Kuss Hawaii - Janet Evanovich - E-Book

Kuss Hawaii E-Book

Janet Evanovich

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Beschreibung

Das Nonkussultra gegen schlechte Laune!

Bevor Stephanie auch nur einen Fuß aus dem Flieger von Hawaii nach New Jersey setzen kann, steht sie schon wieder knietief im Morast. Nicht nur, dass sich der erhoffte Traum- zum Albtraumurlaub entwickelt hat, auf dem Heimflug musste sie auch noch stundenlang neben einem äußerst streng riechenden Sitznachbarn ausharren. Der ist mittlerweile tot. Ermordet. Die Leiche steckte in einer Mülltonne, und Stephanie steckt in der Klemme. Denn plötzlich sind das FBI sowie eine Menge zwielichtiger Gestalten hinter einem verschwundenen Foto her, das das Opfer bei sich trug. Und es gibt nur eine, die weiß, wo das Bild ist: Stephanie Plum. Unvermutet wird die Kopfgeldjägerin selbst zur Gejagten. Da können bloß noch Lula, Morelli und Ranger helfen – und natürlich Hamster Rex.

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Buch

Bevor Stephanie Plum auch nur einen Fuß aus dem Flieger von Hawaii nach New Jersey setzen kann, steht sie schon wieder knietief im Morast. Nicht nur, dass sich der erhoffte Traum- zu einem wahren Albtraumurlaub entwickelt hat, auf dem Heimflug musste sie auch noch stundenlang in der Nähe eines streng riechenden Schnarchers ausharren. Der ist mittlerweile tot. Ermordet. Die Leiche steckte in einer Mülltonne, und Stephanie steckt in der Klemme. Denn plötzlich sind das FBI sowie eine Menge zwielichtiger Gestalten hinter einem verschwundenen Foto her, das das Opfer bei sich trug. Und es gibt nur eine, die weiß, wo das Bild ist: Stephanie Plum. Und während sie mal wieder zwischen ihren zwei Männern hin und her und von einer Katastrophe in die nächste stolpert, wird die Kopfgeldjägerin mit einem Mal selbst zur Gejagten. Da können bloß noch Lula, Morelli und Ranger helfen – und natürlich Hamster Rex.Mehr Informationen zur Autorin und ihren Büchern unter: www.janetevanovich.de

JANET EVANOVICH

Kuss Hawaii

Ein Stephanie-Plum-Roman

Aus dem Amerikanischenvon Thomas Stegers

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
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Die Originalausgabe erschien 2011 unter dem Titel »Explosive Eighteen« bei Bantam Books, an imprint of the Random House Publishing Group, a division of Random House, Inc., New York
Copyright © der Originalausgabe2011 by Janet Evanovich, Inc.All rights reserved.Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2014by Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.Umschlaggestaltung und Konzeption: buxdesign / MünchenUnter Verwendung eines Motivs vonShutterstock.com: Azyliya; AXL /Getty Images: alohaspiritRedaktion: Martina KlüverSatz: Uhl + Massopust, AalenISBN 978-3-641-12374-1V004www.goldmann-verlag.de

1

Tief unter mir New Jersey. Über mir Himmel. Dazwischen dünne Flugzeughaut. Vier Reihen hinter mir: die Hölle.

Hölle ist vielleicht ein bisschen übertrieben, Fegefeuer reicht auch schon.

Ich bin Stephanie Plum, Kautionsagentin bei Vincent Plum Bail Bonds in Trenton, New Jersey. Vor Kurzem habe ich von einem verstorbenen Bekannten mehrere Airline-Gutscheine geerbt, die ich für einen echten Traumurlaub auf Hawaii benutzen wollte. Leider lief das Ganze nicht wie geplant, weshalb ich mich genötigt sah, meine Ferien vorzeitig abzubrechen und mich wie ein Dieb in der Nacht davonzuschleichen. Ich ließ zwei Männer in Honolulu sitzen, die stinksauer waren. Dann rief ich Lula an und bat sie, mich am Newark Airport abzuholen.

Als hätte ich nicht schon genug Stress am Hals, saß jetzt auf dem Rückflug vier Reihen hinter mir auch noch dieser müffelnde Waldschrat, der wie ein Bär schnarchte. Wäre er mein direkter Sitznachbar, ich hätte ihn längst im Schlaf erwürgt. Die Kopfhörer der Airline, auf volle Pulle, nützten herzlich wenig. Über Denver hatte es angefangen mit dem Schnarchen, über Kansas City alle erlaubten Dezibel-Grenzwerte hinter sich gelassen. Einige Reisende beschwerten sich lautstark, man möge den Kerl endlich ruhigstellen, worauf die Stewardessen alle Kissen und sonstigen Mordinstrumente konfisziert und kostenlose alkoholische Getränke ausgeschenkt hatten. Drei Viertel der Passagiere waren jetzt ziemlich betrunken, das restliche Viertel entweder minderjährig, oder es stand unter anderen Drogen. Ein Kind schrie, ein anderes weinte, und der Kleine hinter mir hatte sich eingeschissen.

Ich war unter den Betrunkenen, und schon jetzt fragte ich mich, wie ich es nachher bloß schaffen sollte aufzustehen, heil aus dem Flugzeug zu steigen und das Terminal anzusteuern. Hoffentlich wartete wenigstens Lula auf mich.

Unser Waldschrat schnarchte sich noch einmal zu Höhenflügen auf, ich biss die Zähne zusammen. Bringt endlich die Scheißkiste runter, dachte ich. Auf dem nächsten Feld. Auf einer Autobahn. Auf dem Meer. Ich will nur noch raus hier!

Lula fuhr auf den Parkplatz hinter meinem Haus, und ich bedankte mich fürs Abholen.

»No problemo.« Sie setzte mich vorm Eingang zum Treppenhaus ab. »Im Fernsehen kam gerade nichts Brauchbares, und ich musste die Zeit zwischen zwei Dates überbrücken. Ich habe also nichts Tolles verpasst.«

Ich winkte ihr zum Abschied und nahm den Aufzug in den ersten Stock, schleppte mein Gepäck durch den Hausflur, dann rein in die Wohnung und gleich ab ins Schlafzimmer.

Schon nach Mitternacht, ich war hundemüde. Der Urlaub auf Hawaii war einmalig gewesen, der Rückflug die reine Hölle: Turbulenzen über dem Pazifik, Zwischenlandung in L. A., und zu guter Letzt die Schnarchorgie. Ich schloss zur Entspannung die Augen. Die Arbeit ging erst morgen wieder los, im Moment stand nur eine, allerdings wichtige Entscheidung an. Ich hatte kein einziges sauberes Kleidungsstück mehr! Das hieß: Entweder das Flittchen spielen und nackt schlafen, oder die Schlampe und angezogen schlafen.

Eigentlich fühle ich mich unwohl, so ganz nackt im Bett. Zugegeben, manchmal schlafe ich tatsächlich unbekleidet, aber ich habe immer Angst, der liebe Gott könnte zugucken oder meine Mutter es zufällig erfahren. Und ganz bestimmt sind beide der Meinung, brave Mädchen tragen im Bett Schlafanzug.

