Leise rieselt das Glück - Debbie Macomber - E-Book

Leise rieselt das Glück E-Book

Debbie Macomber

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Beschreibung

Eine zauberhafte Liebesgeschichte im charmant kleinen Handtaschenformat!

Merry hat keine Zeit für die Liebe, schon gar nicht so kurz vor Weihnachten. Sie kümmert sich aufopferungsvoll um ihre Mutter und ihren Bruder, backt Plätzchen, dekoriert das Haus, und auch in ihrem Job geht es – dank ihres Chefs – drunter und drüber. Da will ihre Familie ihr etwas Gutes tun und meldet Merrry heimlich auf einer Online-Dating-Plattform an, mit einem Foto ihres Golden Retrievers als Profilbild. Und tatsächlich: Sie bekommt eine Nachricht von einem Mann, und auch sein Bild zeigt einen Hund! Es entwickelt sich ein intensiver Chat, und sie kommen sich näher, doch irgendwann steht ein erstes Treffen an – und dieses wirft Merry völlig aus der Bahn …

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Seitenzahl: 240

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Buch

Merry Knight hat alle Hände voll zu tun: Nicht nur hat sie einen neuen Job, in dem sie jeden Tag sehr lang arbeiten muss – und auch ihr Chef Bright ist nicht gerade ihr bester Freund –, noch dazu kümmert sie sich aufopferungsvoll um ihre kranke Mutter und den jüngeren Bruder, die jede Hilfe brauchen können. Schließlich steht auch noch Weihnachten vor der Tür, und die Vorbereitungen inklusive backen, dekorieren und das Besorgen der Geschenke, kosten sie ebenfalls viel Zeit. Ihr Leben ist so anstrengend geworden, dass sie vor allem für die Liebe im Moment überhaupt keinen Kopf hat. Doch Mutter und Bruder haben einen Plan: Sie melden Merry ungefragt bei einer Online-Dating-Plattform an. Als Profilbild haben die beiden sich jedoch gegen ein Foto von Merry entschieden und stattdessen ein Bild ihres geliebten Golden Retrievers hochgeladen. Als Merry davon erfährt, ist sie nicht gerade erfreut, doch sie kann ihrer Familie nicht lang böse sein. Und tatsächlich: Es kommen Nachrichten von anderen Singles, die die junge Frau gern kennenlernen möchten. Schon bald ist sie mitten im Chat mit einem sehr interessanten Mann – der ebenfalls ein Foto seines Hundes als Profilbild hat. Sie verstehen sich gut, teilen dieselben Interessen, und diese Chats werden zu Merrys schönsten Stunden des Tages. Doch dann steht das erste Treffen an …

Autorin

Debbie Macomber ist mit einer Gesamtauflage von über 170 Millionen Büchern eine der erfolgreichsten Autorinnen überhaupt. Wenn sie nicht gerade schreibt, ist sie eine begeisterte Strickerin und verbringt mit Vorliebe viel Zeit mit ihren Enkelkindern. Sie lebt mit ihrem Mann in Port Orchard, Washington, und im Winter in Florida.

Von Debbie Macomber bereits erschienen

Winterglück · Frühlingsnächte · Sommersterne · Herbstleuchten · Rosenstunden

Weitere Informationen unter: www.debbiemacomber.com

Besuchen Sie uns auch auf www.facebook.com/blanvalet und

www.twitter.com/BlanvaletVerlag

DEBBIE MACOMBER

ROMAN

Deutsch von Nina Bader

Die Originalausgabe erschien 2017 unter dem Titel »Merry and Bright« bei Ballantine Books, an Imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC, New York.
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Copyright © der Originalausgabe 2017 by Debbie Macomber This translation published by arrangement with Ballantine Books, an imprint of Random House, a divison of Penguin Random House LLC. Copyright© der deutschsprachigen Ausgabe 2018 by Blanvalet Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München. Redaktion: Ulrike Nikel Umschlaggestaltung: www.buerosued.de Umschlagmotive: © living4media/Allig, Birgid; www.buerosued.de LH · Herstellung: sam

Weihnachten 2017

Liebe Freunde,

nach all diesen Jahren erwartet ihr, meine Leser, langsam eine weihnachtliche Geschichte von mir, und ich freue mich, euch eine liefern zu können – besonders weil ich schon immer ein Fan von Weihnachten war. Jeden Dezember gerate ich bei all den Lichtern, den Dekorationen, den Weihnachtsmännern und Engeln und den Krippenfiguren, die man überall sieht, ganz aus dem Häuschen und schmücke unser Haus innen wie außen. Zum Glück ist Wayne ein toleranter Ehemann.

