Küssen verboten, lieben erlaubt - Sarah Saxx - E-Book

Küssen verboten, lieben erlaubt E-Book

Sarah Saxx

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Beschreibung

Phoebe Harris hat sich von ihrem langjährigen Freund getrennt und zieht von Vancouver zurück in ihre Geburtsstadt Greenwater Hill, wo sie als Verkäuferin in der Bäckerei einen Job findet. Als ihr der smarte Officer Dean Hunter erst aus einer prekären Situation heraushilft und sich anschließend schnell in ihr Herz stiehlt, scheint ihr Glück perfekt zu sein – wären da nicht die seltsamen, teils auch überaus gefährlichen Ereignisse, die den beiden Frischverliebten das Leben schwermachen. Die junge Liebe steht unter einem schlechten Stern, denn jemand setzt alles daran, die Beziehung zwischen Phoebe und Dean zu verhindern …

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Küssen verboten, lieben erlaubt

Sarah Saxx

www.sarahsaxx.com

Inhalt

Content Note

1. Phoebe

2. Dean

3. Phoebe

4. Dean

5. Phoebe

6. Dean

7. Phoebe

8. Dean

9. Phoebe

10. Dean

11. Phoebe

12. Dean

13. Phoebe

Kennst du schon …

Kennst du schon …

Kennst du schon …

Freu dich auf …

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Über Sarah Saxx

1. Auflage, Februar 2023

Copyright © 2017, Sarah Saxx

Alle Rechte vorbehalten.

Eine Kopie oder anderweitige Verwendung ist nur mit schriftlicher Genehmigung von Seiten des Autors gestattet.

Lektorat: Kornelia Schwaben-Beicht, www.abc-lektorat.de

Korrektorat: Sybille Weingrill, www.swkorrekturen.eu

Verwendete Fotos: © konradbak – depositphotos.com, © JiSign – fotolia.com

Taschenbuch ISBN: 978-3-7431-2533-9

www.sarahsaxx.com

Über das Buch

Phoebe Harris hat sich von ihrem langjährigen Freund getrennt und zieht von Vancouver zurück in ihre Geburtsstadt Greenwater Hill, wo sie als Verkäuferin in der Bäckerei einen Job findet. Als ihr der smarte Officer Dean Hunter erst aus einer prekären Situation heraushilft und sich anschließend schnell in ihr Herz stiehlt, scheint ihr Glück perfekt zu sein – wären da nicht die seltsamen, teils auch überaus gefährlichen Ereignisse, die den beiden Frischverliebten das Leben schwermachen. Die junge Liebe steht unter einem schlechten Stern, denn jemand setzt alles daran, die Beziehung zwischen Phoebe und Dean zu verhindern …

Content Note

Dieses Buch behandelt unter anderem folgende Themen:

Toxische Beziehung, Gewalt, Stalking, Belästigung

Für meinen Papa – weil du mein Superman bist.

1

Phoebe

Hitze und der herrliche Duft frischer Croissants strömte mir aus dem Ofen entgegen, als ich ihn öffnete, um das Gebäck herauszuholen. Das war eine der schönsten Seiten an meinem Job in der Bäckerei. Zwar war ich hauptsächlich für den Verkauf zuständig, aber mein Chef, Mr Landreth, bestand darauf, dass ein Teil unserer Ware direkt im Verkaufsraum gebacken wurde, damit die Kunden sahen, dass auch wirklich alles frisch zubereitet war.

Ich war ein geselliger Mensch und mochte es, die unterschiedlichsten Leute zu bedienen. Manche erzählten mir, während sie ihre Backwaren holten, den neuesten Tratsch aus Greenwater Hill. Einige hielten nach ihrem Einkauf bei den zwei Stehtischen im Verkaufsraum, tranken dort ihren Kaffee, aßen einen Donut oder Cupcake dazu und unterhielten sich hier, statt im Café gleich nebenan Platz zu nehmen. Dieses war nur durch eine große Glastür, die die meiste Zeit offen stand, von der Bäckerei getrennt. Und so konnte der Duft des frischen Gebäcks den Gästen des Cafés das Wasser im Mund zusammenfließen lassen und sie – davon war auch die alte Mrs Landreth überzeugt – zu Spontankäufen verführen.

