Kunden begeistern mit System - Franz-Rudolf Esch - E-Book

Kunden begeistern mit System E-Book

Franz-Rudolf Esch

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Beschreibung

Mit diesem Buch erhalten Sie das E-Book inklusive! Wie Kundenfrust zu Kauflust wird Warteschleifen in der Telefonhotline. Digitale Anfragen, die versanden. Unfreundliche Mitarbeiter. Angebote, die nicht zu Ihren Bedürfnissen passen. Wann waren Sie zum letzten Mal von einer Marke begeistert? Egal, ob stationär oder digital, B2C oder B2B: Manche Firmen scheinen Kunden nicht zu wollen. Und wundern sich am Ende, warum der Umsatz nicht stimmt. Die Marken- und Kundenexperten Franz-Rudolf Esch und Daniel Kochann erklären, wie Unternehmen den Kunden wirklich in den Mittelpunkt Ihres Handelns stellen, die Kundenreise analysieren und das Erleben an den Kontaktpunkten so steuern, das Wow-Erlebnisse entstehen. Am Ende einer begeisternden Customer Journey stehen Kunden, die gerne wieder kommen. Der Weg zum Ziel: fünf Schritte, die systematisch zu durchlaufen sind!

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Seitenzahl: 284

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Franz-Rudolf Esch, Daniel Kochann

Kunden begeisternmit System

In 5 Schritten zur Customer Experience Execution

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Wie Kundenfrust zu Kauflust wird

Warteschleifen in der Telefonhotline. Kaum Personal im Laden. Angebote, die nicht zu Ihren Bedürfnissen passen. Wann waren Sie zum letzten Mal begeistert? Egal, ob stationär oder digital: Manche Firmen scheinen Kunden nicht zu wollen. Und wundern sich am Ende, warum der Umsatz nicht stimmt. Die Markenexperten Franz-Rudolf Esch und Daniel Kochann erklären, wie Unternehmen Kunden verstehen, Kaufmotive erkennen und das Erleben an den Kontaktpunkten so steuern, dass Wow-Erlebnisse entstehen. Am Ende einer begeisternden Customer-Journey stehen Kunden, die gerne wiederkommen. Und das alles in nur fünf Schritten!

Vita

Franz-Rudolf Esch ist laut der Zeitschrift Absatzwirtschaft der bekannteste lehrende Marketingforscher Deutschlands. Er lehrt an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel und führt das Beratungsunternehmen ESCH. The Brand Consultants in Saarlouis.

Daniel Kochann ist Director bei ESCH. The Brand Consultants. Als Experte für strategische Markenführung und Customer Experience leitet er Projekte für Unternehmen aus den Branchen Automotive & Aviation, B2B, Finanzdienstleistungen, Pharma, Konsumgüter und Handel. Darüber hinaus lehrt er als Dozent an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes.

Inhalt

Einleitung

Kapitel 1Relevanz verstehen: Customer Experience ist kein Selbstzweck

1.1 Wann waren Sie das letzte Mal begeistert?

1.2 Die Leiden des jungen Bechthold

Die Versicherungsreise als Leidensweg zum Abschluss

Von den Fakten zu den Gefühlen

1.3 Der Kunde zahlt die Rechnung: von der Giraffe Joshie zu den harten Fakten

Ist Begeisterung das richtige Ziel?

Der Kunde zahlt die Rechnung – oder auch nicht

1.4 Was Customer Experience mit einer Zwiebel gemeinsam hat: von Produkten und Services zum ganzheitlichen Erleben

Was bedeutet Erleben konkret?

Der Kern: das Produkt beziehungsweise die Dienstleistung

Die zweite Schicht: ergänzende Dienstleistungen und deren Erleben

Die Außenhülle: Kundenreise und Kundenkontaktpunkte mit der Marke

Was aber zählt wirklich?

1.5 Gute Kontaktpunkte sind kein Garant für eine gute Kundenreise

1.6 Kundenerleben zahlt sich aus

1.7 Von der Pflicht zur Kür: die 5 Schritte der Customer Experience Execution (CXX)

Schritt 1: Buy-in und Commitment schaffen

Schritt 2: Customer Touchpoint Assessment: sammeln, bewerten, priorisieren

Schritt 3: Customer Journey: Verständnis der Kundenreise erreichen

Schritt 4: Customer Experience: das Marken- und Kundenerleben managen und optimieren

Schritt 5: Customer Touchpoint Tracking: den Erfolg messen

Kapitel 2Haltung erzeugen: Buy-in und Commitment als Startpunkt

2.1 Chief Customer Officer, Chief Digital Officer oder Chief Marketing Officer? Egal, die Haltung zählt!

2.2 Customer Centricity – vom Papiertiger zu gelebter Realität

Ohne das Topmanagement geht es nicht

Kundenzentrierung: kein Soll oder Kann, sondern ein Muss

Was unterscheidet die Champions?

There is no free Lunch

2.3 Das Topmanagement überzeugen und Kollegen mitnehmen: Geschichten und Fakten

1. Schritt: Den Vorstand mobilisieren

2. Schritt: Die Kollegen mobilisieren

3. Schritt: Die eigenen Mitarbeiter mobilisieren

Kapitel 3Durchblick verschaffen: systematisches Customer Touchpoint Assessment durchführen

3.1 Die Digitalisierung verändert das Spielfeld

3.2 Viele setzen aufs falsche Pferd

Die Pareto-Regel

3.3 Die Schlüssel(kontaktpunkte) zum Erfolg finden

Customer Touchpoint Assessment: nichts auslassen und nüchtern bewerten

1. Schritt: Mit den Zielen starten

2. Schritt: Transparenz durch eine vollständige Bestandsaufnahme schaffen

3. Schritt: Prüfen und Kategorisieren, was unter eigener Kontrolle ist

4. Schritt: Bewertungskriterien entwickeln und Kontaktpunkte nach ihrer Bedeutung priorisieren

5. Schritt Koordinieren

3.4 Von Solisten zum Orchester: Silos aufbrechen

Silos aufbrechen

Wie können Unternehmen zu einer stärker kundenzentrierten Organisation gelangen?