Dieses Buch ist jenem Ehepaar gewidmet, das unser Haus in Florida gekauft hat. Damit verbinde ich die Hoffnung, dass sie sich dort ebenso wohlfühlen, wie Wayne und ich es getan haben. Es fiel uns schwer, uns davon zu trennen, aber wir haben das Gefühl, dieses ganz besondere Haus in gute Hände gegeben zu haben.

Früher verbrachten wir den ganzen Winter dort, doch dann haben wir im letzten Jahr beschlossen, dass wir künftig einen Teil der kalten Jahreszeit nutzen wollen, um in der Welt herumzureisen. Wir nennen es unser Abenteuer vor der Demenz. Als Erstes planen wir, die Chinesische Mauer zu erkunden.

Dieses kleine Buch über Weihnachten ist eine ebenso amüsante wie berührende Geschichte. Gerade richtig, um sich inmitten des Feiertagswahnsinns mal zurückzulehnen, die Füße hochzulegen und sich eine Pause zu gönnen. Ich wünsche mir, dass ihr dabei lächelt und ein bisschen Licht und Wärme in euren Winter kommt.

Seit ich mein erstes Buch veröffentlichte, habe ich mich darauf gefreut, Post von meinen Lesern zu erhalten. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Ihr erreicht mich über meine Website debbiemacomber.com oder über Facebook, Twitter oder Instagram. Oder ihr schreibt mir an die Adresse P.O. Box 1458, Port Orchard; WA 98366.

Ich schließe mit den wärmsten Feiertagsgrüßen

und wünsche allen frohe Weihnachten.

Debbie Macomber

FÜR BARBARA UND DON GERVAIS

Wir wünschen euch viele glückliche Jahre in eurem Heim in Vero Beach, Florida

1. Kapitel

Merry

»Mom, ich muss Überstunden machen, deswegen kann ich nicht rechtzeitig zu Hause sein, um dir bei der Vorbereitung fürs Abendessen zu helfen.«

»Schon wieder?«, stöhnte ihre Mutter ins Telefon.

»Ja. Tut mir leid.«

Merry hatte immer ein schlechtes Gewissen, wenn sie ihrer Mutter bei solchen Dingen nicht half und sie allein mit dem Kochen sitzen ließ. Robin Knight hatte nämlich aufgrund von fortschreitender Multipler Sklerose zunehmend mit Mobilitätsproblemen zu kämpfen. So sehr Merry den Gedanken auch verabscheute – ihre Mutter würde bald an den Rollstuhl gefesselt sein.

»Das ist diese Woche bereits der dritte Abend.«

Ja, sie wusste es und hätte diese Erinnerung nicht gebraucht.

Drei Abende von vieren. Matterson Consulting, die Firma, für die sie in Zeitarbeit tätig war, hatte ein großes Projekt an Land gezogen, ihr bislang größtes, einen Auftrag des Flugzeugherstellers Boeing immerhin. Natürlich herrschte von vornherein Zeitdruck, und so wurden alle Angestellten zu Überstunden verpflichtet.

Normalerweise beschwerte sich kaum jemand, doch jetzt, da Weihnachten vor der Tür stand, sah es anders aus. Die Leute waren damit beschäftigt, Partys zu planen, Geschenke zu kaufen, zu dekorieren und zu backen oder Ferienpläne zu schmieden, wenn man an den Feiertagen Familienangehörige besuchen wollte. Alles normale Dinge, die Vergnügen bereiteten und zu dieser Jahreszeit gehörten – für diejenigen allerdings, die bei Matterson arbeiteten, hätte das Fest genauso gut aus dem Kalender gestrichen werden können.

Weihnachtsvorfreude und Weihnachtsvorbereitungen fanden dieses Jahr für keinen von ihnen statt.

»Keine Sorge, Liebes«, versicherte die Mutter sanft. »Patrick wird mir mit dem Essen helfen.«

Eine Notlösung, wusste Merry. Patrick war ein lieber Junge und sehr hilfsbereit, aber als Haushaltshilfe dennoch nicht gerade erste Wahl, weil er dazu neigte, das gesamte Geschirr im Haus schmutzig zu machen, wenn man ihm das Kochen anvertraute. Bloß war ihm ein sparsamerer Umgang nicht beizubringen, denn der Achtzehnjährige litt unter dem Downsyndrom, und seine kognitiven Fähigkeiten waren begrenzt. Merry liebte ihn über alles, was indes nichts daran änderte, dass seine Hilfe in der Küche von sehr begrenztem Wert war und als eher fragwürdig bezeichnet werden musste.

»Mach Suppe warm und lass Patrick Sandwiches belegen«, schlug Merry eine einfache Lösung vor.

