Liebe in deinen Augen (Die Sullivans 1) - Bella Andre - kostenlos E-Book

Liebe in deinen Augen (Die Sullivans 1) E-Book

Bella Andre

4,0

Beschreibung

"Bella Andre schreibt gefühlvolle und sexy Liebesromane." NYT-Bestsellerautorin Maya Banks Verlieben Sie sich in die Familie Sullivan! Bella Andres Liebesromanserie, die zum New York Times Bestseller wurde, beginnt mit der bewegenden, witzigen und erotischen Liebesgeschichte LIEBE IN DEINEN AUGEN.  Als Chloe Petersons Auto während eines Unwetters in Napa Valley ins Schleudern gerät und in einem Graben landet, glaubt sie nicht, dass der attraktive Mann, der ihr zur Rettung kommt, etwas Gutes im Sinne hat, denn sie hat guten Grund, keinem Mann zu trauen: Dem letzten, dem sie vertraute, verdankt sie den Bluterguss auf ihrer Wange. Der erfolgreiche Fotograf Chase Sullivan reist oft in ferne Länder und es mangelt ihm nie an schönen Frauen. Chase glaubt, dass sein Leben perfekt ist - bis er eines Nachts auf Chloe trifft, deren Wagen einen Totalschaden hat. Chase ist nicht nur von ihrer äußeren und inneren Schönheit angetan, sondern bemerkt auch schnell, dass Chloe viel schlimmere Probleme hat als nur ihr kaputtes Auto. Chloe hat sich geschworen, nie wieder den Fehler zu machen, einem Mann ihr Vertrauen zu schenken. Aber mit jedem liebevollen Blick von Chase - und mit jeder sündhaften und zärtlichen Berührung - lodert das Feuer der Anziehung zwischen ihnen stärker und sie fragt sich, ob sie mit Chase eine Ausnahme machen kann. "Die Sullivans"-Reihe *** Die Sullivans aus San Francisco *** Liebe in deinen Augen Ein verfänglicher Augenblick Begegnung mit der Liebe Nur du in meinem Leben Sag nicht nein zur Liebe Nur von dir hab ich geträumt Lass dich von der Liebe verzaubern Du gehst mir nicht mehr aus dem Sinn *** Die Sullivans aus Seattle *** Eine perfekte Nacht Nur du allein Deine Liebe muss es sein Dir nah zu sein Ich mag, wie du mich liebst Ohne dich kann ich nicht sein *** Die Sullivans aus New York *** Vier Herzen vor dem Traualtar Bilder von dir Weil es Liebe ist Die Süße der Liebe Das Beste kommt erst noch Liebe ist kein Marchen Wer Liebe sät Irgendwo auf der Welt Halt mich *** Die Sullivans aus Maine *** Mit Leib und Seele Herzbeben

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Liebe in deinen Augen

~ Die Sullivans, 1. Buch ~

Chase & Chloe

Bella Andre

Inhaltsverzeichnis

Bucheinband

Titelseite

Copyright

Über das Buch

Eine Anmerkung von Bella

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Epilog

Alle Bücher von Bella Andre in deutscher Sprache

Über die Autorin

Liebe in deinen Augen

© 2020 Bella Andre

Übersetzung Christine L. Weiting – Language+ Literary Translations, LLC

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Verlieben Sie sich in die Familie Sullivan! Bella Andres Liebesromanserie, die zum New York Times Bestseller wurde, beginnt mit der bewegenden, witzigen und erotischen Liebesgeschichte LIEBE IN DEINEN AUGEN.

Als Chloe Petersons Auto während eines Unwetters in Napa Valley ins Schleudern gerät und in einem Graben landet, glaubt sie nicht, dass der attraktive Mann, der ihr zur Rettung kommt, etwas Gutes im Sinne hat, denn sie hat guten Grund, keinem Mann zu trauen: Dem letzten, dem sie vertraute, verdankt sie den Bluterguss auf ihrer Wange.

Der erfolgreiche Fotograf Chase Sullivan reist oft in ferne Länder und es mangelt ihm nie an schönen Frauen. Chase glaubt, dass sein Leben perfekt ist – bis er eines Nachts auf Chloe trifft, deren Wagen einen Totalschaden hat. Chase ist nicht nur von ihrer äußeren und inneren Schönheit angetan, sondern bemerkt auch schnell, dass Chloe viel schlimmere Probleme hat als nur ihr kaputtes Auto.

