Lassiter Sammelband 1799 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sammelband 1799 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2278, 2279 und 2280.

Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!

2278: Die Whisky-Verschwörung

Sean Bane steckte sich gerade eine frisch gedrehte Zigarette zwischen die Lippen, als er ein unterdrücktes Wimmern vernahm. Seine Hand erstarrte auf halbem Wege zu den Zündhölzern in der Westentasche. Ohne den kleinsten Muskel zu bewegen, lauschte er in die nächtliche Stille hinein. Aber da war nichts mehr zu hören.

Hatten ihm seine Nerven etwa einen Streich gespielt? Erneut drang etwas an seine Ohren. Eine leise Stimme, die draußen in der Gasse schluchzte: "Erbarmen, Sir! Ich bin doch noch Jungfrau!"
Seans Hand zuckte unwillkürlich zu dem Eisen an seiner Hüfte. Da war eindeutig eine Frau in Not, aber er durfte ihr nicht helfen. Unter gar keinen Umständen ...

2279: Galgenvögel singen nicht

Die Ebene des Salzsees lag vor den Männern wie ein schneeweißer Ozean. Die Berittenen hatten sich Halstücher vor das Gesicht gebunden, um sich vor dem Nordwestwind zu schützen. Sie trugen Gewehre und Revolver bei sich, deren Trommeln und Läufe in der Sonne blitzten.
"Absatteln!", befahl Rick Brooks mit scharfer Stimme. Er war ein klein gewachsener Mann mit buschigen Augenbrauen, der keinen Widerspruch duldete. "Wer die Hosen voll hat, soll zurückreiten. Der Rest baut das Lager auf, wie wir's besprochen haben."

Die Männer stiegen von den Pferden und machten sich an die Arbeit. Als die ersten Zelte aufgerichtet waren, rieb sich Brooks zufrieden die Hände. Er kniff die Augen zusammen und starrte auf den flimmernden Horizont.

Die Hochzeit für Samuel Ellis war ausgerichtet.

2280: Im Visier der Brigade Sieben

Schmerzhaft umspannten die Fesseln seine Fußgelenke. Mit jedem Schritt schnitten die Eisenmanschetten tiefer in Terence Hadleys Haut. Mühsam setzte er einen Fuß vor den anderen und blickte ab und an grimmig zu den Deputies, die auf ihren Pferden die Reihe der Gefangenen flankierten. In der brütenden Mittagssonne legten sie Meile um Meile zurück, bis sie in den späten Nachmittagsstunden das Georgia County Penitentiary erreichen würden. Hatten sich die Tore des Gefängnisses erst hinter ihnen geschlossen, gab es für Hadley und seine Komplizen keine Möglichkeit mehr zur Flucht. Und das durfte er unter keinen Umständen zulassen.

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv: Boada/Norma ISBN 978-3-7325-7541-1

Jack Slade

Lassiter Sammelband 1799 - Western

Inhalt

Jack SladeLassiter - Folge 2278Sean Bane steckte sich gerade eine frisch gedrehte Zigarette zwischen die Lippen, als er ein unterdrücktes Wimmern vernahm. Seine Hand erstarrte auf halbem Wege zu den Zündhölzern in der Westentasche. Ohne den kleinsten Muskel zu bewegen, lauschte er in die nächtliche Stille hinein. Aber da war nichts mehr zu hören. Hatten ihm seine Nerven etwa einen Streich gespielt? Erneut drang etwas an seine Ohren. Eine leise Stimme, die draußen in der Gasse schluchzte: "Erbarmen, Sir! Ich bin doch noch Jungfrau!" Seans Hand zuckte unwillkürlich zu dem Eisen an seiner Hüfte. Da war eindeutig eine Frau in Not, aber er durfte ihr nicht helfen. Unter gar keinen Umständen ...Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2279Die Ebene des Salzsees lag vor den Männern wie ein schneeweißer Ozean. Die Berittenen hatten sich Halstücher vor das Gesicht gebunden, um sich vor dem Nordwestwind zu schützen. Sie trugen Gewehre und Revolver bei sich, deren Trommeln und Läufe in der Sonne blitzten. "Absatteln!", befahl Rick Brooks mit scharfer Stimme. Er war ein klein gewachsener Mann mit buschigen Augenbrauen, der keinen Widerspruch duldete. "Wer die Hosen voll hat, soll zurückreiten. Der Rest baut das Lager auf, wie wir's besprochen haben." Die Männer stiegen von den Pferden und machten sich an die Arbeit. Als die ersten Zelte aufgerichtet waren, rieb sich Brooks zufrieden die Hände. Er kniff die Augen zusammen und starrte auf den flimmernden Horizont. Die Hochzeit für Samuel Ellis war ausgerichtet.Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2280Schmerzhaft umspannten die Fesseln seine Fußgelenke. Mit jedem Schritt schnitten die Eisenmanschetten tiefer in Terence Hadleys Haut. Mühsam setzte er einen Fuß vor den anderen und blickte ab und an grimmig zu den Deputies, die auf ihren Pferden die Reihe der Gefangenen flankierten. In der brütenden Mittagssonne legten sie Meile um Meile zurück, bis sie in den späten Nachmittagsstunden das Georgia County Penitentiary erreichen würden. Hatten sich die Tore des Gefängnisses erst hinter ihnen geschlossen, gab es für Hadley und seine Komplizen keine Möglichkeit mehr zur Flucht. Und das durfte er unter keinen Umständen zulassen.Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Die Whisky-Verschwörung

Vorschau

Die Whisky-Verschwörung

Sean Bane steckte sich gerade eine frisch gedrehte Zigarette zwischen die Lippen, als er ein unterdrücktes Wimmern vernahm. Seine Hand erstarrte auf halbem Wege zu den Zündhölzern in der Westentasche. Ohne den kleinsten Muskel zu bewegen, lauschte er in die nächtliche Stille hinein. Aber da war nichts mehr zu hören.

Hatten ihm seine Nerven etwa einen Streich gespielt? Erneut drang etwas an seine Ohren. Eine leise Stimme, die draußen in der Gasse schluchzte: »Erbarmen, Sir! Ich bin doch noch Jungfrau!«

Seans Hand zuckte unwillkürlich zu dem Eisen an seiner Hüfte. Da war eindeutig eine Frau in Not, aber er durfte ihr nicht helfen. Unter gar keinen Umständen …

In diesem Punkt waren ihre Befehle ganz eindeutig, da verstand der Boss keinen Spaß. »Auf keinen Fall das Tor öffnen!«, hatte Greg Fulton ihnen bei seiner Ansprache vor versammelter Mannschaft immer wieder eingeschärft. »Ganz egal, ob da draußen Schüsse fallen, ein Haus abbrennt oder ein kleines Kind unter die Hufe eines Pferdes gerät. Bis die Yankees wieder abgezogen sind, bleibt dieses Lagerhaus von innen verriegelt und verrammelt! Nur wenn ich oder eine Wachablösung an die Tür klopfen, wird geöffnet. Jeden, der sich nicht daran hält, werfe ich persönlich den Alligatoren zum Fraß vor. Ich hoffe, wir haben uns verstanden?«

Allein die Erinnerung an diese Drohung jagte Sean Bane einen kalten Schauer über den Rücken. Schließlich war Fulton in ganz Louisiana dafür bekannt, dass er zu seinem Wort stand, insbesondere wenn es darum ging, Ungehorsam zu bestrafen.

Trotzdem hielt es Bane nicht länger an seinem Platz aus. Von Neugier getrieben, eilte er zu den mit zwei schweren Querbalken gesicherten Torflügeln, um sein Gesicht gegen einen breiten Spalt zu pressen, der zwischen zwei Brettern klaffte. Es war schon früh am Morgen. Abseits der Amüsierviertel lagen die Straßen von Baton Rouge überall im Dunkeln. Doch selbst im fahlen Mondschein erkannte er die beiden eng ineinander verschlungenen Gestalten, die nur wenige Schritte vom Tor entfernt miteinander rangen.

Eine zierliche Frau wand sich in dem harten Griff eines großes Mannes, der sie gegen die Fassade eines weiteren Hafendepots drängte. Mit seiner Rechten umklammerte er ihre Handgelenke, während seine Linke an dem Ausschnitt des hochgeschlossenen Kleides zerrte. Obwohl Bane das Herz bis in die Ohren hämmerte, hörte er deutlich das Reißen des Stoffes.