»Das wäre eine Idee, nur ist außerdem das Hundefutter für Bogie ausgegangen.«

Gottergeben seufzte sie. Patricks Golden Retriever hatte einen Appetit, der dem des gesamten Footballteams einer Highschool gleichkam. Merry wusste das sehr genau, weil sie das Einkaufen übernommen hatte, als sich der Zustand ihrer Mutter verschlechterte. Derzeit jedoch schaffte sie es einfach nicht. Nicht bei all den Arbeitsstunden, die sie zusätzlich ableistete, da blieb für anderes keine Zeit mehr.

»Oh Mom, ich hoffe, er hält durch, bis ich nach Hause komme. Auf dem Heimweg springe ich schnell am Supermarkt raus und hole welches. Dann kann ich gleich noch ein paar andere Sachen mitbringen, die ausgehen. Milch und Brot sind ziemlich alle. Und vielleicht etwas Eiscreme für Patrick. Dafür dass er nie mault, wenn er dir helfen soll.«

»Dein Vater kann das auf dem Nachhauseweg …«

»Bitte Dad nicht darum«, unterbrach Merry sie.

Ihr Vater war Arzneimittelvertreter, reiste kreuz und quer durch den Pazifischen Nordwesten und war ständig unterwegs. Was ohnehin ziemlich anstrengend war und an der Substanz zehrte. Sie sah es schließlich, wie erschöpft er war, wenn er abends zurückkam. Da mochte sie ihm keine zusätzlichen Aufgaben aufbürden. Nein, für die Lebensmitteleinkäufe war sie zuständig.

In der Familie Knight arbeiteten alle im Team, bildeten eine aus Notwendigkeit und Liebe heraus geborene verschworene Gemeinschaft. Nicht zuletzt deswegen hatte Merry einen Zeitarbeitsjob bei Matterson Consulting angenommen. Sie wollte noch länger das College besuchen, um eine Zusatzausbildung zur Sonderschullehrerin zu machen. Aber das Geld für die Studiengebühren hätte das durch die Krankheit der Mutter ohnehin strapazierte Familienbudget gesprengt, und so kam es ihr gerade recht, dass Matterson Consulting seinerzeit eine Mitarbeiterin für die Datenerfassung suchte. Dass sie dadurch in ein extrem arbeitsintensives Projekt eingebunden sein würde, stand allerdings anfangs nicht zur Debatte. Egal, bald war es geschafft, und zum Jahresende lief ihr Vertrag aus. Die ihr zustehenden Urlaubstage abgerechnet, würde der Tag vor Heiligabend ihr letzter Arbeitstag sein.

Fast ein Jahr lang hatte sie daran mitgearbeitet. Eine lange Zeit, in der sie neben neuen Erfahrungen ebenfalls neue Freunde gewonnen hatte, wie beispielsweise die beiden Kolleginnen, die außer ihr in der Datenerfassung beschäftigt waren. Obwohl sie lediglich einen Zeitarbeitsvertrag hatte, war ihr die Verantwortung für die kleine Abteilung übertragen worden, da ihre Sachkenntnisse weit über denen der anderen lagen. Für sie war es gleichermaßen ein Glücksfall gewesen wie für die Firma, die plötzlich ohne ihre wichtigste Mitarbeiterin in der Datenerfassung dastand, als diese nach einer Zwillingsgeburt unerwartet eine einjährige Auszeit beantragt hatte.

Merry hatte gerade in ein Erdnussbuttersandwich gebissen, als der Anruf ihrer Mutter wegen des Abendessens eingegangen war. Für gewöhnlich aß sie an ihrem Schreibtisch und arbeitete die Mittagspause durch, während die Kollegen zumeist in ein Café um die Ecke gingen, wo man schnell und preiswert essen konnte. Sie selbst hingegen gönnte sich diesen bescheidenen Luxus höchstens einmal in der Woche, alles andere würde sich verheerend auf ihr schmales Budget auswirken. Schließlich musste der Großteil ihres Verdienstes fürs College angespart werden, und deshalb nahm sie sich immer ein Sandwich oder einen anderen kleinen Imbiss von zu Hause mit.

Obwohl die Sache mit dem Abendessen geklärt war, legte ihre Mutter zu ihrem Erstaunen nicht auf, schien vielmehr zu einem ausgedehnteren Telefonschwatz aufgelegt zu sein.

»Wann bist du zum letzten Mal ausgegangen?«, erkundigte sie sich unvermittelt.

»Was meinst du damit«, wich Merry der Frage aus.

»Was wohl? Wann du dein letztes Date hattest, will ich wissen.«

»Mom! Wann habe ich bitte schön Zeit für ein Date?«, wandte Merry ein.

Sie wusste sehr gut, was ihre Mutter zu der Frage bewog. Ihre beste Freundin aus der Highschool nämlich hatte kürzlich verkündet, dass sie schwanger sei.

