Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman - Laurence Sterne - E-Book
SONDERANGEBOT

Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman E-Book

Laurence Sterne

0,0
0,00 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 0,00 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Dieses eBook: "Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Tristram Shandy ist ein Roman, der aus einer Reihe von Skizzen besteht und teils unter der Maske des Yorick, eines Geistlichen und Humoristen, teils unter derjenigen des fantastischen Tristram vorgetragen wird. Das Ganze ist mit wunderlicher Gelehrsamkeit verquickt, mehr ein buntes Durcheinander als ein planvolles Kunstwerk. Zitat aus dem VI. Buch, 17. Kapitel: "Somit schreibe ich [...] ein sorglos gemachtes, artiges, unsinnvolles, gutgelauntes Shandysches Buch, das allen Ihren Herzen guttun wird. - Und auch allen Ihren Köpfen - vorausgesetzt, Sie verstehen es." Das Lesen wird zu einem Akt des Entdeckens, Enträtselns und phantasievollen Ergänzens. Tristram will die Geschichte seines Lebens erzählen und beginnt mit dem Bericht seiner Zeugung. Eine harmlose Bemerkung seiner Mutter stört seinen Vater und der arme Tristram wird als Krüppel geboren. Um den Kausalzusammenhang zu erklären, muss erst John Lockes Theorie von der Assoziation der Gedanken dargelegt werden. Was wiederum zum Ehekontrakt seiner Eltern führt, weiter zu seinem Onkel Toby und dessen Steckenpferd, zur Hebamme und dem beschränkten Dr. Slop. Dem Erzähler dämmert, dass die Erzählung seines Lebens mehr Zeit in Anspruch nimmt als sein Leben selbst. Schließlich wendet er sich der heiteren Geschichte von Onkel Tobys Liebesabenteuern mit der Witwe Wadman zu. Sterne beschrieb liebevoll, wie die - von Missverständnissen ausgelöste - Distanz zwischen den Menschen mit Zuneigung überwunden werden kann. Laurence Sterne (1713-1768) war ein englischer Schriftsteller in der Zeit der Aufklärung und Pfarrer der Anglikanischen Kirche.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Laurence Sterne

Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman

Leben und Meinungen des Herrn Tristram Shandy

Übersetzer: A. Seubert

e-artnow, 2014
ISBN 978-80-268-1796-3

Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel.
2. Kapitel.
3. Kapitel.
4. Kapitel.
5. Kapitel.
6. Kapitel.
7. Kapitel.
8. Kapitel.
9. Kapitel.
10. Kapitel.
11. Kapitel.
12. Kapitel.
13. Kapitel.
14. Kapitel.
15. Kapitel.
16. Kapitel.
17. Kapitel.
18. Kapitel.
19. Kapitel.
20. Kapitel.
21. Kapitel.
22. Kapitel.
23. Kapitel.
24. Kapitel.
25. Kapitel.
26. Kapitel.
27. Kapitel.
28. Kapitel.
29. Kapitel.
30. Kapitel.
31. Kapitel.
32. Kapitel.
33. Kapitel.
34. Kapitel.
35. Kapitel.
36. Kapitel.
37. Kapitel.
38. Kapitel.
39. Kapitel.
40. Kapitel.
41. Kapitel.
42. Kapitel.
43. Kapitel.
44. Kapitel.
45. Kapitel.
46. Kapitel.
47. Kapitel.
48. Kapitel.
49. Kapitel.
50. Kapitel.
51. Kapitel.
52. Kapitel.
53. Kapitel.
54. Kapitel.
55. Kapitel.
56. Kapitel.
57. Kapitel.
58. Kapitel.
59. Capitel.
60. Kapitel.
61. Kapitel.
62. Kapitel.
63. Kapitel.
64. Kapitel.
65. Kapitel.
66. Kapitel.
67. Kapitel.
68. Kapitel.
69. Kapitel.
70. Kapitel.
71. Kapitel.
72. Kapitel.
73. Kapitel.
74. Kapitel.
75. Kapitel.
76. Kapitel.
77. Kapitel.
78. Kapitel.
79. Kapitel.
80. Kapitel.
81. Kapitel.
82. Kapitel.
83. Kapitel.
84. Kapitel.
85. Kapitel.
86. Kapitel.
87. Kapitel.
88. Kapitel.
89. Kapitel.
90. Kapitel.
91. Kapitel.
92. Kapitel.
93. Kapitel.
94. Kapitel.
95. Kapitel.
96. Kapitel.
97. Kapitel.
98. Kapitel.
99. Kapitel.
101. Kapitel.
102. Kapitel.
103. Kapitel.
104. Kapitel.
105. Kapitel.
106. Kapitel.
107. Kapitel.
108. Kapitel.
109. Kapitel.
111. Kapitel.
112. Kapitel.
113. Kapitel.
114. Kapitel.
115. Kapitel.
116. Kapitel.
117. Kapitel.
118. Kapitel.
119. Kapitel.
120. Kapitel.
121. Kapitel.
122. Kapitel.
123. Kapitel.
124. Kapitel.
125. Kapitel.
126. Kapitel.
127. Kapitel.
128. Kapitel.
129. Kapitel.
130. Kapitel.
131. Kapitel.
132. Kapitel.
133. Kapitel.
134. Kapitel.
135. Kapitel.
136. Kapitel.
137. Kapitel.
138. Kapitel.
139. Kapitel.
140. Kapitel.
141. Kapitel.
142. Kapitel.
143. Kapitel.
144. Kapitel.
145. Kapitel.
146. Kapitel.
147. Kapitel.
148. Kapitel.
149. Kapitel.
150. Kapitel.
152. Kapitel.
153. Kapitel.
154. Kapitel.
155. Kapitel.
156. Kapitel.
157. Kapitel.
158. Kapitel.
159. Kapitel.
160. Kapitel.
161. Kapitel.
162. Kapitel.
163. Kapitel.
164. Kapitel.
165. Kapitel.
166. Kapitel.
167. Kapitel.
168. Kapitel.
169. Kapitel.
170. Kapitel.
171. Kapitel.
172. Kapitel.
173. Kapitel.
174. Kapitel.
175. Kapitel.
176. Kapitel.
177. Kapitel.
178. Kapitel.
179. Kapitel.
180. Kapitel.
181. Kapitel.
182. Kapitel.
183. Kapitel.
184. Kapitel.
185. Kapitel.
186. Kapitel.
187. Kapitel.
188. Kapitel.
189. Kapitel.
190. Kapitel.
191. Kapitel.
192. Kapitel.
193. Kapitel.
194. Kapitel.
195. Kapitel.
196. Kapitel.
197. Kapitel.
198. Kapitel.
199. Kapitel.
200. Kapitel.
201. Kapitel.
202. Kapitel.
203. Kapitel.
204. Kapitel.
205. Kapitel.
206. Kapitel.
207. Kapitel.
208. Kapitel.
209. Kapitel.
210. Kapitel.
211. Kapitel.
212. Kapitel.
213. Kapitel.
214. Kapitel.
215. Kapitel.
216. Kapitel.
217. Kapitel.
218. Kapitel.
219. Kapitel.
220. Kapitel.
221. Kapitel.
222. Kapitel.
223. Kapitel.
224. Kapitel.
225. Kapitel.
226. Kapitel.
227. Kapitel.
228. Kapitel.
229. Kapitel.
230. Kapitel.
231. Kapitel.
232. Kapitel.
233. Kapitel.
234. Kapitel.
235. Kapitel.
236. Kapitel.
237. Kapitel.
238. Kapitel.
239. Kapitel.
240. Kapitel.
241. Kapitel.
242. Kapitel.
243. Kapitel.
244. Kapitel.
245. Kapitel.
246. Kapitel.
247. Kapitel.
248. Kapitel.
249. Kapitel.
250. Kapitel.
251. Kapitel.
252. Kapitel.
253. Kapitel.
254. Kapitel.
255. Kapitel.
256. Kapitel.
257. Kapitel.
258. Kapitel.
259. Kapitel.
260. Kapitel.
261. Kapitel.
262. Kapitel.
263. Kapitel.
264. Kapitel.
265. Kapitel.
266. Kapitel.
267. Kapitel.
268. Kapitel.
269. Kapitel.
270. Kapitel.
271. Kapitel.
272. Kapitel.
273. Kapitel.
274. Kapitel.
275. Kapitel.
276. Kapitel.
277. Kapitel.
278. Kapitel.
279. Kapitel.
280. Kapitel.
281. Kapitel.
282. Kapitel.
283. Kapitel.
284. Kapitel.
285. Kapitel.
286. Kapitel.
287. Kapitel.
288. Kapitel.
289. Kapitel.
290. Kapitel.
291. Kapitel.
292. Kapitel.
293. Kapitel.
294. Kapitel.
295. Kapitel.
296. Kapitel.
297. Kapitel.
298. Kapitel.
299. Kapitel.
300. Kapitel.
301. Kapitel.
302. Kapitel.
303. Kapitel.
304. Kapitel.
305. Kapitel.
306. Kapitel.
307. Kapitel.
308. Kapitel.
309. Kapitel.
310. Kapitel.
311. Kapitel.
312. Kapitel.

1. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Ich wollte, mein Vater oder auch meine Mutter, oder eigentlich beide – denn es wäre wirklich Beider Pflicht und Schuldigkeit gewesen – hätten sich ordentlich zu Gemüthe geführt, was sie thun wollten, als sie mich zeugten. Hätten sie sich gehörig vor Augen gestellt, wie viel von dem abhänge, was sie gerade thaten, daß es sich nicht nur um die Erschaffung eines vernünftigen Wesens handle, sondern daß möglicherweise die glückliche Bildung und Beschaffenheit seines Leibes, vielleicht auch sein Geist und das eigenthümliche Gepräge seines Gemüthes und sogar – sie wußten wenigstens das Gegentheil nicht – das Glück seines ganzen Hauses von den Launen und Stimmungen beeinflußt werden konnten, die in dem Momente gerade die maßgebenden waren, hätten sie das Alles gehörig erwogen und überlegt und demgemäß auch gehandelt, so bin ich lebhaft überzeugt, daß ich eine ganz andere Figur in der Welt gespielt haben würde, als diejenige ist, in welcher mich der geneigte Leser vermuthlich erblicken wird. Ja ihr lieben Leute, glaubt mir nur, diese Sache ist nicht so unerheblich, als Manche von euch glauben mögen. Ihr habt wol alle davon gehört, wie die thierischen Regungen vom Vater auf den Sohn übertragen werden u. s. w. und noch vieles Andere in dieser Richtung. Nun gut, ich kann euch mein Wort daraufgeben: neun Zehntel von eines Mannes Vernunft oder Unvernunft, von seinen Erfolgen und Mißerfolgen in dieser Welt hängen von seiner Bewegung und Thätigkeit, von den verschiedenen Spuren und Geleisen, in die man sie bringt, ab, so daß, wenn sie einmal im Gange sind, – gleichviel ob auf gutem oder schlechtem Wege, darum gebe ich keinen Groschen –, sie dahin poltern wie ein Verrückter. Indem sie aber immer wieder denselben Weg treten, machen sie am Ende eine so ebene und glatte Straße daraus wie ein Gartenpfad, und wenn sie einmal daran gewöhnt sind, bringt sie der Teufel selbst oft nicht mehr daraus.

Höre, Alter, sagte meine Mutter, hast du nicht vergessen die Uhr aufzuziehen? – Ach du meine Güte! rief mein Vater ungeduldig, gab sich jedoch zugleich Mühe, seine Stimme zu mäßigen, – hat seit Erschaffung der Welt eine Frau ihren Mann jemals mit einer so dummen Frage unterbrochen? – Was sagte denn Ihr Herr Vater vorher? – O Nichts.

2. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Dann kann ich aber auch entschieden nichts an der Frage finden, weder Gutes noch Schlimmes. – Dann erlauben Sie, mein Herr, war es jedenfalls eine sehr unzeitige Frage – weil sie die animalischen Regungen zersplitterte und zerstreute, die den Homunculus hätten begleiten, Hand in Hand mit ihm gehen und ihn sicher an den Ort geleiten sollen, der für seine Aufnahme bestimmt war.

In welch geringem und lächerlichem Lichte der Homunculus aber auch in dieser oberflächlichen Zeit im Auge der Thorheit oder des Vorurtheils erscheinen mag, so ist er im Auge des vernünftigen, wissenschaftlichen Forschers unzweifelhaft mit gewissen Rechten ausgestattet und umschrieben.

Die tüftelichsten Philosophen, welche beiläufig gesagt, den weitesten Verstand haben, da ihre Seele im umgekehrten Verhältniß zu ihren Forschungen steht, haben uns unwiderleglich dargethan, daß der Homunculus durch die gleiche Hand geschaffen, auf demselben Wege der Natur gezeugt, mit denselben Bewegungskräften und Fähigkeiten ausgestattet ist wie wir; daß er wie wir aus Haut, Haar, Fett, Fleisch, Adern, Sehnen, Nerven, Knorpeln, Knochen, Mark, Gehirn, Drüsen, Zeugungstheilen, Säften und Gelenken besteht; daß es ein Wesen von gleicher Thätigkeit und in jedweder Bedeutung des Worts eben so gut und so wahrhaftig unser Mitgeschöpf ist wie der Lordkanzler von England. Man kann ihm wohlthun, ihn verletzen und ihm wieder Genugthuung gewähren; mit einem Wort, er besitzt all die menschlichen Ansprüche und Rechte, welche Tullins, Puffendorf oder die besten ethischen Schriftsteller aus diesem Zustand und Verwandtschaftsverhältniß herleiten.

Nun bitte ich Sie, mein lieber Herr, wenn ihm auf seinem einsamen Wege irgend ein Unfall zugestoßen wäre! oder wenn der kleine Herr durch den bei einem so jungen Reisenden natürlichen Schreck, ganz mitgenommen und ruinirt am Ende seiner Wanderung angekommen wäre, wenn seine Muskelstärke, seines Manneskraft dabei fadendumm geworden, seine eigenen animalischen Regungen über alle Beschreibung erschüttert, und er in diesem traurigen, zerrütteten Nervenzustand für lange, lange neun Monate niedergelegt worden wäre, eine Beute von Zuckungen, von melancholischen Träumen und Phantasien, ich zittere bei dem Gedanken, wie hierdurch der Grund zu tausend Schwächen des Leibes und der Seele gelegt werden konnte, die keine Kunst des Arztes oder Philosophen später je wieder in Ordnung zu bringen vermocht hätte!

3. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Die vorstehende Geschichte verdanke ich meinem Onkel Herrn Tobias Shandy, gegen den sich mein Vater, der ein tiefer Denker war und sich gerne in Betrachtungen über die anscheinend kleinsten Dinge einließ, oft und schwer wegen jener Beeinträchtigung beklagte. Einmal that er dies ganz besonders lebhaft, wie sich mein Onkel Toby wol erinnerte, als er bemerkte, wie ich meinen Kreisel in einer ganz unbegreiflichen Schiefe (wie er es nannte) aufstellte; und die Grundsätze nach welchen ich so gethan, rechtfertigend, schüttelte der alte Mann den Kopf und sprach in einem mehr kummer- als vorwurfsvollen Tone: sein Herz habe das Alles längst geahnt und er sähe hieraus, wie aus tausend anderen Bemerkungen, die er an mir gemacht habe, daß ich niemals wie ein anderes Menschenkind denken oder handeln würde. Aber ach! fuhr er fort, indem er abermals den Kopf schüttelte, und eine Thräne abwischte, die ihm die Backe herablief, das Mißgeschick meines Tristram begann ja schon neun Monate, ehe er zur Welt kam!

Meine Mutter, die dabei saß, schaute auf; doch was mein Vater damit sagen wollte, war ihr so fremd wie ihre hintere Partie; mein Onkel Tobias Shandy aber, der die Geschichte öfter gehört hatte, verstand ihn sehr wohl.

4. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Ich weiß, daß es Leser auf der Welt gibt, – so gut wie noch viele andere liebe Leute, die durchaus keine Leser sind – welchen es nicht wohl ist, wenn sie nicht von A bis Z in das ganze Geheimniß von Allem und Jedem, was uns betrifft, eingeweiht sind.

Aus reiner Gefälligkeit für die Grillen dieser Leute und aus einer nur angeborenen Schwäche, ja keine lebende Seele in ihren Erwartungen täuschen zu wollen, bin ich bisher schon so weitläufig gewesen. Da mein Leben und meine Meinungen voraussichtlich einigen Lärm in der Welt machen werden, und wenn ich richtig rechne, alle Stände, Berufsarten und Sorten von Menschen packen, ja nicht weniger werden gelesen werden, als: »des Pilgers Wanderung«, so daß am Ende aus ihnen wird, was Montaigne für seine »Essais« fürchtete, nämlich ein Buch, das im Fenster des Besuchszimmers liegt, so halte ich es für nöthig, Jedermann der Reihe nach um seinen Rath zu bitten. Ich bitte deshalb um Entschuldigung, wenn ich noch ein Stück weit so fortmache. Es ist mir deshalb auch ganz recht, daß ich meine Lebensgeschichte auf die Art begonnen habe, wie es geschehen ist, und daß ich jetzt so fort machen, und Alles wie Horaz sagt, ab ovo behandeln kann.

Ich weiß wohl, Horaz empfiehlt diese Mode nicht unbedingt, aber der Herr spricht da auch nur von einem epischen Gedichte oder von einer Tragödie (ich weiß nicht mehr von welcher;) wenn es nicht so wäre, möchte ich Herrn Horaz um Entschuldigung gebeten haben; denn bei der Beschreibung, die ich mir vorgenommen habe, werde ich mich weder an seine Regeln noch an die Regeln von irgend einem lebenden Wesen halten.

Denjenigen aber, welche in solchen Dingen nicht gerne so weit zurückgreifen, kann ich keinen anderen Rath geben, als daß sie den Rest dieses Kapitals überschlagen mögen; denn ich erkläre zum voraus, daß derselbe nur für die Wißbegierigen und Naseweisen geschrieben ist.

Jetzt macht die Thüre zu! – Ich ward in der Nacht vom 1. Sonntag auf den 1. Montag im Monate März des Jahres unseres Herrn Ein Tausend Siebenhundert Achtzehn gezeugt. Ich weiß das ganz bestimmt. Wie ich aber dazu kam in einer Sache, die vor meiner Geburt geschah, so genau zu Hause zu sein, das beruht auf einer andern kleinen Geschichte, die nur in unserer Familie bekannt ist, die ich aber jetzt an die Oeffentlichkeit ziehe, um diesen Punkt besser aufzuklären.