Sekunden später blitzte milchigweiße Haut im Mondlicht auf.

Nur noch mit ihrem weißen Mieder bekleidet, bettelte die Frau laut und deutlich um Schonung, bis ihr der große Mann den Mund zuhielt. Gleichzeitig beugte er sich vor, um ihre nackte Halsbeuge mit Küssen zu bedecken.

Angewidert wandte sich Bane ab.

Sicher, er war ein kleiner Gauner, der sich seit seiner Jugend mit Betrügereien, der blanken Faust und dem Revolver durchs Leben schlug. Aber das einer hilflosen Frau Gewalt angetan wurde, ging ihm gewaltig gegen den Strich. Nervös an seiner Unterlippe kauend, sah er nach Nigel Parker, der mit ihm zur Nachtwache eingeteilt war. Der kleine Hurensohn hatte es sich mit ein paar Pferdedecken auf einigen Whiskyfässern bequem gemacht. Parker besaß das beneidenswerte Talent, überall problemlos schlafen zu können. Bane tat schon der Rücken weh, wenn er seinen Kumpanen nur auf den Fässern liegen sah. Seine bereits in die Jahre gekommenen Knochen machten so etwas schon lange nicht mehr mit.

Parker drehte sich auf den Rücken und begann laut zu schnarchen, während sich die Gasse vor dem Lagerhaus erneut mit Wehklagen füllte. Bane überlegte kurz, ob er den Jüngeren wecken sollte, verwarf diesen Gedanken aber sofort wieder. Parker neigte zu blindem Gehorsam. Den konnte nichts und niemand dazu bewegen, sich einem Befehl des Bosses zu widersetzen.

Wäre da draußen ein Mann verdroschen oder gar totgeschlagen worden, Bane hätte sich ebenso wenig von seinem ihm zugewiesenen Platz bewegt. Aber es war eine junge Lady, die dort im Begriff stand, das Schlimmste aller Verbrechen zu erleiden, das einer Frau widerfahren konnte.

Gegen dieses Schwein, das sie in seine Gewalt gebracht hatte, nahmen sich Banes Sündenregister geradezu klein aus. Spielen mit gezinkten Karten, säumige Schuldner verprügeln oder unversteuerten Whisky schmuggeln – was war schon groß dabei? Ab und zu mussten Revolverschwinger wie er natürlich auch einen Schnüffler oder gegnerische Bandenmitglieder umlegen, aber meistens waren andere schneller mit dem Colt als er. Dann galt es nur noch, die zu Schnauze halten, und das hatte er in all den Jahren perfekt hinbekommen.

Banes Entschluss stand damit fest.

Rasch umrundete er einen der hohen Kistenstapel, die überall im Lagerhaus aufragten. Außer ein paar Laufgängen gab es keine freien Flächen mehr. Die unverzollten Spirituosen türmten sich stellenweise bis zur Decke auf. Und das alles nur, weil der Steuerbeamte aus Washington, der in Greg Fultons Sold stand, dieses Mal von einer Abteilung Kavalleristen aus dem Kriegsministerium begleitet wurde.

Sean Bane erreichte die Seitentür, die ebenfalls nach draußen führe. Das große Doppeltor zu öffnen hätte einen Heidenkrach verursacht, davon wäre sogar sein schnarchender Kumpan erwacht. Aber durch die kleine Tür konnte er ins Freie gelangen, ohne dass irgendjemand Wind davon bekam. Dazu musste er nur so leise wie möglich vorgehen.

Kalter Schweiß perlte auf Banes Stirn auf, als er den Querbalken lautlos aus seinen Halterungen hob und zur Seite stellte. Danach braucht er nur noch den steckenden Schlüssel umzudrehen. Die Türangeln waren frisch geschmiert, sodass er beim Verlassen des Gebäudes nicht das kleinste Geräusch verursachte.

Draußen erwartete ihn die Kälte des beginnenden Morgens.

Mit gezogenem Revolver eilte er zur Vorderseite des gemauerten Lagerhauses. Die bedrängte Frau hatte inzwischen jeden Widerstand eingestellt. Ihr Kleid war bereits bis über die Oberschenkel gerafft und der große Mann stand kurz davor, zur ruchlosen Tat zu schreiten.

Doch Sean Bane war schneller.

Den Stetson tief ins Gesicht gezogen, um sich so unkenntlich wie möglich zu machen, trat er hinter den elenden Bastard und spannt den Hahn seines Peacemakers mit dem Daumen. Das mechanische Klicken hallte laut und deutlich durch die Gasse. Der große Mann erstarrte augenblicklich und hob beide Hände in die Höhe.

»Keine falsche Bewegung!«, warnte Bane trotzdem.

Die Frau mit den langen, rabenschwarzen Haaren nutzte augenblicklich die Gelegenheit, hinter ihrem Peiniger hervor zu schlüpfen.

»Danke, Mister!«, rief sie mit halb erstickter Stimme, während sie mit gerafftem Kleid an Bane vorbei rannte, um sich hinter seinem Rücken in Sicherheit zu bringen. »Sie sind mein Schutzengel.«

Cleveres Girl.

So stand sie nicht in der Schussbahn oder behinderte ihn gar, indem sie sich ihm an den Hals warf. Doch der kurze Moment, in dem Bane ihren Abgang verfolgte, reichte dem großen Mann aus, um sich unbemerkt umzudrehen. Banes Augen weiteten sich vor Schreck, obwohl der andere weiterhin die Hände hoch über den Kopf erhob.

Bane erkannte das Gesicht, in das er plötzlich starrte. Es gehörte einem Revolverschwinger, der sich zwei Wochen lang vergeblich bemüht hatte, in die Fulton-Bande aufgenommen zu werden. Einem harten Buschen, der nur daran gescheitert war, dass der Boss ausschließlich Männer beschäftigte, die er schon seit Jahren kannte.

»Lassiter!«, entfuhr es Bane, als ihm der Name des Fremden wieder einfiel.

»Genau der!«, antwortete der große Mann, den die auf ihn gerichtete Mündung offensichtlich kalt ließ.

Bane sah seine Chancen schwinden, dem Möchtegernvergewaltiger einen so großen Schrecken einzujagen, dass er schleunigst die Flucht ergriff. Dieser Lassiter war ein harter Hund, das spürte er genau.

»Dreckskerl!«, schimpfte er trotzdem. »Ich weiß gar nicht, was mich davon abhält, dir eine Kugel zwischen die Augen zu jagen!«

»Die Angst davor, unnötiges Aufsehen zu erregen, nehme ich an?«, fragte Lassiter umgehend zurück. »Wenn du mich hier erschießt, könnte das der Town-Marshal zum Anlass nehmen, sich das mit unversteuertem Whisky vollgestopfte Lagerhaus näher anzusehen.«

Bane sackte vor Überraschung die Kinnlade herunter.

Woher wusste der große Mann nur so gut Bescheid? Ehe er eine entsprechende Frage formulieren konnte, spürte Bane einen metallischen Druck im Nacken.

»Sorry, Darling«, hauchte die Schwarzhaarige, die er sekundenlang völlig vergessen hatte. »Schutzengel tragen keine Waffen. Also lass deinen Revolver bitte sofort fallen.«

In ihrer Stimme schwang nicht die geringste Spur von durchlittenem Schrecken mit. Trotzdem begriff er erst, was vor sich ging, als er seinen Kopf leicht zur Seite drehte. Da feixte ihn das Weib doch tatsächlich an, als wäre er der größte Idiot unter der amerikanischen Sonne.

Miststück!

Lassiter nutzte den Moment der Ablenkung, um Bane den Colt aus der Hand zu reißen und ihm die rechte Faust tief in die Magengrube zu schlagen.

Keuchend klappte Bane zusammen. Brennende Schmerzwellen jagten durch seinen Körper. So heftig, dass ihm schwindelig im Kopf wurde. Als er wieder klar denken konnte, starrte er in den Lauf der eigenen Waffe.

»Auf geht’s!«, forderte Lassiter. »Jetzt sehen wir uns euer Versteck genauer an.«

»Dazu hat die Steuerbehörde kein Recht!«, heulte Bane, der sich schon im Maul eines Mississippi-Alligatoren enden sah.