Kapitel 4Die Black Box lüften: Verständnis der Kundenreise(n) erreichen

4.1 Viele Wege führen nach Rom

4.2 Kunden sind Wanderer zwischen den Welten

4.3 Warum Sie Ihre Kundenreisen kennen sollten

Tolle Kontaktpunkte sind noch kein Garant für eine gute Kundenreise

4.4 Wissen, wo der Kunde langreist – und wie ihm das gefällt

Kundenreisen simulieren

Von Pain Points und Gain Points

Loyalty Loops: die Champions League der Customer Journey

Dem Kunden auf der Spur

Kapitel 5Begeisterung schaffen: das Kundenerleben managen

5.1 WOW oder nicht WOW, das ist hier die Frage

5.2 Begeistern Sie schon oder frustrieren Sie noch?

Auf der Suche nach der Mega-Experience

Es zählt der Kern, nicht die Peripherie

Erwartungen geben den Takt vor

Kundenbedürfnisse und Kundenerwartungen als Schlüssel für Kundenerleben

Kundenbedürfnisse richtig einschätzen

Von Malus- und Bonuspunkten

5.3 Markenidentität und Positionierung als »Reise«-Kompass nutzen

Markenidentität und Markenwerte

Markenpositionierung: Warum sollen die Kunden meine Marke wählen?

5.4 Auf der Reise in die Welt des ganzheitlichen Erlebens

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Nahtlose Kundenerlebnisse lohnen sich

Marken- und Kundenerleben in die Spur bringen

Schritt 1: Muster entwickeln

Schritt 2: Gain Points festlegen

Schritt 3: Einfach und bequem als Maxime

5.5 Die Mitarbeiter machen den Unterschied

Die Macht der Mitarbeiter

Mitarbeitern ermöglichen, Kundenbegeisterung auszulösen

Schritt 1: Customer Experience im System verankern

Schritt 2: Right Potentials mit Gefühl für Menschen rekrutieren

Schritt 3: Mitarbeiter zu Markenbotschaftern machen

Schritt 4: Allgemeine Verhaltensregeln für den Umgang mit Kunden definieren

Schritt 5: Beteiligung der Mitarbeiter an Maßnahmen als zentraler Erfolgsfaktor

Schritt 6: Power to the People

Schritt 7: Kundenzentrierte Vorgaben und Prozesse, die helfen und nicht hindern

Schritt 8: Eine Bühne für Mitarbeiterfeedback schaffen

Schritt 9: Dem Kunden ein Gesicht geben

Schritt 10: Das Kundenfeedback mit Mitarbeitern teilen

Schritt 11: Mitarbeitern Anerkennung schenken

Eine letzte Checkliste für Sie

5.6 Die Kunden spüren (nur) den Unterschied

Am Ende zählt nur, wie der Kunde sich fühlt

Customer Experience erfolgt verbal und nonverbal

5.7 Was man vom Pizzaboten lernen kann

5.8 Innovate or die

Mit echten Innovationen punkten

Den Kunden nicht aus den Augen verlieren

Innovationen anstoßen

5.9 Die PS auf die Straße bringen

Schritt 1: Die Ergebnisse für jedermann »gut verdaulich« aufbereiten

Schritt 2: Die Ergebnisse in die Organisation tragen

Schritt 3: Die Ergebnisse für die einzelnen Bereiche operationalisieren

Kapitel 6Nachhalten und Adjustieren: den Erfolg messen

6.1 What gets measured, gets done

Performancemessung als Zukunftsmusik

6.2 CX-Messansätze und KPIs: verbreitete Einzelmessungen

Die bekanntesten Einzelmessungen zum Thema Customer Experience

Deskriptive Messungen der realen Welt

Deskriptive Messungen der digitalen Welt

Customer Satisfaction

Customer Effort Score

Net Promotor Score (NPS)

6.3 Auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Ansatz: sieben Schritte zum Erfolg

Ohne Ziel kein Weg

Transparenz und Verantwortlichkeiten klären

Interne Zielgruppen beachten

Unterschiedliche Ebenen der Messung berücksichtigen

Lag Measures und Lead Measures beachten

KPIs nutzen, um Silodenken aufzubrechen

Trends niemals blind folgen

6.4 Ganzheitlich messen: das Customer Experience Wheel

Literatur

Anmerkungen

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Register

Einleitung

Seit mehr als einem Jahrzehnt widmen wir uns in der Beratung ESCH. The Brand Consultants sowie in der Forschung am Institut für Marken- und Kommunikationsforschung der EBS Business School dem Thema Customer Experience. Regelmäßig begeben wir uns auf Kundenreisen und suchen nach Stellschrauben, um Kundenkontaktpunkte und Kundenerlebnisse zu optimieren.

Wir waren in Undercover-Missionen im Einsatz, haben zahlreiche Kundeninterviews und Fokusgruppen durchgeführt, spannende Diskussionen mit Managern erlebt, etliche Workshops moderiert, neue Erkenntnisse in eigenen Studien gewonnen, viele Beiträge in Zeitungen, Büchern und Fachmagazinen veröffentlicht, Vorträge vor tollen Menschen gehalten, Tausende von Seiten zu dem Thema gelesen, in Seminaren unser Wissen an die Unternehmensverantwortlichen weitergegeben und jede Menge Herzblut in unsere Kundenprojekte investiert. In dieser Zeit hatten wir das Glück, Unternehmen in nahezu allen Branchen unterstützen zu dürfen: Vom DAX-notierten Automobilhersteller bis zu Hidden Champions im B2B-Bereich, vom Pizzalieferservice bis zum Versicherungskonzern, von der Luxusmodemarke bis zu familiengeführten Pharmaunternehmen, von Großbanken bis hin zu Handelsorganisationen. Auf drei Kernpunkte sind wir dabei gestoßen:

Man lernt nie aus. Die Optimierung der Customer Experience ist ein fortlaufendes Bemühen, immer besser zu werden. In jedem Projekt haben wir neue Erkenntnisse gewonnen und lernen heute immer noch täglich dazu.

Jedes Unternehmen ist anders. Die Kundenreisen variieren von Organisation zu Organisation, die Relevanz der Kontaktpunkte unterscheidet sich von Fall zu Fall, egal ob branchenübergreifend oder innerhalb einer Branche.