Ich zog mit den dicken, feuerfesten Handschuhen das schwere Blech heraus und klappte gleich danach die Tür des Ofens wieder zu, etwas, was ich – seit ich vor gut zwei Monaten kurz vor Weihnachten diesen Job angetreten hatte – jeden Tag mehrmals machte. Ein Glück, dass ich gleich, nachdem ich nach Greenwater Hill zurückgekehrt war, diese Stelle bekommen hatte. So war ich nicht völlig von meinen Eltern abhängig, wenngleich ich in mein Kinderzimmer hatte einziehen müssen.

»Phoebe Harris?«

»Ja, bitte?« Ich drehte mich zu der tiefen Männerstimme um, das Blech mit den frischen Croissants noch in der Hand, und sah in graugrüne Augen.

»Ich bin’s …«

Er breitete seine Arme aus und tat, als ob ich ihm vor Freude hineinfallen sollte. Irritiert sah ich ihn an, dann blickte ich mich in der Bäckerei um, in der nur eine weitere Kundin das süße Gebäck in der Vitrine nebenan studierte.

»Kennst du mich nicht mehr?«, fragte der Mann mit den aschblonden Haaren und dem leichten Bartschatten als Reaktion auf mein doch eher zögerliches Verhalten.

Ich stellte das Blech ab, zog die Handschuhe aus und schüttelte zur Abkühlung meine Hände. Doch, klar erinnerte ich mich an Wyeth Ryder. Wer vergaß schon seinen ersten Kuss? Aber wirkliche Freude über das Wiedersehen spürte ich nicht, während er ja so tat, als würde er endlich seine lang vermisste große Liebe wieder treffen.

Oje, hoffentlich sah er mich nicht wirklich als diese! Aber das wäre lächerlich, immerhin waren wir vor gut zwölf Jahren nur ein paarmal miteinander ausgegangen …

»Wyeth, nicht wahr? Wie geht es dir?«

»Genau der bin ich.« Die Arme immer noch ausgebreitet, strahlte er wie ein Honigkuchenpferd. »Jetzt, wo ich dich getroffen habe, geht es mir glänzend.«

»Schön zu hören.« Ich lächelte freundlich und hob die Croissants mit der Servierzange in die Vitrine.

Er ließ seine Arme sinken, aber seine Euphorie hielt sich weiterhin auf dem Höchststand. »Phoebe, wie geht es dir? Was hast du bisher gemacht? Wie lange arbeitest du schon hier? Wohnst du in der Nähe? Bist du verheiratet? Hast du Kinder?«

Wollte er auch noch meine Kontonummer wissen? Oder was war das jetzt für ein Verhör?

»Ähm … hast du was dagegen, einen Moment zu warten? Ich bin gleich mit meiner Arbeit fertig, dann können wir uns kurz setzen und was trinken.« Ich deutete in das angrenzende Café Landreth.

Irgendwie war mir diese Unterhaltung während meiner Arbeitszeit unangenehm. Noch dazu, wo die Kundin neugierig die Ohren spitzte und ich wusste, dass sie eine der großen Tratschtanten von Greenwater Hill war.

»Natürlich.« Abwehrend hob er die Hände. »Ich will dich nicht bei der Arbeit stören.«

Anstatt ihm zu antworten, nickte ich nur.

Wyeth war damals ein netter Kerl gewesen. Nicht umsonst war ich mit ihm ausgegangen. Und vielleicht war es nicht einmal so falsch, sich mit ihm zu unterhalten, entschied ich dann. Womöglich wohnte er ja auch in der Nähe, und da ich immerhin erst seit Kurzem wieder zurück in meiner Heimatstadt war, war es vielleicht gar nicht so schlecht, alte Kontakte aufzuwärmen. Abgesehen davon wirkte er immer noch sympathisch. Warum also nicht mit ihm plaudern? Auch wenn er etwas zu überschwänglich auf mich wirkte.

Als ich kurz darauf meine Schicht beendet, meine Schürze abgelegt und meine Alltagskleidung angezogen hatte, wartete Wyeth tatsächlich immer noch auf mich. Ich nahm mir meinen Kaffee mit, den ich mir bei Dienstende bestellt hatte, und ging auf ihn zu. Er hatte im Café direkt am Durchgang zur Bäckerei Platz genommen und grinste mir entgegen, während er seinen Kaffee umrührte.