»Wirke ich auf dich, als würde ich für das US-Schatzamt arbeiten?« Bei diesen Worten drückte ihm der große Mann den Revolver fest an die Stirn.

Inzwischen war das Morgengrauen soweit fortgeschritten, dass Bane deutlich die Bleispitzen in den Patronenkammern der Colttrommel sehen konnte. Er wagte weder zu sprechen noch den Kopf zu schütteln.

Sein Widerstand war gebrochen.

***

Gehorsam ließ sich Bane von Betty zum Lagerhaus dirigieren. Lassiter deckte der Detektivin der Pinkerton-Agentur, die ihn für einen Army-Scout mit Sonderrechten hielt, indem er sie nach allen Seiten hin absicherte. Dank seiner sorgfältigen Beobachtungen wusste er, dass sich immer zwei Wachposten in dem Lagerhaus aufhielten, das seit der Ankunft des Steuerbeamten hermetisch abgeriegelt war. Da es sich um ein Backsteinhaus mit massiven Türen und Fenstern handelte, hatte er nicht unauffällig einbrechen können, um seinen Verdacht zu erhärten, dass dort der unversteuerte Whisky lagerte, der immer wieder im ganzen Land auftauchte.

Lassiter hatte persönlich nichts gegen kleine Schwarzbrenner einzuwenden, die für sich und ihre Gemeinde ein wenig am Schatzamt vorbei arbeiteten. Doch was hier in Baton Rouge und diversen anderen Städten der USA vor sich ging, besaß ganz andere Dimensionen. Bei dieser Whisky-Verschwörung ging es um Millionen von Dollar, die den Vereinigten Staaten jährlich für ihre gesetzestreuen Bürger fehlten.

Wie groß das ganze Ausmaß des Betruges war, zeigte sich schon daran, dass mehrere US-Marshals, die sich im Laufe der Zeit mit der Sache befasst hatten, spurlos verschwunden waren …

Schon als sie durch den Nebeneingang traten, sah sich Lassiter in seinem Verdacht bestätigt. Übereinandergestapelte Fässer und Kisten voller in Stroh gepackter Flaschen bildeten ein turmhohes Labyrinth, in dem man sich glatt verlaufen konnte. Alles unversteuerte Waren, deren Wert in die Zehntausende ging.

Während Betty den immer noch völlig verdatterten Bane vor sich herschob, zog Lassiter die Tür ins Schloss und setzte sich durch einen schmalen Spalt zwischen zwei Kistenreihen zur Seite hin ab.

Seine Vorsichtsmaßnahme zahlte sich Sekunden später aus.

»Du Idiot!«, hörte er Nigel Parker rufen. »Wie kommst du dazu, ein Weib mit anzuschleppen?«

»Selber Idiot!«, fluchte Bane zurück. »Siehst du nicht, dass sie mich in ihrer Gewalt hat?«

Lassiter beeilte sich, die Gruppe zu umrunden. Kein leichtes Unterfangen. Während draußen gerade die Sonne am Horizont aufging, herrschte im Gebäude weiterhin tiefste Dunkelheit. Nur ein paar Öllampen mit heruntergedrehten Dochten sorgten für schummriges Licht.

»Waffe weg«, forderte Betty gerade, als Lassiter wieder den Hauptgang erreichte. »Oder ihr Freund muss daran glauben.«

»Der Fettwanst ist nicht mein Freund!«, erwiderte Parker kalt. »Außerdem hat er seine Befehle missachtet. Der Boss zahlt mir sicher einen Extra-Bonus, wenn ich ihn zusammen mit dir wegblase.«

Nigel Parkers Oberarm spannte sich bei diesen Worten an. Der Kerl machte tatsächlich Anstalten, durch seinen Kumpan hindurch zu schießen. Gleich zwei Menschen mit einer Kugel zu erledigen erschien ihm eine ausgesprochen gute Idee zu sein. Parker lachte triumphierend, bevor er den Abzugsfinger krümmte.

Lassiter nutzte die kurze Verzögerung, um mit einem langen Satz hinter den Kisten hervor zu springen. Schießen war ihm zu gefährlich, eine Kugel hätte auch Betty oder ihren hilflosen Gefangenen treffen können. Deshalb ließ der Mann der Brigade Sieben den Colt in seiner Hand mit aller Kraft nach unten sausen.

Lassiters Hieb hätte einen Baum fällen können. Seufzend ging Parker zu Boden, ohne mit dem kleinsten Muskel zu zucken. Auch beim Aufschlag löste sich kein Schuss aus seinem Revolver.

Glück gehabt.

Lassiter verstaute das herrenlos gewordene Eisen hinter der Schnalle seines Waffengurts und drehte eine in der Nähe hängende Öllampe höher. Im Schein des aufflackernden Dochtes wurde noch deutlicher, was für einen Riesenfang sie gemacht hatten. Sobald die breite Öffentlichkeit erfuhr, welche Mengen an illegalem Whisky in diesem Gebäude lagerten, würde das Kartenhaus aus Korruption und Schmiergeldzahlungen in sich zusammenbrechen.

»Vorsicht!«, warnte Sean Bane. »Wenn hier ein Feuer ausbricht, fliegt uns das ganze Haus um die Ohren.«

»Du fürchtest wohl, dass ich einen Brand legen will?« Lassiter lächelte milde. »Keine Sorge. Denk lieber darüber nach, ob du nicht ein umfassendes Geständnis ablegen möchtest? Wenn du Fulton ans Messer lieferst …«

»Lieber sitze ich in Yuma ein!«, unterbrach ihn der Bandit mit weinerlicher Stimme. »Das ist immer noch besser, als von Alligatoren gefressen zu werden.«

Alligatoren! Waren die verschwundenen US-Marshals etwa in den Sümpfen Louisianas ums Leben gekommen?

»Du kannst es dir ja noch überlegen«, bot der große Mann an, bevor er Bane sorgfältig fesselte und knebelte.

Immerhin besaß dieser Bandit noch einen so guten Kern, dass er Betty zur Hilfe geeilt war. Wie hätte Bane auch ahnen können, dass es sich bei ihr um eine mit allen Wassern des Mississippis gewaschene Pinkerton-Detektivin handelte?

Lassiter hatte den Trick mit der vermeintlich bedrängten Lady nicht gerne angewandt, doch ihm war keine andere Möglichkeit geblieben, um sich Gewissheit zu verschaffen. Einen Einbruch hatten die starken Mauern und Fensterläden verhindert.

Nachdem er auch Nigel Parker sicher verpackt hatte, holte Lassiter das Fuhrwerk herbei, das zwei Straßen entfernt auf sie wartete. Nachdem sie die beiden Gefangenen auf die Ladefläche gelegt hatten, luden sie noch einige Kisten und Fässer auf, als Beweis dafür, was in Fultons Geheimversteck vor sich ging.

Nachdem die Nebentür von außen verriegelt war, setzte sich Lassiter neben Betty auf den Kutschbock. Inzwischen war es so hell geworden, dass die Stadt langsam zum Leben erwachte. Verdammt, ihr kleiner Überfall hatte länger gedauert als geplant! Nun mussten sie sich beeilen, wollten sie die Whisky-Bande noch vor dem Wachwechsel auffliegen lassen.

So schnell es ging, fuhr Lassiter zu der Pension, in der die Kavalleristen aus dem Kriegsministerium wohnten, die den Steuerbeamten Jack Wilson eskortierten. General Bravo, der die Brigade Sieben befehligte, hatte dieses Geleit angeordnet, da er Wilson schon lange der Korruption verdächtigte. Leider war Lassiter nicht der Einzige, der sich für die unbestechlichen Blauröcke interessierte.

Vor der Pension lungerte ein Mann mit feuerrotem Haar herum, der einen taubenblauen Anzug trug. Lassiter erkannte in der auffälligen Erscheinung Nate Heller wieder, ein Mitglied der Whisky-Bande. Offensichtlich hatte ihn Fulton, der Destillenbesitzer, dort postiert, um die Soldaten zu überwachen.

Neugierig fixierte der Rotschopf die einsame Kutsche, die die menschenleere Straße entlang fuhr.