»Genau das ist der springende Punkt. Du bist vierundzwanzig Jahre alt und lebst wie eine Nonne.«

»Mom!«

»Patrick hat mehr Dates als du.«

In der Tat. Merry musste lächeln, wenngleich ihre Mutter recht hatte. Gewissermaßen zumindest. Ihr Bruder war Mitglied einer Gruppe von jungen Leuten, die wie er an einer Behinderung litten. Dort wurden allerlei Unternehmungen und Veranstaltungen, einschließlich Disco, organisiert. Er wirkte bei Theateraufführungen mit, spielte im Fußballteam seiner Sonderschule und hatte eine Freundin.

»Es wird Zeit, dass du aufhörst, dir Sorgen um deine Familie zu machen, und selbst ein bisschen Spaß hast.«

»Ich habe Spaß genug«, hielt Merry dagegen, wohlwissend, dass ihre Mutter etwas anderes meinte.

Natürlich hatte sie Freunde, das schon, doch viele lebten nicht mehr in Seattle, und der Kontakt beschränkte sich häufig auf soziale Medien, E-Mails und Textnachrichten. Wenn Merry viel zu tun hatte, was häufig der Fall war, kommunizierte sie per Emojis. Es war lustig festzustellen, wie viel man mit einem oder zwei schlichten Symbolen ausdrücken konnte.

»Hast du eigentlich mal daran gedacht, dich bei einer dieser Onlinepartnerbörsen anzumelden?«, fragte ihre Mutter bedeutungsvoll.

»Nein«, gab Merry mit Nachdruck zurück und verdrehte genervt die Augen. Sie hoffte, dass sich ihr Beziehungsstatus änderte, sowie sie ans College zurückkehrte. Was hoffentlich bald der Fall sein würde. Zwar war es nicht so, dass sie sich als Märtyrerin betrachtete, aber manchmal kämpfte sie trotzdem mit der Last der familiären Verpflichtungen. Und um Bitterkeit erst gar nicht aufkommen zu lassen, dachte sie lieber nicht zu gründlich darüber nach, wie viel ihr entging.

Eine Menge mit Sicherheit. Lauter Dinge, die für ihre Freunde, die keine finanziellen Sorgen hatten, selbstverständlich waren. Es war nun einmal so, wie es war, ohne Geld musste man eben auf vieles verzichten, und Merry fand es sinnlos und zudem deprimierend, deshalb in Selbstmitleid zu versinken. Dadurch wurde schließlich nichts besser, im Gegenteil.

»Warum probierst du es nicht einfach mal aus? Es würde dir sicher Spaß machen«, drängte ihre Mutter sie.

»Mom, hast du mal die ganzen Formulare und Fragebögen gesehen, die man für diese Datingsites ausfüllen muss? Bestimmt nicht. Und nimm’s mir nicht übel, für solch einen Unsinn habe ich keine Zeit. Vor allem jetzt nicht, weil im Büro alle unter Hochdruck arbeiten müssen und entsprechend unter Hochspannung stehen.«

»Dann nimm dir die Zeit, Mädchen.«

»Das werde ich irgendwann tun, keine Sorge«, erwiderte sie in der Hoffnung, ihre Mutter mit diesem vagen Versprechen beschwichtigen zu können.

»Irgendwann, Merry? Wer an der Planung scheitert, plant zu scheitern.«

»Mom. Du klingst wie so ein Motivationstrainer«, wehrte sie ab.

Dabei wusste sie selbst ganz genau, dass an dem, was ihre Mutter sagte, was dran war. Sie hätte es ja selbst lieber anders, nur stimmte das Timing ganz und gar nicht.

»Ich denke im neuen Jahr darüber nach«, versprach sie.

Und das meinte sie sogar ernst. Immerhin hatte ihre Freundin Dakota die Liebe ihres Lebens online bei Mix & Mingle kennengelernt. Davon inspiriert, hatte Merry sich überhaupt die Website beiläufig mal angesehen, sich allerdings von den endlosen Fragen, die beantwortet werden mussten, schnell abschrecken lassen und nach ein paar Seiten entnervt aufgegeben.

