Liebe bis in den Tod - Elfriede Schilling - E-Book

Liebe bis in den Tod E-Book

Elfriede Schilling

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Beschreibung

Das Schicksal führt eine Gruppe junger Leute zusammen. Sie verlieben sich und Paare finden zueinander. Hochzeiten werden gefeiert und Familien werden gegründet. Doch über einem der Paare schwebt der Rod. Ein ergreifender Schicksalsroman um Liebe und Tod.

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Seitenzahl: 135

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Elfriede Schilling

Liebe bis in den Tod

Sabrina - Band 3

Titel

 

 

 

 

 

 

 

Liebe bis in den Tod

 

 

 

 

 

 

 

Elfriede Schilling

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

Copyright: Novo-Books im vss-verlag

Jahr: 2023

 

I

 

Lektorat/ Korrektorat: Chris Schilling

Covergestaltung: Hermann Schladt

 

 

Verlagsportal: www.novobooks.de

 

 

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie

 

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheber-rechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verfassers unzulässig

 

1

„Ich fürchte, wir werden eine neue Wirtschafterin brauchen, Hoheit.“ Der Diener Leo rollte den Teewagen neben den schweren Ledersessel, in dem Fürst Albert von Gehlen die Zei­tung las,

„Was sagst du da?“ Erschreckt ließ der Fürst die Zeitung sinken.

„Ich meine, dass die Dame“, er sprach das Wort mit Sarkasmus aus, „nicht besser ist als ihre Vorgänge­rinnen.“ Mit gemessenen Bewegun­gen goss er den Tee in das Teeglas und griff nach der Karaffe mit Rum. Der wundervolle Duft von echtem Jamai­ka erfüllte augenblicklich die Luft.

Leo trat einen Schritt zurück und nahm eine tadellose Haltung an. Während seine Augen gewohnheits­mäßig prüften, ob alles in Ordnung war, sagte er ruhig, mit Überzeu­gung: „Von acht großen Schinken fehlen zwei. Ebenso sind sechs lange Katenrauchwürste verschwunden. So fängt es meistens an.“

„Kannst du das beweisen?“

„Leider nein. Ich zähle nur alle Tage nach.“

Fürst Albert nickte. Das war es ja! Beweisen ließ sich das nicht. Wenn man sie nicht dabei erwischen konn­te! Er seufzte tief auf. So ging das laufend, seitdem seine Frau vor drei Jahren gestorben war. Das Personal wechselte dauernd. Nur Leo war zu­verlässig.

Ein leises Schließen der Tür riss ihn aus seinen Gedanken. „Hella“, sagte er liebevoll zu dem jungen Mädchen, das langsam, auf einen Stock gestützt, auf einen Sessel in seiner Nähe zusteuerte. „Schön, dass du mir Gesellschaft leisten willst.“ Fürst Albert nickte seiner Tochter zu. „Sitzt du bequem? Möchtest du etwas Tee?“ Er sah ihr zustimmendes Lächeln und schaute Leo kurz an. „Einen kleinen Schluck, wie immer.“ Leo neigte gemessen den Kopf. Er wusste es. Die Prinzessin durfte nur sehr wenig trinken, weil sie ein schweres Herzleiden hatte. Er verließ geräuschlos den Raum, nachdem er sie versorgt hatte.

„Du hattest vorhin Besuch, Hella?“ Aufmerksam betrachtete Fürst Al­bert das schöne, blasse Gesicht seiner Tochter. Die Ähnlichkeit mit ihrer verstorbenen Mutter, der Fürstin Margarete, wurde immer deutlicher.

Hella trank einen winzigen Schluck. „Ja, Vater.“ Vorsichtig stell­te sie das Teeglas auf das Tischchen neben sich. Sie faltete die schmalen Hände im Schoß. „Es war Christa Schüring, du weißt..

„Ja“, nickte der Fürst, „deine Schulfreundin.“

„Und weißt du, was sie erzählt hat?“ Hella neigte sich etwas lebhaf­ter vor: „Christoph baut eine Privat­klinik auf dem Weihergrund­stück ...“

„Hella“, erregt fasste Fürst Albert die Armlehnen seines Sessels und beugte sich weit vor, „das ist doch wohl nicht wahr?“ Die Adern an sei­nen Schläfen klopften deutlich sicht­bar. Er sprang auf, bezwang sich aber mit einem Blick auf seine Tochter, die erschöpft in den Sessel zurück­sank, und setzte sich, vergeblich nach Fassung ringend, wieder hin.