»Übernimm die Zügel«, verlangte Lassiter von seiner Begleiterin, deren üppige Brüste nur von einem weißen Mieder gebändigt wurden. »Sobald wir auf gleicher Höhe sind, springe ich ihn an. Er darf unter keinen Umständen Alarm schlagen oder einen Schuss abfeuern, sonst ist unser Überraschungsmoment dahin.«

Obwohl er mit gedämpfter Stimme gesprochen hatte, musste ihn Sean Bane auf der Ladefläche gehört haben. Ruckartig bäumte sich der Bandit mit dem Oberkörper auf und versuchte – trotz des Knebels – eine Warnung auszustoßen.

Sobald Lassiter die Bewegung in seinem Rücken spürte, schlug er mit dem angewinkelten Arm nach hinten aus. Der rechte Ellenbogen krachte Bane genau auf den Nasenrücken. Röchelnd kippte der Getroffene zurück auf die Ladefläche.

Zu spät.

Heller hatte seinen geknebelten Kumpan bemerkt. Sofort zog er seinen Colt aus dem Holster, um das Fuhrwerk unter Feuer zu nehmen. Dazu sprang er in dem Wissen auf die Straße, dass die Pferde vor Schreck scheuen würden.

Verzweifelt zerrte Betty an den Zügeln, um die Tiere unter Kontrolle zu halten. Ehe Lassiter mit ihr auf dem Kutschbock durchgeschüttelt werden konnte, sprang er schon auf und hechtete nach vorne. Seinen Remington zu ziehen wäre sinnlos gewesen. Angesichts der durchgehenden Zossen hätte er ohnehin nicht zielen können. Außerdem wollte er vermeiden, dass ein verräterischer Schuss fiel.

Darum ging er aufs Ganze.

Geschickt stützte sich Lassiter mit seinen Händen auf die links und rechts von ihm befindlichen Pferderücken ab und schwang mit angezogenen Beinen über die mittig verlaufende Deichsel hinweg. Während die Pferde ihre Hufe in den Staub der Straße stemmten, um dem Druck der Zügel zu gehorchen, flog der große Mann – wie von einem Katapult geschnellt – an ihnen vorbei. Dabei spreizte er das gestreckte linke Bein vom Körper ab, so, wie er es einmal bei einem kämpfenden Shaolin-Mönch in San Franciscos Chinatown gesehen hatte.

Der Rotschopf wirkte vollkommen verblüfft, als er Lassiter auf sich zu fliegen sah. Statt abzudrücken, stolperte er einen Schritt zurück. Danach war es zu spät zur Gegenwehr.

Lassiter trat dem Kerl die Waffe mit der Stiefelspitze aus der Hand und riss ihn nur eine Sekunde später mit sich zu Boden. Mit den Knien voran landete der große Mann auf Hellers Brustkorb. Rasselnd wich dem Banditen die Luft aus den Lungen. Sicherheitshalber feuerte Lassiter noch die geballte Rechte ab.

Fultons Gefolgsmann verdrehte die Augen, als ihn der Schlag im Gesicht traf. Der Revolver entglitt seinen kraftlosen Fingern.

Rasch sprang Lassiter in die Höhe und zog seinen Gegner mit auf den Sidewalk. Gerade noch rechtzeitig, um den herabwirbelnden Vorderhufen der erschrockenen Pferde zu entgehen.

Betty mühte sich, das Gespann gänzlich zum Stehen zu bringen. Es gelang ihr erst, als sie die Feststellbremse anzog.

Lassiter atmete erleichtert auf.

Es war kein verräterischer Schuss gefallen. Trotzdem hatten sie gehöriges Aufsehen erregt. Ein junger Leutnant stürmte mit einem Dutzend Soldaten aus der Pension hervor. Sie mussten direkt vom Frühstückstisch aufgesprungen sein, denn einigen hing noch die Serviette aus dem Hemdkragen.

»Was geht hier vor?«, wollte der Offizier wissen.

»Ich überbringe eine Depesche von General Bravo«, antwortete der Mann der Brigade Sieben. Dabei zog er ein Schreiben hervor, mit dem er für einen Fall wie diesen ausgestattet war.

Die Augen des Leutnants weiteten sich, als er das Wachssiegel des Kriegsministeriums erkannte. Atemlos überflog er die an ihn gerichteten Zeilen, die General Bravo persönlich abgefasst hatte. Nach der Lektüre faltete er die Depesche zusammen und steckte sie in seinen weit ausgestellten rechten Handschuh.

»Mister Lassiter«, sagte er dabei förmlich. »Meine Männer und ich stehen Ihnen zur Verfügung.«

***

Auf Lassiters Veranlassung hin begleitete eine Hälfte der Kavalleristen Betty zurück ins Lagerhaus, um den dort gelagerten Whisky zu beschlagnahmen und bis zum Eintreffen von Verstärkung gegen jeden unbefugten Zugriff zu verteidigen. Der Rest der Eskorte folgte dem großen Mann zu der Villa des Whisky-Könige Greg Fulton, der noch am Frühstückstisch saß. Lassiter war nicht überrascht, an seiner Seite Jack Wilson anzutreffen. Obwohl der Steuerbeamte die korrekte Abrechnung der Alkoholabgaben zu überprüfen hatte, pflegte er schon seit Jahren ganz offen ein freundschaftliches Verhältnis zu Fulton und vielen anderen Destillenbesitzern. Plötzlich auf Abstand zu gehen, weil ihn eine Eskorte begleitete, hätte bloß verdächtig gewirkt.

»Mit welchem Recht dringen Sie in mein Haus ein?«, empörte sich Greg Fulton, als sie zu ihm ins Esszimmer stürmten.

»Wir handeln auf Befehl des Schatzamtes und des Kriegsministeriums«, antwortete Leutnant Henson förmlich. »Sie sind der Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten von Amerika angeklagt.«

Das ließ den Whisky-Baron zunächst verstummen.

Ohne sich lange aufzuhalten, suchte Lassiter das Arbeitszimmer des Hauses auf. Dort fand er einen massiven Sekretär aus poliertem Eichenholz vor. Natürlich verschlossen, doch eine Kugel aus dem Remington löste das Problem schneller als jede Brechstange. Als Fulton angestürmt kam, um nach dem Rechten zu sehen, hatte der Mann der Brigade Sieben schon etliche Papiere angelesen. Die meisten von ihnen enthielten Lieferscheine und Produktionslisten, auf denen die geheimen Lagerbestände im Hafen garantiert nicht zu finden waren. Aber es war ohnehin eine Sache der Buchhalter, aus diesem Material hieb- und stichfeste Anklagen zu machen.

Ein Telegramm, auf dem sich ein unverständlicher Text aus sinnlos aneinandergereihten Buchstaben und Zahlen befand, brachte Lassiter hingegen ins Grübeln.

»Das muss mir irgendein Witzbold geschickt haben!«, erklärte Fulton nervös, als er sah, was Lassiter in Händen hielt. »Diese Nachricht ergibt für mich nicht den geringsten Sinn!«

»Für mich schon«, erwiderte Lassiter, der den Code, in dem die Nachricht abgefasst war, mühelos entziffert hatte. »Lieber Greg«, las er flüssig vor. »Bring umgehend alle schwarz gebrannten Vorräte in Sicherheit. Wilson wird diesmal von einer Eskorte begleitet, die nicht auf unserer Lohnliste steht. Sobald die Soldaten unverrichteter Dinge abgezogen sind, nimmt alles seinen gewohnten Gang. Und keine Sorge wegen unserer echten Buchführung! Alle Mitglieder des Whisky-Rings erhalten weiter ihren gerechten Anteil. Die entsprechenden Unterlagen sind in meinem Büro so sicher wie in Abrahams Schoß. Der Großmeister.«

Totenbleich im Gesicht starrten ihn Fulton und Wilson an. Verblüfft, wie sie waren, kamen sie nicht einmal auf die Idee, den verschlüsselten Inhalt des Telegramms abzustreiten.

»Wie ist das möglich?«, war alles, was der Steuerprüfer hervorbrachte. »Woher wissen Sie, was da wirklich steht?«

Lassiter hätte es ihm mühelos erklären können, doch die Wahrheit war viel zu unerfreulich, um sie offen vor allen Leuten auszusprechen.

***

»Woher kanntest du den Code, den die Whisky-Bande verwendet?«, wollte auch Betty wissen, als sie nach einem anstrengenden Tag in seinem Hotelzimmer erschien.