Mein Vater, müssen Sie wissen, war ursprünglich ein Kaufmann, der nach der Levante machte, hatte aber sein Geschäft schon vor einigen Jahren aufgegeben, und sich auf sein väterliches Erbgut in der Grafschaft — zurückgezogen, um dort den Abend seines Lebens zu verbringen. Dieser mein Vater war, glaube ich, der regelmäßigste Mann von der Welt in Allem was er that, mochten es nun Geschäftssachen oder Vergnügungen sein. Als ein kleines Beispiel von dieser außerordentlichen Pünktlichkeit, deren Sklave er in Wahrheit war, will ich nur anführen, daß er es sich seit Jahren zur Regel gemacht hatte, am ersten Sonntag Abend jedes Monats Jahr aus, Jahr ein so sicher als der Sonntag Abend kam, eigenhändig eine große Handuhr aufzuziehen, die oben auf der Hintertreppe stand; und da er zu der Zeit, von der ich rede, so zwischen 50 und 60 Jahre zählen mochte, so hatte er es allmählich so eingerichtet, auch gewisse andere kleine Familiengeschäfte an dem gleichen Abend abzumachen, um sie, wie er oft zu meinem Onkel Toby sagte, alle auf ein Mal vom Halse zu kriegen, und im übrigen Monat nicht weiter damit behelligt und geplagt zu werden.

Diese Sache war nur mit einer Fatalität verbunden, die zum großen Theil mich traf und deren Wirkungen ich, wie ich fürchte, bis zu meinem Grabe werde mit mir schleppen müssen. In Folge einer unglücklichen Verbindung von Ideen nämlich, die eigentlich nichts mit einander gemein haben, konnte meine arme Mutter nie die Uhr aufziehen hören, ohne daß ihr der Gedanke an gewisse andere Dinge durch den Kopf fuhr – und umgekehrt – gewiß, eine jener seltsamen Ideenverbindungen, von denen der scharfsinnige Loke, der sich auf diese Dinge besser verstand, als die meisten Menschen, behauptet, sie haben mehr verkehrte Handlungen herbeigeführt, als alle anderen Quellen von Vorurtheilen zusammen.

Doch dies nur beiläufig.

Nun sagt aber eine Notiz in meines Vaters Taschenbuch, das vor mir liegt: daß mein Vater an Maria Verkündigung, welche am 25. desselben Monats war, von welchem ich meine Zeugung datire, mit meinem ältesten Bruder Robert nach London reiste, um ihn in die Schule von Westminster zu bringen; und in derselben Quelle heißt es ferner: er sei erst in der zweiten Woche des folgenden Mai wieder zu Weib und Kind zurückgekehrt – hierdurch wird die Sache also nahezu zur Gewißheit. Was aber zu Anfang des nächsten Kapitels kommt, setzt sie außer allen Zweifel.

Aber sagen Sie mir doch, was Ihr Herr Vater im Dezember, Januar und Februar that? – Meine verehrte Frau, er litt diese ganze Zeit über am Hüftweh.

5. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Am 5. Tag des Novembers 1718, also so genau neun Kalendermonate nach jenem Ereigniß als irgend ein Ehemann vernünftigerweise erwarten konnte, wurde ich, Tristram Shandy, Wohlgeboren, in diese schnöde und unheilvolle Welt gesetzt. Ich wollte, ich wäre in dem Mond geboren oder in einem Planeten – nur nicht im Jupiter oder Saturn, weil ich nie Kälte habe ertragen können – denn es hätte mir wol in keinem schlechter ergehen können – nur für die Venus stehe ich nicht ein! – als auf unserem gemeinen, schmutzigen Planeten, von dem ich wahrhaftig glaube, daß er, mit Respect zu vermelden, von den Abfällen der übrigen fabricirt wurde; nicht daß der Planet nicht an sich gut genug wäre, wenn man nur mit einem großen Titel oder einem großen Vermögen darauf geboren ist, oder es Einem auf irgend eine Weise gelingt, ein öffentliches Amt, eine Würde oder Machtstellung zu erringen, was mein Fall nun nicht war; und deshalb redet auch ein Jeder von dem Markte, wie er eben Geschäfte darauf gemacht hat, und gerade aus diesem Grunde behaupte ich noch einmal, daß es eine der niederträchtigsten Welten ist, die je gemacht wurden; denn ich darf in Wahrheit sagen, daß ich von der ersten Stunde an, wo ich darin Athem holte, bis zu der jetzigen, wo ich überhaupt kaum noch athmen kann, wegen eines Asthma's, das ich mir holte als ich in Flandern gegen den Wind Schlittschuh lief – daß ich das beständige Spiel und Gespött der sogenannten Fortuna gewesen bin; und wenn ich ihr auch Unrecht thäte, wenn ich sagen wollte, sie habe mich jemals die Last eines großen oder außerordentlichen Unglücks fühlen lassen, so muß ich doch bei aller Gutmüthigkeit von der Welt sagen, daß diese ungnädige Dame in jeder Lage meines Lebens, an jeder Windung und Ecke, wo sie mir beikommen konnte, mich mit einer ganzen Reihe so jammerwürdiger Abenteuer und Kreuzquerzüge überschüttet hat, als nur je ein kleiner Held erdulden mußte.

6. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Zu Anfang des letzten Kapitels habe ich Ihnen genau gesagt, wann ich geboren wurde; ich habe Ihnen aber noch nicht mitgetheilt, wie das geschah. Nein, diesen Umstand habe ich für ein besonderes Kapitel aufgespart. Da Sie und ich einander zu dem gewissermaßen vollkommen fremd sind, so wäre es nicht passend gewesen, wenn ich Sie auf einmal in all zu viel Verhältnisse, die mich betreffen, eingeführt haben würde. Sie müssen ein wenig Geduld haben. Ich habe, wie Sie wissen, unternommen, nicht nur mein Leben, sondern auch meine Meinungen zu schildern, weil ich hoffe und erwarte, daß wenn Sie erst meinen Charakter kennen und wissen, was für eine Gattung Sterblicher ich bin, dies Ihnen mehr Geschmack für die letzteren geben würde. Je länger Sie mit mir fortschreiten, desto mehr wird die Bekanntschaft, die jetzt zwischen uns begonnen hat, sich in einen vertrauten Umgang verwandeln, und wird, wenn nicht Eines von uns das Andere im Stich läßt, endlich mit einer vollkommenen Freundschaft schließen. O diem praeclarum! Dann wird nichts, was mich betroffen hat, mehr unbedeutend oder langweilig erscheinen. Wenn Sie, mein theurer Freund und Gefährte, daher der Ansicht sein sollten, daß ich beim Beginn unserer Wanderung etwas sparsam in meiner Erzählung zu Werke gehe, so gedulden Sie sich mit mir, und lassen Sie mich nur so fortmachen und meine Geschichte auf meine Weise erzählen; und wenn Sie meinen sollten, ich trödle manchmal zu lange unterwegs, oder ich setze für ein Paar Augenblicke eine Narrenkappe sammt Schelle auf, so laufen Sie mir nicht davon, sondern haben Sie die Güte und trauen Sie mir etwas mehr Weisheit zu als es nach meinem Aeußeren scheinen möchte; und während wir so fort trotteln lachen Sie mit mir, oder meinetwegen auch über mich oder thun Sie was Sie mögen, nur bleiben Sie bei guter Laune.

7. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

In dem nämlichen Orte, wo mein Vater und meine Mutter wohnten, lebte auch eine dünnleibige, ehrliche, mütterliche, würdige, brave alte Hebamme, welche mit Hilfe von einigem gesunden Menschenverstand und mehrjähriger Geschäftserfahrung, wobei sie sich übrigens immer wenig auf ihre eigene Kunst, um so mehr aber auf die der Mutter Natur verließ, sich in ihrer Art einen nicht geringen Ruf in der Welt erworben hatte; ich muß Euer Wohlgeboren übrigens bemerken, daß ich unter dem Worte »Welt«, hier nur einen kleinen etwa 4 englische Meilen im Durchschnitt messenden Kreis auf dem Erdkreis verstehe, dessen Centrum das Häuschen vorstellt, in welchem die gute alte Frau wohnte. Sie war in ihrem 47. Lebensjahr zu einer sehr armen Wittwe geworden, die 3–4 kleine Kinder zu ernähren hatte; und da sie zugleich eine Frau von ehrbarem Lebenswandel, würdigem Benehmen, überdies eine Frau von wenig Worten und dabei ein Gegenstand des Mitleids war, deren Noth, die sie noch dazu schweigend trug, um so lauter eine freundliche Unterstützung bevorwortete, so war die Frau Pfarrerin des Sprengels davon gerührt worden. Und da diese oft Gelegenheit hatte, einen mißlichen Umstand zu beklagen, der ihres Gatten Heerde seit Jahren belästigte, indem keinerlei Art von Hebamme oder der gleichen, und wenn der Fall noch so dringend war, aufzutreiben war, wenn man nicht 6–7 Meilen weit ritt, welche 7 Meilen in dunkeln Nächten und bei schlechten Straßen, da die Gegend hier herum aus zähem Lehmboden bestand, sich leicht in 14 verwandelten, was dann der Wirkung nach so viel war, als ob man gar keine Hebamme hätte, so fuhr es ihr durch den Kopf, daß es ebensowohl eine zeitgemäße Wohlthat für die ganze Gemeinde wie für die arme Frau selbst sein würde, wenn man ihr einigen Unterricht in den einfachen Grundsätzen dieses Berufs ertheilen lassen könnte, um sie dann als Hebamme hier aufzustellen. Da Niemand dort besser in der Lage war, diesen Plan auszuführen als sie selbst, so unterzog sich die brave Frau Pfarrerin der Aufgabe, und da sie einen großen Einfluß auf den weiblichen Theil des Sprengels übte, so fand sie keine Schwierigkeit dieselbe ganz nach ihrem Wunsche zu lösen. Der Pfarrer ging hiebei Hand in Hand mit seiner Frau, und um die Sache ganz ordnungsmäßig in Scene zu setzen. und dem armen Geschöpf ebenso ein gesetzliches Recht zur Praxis zu erwerben, wie es seine Frau durch den Unterricht gethan, bezahlte er mit Vergnügen die Sporteln für den Rechtstitel, welche in Summa achtzehn Schillinge und vier Pence betrugen. So ward denn das gute Weib durch jene Beiden in den ganzen realen und leiblichen Besitz ihres Amts mit all dessen »Rechten, Theilen und Zugehör irgend welcher Art« eingesetzt.

