Leben und Werk von Anthony Trollope - Hans Belde - E-Book

Leben und Werk von Anthony Trollope E-Book

Hans Belde

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Beschreibung

Essay aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Biographien, , Sprache: Deutsch, Abstract: In Deutschland so gut wie unbekannt, hat Anthony Trollope in England und Amerika so viele Bewunderer wie Dickens. Viele Freunde hat er auch in Irland, einem Land, in dem er fast zwei Jahrzehnte lebte und das er sehr liebte. Hans Belde gibt die 47 Romane und 39 Erzählungen Trollopes in komprimierter Form wieder und verbindet sie mit dem biographischen Material aus Trollopes Autobiographie, seinen Briefen und den Erinnerungen seines Bruders. Er behandelt auch die Reisebücher, die Biographien, die Skizzenbücher und einige von Trollopes Beiträgen für Magazine. Es ist eine Biographie, wenn ein Buch, dessen Schwerpunkt das Werk Trollopes ist, als Biographie gelten kann; ein Fachbuch, wenn eine man eine Übersicht über das Werk, die den Leser anregen will, selbst verbindende Linien zu entdecken, so nennen will. Vor allem aber ist es ein buntes Bilderbuch der reiselustigen, fortschrittsgläubigen, revolutionären viktorianischen Welt.

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Veröffentlichungsjahr: 2014

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Vorwort

Im Mittelalter unterschied sich das englische Parlament kaum von den Land- und Reichstagen anderer Länder. Neben dem Adel und der hohen Geistlichkeit gehörten der nur gelegentlich einberufenen Versammlung auch einige wenige Vertreter der Städte an. Wie in Deutschland verlor der König an Macht, aber anders als bei uns ging in England damit die Zentralgewalt nicht verloren, sondern auf das Parlament über. Im Oberhaus saßen die Peers und einige ihrer jüngeren Geschwister, die die kirchliche Laufbahn einschlagen hatten und Lord Bischöfe wurden. Ihre Erben begannen im Unterhaus. Sie wurden von den Grundbesitzern der Umgebung oder den Honoratioren abhängiger Städte (pocket boroughs) pflichtschuldigst gewählt.

Weil die Peerswürde reale Bedeutung hatte, galt ein strenges Erstgeburtsrecht. Über den mit dem Titel verbundenen Besitz (entailed property) durften die Peers nicht verfügen. Sie durften nichts veräußern und auch nicht testamentarisch darüber bestimmen. Nichtadlige Grundbesitzer (Squires) übernahmen diese Form der Besitzsicherung. „entail“ ist ein ganz wichtiger Begriff bei Trollope. In seinen Romanen sind einige Squires unglücklich, weil sie ihren Besitz nicht ihrer Tochter, ihrem unehelichen Sohn oder – wenn der ältere mißraten ist – einen jüngern Sohn hinterlassen können. Andere schwanken zwischen Neigung und gefühlter Pflicht, weil ihre Vorfahren nicht die entsprechenden erbrechtlichen Bestimmungem getroffen haben und sie selbst entscheiden müßen. Trollopes Zeitgenosse Ruskin verwendet entail in einen noch größeren Sinn: „Gott hat uns die Erde für unser Leben geliehen, unser Eigentum an ihr ist beschränkt (it is a great entail). Sie gehört denen die nach uns kommen… (The Lamp of Memory 9) – Für jüngere Söhne und die Mitgift der Töchter mußten aus den Erträgen angesparte Mittel und das, was die Mutter in die Ehe mitgebracht hatte, reichen. Die anglikanische Kirche war ein Versorgungsinstitut für jüngere Söhne der Aristokratie. Mit kirchlichen Ämtern war Besitz verbunden, von dessen Erträgen sie sehr gut lebten, den sie aber nicht veräußern oder vererben konnten. Die kirchlichen Pflichten wurden durch Hilfsgeistliche besorgt.

Nicht erst im 19. Jahrhundert geriet das System in die Krise. Industrien konnten nicht wachsen, weil die Grundbesitzer ihr Land (entailed property) nicht verkaufen konnten. In den Hafenstädten und dem industriell früh entwickelten Nordengland wandten sich die Menschen früh von der anglikanischen Staatskirche ab und gingen zu den Dissenterkirchen. Die anglikanische Kirche spaltete sich in High- und Low Church. Der prominenteste Vertreter der High Church, John Henry Newman, konvertierte 1845 zum Katholizismus. Die Armee, deren Offiziersstellen käuflich waren, versagte im Krimkrieg. (Der Krimkrieg ist auch deshalb der bisher einzige Krieg, dessen bekannteste Gestalt eine Frau, die in Deutschland als Krankenschwester ausgebildete Florence Nightingale, ist.)

In Romanen wurde die Not der Hilfsgeistlichen beklagt, die nicht heiraten konnten, während der nominelle Pfarr-Herr im Ausland seine reichen Pfründen verzehrte. Andere Romane dramatisierten die Grausamkeiten des Erstgeburtsrechts: Jüngere Söhne mußten darben, die Töchter konnten nicht heiraten, weil der mißratene Erbe alles verspielte. – Die wackeren Honoratioren der kleinen Städte wählten nicht mehr jeden Spieler und Säufer von Sohn, die ihnen der benachbarte Grundherr als Kandidaten vorsetzte. Die selbstbewußten Bürger aufstrebender Städte akzeptierten nicht länger, daß Städte, deren Blütezeiten Jahrhunderte zurück lag und die jetzt nur noch wenige Wähler hatten (rotten boroughs), im Unterhaus besser vertreten waren als ihre aufstrebenden Gemeinwesen. Die Söhne verarmter Peers heirateten die Töchter reicher Kaufleute, mitunter auch reiche Amerikanerinnen! Es wurden, teilweise begleitet von großen Demonstrationen, verschiedene reform bills verabschiedet. (Trollope zeigt – unter dem Eindruck des Hyde Park riot im Juli 1867 – solche Unruhen in Phineas Finn.) Die Wahlkreise wurden neu geordnet, das Wahlrecht (durch die Reform Acts von 1832 und 1867) immer weiter ausgedehnt. Allzu üppige kirchliche Pfründen wurden durch die Ecclesiastical Commissioners Acts ab 1840 beschnitten. Findige Anwälte fanden Mittel, erbrechtliche Bestimmungen zu durchlöchern und entailed property zu veräußern.

Trollope ist der Chronist des Wandels. Die Erzählung Mrs. General Talboys (1862), in der vom Recht auf Scheidung die Rede ist, konnte in einer von Thackeray herausgegebenen Zeitschrift nicht erscheinen. In The Belton Estate (1866) greift der Antiheld das neue Scheidungsgesetz an. Cousin Henry (1879) ist bereits Sohn einer geschiedenen Frau. – Aaron Trow (1862) wurde als Führer eines Arbeiteraufstandes verbannt, in Ralph the Heir (1871) kandidiert ein Vertreter der Arbeiterklasse für die Liberalen und in The Duke’s Children (1880) stellt es sich für den Helden als Irrweg heraus, wegen des drohenden Kommunismus für die Konservativen zu kandidieren.

Trollope ist der Chronist des Wandels. Er befürwortet ihn, aber er zeigt auch seine Ambivalenz. Er begrüßt jeden Fortschritt (im Bereich des Postwesens beansprucht er seinen Anteil), aber er beklagt, daß Nützlichkeit, Zweckmäßigkeit und Leistung das Ehrenhafte verdrängen. Junge Menschen wurden bei der Post nicht eingestellt, weil andere in speziellen Instituten für die Prüfung paukten! Gestandene Leute wurden jüngeren Spezialisten unterstellt! – Trollope verspottet gelegentlich weibliche Emanzipationsbestrebungen. Aber an anderen Stellen zeigt sich sein ernstes Anliegen, Frauen vor Ausbeutung zu schützen.