„Er hat dafür das Gelände südlich vom Mühlbach, du weißt, was ihm aus Mamas Erbteil zufiel, an die In­dustrie verkauft“, ergänzte die Prin­zessin mit leiser Stimme.

„Auch das noch!“ stöhnte Fürst Gehlen. „Wie kommt er dazu?“ em­pörte er sich. „Unser Grund und Bo­den! Besitz von Schloss Gehlen!“ Er trommelte mit den Fingerkuppen an das Fenster, erregt und zornig.

„Du irrst dich, Papa“, sagte Hella leise, aber bestimmt.

„Ich irre mich nicht!“ rief er auf­gebracht und schlug mit der Faust auf die Fensterbank, dass die Schei­ben klirrten. „Im Gegenteil, ich wer­de ihn zur Rechenschaft ziehen!“ Er drehte sich spontan um: „Jetzt, so­fort!“ Mit wenigen Schritten war er an seinem Schreibtisch und drückte den Klingelknopf. „Du brauchst dich nicht aufzuregen, Hella“, meinte er mit einem Blick auf ihr blasses Ge­sicht. „Aber ich, ich werde ..“ er wandte sich zu dem Butler um, der gerade eintrat: „Leo, sag Friedrich Bescheid, dass er vorfährt, sofort!“

 

*

 

Als Fürst Albert von Gehlen bei der Praxis des Barons Dr. Christoph von Eggern vorfuhr, holte der Arzt gerade seinen Wagen aus der Garage.

Wie immer, wenn Fürst Albert sei­nem Stiefsohn begegnete, überkam ihn das Gefühl von Abneigung, das er nicht zu überwinden vermochte. Er beherrschte sich mühsam, als er zu dem Arzt sagte: „Kann ich mit dir sprechen?“

Christoph von Eggern zog ohne Begeisterung den Schlüssel von sei­nem Wagen und sagte mit einer Handbewegung zum Hause hin: „Bitte, geh hinein.“

Friedrich sah im Rückspiegel die beiden Herren in dem hübschen Por­tal verschwinden, dessen Seiten mit je einer Säule verziert waren und vor deren Füßen jeweils ein steinerner Löwe lag. Die Augen des Chauffeurs wanderten kurz an der Front des Hauses entlang. Es war nicht gerade ein Schloss, was der Baron da be­wohnte. Aber, dachte Friedrich, es sieht doch irgendwie so ähnlich aus. Er wusste nicht, dass es sich ur­sprünglich um einen Landsitz der Herren von Eggern gehandelt hatte, der später, gut erhalten und gut ge­pflegt, zum ständigen Wohnsitz des Geschlechtes benutzt worden war.

Christoph von Eggern war indessen zu seinem Arbeitszimmer vorausge­gangen, hatte die Tür geöffnet und mit einem „Darf ich bitten“ den Für­sten an sich vorbei eintreten lassen. Er zeigte auf eine Sesselgruppe in der hinteren Hälfte des Raumes. „Bitte."

Mit kaum wahrnehmbarem Spott in der Stimme fragte er dann, als sie Platz genommen hatten: „Was ver­schafft mir die Ehre deines Besu­ches?“

„Stimmt es, dass du auf dem Wei­hergrundstück eine Klinik baust?“

Die Fältchen in den Augenwinkeln des Arztes vertieften sich. „Ganz recht.“ Er lehnte sich weit zurück und sagte mokant: „Wie schnell sich so etwas herumspricht!“

„Christoph, ich muss doch bitten!“ Fürst Albert schoss erregt nach vorne. „Du weißt, dass das Weihergrund­stück zum Gebiet des Gehlener Be­sitzes gehört..

„Gehörte!“ verbesserte Christoph von Eggern unerbittlich. „Es wurde mir, als ich bei Mamas Tod übers Ohr gehauen werden sollte ...“

„Ich protestiere energisch!“ Fürst Albert sprang zornig auf und lief mit großen Schritten auf und ab.

„Übers Ohr gehauen werden soll­te!“ wiederholte Christoph eindring­lich. „Oder stimmt es vielleicht nicht, dass das Kapital, das mir von meinem Vater her zustand, auf Gehlen ver­wirtschaftet wurde?“

„Das Geld hat mir deine Mutter gegen volle Sicherheit zur Verfügung gestellt, als wir auf Gehlen große Summen für Erweiterungen brauch­ten ...“

„Was mir aber nicht mitgeteilt wurde“, entgegnete Christoph scharf, „bis ich nach ihrem Tode durch Zu­fall dahinterkam.“ Er hob die Stim­me: „Da ihr weder Zinsen für mich aufgestockt hattet, noch in der Lage wart, mir das mir zustehende väter­liche Erbe zurückzuzahlen, bekam ich das Weihergrundstück als Entgelt."