Diese letzten Worte entflossen nicht etwa der alten Form, in welcher derartige Gerechtssame, Befähigungen und Befugnisse liefen, welche in ähnlichen Fällen hier zuvor der Schwesterschaft eingeräumt worden waren; sie schrieben sich vielmehr aus einer hübschen Formel von Didius eigener Erfindung her, der eine besondere Grille besaß alle Arten von Urkunden auf diese Weise zu zergliedern und umzuformen, und es nicht bei Aufstellung dieser anmuthigen Verbesserung bewenden ließ, sondern vielen der mit allen Freibriefen versehenen Matronen der Nachbarschaft solange zuredete, bis sie ihre Befugnisse erneuern ließen, nur damit dieser Zopf noch eingeschaltet würde.

Ich gestehe, daß ich Didius niemals um diese sonderbaren Mucken beneidete, allein ein Jeder hat seinen eigenen Geschmack. Fand nicht Dr. Kunastrokius, jener große Mann, das denkbar größte Vergnügen daran, in seinen Musestunden Eselsschwänze auszukämmen und die abgestorbenen Haare mit den Zähnen auszureißen, obschon er beständig Zängchen in der Tasche trug? Und, da wir einmal daran sind, möchte ich fragen, ob nicht die weisesten Männer aller Zeiten, Salomo selbst nicht ausgenommen ihre Steckenpferdchen hatten: – ihre Rennpferde, ihre Sammlungen von Münzen, Muscheln, Trommeln und Trompeten, Geigen, Farbenschachteln, chinesischen Figuren und Schmetterlingen? So lange aber ein Mann sein Steckenpferd in Ruhe und Frieden auf der allgemeinen Heerstraße reitet und weder Sie noch mich zwingt, hinten auf zu sitzen, geht es weder Sie noch mich etwas an. Nicht wahr?

8. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

De gustibus non est disputandum, zu deutsch: gegen Steckenpferde läßt sich nichts sagen; ich selbst thue es selten; ich könnte es auch nicht wohl mit Anstand thun, und wenn ich ein noch so großer Feind derselben wäre; denn da ich zu gewissen Zeiten und Mondwechseln zugleich Geiger und Maler bin, je nach dem mich die Fliege sticht, so muß ich Ihnen sagen, daß ich selbst ein Paar solche Paßgänger im Stalle habe, auf denen ich abwechselungsweise (es ist mir auch gleichgiltig ob man es weiß oder nicht) ausreite und frische Luft schöpfe. Uebrigens muß ich zu meiner Schande gestehen, daß ich manchmal längere Ritte darauf mache, als ein weiser Mann für Recht halten mag. Offen gestanden bin ich aber eben kein weiser Mann, und überdies eine so unwichtige Persönlichkeit, daß es nicht viel macht, was ich auch thue; ich erhitze mich daher auch selten wegen so etwas; und es stört meine Ruhe durchaus nicht, wenn ich die großen Herren und Würdenträger, die ich hiernach aufzähle, nämlich die Herren von A, B, C, D, E, F, G, H, J, K, L, M, N, O, P, Q und soweiter, in einer Reihe auf ihren verschiedenen Pferdchen sehe, die Einen mit langen Steigbügeln in einem ernsten, maßvollen Schritt, die Andern im Gegentheil die Kniee bis ans Kinn hinaufgezogen, mit Peitschen im Maul, darauf los hauend und fort polternd, wie eben so viel scheckige Teufel, die auf Hypotheken reiten, und wie wenn Verschiedene derselben entschlossen wären, den Hals zu brechen. Um so besser, sage ich zu mir selbst, denn falls das Schlimmste geschehen sollte, so muß sich die Welt eben bemühen, auch ohne sie auszukommen; im Uebrigen aber, – nun Gott gebe ihnen einen glücklichen Fortgang! – lassen wir sie ohne Widerrede reiten; denn würden diese Herrschaften heute Nacht abgeworfen, so ist zehen gegen Eines zu wetten, daß Viele von ihnen noch vor Morgenfrühe um die Hälfte schlechter beritten wären.

Keiner von diesen Umständen wird daher meine Ruhe stören, Allein es gibt allerdings einen Umstand, der mich, ich gestehe es, außer Fassung bringt: wenn ich nämlich sehe, wie Einer, der zu großen Handlungen geboren ist, und was ihm noch mehr Ehre bringt, dessen Natur ihn zu guten Handlungen treibt, wenn ich sehe, wie ein Mann wie Sie selbst, gnädiger Herr, dessen Grundsätze und Sitten so rein und edel sind wie sein Blut und den eben deshalb diese schlechte Welt keinen Augenblick missen kann; wenn ich sehe, wie ein Solcher, gnädiger Herr, und sei es auch nur eine Minute länger reitet, als ihm meine Liebe zu meinem Vaterlande gestatten kann und mein Interesse an seinem eigenen Ruhm es wünscht, dann gnädiger Herr, hört meine Philosophie auf und ich schicke in der ersten Hitze einer ehrlichen Ungeduld das Steckenpferd mit Allem was daran hängt zum Teufel.

»Gnädiger Herr!

»Ich will dies als eine Widmung angesehen wissen, unerachtet sie nach den 3 Hauptrichtungen Inhalt, Form und Art etwas sonderbar dastehen mag; ich bitte also, Sie möchten sie als solche annehmen und mir erlauben, Ihnen dieselbe in verehrungsvollster Demuth zu Füßen zu legen – wenn Sie gerade darauf stehen, was ja ganz bei Ihnen steht – somit, gnädiger Herr, so oft sich eine Gelegenheit dazu bietet, und ich setze hinzu, und zu den besten Zwecken.

Ich habe die Ehre zu sein, mein gnädiger Herr, Euer Gnaden gehorsamster, und ergebenster und untertänigster Diener Tristram Shandy.«

9. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Ich erkläre feierlich vor der ganzen Welt, daß die obige Widmung keinem Fürsten, Prälaten, Papst oder Monarchen – Herzog, Marquis, Graf, Vicomte oder Baron dieses oder irgend eines anderen Reiches in der Christenheit gilt. Auch ist sie noch nicht ausgeboten, noch irgend einer großen oder kleinen Persönlichkeit öffentlich oder privatim, direct oder indirect angeboten worden; es ist vielmehr ganz ehrlich eine ächte, noch keiner Menschenseele anprobirte Jungfern-Dedication.

Ich bin in diesem Punkte deshalb so ausführlich, weil ich jeden Einspruch oder Einwurf beseitigen möchte, der aus der Art und Weise entspringen könnte, wie ich vorschlage, dieselbe möglichst gut zu verwerthen, nämlich in dem sie gerade zu dem öffentlichen Verkauf ausgesetzt wird, was ich hiemit thue.

Ein jeder Schriftsteller hat einen ihm eigenthümlichen Weg, um seine Sachen an den Mann zu bringen, ich für meine Person hasse es, nur wegen ein Paar Guineen in einem dunkeln Laden zu handeln und zu schachern, und habe mich deshalb entschlossen, gleich von Anfang an mit den großen Herren in dieser Sache offen und redlich zu verhandeln, und zu versuchen, ob ich so nicht am besten wegkomme.

Wenn daher ein Herzog, Marquis, Graf, Vicomte oder Baron in Seiner Majestät Reichen lebt, der eine nette, artige Widmung gerade brauchen kann und dem die obige paßt (denn beiläufig gesagt, wenn sie ihm nicht wenigstens einigermaßen paßt, so lasse ich sie gar nicht ab), so steht sie ihm für 40 Guineen zu Diensten; was gewiß 20 Guineen weniger ist als mir ein Mann von Genius eigentlich dafür bieten dürfte.

Wenn Sie sie genau prüfen, gnädiger Herr, so werden Sie finden, daß es keineswegs eine solche Schmiererei ist, wie manche andere Dedicationen. Die Idee ist wie Sie sehen, gut, das Colorit klar, die Zeichnung correct; oder wenn ich mehr als Mann der Wissenschaft spreche, und meine Arbeit mit dem zwanzigtheiligen Maßstab des Malers messe, so dürfen wir, glaube ich. gnädiger Herr, den Umriß mit 12 ansetzen, die Composition mit 9, das Colorit mit 6, den Ausdruck mit 13½ und die Zeichnung – nun, gnädiger Herr, wenn ich meine eigene Zeichnung recht verstehe, und wenn man für ganz vollkommene Zeichnung 20 setzen darf – so denke ich, dürfte sie nicht weit von 19 sein. Ueberdies ist eine gewisse Haltung darin; und die dunkeln Pinselstriche am Steckenpferd (eine secundäre Figur und eine Art Hintergrund für das Ganze) geben den Hauptlichtern an ihrer eigenen Gestalt mehr Kraft und lassen sie herrlich hervortreten; und schließlich ist in dem ganzen Ensemble ein gewisser origineller Zug.