Die Schlunze in mir entschied das Rennen für sich.

Leider steckte ich am nächsten Morgen, als ich mich aus dem Bett quälte, in demselben Dilemma, also leerte ich den Kofferinhalt in einen Wäschekorb, schnappte mir meine Umhängetasche und fuhr zu meinen Eltern. Dort konnte ich die Waschmaschine und den Trockner benutzen, und Ersatzkleidung fand sich zur Not im Gästezimmer. Während meiner Abwesenheit hatten sie sich um meinen Hamster Rex gekümmert, den würde ich bei der Gelegenheit gleich abholen.

Ich habe eine kleine Zweizimmer-Wohnung mit Bad in einem älteren dreigeschossigen Mietshaus am Stadtrand. Bei wenig Verkehr, also gegen vier Uhr morgens, braucht man mit dem Auto zu meinen Eltern oder der Kautionsagentur zehn Minuten. Sonst ist es reine Glückssache.

Grandma Mazur stand bereits in der Haustür, als ich am Straßenrand einparkte. Seit Grandpa ins himmlische Feinschmeckerparadies aufgestiegen ist, wohnt sie bei meinen Eltern. Insgeheim wünschte mein Vater ihr ebenfalls eine baldige Himmelfahrt, aber dazu würde es so schnell nicht kommen. Grandmas graumeliertes Haar war kurz und leicht gelockt. Die Fingernägel passend zum hellroten Lippenstift. Der zartblaue Jogging-Anzug hing schlaff von den knochigen Schultern.

»So eine schöne Überraschung«, sagte sie und hielt mir die Tür auf. »Herzlich willkommen. Wie war der Urlaub mit deinem heißen Feger? Wir sind gespannt.«

Meine Eltern wohnen in einer bescheidenen Doppelhaushälfte, die von der spiegelbildlichen Nachbarwohnung durch eine gemeinsame Brandwand getrennt ist. Auf der anderen Seite wohnt Mrs Ciak, deren Mann verstorben war. Sie verbringt den Tag mit Kuchenbacken und Fernsehen. Ihre Haushälfte ist lindgrün gestrichen, die Fassade meiner Eltern senfgelb und braun. Keine gelungene Farbkombination. Ich kann ihr trotzdem was abgewinnen, aus dem einfachen Grund, weil es schon immer so war, seit ich denken kann. Jede Haushälfte hat einen winzigen Vorgarten, eine überdachte Miniveranda, hinten eine Terrasse, die zu einem schmalen Garten führt, und eine freistehende Einzelgarage.

Ich trug den Wäschekorb durch Wohn- und Esszimmer in die Küche, wo meine Mutter Gemüse schnippelte.

»Kochst du Suppe?«

»Eine Minestrone. Bleibst du zum Essen?«

»Ich kann nicht. Ich habe noch was vor.«

Der Blick meiner Mutter fiel auf den Korb. »Ich habe gerade einen Haufen Laken in der Maschine. Wenn du dein Zeug hierlässt, wasche ich es später für dich. Wie war es in Hawaii? Wir haben dich erst morgen zurückerwartet.«

»Hawaii war wunderbar, nur der Flug zu lang. Zum Glück ist mein Sitznachbar in L. A. ausgestiegen. Danach hatte ich mehr Platz.«

»Ja, ja. Aber saß auf deiner anderen Seite nicht Mister Goodlooking? Groß, dunkel, hübsch«, sagte Grandma.

»Nicht unbedingt.«

Sie stutzten.

»Wie kommt’s?«, fragte Grandma.

»Kompliziert zu erklären. Er ist nicht mit mir zurückgeflogen.«

Grandma starrte auf meine linke Hand. »Du bist braun geworden, nur am Ringfinger ist eine weiße Stelle. Es sieht aus, als hättest du einen Ring getragen. Und jetzt trägst du ihn nicht mehr.«

Ich sah meine Hand an. Mist. Als ich den Ring abnahm, war mir der weiße Streifen gar nicht aufgefallen.

»Jetzt weiß ich auch, warum du nach Hawaii geflogen bist. Ihr seid durchgebrannt! Ihr habt heimlich geheiratet! Muss aber ein kurzes Vergnügen gewesen sein, wenn du den Ring jetzt nicht mehr trägst.«

Ich stöhnte, goss mir Kaffee ein, da klingelte mein Handy. Ich wühlte in meiner Tasche, konnte es aber in dem Kram, den ich für den Urlaub hineingestopft hatte, nicht finden. Schließlich stülpte ich die Tasche auf dem Küchentisch um: Granola-Riegel, Haarbürste, Lippenbalsam, Haargummis, Notizblock, Portemonnaie, Strümpfe, zwei Zeitschriften, großer Versandumschlag, Zahnseide, Minitaschenlampe, Papiertaschentücher, drei Stifte und – das Handy.

»Du bist hoffentlich auf dem Weg ins Büro«, sagte Connie Rosolli, die Büroleiterin der Kautionsagentur. »Hier ist nämlich die Kacke am Dampfen.«

»Schlimm?«

»Sie kocht!«

»Gibst du mir noch zwanzig Minuten?«

»Nein!«

Ich stand auf. »Ich muss los.«

»Du bist doch gerade erst gekommen«, beschwerte sich meine Oma. »Du hast uns noch gar nichts von der heimlichen Hochzeit erzählt.«

»Ich habe nicht geheiratet!«

Ich verstaute wieder alles in meiner Tasche, dann sah ich mir den Umschlag an. Unbeschriftet. Zugeklebt. Keine Ahnung, wie der in meinen Besitz geraten war. Ich riss ihn auf, und darin befand sich ein knapp DIN-A4-großes Hochglanzfoto. Es zeigte einen Mann an einer Straßenecke. Sein Blick ging haarscharf an der Kameralinse vorbei, als hätte er nicht gemerkt, dass er fotografiert wurde, als hätte jemand das Bild zufällig mit dem Handy aufgenommen. Der Mann war etwa Mitte dreißig, Anfang vierzig, sah gut aus, angestelltenmäßig. Kurze braune Haare, helle Haut, dunkler Anzug. Irgendwann während der Rückfahrt musste ich den Umschlag versehentlich aufgegriffen haben, vielleicht am Zeitungsstand im Flughafen.

»Wer ist das?«, fragte Grandma.

»Weiß ich nicht. Wahrscheinlich habe ich das Foto zusammen mit einer Zeitschrift eingesteckt.«

»Heißer Typ. Steht ein Name auf der Rückseite?«

»Nein. Gar nichts.«

»Schade«, sagte Grandma. »Ein schöner Mann. Ich stehe doch auf Jüngere.«

Meine Mutter schielte zum Küchenregal, wo sie ihren Whiskey aufbewahrte. Dann sah sie zur Uhr an der Wand und seufzte leise. Zu früh!

Ich warf das Foto samt Umschlag in den Müll, kippte den letzten Schluck Kaffee hinunter, griff mir einen Bagel aus der Tüte auf dem Küchentisch und lief nach oben, mich umziehen.