Niemand kann das System mit reichen, faulen Pfarr-Herrn und hungernden Hilfsgeistlichen, die alle Arbeit machen, verteidigen. Aber die Low Church- Reformer brachten enge, oft heuchlerische Frömmelei mit sich. Während die alten Kirchenmänner wie ihre älteren Brüder, die Squires, leben wollten, wurden jetzt wieder Kirchen gebaut! – Niemand kann es gutheißen, daß rücksichtslose Herrenreiter die Ernte zertrampeln. Doch die Erfordernisse der Fuchsjagd sorgten für den Erhalt von Wäldern. – Niemand will es gutheißen, daß Lord Soundso automatisch gewählt wird. Doch welche Interessen hat der Kaufmann, wie unabhängig ist der Anwalt, der an seiner Stelle ins Unterhaus einzieht? – Niemand kann ererbte Privilegien verteidigen. Aber ist die neue Teilung der Menschen nach „Leistung“ nicht gefährlicher als die frühere, mehr ornamentale nach ererbtem Rang?

Trollope atmete dieselbe Luft wie Karl Marx oder Charles Darwin. Er hat mehr von der Welt gesehenen als jeder andere Autor seiner Zeit. Seine Mutter lebte in Amerika und Italien, einer seiner Söhne in Australien. Er hat auch – in Irland während der großen Hungersnot, im Amerikanischen Bürgerkrieg und in einer Kommission, die notleidenden Autoren und ihren Hinterbliebenen half, – sehr viel Elend gesehen. Er hat erfolglos für das Parlament kandidiert. Als hart arbeitender Autor ist Trollope der Antipode solcher Genies wie Oscar Wilde (deren Werke nur wenige Bändchen füllen) und unzähliger sich überschätzender Kraftmeier. Seine Vielschreiberei stand seiner Übersetzung in andere Sprachen und einer angemessenen Würdigung in der Literaturgeschichte im Wege. Welcher Verfasser einer englischen Literaturgeschichte oder einer Abhandlung über den Viktorianischen Roman macht sich die Mühe auch nur die Hälfte seiner 47, oft sehr langen Romane zu lesen! Man sieht in Trollope oft nur den Autor der als Provinzposse und -idylle gelesenen Barchester-Romane. – Die regelmäßige Art, in der Trollope arbeitete (er selbst verglich das Romaneschreiben mit dem Schuhe machen), führte zu weiteren Vorurteilen. Aber ist nicht ein Autor, der morgens vor einem vollen Tag und einem in anregender Gesellschaft verbrachten Abend schnell vierzig Seiten schreibt, sehr viel wahrscheinlicher ein unmittelbarer Zeuge seiner Zeit, als jemand, der seine Werke bewußt und sorgfältig plant und dabei auf seine künstlerische Individualität größten Wert legt?

In einem Krimi (P.D. James, Tod an heiliger Stätte) wurde die Anfangsszene von Barchester Towers beschrieben. Ich fand das Buch in einer schönen Ausgabe, die ich mir bis zum Urlaub aufhob. Und so wurde ich im September 2009 in Heringsdorf Trollopianer! Noch im selben Urlaub fand ich in Greifswald einen anderen Trollope-Roman und in einem Band mit englischen Erzählungen, der mir in einen Antiquariat in die Hände fiel, war Trollope gleich doppelt vertreten. Nach dem Urlaub bestellte ich zwei weitere Bücher. Es gab nur noch die beiden auf deutsch, eines auch nur antiquarisch. Ich entschloß mich, die bisher nicht übersetzten Barchester-Romane im Original zu lesen. Und dann auch alle anderen Trollope-Romane… Und die Erzählungen, Briefe, Reisebücher und Biographien. Und die Werke seiner Zeitgenossen wie Thackeray, George Eliot und Wilkie Collins.

An Platons Dialogen und Ciceros Werken hatte ich eine bestimmte Art der Darstellung entwickelt, die ich auch auf Trollope anwende: Ich erzähle nach und zitiere, was mir wichtig erscheint. Ich verrate dabei, wie der Roman ausgeht. Ich nehme nicht an, daß allzu viele meiner Leser die Absicht haben, den ganzen Trollope zu studieren, deshalb macht das nichts.

Folgen Sie mir in Trollopes Welt! Reisen sie mit der Postkusche durch Irland, mit dem Schiff nach Amerika oder Australien – und mit der Underground Railway durch London! Tanzen Sie mit Feemy und Captain Ussher zu irischen Fiedeln in Ballycloran, mit Burgo und Lady Glencora auf einem Londoner Ball oder mit Marie Melmotte vor dem Kaiser von China… Tanzen sie Walzer mit Lotta Schmidt oder gar mit Lady George den Kappa-kappa…

Ich danke Jörg Peißker für seine Anregungen

Berlin-Friedrichshagen, den 22. September 2014

Hans Belde

Inhalt

 

Inhalt

Anthony Trollope (1815 – 1882)

Surveyor’s clerk in Irland – Die ersten Romane (1841 – 1851)

The Macdermots of Ballycloran (1847)

The Kellys and the O'Kellys (1848)

La Vendée (1850)

The Noble Jilt

Post-Missionen – Surveyor in Irland – Erfolge (1851 –1859)

The Warden (1855)

The New Zealander

Barchester Towers (1857)

The Three Clerks (1858)

Doctor Thorne (1858)

The Bertrams (1859)

The West Indies and the Spanish Main (1859)

Tales of all Countries. First Series. (1861)

Zurück in London – Die Magazine (1859 – 1867)

Framley Parsonage (1861)

Tales of all Countries. Second Series. (1863)

Orley Farm (1862)

North America (1862)

The Struggles of Brown, Jones, and Robinson (1870)

Rachel Ray (1863)

The Small House at Allington (1864)

Can You Forgive Her? (1864)

Miss Mackenzie (1865)

The Belton Estate (1866)

Hunting Sketches (1865)

Travelling Sketches (1866)

Clergymen of the Church of England (1866)

The Claverings (1867)

Abschied von der Post – Herausgeber des St. Paul’s Magazine – Unterhauskandidatur (1867 – 1871)

Nina Balatka (1867)

The Last Chronicle of Barset (1867)

Lotta Schmidt, and other Stories (1867)

Linda Tressel (1868)

Phineas Finn, the Irish Member (1869)

He Knew He Was Right (1869)

The Vicar of Bullhampton (1870)

An Editors’s Tales (1870)

The Commentaries of Caesar (1870)

Sir Harry Hotspur of Humblethwaite (1871)

Ralph the Heir (1871)

The Golden Lion of Granpère (1872)

Berufsschriftsteller und Weltreisender (1871 – 1875)

The Eustace Diamonds (1873)

Australia and New Zealand (1873)

Phineas Redux (1874)

Lady Anna (1874)

Harry Heathcote of Gangoil (1874)

The Way We Live Now (1875)

Twenty Letters to The Liverpool Mercury

The Prime Minister (1876)

The American Senator (1877)

An Autobiography (1883)

Schwindender Ruhm und letzte Anstrengungen (1875 – 1882)

South Africa (1878)

How the „Mastiffs“ Went to Iceland (1878)

Is He Popenjoy? (1878)

An Eye for an Eye (1879)

Thackeray (1879)

John Caldigate (1879)

Cousin Henry (1879)

The Duke’s Children (1880)

The Life of Cicero (1880)

Dr Wortle’s School (1881)

Ayala‘s Angel (1881)

Why Frau Frohmann Raised Her Prices and other Stories (1882)

The Fixed Period (1882)

Marion Fay (1882)

Kept in the Dark (1882)

Lord Palmerston (1882)

London Tradesmen

Mr. Scarborough’s Family (1883)

An Old Man’s Love (1884)

Nicht in Sammelbände aufgenommene Erzählungen

The Landleaguers (1883)

Epilog

Coverbild:

 

By Trollope (An autobiography (free pdf from archive.org))[Public domain], via Wikimedia Commons

 

Anthony Trollope (1815 – 1882)

 

Rev. Anthony Trollope, Rektor von Cottered und Vikar von Rushden in Hertfordshire, war der jüngste Sohn von Sir Thomas Trollope, 4. Baronet Trollope, von Casewick Hall in Lincolnshire. Er heiratete die Tochter des reichsten Mannes in seiner Gemeinde, Adolphus Meetkerke. Sein Sohn Thomas Anthony Trollope besuchte das Winchester College, studierte am New College in Oxford, wurde Fellow und ließ sich als Barrister in Lincolns Inn nieder. (Das New College wurde 1379 von William von Wykeham, Bischof von Winchester und Lordkanzler unter Edward III., gegründet.)