Haben Sie die Güte, lieber gnädiger Herr, die fragliche Summe in die Hand des Herrn Dodsley, zu Gunsten des Verfassers auszahlen zu lassen; bei der nächsten Auflage werde ich dann Sorge tragen, daß dieses Kapitel ausgemerzt wird und Euer Gnaden Titel, Auszeichnungen, Wappen und gute Thaten zu Anfang des vorstehenden Kapitels zu figuriren kommen, welches dann von den Worten De gustibus non est disputandum an, nebst Allem was sich in diesem Buch auf Steckenpferde bezieht, aber sonst nichts, Ihnen, gnädiger Herr, gewidmet bleibt. – Das Uebrige widme ich dem Mond, der doch von allen denkbaren Gönnern und Gönnerinnen die größte Macht besitzt, um mein Buch in Gang zu bringen und die Welt wie toll darnach greifen zu lassen.

Glanzhelle Göttin!

Wenn du nicht gerade zu viel mit den Angelegenheiten von Candide und Fräulein Kunigunde zu thun hast, so nimm auch diejenigen Tristram Shandy's unter deinen Schutz.

10. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Wie groß das kleine Verdienst war, welches in jenem Acte der Wohlthätigkeit gegen die Hebamme lag, oder wer den Hauptanspruch darauf machen konnte, scheint auf den ersten Anblick nicht von wesentlicher Bedeutung für diese Geschichte. So viel ist aber gewiß, daß der guten Frau Pfarrerin damals alles Verdienst beigemessen wurde; und doch kann ich, so wahr ich lebe, nicht umhin zu glauben, daß auch der Pfarrer selbst, obschon er nicht das Glück hatte, zuerst auf die Sache verfallen zu sein, doch dadurch, daß er sobald ihm der Plan vorgelegt wurde, von Herzen zustimmte, und ebenso von Herzen gern sein Geld dazu beitrug, um jenen ausführbar zu machen, einigen Anspruch darauf machen konnte, ja doch ihm eine volle Hälfte der Ehre gebührte.

Die Welt war damals geneigt, die Sache anders anzusehen.

Legen Sie einmal das Buch weg und ich gebe Ihnen einen halben Tag, um das Räthsel dieser Anschauung zu lösen. Aber Sie bringen es nicht heraus.

So erfahren Sie denn, daß der Pfarrer, mit dem wir zu thun haben, etwa 5 Jahre vor Anstellung der Hebamme, worüber Sie einen so umständlichen Bericht erhalten haben, sich durch eine Handlung, welche die Würde, die er seiner Person, seinem Stand und seinem Amte schuldig war, verletzte, zum Gespräch der ganzen Gegend gemacht hatte. Er erschien nämlich plötzlich auf einem magern, elenden, eselähnlichen Rosse, das ein Pfund fünfzehn Schillinge werth sein mochte, einem Roß, das um meine Beschreibung abzukürzen ein Zwillingsbruder des Rosinante war, in so weit Aehnlichkeit eine solche Verwandtschaft herstellen kann, denn es kam der Beschreibung des letzteren in jeder Beziehung auf ein Haar breit nahe, mit alleiniger Ausnahme, daß ich mich nicht erinnere, ob Rosinante ebenfalls kurzathmig war; und daß Rosinante, wie die meisten spanischen Pferde, ob sie nun dick oder dürr sind, das Glück haben, ohne Zweifel in jeder Beziehung ein Roß war.

Ich weiß sehr wohl, daß das Roß jenes Helden von keuscher Aufführung war, was einen Grund zu der gegentheiligen Vermuthung hätte abgeben können; aber es ist zugleich ebenfalls sicher, daß Rosinante's Enthaltsamkeit – wie dies aus dem Abenteuer mit den Fuhrleuten hervorgeht – keineswegs einem körperlichen Gebrechen oder einer ähnlichen Ursache, sondern seinem Temperament und dem geordneten Laufe seines Blutes entsprang. – Und gestatten Sie mir hier die Bemerkung, Madame, daß es eine große Portion sehr guter Keuschheit auf der Welt gibt, zu deren Gunsten sich absolut nichts weiter anführen ließe.

Sei dem wie dem sei, da es meine Absicht ist, einer jeden Persönlichkeit, die ich auf der Bühne dieses dramatischen Werkes erscheinen lasse, volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, so durfte ich diesen Unterschied zu Gunsten von D. Quijote's Pferd nicht unterdrücken; in jeder anderen Beziehung aber war, wie gesagt, des Pfarrers Roß sein alter Ego, es war eine so dürre, so schmale, und so armselige Mähre, daß die Demuth selbst es hätte besteigen können.

Nach der Ansicht mancher Leute von schwachem Urtheil wäre es großenteils bei dem Pfarrer gestanden, der Figur seines Rößleins etwas aufzuhelfen, denn er war im Besitz eines sehr schönen, halbaufgebauschten Sattels, der am Sitz mit grünem Plüsch abgenäht und mit einer doppelten Reihe von silbernen Stiften beschlagen war, wozu noch ein nobles Paar glänzender Messingbügel und eine sehr anständige Unterlagsdecke von superfeinem grauem Tuch mit einer Einfassung von schwarzer Stickerei kam, die in dicke, schwarze, seidene Franzen, mit Goldfäden durchwirkt, verlief. Dies Alles nebst einem mit erhabener Arbeit geschmücktem und in jeder Beziehung wohl verziertem Zaume hatte er sich auf der stolzen Höhe seines Lebens angeschafft. Da er aber nicht die Absicht hatte, sein Thier durch diesen Trödel lächerlich zu machen, hatte er ihn hinter der Thüre seines Studirzimmers aufgehängt, und sich dafür einen solchen Zaum und Sattel angeschafft, wie er gerade zu der Figur und dem Werthe eines solchen Gaules paßte.

Man kann sich leicht vorstellen, daß der so ausgerüstete Pfarrer bei seinen verschiedenen Umritten in seinem Sprengel, und bei dem benachbarten Adel Allerlei zu hören und zu sehen bekam, was seine Philosophie rostfrei erhielt. Er konnte in der That in kein Dorf reiten, ohne sofort die Aufmerksamkeit von Alt und Jung zu erregen. Die Arbeit stand still wo er vorüber kam, der Eimer blieb mitten über dem Brunnen hängen, das Spinnrädchen vergaß sich zu drehen, sogar das Grübchen- und das Anwerfspiel der Kinder erlitt eine Unterbrechung, solange er in Sicht war; und da seine Vorwärtsbewegung keine der schnellsten war, so hatte er in der Regel vollauf Zeit, um seine Betrachtungen anzustellen, das Seufzen der ernsten Leute und das Lachen der Munteren anzuhören, was er in aller Seelenruhe hinnahm. Sein Charakter war von der Art, daß er einen Spaß von Herzen liebte, und da er wohl sah, welche lächerliche Figur er machte, so pflegte er zu sagen, er könne Anderen nicht böse sein, daß sie ihn in einem Licht erblickten, in welchem er sich selbst so sehr schaue. Gegenüber von seinen Freunden aber, welche wußten, daß Liebe zum Geld nicht seine Schwäche war, und die sich daher um so weniger ein Gewissen daraus machten, über diese sonderbare Laune sich lustig zu machen, zog er es vor, – statt ihnen den wahren Grund davon anzugeben, in das Gelächter über sich selbst mit einzustimmen, und da er selbst keine Unze Fleisch auf den Knochen hatte und eine ganz ebenso schmächtige Figur besaß wie sein Thier, so pflegte er bisweilen hervorzuheben, daß das Roß gerade so gut sei als der Reiter es verdiene; sie seien gewissermaßen wie die Centauren eigentlich aus einem einzigen Stücke. Ein ander Mal, wenn er in einer anderen Stimmung und nicht aufgelegt war einen schlechten Witz zu machen, pflegte er zu sagen, er laborire an der galoppirenden Schwindsucht, und setzte dann sehr ernst hinzu, er könne den Anblick eines fetten Pferdes nicht ohne Herzweh und ohne eine merkliche Herabstimmung seines Pulses ertragen; er habe deshalb das magere Pferd gewählt, nicht nur um seine Gemüthsruhe nicht zu verlieren, sondern auch um stets guter Laune zu sein.

Er gab überhaupt im Laufe der Zeit wol fünfzig launige und passende Gründe an, warum er lieber eine sanftmüthige Mähre von kurzathmigem Gaul als ein feuriges Pferd reite; auf jenem könne er ganz mechanisch sitzen und in aller Gemüthsruhe de vanitate mundi et fuga saeculi nachdenken, gerade wie wenn er einen Todtenkopf vor sich hätte; wenn er so langsam dahin reite, könne er seine Zeit zu allen möglichen geistigen Uebungen benutzen, und zwar ebenso gut wie in seinem Studirzimmer, er könne dabei einen Beweis in seiner Predigt ebenso ruhig herstellen wie ein Loch in seinen Hosen; ein scharfer Trab und eine gemächliche Beweisführung seien zwei Bewegungen, die sich ebenso wenig mit einander vertrugen wie Witz und Urtheilskraft. Auf seinem Gaule aber könne er Alles vereinigen und mit einander aussöhnen; da könne er seine Rede zurecht legen, und auch seinen Husten, und wenn die Natur zum Schlafen dränge, so könne er auch das zu Wege bringen. Kurz der Pfarrer pflegte bei solchen Anlässen alle möglichen Gründe anzuführen, nur den wahren nicht; und mit dem hielt er nur deshalb zurück, weil er glaubte, dieser Grund mache ihm Ehre, also lediglich aus Zartgefühl.