Ich setzte mich ihm gegenüber. »Wohnst du noch immer nebenan in Marble?«, fragte ich und nahm das Gespräch diesmal selbst in die Hand. Am liebsten hätte ich mir auch gleich auf die Zunge gebissen, da die Frage – jetzt, wo ich sie ausgesprochen hatte – so klang, als wäre er mir ebenfalls noch sehr in Erinnerung geblieben, dabei war mir Marble eben erst wieder eingefallen.

»Ich war lange Zeit in Miami, aber jetzt bin ich wieder zurück. Fast zumindest«, erklärte er belustigt.

»Wow, Miami! Und dann kommst du freiwillig hierher in die Kälte?«

»Tja, was soll ich sagen …« Er schmunzelte und zuckte mit den Schultern. »Und du? Warst du zwischenzeitlich weg, oder bist du Greenwater Hill immer treu geblieben?«

»Ich hab ein paar Jahre in Vancouver gelebt und bin erst seit kurz vor Weihnachten wieder hier.«

»Hat dich die Liebe zurückgebracht?« Er wirkte ehrlich interessiert.

»Eigentlich weg aus Kanada. Mein letzter Freund ist nach Rom gegangen, um dort zu arbeiten. Europa klingt zwar verlockend, aber mir wäre dieser Schritt zu groß gewesen. Also haben er und ich uns getrennt.«

Wyeth zog eine Schnute. »Oh, das tut mir leid für dich.« Sofort hatte er wieder sein Lächeln aufgesetzt. »Dafür bin ich ja jetzt da. Fügung des Schicksals, wenn du es so nennen willst.«

»Genau.« Ich lachte und verdrehte innerlich die Augen. Diese für meine Begriffe übertrieben aufdringliche Art, die er damals schon gehabt hatte, hatte er wohl bis heute nicht abgelegt. Als ich fünfzehn war und er achtzehn hatte es mich bis zu einem gewissen Grad nicht gestört, aber heute …

»Hör zu …« Er legte seine Hand auf meine und durchbrach meine Sicherheitszone nun auch auf körperlicher Ebene. Diese Berührung war mir einfach einen Tick zu intim, gemessen an der Tatsache, dass ich den Mann kaum kannte. Langsam zog ich sie zurück und brachte Abstand zwischen uns, was ihn nicht zu irritieren schien.

»… du bist noch immer so hübsch und sympathisch wie damals«, sagte er mit weicher Stimme und lächelte mich an.

Kurz bekam ich ein schlechtes Gewissen, dass mir seine Berührung so unangenehm war. Immerhin wirkte er doch total freundlich! Doch dann brachte er mich ein weiteres Mal aus dem Konzept.

»Komm mit zu mir. Ich zeige dir, wo ich wohne, und … wir verbringen ein paar nette Stunden miteinander. Immerhin sollten wir uns besser kennenlernen.«

Wie bitte? Schnell zog ich meine Hand unter seiner hervor und legte sie in meinen Schoß, damit er nicht noch einmal diese Intimitätsgrenze überschreiten konnte.

»Das ist … nett von dir, Wyeth, aber nein, danke. Ich hab im Moment kein Interesse an Dates, und ich werde auch ganz sicher nicht mit zu dir kommen«, sagte ich bestimmt.

Herrgott, auch wenn mein letztes Mal ein paar Monate zurücklag, hatte ich nicht das Bedürfnis, mit einem mir fast völlig Fremden nach Hause zu fahren und weiß Gott was mit ihm zu machen … Ich zeig dir meine Briefmarkensammlung war wohl längst aus der Mode gekommen …

»Wenn ich ehrlich bin, hab ich die Trennung noch nicht ganz überwunden«, sagte ich, als wäre ich ihm Rechenschaft schuldig.

Doch anstatt ungehalten zu reagieren, sah mich Wyeth verständnisvoll an. Seine Mundwinkel hoben sich zu einem Lächeln. »Aber natürlich, Phoebe. Das verstehe ich.« Er streichelte tröstend meine Wange.

Irritiert wich ich seiner Hand aus. Seine so vertraulichen Berührungen störten mich enorm. Genauso wie seine mehr als eindeutige Einladung zu sich nach Hause.