Fürst Albert blieb auf seiner Wan­derung stehen: „Mit der Weisung, dass es nicht veräußert oder zweck­entfremdet werden durfte!“

„Jawohl“, bestätigte der Arzt hef­tig, „unter der Voraussetzung, dass das mir gehörende Kapital Zug um Zug zurückgezahlt werden sollte.“ Er atmete tief durch. „Das ist bis zur Stunde nicht geschehen.“ Auch er stand auf. „Da ich nicht willens bin, mein Leben lang vielleicht um mein Eigentum kämpfen zu müssen, bin ich zur Selbsthilfe geschritten. Das Grundstück ist sehr schön. Die Lage ist einzigartig und für eine Klinik sehr günstig. Die Ausschachtungen sind im Gange. Das notwendige Ka­pital habe ich durch den Verkauf eines zu Eggern gehörenden Grund­stücks beschaffen können.“

Fürst Albert lief vor Zorn rot an: „Und hast ausgerechnet ein Grund­stück verkauft, das in seiner Breit­seite an Gehlener Gebiet stößt!“ Empört klopfte er mit dem Zeigefin­ger auf die Schreibtischplatte: „Das sage ich dir heute schon: Ich werde gegen jede Bebauung protestieren!“ „Du weißt wohl noch nicht, dass unmittelbar an eurem Grundstück vorbei die neue Straße gebaut wer­den wird. Das Land wird also ohne­hin enteignet, wenn du es nicht frei­willig dafür hergeben willst“, entgeg­nete Christoph ruhig. Er stellte sich mit gekreuzten Beinen gegen die Fensterbank. „Ich habe übrigens da­durch einen guten Preis erzielt“, warf er nebenbei ein, „und wenn du..

„Ich brauche deine Ratschläge nicht!“ rief der Fürst ärgerlich. „Aber vielleicht hast du mal darüber nachgedacht, wer dir dein Studium ermöglicht hat!“

„Ermöglicht hat?“ Christoph lachte laut auf.

„Jawohl“, sagte Fürst Albert auf­gebracht, „und die Gelder für deine Praxis...“

Christoph drehte sich erregt nach ihm um: „Meines Vaters Hinterlas­senschaft war groß genug, um ein Dutzend Söhne reichlich auszustatten, das weißt du ganz genau!“ Stolz und Sicherheit klang in seiner Stim­me mit. „Aber ihr habt nicht nur mein Erbe verwirtschaftet, ihr habt mich außerdem noch in ein Internat gesteckt! Da, wo andere Kinder ein Elternhaus haben, hatte ich fremde Menschen, Lieblosigkeit und Verlas­senheit.“ Er ging auf seinen Stief­vater zu und stellte sich drohend vor ihn hin: „In den Ferien durfte ich zu den Großeltern. Aber ihr, ihr habt mich aus eurem Hause ferngehalten! Da willst du mir noch die Kosten für mein Studium vorhalten? Bei der Größe meines Erbes? Du, der Mama so beeinflusst hat, dass sie mit allem einverstanden war!“

Er warf sich in einen Sessel und zwang sich zur Ruhe. „Damit du ganz klar siehst: Ich werde morgen mei­nem Rechtsanwalt alle Unterlagen übergeben und einklagen, was mir zusteht. Dass das zu meinen Gunsten auslaufen wird, bedarf keiner Frage.“ Er stand auf. „Damit hätten wir uns wohl nichts mehr zu sagen.“

„Bestimmt nicht!“ antwortete Fürst Albert steif und ging hinaus.

 

*

 

Am nächsten Morgen sagte Fürst Albert, als er Kaffee trank: „Ich habe einen Kranz bestellt, Leo, den Fried­rich bis um elf Uhr abholen kann, nicht wahr?“

„Jawohl, Eure Hoheit.“ Aha, erin­nerte er sich, es ist der Todestag der Fürstin. „Wie immer bei Hausmann, in Steinburg?“

„Ja“, nickte der Fürst. Er hatte schlecht geschlafen. Die Auseinan­dersetzung mit dem Stiefsohn ging ihm fortwährend durch den Kopf. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn immer mehr. Im Innern wusste er genau, dass der junge Arzt recht hat­te. Es war das schlechte Gewissen, das ihm, Albert von Gehlen, so viel zu schaffen machte.