Aber: Das Erfolgsmuster auf dem Weg zu einem kundenzentrierten Unternehmen ist immer dasselbe! Es funktioniert in fünf Schritten, die wir Ihnen in diesem Buch detailliert beschreiben.

Wir haben Unternehmen erlebt, die mit großer Euphorie in die Welt der Kundenzentrierung gestartet sind, denen dann aber schnell die Puste ausgegangen ist. Der Grund lag dabei nie am fehlenden Einsatz der verantwortlichen Manager, sondern dass das System ihre Anstrengungen ausgebremst hat, sodass das Projekt zwangsläufig im Straßengraben landen musste. Andere Unternehmen und Manager haben hingegen dauerhaft reüssiert und messbare Fortschritte erzielt. In solchen Unternehmen kennt jeder Mitarbeiter die Bedeutung des Kunden für das Unternehmen und weiß, wie er selbst Beiträge zur Kundenzufriedenheit und -begeisterung leisten kann. Vor allem stellen wir aber immer wieder fest, dass viel Potenzial brachliegt. Viele Unternehmen scheuen sich vor der Einführung eines systematischen Ansatzes zur Optimierung des Kontaktpunktmanagements und verpassen damit die Chance, das Markenerleben nahtlos und kohärent zu gestalten. Für Unternehmen steigert ein wirksames Management des Kundenerlebens die Kundenzufriedenheit sowie die Performance nachhaltig und spart Kosten, weil man in die »richtigen«, also in die für Kunden und Marke relevanten Berührungspunkte investiert, Mehrarbeit vermeidet und Synergien schöpft.

Wir wissen zudem aus unseren Studien, dass Manager in Unternehmen diese Potenziale zwar sehen, aber (noch) nicht ausschöpfen. Zwar hat sich die Bedeutung des Themas über die Jahre verstärkt, allerdings hinkt der Professionalisierungsgrad in Unternehmen noch weit hinterher. Silodenken, fehlendes Topmanagement-Commitment, die mangelnde Kenntnis relevanter Kontaktpunkte sowie der wichtigsten Kundenreisen sind dabei nur Auszüge der vielfältigen Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Oftmals fehlt auch einfach die Bereitschaft, neue Wege zu gehen und die Digitalisierung zur Optimierung von Kundenreisen sinnvoll zu nutzen. Sie werden sich hier sicherlich wiederfinden. Um noch erfolgreicher zu werden, muss man diese gordischen Knoten auflösen.

Unsere Studien zeigen weiterhin, dass es nur sehr wenige Marken gibt, die Kunden wirklich begeistern. Es schälen sich immer die gleichen Gründe für Enthusiasmus und Frustration heraus: Bei allen Digitalisierungsbemühungen spielen Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Sie sind oftmals das Zünglein an der Waage. Menschen sind und bleiben eben soziale Wesen. Nicht alles kann durch digitale Tools allein gelöst werden. Zudem geht es den Kunden im Wesentlichen um den Kern der Leistung und weniger um die Peripherie. Ebenso empfinden es Kunden als störend, wenn ihre Kundenreise nicht nahtlos, intuitiv und einfach ist. Dann mögen zwar einzelne Kontaktpunkte gut gestaltet sein, in der Summe wird die Reise aber negativ bewertet, weil Unternehmen den Aufwand und die Last der Entscheidungen dem Kunden aufbürden.

Wenn Sie Kunden begeistern wollen, dann funktioniert das nur dann, wenn Sie systematisch daran arbeiten, den Kunden und seinen Bedarf stärker ins Zentrum Ihres Denkens und Handelns zu stellen.

Oft schaffen Sie dies nicht allein. Es bedarf eines Umdenkens und eines Momentums im Unternehmen. Sie müssen Betroffene zu Beteiligten machen, die mit Überzeugung daran arbeiten, das Leben der Kunden jeden Tag zu verbessern.

Wenn Sie die Erwartungsmuster der Kunden und die Erfolgsmuster für Unternehmen tiefer ergründen wollen, liegen Sie mit diesem Buch richtig.

In unseren fünf Schritten der Customer Experience Execution (CXX) zeigen wir Ihnen einen systematischen Ansatz, wie Sie Kundenerlebnisse optimieren und dadurch Kunden gewinnen und dauerhaft binden können. Dieser Ansatz ist wissenschaftlich fundiert, wird durch zahlreiche Studien und Erkenntnisse gestützt und ist vor allem in der Praxis erfolgreich. Wir haben ihn im Laufe der Jahre ständig verfeinert und weiterentwickelt. Er stellt für Sie einen Handlungsrahmen mit konkreten Schritten dar, ist aber dennoch kein einfaches Rezeptbuch. Dazu ist Customer Experience Management zu komplex und vielfältig. Die Situation und Ausgangslage in Unternehmen sind zudem meist sehr unterschiedlich.

Dieses Buch richtet sich an alle Manager, Führungs- und Fachkräfte, die in kundennahen Bereichen, also zum Beispiel im Marketing, im Vertrieb oder in Servicebereichen, tätig sind oder sich mit dem Thema allgemein auseinandersetzen und schlaumachen wollen.

Es ist zudem der ideale Einstieg für Topmanager, die sich der Rolle des Kunden für ihr Unternehmen bewusst sind und ihr Unternehmen kundenzentrierter ausrichten wollen, denn: Letztendlich zahlt der Kunde die Rechnung. Er entscheidet, ob Sie zukünftig zu den Gewinnern oder Verlierern im Markt zählen.

Kapitel 1Relevanz verstehen: Customer Experience ist kein Selbstzweck

Because the purpose of the business is to create a customer, the business enterprise has two – and only two – basic functions: marketing and innovation. Peter Drucker, 1954

Der Kunde ist König! Ob als Banner im Eingangsbereich oder als Parole des Vorstands: Floskeln zum Thema Kundenzentrierung werden in deutschen Unternehmen mittlerweile fast schon inflationär verwendet. Allerdings klafft in der Regel eine riesige Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit.