»Du musst mehr ausgehen, das Leben genießen«, fuhr ihre Mutter fort, die einfach nicht lockerließ. »Das Leben besteht nicht bloß aus Arbeit und noch mehr Arbeit.«

»Da stimme ich dir zu, und es ist mir durchaus bewusst. Dennoch würde ich diese Diskussion gerne vertagen. Nach den Feiertagen werde ich darüber nachdenken. Derzeit steht mir der Sinn nicht danach – erst mal muss ich den Kopf wieder frei haben, und dann sehen wir weiter.«

»Bei Dakota hat es funktioniert.«

»Mom, bitte. Ich habe noch jede Menge Zeit, es zu versuchen. Schließlich bin ich weiß Gott noch in einem Alter, in dem ich alle Zeit der Welt habe. Also bitte keine Torschlusspanik.«

Leider sah ihre Mutter das anders, wie Merry wusste. Seit Dakota, gleichaltrig mit ihr, den Mann fürs Leben im Internet gefunden hatte, war sie der Meinung, dass bei ihrer Tochter gleichfalls Handlungsbedarf bestünde, und davon ließ sie sich nicht abbringen. Seitdem heulte sie Merry an wie ein Wolf den Mond und sang beständig das Loblied auf diese dämliche Website. Und sie würde nicht aufhören, ihr damit in den Ohren zu liegen, bis sie sich dazu aufraffte, zumindest einen Versuch zu wagen.

»Ich habe heute Morgen mit Dakotas Mutter gesprochen. Wusstest du, dass mittlerweile ein Kind unterwegs ist?«

»Ja, Mom, ich habe es gehört.«

Merry griff nach ihrem Sandwich und wollte gerade erneut hineinbeißen, als Jayson Bright, der Vizepräsident der Firma, an ihrem Schreibtisch vorbeiging. Einem so ernsten, völlig spaßfreien Mann wie ihm war sie ihres Wissens nie zuvor begegnet. Soweit sie sich erinnern konnte, hatte sie ihn noch nie lächeln sehen. Er wirkte ungefähr so glücklich wie jemand, dem eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt bevorstand.

Jayson Bright blieb stehen und starrte Merry an. Sein Blick fiel auf das Namensschild auf ihrem Schreibtisch. Mary Knight. Sie hatte bei der Personalabteilung zweimal erfolglos darum gebeten, die Schreibweise ihres Vornamens zu korrigieren, und dann aufgegeben. Da sie bloß als Zeitarbeitskraft beschäftigt war, spielte es offenbar für die Firma keine Rolle. Ihr Boss machte dem Ruf der Humorlosigkeit, der ihm anhaftete, mal wieder alle Ehre. Sein Blick heftete sich auf das Sandwich, das auf ihrem Schreibtisch lag, wobei Merry nicht eindeutig zu sagen vermochte, ob missbilligend oder einfach gleichgültig. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, ihm die Hälfte des Brotes anzubieten, um es herauszufinden, aber darüber hätte er vermutlich auf gar keinen Fall gelacht, und so ließ sie es.

Was ihn betraf, hob er die Brauen und ging wortlos weiter.

»Merry, hast du mir zugehört?«, hakte ihre Mutter nach.

»Nein, tut mir leid, ich war abgelenkt.«

Der Gesichtsausdruck ihres Chefs hatte sie veranlasst, sich zu fragen, ob das Essen am Schreibtisch in der Firma womöglich untersagt war. Schwer vorstellbar, denn immerhin handhabte sie das so seit einem Jahr, und niemand hatte sie darauf hingewiesen, dass es nicht gern gesehen wurde oder gar verboten war.

»Merry?«

»Mom, ich muss Schluss machen. Ich rufe dich kurz an, bevor ich mich auf den Heimweg mache.«

»Okay, und denk über das nach, was ich dir gesagt habe, ja?«

»Mache ich, Mom.«

In Merrys Fantasie entstanden Bilder von einer Begegnung mit ihrem Traumprinzen. Eines stand fest: Er würde nicht so ein mürrischer Stinkstiefel sein wie Jayson Bright.

Sie hatte richtig gelegen mit ihrer Vermutung, dass ihr Sandwich auf dem Schreibtisch dem Boss gewaltig missfallen hatte. Prompt ging nämlich um drei Uhr an diesem Nachmittag ein Rundschreiben auf allen PCs ein.

Es wird darum gebeten, dass alle Mitarbeiter künftig davon Abstand nehmen, an ihrem Schreibtisch zu essen. Denjenigen, die es vorziehen, während der Mittagspause im Büro zu bleiben, steht der bekannte, eigens dafür eingerichtete Raum zur Verfügung.

Jayson Bright

Vizepräsident

Merry las die E-Mail und wusste instinktiv, dass sie ihr galt. Trotzdem mied sie den Pausenraum, und das aus gutem Grund. Er war oft überfüllt, und sie fand es absolut nicht gemütlich, eingequetscht an langen Tischen zu sitzen und das Geruchsinferno der Fertiggerichte, die in der Mikrowelle aufgewärmt wurden, über sich ergehen zu lassen. Zudem war es, arbeitstechnisch gesehen, effizienter, am Schreibtisch zu essen.