»Erinnerst du dich noch an die Zeit, als wir beide ausgegangen sind?«

»Sicher«, sagte ich so unverbindlich wie möglich.

Damals, mit meinen fünfzehn Jahren, hatte ich mich unglaublich reif gefühlt – ich hatte ganze drei Wochen lang einen älteren Freund gehabt. Er war eine kurze Sommerromanze gewesen, mehr aber nicht.

»Ich muss auch noch immer daran denken. Weißt du noch, als wir auf der Kirmes waren und im Riesenrad saßen? Du hast Zuckerwatte gegessen. Diese hatte dieselbe Farbe wie dein blassrosa Kleid, das kurz über deinen Knien geendet hat. Und du hattest eine weiße Spange in deinem Haar.« Gedankenverloren sah er auf die Stelle an meinem Kopf, an der wohl besagte Spange gesessen haben musste.

Ja, ich erinnerte mich dunkel daran, aber das war jetzt zwölf Jahre her und noch vor meiner rebellischen Phase, die nach Wyeth folgte, in der Blassrosa total out war.

Und klar waren es ein paar schöne Wochen mit ihm, aber nichts, was einen so bleibenden Eindruck hinterlassen hätte, dass ich dieser Zeit oder gar Wyeth in irgendeiner Weise nachgetrauert hätte. Immerhin war außer heißen Küssen und ein bisschen Fummeln nichts gelaufen. Wenn ich ehrlich war, waren meine Gefühle zu ihm zwar schnell da gewesen, aber genauso schnell hatte ich auch das Interesse an ihm verloren gehabt. Dass er sich noch in allen Einzelheiten daran erinnerte, fand ich schon ein wenig spooky.

»Es war ein schöner Sommer … damals«, sagte ich trotzdem ehrlich.

Irgendwie war – rückblickend gesehen – diese Prä-Sex-Zeit und alles vor dem ersten Beziehungsstress viel schöner und sorgloser gewesen als alles, was danach gekommen war. Nicht, dass ich viele schlimme Erfahrungen machen musste, aber in dieser Zeit war eben alles noch … blassrosa. Mit dem ersten richtigen Liebeskummer war alles dunkler geworden – genau wie meine Klamotten –, was vielleicht auch einfach am Alter gelegen hatte.

Er lachte leise auf und trank einen Schluck. »Weißt du noch, als wir dieses eine Mal am Columbia River waren?«, fragte er weiter in Erinnerungen schwelgend, ohne auf mein sarkastisches Augenbrauenheben einzugehen. »Es war windig, und plötzlich ging ohne Vorwarnung ein Platzregen über uns nieder. Wir liefen zu unseren Fahrrädern, und meines hatte zu unserem Pech auch noch einen Platten. Also haben wir es liegen lassen. Ich bin mit deinem Rad gefahren, und du hast dich auf den Lenker gesetzt.«

»Bis wir bei mir zu Hause angekommen waren, klebte unsere Kleidung klatschnass an uns.« Schmunzelnd dachte ich an jenen Abend zurück. Ja, damals war definitiv alles lustiger und unbeschwerter gewesen. Dann fiel mir ein, dass ich an diesem Abend von Wyeth meinen ersten Kuss überhaupt bekommen hatte.

Er schien ebenfalls an diesen Moment zu denken, denn er sah auf meine Lippen und leckte sich über seine, was ich als völlig unpassend und deplatziert empfand. Ich meine, Wyeth tat, als wären wir mehrere Jahre zusammen gewesen und hätten uns gerade mal drei Wochen nicht gesehen. Dabei war es genau umgekehrt. Selbst bei meinem Ex Raymond würde ich ein solches Verhalten als seltsam und unangebracht empfinden – und mit ihm war ich mehrere Jahre zusammen gewesen.

»Oder als wir bis drei Uhr morgens auf der Terrasse saßen und uns ewig unterhalten haben. Deine Eltern dachten, dass ich längst nach Hause gefahren wäre und du seit Stunden im Bett liegen und schlafen würdest«, meinte er belustigt und erinnerte mich an eine heftige Standpauke meines Vaters.

Bei dieser Erinnerung musste selbst ich lachen. O Mann, war Dad wütend gewesen.