1.1 Wann waren Sie das letzte Mal begeistert?

Den Ergebnissen unserer Studien zufolge stieg zwar die Anzahl deutscher Manager, welche die Relevanz des Themas Customer Experience als sehr hoch einstuften, innerhalb von vier Jahren von 34 Prozent auf 73 Prozent radikal an (Abbildung 1). Allerdings verbesserte sich der Professionalitätsgrad dieser Unternehmen im selben Zeitraum nur von schwachen 28 Prozent auf gerade einmal 35 Prozent.1 Stand heute handeln die wenigsten deutschen Unternehmen kundenzentriert oder stellen die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden in den Fokus ihrer Tätigkeit. Sprechen Manager vom Kundenwert, so geht es meist darum, den Wert des Kunden für das Unternehmen zu optimieren. Keine besonders gute Basis für bessere Kundenerlebnisse.2

Abbildung 1: Customer Experience: Relevanz und Professionalität in deutschen Unternehmen

Quelle: ESCH. The Brand Consultants (2016): Customer Experience in Zeiten digitaler Transformation.

Gerade heutzutage müssen Unternehmen Kunden immer wieder begeistern und die Marke positiv aufladen. Bei der niederländischen Rabobank können Kunden beispielsweise sonntagabends um 23 Uhr mit ihrem Bankberater über Baukredite chatten, bei Domino’s kann die bestellte Pizza im Tracker nachverfolgt werden, Flaconi versendet Parfums in einer wunderschönen Geschenkverpackung, in der Mitarbeiter handschriftliche Grüße hinterlassen, und bei IKEA kann man sich mittels Augmented Reality anschauen, wie gut das neue Sofa im eigenen Wohnzimmer aussehen würde. Unternehmen aller Branchen suchen ständig nach Lösungen, um das Leben der Kunden zu verbessern.

Überlegen Sie doch mal: Wann haben Sie das letzte Mal ein tolles Erlebnis mit einem Unternehmen oder einer Marke gehabt? Wie oft erleben Sie solche Momente, die Sie als Kunde wirklich begeistern? Wir alle sind im normalen Leben Kunden – und dies immer und immer wieder: Wir kaufen im Supermarkt unsere Lebensmittel, wir bringen unser Auto zur Wartung in die Werkstatt, wir nutzen die Deutsche Bahn oder eine Fluglinie zum Reisen, wir wechseln von einem Telekommunikationsanbieter zum anderen, wir buchen bei Reiseveranstaltern eine Urlaubsreise, wir übernachten in Hotels, wickeln Bankgeschäfte ab, bestellen Produkte bei Internetanbietern oder erkundigen uns nach Möglichkeiten zur Absicherung unseres Hab und Gutes. Jede Woche treffen wir eine ganze Reihe von Entscheidungen und sind auf vielen Kundenreisen unterwegs. Wir erleben ständig neue Kontaktpunkte mit Marken und bewerten diese implizit oder explizit.

Nehmen Sie Ihr Erleben nun als Maßstab zur Beantwortung der folgenden Fragen: Wann waren Sie das letzte Mal begeistert von einem Kontakt mit einer Marke? Wann haben Sie das letzte Mal eine Kundenreise zum Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung gemacht, die Sie wirklich überzeugt hat? Welches sind Ihre persönlichen Anforderungen an eine solche Kundenreise oder an ein begeisterndes Erlebnis?

Kundenerleben findet immer statt, ob bewusst vom Unternehmen gesteuert oder nicht.

Sicherlich wird es Ihnen nicht leichtfallen, solche Ereignisse aufzulisten. Würden wir das Thema anders herum angehen und Sie müssten über frustrierende Erlebnisse oder Kundenreisen berichten, wäre die Liste hingegen schnell voll.

Wenn Kunden tatsächlich im Zentrum der Überlegungen von Unternehmen stehen, sollte dies eigentlich anders sein. Denn jeder von uns spürt intuitiv, wann er als Kunde ernst genommen wird – und nur dann ist ein positives Erleben mit einer Marke möglich.

Wie ein solches Kundenerleben in der Realität aussehen kann, zeigt das Beispiel von Markus Bechthold. Begleiten Sie unseren Undercover-Agenten auf seiner Reise durch die Welt der Versicherungen.

1.2 Die Leiden des jungen Bechthold

Markus Bechthold ist in unserem Auftrag unterwegs als Undercover-Agent; in seinem ersten Fall geht es um private Altersvorsorge. Seine Zielobjekte sind die Crème de la Crème der deutschen Versicherungsunternehmen. Drei Monate lang analysierte unser Undercover-Agent mehr als 200 Kontaktpunkte bei 18 deutschen Versicherungsunternehmen und prüfte diese auf Herz und Nieren (Abbildung 2). So naiv unser Köder auf die Versicherungsunternehmen wirken musste, er war doch bestens geschult, um seinerseits die Versicherungskontakte bewerten zu können.

Abbildung 2: Die Reise des Undercover-Agenten durch die Welt der Versicherungen

Quelle: ESCH. The Brand Consultants (2016): Versichern heißt verstehen?!.

Markus Bechthold stellt nahezu das ideale Ziel für alle »Jäger« im Bereich Altersvorsorge dar: 22 Jahre, also richtig jung, als Berufseinsteiger in einer Unternehmensberatung über ein gutes Einkommen verfügend, ungebunden, unwissend und investitionsbereit. Der für die Berater eher unbequeme Aspekt war: Markus Bechthold wollte verstehen und ein sicheres, rentables Produkt abschließen. Im Zuge des Such- und Entscheidungsprozesses verschaffte er sich entsprechend einen Überblick über die Altersvorsorgemöglichkeiten und die Seriosität beziehungsweise das Image potenzieller Anbieter. Anschließend setzte er sich gründlich mit der Materie auseinander, identifizierte relevante Produkte und wollte ihre jeweiligen einzigartigen Vorteile (USPs) kennenlernen. Last but not least erhoffte sich Markus Bechthold eine transparente Entscheidungsgrundlage sowie eine faktenbasierte Produktempfehlung durch den jeweiligen Anbieter.

Die Kontaktpunkte, die zur Befriedigung dieser Bedürfnisse dienen sollten, sind überschaubar. Sie könnten nicht klassischer sein: Google, Websites, Mitarbeiter, Servicehotlines, Berater, Informations- und Vertragsunterlagen zählten dazu.