 

*

 

Um elf Uhr stand der große, schwe­re Wagen von Schloss Gehlen vor dem Portal.

Fürst Albert, in feierlichem Schwarz, stieg mit gemessenen Schritten die Stufen hinunter und nahm im Wagenfond Platz.

Langsam ließ Friedrich den Motor an und fuhr fast lautlos den Bogen der Einfahrt aus zu der Birkenallee, die auf die Landstraße führte. Dort drehte Friedrich auf, und in wenigen Minuten hatten sie den Friedhof er­reicht.

Fürst Albert ging mit ernster Mie­ne den Hauptweg hinunter, der auf die Gruft der Fürsten von Gehlen zuführte.

Der Friedhof war an diesem Wo­chentag menschenleer. Nur an einem Grab bemerkte der Fürst im Vorbei­gehen eine Dame in Schwarz, die offensichtlich in einsamer Trauer dort verharrte.

Sie hatten die Grabstätte des Geh­lener Fürstengeschlechtes erreicht. Fürst Albert nahm den Hut ab und schritt zu dem Grabstein seiner Ge­mahlin. Mit wehmütigem Ernst schaute er auf die Inschrift: „Fürstin Margarete von Gehlen.“

Albert von Gehlen nickte dem Chauffeur zu, dass er den Kranz nie­derlegen möchte.

Friedrich rückte die kostbare Blu­menspende so zurecht, dass sie gut in den übrigen Grabschmuck hinein­passte. Dann stand er einen Augen­blick still zum Gedenken. Mit einem Blick zu seinem Herrn setzte er seine Mütze wieder auf und verließ die Grabstätte.

Als Fürst Albert nach einiger Zeit dem Ausgang zuschritt, bemerkte er, dass die einsame Fremde verschwun­den war. Er zögerte kurz, dann ging er die wenigen Schritte zurück, um sich den Grabstein anzusehen.

Jetzt stand er vor dem unbehaue­nen Naturstein und las zu seinem großen Erstaunen die Inschrift: „Ba­ronin Annette von Eylau, geb. Freiin von Nöthen.“ Den Jahreszahlen nach war sie etwa in seinem Alter gewesen. Nachdenklich blieb er einen Augen­blick stehen. Sonderbar, dass er nichts von ihr gehört hatte! Er kannte im großen und ganzen die Familien in den umliegenden Ortschaften, die zum Teil seit Jahrhunderten auch zu Schloss Gehlen gehört hatten.

Sein Blick wanderte noch kurz über die angrenzenden Ruhestätten, dann schritt er wieder über den Hauptweg dem Ausgang zu.

 

*

 

„Seine Hoheit, der junge Herr, sind gekommen“, sagte Leo mit unbeweg­licher Miene, als er Mantel und Hut des Fürsten abnahm.

Aber Fürst Albert von Gehlen, der ihn von Jugend auf kannte, hörte die Freude heraus, die in der Stimme des Butlers mitschwang. Er drehte sieh überrascht zu ihm um: „Wirk­lich, Leo?“

„In der Halle, Hoheit“, nickte er bejahend, bevor der Fürst noch da­nach gefragt hatte. „Und er ist nicht allein...“

Aber das hörte der Hausherr nicht mehr. Mit wenigen Schritten war er an der großen, geschnitzten Flügel­tür, die er ungewöhnlich schwungvoll öffnete. „Harald“, rief er freudig be­wegt, „Junge, wo kommst du her?“ Er eilte auf den großen Kamin zu, vor dem die jungen Leute in den tie­fen Sesseln saßen.

Prinz Harald war aufgesprungen und ging seinem Vater entgegen, der beide Hände des Sohnes ergriff und sie herzlich schüttelte. „Wie mich das freut, Harald“, sagte er mit Wärme. „Warum hast du dich nicht angemel­det?“ Fragend glitten seine Augen über das vertraute, männlich schöne Antlitz des jungen Mannes.

Prinz Harald drehte sich zum Ka­min hin: „Ich habe einen Freund mit­ gebracht, Vater“, sagte er und wies mit der Hand auf den jungen Mann, der abwartend neben seinem Sessel stand.