Lassiter wog seine Worte genau ab, bevor er antwortete. Denn obwohl die rassige Detektivin wusste, dass er für die Army ritt, war die Existenz der Brigade Sieben selbst den Pinkertons ein Geheimnis. Deshalb durfte selbst sie niemals erfahren, dass die Verschwörer den Telegrammcode der Brigade Sieben verwendeten! Ein Verschlüsselungssystem, dessen Chiffre in regelmäßigen Abständen geändert wurde. Und zu dem außer General Bravo und seinen Agenten nur einige wenige hochgestellte Persönlichkeiten im Weißen Haus Zugang besaßen. Möglicherweise noch eine Handvoll ausgewählter Sekretäre, die ihnen zuarbeitete, aber auch das führte letztendlich immer auf dasselbe hinaus …

Das Oberhaupt der Whisky-Bande, das seine Kumpane mit den besten Informationen versorgte, saß direkt im Zentrum der Macht, ganz nahe bei Ulysses S. Grant, dem Präsidenten der USA. Das war eine Bedrohung schlimmsten Ausmaßes, die sich rasch zu einem politischen Skandal ausweiten konnte. Ein Skandal, der das Land genauso schlimm zu erschüttern drohte, wie die Millionen von hinterzogenen Dollar, die dem Staat für wichtige Projekte fehlten. Über bloße Schwarzbrennerei ging das alles weit hinaus, das war schon eine echte Whisky-Verschwörung!

Lassiter spürte Bettys Blick auf sich ruhen, während er über eine passende Antwort nachgrübelte. »Es handelt sich um einen geheimen Militärcode«, erklärte er schließlich so nahe an der Wahrheit, wie er verantworten konnte.

»Was hat das zu bedeuten?«, wunderte sich Betty. »Heißt das etwa, die Army steckt in der Sache mit drin?«

»Sie, oder ein Zivilist, der dem Militär übergeordnet ist«, präzisierte Lassiter ihre Überlegung.

»Oh!«, hauchte die Detektivin, als ihr klar wurde, was das zu bedeuten hatte.

»Ich habe deshalb bereits dem Kriegsministerium telegraphiert«, fuhr Lassiter fort. »Dort gibt es einen General, den ich noch aus seiner Dienstzeit im Westen kenne. Er besitzt den notwendigen Einfluss, um zu tun, was getan werden muss.«

»Und das wäre?«

»Das Weiße Haus mit zuverlässigen Männern aus dem Kriegsministerium abzuriegeln«, antwortete Lassiter entschlossen. »Wer auch immer dieser Großmeister sein mag, sein Büro muss im Weißen Haus liegen. Und seinem Telegramm nach zu schließen, bewahrt er dort die geheime Buchführung der Whisky-Bande auf. Wenn Bravos Soldaten umgehend jeden ein- und ausgehenden Mann kontrollieren, können die Beweise also nicht ungesehen von dort verschwinden.«

Betty schien nicht recht überzeugt von dieser Idee zu sein. »Was wird wohl der Secret Service dazu sagen?«, merkte sie an.

»Der ist nur für die Sicherheit des Präsidenten verantwortlich«, wiegelte Lassiter ab. »Einer Durchsuchung des Weißen Hauses wird der Service natürlich nicht zustimmen, außerdem würde das einen ausgemachten Skandal provozieren. Aber gegen zusätzliche Wachen, die jede Aktentasche durchsuchen, kann die Leibwache nichts einwenden. Bravo braucht nur verkünden, dass es Hinweise auf ein geplantes Attentat gibt.«

»Du traust diesem Bravo ja allerhand zu«, schnurrte Betty in lasziven Tonfall. »Der muss wirklich großen Einfluss in Washington besitzen. Dazu sieht er auch noch blendend aus.«

»Du kennst ihn?«

»Seit er mich zu deiner Unterstützung bei der Pinkterton-Agentur angefordert hat«, schwächte sie ab.

»Hast du schon mit ihm geschlafen?«

»Also wirklich! Was denkst du denn von mir?«, gab sich die Schwarzhaarige empört, doch ein Funkeln in ihren glutvollen Augen zeigte deutlich, dass sie nicht unbedingt abgeneigt gewesen wäre. Und so legte sie mit samtweicher Stimme nach: »Bisher gab es gar keine Gelegenheit dazu. Schließlich möchte ich erobert und verführt werden.«

»Du könntest dir also vorstellen, deinem Vaterland auf diese Art zu dienen?«, hakte Lassiter nach.

»Warum interessiert dich das sosehr?« Ein süffisantes Lächeln umspielte Bettys Lippen. »Bist du etwa eifersüchtig auf den mächtigen General?«

»Ganz und gar nicht!« In Lassiters Augen blitzte der Schalk auf. »Ich habe nur einen Plan ausgeheckt, in dem du und Bravo eine wichtige Rolle spielen. Schließlich reicht es nicht aus, den geheimnisvollen Großmeister unter Druck zu setzen. Um die ganze Whisky-Verschwörung wirklich auffliegen zu lassen, müssen wir irgendwann an seine Unterlagen herankommen.«

Bettys Augen weiteten sich vor Neugier, denn sie verstand noch nicht, worauf Lassiter hinaus wollte. Doch je genauer er ihr erklärte, was ihm vorschwebte, desto stärker begann ihr Gesicht zu strahlen. Denn das, was er ihr ausmalte, war ein Auftrag ganz nach ihrem Geschmack.

»Hoffentlich hält dein General auch, was sein Äußeres verspricht«, waren ihre einzigen Bedenken, als Lassiter seine Ausführungen beendet hatte.

»Bisher habe ich noch keine Lady über ihn klagen hören.«

»Er ist dir in diesem Punkt wohl weit voraus?«, neckte sie – und rekelte sich dabei in ziemlich unanständiger Weise auf dem Bett herum.

»Soweit würde ich nicht gehen«, stellte Lassiter klar. »Wie gesagt, alle Damen waren stets voll des Lobes über Bravo. Aber wenn sie die Möglichkeit zu einem Vergleich hatten, haben sie von da an immer zuerst an meiner Tür gekratzt. Wenn du verstehst, was ich meine?«

Die heißblütige Detektivin verstand bestens. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, langte sie dem großen Mann zwischen die Beine und streichelte ihn dort, bis seine Denimhose spannte.

»Zeig mir, dass du besser bist, als jeder General der Vereinigten Staaten«, verlangte sie dabei.

Und Lassiter zeigte es ihr.

Die ganze Nacht hindurch.

***

Jemand hatte sich an Bettys Fersen geheftet, daran bestand kein Zweifel. Die junge Frau spüre die brennenden Blicke ihres Verfolgers im Nacken, während sie durch die überfüllten Straßen von Washington flanierte.

Unauffällig blieb sie vor einem Geschäft für Damenmoden stehen. Nicht wegen der im Schaufenster ausgestellten Kleider, sondern um nach dem Mann Ausschau zu halten, der ihr derart nahe auf die Pelle rückte. Die vorüberziehenden Gesichter, die sich in der Scheibe spiegelten, erschienen ihr allesamt fremd. Kein Wunder. Washington war eine große Stadt, in der täglich Tausende von fremden Besuchern ein- und ausreisten.

Und nicht alle von ihnen besaßen ehrbare Absichten.

Betty presste ihren blau gemusterten Handbeutel fest an ihren Leib, sodass sie den darin befindlichen Revolver innerhalb von Sekunden hervorzaubern konnte. Der Gedanke an die Waffe verlieh ihr den Mut, den Weg fortzusetzen. Wenn sie es bis zum Hotel schaffte, war sie in Sicherheit!

Äußerlich ungerührt ging sie weiter. Keiner der übrigen Passanten durfte die Aufregung spüren, die in ihrer Brust tobte. Am allerwenigsten das Mitglied des Whisky-Rings, das sie ins Visier genommen hatte. Was nun folgte, ähnelte den Pokerrunden, mit denen sie sich schon manchen Abend verkürzt hatte.

Das Blatt bedeckt halten und cool bluffen lautete ihre Devise.

Mit wiegenden Hüften stolzierte die junge Frau über den Bürgersteig, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Entgegenkommende Herren in Frack und Zylinder nickten ihr freundlich zu, als wären sie alte Bekannte. Betty schenkte jedem Einzelnen von ihnen ein bezauberndes Lächeln, das ihre perlweißen Zähne entblößte.