Leider schien das Mr. Bright weder klar zu sein noch zu interessieren. Und sie verstand absolut nicht, wie einige Kolleginnen überhaupt auf die Idee kommen konnten, einen derartigen Miesepeter, der sich überdies durch einen betrüblichen Mangel an Umgangsformen auszeichnete, als heiße Nummer zu bezeichnen. Nicht mal Heißsporn wäre zutreffend. Null Temperament, nicht in positiver und nicht in negativer Weise.

Was ihn auszeichnete, war im Grunde allein seine Jugend, denn er hatte erstaunlich früh den Posten des Vizepräsidenten ergattert. Die Gerüchteküche wollte wissen, dass er mit der Familie Matterson verwandt sei, ein Neffe des Präsidenten und jetzt bereits dessen designierter Nachfolger. Allerdings werde der derzeitige Chef Vorstandsvorsitzender bleiben, hieß es, um weiter mitmischen zu können.

Merrys Gedanken wanderten zu Jayson Bright.

Wenn sie es so recht bedachte, könnte er tatsächlich ein ziemlich cooler Typ sein, sofern er sich nicht so stoffelig benähme und zur Abwechslung mal lächeln würde. Über einen Meter achtzig groß, schlank, dunkle, businessmäßig kurz geschnittene Haare und braune Augen, sah er zweifelsfrei gut aus. Vielleicht tat sie ihm ja unrecht, und ihn drückte die große Verantwortung zu sehr, die man ihm in so jungen Jahren aufgebürdet hatte und der er sich gewachsen zeigen musste. Dass er es konnte, hatte er mit dem Boeing-Deal bewiesen, den er maßgeblich an Land gezogen hatte. So wurde es zumindest in den Büros geflüstert.

Nach einem langen Arbeitstag kam Merry erst nach acht Uhr mit einem Zehnpfundsack Hundefutter beladen zu Hause an. Sowie sie zur Tür hereintrat, stürzte Patrick auf sie zu, um ihr mit dem schweren Sack zu helfen.

Sein jungenhaftes Gesicht strahlte vor Begeisterung. »Merry ist zu Hause«, trompetete er, nahm ihr das Trockenfutter für Bogie aus der Hand und trug es zum Vorratsschrank in der Küche.

»Hi, Süße«, rief ihre Mutter. Sie stützte sich schwer auf ihren Rollator – am Ende eines jeden Tages war sie mit ihren Kräften immer am Ende und vollkommen erschöpft.

»Darf ich es ihr sagen?«, fragte Patrick aufgeregt.

»In einer Minute«, erwiderte ihre Mutter.

Merry bemerkte, dass ihre Lippen bei dem Versuch, ein Lächeln zu unterdrücken, leise zuckten.

»Mir was sagen?«

»Wir haben dir heute Nachmittag ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk besorgt, und es ist das Beste, das es je gab.« Unfähig, seinen Eifer zu verbergen, rieb sich Patrick die Hände.

»Habt ihr das?«

Was Geburtstagsgeschenke anging, war Merry nicht gerade verwöhnt. Am sechsundzwanzigsten Dezember geboren, hatte sie sich als Kind bezüglich ihrer Geburtstagsgeschenke stets betrogen gefühlt. Generell, selbst mit einem dickeren Portemonnaie, als es ihren Eltern zur Verfügung stand, war es nicht leicht, den Zauber der Weihnachtsüberraschungen, die schließlich Santa Claus brachte, zu toppen. Einen Geburtstag am Tag darauf zu einem besonderen Erlebnis zu machen war nahezu unmöglich, weshalb sie bisweilen die Geschenke in einem Aufwasch bekommen hatte.

»Und du wirst dich ja so freuen«, versicherte Patrick ihr. »Ich habe Mom bei allem geholfen.«

»Du hast geholfen, es auszusuchen?«

Die beiden mussten irgendwas im Internet bestellt haben, überlegte Merry, denn ihre Mutter war nicht mehr imstande, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, und selbst Autofahren bereitete ihr Schwierigkeiten. Was aber nicht weiter ins Gewicht fiel, weil sowieso kein zweites Auto zur Verfügung stand. Insofern war ihre Mutter außer an den Wochenenden, wenn der Vater daheim war, ans Haus gebunden.

»Na ja, es ist nichts, was wir ausgesucht haben. Aussuchen musst du es selbst.«

»Patrick«, tadelte seine Mutter. »Du wirst noch alles verraten.«

»Du kannst es mir zeigen, wenn du Bogie gefüttert hast«, schlug Merry vor und deutete auf den Golden Retriever, der verlangend die Schranktür anstarrte.

»Wir können es dir nicht wirklich geben«, beteuerte Patrick. »Du musst es dir selbst aussuchen, und wenn du willst, helfe ich dir.«

Die Art, wie seine Augen aufleuchteten, verriet Merry, dass er furchtbar enttäuscht wäre, falls sie sein großmütiges Angebot ausschlug. Und vor allem merkte sie, dass es sofort sein musste – so war Patrick nun mal. Warten, das konnte er nicht, und genauso wenig vermochte er etwas für sich zu behalten. Weihnachten war für ihn viel zu weit weg. Schließlich war erst Ende November, Thanksgiving stand vor der Tür.

