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»Leben, Geduld haben, arbeiten und keinen Anlaß zur Freude versäumen.« Der Dichter Rainer Maria Rilke war 30 Jahre alt, als er diesen Satz niederschrieb; er ist seine Lebensmaxime geblieben. Geduld, Arbeit, vor allem und zunehmend aber die Fähigkeit zur Freude haben sein Leben bestimmt, wie sie Voraussetzungen einer Dichtung wurden, deren genaues Erkennen und Benennen, deren klares Rühmen zu den das 20. Jahrhundert überdauernden Leistungen gehören – einer Dichtung, die in den Duineser Elegien und in den Sonetten an Orpheus ihre Erfüllung fand.
Aus Rilkes Dichtung und seinen Lebensäußerungen können wir jene Ermutigung zur Aufmerksamkeit – und damit zum Einander-Verstehen – gewinnen, deren unsere schnelllebige Zeit so sehr bedarf.
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Seitenzahl: 55
Veröffentlichungsjahr: 2025
Rainer Maria Rilke
Leben und keinen Anlaß zur Freude versäumen
Ausgewählt von Vera Hauschild
Insel Verlag
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Diese Textauswahl ist erstmals 1998 unter dem TitelRilke für Gestreßte (it 2191) erschienen.
eBook Insel Verlag Berlin 2025
Der vorliegende Text folgt der Erstausgabe, 2025.
© 1998, Insel Verlag Anton Kippenberg GmbH & Co. KG, Berlin
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Umschlaggestaltung: Burkhard Neie, Berlin
Umschlagillustration: Burkhard Neie, Berlin
eISBN 978-3-458-78442-5
www.insel-verlag.de
»Leben, Geduld haben, arbeiten und keinen Anlaß zur Freude versäumen.«
An Arthur Holitscher, 13. Dezember 1905
Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Informationen zum Buch
Cover
Titel
Impressum
Motto
Inhalt
Leben
Du mußt das Leben nicht verstehen,
Das ist mein Streit:
Träume, die in deinen Tiefen wallen,
Kindheit
Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden,
Der Auszug des verlorenen Sohnes
Leise
Der Gefangene
Menschen bei Nacht
Nächtlicher Gang
Archaïscher Torso Apollos
Indem das Leben nimmt und giebt und nimmt
Todes-Erfahrung
Die neunte Elegie
O Leben Leben, wunderliche Zeit
Wunderliches Wort: die Zeit vertreiben!
Wir sind die Treibenden.
Mein Leben ging – Herr Jesus.
Herbst
Spaziergang
Geduld haben
Zum Einschlafen zu sagen
Ein Frühlingswind
Römische Fontäne
Borghese
Die Genesende
Schlaflied
Wir wollen, wenn es wieder Mondnacht wird,
Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris
Die Erblindende
Der Tod der Geliebten
Abschied
Die achte Elegie
Manches, was uns verstößt,
Noch ahnst du nichts vom Herbst des Haines,
Es ist noch Tag auf der Terrasse.
Herbsttag
Arbeiten
Wie war dein Leben kurz, wenn du's vergleichst
Der König
Abendmahl
Ein rarbegangner Pfad, der zwischen Stellen
Die zehnte Elegie
Heil dem Geist, der uns verbinden mag;
Hörst du das Neue, Herr,
Alles Erworbne bedroht die Maschine, solange
Wir gehen um mit Blume, Weinblatt, Frucht.
Keinen Anlaß zur Freude versäumen
Es winkt zu Fühlung fast aus allen Dingen,
Wir
sind
ja. Doch kaum anders als den Lämmern
Das Karussell
Jardin du Luxembourg
Vorfrühling
Frühling ist wiedergekommen. Die Erde
Der Apfelgarten
Borgeby-Gård
Blaue Hortensie
Das Rosen-Innere
Vom Wegrand ruht der Blick der blauen Rade
Schau, wie die Zypressen schwärzer werden
Die Gazelle
Gazella Dorcas
Leda
Ein junges Mädchen: das ist wie ein Stern:
Opfer
Liebes-Lied
Schwindende, du kennst die Türme nicht.
Wie rief ich dich. Das sind die stummen Rufe,
Die siebente Elegie
Es ist ganz stille. Aufrecht steht der Duft
Wandelt sich rasch auch die Welt
Wolle die Wandlung. O sei für die Flamme begeistert,
Empfange nun von manchem Zweig ein Winken,
Was sich uns reicht mit dem Sternenlicht,
Die Vogelrufe fangen an zu rühmen.
Zu dieser Ausgabe
Textnachweis
Informationen zum Buch
Tage gehen hin und manchmal höre ich das Leben gehen. Und noch ist nichts geschehn, noch ist nichts Wirkliches um mich; und ich teile mich immer wieder und fließe auseinander, – und möchte doch so gerne in einem Bette gehen und groß werden. Denn, nichtwahr Lou, es soll so sein; wir sollen wie ein Strom sein und nicht in Kanäle treten und Wasser zu den Weiden führen? Nichtwahr, wir sollen uns zusammenhalten und rauschen? Vielleicht dürfen wir, wenn wir sehr alt werden, einmal, ganz zum Schluß, nachgeben, uns ausbreiten, und in einem Delta münden . . . .
An Lou Andreas-Salomé, 8. August 1903
Du mußt das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und laß dir jeden Tag geschehen
so wie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken läßt.
Sie aufzusammeln und zu sparen,
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.
1898
Das ist mein Streit:
Sehnsuchtgeweiht
durch alle Tage schweifen.
Dann, stark und breit,
mit tausend Wurzelstreifen
tief in das Leben greifen –
und durch das Leid
weit aus dem Leben reifen,
weit aus der Zeit!
1897
Träume, die in deinen Tiefen wallen,
aus dem Dunkel laß sie alle los.
Wie Fontänen sind sie, und sie fallen
lichter und in Liederintervallen
ihren Schalen wieder in den Schoß.
Und ich weiß jetzt: wie die Kinder werde.
Alle Angst ist nur ein Anbeginn;
aber ohne Ende ist die Erde,
und das Bangen ist nur die Gebärde,
und die Sehnsucht ist ihr Sinn –
1898
Es wäre gut viel nachzudenken, um
von so Verlornem etwas auszusagen,
von jenen langen Kindheit-Nachmittagen,
die so nie wiederkamen – und warum?
Noch mahnt es uns –: vielleicht in einem Regnen,
aber wir wissen nicht mehr was das soll;
nie wieder war das Leben von Begegnen,
von Wiedersehn und Weitergehn so voll
wie damals, da uns nichts geschah als nur
was einem Ding geschieht und einem Tiere:
da lebten wir, wie Menschliches, das Ihre
und wurden bis zum Rande voll Figur.
Und wurden so vereinsamt wie ein Hirt
und so mit großen Fernen überladen
und wie von weit berufen und berührt
und langsam wie ein langer neuer Faden
in jene Bilder-Folgen eingeführt,
in welchen nun zu dauern uns verwirrt.
1906
Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden,
in welchen meine Sinne sich vertiefen;
in ihnen hab ich, wie in alten Briefen,
mein täglich Leben schon gelebt gefunden
und wie Legende weit und überwunden.
Aus ihnen kommt mir Wissen, daß ich Raum
zu einem zweiten zeitlos breiten Leben habe.
Und manchmal bin ich wie der Baum,
der, reif und rauschend, über einem Grabe
den Traum erfüllt, den der vergangne Knabe
(um den sich seine warmen Wurzeln drängen)
verlor in Traurigkeiten und Gesängen.
1899