Sie war es gewohnt, die Aufmerksamkeit der Männer zu erregen, denn ihr wohlgerundeter Körper bedurfte keines stützenden Korsetts. Im Gegensatz zu den steif verschnürten Damen der vornehmen Gesellschaft besaß ihr Gang etwas Geschmeidiges, Elastisches, das eine natürliche Verheißung ausstrahlte.

Das züchtige Sommerkleid, das sie vom Hals bis zu den Knöcheln verhüllte, vermochte ihre atemberaubenden Formen nicht zu bändigen. Betty war eine lebensfrohe junge Frau, kein Porzellanpüppchen, das sich zwar schön ansehen ließ, aber im Bett wie ein kalter Fisch anfühlte. Das bewies schon ihr wogender Busen, der bei jedem Schritt herausfordernd auf und ab wippte, als wollte er aller Welt verkünden: Seht her, ich nehme mir alle Freiheiten, die ich brauche!

Einige über den Bürgersteig stolzierende Ladys, die ihre vornehme Blässe mit rüschenbesetzten Sonnenschirmen wahrten, machten pikierte Gesichter, doch Betty wusste, dass sich hinter dem zur Schau gestellten Entsetzten nichts weiter als blanker Neid verbarg. Mit einem überlegenen Lächeln quittierte sie das giftige Getuschel, das sie im Vorübergehen zu hören bekam.

Obwohl sie sich auch in nobelster Gesellschaft sicher zu bewegen wusste, war Betty doch ein Kind des Wilden Westens. Auf einer Farm im Kansas Territorium aufgewachsen, hatte sie schon mit zwölf Jahren wilde Ponys zugeritten und die Blockhütte gegen marodierende Indianer verteidigt. Da brauchte es schon mehr, als ein paar verbiesterter Weiber, um sie in Unruhe zu versetzen.

Nach einem kurzen Blick zur Seite überquerte Betty die belebte Straße.

Sie musste sich sputen, um den Weg sicher zwischen einer Droschke und einem Fuhrwerk zu passieren. Die hölzernen Speichenräder ratterten lautstark über das Kopfsteinpflaster. Das abgehackte Geräusch erinnerte sie an Gewehrsalven.

Betty beschleunigte ihre Schritte, als sie in eine etwas weniger belebte Straße einbog, in der das Hotel lag, das sie derzeit bewohnte. Über den Dächern der Häuser stiegen dünne Rauchfahnen auf. Sie stammten von einem Raddampfer, der mit angeheizten Kesseln auf seine letzten Passagiere wartete, bevor er den Potomac River hinauffuhr, oder die Chesapeke Bay in Richtung Baltimore überquerte, um den Susquehanna zu befahren. Je weiter es zum Hafen hinab ging, desto mehr bestimmten Lagerhäuser und Handelskontore das Straßenbild.

An den Stufen des Maryland Inn ankommen, atmete die junge Frau auf. Nun konnte nichts mehr schief gehen. Von einem plötzlichen Impuls getrieben, drehte sie sich auf dem Absatz herum und angelte eine silberne Puderdose aus der Stofftasche. Aus den Augenwinkeln registrierte sie, wie zwanzig Yards entfernt ein kleiner, kompakter Schatten in einen Hauseingang abtauchte.

Betty unterdrückte ein Lächeln, das ihre Lippen zu spalten drohte. Ihre List war aufgegangen. Die abrupte Wendung hatte den Verfolger völlig überrascht. Zufrieden tupfte sie mit dem Wattebausch über ihre Nasenspitze, die keinerlei Puder nötig hatte. Dann verstaute sie die Dose im Beutel und enterte die Stufen des Hotels.

Das Maryland Inn war ein Etablissement der mittleren Preislage. Nicht gerade in bester Lage, aber unauffällig, sauber und ordentlich. Für gewöhnlich stiegen hier auswärtige Kaufleute ab, um ihre Geschäfte innerhalb des Hafenviertels abzuwickeln und danach wieder heimwärts zu fahren. Gelangweilte Ehefrauen, die ihre Zeit mit Tratsch totschlugen, suchte man hier vergeblich. Keiner der Gäste kümmerte sich um seine Flurnachbarn.

Genau die richtige Umgebung für Bettys Vorhaben.

Zufrieden trat sie in die abgedunkelte Vorhalle, in der sich ein einsamer Gast hinter der neusten Ausgabe der Washington Post versteckte. Dicke Qualmwolken, die von einem Zigarillo stammten, zeigten an, dass er wirklich las, und nicht etwa seinen Mittagsschlaf tarnte.

Betty ignorierte den unfreundlichen Zeitgenossen, der nicht mal kurz über den Zeitungsrand linste, und marschierte auf die Portiersloge zu. Swifty, der aufmerksame Clerk, hielt bereits den Zimmerschlüssel in Händen, als sie am Pult ankam.

»Leider keine Nachrichten für Sie eingetroffen, Miss Derby«, erklärte er beflissen. Seine Halbglatze, die ein kurz geschorener Haarkranz umrahmte, glänzte wächsern, während er fortfuhr: »Ihre Stiefel sind geputzt und die Hintertür wurde wie gewünscht aufgeschlossen. Haben Sie noch weitere Wünsche?« Swiftys Augen saugten sich erwartungsvoll an ihrem üppigen Busen fest, der lockend vor ihm bebte.

Betty belohnte den Clerk mit einem verheißungsvollen Lächeln, um seinen Wunsch nach einem gemeinsamen Schäferstündchen nach Kräften zu schüren. Das sollte ausreichen, um ihr auch zukünftig seine volle Unterstützung zu garantierten.

Den Zimmerschlüssel lässig um den rechten Zeigefinger wirbelnd, stieg sie die Treppe empor und bog im ersten Stock nach links ab. Vor der Tür mit der Nummer fünfzehn standen tatsächlich die hohen Reitstiefel, die der Schuhputzer frisch gewienert hatte. Das Paar glänzte so sehr, dass Betty sich darin spiegeln konnte. Sie beugte sich hinab, um die Stiefel aufzunehmen. Gleichzeitig nutzte Betty die Gelegenheit, um nach dem schwarzen Haar Ausschau zu halten, das sie bei Verlassen des Zimmers zwischen Türblatt und Rahmen eingeklemmt hatte.

Vergeblich! Es ragte nicht mehr an seinem Platz hervor!

Jemand hatte während ihrer Abwesenheit das Zimmer betreten. Vermutlich, um ihr Gepäck zu durchsuchen.

Das war Betty nur recht. Sie hatte mit solch einem Einbruch gerechnet und deshalb nichts zurückgelassen, was der von Lassiter ersonnenen Mission schaden konnte.

Rasch zog die junge Frau ihren Colt aus dem Stoffbeutel, schloss die Tür auf und trat blitzschnell ein. Die Vorsichtsmaßnahme erwies sich als überflüssig. Es gab niemanden, der drinnen auf sie wartete. Nur eine große Photographie in einem goldfarbenen Rahmen sah von der Wand auf sie hinab. Es zeigte Betty in dem langen Kleid, das sie gerade trug. Neben ihr stand ein Mann, dessen Gesicht im ganzen Land bekannt war: Ulysses S. Grant.

Auf dem Nachtisch befand sich außerdem ein Fotorahmen mit dem Portrait des Präsidenten. Selbst einem flüchtigen Betrachter musste sofort aufgehen, dass die Bewohnerin dieses Zimmers keine gewöhnliche Pokerspielerin war, sondern eine Lady, die Verbindungen zu höchsten Regierungskreisen besaß.

Aus welchem Grunde auch immer …

Betty verschloss die Tür und steckte den Revolver in einen schmucklosen, aber hochwertig verarbeiteten Waffengürtel, der über einer Stuhllehne hing. Holster und Riemen bestanden aus feinstem Rindsleder, das an einigen Stellen abgewetzt war. Alltägliche Gebrauchsspuren in den westlichen Territorien. Hier im Osten, wo die Waffen meistens nur zum Einölen hervorgezogen wurden, bevorzugten die Männer protzig verzierte Gürtel, mit denen sich niemand im Straßenstaub wälzte.