 

William Milton war der Sohn eines Sattlers aus Bristol. Er kam nach Winchester und Oxford, wurde Fellow und bekam später eine Pfründe, die das New College vergeben konnte. Er wurde Vikar von Heckfield. Er hatte eine besondere technische Begabung, entwarf Pläne für die Docks von Bristol und beschäftigte sich mit der Entwicklung sicherer Kutschen. Sein Sohn Henry wurde clerk (Angestellter, Beamter) im War Office. Mit seinen Schwestern Mary und Frances wohnte er in der Keppel Street, Bloomsbury. Dort besuchte ihn Thomas Anthony Trollope. Am 19. Juli 1808 sandte er Miss Frances Milton ein paar Verse von William Crowe (Crowe war im New College und deshalb „Wykehamist“.) Der Brief vom ersten November begann mit dem Bericht über das Treffen seines Debattierclubs. Thema war, ob man einen Heiratsantrag mündlich oder in einem Brief macht. Weiter unten schreibt er: „Mein gegenwärtiges Einkommen, was etwas unsicher ist, da es teilweise meinem Beruf entspringt, erreicht £900 per annum, aber knapp £200, die ich als Fellow von Oxford erhalte, entfallen, wenn ich [heirate und deshalb] nicht mehr Mitglied dieser Gemeinschaft sein kann.“ Miss Milton antwortete umgehend: „Alles, was ich unabhängig von meinem Vater habe, sind £1300. Gegenwärtig erhalten meine Schwester und ich je £50 pro Jahr von meinem Vater. Was er uns gibt, wenn wir heiraten, weiß ich wirklich nicht.“ Die weiteren Verhandlungen führten zu einem zufriedenstellenden Ergebnis, die Hochzeit fand am 23. Mai 1809 in Heckfield statt. (Frances war da schon dreißig!) Sie bezogen ein Haus in der Keppel Street. Zwischen 1810 und 1818 wurden sieben Kinder geboren: Thomas Adolphus (genannt Tom), Henry, Arthur William, Emily, Anthony, Cecilia und Emily. Die erste Emily starb kurz nach ihrer Geburt. Arthur William starb 1824. – In der Keppel Street waren oft italienische Exilianten zu Gast, darunter General Guglielmo Pepe, der nach seiner Rückkehr 1848 die hoffnungslose Verteidigung Venedigs gegen die Österreicher anführte.

 

Barrister wurden an die bar, vor die Schranken des Gerichts gerufen, um dort zu plädieren. Sie mußten sich in einen der vier Londoner Inns of Court niederlassen. Dagegen regelten Attorneys in alten Anwaltsfirmen überall im Land über Generationen hinweg die Angelegenheiten alter Familien. Sie waren darauf eingestellt, von einem Barrister belehrt zu werden, browbeating (wörtlich schlagen mit der Augenbraue, „einschüchtern“ scheint mir eine schwache Übersetzung für den schönen Ausdruck,) gehörte zum Handwerk. Doch bei Thomas Anthony Trollope kam noch eine spezielle Arroganz als Wykehamist hinzu. Er wurde immer seltener konsultiert. – Er wollte, daß seine Söhne auf seine alte Schule gehen. Aber die genauso angesehene public school Harrow nahm Söhne aus Familien, die in der Gemeinde leben, ohne Gebühren auf, und ein Kollege von ihm, John Herman Merivale, war der Schwiegersohn von Rev. Joseph Drury, des headmasters (Schulleiters) von Harrow. Merivales Söhne Herman, Charles und schließlich John besuchten Harrow. Nach dem Rückzug von Joseph Drury sollte 1805 sein Bruder Mark – ein manischer Büchersammler, der sich dafür hoch verschuldete – sein Nachfolger werden. Als statt dessen George Butler den Posten bekam, initiierte der junge Byron eine kleine Rebellion. Später idealisierte Lord Byron seine letzten anderthalb Jahre in Harrow und wollte dort sogar beerdigt werden! 1810 klagten Bürger aus Harrow mit dem Ziel, die Zahl der auswärtigen Schüler zu beschränken.

 

Thomas Anthony Trollope sah sich als Erben von Adolphus Meetkerke, dem Bruder seiner Mutter. Sein älterster Sohn war den Pächtern bereits als ihr zukünftiger Herr vorgestellt worden. Deshalb fühlte er sich zu einem Landsitz berechtigt, pachtete Grundbesitz in Harrow, darunter ein Feldstück, das wie Meetkerkes Anwesen Julians hieß, und baute ein großes Haus. Da war es ein schwerer Schlag, als sein vierundsechzigjähriger Onkel 1818, ein Jahr nach dem Tod seiner ersten Frau, noch einmal heiratete und aus dieser zweiten Ehe sechs Kinder entsprangen, die alle Aussichten auf das Erbe zerstörten! (In seinen Erinnerungen vermutet Tom Trollope, daß das nicht so gekommen wäre, wenn sein Vater, ein Liberaler, den konservativen alten Herrn nicht so oft vor den Kopf gestoßen hätte!) Julians mußte aufgegeben werden. Die Trollopes zogen in ein Farmhaus, Julian’s Hill, das in den nächsten Jahren beträchtlich erweitert wurde.

 

1822 verursachte Byron neuen Aufruhr, als er seine im Alter von vier Jahren verstorbene Tochter Allegra in Harrow beerdigen ließ. Harry Drury leitete die Trauerfeier. Der Vikar Cunningham verbot die Aufstellung einer Gedenktafel für das uneheliche Kind in der Kirche. Frances Trollope schrieb in byronscher Manier ein Poem „Lines Written on the Burial oft the Daughter of a Celebrated Author“. Sie spottet über den konservativen Verleger Murray, der ohnehin genug Schwierigkeiten mit seinem Autor hat, der ihm nun noch aus Italien die Kindsleiche zuschickte, und karikierte die Lehrer in Harrow. Dazwischen ein Anflug Tragik: „Seine Allegra war alles, was seine Ada sein sollte.“ – 1822 lernte Frances Trollope bei ihrem Bruder in London die reiche schottische Idealistin Frances Wright kennen. Im nächsten Jahr trafen Mr. und Mrs. Trollope Frances Wright in Paris. Sie stellte sie dem berühmten General La Fayette, Held des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges und der französischen Revolution, vor. La Fayette lud die Trollopes auf seinen Landsitz ein.