»An diesem Abend haben wir unseren Pakt geschlossen, weißt du noch?« Er sah mich eindringlich an.

Mir dämmerte etwas, doch ich war mir nicht sicher, ob er wirklich davon sprach. Wir waren jung gewesen, hatten unendlich viel Zeit gehabt und über alles Mögliche geredet.

»Phoebe, wir haben uns geschworen, dass wir, wenn wir mit dreißig noch Single wären, heiraten würden«, half er meinem Gedächtnis auf die Sprünge.

Okay, er meinte also wirklich diese Sache.

Verlegen lachte ich auf und trank von meinem Kaffee. »Ja, genau. Das haben wir damals gesagt …«

»In einem Monat habe ich Geburtstag«, sagte er dann, und sein unterschwelliger Ton gefiel mir gar nicht. Irgendwie wirkte es so, als hätte er jetzt von belanglosem Plaudern zu bitterem Ernst gewechselt. Und da er drei Jahre älter als ich war, würde er wohl besagten dreißigsten Geburtstag feiern.

»Bei mir dauert es noch«, sagte ich, da ich nicht wusste, was ich darauf hätte sonst erwidern sollen.

Ich sah mich um und warf einen Blick auf die Uhr. Wieso hatte ich vor ein paar Minuten noch gedacht, dass es schön wäre, mit ihm zu plaudern? Wir würden mit Sicherheit keine Freunde mehr sein. Jetzt bereute ich es und wünschte, ich wäre schon auf dem Heimweg. Einfach aufstehen und gehen war aber auch nicht mein Stil.

»Dann ist ja alles klar«, meinte er, unterbrach damit meine Selbstvorwürfe und winkte eine Kellnerin herbei, um zu zahlen.

»Wie … meinst du das?« Irritiert sah ich ihm zu, wie er Darlene das Geld reichte.

Er stand auf und streckte mir die Hand hin. »Na komm, lass uns gehen«, meinte er, ohne auf seinen vorherigen Satz einzugehen.

»Gut. Ich muss jetzt sowieso nach Hause, Wyeth …«, sagte ich, ignorierte seine Hand und packte meinen Mantel und meine Tasche. Endlich hatte dieses seltsame Gespräch ein Ende!

Wyeth nickte nur und bedeutete mir, vorzugehen. Beim Hinausgehen winkte ich noch Mr Landreth zu, der nun den Verkauf in der Bäckerei übernommen hatte.

Die Sonne schien heute bei wolkenlosem Himmel. Trotzdem war es noch sehr eisig, und der Wind blies kräftig. Mit einer Hand hielt ich meinen Mantel zu.

»Mein Auto steht dort drüben.« Ich deutete auf meinen Minivan auf der anderen Straßenseite.

»Ich begleite dich dorthin«, sagte er und legte mir die Hand auf meinen unteren Rücken, um mich zu führen. »Übrigens war das eben mein voller Ernst, Phoebe«, fuhr er fort und löste damit ein beklemmendes Gefühl in mir aus. »Ich bin hier, um dich zu fragen, ob du mich heiraten willst.«

Wie bitte? Abrupt blieb ich stehen und sah ihn an, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank.

»Wirklich, Phoebe …! Ich musste die ganzen letzten Jahre immer wieder an dich denken, selbst als ich in Miami war. Als ich zurückgekommen bin, hab ich herausgefunden, dass du nicht mehr hier wohnst. Und jetzt, endlich, habe ich dich zufällig in der Bäckerei gesehen, da … Weißt du, es fühlt sich an wie eine Fügung des Schicksals.«

Wie gruselig war das denn? Hatte er sich in einen Psycho verwandelt? Herrgott, dann musste ich wohl deutlicher werden, wenn er es bisher noch nicht verstanden hatte.

»Wyeth, das mit dem Heiraten war damals nur so dahergesagt von mir. Du kannst doch nicht annehmen, dass ich das ernst gemeint habe. Ich meine, Herrgott, ich war fünfzehn!« Ich lachte auf. »Welche Fünfzehnjährige gibt schon ein Eheversprechen ab, das dann zwölf Jahre später eingelöst wird … Außerdem bin ich noch nicht dreißig!«

»Aber du warst einverstanden! Du hast gesagt, du willst mich auf jeden Fall heiraten!«, unterbrach er mich sofort.