Egal, Merry war inzwischen neugierig geworden.

Ihr Bruder lief hektisch davon, um Bogies Futternapf zu holen. Sein Elan amüsierte sie, und seine offensichtliche Vorfreude steckte an. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, um was es sich bei diesem geheimnisvollen Geburtstagsgeschenk handeln könnte.

Bogie tänzelte ungeduldig herum und wartete darauf, dass Patrick endlich damit fertig wurde, seinen Napf zu füllen. Es brauchte eben alles seine Zeit bei ihm.

»Jetzt, Mom, jetzt?« Ungeduldig hüpfte der Junge auf und ab, nachdem der Hund versorgt war.

»Lass mich erst zu Abend essen«, warf Merry ein, um ihren Bruder ein bisschen zu ärgern.

Patrick, der Spaß und Ernst schwer unterscheiden konnte, riss entsetzt die Augen auf.

»Merry, bitte nicht. Ich habe sooo darauf gewartet, es dir zu erzählen. Ich glaube nicht, dass ich noch länger warten kann.«

Seine Schwester legte daraufhin den Kopf schief und sah ihn grinsend an.

»Hab Mitleid mit dem armen Jungen«, drängte ihre Mutter sie und schlug sich auf die Seite des Sohnes.

»Okay, Patrick, du kannst mir von meinem Geburtstagsgeschenk erzählen«, gab Merry nach.

Die Augen ihres Bruders begannen zu funkeln wie Wunderkerzen. Worum auch immer es sich bei diesem Geschenk handelte, es musste wirklich etwas Außergewöhnliches sein. Merry schlang die Arme um ihn und drückte ihn leicht, bevor sie ihn freigab und verwundert die Vorbereitungen verfolgte, die für die Übergabe des Geschenks getroffen wurden.

Ihre Mutter zog sich einen Stuhl an den Tisch, klappte den Laptop auf, der dort scheinbar wartend stand, und fuhr ihn hoch, während Patrick mit seiner Schwester hinter ihr Aufstellung nahm.

»Bist du bereit?«, fragte Robin Knight und klickte eine Website an.

»Ich kann es kaum erwarten«, gab Merry zurück, blickte auf den leeren Bildschirm und wartete darauf, was ihre Mutter wohl aufgerufen hatte. »Was habt ihr zwei euch denn da ausgedacht?«

Patrick lachte, deutete auf den Computer und rief: »Wir schenken dir zum Geburtstag einen Mann!«

»Wie bitte?« Merry glaubte, sich verhört zu haben, und tat so, als würde es sich um einen Scherz handeln. »Ich glaube nicht, dass es möglich ist, einen Mann zu kaufen«, erwiderte sie lachend.

»Kaufen nicht gerade«, erklärte ihre Mutter. »Patrick und ich waren den Nachmittag über damit beschäftigt, für dich den Fragebogen von Mix & Mingle auszufüllen. Außerdem haben wir ein Profil für dich erstellt und dich für die nächsten sechs Monate angemeldet.«

Merry verschlug es für einen Moment die Sprache. »Ihr habt was getan?«

»Wir haben dir ein Date verschafft«, erwiderte Patrick, über das ganze Gesicht strahlend.

Wenn sie nicht ohnehin sitzen würde, hätte sie jetzt einen Stuhl gebraucht. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen, ob sie empört oder belustigt reagieren sollte. Hatte sie ihrer Mutter nicht eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie das alles nicht wollte? Von daher war bei ihre keine Schonung angesagt, bei ihrem Bruder lag die Sache anders. Ihm durfte sie die Freude nicht ganz verderben.

»Und welches Foto habt ihr benutzt?«, erkundigte sie sich erst mal, um Zeit zu gewinnen.

Gott, hoffentlich hatten sie nicht eines aus Highschoolzeiten herausgekramt. Seit damals hatte sie sich nämlich dramatisch verändert. Zu ihrem Vorteil. Sie trug keine Brille mehr, sondern Kontaktlinsen, die ihre dunkelbraunen Augen betonten, und ihr Haar reichte ihr bis zu den Schultern, was ihr schmeichelte. Genauso schlimm wäre, wenn sie das Bewerbungsfoto für Matterson Consulting genommen hatten, auf dem sie wie ein im Scheinwerferlicht erstarrtes Reh aussah. Wie peinlich wäre denn das? Sie würde sich zu Tode schämen.