 

1827 veröffentlichte Thomas Anthony Trollope „A Treatise on the Mortages of Ships“ und widmete das Buch dem Premierminister Lord Liverpool. Doch seine Hoffnung, daß man an höherer Stelle auf seine Fähigkeiten aufmerksam wurde, erfüllte sich nicht. Im selben Jahr brach Frances Trollope mit Henry, ihren Töchtern und dem französischen Maler Auguste Hervieu nach Amerika auf. Sie wollten in der Nashoba Commune von Frances Wright in der Nähe vom Memphis mitarbeiten. Dort sollten freigekaufte Sklaven arbeiten und lernen, bevor sie nach Liberia gehen. Doch die Zustände in Nashoba waren desolat, es gab keine Schule, an der Hervieu hätte unterrichten könnten. Frances Wright und eine Zeitlang auch Henry Trollope schlossen sich Robert Owens utopischen Projekt New Harmony in Indiana an. Frances Trollope gehörte in Cincinnati zu den Gründern des Western Museums, einer Sammlung von Kuriositäten und einem Ort für Vorträge. Hervieu malte historische Kulissen und Henry wollte Latein lehren. Frances versuchte ein Kaufhaus aufzubauen. Ein Gebäude in einer Art maurischen Stil wurde errichtet. Thomas Anthony Trollope und Tom, der gerade die Schule abgeschlossen hatte, kamen 1828 zur Unterstützung. Sie blieben drei Monate. Henry kehrte 1830 nach Europa zurück. – Thomas Anthony Trollope scheiterte als Einkäufer für den „bazaar“ in Cincinnati ebenso wie mit der Bewirtschaftung der Farm und mußte Julian’s Hill und das Haus in London vermieten. Er zog in einfaches Farmhaus, Harrow Weald. Er litt unter schweren Kopfschmerzen, die er mit Kalomel (Quecksilberchlorid) behandelte. Wann immer es seine Gesundheit zuließ, arbeitete er an einer Encyclopaedia Ecclesiastica. Bis zu seinem Tod hatte er auf eigene Kosten drei Bände (von Abaddon bis Funeral Rites) veröffentlicht.

 

Anthony Trollope wurde am 24. April 1815 noch in London geboren. Er besuchte ab 1823 Harrow. Wie seine älteren Brüder vor ihm war er day-boarder, d.h. er wohnte zu Hause und nicht in der Schule. 1825 wechselte er in die Privatschule von Arthur Drury in Sunbury und 1827 (wieder, wie seine Brüder,) an das Winchester College. Dort hatte Anthony einen schweren Stand, da seine Schulgebühren nicht bezahlt wurden. 1830 mußte er Winchester verlassen. Er kehrte als day-boarder nach Harrow zurück. Die erste Zeit lebte er mit seinem Vater allein in Harrow Weald. Er hatte einen Schulweg von drei Meilen, den er viermal täglich zu Fuß zurücklegen mußte. Seine Brüder studierten in Oxford und Cambridge. (Henry blieb wegen seiner Gesundheit jedoch nur ein Jahr in Cambridge, und auch Tom schaffte nicht, einem Platz am New College zu gewinnen und Wykehamist zu werden.)

 

1831 kehrte Frances Trollope zurück. Sie brachte ein Buch mit, The Domestic Manners of the Americans, das, ein Jahr später veröffentlicht, ein sofortiger Erfolg wurde. Die Illustrationen stammten von Hervieu. Die Familie konnte bald wieder nach Julian’s Hill zurückkehren. Später planten sie, ins billigere Ausland zu ziehen. Anthony hatte bereits seinen Vater nach London zu einem Schiff nach Ostende gebracht, als (im April 1834) die bailiffs (Gerichtsvollzieher) nach Julian’s Hill kamen. Mit Ausnahme von Tom (der als Tutor in Oxford blieb), bezogen die Trollopes das Château d´Hondt, ein großes Haus vor der Porte St. Pierre in Brügge. Frances Trollope pflegte ihren Mann und ihren Sohn Henry, der krank aus Cambridge kam, während sie zugleich alle mit dem unaufhörlichen Schreiben von Büchern ernährte. Henry starb. Aus dieser Zeit stammt „Salmagundi – aliena, 1834“ ein Manuskript in Anthony Handschrift, das N. John Hall 1975 herausgab. Es enthält vier Gedichte: Ein zynisches Liebesgedicht, ein Spottgedicht aus dem Jahre 1814 über den Regenten und „Lines by Lady Caroline Lamb“. (Caroline Lamb hatte eine Affäre mit Byron; das Gedicht hatte eine gewisse Aktualität: „Ihr Ehemann – Lord Melbourne – ist im Moment Premierminister. August 1834.“, schrieb Trollope unter die Verse). Hauptstück der Sammlung ist das Poem seiner Mutter über Byrons tote Tochter. Trollope kommentierte einiges: „Die schöne Autorin vermischt Toryism and Cant [Konservativismus und Heuchelei] in einer ziemlich einmaligen und ungerechten Art. Aber sie hat inzwischen ihre Fehler erkannt. (…) Was Butler betrifft – ich erinnere mich wenig an ihn, außer daß er sehr streng zu den kleinen Jungs war und ein sehr uneffizienter Schulleiter war – und der Niedergang der Schule bis zu seinem Rückzug anhielt. (…) All das ist wirklich wahr, und eine Versammlung gelehrter Männer in Harrow stimmte darin überein, daß keine Tafel zum Andenken an Allegra Byron aufgestellt werden sollte, aus Furcht die Keuschheit der Jungs zu verletzen. Die Drurys hatten damit natürlich nichts zu tun.“ Anthony arbeite ein paar Wochen als Hilfslehrer in Brüssel (an einer Schule, die der wegen seiner Schulden aus Harrow geflüchtete William Drury führte), dann fand seine Mutter für ihn eine Stelle im General Post Office.

 

Das General Post Office hatte 1828 ein imposantes neues Hauptquartier in St. Martin’s-le-Grand bezogen. In seiner Autobiographie erzählt Trollope, wie er einmal abends als einziger clerk im Haus war, als die Königin von Sachsen das Gebäude besichtigen und die Abfahrt der Postkutschen beobachten wollte. Er führe sie herum, sein Stolz wurde danach jedoch arg verletzt, als die Königin nach Beratung mit den Damen ihrer Begleitung ihm ein Trinkgeld anbot! – Mit John Merivale und Walter Awdry wanderte Trollope übers Land. Als „Tramp Society“ terrorisierten sie stille Dörfer durch ihre lärmende Heiterkeit und spielten ausgebrochene Wahnsinnige. Die Ideen stammten von Awdry, einen Schulfreund aus Winchester, der zugleich „schüchtern bis zur Furcht vor einen Frauenkleid war“. (Awdry starb als Hilfsgeistlicher jung und in Armut, Trollope nennt ihn deshalb in A Autobiography nur mit seinen Initialen.) Während dieser Zeit steckte Trollope immer in Schulden. Aus einer Schneiderrechnung von zwölf Pfund und vier Pfund in bar wurde in den Händen eines Geldverleihers bei den wiederholten Erneuerungen eine Forderung, für die er zuletzt über 200 Pfund zahlte!

 

1835 reisten Frances und Thomas Anthony Trollope nach Paris, im Mai folgte für einen Monat Tom. Frances sammelte Material für ihr Buch Paris and the Parisians. Nach ihrer Rückkehr nach Brügge starb Thomas Anthony Trollope und wurde an der Seite seines Sohnes Henry beigesetzt. Danach kehrte Frances Trollope mit den Töchtern Cecilia und Emily nach England zurück und kaufte ein kleines Haus in Hadley.