»Ich habe einfach Ja gesagt, ohne weiter darüber nachzudenken. Ich dachte, es wäre nur blödes Gerede, ein Scherz von dir …«

Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Er machte noch einen Schritt auf mich zu, und ich fühlte mich urplötzlich absolut unwohl. Mit diesem Wandel hatte ich nicht gerechnet.

»Das war kein Scherz, Phoebe. Bei so was spaße ich nicht.«

Ich unterdrückte ein Augenrollen. »Wyeth, ich will dich nicht …«

»Nein, nein! Wir haben einen Deal, meine Liebe.« Seine Stimme klang jetzt viel ernster, strenger, als er mich unterbrach.

Als ich in seine Augen sah, wusste ich, dass er all das auch genau so meinte. Der spinnt komplett, schoss mir durch den Kopf. Da er mein »Nein« nicht akzeptierte, musste ich wohl andere Geschütze auffahren.

»Ich werde nicht heiraten, Wyeth! Weder dich noch sonst irgendwen. Und glaub mir, daran wird auch dein ›Charme‹ nichts ändern.« Ich betonte das Wort, indem ich mit meinen Fingern Gänsefüßchen in die Luft malte.

Mittlerweile stinksauer, wollte ich mich an ihm vorbeischieben, doch nun hielt er mich am Oberarm zurück und zog mich an sich. Augenblicklich wurde mir bewusst, wie groß er war. Auch seine breiten Schultern fielen mir erst jetzt so richtig auf.

»Du tust mir weh, Wyeth, lass mich los!«, sagte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen.

Ich wollte viel bestimmter wirken, doch irgendwie klappte das nicht so richtig. Mit seiner dominanten Art hatte er mich völlig überrumpelt.

Hilfe suchend sah ich mich um, doch es hatte niemand mitbekommen, dass Wyeth mir mit seinem Sinneswandel Angst einjagte und ich langsam, aber sicher nicht mehr wusste, wie ich ihn wieder loswerden sollte.

»Gib’s doch zu, du stehst drauf, wenn du dich mir fügen musst«, zischte er mir mit einem schmutzigen Grinsen auf den Lippen ins Ohr, und eine eiskalte Gänsehaut lief mir über den Rücken. »Alle Mädchen stehen drauf, besonders jene, denen man es auf den ersten Blick nicht zutrauen würde. Und genau so eine bist du, hab ich recht?« Sein Blick war siegessicher.

Was bildete sich dieser Arsch eigentlich ein?

»Du bist krank, Wyeth!«, spie ich ihm ins Gesicht.

Er lachte, warf den Kopf in den Nacken. Dann sah er mich wieder mit durchdringendem Blick an. »Genug jetzt! Ich fahre nach Hause. Und du kommst mit. Wie es aussieht, muss ich dich wohl erst von meinen Qualitäten überzeugen. Aber dann wirst du nicht mehr von meiner Seite weichen wollen, das verspreche ich dir.«

Immer noch hatte er meinen Oberarm so fest im Griff, dass es schmerzte, und zog mich nun hinter sich her die Straße entlang.

Okay, jetzt bekam ich es wirklich mit der Angst zu tun. Er schien das tatsächlich ernst zu meinen, so viel wurde mir eben klar. Verzweifelt stolperte ich Wyeth hinterher und überlegte krampfhaft, wie ich aus dieser Situation entkommen könnte. Immerhin hatte ich keine Ahnung, wie er reagieren würde, wenn ich mich wehren oder laut schreien sollte. Er würde mich doch nicht auf offener Straße schlagen, oder? Andererseits hatte ich ihm auch dieses Verhalten, das er an den Tag legte, nicht zugetraut …

Was also tun? Denk logisch, Phoebe, schalte dein Hirn ein!

»Bitte, Wyeth … lass mich doch gehen. Wir beide … wir passen nicht zueinander«, stammelte ich und startete einen letzten Versuch, ihn durch meine Überzeugungskraft zur Vernunft zu bringen. Aber er reagierte nicht.

Das war doch echt verrückt! Wollte er mich zum Standesamt schleppen und mich danach lebenslang einsperren?