Die Versicherungsreise als Leidensweg zum Abschluss

Die Erfahrung von Markus Bechthold lehrt: Viele Versicherungsunternehmen agieren nicht als Reiseleiter und begleiten Sie mit auf Ihrem Weg, um Ihnen den Abschluss so einfach und bequem wie möglich zu machen, im Gegenteil: Sie lassen Sie allein im Dschungel der Optionen und stellen Ihnen zudem noch Hürden in den Weg.

Nur etwa die Hälfte der deutschen Top-Versicherer stand Markus Bechthold auf der Kundenreise bis zum Abschluss so zur Seite, dass er sich als potenzieller Kunde zurücklehnen konnte. Die Übrigen verlassen sich auf die Initiative ihrer Interessenten und verzichten auf abgestimmte Kontaktpunkte wie beispielsweise die Weiterleitung an einen persönlichen Berater durch die Hotline, die Bereitstellung relevanter Informationen, die sorgfältige Vor- beziehungsweise Nachbereitung von Beratungsgesprächen oder ein Nachfassen. Es ist erschreckend, dass 83 Prozent der deutschen Versicherungselite nicht dazu imstande war, Markus Bechthold postalisch Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen oder einen Berater vor Ort zu benachrichtigen. Stattdessen luden 61 Prozent die Verantwortung bei Markus Bechthold ab und wiesen ihn an, eine Geschäftsstelle vor Ort aufzusuchen, um das gewünschte Material zu erhalten.

Ebenso gut hätte man Herrn Bechthold gleich zur Konkurrenz schicken können. Aber damit nicht genug: Auch Selbstverständlichkeiten wie die Angabe der genauen Adresse oder eine Wegbeschreibung sowie die Benennung relevanter Unterlagen (zum Beispiel Gehaltsnachweise, Übersicht bestehender Versicherungen oder Anlageprodukte) für das Beratungsgespräch waren bei 58 Prozent der Versicherer Fehlanzeige. Auch die ausgehändigten Informationen nach der Beratung erwiesen sich oft als mangelhaft.

Trotz der hohen Komplexität des Themas gaben nur 41 Prozent der Anbieter dem Interessenten Unterlagen mit auf den Weg, welche die Gesprächsinhalte zusammenfassten, veranschaulichten oder vertieften. In extremen Fällen fehlte sogar die Visitenkarte des Beraters, was eine erneute Kontaktaufnahme erschwerte. Das letzte Päckchen auf den Schultern potenzieller Kunden bilden Vertragsunterlagen und Anträge, die ohne Dolmetscher für Versicherungschinesisch weder verständlich noch handhabbar sind. Eine klare Struktur, hierarchische Informationsdarbietung und Ausfüllhilfen als erste Ansatzpunkte zur Entlastung waren gerade einmal bei der Hälfte der Versicherer zu finden.

Convenience oder das altbekannte Motto »Der Kunde ist König« sind im Versicherungsmarkt nicht zu spüren. Vielmehr scheinen die Rollen vertauscht: Viele Anbieter sehen sich in der komfortablen Position, abwarten und sich zurücklehnen zu können. Auch die Zeitspanne, die eine solche Kundenreise klassischerweise braucht, zeigt, dass Versicherer es keinesfalls eilig haben, neue Kunden zu gewinnen (Abbildung 3).

Abbildung 3: Fact Sheet zur Kundenreise bei Versicherungen

Quelle: ESCH. The Brand Consultants (2016): Versichern heißt verstehen?!.

Von der Kontaktaufnahme bis zum Angebot ging durchschnittlich ein Monat ins Land – mancher Anbieter hat den Ball gar bis heute nicht mehr aufgenommen. Gerade einmal ein Viertel der Empfehlungen entsprachen dem Bedarf von Markus Bechthold und waren somit zweckmäßig – der Rest nicht.

Von den Fakten zu den Gefühlen

Wie Sie sehen, haben wir uns in den Ausführungen auf Fakten konzentrierte. Mit den Erlebnissen unseres Undercover-Agenten könnte man allerdings einen Roman füllen: Dieser würde dann von Versicherungsvertretern handeln, die den Kunden in die eigene Wohnung einladen, wo er in wenig einnehmender Atmosphäre von dem Vertreter und seiner zigarettenrauchenden Frau gleichermaßen eingelullt werden soll von Geschichten, die letztlich aber haarsträubend sind: Mal ist es die Selbstbeweihräucherung, dass man schon vielen Menschen zu Wohlstand und einem Haus verholfen hat – obwohl der Vertreter selbst in einer heruntergekommenen Wohnung haust. Mal ist es die Herausstellung des guten Herzens, indem Markus Bechthold genötigt wurde, sich das Familienalbum anzuschauen sowie die ganzen Patenschaften, die der Versicherungsvertreter für Kinder in der Dritten Welt übernommen hat, ganz nach dem Motto: Wer so viel Gutes tut, dem sollte man doch tunlichst vertrauen und gleich abschließen, natürlich ungeprüft und ohne stichhaltige Erklärung. Diese wenigen Beispiele geben auch schon einen ersten Aufschluss darüber, wie das Markenerleben war.3

Gerade bei einem Vertrauensgut wie einer privaten Altersvorsorge dient eine starke Marke der Orientierung und ist Vertrauensgarant. Umso wichtiger ist es, dass die Qualität der Marke an allen Kontaktpunkten wie eine Rückversicherung spürbar ist. Genau dies ist allerdings nicht der Fall: Weder ist ein ganzheitliches Erleben der Marke spürbar noch wird diese am Point of Sale oder durch die Versicherungsvertreter gelebt oder in der Argumentation genutzt. Der Vertrauensanker wird nicht gesetzt.

Das vielleicht Bedrückendste ist aber: Wenn Sie mit Vorständen von Versicherungsunternehmen sprechen, so ist die Reaktion in den seltensten Fällen Entsetzen, sondern vielmehr ein wissendes Nicken, teilweise auch Resignation.