Die Sache war aber folgende: In seinen ersten Amtsjahren, um die Zeit, da er den flotten Sattel und Zaum kaufte, war er aus Eitelkeit oder nennen Sie es wie Sie wollen, gerade in das entgegengesetzte Extrem verfallen. Damals ging das Gerede in der Gegend, wo er wohnte, er liebe ein gutes Pferd, und gewöhnlich hatte er auch das beste im ganzen Kirchspiel im Stalle stehen, das immer bereit war gesattelt zu werden. Da nun die nächste Hebamme wie gesagt, wenigstens 7 Meilen weit von dem Dorfe wohnte und der Boden erbärmlich war, so kam es, daß fast keine Woche verging, daß nicht irgend eine flehentliche Bitte um sein Pferd an den armen Pfarrer erging; und da er kein hartherziger Mann und jeder Fall dringender und bedenklicher war als der letzte, so konnte er es nicht übers Herz bringen sein Thier abzuschlagen, so sehr er es auch liebte; das Ende vom Liede war dann in der Regel, daß sein Pferd entweder die Eisen verloren hatte oder spatlahm wurde, oder einen Hornspalt bekommen hatte, oder war es zitterig, oder kurzathmig geworden, oder war ihm sonst etwas zugestoßen, was ihm vom Fleische half; so daß er alle 9–10 Monate einen schlechten Gaul abschaffen und einen neuen guten dafür anschaffen mußte.

Wie hoch sich der Verlust communibus annis bei einem solchen Handel belaufen mußte, überlasse ich einer Spezialjury von Leidensgefährten zu bestimmen. Wie es damit aber auch sein mochte, der Biedermann ertrug die Sache manches Jährchen ohne ein Wort zu sagen, bis er es endlich nach einer wiederholten Reihe von Unfällen jener Art für durchaus nothwendig fand, die Sache einer näheren Betrachtung zu unterziehen; und nachdem er Alles wohl erwogen und bei sich zusammen addirt hatte, fand er es nicht nur außer allem Verhältniß mit seinen übrigen Ausgaben, sondern der Artikel fiel an und für sich selbst so ins Gewicht, daß er ihn außer Stand setzte, irgend welche andere Handlung der Wohlthätigkeit in seinem Sprengel zu üben; ja mit der Hälfte der so weg galoppirten Summe, hätte er zehen Mal mehr Gutes thun können. Was aber bei ihm noch schwerer wog als alle anderen Betrachtungen zusammen, war der Umstand, daß auf diese Art all seine Mildthätigkeit dem Einen besonderen Kanal zufloß, wo sie nach seinem Dafürhalten am wenigsten angelegt war, nämlich dem Kinder tragenden und Kinder zeugenden Theil seines Sprengels; so daß nichts übrig blieb für die Kranken, die Altersschwachen und die vielen trostlosen Scenen, zu denen er stündlich gerufen wurde, wo Armuth, Siechthum und Herzeleid beisammen wohnten.

Aus diesen Gründen beschloß er, diese Ausgabe fallen zu lassen. Es gab jedoch nur zwei Wege, um ihn ganz aus der Sache zu ziehen; entweder mußte er es sich zum unwiderruflichen Gesetz machen, sein Pferd nie wieder zu verleihen, die Bitte mochte noch so dringend sein, oder er mußte sich dahin bescheiden, die letzte arme Mähre so fortzureiten, wie sie sie ihm zugerichtet hatten mit all ihren Fehlern und Schwächen bis ans Ende vom Liede.

Da er seiner Standhaftigkeit im ersten Falle nicht traute, hielt er sich in aller Heiterkeit an den letzteren; und obwol er die Sache wie gesagt, recht gut zu seiner Ehre auslegen konnte, so wollte er es gerade deshalb nicht, und zog es lieber vor die Verachtung seiner Feinde und das Gelächter seiner Freunde zu ertragen, als daß er eine Geschichte erzähle, die wie ein Loblied auf ihn lauten konnte.

Dieser einzige Zug im Charakter des ehrwürdigen Herrn gibt mir die höchste Idee von seinen edeln und zarten Empfindungen; er kommt meiner Ansicht nach einer jeden jener ehrenwerthen Feinheiten des unvergleichlichen Ritters aus der Mancha gleich, den ich beiläufig gesagt, trotz aller seiner Narrheiten mehr liebe als den größten Helden des Alterthums und dem ich weiter nachgegangen wäre, um ihm einen Besuch zu machen, als diesen.

Doch dies ist nicht die Moral meiner Geschichte: was ich beabsichtigte war, die Stimmung der Welt in dieser ganzen Sache auseinander zu setzen. Denn Sie müssen wissen, daß so sehr auch diese Erläuterung dem Pfarrer Ehre gemacht hätte, keine Menschenseele darauf kam; ich glaube, daß seine Feinde nicht wollten, seine Freunde aber nicht konnten. Sobald er sich aber der Hebamme annahm und die Sporteln für sie bezahlte, kam das ganze Geheimniß heraus; jedes Pferd, das er verloren hatte, ja 2 Pferde mehr als er wirklich verloren hatte, nebst allen Umständen, wie sie zu Grunde gerichtet wurden, kamen jetzt zu Tage und wurden aufs genauere erörtert. Die Geschichte lief wie ein Lauffeuer um: Der Pfarrer habe wieder einen Anfall von Hochmuth bekommen; er wolle sich wieder ein gutes Pferd anschaffen, und da würde er, das sei ja klar wie der Tag, die Unkosten der Sporteln in einem Jahr zehnfältig herausschlagen; da könne sich ein Jeder selbst klar machen, was für einen Zweck er mit diesem Acte der Mildthätigkeit verfolgt habe.

Was sein Zweck bei dieser oder bei jeder anderen Handlung seines Lebens gewesen – oder vielmehr was die Meinungen seien, welche in anderer Leute Gehirn hierüber aufkamen, das war ein Gedanke, der nur zu sehr sein eigenes Gehirn bewegte und zu oft seine Ruhe störte, wo er alles Recht gehabt hätte gesund zu schlafen.

Vor etwa zehen Jahren hatte der Pfarrer das Glück, in dieser Beziehung vollkommen erleichtert zu werden, denn gerade so lange her ist es, daß er den Sprengel verließ – und zugleich die ganze übrige Welt; er ist nun einem Richter verantwortlich, über den sich zu beklagen er keine Ursache haben wird.

Aber den Handlungen einiger Menschen klebt eine gewisse Schicksalstücke an; sie mögen sie einrichten, wie sie wollen, sie passiren ein gewisses Medium, indem sie so verwirrt und von ihrer wahren Richtung abgebracht werden, daß wenn sie auch noch soviel Anspruch auf jedes Lob haben, welches den Thaten eines edeln Herzens zukommt, die Ausüber derselben ohne ein solches leben und sterben müssen.

Der gute Pfarrer war ein peinliches Beispiel dieser Wahrheit. Um aber zu ersehen. wie dies kam, und um diese Einsicht nutzbringend für Sie selbst zu machen, ersuche ich Sie dringend, die zwei folgenden Kapitel zu lesen, welche eine solche Skizze seines Lebens und seiner Meinungen enthalten, daß die Moral sich von selbst daraus ergeben wird. Wenn dies geschehen ist und uns sonst nichts dazwischen kommt, wollen wir mit der Hebamme weiter machen.

11. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Der Name dieses Pfarrers war Yorick, und was besonders merkwürdig an demselben ist, er wurde (wie aus einer alten, auf starkem Pergament geschriebenen und noch vollkommen wohl erhaltenen Familienurkunde hervorgeht) schon vor beinahe – um ein Haar hätte ich 900 Jahre gesagt, – genau so geschrieben. Doch möchte ich meinen Credit nicht durch Aussprechen einer unwahrscheinlichen Behauptung erschüttern, so unbestreitbar dieselbe auch an sich wäre; und so beschränke ich mich darauf zu sagen, er wurde ohne die geringste Aenderung oder Versetzung eines einzigen Buchstaben, vor ich weiß nicht wie langer Zeit genau so geschrieben. Das ist mehr als ich von der Hälfte der besten Namen im Königreich sagen möchte, die im Allgemeinen im Lauf der Jahre ebenso viele Püffe und Wechsel erfahren haben wie ihre Eigentümer. War hieran der Stolz oder die Scham der Besitzer schuld? Wenn wir ehrlich sein wollen, so müssen wir sagen, daß bisweilen der eine, bisweilen die andere die Schuld trug, wie eben gerade die Versuchung wirkte. Aber es ist und bleibt eine abscheuliche Sache und wird uns eines Tages Alle so unter einander bringen, daß Keiner mehr aufstehen und schwören kann, sein Urgroßvater sei der Mann gewesen, der dies oder jenes gethan habe.

Gegen einen solchen Uebelstand hat sich die kluge Vorsicht der Familie Yorick hinreichend verwahrt durch die fromme Aufbewahrung der angeführten Urkunde, die uns ferner unterrichtet, daß die Familie ursprünglich dänischer Abkunft gewesen, aber schon unter der Regierung des Königs Horwendittus von Dänemark nach England gekommen sei. Am Hofe dieses Königs hatte ein Vorfahre unseren Herrn Yorick, von dem dieser direct abstammt, einen hohen Posten bis zu seinem Tode inne. Welcher Natur dieser hohe Posten gewesen, sagt die Urkunde nicht; sie fügt nur hinzu, derselbe sei seit 200 Jahren als gänzlich unnöthig nicht nur an diesem Hofe, sondern überhaupt an jedem christlichen Hofe gänzlich abgeschafft.