Als diese Gedanken durch mein Gehirn fegten, wurde mir diese ganze Sache zu viel. Ruckartig riss ich in die entgegengesetzte Richtung und schaffte es tatsächlich, mich loszureißen.

Ich rannte zurück zum Café, als er mich auch schon eingeholt hatte, grob packte und gegen einen parkenden schwarzen Lieferwagen drückte. Ohne Rücksicht fasste er mich am Kinn und presste mich mit dem anderen Arm fest gegen die Seite des Autos, als er mir ganz nahe kam. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt, und sein Griff war so fest, dass ich im ersten Moment keine Luft bekam.

Scheiße, der Typ war völlig übergeschnappt! Mein Herz raste vor Angst, und meine Knie wurden weich und zittrig.

»Du hast wohl vergessen, wie schön es mit mir war. Vielleicht muss ich dich einfach nur daran erinnern … und dir noch viel mehr zeigen. Damals hast du mich ja nicht rangelassen …«

»Hände weg von der Frau!«, unterbrach ihn eine tiefe Stimme.

Sofort wechselte sein grimmiger, entschlossener Gesichtsausdruck zu einem falschen Lächeln. Er hob abwehrend die Arme und machte einen Schritt zurück.

Erleichtert atmete ich auf und rieb mein Kinn, das von seinem festen Griff schmerzte. Trotzdem blieb ich an den Lieferwagen gelehnt, da ich der Kraft in meinen Beinen nicht vertraute, während ich schnell und abgehackt Luft in meine Lungen sog, so aufgebracht war ich.

»Schon gut, schon gut … Das war alles nur ein Spiel und nicht ernst gemeint. Wie das halt so läuft zwischen zwei Verliebten«, sagte Wyeth doch glatt und mimte das Unschuldslamm.

Den dunkelhaarigen Polizisten schien das jedoch wenig zu beeindrucken. Er hatte sich wie ein massiver Wandschrank hinter ihm aufgebaut und überragte Wyeth sogar noch um ein paar Zentimeter. Die Augenbrauen meines Retters waren zusammengeschoben, die Hände hatte er in die Hüften gestemmt, womit er nur zusätzlich unterstrich, was für ein Kraftpaket er war. Dass er Wyeth Respekt einflößte, war nicht zu übersehen, als dieser sich zu ihm umdrehte.

Und wenn mich nicht alles täuschte, kannte ich diesen Mann ebenfalls aus meiner Highschoolzeit.

»Diese Lady sieht aber nicht aus, als würde ihr dieses Spielchen Spaß machen«, entgegnete der Polizist nach einem kurzen Blick zu mir.

»Hat es auch nicht«, sagte ich mit zittriger Stimme.

»Natürlich hat es dir gefallen, nicht wahr, Schätzchen? Das ist nur unser Rollenspiel.« Wyeth beugte sich ein wenig näher zu dem Polizeibeamten hin und hielt die Hand halb vor den Mund, als sollte niemand anderes hören, was er zu sagen hatte. »Sie wissen schon, Officer … Sie steht auf dieses Machtspiel und darauf, sich mir zu unterwerfen. Wenn wir wieder zu Hause sind, kette ich sie ans Bett und vögele sie bis zur Besinnungslosigkeit. Danach ist alles wieder gut. Seit Shades of Grey stehen die Frauen doch auf so was …«

»Wie bitte? Spinnst du jetzt völlig?« Vor Schreck – da mir nun schwante, er könnte gerade seinen weiteren Plan mit mir verraten haben – sah ich ihn mit großen Augen an.

Der Officer musterte mich eindringlich. Dann wandte er sich wieder Wyeth zu, der wohl versuchte, mich und vor allem den Polizisten mit seinem aufgesetzt freundlichen Blick zu überzeugen.

»Ich denke ebenfalls, dass Ihrer Freundin das nicht gefällt. Machen Sie sich besser vom Acker, Mister, bevor ich es mir anders überlege und Sie mit aufs Revier nehme.«

Wyeth nickte nur. »Komm, Phoebe, Schatz, wir fahren!«

»Nein, mit dir gehe ich nirgendwohin, das hab ich dir bereits gesagt!«

Der Polizist beobachtete uns beide.