Könnten Sie sich eine ähnliche Geschichte bei einem Telekommunikationsanbieter vorstellen? Die Antwort überlassen wir Ihrer Erfahrung und Ihrer Fantasie.

1.3 Der Kunde zahlt die Rechnung: von der Giraffe Joshie zu den harten Fakten

Unser Undercover-Agent wäre schon glücklich gewesen, wenn die Versicherungsunternehmen einfach nur einen guten Job gemacht hätten: Indem sie ihm nahtlose Kundenprozesse und einfache Lösungsansätze angeboten hätten, die zu ihm als potenziellen Kunden gepasst hätten; Handreichungen, um ihm das Leben im Dschungel der Versicherungen zu erleichtern. Begeisterung hätte dies sicherlich noch nicht ausgelöst, wohl aber das Gefühl, in seinen Wünschen und Anliegen ernst genommen zu werden und zufrieden sein zu können mit dem Angebot.

Ist Begeisterung das richtige Ziel?

Wie weckt man bei Kunden Begeisterung? Was bedeutet Kundenbegeisterung überhaupt? Wenn man sich in der einschlägigen Literatur umschaut, findet man stets die felsenfeste Behauptung, allein durch Kundenbegeisterung seien Kunden dauerhaft zu binden, und dazu passend gibt es die immer gleichen Beispiele.

Besonders beliebt sind Beispiele der Hotelkette Ritz-Carlton, allen voran die Geschichte der Giraffe Joshie: Ein kleiner Junge hatte bei einem Aufenthalt in einem der Hotels der Kette im Zimmer seiner Eltern seine Stoffgiraffe vergessen. Erst zu Hause fiel ihm das auf. Die Eltern trösteten ihren Sohn, indem sie ihm erzählten, dass Joshie noch auf Reisen sei und sicherlich bald wieder nach Hause käme. Die eifrigen Mitarbeiter des Hotels hatten in der Zwischenzeit das Lieblingstier des Jungen gefunden. Statt dieses nun einfach an ihn per Post zu schicken, gingen sie die Extrameile: Sie schickten die Giraffe auf Reisen – zum hoteleigenen Swimmingpool, in die Wellnessoase, zur Kosmetikerin und so weiter – und machten überall dort Fotos von ihr, die sie zu einer kleinen Geschichte zusammenstellten. Erst danach wurde Joshie mit dem kleinen Bildband »Joshie im Urlaub« versandt. Sie können sich vorstellen, wie begeistert der Junge war.

Ohne Frage zählt Ritz-Carlton international zu den Unternehmen, die Service zelebrieren, die sich mit Herz und Verstand für ihre Kunden engagieren und damit diese begeistern. Um das zu ermöglichen, wurden über viele Jahren hinweg Servicestandards und Freiräume geschaffen, sodass die Mitarbeiter im Sinne der Kunden selbstständig handeln können. Das hat allerdings seinen Preis. Es sind erhebliche Investitionen notwendig, um Mitarbeiter dauerhaft in eine solche Richtung zu bewegen. Aber damit beginnt das Problem: Die meisten Unternehmen, die wir kennen, scheuen in der Regel diese Investments. Im Gegenteil: Man spart, wo immer möglich, und zwar meist im Marketing- und Servicebereich und somit am Kunden.

Aus ökonomischer Sicht stellt sich zudem die Frage, ob Begeisterung wirklich den Mehrwert für Kunden und Unternehmen bringt, der meist damit verknüpft wird. Möglicherweise reicht es ja schon, die Leistung zu liefern, die der Kunde erwartet, und dem Kunden das Leben so gut wie möglich zu erleichtern.

Eine Studie von Matthew Dixon und seinen Kollegen liefert zu dieser Frage erhellende Antworten.4 Die Kundenserviceforscher und -berater kommen nach einer Analyse von mehr als 97 000 Kundenaussagen zu dem Schluss, dass es keinen Unterschied macht, ob ein Unternehmen die Erwartungen von Kunden exakt trifft oder diese übererfüllt – an der Loyalität der Kunden ändert dies nichts. Um wirklich zu begeistern, müssen Unternehmen Überraschendes bieten und übererfüllen. Aber dies garantiert noch lange keine Kundenbindung (Abbildung 4).

Abbildung 4: Wirkung des Kundenservice auf die Loyalität

Quelle: Dixan, Toman, Delisi (2012), S. 14.

Ein weiteres Ergebnis dieser Studie ist ebenfalls interessant: Das positive Produkterleben zieht wesentlich stärker eine positive Mundpropaganda nach sich als ein positives Serviceerleben, während ein schlechter Service sich weitaus negativer auf die Mundpropaganda auswirkt als das (enttäuschende) Produkt (Abbildung 5).

Abbildung 5: Mundpropaganda bei (positivem oder negativem) Produkt- bzw. Serviceerleben

Quelle: Dixan, Toman, Delisi (2012), S. 21.

Die Logik dahinter ist klar: Positive Produkterfahrungen gibt man gern weiter, um seine Kennerschaft unter Beweis zu stellen; nur selten wird man einen Fehlgriff eingestehen. Negative Serviceerlebnisse hingegen werden auch aus Gründen der emotionalen Selbstregulation weitergegeben.

Diese Studie ist unserer Kenntnis nach die umfassendste Studie zum Thema. Auch wir haben uns mit unserer Beratung dem Thema Kundenbegeisterung gewidmet und analysiert, von welchen Marken Kunden in fünf besonders wichtigen Branchen begeistert oder enttäuscht sind. Dafür haben wir Kunden gebeten, uns verschiedene Marken zu nennen, die ihnen dazu spontan einfallen. Anschließend wurden sie nach den Gründen für ihre Begeisterung gefragt. In fast allen Fällen erklärten unsere Probanden, dass diese Marken einfach den Kern ihrer Leistung gut erbringen: Sie haben eine wirklich dauerhaft gute Qualität, bieten einen guten Service und Ähnliches. Echte »WOW«-Effekte, wie sie von vielen Marketeers gefordert werden, wurden praktisch nicht genannt.5 Joshie-Storys sind eben rar.