 

In seinem ersten erhaltenen Brief vom 24. 5. 35 bat Anthony Trollope einem Verleger, mit dem er als Bote seiner Mutter zu tun hat, um die Veröffentlichung einer eigenen Arbeit. Am 12. 2. 36 benachrichtigt Anthony seinen Bruder von Emilys Tod in Hadley: „Es ist alles vorbei. (…) Ihre geringe Kraft nahm immer mehr ab, und ihr Atem verließ sie ohne die geringste Konvulsion, und ohne ihr Gesicht zu verändern. Wäre nicht die aschfahle Farbe, würde ich denken, sie schliefe. Ich sah nie etwas friedlicheres (…). Es ist besser so, als das ihr Leben verlängert würde, um denselben Todeskampf wie Henry zu erleiden.“ Tom konnte Anfang 1837 als Lehrer an der King Edward’s School in Birmingham anfangen. Doch bereits anderthalb Jahre später gab er die Stelle auf, um seine Mutter auf ihren Reisen zu begleiten.

 

Anthony stellte seiner Mutter und seiner Schwester John Tilley vor. Tilley war schon fünf Jahre länger im General Post Office. Im Februar 1839 heiratete er Cecilia. Tilley wurde Surveyor for the Northern District of England und ließ sich in Penrith, im Lake District, nieder. Frances Trollope kam, als sie in Nordengland Material für Michael Armstrong (den ersten Roman über die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse) sammelte, nach Penrith und beschloß, dort einen Altersitz für sich zu bauen. Tom reiste mit Hervieu durch Frankreich, dabei entstand das Buch A Summer in Brittany.

 

Während ihr Haus in Penrith entstand, lebte Frances Trollope in Paris. Sie sah die Berühmtheiten der Metropole und wurde König Louis Philippe, der ihr Amerikabuch gelesen hatte, vorgestellt. Anfang 1840 durfte Anthony – während Tom für ein weiteres Reisebuch die Vendée erkundete – sie einen Monat in Paris begleiten. Kurz nach seiner Rückkehr nach London konnte er in den Zeitungen lesen, daß seine Mutter Lady Rosina Bulwer vor einem Pariser Gericht zur Seite stand. Die Anwälte ihres Mannes, des Schriftstellers Edward Bulwer, später Lord Lytton, hatten versucht, ihr Papiere zu stehlen, um ihr einen schlechten Charakter nachzuweisen und sie so vom Umgang mit den Kindern auszuschließen.

 

Als Frances Trollope im Juni wieder nach London kam, fand sie ihren Sohn schwer krank: „Mein armer Liebling liegt in einem Stadium, daß die Kenntnisse der Ärzte herausfordert und mir in meiner Unwissenheit Rätsel auf gibt. Er leidet hauptsächlich an Asthma, aber sie sagen, das kann nur ein Symptom und nicht die Krankheit sein. Sein Gewicht und seine Kraft sind furchtbar reduziert. Ich bin sicher, wenn Sie ihn sehen würden, würden Sie nicht einmal eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Wesen finden, das uns vor genau drei Monaten in all dem Stolz der Jugend, Gesundheit und Kraft verlassen hat“, schrieb sie Lady Rosina. Sie zog zur Behandlung Dr. John Elliotson heran. Elliotson interessierte sich für den Mesmerismus, zwei junge Mädchen, die ihn als Medium besonders geeignet erschienen, die Okey Girls, lebten in seinem Haus. Tom Trollope schreibt in seinen Erinnerungen, daß die Okey Girls sehr oft Anthony in seinen lodgings besuchten und ihm mit ihrer Sehergabe versicherten, daß er sich erholen werde. (Wegen der Mädchen hatte Elliotson seine Stellung an der Universität verloren, und auch Mrs. Trollope wollte sie später „den Klauen von Dr. Elliotson entreißen“.) Nach den Akten der Post war Anthony Trollope von Mitte Mai bis 4. September krank. Im Herbst besuchte er kurz seine Mutter und die Tilleys in Penrith. – In seinen Aufzeichnungen aus diesen Jahren, dem Commonplace Book, schrieb Trollope am 19. Dezember 1840 über Bulwers sehr erfolgreiche Romane: „Er hat einen Charakter entworfen – aus Alkibiades und Sardanapal – und hat die Mischung auf ewige Stelzen gestellt. Der Mann ist immer derselbe, ob als Mörder, erfolgreicher Revolutionär, englischer Edelmann oder Straßenräuber. Rienzi und Eugene Aram, Godolphin & Glaucus [aus The Last Days of Pompeii] (…) sind alles dieselbe Person. Alle verdammt gentlemanlike, ausgesprochen clever, sehr vornehm, ritterlich und mutig bis zum äußersten, erfolgreich in ihren Liebschaften & vollkommen unnatürlich.“

 

Surveyor’s clerk in Irland – Die ersten Romane (1841 – 1851)

 

Trollopes Gehalt war in sieben Jahren von 90 auf 140 Pfund im Jahr gestiegen, als er sich um eine Stellung in Irland bewarb. Als Surveyor’s clerk betrug sein Gehalt zwar nur 100 Pfund, aber er bekam seine Reisekosten so großzügig vergütet, daß er nach Abzug der Kosten über 400 Pfund im Jahr hatte. Der surveyor, zu dem er geschickt wurde, hielt eine Hundemeute, und deshalb verschob Trollope die Tilgung seiner in London zurückgelassenen Schulden und kaufte sich ein Jagdpferd. Damit begann eine lebenslange Leidenschaft.

 

Trollope war zuerst in Banagher dem Central District, später in Cork dem südlichen Distrikt zugeteilt. Er reiste von einem Ort zum anderen, kontrollierte Abrechnungen und ging Beschwerden nach. – Von Banagher aus besuchte Trollope Coole Park, das Anwesen von William Gregory. Gregory war zur selben Zeit wie Trollope in Harrow. 1842 gab er 9000 Pfund aus, um als Vertreter von Dublin in das Unterhaus gewählt zu werden. In Coole Park lernte Trollope auch Charles Lever, Arzt und Autor populärer irischer Romane kennen. Nachdem Lever drei Jahre als Arzt in Brüssel gelebt hatte, war er nach Irland zurückgekehrt, um Herausgeber des Dublin University Magazine zu werden. – Als John Merivale Anthony 1843 ein paar Tage besuchte, entdeckten sie in Drumsna eine Ruine, die ihn zu seinen ersten Roman inspirierte.

 

Im Sommer 42 lernte Trollope in Kingstown (heute Dún Laoghaire), einen Hafen südlich von Dublin, wo die Postschiffe ankamen, die zwanzigjährige Rose Heseltine kennen, die dort mit ihrem Vater und ihrer Schwester Urlaub machte. Ihre Mutter war vor einem Jahr an den Folgen eines Eisenbahnunglückes gestorben. Nachdem Mr. Heseltine eine zweite Ehe geschlossen hatte, konnte am 11. 6. 44 Anthony Trollope Rose in ihrer Heimatstadt Rotherham in Yorkshire heiraten. 1846 und 1847 wurden in Clonmel, Tipperary, die Söhne Henry Merivale und Frederic geboren. Bürgermeister von Clonmel war Charles Bianconi. Bianconi war mit einem Landsmann, der billige Heiligenbilder verkaufte, aus Italien nach Irland gekommen. Nach der Schlacht von Waterloo kaufte er billig Armeepferde auf und richtete einen Linienverkehr mit Pferdeomnibussen in Irland ein. Die Bianconi coaches beförderten auch Post, so daß Trollope viel mit ihm zu tun hatte.