Zwanzig Minuten später fand ich mich im Kautionsbüro ein. Büro ist charmant übertrieben. Unsere Basis bildete ein altes Wohnmobil, das in der Hamilton Avenue direkt vor der Baustelle unserer zukünftigen regulären Geschäftsstelle dauerparkte. Den Neubau nötig gemacht hatte ein mysteriöses Feuer, bei dem das alte Gebäude vollständig niedergebrannt war.

Mein Cousin Vinnie hatte den Bus einem Bekannten von mir abgekauft. Keine perfekte Lösung, aber besser, als seinen Schreibtisch zwischen den Lebensmittelständen in der Mall aufzustellen. Hinter dem Bus stand Connies Auto, dahinter Vinnies Kutsche.

Vinnie ist ein guter Kautionsagent, doch für meine Familie die reinste Plage: Ehemaliger Spieler, notorischer Frauenaufreißer, gerissener Trickbetrüger; und aus sicherer Quelle weiß ich, dass er es mal mit einer Ente getrieben hat. Er sieht aus wie ein Wiesel in spitzen Schuhen und hautenger Hose. Besitzer der Agentur ist eigentlich sein Schwiegervater, Harry, der Hammer; und Vinnie selbst steht aufgrund einiger Skandale in jüngster Zeit – Geldunterschlagung, illegales Glücksspiel, Prostitution – unter der Fuchtel seiner Frau Lucille.

Ich stellte mich mit meinem schrottigen Toyota RAV4 hinter Vinnies Cadillac, stieg aus und sah mir den Schauplatz an. Der Rohbau war fertig, das Dach gesetzt, der Innenausbau in vollem Gang. Handwerker schlugen Nägel ein, man hörte Bohrmaschinen. Mein Blick ging von der Baustelle zu unserem Bürobus, hinter den zugezogenen Sonnenblenden sickerte Licht durch. Eigentlich war alles wie immer.

Ich riss die Tür auf, stieg die drei Stufen zur Fahrerkabine hoch und ging nach hinten durch. In der Essecke saß Connie, ihre Tasche neben sich auf der Sitzbank, Laptop zugeklappt.

Connie ist ein paar Jahre älter als ich und eine Meisterschützin. Ihr violetter Sweater mit tiefem V-Ausschnitt zeigte mehr Busen, als ich je haben würde. Das Haar hatte sie sich kürzlich glätten lassen, und es war jetzt zu einem ausgefransten Knoten zusammengebunden. Dazu üppige goldene Ohrreifen und eine passende Halskette.

Sie stand auf, als sie mich sah. »Ich muss in die Stadt, zum Gericht, Vinnie raushauen. Er wurde verhaftet, aber er darf sich keine Kaution ausstellen.«

Ach, du Scheiße! »Und was jetzt?«

»Vinnie und DeAngelo haben sich gezofft. Unser Chef ist mit einem Reifenheber auf DeAngelos Mercedes losgegangen, der hat dafür seinem Cadillac ein paar Schüsse verpasst. Als Vinnie ihn gerade mit einem Elektroschocker angreifen wollte, kam die Polizei und hat beide in Gewahrsam genommen.«

Salvatore DeAngelo war von Harry als Bauunternehmer für die Errichtung der neuen Kautionsagentur engagiert worden. DeAngelo ist landesweit als Chaosunternehmer verschrien, weil er alles auf seine spezielle Art erledigt: Ohne Bestechung läuft gar nichts, und gearbeitet wird nach DeAngelo-Zeit, die mit der üblichen Arbeitswoche nichts zu tun hat.

»Wenigstens nichts Ernstes«, sagte ich.

»Es sei denn, DeAngelo kommt eher frei als Vinnie und fackelt aus Rache unseren Bus ab.«

»Das glaubst du doch nicht im Ernst?«

»Bei DeAngelo weiß man nie. Ich wollte nicht gehen, bevor du da bist, um Wache zu halten.« Connie übergab mir den Schlüssel zum Waffenschrank. »Besser, du suchst dir gleich eine aus und legst sie griffbereit.«

»Soll ich auf ihn schießen?«

»Nur, wenn es sein muss.« Connie stakste auf ihren zehn Zentimeter hohen Korkabsätzen die paar Stufen zur Bustür hinunter. »Es dauert nicht lange. Die Akten auf dem Tisch sind für dich. Es sind die Kunden, die während deines Urlaubs den vereinbarten Gerichtstermin nicht eingehalten haben.«

Na, toll! Sollte ich hier allen Ernstes auf einen Bus aufpassen, der jeden Moment in Flammen aufgehen konnte? Andererseits, Vinnie war mein Cousin und Arbeitgeber. Ohne den Bus wären wir gezwungen, Räume über dem Sexshop zu mieten oder unsere Geschäfte von Connies Hyundai aus zu betreiben. Trotzdem, ich hatte keine Lust, die Brandwache für Vinnies Behelfsbüro zu spielen.

Ich nahm die NVG-Akten – NVG war unser Kürzel für »nicht vor Gericht erschienen« – mit nach draußen, holte aus dem Gepäckraum unter dem Bus einen Gartenstuhl und suchte mir ein schattiges Plätzchen auf dem Bürgersteig. So konnte ich gegebenenfalls einem Molotow-Cocktail ausweichen und wäre nicht im Flammeninferno gefangen.

Ich setzte mich hin und studierte die Akten. Handtaschendiebstahl, bewaffneter Raubüberfall, häusliche Gewalt, Einbruch, Kreditkartenbetrug, Körperverletzung, und noch ein bewaffneter Raubüberfall. Ach, wie schön war es doch auf Hawaii! Ich schloss die Augen und atmete tief ein, um die Meeresbrise zu schnuppern, stattdessen stiegen mir die Auspuffgase von der Straße und der pikante Geruch aus dem Müllcontainer auf der Baustelle in die Nase.

Ein Auto hielt hinter meinem RAV4, zwei Männer stiegen aus. Einer von ihnen war Salvatore DeAngelo, ein untersetztes, breitbrüstiges Kerlchen mit schwarzer, allmählich ergrauender Lockenmähne. Er trug Anzughose mit Bügelfalte, ein kurzärmeliges, schwarzes Seidenhemd, und in den leicht angesengten Brusthaaren verfing sich eine fette goldene Halskette. Der Strombeschuss aus Vinnies Taser hatte ganze Arbeit geleistet.

DeAngelo, Hände in den Taschen, mit einem Haufen Münzen klimpernd, kam angeschlendert. »Hallo, Süße. Was geht? Gibt’s einen Grund, warum du hier draußen sitzt? Hast du dein Geschäft auf die Straße verlegt? Ich mache dir ein gutes Angebot, wenn du verstehst.«

Vinnie hatte recht daran getan, DeAngelo ein bisschen zu quälen.

»Ich mache nur meinen Job«, sagte ich. »Ich soll dich erschießen, wenn du eine Brandbombe auf den Bus wirfst.«

»Du hast ja nicht mal eine Pistole.«

»Ich trage sie verdeckt.«

»Ach, ja? Mein Angebot steht. Sag Bescheid, wenn du es dir anders überlegt hast. Kannst mir ruhig vertrauen. Ich werfe am helllichten Tag keine Brandbomben auf Busse. So was mache ich lieber nachts, wenn man ungestört ist.«

DeAngelo wandte sich ab, ging in den halbfertigen Neubau, und ich widmete mich wieder meinen Akten.