Unserer Erfahrung nach besteht der erste notwendige Schritt darin, die Erwartungen der Kunden auf ihrer Kundenreise und hinsichtlich des Produktes zu erfüllen, um sie wirklich zufriedenzustellen. Dies setzt allerdings eine genaue Kenntnis des Kundenbedarfs voraus – allein damit gewinnen Unternehmen schon viel. Der nächste Schritt besteht dann darin, echte Begeisterung zu schaffen, denn: Begeisterung ist eine starke Emotion als unmittelbare Reaktion auf etwas, das man gerade – jetzt im Augenblick – erlebt.6 Der sensationelle Fallrückzieher von Ronaldo im Spiel von Real Madrid gegen Juventus Turin löste bei Real-Fans sichtbare Begeisterung aus. Begeisterung ist etwas Kurzfristiges: Sie flammt kurz auf und ist meist genauso schnell wieder weg. Deshalb empfehlen wir, auf das dauerhaft positive Erleben der Kunden zu setzen. Beginnen Sie an den Punkten, die Kunden besonders wichtig sind und für die sie gern auch einen bestimmten Preis zahlen. Begeisternde Momente sind dann das i-Tüpfelchen.

Denken Sie an Joshie: Nicht jeder Gast verliert sein Stofftier, aber die meisten Kunden spüren, ob Unternehmen eine ihnen zugewandte Haltung haben und alles daransetzen, sie zufriedenzustellen, oder nicht.

Die zufriedenstellende Erfüllung von Erwartungen ist der Schlüssel zum Erfolg; Begeisterung ist der Turbo und das i-Tüpfelchen.

In den folgenden Kapiteln werden Sie sehen, dass Begeisterung immer dann entsteht, wenn Sie als Marke den Kern Ihrer Leistung erfüllen, positive Erlebnisse schaffen und ein kohärentes Bild erzeugen. Möchten Sie Kunden mit System begeistern, empfehlen wir, auf das dauerhaft positive Erleben der Kunden zu setzen und an den Stellen anzusetzen, die Kunden besonders wichtig sind – den sogenannten Moments of Truth.

Der Kunde zahlt die Rechnung – oder auch nicht

Wenn der Kunde etwas kauft, dann zahlt er die Rechnung. Davon leben Unternehmen. Davon leben die Manager des Unternehmens und auch die Mitarbeiter. Der Kunde zahlt das Gehalt eines jeden Akteurs im Unternehmen.

Genau deshalb ist die Reaktion auf die Leiden des jungen Bechthold auch unverständlich. Denn wenn es Schmerzpunkte auf dem Weg zum Kunden gibt, müssen diese nicht nur gelindert, sondern entfernt werden. Schließlich zahlen Kunden nur für etwas, das ihnen einen persönlichen Nutzen stiftet und Wert schafft. Kunden empfehlen auch nur solche Produkte und Dienstleistungen weiter, von denen sie wirklich überzeugt sind. Sie sind nur in diesen Fällen so wertvolle wie günstige Multiplikatoren für Unternehmen.

Wenn der Kunde die Rechnung aber nur dann zahlt, wenn ein Unternehmen Wert für den Kunden schafft, dann stellt sich die Frage, wie Unternehmen Wert für Kunden schaffen können. Diese Frage ist weniger trivial, als viele Manager zunächst glauben mögen.

Vor allem: Sie wird offensichtlich zu selten gestellt.

Die Erlebnisse des jungen Bechthold sind leider keine Ausnahmen. Um das Kundenerleben steht es generell alles andere als rosig. Laut Forrester Research, einem renommierten internationalen Marktforschungsunternehmen, werden gerade einmal 3 Prozent des Kundenerlebens branchenübergreifend als exzellent bewertet. Hingegen empfinden 33 Prozent der Kunden ihr Erlebens als schlecht beziehungsweise sehr schlecht, 31 Prozent bezeichnen es als in Ordnung. In diese Kategorie fällt somit alles, was der Kunde erwartet, was ihn aber keinesfalls begeistert.7

Je nach Branche unterscheidet sich das Kundenerleben allerdings sehr. Bei Lieferdiensten wie DHL oder UPS ist die Schwankungsbreite der Bewertungen extrem gering und auf einem ordentlichen Niveau, wenngleich jeder von uns auch schon die Erfahrungen von Fehlzustellungen oder nur rudimentär Deutsch sprechenden Zustellern gemacht hat. Der Grund für die geringen Schwankungsbreiten liegen darin, dass es bei Lieferdiensten auf der Kundenreise auch nicht viele Berührungspunkte gibt. In den meisten Fällen beschränkt sich der Kundenkontakt auf das Abgeben oder Erhalten von Paketen. Bei den wenigen vorhandenen Kontaktpunkten scheinen allerdings alle Anbieter »Best Practices« der Branche zu kopieren, statt mit markenspezifischem Erleben und begeisternden (neuen) Berührungspunkten zu überzeugen. Andere Branchen, wie etwa Banken oder Airlines, haben bei den Bewertungen eine enorm hohe Schwankungsbreite. Anders als bei Lieferdiensten gibt es hier auch weitaus mehr Kontaktpunkte und somit auch Möglichkeiten zum Erleben der Leistung.

Wer schon einmal mit Singapore Airlines geflogen ist, kennt die positive Seite dieser Verteilung. Umgekehrt stellt sich bei der Lufthansa Group die berechtigte Frage, wie in einem Markenportfolio, bei dem einzelne Marken klare Territorien besetzen und unterschiedliche Rollen im Markt haben, Eurowings auf Kontinentalflügen gefühlt einen besseren Service liefern kann als Lufthansa. Das ist insofern erstaunlich, weil Lufthansa der Premiumflieger ist und Eurowings als preiswerte Alternative der Schutzschirm vor Billigkonkurrenz. Wenn zudem Flüge von Eurowings auf das Vielfliegerkonto angerechnet werden und die Lounges bereits ab dem Frequent-Traveller-Status, der zweituntersten Kategorie, nutzbar werden, dann erlöschen die letzten Reservate des Lufthansa-spezifischen Markenerlebens. Umgekehrt ärgert es Passagiere mit Frequent-Traveller- und Senatoren-Status, dass sie bei dem Basic-Tarif von Eurowings Lounge-Verbot haben, vor allem auf Strecken, die vorher durch die Lufthansa abgewickelt wurden. Schade eigentlich. Manche Branchen schaffen es nicht einmal in den Bereich einer guten Bewertung des Kundenerlebens. Hier befinden sich die Marken im Kollektivschlaf.