Betty traute sich ohne weiteres zu, es mit jedem dieser Stutzer aufzunehmen.

Achtlos warf sie den Stoffbeutel aufs Bett und fächelte sich mit der Hand Luft zu. Das Zimmer besaß Ostlage, deshalb hatte es sich im Laufe des Vormittags kräftig aufgeheizt. Betty zog die dicken Vorhänge zur Seite und schob das Fenster in die Höhe. Ein erfrischender Hauch wehte zu ihr herein.

Seufzend wollte sie die Augen schließen, als ein kurzes Aufblitzen sie regelrecht elektrisierte. Ihre langen Fingernägel gruben sich vor Anspannung in die Fensterbank, während sie die Reflexion auf der gegenüberliegenden Straßenseite genauer fixierte. Sie entsprang einer angelehnten Holzluke im Obergeschoss des dort ansässigen Handelskontors. Zuerst ließ sich der Ursprung nicht richtig ausmachen, aber bei genauerem Hinsehen entdeckte sie das runde Ende eines ausziehbaren Messingfernrohrs, das zwischen Luke und Rahmen hervor ragte.

Betty wurde bis in ihr Zimmer hinein bespitzelt!

Das lief ja besser, als erwartet!

Die junge Frau ließ sich nicht anmerken, dass sie den heimlichen Beobachter entdeckt hatte. Als wäre nichts gewesen, trat sie vom Fenster zurück und öffnete die Schleife ihres unter dem Kinn verknoteten Sommerhutes. Um den Gegner in Sicherheit zu wiegen, wollte sie ihm eine Show liefern, die er bis an sein Lebensende nicht vergessen würde.

Betty nahm die Kopfbedeckung ab. Darunter kam ihr hochgestecktes, schwarzes Haar zum Vorschein. Achtlos warf sie den Hut aufs Bett und fasste mit beiden Händen in den Nacken. Mit geübten Griffen öffneten sie die rückwärtigen Knöpfe. Das Kleid teilte sich und begann über ihre Schultern zu rutschen.

Mit einer lasziven Bewegung, wie sie nur Frauen beherrschten, schlüpfte Betty aus den Ärmeln und ließ das Kleid in die Tiefe gleiten. Darunter kamen ein schwarzes Seidenmieder und der gleichfarbige, mit französischer Spitze verzierter Schlüpfer zum Vorschein.

Zufrieden betrachtete die Schwarzhaarige ihren schlanken Bauch, den kein geschnürtes Korsett im Zaum zu halten brauchte. Auch nackt machte Betty eine gute Figur, das würde der heimliche Beobachter noch zu sehen bekommen.

Geschickt schlüpfte sie aus dem Kleid und trug es zu einer spanischen Wand im rückwärtigen Teil des Zimmers. Dass der Spanner von der gegenüberliegenden Straßenseite jede Bewegung verfolgen konnte, störte sie nicht im Geringsten. In verräucherten Saloons hatte sie schon weit weniger getragen, um Informationen für die Pinkerton-Detektei zu sammeln.

Betty warf das raschelnde Kleid über den Raumteiler und kehrte in die Zimmermitte zurück, damit sie wieder gut durch das geöffnete Fenster zu sehen war.

Mit einer anmutigen Bewegung stellte sie den rechten Fuß auf die Stuhlfläche und schnürte ihren halbhohen Schuh auf. Nachdem sie aus dem Leder geschlüpft war, massierte sie die schlanke Fessel, als hätte sie der lange Fußmarsch stark beansprucht. Aus der kreisenden Bewegung heraus ließ Betty die Finger langsam aufwärts wandern. Der schwarze Seidenstrumpf knisterte unter ihren Fingerkuppen, während sie über die Innenseite des Oberschenkels strichen.

Ein angenehmes Kribbeln zog durch Bettys Unterleib. Ausgelöst von der zarten Berührung, aber auch durch den Gedanken an den heimlichen Beobachter, dem längst nicht nur der Kragen, sondern auch noch weitere Kleidungsstücke eng werden mussten.

Es bereitete Betty eine diebische Freude, dem Unbekannten ordentlich einzuheizen. So löste sie das Strumpfband und begann die schwarze Seide von ihrem Oberschenkel zu rollen. Immer tiefer glitt der Wulst hinab. Er erreichte das Knie, die schlanke Wade, und schließlich den wohlgeformten Fuß, von dem sie den Strumpf ganz abgestreifte. Ihre milchigweiße Haut, die darunter zum Vorschein kam, erinnerte an kostbares Porzellan.

Der Anblick eines nackten Frauenbeins reichte für gewöhnlich aus, um das Blut eines Mannes im puritanischen Washington zum Kochen zu bringen. Was wohl erst passierte, wenn sie auch noch das andere entblößte?

Handelte es sich um zwei Spanner, stritten sie sicher längst darum, wer gerade durchs Fernrohr sehen durfte. War der Kerl alleine, nestelte er vermutlich bereits an seinem Hosenschlitz, um sich Erleichterung zu verschaffen.

Bettys Erregung wuchs an, als sie den linken Schnürschuh auszog und sich nun auch des verbliebenen Strumpfes entledigte. Sie liebte es, Männer in Wallung zu versetzten. Am liebsten hätte sie sich vollkommen nackt ans Fenster gestellt, damit dem unfreiwilligen Voyeur das Okular beschlug, aber das hätte ihren Auftrag gefährdet.

Sie musste weiter so tun, als würde sie nichts von der Beobachtung ahnen.

Ihr schlanker Körper zitterte vor unterdrückter Begierde, während sie die abgelegte Kleidung hinter der Spanischen Wand verstaute. Sie nutzte den kurzen Moment, in dem sie den fremden Blicken entzogen war, um nach ihren vollen Brüsten zu langen. Die aufgerichteten Nippel drückten spürbar durch den dünnen Miederstoff. Seufzend kehrte sie in die Zimmermitte zurück. Am liebsten wäre sie im Bett versunken, um sich mit beiden Händen genussvoll zu verwöhnen, aber laute Schritte auf dem Gang rissen sie aus diesen sündigen Gedanken.

Es waren mindestens drei Männer, die vor ihrer Tür Halt machten. Gleich darauf erklang ein kurzes, aber hartes Klopfen. Dreimal schnell hintereinander und, nach einer kurzen Pause, noch zweimal.

Das vereinbarte Signal.

Bettys biegsamer Körper straffte sich, die Finger glitten nervös über das schwarze Mieder, um den Stoff zu glätten. Es war soweit. Nun gab es kein Zurück mehr.

Entschlossen trat Betty vor und entriegelte die Tür. Obwohl sie genau wusste, wer eintreten würde, klopfte ihr das Herz bis zum Hals, als sie den Mann in Frack und Zylinder sah, den zwei bullige Kerle in dunklen Anzügen flankierten. Die breiten Gesichtszüge kennzeichneten ihn als den wichtigsten Mann der Vereinigten Staaten – den Präsidenten!

Ulysses S. Grant!

***

»Ulysses«, quietschte Betty hocherfreut. »Da bist du ja endlich!«

Der angesprochene Mann nickte seinen Begleitern zu und trat alleine ein. In seiner Hand hielt er eine rote Rose. Ein galantes Präsent, das glatt als Liebesbeweis durchging. Während ihr Besucher die Tür ins Schloss drückte, erhaschte sie einen Blick auf sein Profil. In diesem Augenblick fiel die Illusion, die selbst Betty für einen Augenblick überwältigt hatte, in sich zusammen. Der Mann, der da vor ihr stand, sah Ulysses S. Grant zwar ähnlich, war aber viel zu jung – Mitte vierzig, nicht älter – um wirklich der Präsident zu sein.

Zur Täuschung der Hotelgäste, die ihm auf dem Weg ins Zimmer begegnet waren, reichte die Maskerade aber allemal. Und für den Spanner von Gegenüber ebenfalls, da war sich Betty sicher.

»Ich habe mich schon so nach dir verzehrt«, seufzte sie lauthals und warf sich dem Mann an den Hals, bei dem es sich in Wirklichkeit um General Bravo handelte, der mit Hilfe eines Bartes und reichlich Theaterschminke für seine Rolle zurechtgemacht worden war.

Ihr Gegenüber hatte nicht mit so einer stürmischen Begrüßung gerechnet. Die Rose, die er Betty eigentlich überreichen wollte, fiel ihm glatt aus der Hand.