Die letzte Akte in dem Stapel bot eine kleine Überraschung. Joyce Barnhardt. Angeblich hatte sie in einem örtlichen Schmuckgeschäft eine Halskette gestohlen und den Inhaber tätlich angegriffen, als der versuchte, sie ihr abzunehmen. Vinnie hatte die Kaution gestellt, Joyce war aus dem Gefängnis entlassen worden, doch zum vereinbarten Gerichtstermin drei Tage später nicht erschienen.

Ich bin mit Joyce zusammen zur Schule gegangen, sie hat mir das Leben zur Hölle gemacht. Früher ein fieses hinterhältiges gemeines Miststück, heute eine egoistische, männerverschlingende Zicke. Gelegentlich hatte sie sich in verschiedenen Funktionen Vinnie angedient, doch war nichts Dauerhaftes daraus geworden. In Wahrheit verdient Joyce ihren Lebensunterhalt mit Eheverhältnissen, die sie nach einiger Zeit wieder löst; im Moment hat sie es mal wieder gut getroffen, soweit ich unterrichtet bin. Unwahrscheinlich, dass sie eine Halskette gestohlen, sehr wahrscheinlich dagegen, dass sie den Geschäftsinhaber angegriffen hat.

2

Lulas roter Firebird schnurrte heran, hielt vor dem Bus. Lula schwang sich vom Fahrersitz und kam auf mich zu. Ihr minimalistisches Röckchen und das weiße Tanktop ließen viel freie Haut übrig. Das pink gefärbte, aufgeplusterte Haar stand ihrem dunklen Teint erstaunlich gut. Lula ist eine ehemalige Prostituierte, die ihre Straßenecke aufgegeben hat und als Bürokraft bei Vinnie die Ablage macht.

»Sonnst du dich hier draußen?«, fragte sie. »Noch nicht genug abbekommen in Hawaii?«

Ich erzählte ihr von dem Streit zwischen Vinnie und DeAngelo und dass ich den Bus bewachte.

»Ein Schrotthaufen auf vier Rädern«, sagte sie.

»Was liegt an heute?«, fragte ich sie. »Akten sortieren?«

»Niemals. Der Bus ist eine Todesfalle. Da setze ich mich nicht freiwillig rein. Lieber jage ich Verbrecher mit dir.« Sie sah zu den Akten auf meinem Schoß. »Wen greifen wir uns als Ersten? Was Lustiges dabei?«

»Joyce Barnhardt.«

»Wie bitte?«

»Sie hat in einem Schmuckgeschäft eine Kette mitgehen lassen und den Inhaber tätlich angegriffen.«

»Joyce Barnhardt kann ich nicht ab«, sagte Lula. »Ein mieses Stück. Sie hat gesagt, ich sei dick. Stell dir vor!«

Lula ist nicht dick, eher zu klein für ihr Gewicht. Mit anderen Worten, für das Übermaß an Lula gibt es nie genug Textil.

»Joyce heben wir uns lieber bis zum Schluss auf«, sagte ich. »Es macht wenig Laune, bei ihr zu klingeln.«

Connies Hyundai gondelte die Straße entlang, machte eine Kehrtwende und parkte hinter dem Bus. Connie und Vinnie stiegen aus und kamen zu uns.

»Ist DeAngelo da?«, wollte Vinnie wissen.

»Drüben auf der Baustelle.«

Vinnie fauchte affektiert wie ein in die Enge getriebener Dachs mit ausgefahrenen Krallen.

»Mann, eye!«, sagte Lula.

»Du kannst ruhig in den Bus reingehen«, sagte ich. »DeAngelo wirft seine Brandbomben nur nachts.«

Wir schauten auf den Bus und fragten uns, ob man DeAngelo trauen konnte.

»Was soll’s«, sagte Vinnie schließlich. »Mein Leben ist sowieso am Arsch.«

Er verschwand in den Bus.

»Was ist nun mit Joyce?«, fragte ich Connie. »Hat sie die Kette wirklich gestohlen?«

Connie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Irgendwas ist faul an der Sache. Der Inhaber, der sie angezeigt hat, wird vermisst.«

»Seit wann?«

»Seit demselben Tag. Die Frau vom Nagelstudio gegenüber erinnert sich, um vier Uhr hätte das Geschlossen-Schild an der Tür gehangen. Und seine Ehefrau sagt aus, er sei nicht nach Hause gekommen.«

»Und Joyce?«

»Vinnie hat Joyce gleich nach ihrer Verhaftung gegen Kaution freigekauft. Drei Tage später war die Gerichtsverhandlung angesetzt, aber Joyce ist nicht erschienen.«

»Joyce hat ihn entführt, wetten?«, sagte Lula. »Sähe ihr ähnlich. Sie hält ihn in Ketten in ihrem Kellerverlies gefangen.«

»Es wäre nicht das erste Mal, dass sie einen Mann in Ketten legt«, sagte Connie. »Aber nicht in ihrem Keller. Ich habe angerufen, sie geht nicht ans Telefon. Und gestern Abend bin ich bei ihr vorbeigefahren. Alles dunkel.«

»Was sehe ich denn da?« Lula starrte auf meine linke Hand. »Du hast ja einen weißen Streifen an deinem Finger. Ist mir gestern Abend auf der Fahrt vom Flughafen gar nicht aufgefallen. Was hast du bloß auf Hawaii getrieben? Und was ist mit dem Ring passiert?«

Ich gab mir Mühe, nicht gleich wieder genervt zu blicken. »Das ist eine komplizierte Geschichte.«

»Ich weiß«, entgegnete Lula. »Das hast du gestern Abend schon gesagt. Immer dasselbe: Es sei eine komplizierte Geschichte.«

Jetzt sah sich auch Connie meine linke Hand an. »Hast du auf Hawaii geheiratet?«

»Kann man so nicht sagen.«

»Was soll das heißen?«, wollte Lula wissen. »Bist du nun verheiratet oder nicht?«

Ich schlackerte mit den Armen und kniff die Augen zusammen. »Ich will nicht darüber sprechen. Die Geschichte ist vertrackt genug.«

»Entschuldigung!«, sagte Lula. »Ich mein ja nur. Wenn du nicht darüber sprechen willst – gut, dann eben nicht. Wir sind ja nur beste Freundinnen. Das hat natürlich gar nichts zu sagen. Wir sind wie Schwestern. Aber bitte, dann behellige mich in Zukunft auch nicht, wenn du mal wirklich meinen geschätzten Rat brauchst.«

»Schön«, sagte ich. »Ich will nämlich nicht darüber sprechen.«

»Hunh!«

»Das Telefon klingelt!«, rief Vinnie aus dem Bus. »Geh endlich ran, Connie!«

»Geh du doch ran!«, rief Connie zurück.

»Ich bin keine Telefonistin«, sagte Vinnie.