1.4 Was Customer Experience mit einer Zwiebel gemeinsam hat: von Produkten und Services zum ganzheitlichen Erleben

Erleben ist keine rationale Einschätzung. Erleben ist subjektiv. Es hat viel mit der subjektiven Wahrnehmung des Einzelnen zu tun. Es reicht somit nicht, faktisch gut zu sein, Kunden müssen dies auch wahrnehmen und erleben. Schon früh wurde in der Marketingforschung zwischen funktionaler und wahrgenommener Qualität unterschieden.8 Erstere ist messbar anhand vorgegebener Kriterien. Letztere ist das, was Kunden subjektiv wahrnehmen und empfinden. Diese Einschätzung unterliegt somit immer einer individuellen Verzerrung. So haben faktisch ein Montblanc-Füllfederhalter und ein Pelikan-Füller eine objektiv vergleichbare funktionale Qualität, nur würde dies kein Kunde glauben. In der Kundenwahrnehmung ist Montblanc der überlegene Füllfederhalter.

Was bedeutet Erleben konkret?

Als einer der Ersten im deutschsprachigen Raum hat sich der akademische Lehrvater des Erstautors, der Marketingwissenschaftler Werner Kroeber-Riel, intensiv mit dem subjektiven Erleben von Menschen auseinandergesetzt und dabei stets die Rolle der Gefühle und Emotionen betont, die meist die Rationalität des Kunden unterwandern. Richtungsweisend wurde kurz vor der Jahrtausendwende der Beitrag »Welcome to the Experience Economy« in der Harvard Business Review von den Marketingexperten Joseph B. Pine und James H. Gilmore. Sie betrachten den Service als Bühne und die Produkte als Stütze, auf die sich Kunden in einer Art und Weise einlassen und beteiligen, dass daraus einprägsame Erlebnisse entstehen. Eine entsprechend proaktive Gestaltung neuer Erlebnisse prägt somit schnell den Standard der Erwartungen in der Zukunft.9

Wie sie verstehen wir im Folgenden unter dem Erleben das subjektive Empfinden von Produkten, Services, Kontaktpunkten sowie Kundenreisen mit Marken, die sich in ihrer Intensität, ihrem bewussten Erleben, ihrer Richtung und ihrer Qualität der damit empfundenen Emotion unterscheiden können.

Erleben ist das subjektive Empfinden von Leistungen, das sich nach Intensität, Richtung, Qualität und Grad des Bewusstseins unterscheidet.

Hängt ein Kunde beispielsweise bei der Telekom in einer Warteschleife, wird anschließend von einem Serviceberater zum nächsten verbunden und das Problem, weshalb er angerufen hat, dennoch nicht gelöst, würde er dies sehr intensiv und hoch aktiviert erleben. Das Erleben wäre ihm absolut bewusst, die Richtung des Erlebens wäre negativ und die damit verknüpften Emotionen wären Ärger, Frustration und Hilflosigkeit.

Bei der Entgegennahme des Pakets mit der Giraffe Joshie wäre es hingegen eine starke positive Reaktion, begleitet von den Gefühlen Freude und Dankbarkeit. Das Erleben wird sehr stark durch die eigenen Erwartungen und Erfahrungen geprägt sowie durch das Umfeld, in dem das Erleben stattfindet. Wenn Sie häufig in einem Ritz-Carlton übernachten, würde Sie die Joshie-Aktion kaum überraschen, bei einer Erstübernachtung schon – und genau dies ist das Problem der Begeisterung als eher kurzfristiger Affekt.

Wenn es um das Erleben der Leistung Ihrer Marke geht, so hilft vielleicht das Bild einer Zwiebel, um die Merkmale des Erlebens näher zu konkretisieren. Stellen Sie sich eine Zwiebel vor, die, vom Kern ausgehend, nach außen verschiedene Hüllen aufweist (Abbildung 6). Das eigentliche Produkt oder die Dienstleistung stellt den Kern dar, ergänzende Dienstleistungen wären die erste Schicht, die Kontaktpunkte auf den unterschiedlichen Kundenreisen zum Produkt oder in Nachkauf- beziehungsweise Servicephasen die äußere Hülle der Zwiebel. All diese Elemente prägen das Erleben einer Marke.

Abbildung 6: Zwiebel des Kundenerlebens

Quelle: ESCH. The Brand Consultants.

Der Kern: das Produkt beziehungsweise die Dienstleistung

Den Kern bildet zunächst das Produkt oder die Dienstleistung, nach der ein Kunde originär sucht. Um den Bedarf des Kunden durch das Produkt selbst besser zu bedienen als der Wettbewerb, setzt dies genaue Kenntnisse der Kundenbedürfnisse sowie der Möglichkeiten zur Befriedigung dieser Bedürfnisse voraus.

Der Wert ist hier der konkrete Nutzen für den Kunden, den er beim Gebrauch erlebt. Jeder kennt das Gefühl, wenn ihm mit einer Backmischung erstmals ein Kuchen oder mit einer Würzmischung ein schönes Gericht gelungen ist. Doch schon hier beginnen die feinen Nuancen beim Erleben und der dabei empfundenen Zufriedenheit. Schon sehr früh konnten Marktforscher durch explorative Forschung feststellen, dass es Menschen mehr Spaß bereitet, nicht einen in Gänze fertigen Kuchen zu backen, sondern durch Hinzugabe weiterer Zutaten, die man selbst organisieren muss, das Ganze noch »handwerklich« zu verfeinern. Das Gleiche gilt fürs Kochen. Der Grund dahinter: Der Kuchen oder das Gericht wurde durch diese kleine Eigeninitiative vom Standardkuchen oder -gericht zur eigenen Komposition. Menschen empfinden das als besser, was sie selbst erschaffen haben. Dr. Oetker bietet somit nicht nur Geling-Garantie, sondern vermittelt auch Stolz auf das selbst geschaffene Ergebnis.