 

Seine berühmte Mutter trug 1845 das Manuskript von Anthonys Erstling The Macdermots of Ballycloran zu dem Verleger Newby, der bereits irische Romane herausgebracht hatte. Anthony sollte nach Deckung der Kosten die Hälfte des Profites erhalten. Es dauerte zwei Jahre, bis das Buch erschien, und er bekam nie eine Abrechnung. Er erfuhr auch nicht von einigen günstigen Besprechungen. (Wenigstens verlangte der Verleger von ihm nicht – wie von Emily Brontë, deren Wuthering Heights im selben Jahr bei Newby erschien – 50 Pfund Druckkostenzuschuß. Später brachte Newby Adam Bede junior, eine unautorisierte Fortsetzung von George Eliots Sensationserfolg heraus.) The Kellys and the O'Kellys erschienen bei Colburn, einem der Verleger von Frances Trollope. Schon nach vier Monaten schrieb er dem Autor, daß sich das Buch nicht verkauft, die Leser mögen keine Romane mit irischen Themen. Aber er nahm La Vendée.

 

In dieser Zeit war Irland Schauplatz einer großen Katastrophe: Dank der billigen Kartoffel war die Bevölkerung der Insel auf weit über acht Millionen angewachsen. Die Kartoffelfäule führte ab 1845 zu einer Hungersnot, der ungefähr eine Millionen Menschen zu Opfer fielen. Etwa genauso viele Menschen verließen ihre Heimat. In Trollopes Briefen findet sich davon nichts. (Im Frühjahr 1848 schreibt er seiner Mutter, daß in Irland von Unruhen nichts zu merken ist; er liest davon nur in der Times. Allerdings sind nur wenige Briefe aus dieser Zeit erhalten.) Im Londoner Examiner verteidigt Trollope in einigen Briefen über The Real State of Ireland die Maßnahmen der Regierung zur Linderung der Not.

 

Als ein verdächtiger Postmeister im Südwesten von Irland behauptete, den Schlüssel einer Schublade verlegt zu haben, trat Trollope sie auf und fand vermißte Briefe. Im Jahr 1848 überführte er mit einer markierten Münze Mary O’Reilly, die Assistentin des Postmeisters von Tralee, des Diebstahls. Bei dem Prozeß wurde er von ihrem Verteidiger Isaac Butt, dem späteren Führer der irischen Partei im Unterhaus, ins Kreuzverhör genommen. Butt zitierte aus der Gerichtszene in The Macdermots: „>Wenn die Wappenfigur über den Kopf des Richters Ohren, um zu hören, und eine Zunge, um zu sprechen hätte, was für einen indifferenten Bericht würde sie über das Gewissen der Richter und die Aufrichtigkeit der Anwälte geben.< [Lachen] Ist das auch jetzt ihre Meinung? / Ich bin darin eher bestärkt worden. [Gewaltiges Gelächter] / >Er sagte ihnen, was er zu sagen hätte wäre sehr kurz, und, wenn man bedenkt, daß er ein Anwalt war, hielt er sich daran mit tolerierbarer Genauigkeit.< [Lautes Lachen] Sie haben sich einen Bilderbuch-Kreuzverhörer gemalt? / Ich habe von einen wie ihnen im Kreuzverhör geträumt.< [Gelächter]“ So der Bericht des Tralee Cronicle vom 31.3.49. Letztendlich zog jedoch Trollope den Kürzeren, die hübsche junge Frau hatte die Sympathien auf ihrer Seite und wurde nicht verurteilt.

 

1843 hatte Frances Trollope ihr Haus in Penrith verkauft, nach den aufregenden Jahren in Paris erschien ihr ein Leben in Cumberland doch zu einsam. Ein Jahr später ließ sie sich in Florenz nieder. Den Winter 47/48 verbrachte Cecilia Tilley zur Besserung ihrer Gesundheit mit ihrer Mutter und ihrem Bruder Tom in Rom. Es half nichts. – Tom heiratete 1848 Theodosia Garrow. Ihr Vater war in Indien als Sohn eines englischen Offiziers und einer Inderin geboren. Seine Frau, ein Jüdin, war dreiundzwanzig Jahre älter als er und sehr reich. Bei Theodosias Geburt war Mrs. Garrow bereits acht- oder neunundfünfzig, man vermutet deshalb, daß Theodosias Mutter in Wirklichkeit Harriet Fisher, Mrs. Garrows Tochter aus ihrer ersten Ehe, war. Mrs. Garrow und Harriet Fisher hinterließen Theodosia ihr ganzes Vermögen und ermöglichten es Tom, in Florenz ein großes Haus zu führen, Kunst zu sammeln und ohne Rücksicht auf den kommerziellen Erfolg Bücher über Gegenstände aus der italienischen Geschichte zu schreiben.

 

Tilley wurde Assistent Secretary of the Post Office und zog wieder nach London. Im Februar 49 besuchten ihn dort Anthony und Rose Trollope. Am 7. 4. 49 schreibt Anthony Tilley: „Mein lieber John, ich kann nicht sagen, daß mich Dein letzter Brief sehr traurig gemacht hat. Ich war seit Cecilias letztem Rückfall sicher, daß sie sich nicht mehr erholt. Ich habe ihr gewünscht, daß ihre Leiden enden (…). Es tut mir Leid, daß ich nicht sofort reisen kann, um am Dienstag bei Dir zu sein – aber ich kann es nicht, ohne mich in Bezug auf Geld so in Not zu bringen, wie es selbst dieser Anlaß nicht rechtfertigen würde. Es ist ein großer Trost für mich, daß ich sie so kurz vor ihrem Tod gesehen habe.“ Die Trollopes nahmen Cecilias Tochter Edith bei sich in Mallow, Cork, auf, bis sie nach Tilleys zweiter Heirat zu ihrem Vater und ihrer neuen Mutter, einer Cousine von Cecilia, zurückkehrte. Vier von Cecilias fünf Kindern starben in den nächsten Monaten an der Schwindsucht. Nur Edith erreichte ein hohes Alter. Tilleys zweite Frau starb nach nur zehnmonatiger Ehe, kurz nach der Geburt eines Sohnes.

 

Nach dem Mißerfolg seiner ersten drei Romane schrieb Trollope ein Theaterstück, The Noble Jilt, das jedoch weder gedruckt noch aufgeführt wurde. (In seiner Autobiographie erzählt Trollope, wie seine Komödie von dem Schauspieler und Theaterdirektor George Bartley kritisiert wurde – und daß er den Plot danach in dem Roman Can You Forgive Her? benutzte. Erst 1923 gab Michael Sadleir die Komödie heraus und überliefert dabei auch Bartleys Brief vom 18. 6. 1851.) – Im Dublin University Magazine veröffentlichte Trollope einen Artikel über Charles Merivales History of the Romans under the Empire.

 

The Macdermots of Ballycloran (1847)

 

Der Autor hatte nach Erledigung seiner Amtspflichten in Drumsna, Westirland, Zeit bis zur Weiterfahrt, sah ein verfallenes Herrenhaus und hörte später in der Postkutsche dessen Geschichte: Vor sechzig Jahren hinterließ ein Macdermot, Nachfahr von König sowieso, seinem jüngeren Sohn Thaddeus oder Thady etwas Land. Der ließ von Mr. Flannelly, einem Bauunternehmer aus Carrick, das Haus errichten, konnte es aber nicht bezahlen. Flannelly bot Thadys Sohn Lawrence an, wenn er seine Tochter heiratet, bekommt er sein eigenes Haus als Mitgift. Larry lehnt ab, heiratete eine Frau mit dem richtigen Blut und bekam zwei Kinder. Den Sohn nannte er nach seinem Vater, die Tochter Euphemia, kurz Feemy.