Connie machte eine italienische Geste mit der Hand in Richtung Bus. »Idiot!«

»Besser, wir machen uns an die Arbeit«, sagte Lula, nachdem Connie reingegangen war, um den Hörer abzuheben. »Was hast du denn noch so im Angebot?«

Ich kramte in dem Aktenstapel. »Zwei bewaffnete Raubüberfälle.«

»Abgelehnt. Die Leute schießen immer auf uns.«

»Häusliche Gewalt.«

»Zieht einen immer runter«, sagte Lula. »Was noch?«

»Handtaschenraub und Kreditkartenbetrug.«

»Kreditkartenbetrug, damit könnte ich mich anfreunden. Die Leute wehren sich nicht, sind eher hinterhältig wie kleine Wiesel. Sitzen den ganzen Tag zu Hause und shoppen im Internet. Wie heißt der Trottel?«

»Lahonka Goudge.«

»Was ist denn das für ein Name? Lahonka Goudge. Kein Irrtum? Grauenhaft.«

»So steht es hier. Adresse in der Sozialsiedlung.«

Vierzig Minuten später kurvten wir auf der Suche nach Lahonkas Apartment mit Lulas Firebird durch die Siedlung. Später Vormittag, kaum Verkehr. Die Kinder waren in der Schule oder Tagestätte, die Nutten schliefen noch, und die Drogenhändler versammelten sich in den Parks und auf den Spielplätzen.

»Da wären wir«, sagte ich. »3145A. Die Erdgeschosswohnung mit dem Kinderspielzeug vorne auf dem Rasen.«

Lula stellte das Auto ab, und wir bahnten uns einen Weg zwischen Fahrrädern, großen Plastik-Spielzeuglastern, Puppen und Fußbällen zum Hauseingang. Ich wollte gerade mit der Faust anklopfen, da ging die Tür auf, und eine Frau musterte uns. So groß wie ich, birnenförmige Statur, fleischfarbene Spandex-Hose, giftgrünes Tanktop. Ihre Haare, wie mit Festiger geformt, standen senkrecht ab. An den Ohrläppchen baumelten armreifengroße Ringe.

»Was wollen Sie?«, sagte sie. »Ich kaufe nichts. Sehe ich so aus? Ich glaube nämlich nicht. Und wehe, Sie rühren die Kindersachen draußen an, dann hetze ich die Hunde auf Sie.«

Sie knallte uns die Tür vor der Nase zu.

»Ein Charakter, wie es sich für eine Lahonka gehört«, stellte Lula fest. »Und aussehen wie eine tut sie auch.«

Ich hämmerte gegen die Tür, und sie wurde aufgerissen.

»Was ist?«, sagte die Frau. »Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich nichts will. Ich habe zu tun. Ich bin berufstätig. Ich kaufe nichts an der Tür. Keine Cookies, keine Feuchtigkeitscremes, keine Waschmittel, keinen Schmuck. Wenn Sie sauberes, erstklassiges Gras hätten, dann vielleicht, aber Sie schauen nicht aus wie ein Dealer.«

Sie wollte die Tür wieder zuknallen, doch ich hatte einen Fuß dazwischen. »Lahonka Goudge?«

»Yeah. Und?«

»Kautionsagentur Vinnie Plum. Sie haben Ihren Gerichtstermin versäumt. Wir müssen einen neuen vereinbaren.«

»Glaube ich nicht«, sagte sie. »Sie haben die falsche Lahonka erwischt. Selbst wenn ich die richtige wäre, würde ich nicht mitkommen, ich habe zu tun. Ich habe einen Haufen Kinder, die brauchen neue Schuhe. Sie stören mich in meiner besten Arbeitszeit. Ich biete bei eBay-Auktionen mit und bin noch auf anderen Portalen unterwegs.«

Lula stemmte sich mit ihrem Gewicht gegen die Tür und drückte sie auf. »Wir haben auch nicht den ganzen Tag Zeit«, sagte sie. »Es warten noch eine Menge andere Idioten darauf, dass wir sie dem Haftrichter vorführen. Außerdem bin ich mit einem Mr Clucky Burger Deluxe zum Lunch verabredet.«

»Na dann«, sagte Lahonka. »Viel Spaß mit Ihrem Clucky Burger!«

Sie stieß Lula mit beiden Händen von sich, Lula taumelte rückwärts gegen mich, ich verlor das Gleichgewicht, und wir beide landeten mit dem Hintern zuerst auf dem Boden. Die Tür fiel krachend ins Schloss, die Sicherheitsriegel rasteten ein, und das Rollo vor dem Fenster vorne wurde runtergezogen.

»Ein drittes Mal macht sie dir bestimmt nicht auf«, sagte Lula.

Recht hatte sie. Das war sehr unwahrscheinlich.

Lula rappelte sich wieder hoch und justierte ihre Brüste. »Noch zu früh für Lunch?«

Ich sah auf die Uhr. »In Grönland ist es schon fast ein Uhr.«

»Die Lahonka hat mich überrumpelt.« Lula hatte soeben ihren zweiten Clucky Burger verputzt. »Ich hab gepennt.«

Wir aßen im Auto, denn bei Cluck-in-a-Bucket ist die kritische Aufenthaltsdauer schnell erreicht. Winzige Tröpfchen Bratfett schwirren in der Luft, und setzt man sich diesem Feenstaub länger als sechs Minuten aus, riecht man den ganzen Tag wie ein Clucky Extra Crispy. Kein ekliger Geruch eigentlich, aber er lockt unweigerlich Horden hungriger Köter und beleibter Männer an, auf die ich im Moment gut verzichten kann.

Ich zog eine Akte aus meiner Kuriertasche. »Nehmen wir uns als Nächsten den Handtaschenräuber vor?«

»Ohne mich«, sagte Lula. »Handtaschenräuber sind gute Läufer. Deswegen sind sie ja Handtaschenräuber geworden. Ich habe zwei Clucky Burger im Magen. Jetzt hinter so einem schlaksigen Schlabberhosen-Idioten herlaufen, und ich kriege Krämpfe. Hast du nicht einen NVGler in der Nähe der Mall? In Macy’s Schuhabteilung ist gerade Schlussverkauf.«

Ich durchsuchte die Adressen auf den anderen Akten. Keine in der Nähe der Mall.

»Eigentlich brauche ich nach dem vielen Fleisch ein Schläfchen«, sagte Lula.

Gute Idee. Ich hatte auf dem Rückflug kaum ein Auge zugetan. Das heißt, so gesehen hatte ich während der ganzen Zeit auf Hawaii nicht viel geschlafen, war eher nachtaktiv gewesen. Und heute Abend wollte ich Morelli besuchen, wir mussten uns endlich aussprechen. Also war an Schlaf nicht zu denken.