Wyeth wusste wohl, dass er jetzt keine Chance hatte, mich zum Mitkommen zu bewegen. Er holte tief Luft, sah zwischen mir und dem Officer hin und her und drehte sich anschließend um. Kurz darauf war er hinter der nächsten Straßenecke verschwunden.

»Alles okay, Miss? Sie sehen aus, als würden Sie unter Schock stehen. Soll ich dem Kerl nach? Hat er Ihnen wehgetan?« Besorgt sah er mir in die Augen.

»Nein, ich … Mir geht es gut. Ich bin nur froh, dass er weg ist. « Langsam schüttelte ich den Kopf. »Unglaublich, dass er sich so verändert hat … Ich kenne Wyeth Ryder von früher, aber er und ich ein Paar? Zum Glück nicht! Da bleibe ich lieber Single. Als Jugendliche hatten wir ein paar Dates, und heute, nach zwölf Jahren, kam er in die Bäckerei und hat mich angesprochen …« Eine Gänsehaut schüttelte mich bei der Erinnerung an die letzten Minuten. »Hoffentlich läuft er mir so schnell nicht mehr über den Weg.«

»Ich wünsche es Ihnen.« Der Officer musterte mich eingehend. »Sie sehen aus, als wäre Ihnen kalt, Miss«, sagte er dann.

Erst jetzt fiel mir auf, dass ich am ganzen Körper zitterte, und das nicht nur, weil mein Mantel noch offen stand. Diese ganze Situation hatte mich doch mehr mitgenommen, als anfangs vermutet.

Geistesabwesend nickte ich.

»Na, kommen Sie, ich lade Sie auf einen Tee ein.« Er deutete mit dem Kopf in Richtung des Cafés.

Dankbar nickte ich, denn mir war plötzlich kalt bis auf die Knochen. Und eine Sitzgelegenheit wäre auch nicht schlecht, da meine Knie noch immer weich wie Gummi waren und ich mich erst wieder beruhigen musste.

Der Mann hielt mir die Tür zur Bäckerei auf. »Wollen Sie auch was essen?« Er zeigte auf die Muffins, Cheesecakes und die vielen anderen Leckereien, die in der Vitrine standen.

»Nein, vielen Dank.«

Nur der Gedanke daran drehte mir den Magen um.

Meine Absage hinderte den Polizisten jedoch nicht, sich selbst einen Muffin zu nehmen. Dann führte er mich zu einem freien Tisch ans andere Ende des Cafés. Automatisch nahm ich auf der Bank Platz, um den ganzen Raum im Auge zu behalten. Ich hatte keine Lust, dass Wyeth noch einmal auftauchte und mich von hinten überraschen würde …

»Tut mir leid, ich hab mich noch gar nicht vorgestellt. Dean Hunter.«

Ich wusste es! Dann kannte ich ihn doch und hatte mich nicht geirrt. »Ich bin Phoebe Harris«, sagte ich, doch er reagierte nicht auf meinen Namen.

Ach, komm schon! Jetzt war ich glatt ein klein wenig enttäuscht. Gut, ich hatte mich zugegebenermaßen nach dem Sommer mit Wyeth, als ich Dean Hunter das erste Mal bewusst wahrgenommen hatte, ziemlich verändert. Aber trotzdem …

Er streckte mir seine Hand über den Tisch, die ich mit einem zaghaften Lächeln auf den Lippen schüttelte.

»Also … Phoebe … Sie sind noch nicht lange in der Stadt, hab ich recht?«

Gut, er wusste definitiv nicht, wer ich war.

»Nein, ich …«, begann ich.

»Entschuldigen Sie bitte, Miss Harris, ich wollte nicht aufdringlich sein.« Er schenkte mir ein sympathisches Lächeln.

»Kein Problem. Aber ich bin in Greenwater Hill aufgewachsen.« Gespannt wartete ich auf seine Reaktion.

Überrascht hob er die Augenbrauen und musterte mich genauer. »Tatsächlich?«

»Ja, ich war ein Jahr unter Ihnen an der Highschool. Sie haben im Footballteam gespielt und gingen damals mit Jessica Thomas, der Cheerleaderin, aus. Deshalb wusste ich gleich, wer Sie sind, als Sie sich vorgestellt haben.

---ENDE DER LESEPROBE---