den Menschen mit, die dich schon unter normalen Umständen mehrfach am Tage nerven. Ehegatte oder Dauer-Lebensabschnittspartner sind dazu ebenso gut geeignet wie beste Freunde, Kinder oder Eltern.

Am besten aber ist es für dich, eine Pauschalreise zu buchen. Möglichst in einer größeren Gruppe. Denn auch als noch unerfahrener reisender Nerventod kannst du nur so ganz sicher sein: Auf einen wie dich haben alle Mitreisenden und Dienstleister längst sehnsüchtig gewartet. Sie sind stressgestählt und kampferprobt. Also gib richtig Gas!

Erzähle bloß niemandem von deinen Reiseplänen. Lies vorab nur keine Bücher und informiere dich nicht im Internet. Suche statt dessen ohne Umschweife ein Reisebüro auf. Am besten dann, wenn du überhaupt keine Vorstellung davon hast, wo du hinreisen willst, wie lange der Trip dauern und was der Urlaubsspaß kosten soll.

Mein Tipp: Gehe in eine x-beliebige touristische Geschäftsstelle mit den vielen bunten Reisekatalogen und reiße die Eingangstür möglichst geräuschvoll auf. Als König Kunde musst du sofort wahrgenommen werden! Grüße um Himmels Willen nicht! Du könntest sonst missverstanden werden. Pauschalterroristen grüßen nicht, sie werden gegrüßt.

Als Reisebüros künftiger Liebling solltest du keinesfalls einen gerade freien Berater ansteuern. Nur wer bereits mit Kundschaft beschäftigt ist, kann auch locker noch einen wie dich verkraften. Mutmaßlich triffst du so auf den fähigsten und belastbarsten Mitarbeiter dieser Filiale. Wenn du gegangen sein wirst, hat er eine Feuertaufe mehr bestanden.

„Ich will mal wieder verreisen“ ist ein sehr guter erster Satz. Damit können Reiseverkehrskaufleute nämlich perfekt umgehen. Nichts anderes haben sie in ihrer Ausbildung gelernt. Also sollen sie sich auch gefälligst endlich mal einer echten Herausforderung stellen. Wer will schon seine Provision im Schlaf verdienen? Schweißperlen sollen fließen – und das nicht zu knapp. Du wirst jetzt dafür sorgen! Auch wenn du Hyperventilation weder buchstabieren noch schreiben kannst: Gib anderen eine praktisches Beispiel, was dieses Fremdwort bedeutet.

Allein die Vorstellung, eine Vorstellung von der zukünftigen Reise haben zu können, sollte dich erschrecken. Zwinge mit deiner Schwäche die Reisebüromitarbeiter dazu, all ihre Stärken zu offenbaren. Mache ihnen knallhart klar, dass verdienen von dienen kommt. Es sind jetzt deine Diener – knechte sie!

Erste Regel: Als wahrer Pauschal-Terrorist wirst du auf gar keinen Fall kund tun, dass der Urlaub auch gut und gerne das Doppelte von dem kosten könnte, was du dir als Limit gesetzt hast. Denn je niedriger der genannte Reisepreis – umso besser stehen deine Chancen, dass sich alle Erwartungen voll und ganz erfüllen.

Eine absolute Ramsch-Reise ist wie ein Garantieschein für zu dir passende mitreisende Opfer. Deine Fan-Gemeinde lässt sich bei keiner anderen Reiseform so schnell erweitern. Du wirst andere nicht nur tage- bzw. wochenlang Mores lehren, sondern auch dein Nörgel- und Nerventod-Repertoire unentwegt erweitern können.

In den wenigen Minuten, in denen fleißige Bienchen im Reisebüro ein halbes Dutzend Kataloge vor dir ausbreiten und dir einen Kaffee hinstellen, bleibt dir Zeit genug, darüber zu sinnieren, an welchem Ferienort du deine Talente am besten entfalten kannst.

Eine innerdeutsche Reise taugt für deine Zwecke nur höchst selten. Wozu willst du dich über Dinge aufregen, die du längst kennst? Neue Horizonte werden für dich gebraucht! Ein Land, dessen Sprache du nicht sprichst und dessen Sitten und Gebräuche du ebenso wenig verstehst, eignet sich vorzüglich. Am besten wählst du ein solches Reiseland, dessen Küche und Keller dir abgrundtief verhasst sind und von dem du bisher nur Negatives vom Hörensagen kennst.

Sei als angehender professioneller Pauschal-Terrorist stets wild entschlossen, mit möglichst wenig Aufwand den größtmöglichen Effekt zu erzielen. Verreise also vorzugsweise für fünf bis sieben Tage und zahle keineswegs mehr als 60 Euro pro Reisetag. Dann hast du das für deine hinterlistigen Zwecke bestmögliche Preis-Leistungs-Verhältnis erzielt.

Dass Halbpension im Reisepreis enthalten sein sollte, versteht sich von selbst. Achte unbedingt auch auf Angebote, die da heißen: „Spar“- oder „Superspar-Reise“. Das schöne deutsche Wort „Schnäppchen“ darf ebenfalls gern vorkommen, ebenso „Rabatt“ oder „Frühbucher-Rabatt“.