Morelli und ich haben eine gemeinsame Vergangenheit. Als ich sechs Jahre alt war, haben wir Puff-Puff-Eisenbahn zusammen gespielt. Mit sechzehn hat er mich entjungfert. Mit neunzehn habe ich ihn mit einem Buick überfahren. Und jetzt, als Erwachsene, mehr oder weniger, haben wir eine Beziehung, auch wenn ich momentan in Verlegenheit käme, die Beziehung genauer zu definieren. Morelli arbeitet bei der Polizei von Trenton, als Zivilbeamter, Dezernat Verbrechen gegen Menschen. Er ist gut 1,80 m groß, hat welliges schwarzes Haar, einen schlanken, trainierten Körper und eine übersteigerte Libido. In Jeans und T-Shirt sieht er aus wie ein Filmstar, in Anzug und Krawatte ist er DER Hit.

»Nur ein Nickerchen oder einen richtigen Mittagsschlaf?«, fragte ich Lula.

»Lieber einen ausgedehnten Mittagsschlaf. Ich habe ja heute Abend ein Date. Nicht der Traummann, aber ich könnte mich mit ihm zufriedengeben. Mal sehen. Jedenfalls brauche ich auch noch Zeit zum Auswählen der richtigen Garderobe.«

»Mit anderen Worten: Bis morgen.«

»Genau. Ich stehe morgen um acht Uhr pünktlich auf der Matte.«

»Du kommst doch sonst nie so früh.«

»Ich bin eben motiviert. Ich will eine gute Kautions-Assistentin werden. Ich hab’s im Blut. Und ich bin bereit, gleich morgen früh anzufangen – nach einer befriedigenden Nacht mit … na, du weißt schon. Großes Ehrenwort!«

3

Lula brachte mich zurück zu meinem Auto, und ich scannte rasch die Umgebung ab. Auf der Baustelle wurde gearbeitet. Der Bus stand nicht in Flammen. DeAngelos Mercedes war weg. Vinnies Cadillac noch da. Also alles gut.

Ich überlegte, ob ich mich kurz bei Connie melden sollte, ließ es aber bleiben. Ich hatte keine Festnahme vorzuweisen, und Vinnie würde mir nur wegen Joyce Barnhardt in den Ohren liegen. Früher oder später würde ich sie kriegen, jetzt sah ich mich dieser Person noch nicht gewachsen. Ich sprang in meinen RAV und fuhr zu meinen Eltern.

Eine Stunde später schleppte ich den Korb sauberer Wäsche und den Hamsterkäfig durch den Hausflur zu meiner Wohnung. Ich schloss die Tür auf, stieß mit der Hüfte dagegen, torkelte vollbeladen in die Küche, stellte den Korb auf den Boden, den Käfig auf die Theke.

»Da wären wir«, sagte ich zu Rex. »Hat es dir bei Oma gefallen?«

Rex kauerte vor seiner Suppendose und sah mich an, als wartete er auf einen Leckerbissen. Ich nahm einen Cracker aus der Dose im Regal und teilte ihn mir mit ihm.

Es klopfte an der Tür. Ich öffnete einen Spalt, ließ die Sicherheitskette angelegt. Zwei Männer in Bürograu spähten mir entgegen. Die Anzughemden waren nicht mehr die frischesten, die gestreiften Krawatten saßen locker. Stirnglatze, Ende vierzig, 1,80 m groß der eine, der andere zehn Zentimeter kleiner. Gewichtsmäßig würde ich sagen, zu viel Double-Bacon-Cheeseburger.

»FBI«, sagte der größere der beiden, zückte kurz seinen Ausweis und steckte ihn wieder ein. »Dürfen wir reinkommen?«

»Nein«, sagte ich.

»Aber wir sind vom FBI.«

»Kann ja sein«, sagte ich. »Vielleicht auch nicht. Wie war Ihr Name doch gleich?«

»Lance Lancer.« Er deutete auf seinen Partner. »Das ist Agent Sly Slasher.«

»Lance Lancer und Sly Slasher? Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Das sind doch keine echten Namen.«

»So steht es in unseren Ausweisen«, sagte Lancer. »Wir suchen einen Umschlag, den Sie möglicherweise versehentlich eingesteckt haben.«

»Was für einen Umschlag?«

»Groß, braun. Er enthielt ein Foto von einem Mann. Wir fahnden nach ihm im Zusammenhang mit einem Mord.«

»Eine Fahndung wäre Aufgabe der örtlichen Polizei.«

»Es war ein internationaler Mordfall. Steht in Verbindung mit einer Entführung. Haben Sie den Umschlag?«

»Nein.« Es war die Wahrheit. Wahrscheinlich meinten sie den Umschlag, den ich bei meinen Eltern in den Müll geworfen hatte.

»Ich glaube, Sie lügen«, sagte Lancer. »Wir wissen aus zuverlässiger Quelle, dass Ihnen der Umschlag übergeben wurde.«

»Wenn ich ihn finde, melde ich es dem FBI«, sagte ich.

Ich machte die Tür zu, schloss ab und guckte durch den Spion. Lancer und Slasher standen ziemlich angepisst im Flur, Fäuste in die Seiten gestemmt, und wussten nicht wie weiter.

Ich ging in die Küche und rief Morelli auf seinem Handy an. »Wo bist du?«

»Zu Hause. Gerade reingekommen.«

»Kannst du mal zwei angebliche FBI-Agenten für mich überprüfen? Lance Lancer und Sly Slasher.«

»Ich mache mich lächerlich, wenn ich die Namen ins System eingebe. Das ist ein Scherz, oder?«

»So haben sie sich vorgestellt. Sie haben mir ihre Ausweise gezeigt.«

»Wie dringend ist es?«

»Mehr als.«

Morelli stöhnte und legte auf.

Ich stellte mir vor, wie Morelli jetzt kopfschüttelnd auf seine Füße schaute und sich wünschte, er wäre nicht ans Telefon gegangen.

Ich rief bei meinen Eltern an, meine Mutter war dran.

»Kannst du mir einen Gefallen tun?«, bat ich sie. »Ich brauche das Foto und den Umschlag, die ich heute Morgen bei euch in den Küchenabfall geworfen habe.«

»Deine Oma hat den Eimer gleich rausgebracht, nachdem du gegangen bist. Heute kommt die Müllabfuhr. Ich kann noch mal nachgucken hinten, aber ich glaube, es ist alles weg.«

Damit war der Vorwurf, ich würde dem FBI ein Beweisstück unterschlagen, vom Tisch.

Schön. Ich hatte Wichtigeres zu tun, zum Beispiel endlich mal Schlaf nachholen. Ich kickte die Schuhe von den Füßen und ließ mich auf die Matratze plumpsen. Kaum hatte ich die Augen zugetan, dröhnte die Türklingel. Ich quälte mich aus dem Bett, schlich zur Tür und guckte durch den Spion. Schon wieder zwei Männer in grauen Anzügen.

Ich öffnete einen Spalt, ließ die Kette vor und sah hinaus. »Was denn jetzt schon wieder?«

Der Mann, der vorne an der Tür stand, zeigte seinen Ausweis. »FBI. Wir müssen mit Ihnen reden.«

»Und Sie heißen?«

»Bill Berger. Das hier ist mein Partner Chuck Gooley.«

Bill Berger war schlank, durchschnittlich groß, Anfang fünfzig. Braune, blutunterlaufene Augen, wahrscheinlich von seinen mörderischen Kontaktlinsen. Chuck war eher mein Alter, ein paar Zentimeter kleiner als Berger. Seine Anzughose hatte jede Menge Falten im Schritt, und er trug ausgelatschte Laufschuhe.