»Aber Madam«, keuchte Bravo überrascht, als Bettys Busen sich so fest gegen seinen Oberkörper drückte, dass ihm die Luft wegblieb. »Ist das wirklich nötig?«

Betty presste ihre Lippen auf die seinen, bevor er noch mehr Unsinn reden konnte. Bravo schien völlig überrascht, als sie ihre Zunge in seinen Mund schob, reagierte aber, wie es auch jeder andere Mann getan hätte. Er erwiderte den heißen Kuss, den sie ihm aufdrängte.

Ihre Zungenspitzen kreisten umeinander, bis der General nach Atem ringen musste. Betty nutzte die Gelegenheit, um ihm ins Ohr zu flüstern: »Nicht aus der Rolle fallen, Bravo! Wir werden durch das Fenster beobachtet! Und vielleicht gibt es sogar heimliche Lauscher im Nebenzimmer!«

Der Kommandeur der Brigade Sieben nickte verstehend. Dabei zog er ein ernstes Gesicht, das ihn wieder in die perfekte Kopie des Ulysses S. Grant verwandelte. Betty erschauerte, denn welche Frau wünschte sich nicht, in den Armen des mächtigsten Mannes der Vereinigten Staaten zu liegen?

Sie hatte nun die Gelegenheit dazu. Auch wenn sie sich damit nur einer – zweifellos perfekten – Illusion hingab.

»Na, los«, forderte sie leise. »Umarme mich, als wären wir ein Liebespaar.«

Bravo räusperte sich, um etwas Zeit zu gewinnen. Die pikante Szene schien ihm über den Kopf zu wachsen, doch für Lampenfieber war es zu spät. Die Zuschauer auf der anderen Straßenseite durften unter keinen Umständen ahnen, was wirklich gespieltwurde. Endlich riss er sich zusammen und legte seine Hände locker um Bettys Hüften.

Die Schwarzhaarige rollte genervt mit den Augen. War das alles? Wusste dieser Offizier etwa nicht, wie man eine Frau richtig umarmte?

Einen Moment lang fürchtete Betty schon, dass Bravo keinen Gefallen an ihr fand, doch als sie sich noch fester an ihn schmiegte, spürte sie eine harte Beule, die gegen ihr Schambein drückte. Mit kreisenden Beckenbewegungen heizte sie die Erektion weiter an, um den General auf Touren zu bringen. Gleichzeitig vergrub sie ihr Gesicht in seiner Halsbeuge und hauchte warmen Atem unter seinen weißen Stehkragen.

»Komm schon!«, gurrte sie. »Wir müssen dem Publikum etwas bieten. Sonst war alles umsonst.«

Das ließ sich Bravo nicht zweimal sagen. In seiner Offiziersehre gekränkt, schickte er beide Hände auf Wanderschaft. Sein Griff wurde fester, fordernder. Während er mit der Linken sanft Bettys Rückgrat empor strich, schob er die Rechte forsch unter ihren Schlüpfer. Seine Fingerkuppen zeichneten die feste Rundung des Hinterteils nach, bis er mit der ganzen Hand zupackte.

Betty jauchzte begeistert auf, als er sie anhob und Richtung Fenster drängte. So war es gut! Nun konnten sich die gegnerischen Spitzel mit eigenen Augen davon überzeugen, dass alle Gerüchte über die Präsidentenliebschaft der Wahrheit entsprachen.

Schaudernd erbebte sie unter Bravos stürmischen Liebkosungen. Der Grant-Doppelgänger war ein athletischer Mann, der kein Gramm Fett zu viel am Körper trug. Als Betty das Jackett aufknöpfte und über sein gestärktes Oberhemd streichelte, spürte sie deutlich die sich darunter abzeichnenden Muskelpartien.

Das wollüstige Kribbeln zwischen ihren Schenkeln breitete sich weiter aus. Plötzlich war ihr heiß und kalt zugleich.

Bettys Hände zuckten unkontrolliert in die Höhe, schlugen Bravo den Hut vom Kopf und fuhren durch sein mit Puder künstlich ergrautes Haar.

Schnaufend packte er die bebende Frau an den Schultern und zog sie fest an sich. Die Leidenschaft war nicht gespielt. Lassiters Freund und Vorgesetzter war längst ebenso heiß wie Betty. Sein Mund presste sich auf ihre weichen, halboffenen Lippen, die bereit waren, seine Zunge in sich aufzunehmen. Während sie heiße, innige Küsse austauschten, versuchte er das Mieder in die Tiefe zu ziehen.

Betty unterstützte ihn, indem sie die Schnüre löste, die das Wäschestück zusammenhielten. Sekunden später quoll ihre üppige Pracht über den schwarzen Stoff hinweg. Die festen Brüste hatten gar keine Unterstützung nötig. Statt sich den Gesetzen der Schwerkraft zu beugen, standen sie straff vom Körper ab.

»Phantastisch!« Bravo konnte gar nicht fassen, was Betty ihm da so offenherzig präsentierte. »So etwas Schönes habe ich schon lange nicht mehr gesehen.«

Sein Lob klang wie eine Melodie in Bettys Ohren.

Herausfordernd drückte sie das Kreuz durch, um die Brüste noch besser zur Geltung zu bringen. Bravo konnte nicht mehr länger an sich halten. Er umfasste die straffen Halbkugeln, die weißem Marmor glichen, sich aber angenehm warm und weich anfühlten. Begeistert wog er die Brüste in beiden Händen und ließ seine Daumen über ihre steifen Nippel kreisen.

Warme Hitzewellen raubten Betty fast die Besinnung. Am liebsten hätte sie Bravo zu Boden gezerrt und sich auf ihn gerollt, doch das ging natürlich nicht. Beide hatten einen geheimen Auftrag, den sie zum Wohle der Nation erfüllen mussten.

Der Offizier bedeckte ihre Halsbeuge mit feurigen Küssen. Plötzlich schien er mit seinen Lippen überall zu sein. Eben noch am Ohrläppchen knabbernd, wanderte er bereits das Dekolletee hinab und schnappte nach ihren Brustwarzen, die sich ihm provozierend entgegen reckten.

Betty stöhnte heiser auf, während er an einem der steifen Nippel saugte. Sie schloss die Augen, um sich dem erregenden Sinnesrausch hinzugeben. Ohne es bewusst wahrzunehmen, spreizte sie die Beine. Alles in ihr war nur noch darauf ausgerichtet, die eigene Lust zu steigern.

Geschickt klemmte sie Bravos rechtes Bein zwischen ihre Schenkel und begann sich an ihm zu reiben. Ein leises Knistern erfüllte den Raum. Es stammte von dem seidigen Schlüpfer, der sanft über ihre Scham glitt.

»Nimm mich!«, forderte sie laut. Nicht nur, weil es der Auftrag verlangte, sondern auch, weil sie vor Lust schier explodierte. »Gleich jetzt.« Allein der vibrierende Unterton musste jedem Lauscher deutlich machen, was sie da von dem angeblichen Präsidentenforderte.

»Aber …« Bravo dämpfte seine Stimme zu einem Flüstern, das gerade eben an ihr Ohr zu dringen vermochte. »Geht das nicht etwas zu weit?«

Der Gedanke, unter den Augen der Whisky-Verschwörer mit ihr zu schlafen, schien ihm doch Unbehagen zu bereiten. Betty schüttelte innerlich den Kopf. Manche Männer wussten einfach nicht, wann ihr Gentleman-Gehabe fehl am Platze war!

Beleidigt verzog sie den Mund zu einem Schmollwinkel. »Gefalle ich dir etwa nicht?«, fragte sie.

»Doch, doch«, versicherte Bravo leise, »aber … wir sind doch nicht alleine!«

Ein wissendes Lächeln spaltete Bettys feucht glänzende Lippen.

»Das ist es ja gerade«, flüsterte sie dem unfreiwilligen Lover ins Ohr. »Die Spitzel ahnen sicherlich, dass ihnen Pinkerton eine Falle stellen will. Wir müssen überzeugend sein, sonst war Lassiters ganze Planung umsonst!«

Der Mann mit dem Grant-Gesicht nickte zögernd. Ihm ging wohl erst jetzt auf, was sich sein bester Agent wirklich