Es ist mir öfter durch den Kopf gefahren, der Posten sei gewiß kein anderer gewesen, als der eines ersten Spaßmachers des Königs, und Hamlets Yorick in unserem Shakespeare, dessen Stücke ja zum großen Theil auf authentischen Thatsachen beruhen, sei gewiß jener Mann gewesen.

Ich habe nicht die Zeit, um in Saxo Grammaticus dänischer Geschichte nachzusehen, ob sich die Sache wirklich so verhält; wenn Sie aber Muße haben und das Buch leicht bekommen können, so können Sie das ja ebenso gut thun.

Auf der Reise, die ich mit Herrn Noddy's ältestem Sohn durch Dänemark machte, den ich im Jahre 1741 als Hofmeister begleitete, wobei wir eine merkwürdige Strecke durch den größten Theil von Europa mit unglaublicher Schnelligkeit zurücklegten und von welcher durch uns Zwei ausgeführten originellen Reise im Verlauf dieses Werkes eine sehr ergötzliche Beschreibung folgen soll; – auf dieser Reise also hatte ich nur so viel Zeit, um die Wahrheit einer durch einen länger dort Lebenden gemachten Bemerkung zu bestätigen – nämlich: Daß die Natur bei der Austheilung von Genie und Talenten an die Bewohner jenes Landes, weder sehr verschwenderisch noch sehr karg gewesen sei, sondern wie ein umsichtiger Vater gegen Alle mäßig freundlich gehandelt habe; indem sie die Leute hier zu Lande fast ganz gleichmäßig beschränkte, so daß man in jenem Reich nur wenige Beispiele höherer Begabung, dagegen aber in allen Klassen des Volks sehr viel gesunden Hausverstand findet, von dem ein Jeder seinen Theil bekommen hat, – was wie ich glaube, sehr richtig ist.

Bei uns ist wie Sie wissen, die Sache ganz anders: wir stehen entweder hoch oben oder tief unten – Sie sind ein großes Genie, mein Herr – oder es ist 50 gegen Eins zu wetten, daß Sie ein großer Esel und Blechschädel sind; nicht daß es hier vollständig an Zwischenstufen fehlte, nein, so außer aller Ordnung sind wir nicht; aber jene zwei Extreme sind allgemeiner und in einem größeren Maße auf dieser verschrobenen Insel vorhanden, wo die Natur bei Austheilung ihrer Gaben und Talente in dieser Richtung höchst launenhaft und bizarr verfährt; so daß das Glück selbst bei Austheilung seiner Güter nicht grillenhafter als sie sein kann.

Dieser Umstand aber war es allein, der meinen Glauben an Yoricks Abstammung wankend machte, denn nach Allem was ich von ihm weiß und was ich über ihn zusammenbringen konnte, scheint er nicht einen Tropfen dänischen Bluts in seinem ganzen Organismus besessen zu haben; in 200 Jahren mochte freilich alles davon gelaufen sein; darüber will ich mit Ihnen auch nicht einen Augenblick philosophiren; denn mochte geschehen sein was wollte, die Thatsache war die: daß statt des kalten Phlegma und der genauen Regelmäßigkeit von Geist und Gemüth, wie man sie an einem Mann solcher Abstammung finden sollte, er im Gegenteil von einem so leichtflüssigen und fein geläuterten Wesen, von einem in allen seinen Neigungen so absonderlichen Charakter, so erregt und possig und so voll gaité de coeur war, wie ihn nur das allerfreundlichste Klima schaffen und zusammen bringen konnte.

Bei all diesem Segelwerk führte der arme Yorick nicht ein Loth Ballast bei sich; er war durchaus unbekannt in der Welt, und mit 26 Jahren wußte er gerade nur so viel davon, wie er seinen Curs in derselben zu steuern habe, wie ein argloses Mädchen von dreizehen, das sich im Spiele herumbalgt; so daß ihn wie man sich denken kann, gleich bei seiner ersten Ausfahrt der lebhafte Wind seines Geistes zehen Mal im Tage in das Takelwerk eines Andern trieb; und da, wie man sich gleichfalls leicht denken kann, gerade die ernsteren und bedächtigeren ihm am öftesten in den Weg kamen, so hatte er in der Regel das Mißgeschick mit diesen sich am meisten zu verstricken.

Indessen mochte jedem solchem Zusammenstoß auch eine Beimischung von schlechtem Witze mit zu Grunde liegen, denn offen gestanden, hatte Yorick einen unüberwindlichen Widerwillen gegen die Gravität, seine ganze Natur lehnte sich dawider auf; das heißt nicht gegen den Ernst an sich, denn wo der Ernst wirklich am Platze war, da war er gewiß Tage und Wochen lang der ernsthafteste, gesetzteste Mann von der Welt; aber er konnte es nicht leiden, wenn man nur die Maske des Ernstes vornahm und dieser Unsitte erklärte er offen den Krieg, da er in ihr nur eine Bemäntelung der Unwissenheit oder Albernheit erblickte; wenn diese ihm aber in den Weg kam, so gab er ihr selten Pardon, mochte sie nun noch so sehr verschanzt und gedeckt sein.

In seiner extravaganten Art sich auszudrücken, pflegte er bisweilen zu sagen, die Gravität sei eine Erzspitzbübin und zwar, pflegte er hinzusetzen, von der aller gefährlichsten Art, weil sie zugleich schlau sei, und er glaube wirklich, es werden durch sie in einem Jahre mehr ehrliche wohlmeinende Leute um Hab und Gut geprellt, als durch Taschen- und Ladendiebe in sieben. In der offenen Laune eines heiteren Gemüths, pflegte er zu sagen, liege nichts Gefährliches, höchstens für dieses selbst; dagegen sei das eigentliche Wesen der Gravität Absichtlichkeit, und somit Betrug; es sei ein wohl überlegter Kunstgriff, um von der Welt für klüger und gebildeter angesehen zu werden, als man eigentlich sei. Bei all ihren Ansprüchen aber sei sie doch nicht mehr, wol aber oft weniger als wie sie ein französisches Witzwort schon vor langer Zeit bezeichnet habe, nämlich: ein geheimnißvolles Gehaben des Leibes, um die Mängel des Gemüths zu verdecken – welche Definition der Gravität, wie Yorick höchst unklug hinzuzusetzen pflegte, man in goldenen Lettern setzen sollte.

Er war aber wirklich in der Welt ganz unerfahren und ungewohnt; und auch bei jedem anderen Gegenstand der Unterhaltung, wo die Klugheit Zurückhaltung gebietet, ebenso unbesonnen und närrisch. Yorick besaß nur eine Art Eindruck, den nämlich der für ihn aus der Natur der besprochenen Sache hervorging; und diesen Eindruck übersetzte er gewöhnlich in gutes Englisch ohne alle Umschreibung, und nur zu oft, ohne auf Person, Zeit oder Ort die mindeste Rücksicht zu nehmen; so daß wenn die Rede auf eine niederträchtige oder unedle Handlung kam, er sich nie auch nur einen Augenblick Zeit nahm, zu überlegen, wer der Held des Stückes, welches seine gesellschaftliche Stellung sei, oder in wie weit derselbe die Macht besitze, es ihm nachher einzutränken – sondern wenn es eine schmutzige Handlung war – ohne Umschweif aussprach: Der Mensch sei ein schmutziger Bursche – und sofort. Und da seine Aussprüche gewöhnlich das Mißgeschick hatten, entweder mit einem Witz zu schließen oder durch irgend einen drolligen, humoristischen Ausdruck gewürzt zu sein, so bekam Yoricks Unbesonnenheit hierdurch Schwingen. Mit einem Wort, er suchte zwar nie einen Anlaß, ließ aber auch selten eine Gelegenheit vorübergehen etwas herauszusagen, was ihm gerade auf der Zunge lag, und zwar ohne lange Umstände, und fand so nur zu viele Versuchungen im Leben, seinen Witz und Humor, seine Späße und Possen los zu lassen. Sie gingen nicht verloren, denn es gab immer Leute, die sie sammelten.

Was die Folge hievon war, und wie Yorick schließlich daran scheiterte, werden Sie im nächsten Kapitel finden.

12. Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Der Schuldner und der Gläubiger unterscheiden sich in Beziehung auf die Größe des Geldbeutels nicht mehr von einander, als der Spötter und der Verspottete in Beziehung auf die Güte des Gedächtnisses. Hiebei kriecht der Vergleich, wie die Scholiasten sagen, auf allen Vieren; was beiläufig ein oder zwei Beine mehr ist, als sich einige der besten Vergleiche Homers rühmen können; es erhebt nämlich der Eine eine Summe und der Andere ein Gelächter auf Ihre Kosten und denkt nicht mehr daran. In beiden Fällen aber laufen Zinsen auf; die periodische oder zufällige Bezahlung derselben dient dann dazu die Erinnerung an die Sache frisch zu erhalten, bis endlich in einer bösen Stunde – hupp! der Gläubiger da steht, und das Kapital nebst den vollen Zinsen bis auf den Tag einverlangt und so den Schuldner die ganze Größe seiner Verbindlichkeit fühlen läßt.

Da (die Wenn's kann ich nicht leiden) der geneigte Leser die menschliche Natur zur Genüge kennt, so brauche ich nicht hinzuzufügen, daß mein Held unmöglich in diesem Tempo fortfahren konnte, ohne seine kleinen Erfahrungen zu machen und gelegentlich einmal derartige Mahnungen zu erhalten. Offen gesagt, er hatte sich leichtsinnigerweise eine Menge kleiner Buchschulden dieser Art zugelegt, die er trotz Eugenius häufiger Warnungen all zu sehr vernachlässigte, weil er dachte, es sei ja keine in böslicher Absicht gemacht worden, sondern im Gegentheil aus ehrlichem Herzen und lediglich im heiteren Humor, und deshalb würden sie sich auch alle im Lauf der Zeit verwischen.