»Worüber möchten Sie mit mir reden?«

»Dürfen wir reinkommen?«

»Nein.«

Berger schob dezent seinen Jackettschoß nach hinten und präsentierte sein Pistolenhalfter. Schwer zu sagen, ob das eine unbewusste Geste war oder ob er mich einschüchtern wollte. Egal, ich würde die Tür deswegen nicht weiter aufmachen.

»Wir haben Grund zu der Annahme, dass Sie im Besitz eines Fotos sind, das Gegenstand von Ermittlungen ist.«

Mein Handy klingelte, ich entschuldigte mich.

»Du bist keine halbe Stunde zu Hause, schon steckst du wieder in der Scheiße«, sagte Morelli. »Willst du mehr wissen?«

»Klar. Ich habe nur gerade Gäste. Noch mal zwei Männer vom FBI.«

»Sind sie in deiner Wohnung?«

»Nein. Im Hausflur.«

»Lass sie schön draußen warten. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, sind die beiden ersten nicht vom FBI. Der Dienst beschäftigt niemanden unter den Namen Lance Lancer oder Sly Slasher. Wundert mich nicht. Und wer steht jetzt bei dir vor der Tür?«

»Bill Berger und Chuck Gooley.«

Ein Takt Stille, dann: »Berger ist Anfang fünfzig, hat schwarzes, ergrauendes Haar, und Gooley sieht aus, als wäre er zwei Wochen nicht aus seinem Anzug gekommen, habe ich recht?«

»Ja. Soll ich sie reinlassen?«

»Nein. Gooley klaubt sich das Essen aus der Mülltonne und treibt’s mit streunenden Katzen. Gib mir mal Berger.«

Ich reichte das Handy weiter an Berger, der es mir zwei Minuten später zurückgab.

»Kennen Sie unsere Dienststelle in der Stadt?«

»Ja. Ich weiß, wo sie ist.«

»Kommen Sie morgen um zehn Uhr vorbei. Und bringen Sie das Foto mit.«

»Ich habe das Foto nicht.«

»Dann bringen Sie Ihren Anwalt mit.«

Ich rollte mit den Augen. »Sie sollten Ihre soziale Kompetenz verbessern.«

Berger kniff die Lippen zusammen. »Das kriege ich oft zu hören. Vor allem von meiner Ex.«

Ich machte die Tür zu und setzte mein Gespräch mit Morelli fort. »Berger ist wohl tatsächlich vom FBI.«

»Mehr oder weniger. Ich muss dich sprechen.«

»Habe ich mir schon gedacht. Ich wollte heute Abend bei dir vorbeischauen.«

»Könnte spät werden.«

»Das heißt?«

»Schwer abzuschätzen. In der Sozialsiedlung haben sie einen mit sechzehn Kopfschüssen gefunden.«

»Sechzehn Schüsse in den Kopf? Scheint mir ein bisschen übertrieben.«

»Murray hat ihn sich angeguckt. Sieht aus wie ein Schweizer Käse, sagt er. Überall ausgelaufene Gehirnmasse.«

»Erspar mir die Einzelheiten.«

»Gehört nun mal zu meinem Leben«, sagte Morelli und legte auf.

Ich ging wieder ins Bett, hatte jedoch die ganze Zeit die hervorquellende Gehirnmasse vor Augen. Morelli ist der einzige Bekannte, dessen Job noch heftiger ist als meiner. Na gut, Bestatter kämen noch in Frage, die müssen Körperflüssigkeiten aus ihren Leichen absaugen. Aber trotz aller Widrigkeiten liebt Morelli seinen Beruf. Als Jugendlicher, Produkt eines prügelnden Vaters, war er nicht zu bändigen gewesen. Heute ist er ein guter Polizist, verantwortungsbewusster Hauseigentümer, und um seinen Hund Bob kümmert er sich liebevoll. Er besitzt herausragende Qualitäten, ist ein potentieller Lebenspartner, vielleicht sogar Ehemann, doch ständig kommt uns seine häufig grauenvolle Arbeit in die Quere, und das würde sich so bald nicht ändern. Und jetzt noch die Hawaii-Geschichte.

Der andere Mann in meinem Leben, Ranger, ist definitiv kein potentieller Lebenspartner oder gar Ehemann. Ranger hat eher Suchtpotential. Ein Körper wie Batman, dunkle, geheimnisvolle Vergangenheit, animalischer Magnetismus, der mich ködert, sobald ich in sein Kraftfeld gerate. Ranger trägt ausschließlich Schwarz, fährt ausschließlich schwarze Autos, und wenn wir zusammen schlafen, weiten sich seine braunen Augen zu großen schwarzen Löchern.

All das ging mir im Kopf herum: Morelli, Ranger, die austretende Gehirnmasse. Dann dachte ich wieder an die FBI-Typen, die echten und die falschen, und den Mann auf dem Foto. Nicht gerade schlaffördernd. Hinzu kommt, ich beziehe kein regelmäßiges Gehalt. Wenn ich keine Kautionsflüchtlinge fange, verdiene ich kein Geld. Wenn ich kein Geld verdiene, kann ich meine Miete nicht bezahlen. Wenn ich meine Miete nicht bezahle, muss ich im Auto übernachten. Und so toll ist mein Auto nun auch wieder nicht.

Ich ging in die Küche und beugte mich wieder über die Akten. Bei dem Handtaschenräuber hätte ich sicher meine größten Chancen. Es stimmt, sie sind gute Läufer, doch der Mann auf dem Foto sah dick aus, und einen Dicken, wenn nicht gerade in super Form, könnte ich schon noch zur Strecke bringen. Lewis Bugkowski, Spitzname Big Buggy, 23, hatte die friedlich auf einer Parkbank sitzende 83jährige Betty Bloomberg ausgeraubt. Eine Dreiviertelstunde später wurde er bei dem Versuch, sechs Buckets frittierte Hähnchen mit ihrer Kreditkarte zu bezahlen, verhaftet. Der Angestellte hatte keine große Ähnlichkeit zwischen Buggy und dem Foto auf der Kreditkarte entdecken können. Buggy war also nicht nur übergewichtig, sondern scheinbar auch geistig unterbelichtet.

Soll ich meine Pistole einstecken, überlegte ich. Lieber nicht. Schwere Handtaschen machen nur Nackenkrämpfe. In Wahrheit brauche ich die Pistole sowieso nie, benutze stattdessen Pfeffer- und Haarspray. Mein Handy klemmte im Hosenbund, die Handschellen in der Gesäßtasche. Ich war startbereit.

Buggy wohnte ganz in der Nähe von Chambersburg, dem Viertel von Trenton, wo ich aufgewachsen bin. Und er lebte noch bei seinen Eltern. Immer eine blöde Situation, weil ich meine Kunden ungern vor ihren Eltern oder Kindern abgreife. Ein Arbeitsplatz war in der Akte nicht angegeben, sonst hätte ich ihn dort aufgesucht. Ich fuhr zur Broad, schlug einen Linkshaken, vorbei am Haus der Bugkowskis, einem kleinen Häuschen im Cape-Cod-Stil. Sauber, gepflegt, winziger Vorgarten, Einzelgarage. Auf der Straße vorm Haus parkte kein weiteres Auto.