 

Als die Handlung beginnt ist Larry, noch keine fünfzig Jahre alt, gebrochen und senil. Noch vor Weinachten wird ein Wechsel über 147 Pfund fällig! Thady fragt Pat Brady, wen er von seinen Pächtern auf dem Markt in Mohill gesehen hat. Wer hat etwas verkauft, von wem könnte man die Pacht eintreiben? – Zu Father John McGrath kommt am selben Morgen Denis McGovery. Er will am nächsten Abend Pats Schwester Mary heiraten. Dann trifft Father John Thady, mit dem er ein ernstes Gespräch führen muß. Mit Feemy und Captain Ussher kann es so nicht weitergehen. Miles Ussher ist der Chef der für die Verfolgung von Schwarzbrennern zuständigen Polizei. Father John hätte nichts dagegen, daß Feemy Ussher heiratet, auch wenn er Protestant ist. Aber das er weiter so bei ihr ein- und ausgeht, ohne das ein Hochzeitstermin festgesetzt sei, gehe nicht an. Doch Feemy läßt sich weder von ihrem Bruder noch von Father John etwas sagen. – In Mohill wirkt die allgegenwärtige Armut noch viel drückender als auf dem Land. Der Grundherr, Lord Birmingham, ist ein Philanthrop. In London engagiert er sich in vielen wohltätigen Vereinen, nur nach Irland kommt er nie. In Mrs. Mulreadys unlizenzierter Kneipe trifft sich abends Pat Brady mit einigen Männern. Jeder hat einen Bruder, der von Ussher gefaßt wurde.

 

Am nächsten Tag besucht Mr. Hyacinth Keegan, der Anwalt und Schwiegersohn des alten Flannelly, Ballycloran. Er bietet Larry Macdermot wöchentlich ein Pfund an, wenn er ihm das Anwesen abtritt. Thady versucht zu handeln, doch Keegan will nicht mehr geben und Larry will von alledem überhaupt nichts hören. Als Thady Keegan hinterherläuft, muß er hören, wie dieser Feemy als Usshers Mätresse beschimpft. – Denis McGovery warnt Captain Ussher, daß Pat Brady einige seiner Feinde zu der Hochzeit eingeladen hat. Ussher kommt trotzdem. Während der Fiedler wie verrückt aufspielt und Ussher, Feemy und andere wie verhext tanzen, verabredet sich der immer betrunkener werdende Thady zu einem Treffen in Mrs. Mulreadys Kneipe. Er fragt die Brüder der verhaften Schwarzbrenner, alles Pächter seines Vaters, ob sie lieber Keegan Pacht zahlen wollen. – Am Morgen nach seiner Hochzeit erzählt Denis McGovery Father John, daß sich Thady mit den Mulreadyites zu Keegans Ermordung verabredet hat. Father John redet ihm ein, er habe sich verhört, erreicht mit klug dosierter Strenge, daß Thady nicht zu den verabredeten Treffen geht, und sorgt dafür, daß Feemy für vierzehn Tage zu den McKeons eingeladen wird, wo sie unter Aufsicht von Mrs. McKeon steht. Aber es ist zu spät. Ussher wurde befördert und zugleich nach Cashel versetzt. Er erzählt Feemy, er kann sie erst heiraten, wenn er sich seiner Stellung dort sicher ist. Sie will ihm auch ohne Heirat folgen.

 

Tony McKeon hat viel Land gepachtet, das er weiterverpachtet. Er baut und repariert Straßen und Brücken, ist ein standfester Trinker und ein großer Freund des Pferdesports. Bei einem Rennen in Carrick siegt sein Pferd. Am selben Abend findet ein Ball statt, den Feemy mit Mrs. McKeon und ihren Töchtern besucht. Hier verabredet sie sich mit Ussher für ihre Flucht. Sie unterbricht ihren Besuch in Drumsna und kehrt für eine Nacht nach Ballycloran zurück. Als Thady wie jeden Abend die Ställe überprüft, hört er etwas. Er bewaffnet sich, um den Einbrecher zu stellen, sieht Ussher die vor Aufregung bewußtlose Feemy in seinen Wagen heben und erschlägt ihn. Danach flieht er – trotz seines Father John gegebenen Wortes – auf Pat Bradys Rat zu den Mulreadyites. Doch in der Einöde, wo sie ihn verstecken, hält er es nicht aus. Er flüchtet zu Father John und stellt sich der Polizei. Im Gefängnis muß er sechs Monate auf die nächsten Assizes (Gerichtstage) in Carrick warten.

 

Keegan treibt im Namen seines Schwiegervaters als neuen Herrn von Ballycloran nicht nur die laufenden Pachten, sondern auch die alten Schulden der Pächter ein. Den wahnsinnigen Larry kann er allerdings nicht aus dem Haus schaffen. Die Mulreadyites überfallen Keegan und verstümmeln ihn. – Father John überredet die McKeons, die kranke Feemy wieder aufzunehmen. Mrs. McKeon entdeckt, daß Feemy schwanger ist. (Es folgen zwei Kapitel, die in der 1860 erschienen Ausgabe gestrichen wurden: Father John bettelt um Geld für Thadys Verteidigung und reist in einer überfüllten Postkutsche in das alte Dublin – nach Trollope hatte sich seitdem viel zum Guten gewandelt –, um sich mit dem Anwalt zu besprechen. Mr. O´Malley, der Anwalt, hat schon gehört, daß, nachdem Usshers Nachfolger sich einschüchtern ließ, viele zur Abschreckung Thady hängen sehen wollen. Sie müssen beweisen, daß Thady nur seine Schwester schützen wollte und kein Verschwörer ist!)

 

Endlich kommt der Wanderzirkus aus Richtern und Anwälten nach Carrick, und nach anderen Streitsachen beginnt Thadys Prozeß. Der Kronanwalt und Mr. O´Malley vernehmen Pat Brady. Thadys Verteidiger will zeigen, daß Brady von Keegan bestochen wurde und vernimmt anschließend auch Keegan. Usshers Kumpane sagen aus, daß dieser kein Geheimnis daraus machte, daß Feemy mit ihm durchbrennen wollte. Thady hätte davon hören können. Als letzte Zeugin soll Feemy aussagen. Doch sie bricht in dem Vorraum, wo sie wartet, zusammen und stirbt. (Der eine Satz, wonach sie eine Fehlgeburt erlitt, wurde in der zweiten Auflage gestrichen.) Father John hört entsetzt, wie Larry seinen Sohn verflucht, als er ihm von Feemys Tod berichtet, er muß Thady belügen, weil er ihn nicht unnötig damit quälen will, daß Feemy sich hatte verführen lassen, und als Thady zum Tode verurteilt wird, muß dieser ihn trösten. – Kein einziger Gaffer quält Thady bei seiner Hinrichtung. Dafür sorgen auch die Mulreadyites, indem sie den Weg zum Gefängnis sperren.

 

The Kellys and the O'Kellys (1848)

 

In der ersten Szene sehen wir Anfang 1844 John und Martin Kelly in einer großen Menschenmenge in Dublin. An diesem Tag beginnt die Verteidigung von Daniel O’Connell, der riesige Versammlungen (Monster Meetings) organisiert hatte, um die Auflösung der Union mit Großbritannien zu fordern und deshalb angeklagt wurde. Während sie auf Einlaß in das Gericht warten, unterhalten sie sich über Martins Pläne. Er will Anastasia Lynch heiraten und dazu das Einverständnis seines Grundherrn, Lord Ballindine, einholen. Die geplante Verbindung ist aus vielen Gründen problematisch. Anty ist zehn Jahre älter als Martin. Aber sie hat vierhundert Pfund im Jahr! Martin sagt, ohne ihr Erbe würde er sie sicher nicht heiraten. Aber wenn er gar nichts für sie empfinden würde, würde er sie auch nicht heiraten, wenn sie doppelt so viel besäße!