Eugenius wollte dies nie zugeben und sagte oft, man würde gewiß früher oder später mit ihm abrechnen; und setzte er oft in einem Tone kummervoller Besorgniß hinzu, – bis auf den Heller hinaus. Mit seiner gewöhnlichen Sorglosigkeit pflegte dann Yorick mit einem: Ah bah! darauf zu erwiedern, und wenn die Sache im Freien verhandelt wurde – mit einem Luftsprung, Satz und Hupf am Ende; ging die Unterhaltung aber in einer geselligen Kaminecke vor sich, wo der Maleficant durch einen Tisch und ein Paar Armstühle eingesperrt war, und nicht so leicht in einer Tangente durchgehen konnte, so fuhr Eugenius in seiner Vorlesung über Lebensklugheit und Vorsicht in geeigneten Worten fort – die übrigens etwas besser gewählt waren als die folgenden:

Glaub' mir, lieber Yorick, diese deine unüberlegten Späße werden dich früher oder später in Verlegenheiten und Schwierigkeiten bringen, aus denen dich dann keine nachträgliche Klugheit mehr herauswinden wird. Ich sehe oft, daß sich bei solchen Possen der Ausgelachte als ein Beleidigter betrachtet und sich alle mit einem solchen Verhältnisse verbundenen Rechte beimißt; und wenn du ihn ebenfalls in diesem Lichte betrachten und seine Freunde, seine Familie, seine Verwandtschaft noch dazu zählen – und die vielen Recruten hinzu rechnen wolltest, die sich im Gefühl einer allgemeinen Gefahr unter seine Fahnen stellen – so würdest du, ohne Uebertreibung gesprochen, für zehen Witze immer auf hundert Feinde rechnen können, die du dir durch jene zugezogen hast; aber du wirst dich nie davon überzeugen lassen, bis dir einmal der Wespenschwarm, den du aufgestachelt, um die Ohren schwirrt und dich halb zu Tode sticht.

Ich kann von dem Manne, den ich hochachte, nicht glauben, daß in diesen Späßen auch nur eine Spur von Bitterkeit oder boshafter Absicht liege; ich glaube und weiß viel mehr, daß sie ehrlich gemeint und eben nur scherzhafter Natur sind; aber bedenke doch, mein lieber Freund, daß die Dummköpfe dies nicht zu unterscheiden wissen, und die Schelme es nicht unterscheiden wollen; du aber weißt gar nicht was es heißt die Einen herauszufordern oder sich über die Anderen lustig zu machen. Wenn sie sich einmal zu gegenseitiger Vertheidigung verbinden, so kannst du dich darauf verlassen, daß sie den Krieg gegen dich, mein lieber Freund, in einer Weise führen werden, daß es dir das Leben entleiden wird.

Aus irgend einem giftigen Winkel wird die Rache eine ehrenrührige Geschichte gegen dich schleudern, welche keine Unschuld des Herzens, keine Reinheit des Wandels verwischen wird. Das Glück deines Hauses wird wanken, dein Charakter, der es aufbaute, wird von allen Seiten bluten; man wird deine Redlichkeit in Frage stellen, deine Handlungen verleumden, deinen Witz vergessen, dein Wissen mit Füßen treten. Und in der letzten Scene deines Trauerspiels werden Grausamkeit und Feigheit, diese Zwillingsschufte, welche Bosheit dazu angestiftet und im Dunkel gegen dich gesandt hat, einen Schlag gegen deine Schwächen und Irrthümer führen; die besten von uns haben ihre Blößen, mein lieber Freund, und glaube mir – glaube mir, Yorick, wenn man einmal, um eine geheime Lust zu befriedigen, beschlossen hat, ein unschuldiges und hilfloses Geschöpf zu Grunde zu richten, so wird man mit größter Leichtigkeit aus jedem Gehölz, wo es herum geirrt hat, Holz genug zu einem Feuer finden, auf dem es geopfert wird. –

Yorick hörte diese traurige Weissagung seines Geschickes nie mit an, ohne daß sich ihm eine Thräne aus dem Auge stahl, und daß sein Blick zugleich versprach, er wolle gewiß künftig sein Steckenpferd mit größerer Mäßigung reiten. – Aber es war leider, zu spät! – Schon ehe die erste Prophezeiung dieser Art ausgesprochen wurde, hatte sich eine große Verschwörung, mit X und Y an der Spitze, gebildet. – Der ganze Angriffsplan gerade so wie Eugenius ihn voraus gesagt, wurde auf einmal ins Werk gesetzt – und zwar mit so wenig Erbarmen von Seite der Verbündeten, und so wenig Argwohn von Seiten Yoricks in Betreff dessen, was gegen ihn vorging – daß, als der gute leichtgläubige Mann wähnte, eine Beförderung könne ihm nicht entgehen – sie bereits die Wurzel unter ihm abgesägt hatten, und er nun fiel, wie mancher Biedermann vor ihm gefallen war.

Yorick kämpfte zwar eine Zeit lang mit aller erdenklichen Tapferkeit dagegen an; aber endlich überwältigte ihn die Uebermacht, die Unfälle des Kampfes nützten ihn ab, – noch mehr freilich die unedle Art, wie derselbe geführt wurde – er warf das Schwert weg, und blieb zwar scheinbar bis zum letzten Moment aufrecht, starb aber doch wie man allgemein glaubte, am gebrochenen Herzen. Was Eugenius veranlaßte, dies ebenfalls zu glauben, war folgender Vorfall:

Wenige Stunden ehe Yorick den letzten Athemzug that, trat Eugenius bei ihm ein, um ihn zum letzten Mal zu sehen und Abschied von ihm zu nehmen. Als er Yoricks Vorhang bei Seite zog und ihn fragte, wie es ihm sei, blickte ihn Yorick an, ergriff seine Hand und dankte ihm für seine vielfachen Beweise von Freundschaft, und sagte, wenn es ihr Schicksal sein sollte, sich dereinst wieder zu begegnen, so würde er ihm wiederholt dafür danken; denn, setzte er hinzu, in wenigen Stunden werde er seinen Feinden für immer entrinnen. Ich hoffe noch nicht, erwiderte Eugenius, während ihm Thränen die Wange herabliefen, und im zärtlichsten Tone, in dem je gesprochen wurde, ich hoffe noch nicht, Yorick, sagte er. Die einzige Antwort Yoricks war ein Blick nach Oben und ein sanfter Druck der Freundeshand. Aber es schnitt Eugenius durch's Herz. – Komm, komm, Yorick! sagte Eugenius, indem er sich die Augen wischte und seine ganze Manneskraft zusammen nahm – sei stark, mein alter Freund – laß deinen Muth, deine Kraft in dieser Krisis, wo du sie am meisten brauchst, nicht sinken – wer weiß, was es noch Alles für Mittel gibt, und was Gottes Wille noch für dich thun kann! –

Yorick legte die Hand aufs Herz und schüttelte sachte den Kopf. – Aber ich, fuhr Eugenius fort und weinte laut bei diesen Worten – ich muß sagen, ich weiß nicht, wie ich es ohne dich werde aushalten können, Yorick; und ich möchte mir gar zu gerne mit der Hoffnung schmeicheln, fuhr Eugenius fort, und gab seiner Stimme wieder einen heitereren Anstrich, es sei noch genug von dir da, um einen Bischof daraus zu machen, und ich werde das noch erleben. – Ich bitte dich, Eugenius, sprach Yorick und nahm so gut es mit der linken Hand ging seine Nachtmütze ab – mit der Rechten hielt er noch Eugenius Hand fest – ich bitte dich, seh' dir einmal meinen Kopf an. – Ich sehe nichts, was ihm fehlen soll, erwiederte Eugenius. – Ach dann, mein Freund, versetzte Yorick, muß ich dir sagen, daß die Streiche, die X und Y und einige Andere so unschön im Dunkel dagegen geführt haben, ihn so gebrochen und mißstaltet haben, daß ich mit Sancho Pansa sagen könnte: wenn ich je wieder gesund würde, und es würden Bischofsmützen vom Himmel fallen, so dicht wie Hagel, so würde mir keine mehr passen. – Als Yorick so sprach, hing ihm bereits der letzte Athemzug an den zitternden Lippen, – doch lag in seinem Tone noch etwas vom Geist des Cervantes, und während er so sprach, konnte Eugenius wohl bemerken, wie in seinen Augen für einen Moment ein Feuerstrahl aufflackerte; – ein schwacher Abglanz jener Geistesblitze, die (wie Shakespeare von seinem Ahnherrn sagte) die ganze Tafel in der Regel in ein lautes Gelächter versetzte!

Aber Eugenius gewann daraus die Ueberzeugung, daß das Herz seines Freundes gebrochen sei: er drückte ihm noch einmal die Hand und verließ dann unter Thränen leise das Zimmer. Yorick folgte Eugenius mit den Augen bis zur Thüre – und schloß sie dann – und öffnete sie nicht wieder.

Er liegt in einer Ecke seines Kirchhofs im Kirchspiel —, unter einem flachen Marmorstein, den ihm sein Freund Eugenius mit Erlaubniß der Testamentsvollstrecker auf seinem Grabe hatte setzen lassen, und worauf nur die folgenden drei Worte standen, die zugleich als Grabschrift und Klagelied dienen konnten:

Ach, armer Yorick!