Ich gab Buggys Nummer ein, er ging beim zweiten Klingeln ran.

»Lewis Bugkowski?«

»Ja.«

»Sind Sie der Hausbesitzer?«

»Nein, das Haus gehört meinem Dad.«

»Ist er zu Hause?«

»Nein.«

»Und Ihre Mutter?«

»Sie ist arbeiten. Was wollen Sie?«

»Ich mache eine Umfrage über Müllentsorgung.«

Click.

Super. Ich hatte erfahren, was ich wissen wollte. Buggy war allein. Ich stellte mein Auto ein Haus weiter ab, ging zurück und schellte.

Ein Riese kam an die Tür. Knapp zwei Meter, knapp drei Zentner. Er trug Sweatpants und ein T-Shirt, unter dem eine achtköpfige vietnamesische Familie Obdach gefunden hätte.

»Hä?«, sagte er.

»Lewis Bugkowski?«

Er sah mich an. »Sind Sie das mit der Müllumfrage? Ihre Stimme klingt wie die Frau am Telefon.«

»Kautionsagentur Plum.«

Ich zückte die Handfesseln und versuchte, sein Handgelenk zu erwischen. Fehlanzeige. Die Schelle wollte sich nicht schließen. Das Handgelenk war zu dick! Der Kerl, ein Koloss.

Kokett lächelte ich ihn an. »Könnte ich Sie dazu überreden, mit mir zum Gericht zu fahren, um einen neuen Termin zu vereinbaren?«

Sein Blick heftete sich an meine Kuriertasche. »Soll das eine Handtasche sein?«

Achtung!

»Nein«, sagte ich. »Die ist nur für Unterlagen. Langweiliges Zeug. Wollen Sie mal sehen?«

Er packte den Riemen und riss mir die Tasche von der Schulter, bevor ich mein Pfefferspray finden konnte.

»He!«, rief ich. »Geben Sie mir meine Tasche zurück!«

Er sah auf mich herab. »Verpiss dich, oder ich hau dir eine rein.«

»Ich kann nicht weg. Die Autoschlüssel sind in der Tasche.«

Seine Augen leuchteten. »Ein Auto könnte ich gut gebrauchen. Ich habe Hunger und nichts mehr zu essen im Haus.«

Ich stürzte mich auf ihn, aber er wehrte mich ab.

»Ich fahre Sie auch zu Cluck-in-a-Bucket«, sagte ich.

Er schloss die Haustür und trat von der Veranda. »Nicht nötig. Ich habe jetzt ein eigenes Auto.«

Ich lief hinter ihm her und hielt mich an seinem T-Shirt fest. »Hilfe!«, rief ich. »Polizei!«

Er stieß mich beiseite und klemmte sich hinters Steuerrad. Mein Autochen ächzte unter seinem Gewicht. Er warf den Motor an und gab Gas.

»Das ist Autodiebstahl, Mister!«, rief ich hinter ihm her. »Das kann Sie in den Knast bringen.«

Buggy verschwand um die nächste Straßenecke. Unschlüssig blieb ich stehen, dann rief ich Ranger an.

»Wo bist du?«

»Bei Rangeman.«

Ranger war Teilhaber von Rangeman-Security. Das Unternehmen residierte in einem unscheinbaren, mit Hightech vollgestopften Haus in der Innenstadt von Trenton. Durchtrainierte Männer in schwarzen Rangeman-Uniformen schoben hier Dienst. Im sechsten Stock lagen Rangers Privaträume.

»Ein blöder Fettsack hat gerade mein Auto geklaut«, sagte ich. »Und meine Tasche. Und NVGler ist er auch noch!«

»Kein Problem. Wir haben deinen Wagen auf dem Schirm.«

Ranger montiert gern heimlich Peilsender an meine Autos. Zuerst fand ich diesen Eingriff in die Privatsphäre unverschämt, doch im Laufe der Zeit habe ich mich daran gewöhnt, und manchmal ist es ja auch ganz praktisch, so wie jetzt.

»Ich schicke jemanden, der dir das Auto wiederbeschafft«, sagte Ranger. »Was sollen wir mit dem blöden Fettsack machen?«

»Handschellen anlegen, auf den Rücksitz verfrachten und zur Kautionsagentur bringen. Dann übernehme ich ihn.«

»Und du?«

»Alles klar. Lula kommt mich abholen.«

»Babe«, sagte Ranger und legte auf.

Zugegeben, das mit Lula war gelogen. In Wahrheit konnte ich Ranger noch nicht wieder unter die Augen treten. Missmutig sah ich auf die kahle Stelle an meinem Ringfinger und rief Lula an.

4

»Wo bleibt dein Kampfgeist?«, sagte Lula. »Dich haben sie in Hawaii weichgeklopft. Das kommt dabei raus, wenn man sich im Urlaub auf so eine Geschichte einlässt wie du. Aber glaub ja nicht, das würde mich interessieren. Nicht die Bohne!«

Lula hatte mich vor Buggys Haus abgeholt, wir waren unterwegs zum Kautionsbüro.

»Ich habe meinen Kampfgeist nicht verloren«, sagte ich. »Ich hatte nie welchen.«

»Kann schon sein. Aber warum lässt du dich dann gleich zweimal hintereinander so anschmieren? Lässt zwei Kautionsflüchtlinge laufen. Wo bist du nur mit deinen Gedanken? Immer noch bei dieser Geschichte in Hawaii? Dabei weiß ich nichts darüber. Geht mich ja nichts an. Ich bin ja nur deine allerbeste Freundin. Und obwohl du mir nicht vertraust, habe ich extra meinen Mittagsschlaf unterbrochen, um dich zu retten.«

»Ich bin nicht abgelenkt. Die beiden vergeigten Festnahmen kannst du getrost meiner Inkompetenz zuschreiben.«

»Mach dich nicht schlechter, als du bist. Ich kenne da ein gutes Rezept. Donuts.«

»Donuts reichen da nicht.«

»Was dann? Hähnchen? Pommes? Ein Riesendoppelwhopperburger?«

»Ich rede nicht von Essen. Essen löst das Problem nicht.«

»Seit wann?«

»Ich überlege, ob ich nicht einen Selbstverteidigungskurs machen soll. Kickboxen oder so.«

»So ’n Selbstverteidigungskurs ist für ’n Arsch«, sagte Lula. »Wenn mir einer blöd kommt, verlasse ich mich lieber auf meine animalischen Instinkte.«

Das gilt nicht für mich. Meine animalischen Instinkte sind verkümmert. Wenn mir einer blöd kommt, setzt eher mein Fluchtinstinkt ein.

»Mein Mittagsschlaf ist eh dahin. Ich hätte glatt Lust, auf Großwildjagd zu gehen«, sagte Lula. »Die blöde Joyce einsacken. Wo wohnt sie? Noch in der fetten Kolonialvilla von Vinnie?«