»Das ist das Beste von allem«, erklärte Patrick stolz und schien sich für ausgesprochen clever zu halten. »Wir haben kein Foto von dir gepostet.«

»Ach ja?« Jetzt verstand Merry die Welt nicht mehr. »Wollt ihr damit sagen, ihr habt das Foto irgendeiner anderen Frau ins Netz gestellt?«

»Unsinn«, entgegnete ihre Mutter.

»Jetzt mal raus mit der Sprache. Wenn ihr nicht mein Foto genommen habt, wessen dann?«

Patrick begann zu kichern und kriegte sich gar nicht mehr ein vor Lachen. »Eines von Bogie.«

In diesem Moment entgleisten Merry sämtliche Gesichtszüge.

»Ihr habt einen Hund aus mir gemacht?«, rief sie entsetzt und schlug die Hände vors Gesicht. »Warum denn das?«

»Aus zwei Gründen«, begann ihre Mutter.

»Erstens«, mischte sich Patrick ein und hob einen pummeligen Zeigefinger, um seine Argumente darzulegen, »liebst du Hunde.«

»Na ja, schon.«

Merry wusste nicht, inwiefern das zielführend sein sollte. Wen bitte interessierte, dass Bogie häufig auf ihrem Bett schlief, dass sie mit ihm spazieren ging, wenn Patrick keine Zeit hatte. Er war halt ein Mitglied der Familie, ein Familienhund.

»Und zweitens und am wichtigsten«, fuhr ihre Mutter fort, »würden dich zu viele ausschließlich nach deinem Äußeren beurteilen. Das gefällt mir nicht und ist auch keine gute Ausgangsbasis. Ich möchte, dass man dich als Mensch kennenlernt, als die großzügige, warmherzige, liebevolle junge Frau, die du bist. Ohne Foto werden die Interessenten sich eingehender mit deinem Profil befassen müssen, um zu entscheiden, ob du für sie infrage kommst. Männer, die allein nach Äußerlichkeiten schielen, kannst du sowieso gleich vergessen. Im Übrigen haben wir«, fügte sie hinzu, »weil wir nicht sicher waren, was du von alldem halten würdest, ein Pseudonym für dich ausgesucht. Merry Smith.«

Na toll, da hatten die beiden ihr ja ganz schön was eingebrockt. Und als sie ihr Profil auf dem Bildschirm betrachtete, unterdrückte sie ein Stöhnen.

Mochte ja alles gut gemeint sein, doch letztlich kam es als Witz rüber. Bogies Konterfei mit ihrem Pseudonym darunter. Wer sollte sich da melden? Jeder Mensch, der seine Sinne einigermaßen beisammenhatte, hielt das für einen einzigen großen Scherz. Niemand wollte schließlich einen Hund daten.

2. Kapitel

Jayson

Jayson Bright betrat sein Penthouseapartment, das einen atemberaubenden Blick über den Puget Sound bot, und ging sofort zu seiner Hausbar. Er hatte einen höllischen Tag hinter sich. Von dem Moment an, als er am Morgen ins Büro gekommen war, hatte sein Onkel ihn wegen der vertraglich vereinbarten Konditionen mit Boeing gelöchert. Und zum tausendsten Mal versicherte Jayson ihm, dass alles nach Plan laufe und der Weihnachtstermin gehalten werden könne. Davon war er felsenfest überzeugt, obwohl man natürlich nie wusste, ob am Ende nicht noch Probleme auftauchten … Hoffentlich nicht, dachte er, denn mit diesem Projekt konnte womöglich seine gesamte Zukunft bei der Firma stehen oder fallen.

Jayson schenkte sich ein Glas Malbec ein, seinen Lieblingswein, sank auf das Sofa und lehnte den Kopf gegen das Rückenpolster. Er holte ein paarmal tief Luft und ließ die Schultern kreisen, um sich zu entspannen. Zwölf Stunden im Büro bei permanentem Stress und voller Konzentration blieben nicht ohne Nachwirkungen. Sogar den Lunch hatte er ausfallen lassen und sich deshalb um halb sieben auf dem Heimweg in der Fourth Avenue ein Sandwich und einen Latte besorgt.

Ein Vergnügen war das nicht, und er beabsichtigte auch nicht, für den Rest seiner Tage so zu leben – für den Moment allerdings ging es nichts anders. Sein Onkel, dem er diesen wichtigen Posten verdankte, verlangte es.

So einfach war das.

In der Tasche seines Sakkos vibrierte sein Handy und erinnerte ihn daran, dass er den Klingelton während der letzten Konferenz des Tages ausgeschaltet hatte.

»Ja«, meldete er sich erschöpft, lebte indes auf, als er die Stimme seines Cousins hörte.

»Hey Jay, ist das eine Art, mich zu begrüßen?«, erkundigte sich Cooper.