 

Im Jahr 1800 – als man die irischen Peers bestach, um ihre Zustimmung zur Union zu erhalten – wurde ein O’Kelly zum Viscount Ballindine gemacht. Sein Erbe hat sich am englischen Hof aufgehalten und die Verwaltung seines Besitzes Simeon Lynch überlassen – mit der Folge, daß zuletzt fast alles Sim Lynch gehörte! Die Lynch‘ sind Protestanten, nur Anty wurde im Glauben ihrer vor zwanzig Jahren verstorbenen Mutter erzogen. Vater und Sohn wollten daraus Gewinn ziehen, indem sie sie dazu drängten, Nonne zu werden. Doch Anty weigerte sich. In seinem letzten Testament teilte Simeon Lynch sein Erbe zu gleichen Teilen zwischen Barry und Anty. Wenn er nicht kurz danach gestorben wäre, hätte er das im Zorn aufgesetzte Testament sicher wieder vernichtet. Für Barry bedeutet es, daß er kaum seine Schulden zahlen kann. Am besten wäre es, wenn Anty stirbt! Als er von ihrer Verbindung mit Martin Kelly hört, prügelt er sie, völlig betrunken, fast zu Tode. Anty flieht in das Hotel in Dunmore, das Martins Mutter gehört. – Barry engagiert Mr. Daly, einen jungen, scharfen Anwalt. Diesem ist nicht wohl dabei. Doch, wenn er es nicht macht, übernimmt es ein anderer. Vielleicht kann er das Schlimmste verhindern.

 

Francis O’Kelly, Lord Viscount Ballindine, ist mit Fanny Wyndham verlobt. Diese lebt bei ihrem Vormund, den Earl of Cashel, auf Grey Abbey, einem großen, häßlichen Schloß, das Besucher dienstags und freitags zwischen 11 und 16 Uhr besichtigen können. Obwohl Frank in der Nähe ist, um sich um sein Rennpferd Brien Boru zu kümmern, meidet er Grey Abbey. Er hat Angst vor Lord Cashel und will Fannys Volljährigkeit abwarten. Erst als er von anderen hört, das seine Verlobung aufgelöst sei, reitet er hin. Der Earl empfängt ihn in seiner düsteren Bibliothek, fragt ihn: Hat er es schon gehört? Frank ist unsicher. Meint er die angebliche Auflösung der Verlobung? Lord Cashel schließt aus seiner Reaktion, daß Frank schon gehört hat, daß Fannys Bruder gestorben ist und sie statt zwanzigtausend Pfund die sechsfache Summe hat. Jetzt treibt ihn die Geldgier her! Er ist empört und verbietet ihm, Fanny zu sehen. Er ist hochbefriedigt, wie gut er sich um sein Mündel kümmert. Dann kommt ihm der Gedanke, daß Fanny jetzt eine gute Partie für seinen Sohn wäre! Mit ihrem Geld könnte er seine Schulden zahlen! Er bestellt seinen Sohn, Lord Kilcullen, aus London her. Der ist ganz cool. Er erklärt sich gnädig bereit, Fanny zu heiraten, wenn sein Vater zuvor seine dringendsten Schulden, unvorstellbare achtzigtausend Pfund, bezahlt! – Fanny hatte tatsächlich in einem schwachen Moment zugestimmt, daß sie Frank nicht heiraten kann. Ihre Mittel reichten nicht für ein standesgemäßes Leben. Doch jetzt hat sie Geld!

 

Zurück nach Dunmore: Mr. Daly hält Barry von dem Versuch ab, Anty für unzurechnungsfähig erklären zu lassen. Er diktiert Barry statt dessen einen höflichen Brief an seine Schwester. Er kauft ihren Verwalter: Wenn er eine Verschwörung zu dem Zweck, Anty zu berauben, bezeugt, soll er auch die Verwaltung von Barrys Teil bekommen. Doch als sich Mrs. Kelly und Anty nicht einschüchtern lassen, überredet er Barry, sich mit Martin Kelly zu verständigen. – Aber Anty ist eingeschüchtert und ängstlich. Sie erkrankt schwer.

 

Frank trennt sich schweren Herzens von Brien Boru und kehrt nach O’Kellys Court zurück. Dort veranstaltet er als Master of the Hounds eine Jagd. Während seine Schwestern den Gästen Tee und Kaffee reichen, bittet er dem als Zuschauer hergebetenen Martin Kelly um ein Darlehen. Bei der Jagd blamiert sich Barry, indem er in die Meute reitet. Franks schwerverletzter Lieblingshund Goneaway muß danach getötet werden. – Später hört Frank, daß Fanny Lord Kilcullen heiraten soll. Da ihm das Haus verboten wurde, will er Mr. Armstrong, den protestantischen Geistlichen, nach Grey Abbey schicken, um Fanny eine Nachricht zukommen zu lassen. Mr. Armstrong muß sich jedoch erst einmal anständige Kleidung machen lassen.

 

In Grey Abbey haben Adolphus (wie Lord Kilcullen mit Vornamen heißt) und Fanny gegenüber dem wichtigtuerischen Lord Cashel und den von ihm eingeladenen Gästen dieselben Gefühle. Zumindest das verbindet sie. Als Lord Kilcullens Gläubiger ihn und seinen Vater immer mehr bedrängen, macht er Fanny einen Antrag und wird abgewiesen. Er hat noch ein Gespräch mit seinem Vater in der düsteren Bibliothek, dann flüchtet er ins Ausland.

 

Als es Anty wieder besser geht, versucht Barry Lynch Dr. Colligan, Antys Arzt, zu überreden, seine Schwester zu ermorden. Doch der Doktor macht nicht mit und erzählt Lord Ballindine davon. Frank, Mr. Armstrong, Martin Kelly und Dr. Colligan suchen Barry auf und treiben ihm mit der Drohung einer Mordanklage aus dem Land.

 

Erst jetzt kann Mr. Armstrong nach Grey Abbey reisen. Lord Cashel nutzt die Gelegenheit, ihn in seiner Bibliothek mit einer Ansprache zu empfangen. Natürlich darf Lord Ballindine jetzt Fanny heiraten; die glanzvolle Hochzeit der Nichte soll den Ruin des Sohnes vergessen machen. Beim Dinner ist Mr. Armstrong entsetzt von seinen Kollegen Mr. O'Joscelyn, der alle Papisten für Teufel hält und enttäuscht ist, daß mit O’Connell nicht auch einige katholische Geistliche verurteilt wurden! Mr. Armstrong wartet nicht auf Franks Eintreffen, sondern reist so schnell wie möglich ab. – Frank kann gegen Lord Cashel durchsetzen, daß Fannys Geld nicht fest angelegt, sondern zur Entschuldung und Wiederherstellung des Familienbesitzes verwendet wird. Brien Boru gewinnt das Derby. Martin heiratet Anty. Trotz verständlicher Vorbehalte ziehen sie in das große, von Sam Lynch erbaute Haus.

 

La Vendée (1850)

 

De Lescure, Henri de Larochejaquelin und Adolphe Denot, drei junge Männer aus dem Poitou, hören in Paris vom Sturm auf die Tuilerien und beschließen, die Stadt zu verlassen. – Ein halbes Jahr später wiedersetzt sich in St. Florent der Stallknecht Peter Berrier seiner Einberufung zum Militär. Die Hinrichtung des Königs und die Vertreibung der Priester, die sich geweigert hatten, den Eid auf die neue Verfassung zu leisten, haben die Bewohner der kleinen Stadt gegen die Regierung aufgebracht. Sie umringen Berrier, als ihn die Soldaten abführen wollen. Es kommt zu einem blutigen Kampf, in dem die Bürger siegen. Dank der Tapferkeit und des Geschicks des Postillions Cathelineau erbeuten sie eine Kanone.