Nun ging der Fremde mit ge­schmeidigen Bewegungen auf den Hausherrn zu und verbeugte sich, während Prinz Harald ihn vorstellte: „Ronald Deegen, Vater. Er gehört zu unserem Team als Zeichner und Fo­tograf. Von ihm haben wir die zau­berhaften Aufnahmen der ausgegra­benen Gegenstände, die zum Teil schon veröffentlicht wurden.“ Er lachte, während er zusah, wie die Herren die Hände schüttelten.

„Willkommen auf Schloss Gehlen, Herr Deegen“, sagte Fürst Albert herzlich. Er wusste, sein Sohn würde keinen Menschen ins Haus bringen, der ihm, seinem Vater, unangenehm wäre.

Sie nahmen alle Platz. Das Feuer im Kamin knisterte und verbreitete eine angenehme Wärme, denn in die­sen Herbsttagen war es etwas kühl in dem großen Raum.

Fürst Albert schaute auf seine Tochter Hella, die schweigend von ihrem leicht erhöhten Backensessel dem Zeremoniell der Begrüßung zu­gesehen hatte.

Ihre Wangen waren leicht gerötet, ihre Augen glänzten. Man sah es ihr an, dass sie den Besuch der jungen Männer als eine willkommene Ab­wechslung ihres eintönigen Lebens empfand.

„Herr Deegen wird eine Woche un­ser Gast sein, Vater“, sagte Harald. „Wir haben noch Arbeiten zu erledi­gen, für die wir während der Ausgra­bungen keine Zeit hatten.“

Albert von Gehlen neigte zustim­mend sein Haupt. „Es wird uns eine Freude sein, Herr Deegen“, meinte er liebenswürdig.

„Danke sehr, Hoheit“, antwortete Ronald mit einer leichten Verbeu­gung. „Ich hoffe, dass es Ihnen nicht lästig werden wird.“

Der Fürst winkte lachend mit der Hand ab. „Sie werden noch schnell genug feststellen, wie groß Schloss Gehlen ist und wie wenig wir uns darin begegnen werden.“ Mit einem Blick auf seinen Sohn fügte er dann hinzu: „Außerdem ist mir Haralds Freund und Kollege immer ein will­kommener Gast.“ Er wechselte das Thema: „Wie lange dauert denn der Heimaturlaub überhaupt?“ Fragend schaute er die beiden jungen Wissen­schaftler an.

„Wir haben zunächst einmal sechs Wochen Erholungsurlaub." Harald lachte vergnügt. „Das haben wir auch verdient nach diesen anstrengenden Monaten, nicht wahr, Ronald?“

Der Fürst lehnte sich befriedigt in seinem Sessel zurück. „Das ist gut, mein Junge. Wir werden dich dann wohl öfter hier haben, nicht wahr?“ „Ich glaube schon“, meinte Prinz Harald fröhlich, „ich freue mich auch darauf.“

„Ich noch mehr!“ kam nun die leise Stimme der Prinzessin.

Alle schauten zu ihr hin.

„Ich werde dir viel Gesellschaft leisten, Schwesterlein“, sagte Harald mit Herzlichkeit. Wieder einmal wur­de ihm deutlich, wie schwer ihr Da­sein zu ertragen sein musste, wie ein­fach und befriedigend dagegen sein Leben sich abspielte.

„Wenn Sie gestatten, Prinzessin, erlaube ich mir auch gerne, Sie hier und da ein wenig zu unterhalten.“ Ronalds Augen tasteten ihr Antlitz ab. Dieser Ausdruck, durchfuhr es ihn, der sprechende Mund, die wun­derschönen großen Augen! Er musste versuchen, sie zu malen, den Wechsel von Glück und Leid in ihren Zügen festzuhalten! Er sah, wie sie vor Freude errötete.

„Gern, Herr Deegen“, sagte sie schlicht.

Nun wandte sich der Schlossherr an den jungen Gast: „Herr Deegen, wie kommen Sie als Maler und Fotograf an diese wissenschaftliche Aufgabe?“

„Hoheit, malen können ist ein Ta­lent, das man entweder besitzt oder nicht besitzt.“ Er lächelte. „Nun, ich bekam es als Geschenk in die Wiege gelegt. Ich studierte an der Kunst­akademie und belegte gleichzeitig Vorlesungen über Kunstgeschichte. Dabei geriet ich in das Gebiet der antiken Kunst und kam zwangsläufig zu den Ausgrabungen. Ich lernte be­deutende Archäologen kennen ...“ Er hob die Hände und drehte die Hand­flächen auf. „Wie das so geht, Hoheit. Eins zieht das andere nach sich.“

„Ich verstehe“, nickte der Fürst verständnisvoll.