Chloe hat sich geschworen, nie wieder den Fehler zu machen, einem Mann ihr Vertrauen zu schenken. Aber mit jedem liebevollen Blick von Chase – und mit jeder sündhaften und zärtlichen Berührung – lodert das Feuer der Anziehung zwischen ihnen stärker und sie fragt sich, ob sie mit Chase eine Ausnahme machen kann.

Obwohl eine Beziehung mit Chloe Chases Leben für immer verändern wird, widersetzt er sich dieser Veränderung nicht. Um sie zu schützen ist er bereit, Berge zu versetzen, während er sich auf einen ganz anderen Kampf vorbereitet: den um Chloes Herz.

Eine Anmerkung von Bella

Mein ganzes Leben lang habe ich Liebesromane gelesen (und verschlinge manchmal immer noch ein ganzes Buch pro Tag, wenn mein Terminkalender es zulässt!). Meine Lieblingsromane handeln immer von Familien. Es macht mir Spaß, Brüder, Schwestern, Cousins und Cousinen in ihrer Entwicklung von einem Buch zum nächsten zu begleiten. Dabei freue ich mich nicht nur, wenn sie sich verlieben, sondern ich beobachte auch gerne, wie die einzelnen Liebesgeschichten sich im Laufe der Serie entfalten und aufblühen.

Es ist mir eine Riesenfreude, Sie jetzt mit den sechs Brüdern, zwei Schwestern und der fantastischen Mutter meiner Sullivans aus San Francisco bekannt zu machen! Vom Weingutsbesitzer über den Filmstar bis hin zur Bibliothekarin sind in der Familie Sullivan die verschiedensten Berufsbilder und Persönlichkeiten vertreten, doch sie alle haben eines gemeinsam: sie stehen füreinander ein, komme, was da wolle. Besonders, wenn der Weg zum Happy End mit Hindernissen gepflastert ist.

In Liebe in deinen Augen stößt der Fotograf Chase Sullivan im Napa Valley auf Chloe, deren Wagen einen Totalschaden hat. Er ist so von ihrer inneren und äußeren Schönheit überwältigt, dass er sie nur noch lieben und beschützen will. Aber sie hat sich geschworen, nie wieder einem Mann zu vertrauen. Kann es sein, dass er die einzige Ausnahme ist?

Die süße – und sündige – Reise von Chase und Chloe auf der Suche nach der wahren Liebe niederzuschreiben war für mich ein wunderbares Erlebnis. Ich hoffe, Sie werden beim Lesen der Geschichte meiner Sullivans ebenso viel Spaß haben, wie ich beim Schreiben.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihre

Bella Andre

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Kapitel 1

Chase Sullivan war sieben Jahre alt, als er zum ersten Mal die Polaroid seines Vaters in die Hand nahm und anfing, Fotos zu machen. Zu seinem achten Geburtstag schenkte ihm sein Vater einen eigenen Fotoapparat und beide wussten, dass Chase einmal Fotograf werden würde.

Chase hörte nicht auf, seine sieben Geschwister, seine Mutter und seinen Vater zu fotografieren – bis dieser starb, als Chase zehn war. Seine Geschwister hatten es nicht immer gern, wenn ein Objektiv auf sie gerichtet wurde. Mehr als einmal hatte ihm einer seiner Brüder gedroht, ihm den Fotoapparat aus der Hand zu schlagen, wenn er ihn nicht selbst weglegte.

Doch auch nachdem er seit über zehn Jahren als Profifotograf gearbeitet und von Wüstenlandschaften bis Olympiasportlern alles abgelichtet hatte, war Chase immer noch überzeugt, dass seine frühesten Motive – seine Angehörigen – zu den interessantesten gehörten, die er je eingefangen hatte.

Daher ließ er es sich nicht nehmen, bei großen Familientreffen den offiziellen Fotografen zu spielen. Vor allem bei so wichtigen Ereignissen wie dem siebzigsten Geburtstag seiner Mutter.

Das Haus seines Bruders Ryan mit Blick über die Bucht von San Francisco war der ideale Ort für die Feier. Ryans Wohnzimmer und Küche waren zwar sehr geräumig, aber trotzdem herrschte ein dichtes Gedränge von Gratulanten, die gekommen waren, um das geliebte Oberhaupt des Sullivan-Clans zu feiern.

Die Stimmung war auf dem Höhepunkt, als Marcus, Chases ältester Bruder und Eigentümer der Weinkellerei Sullivan, seiner Mutter den Arm um die Schultern legte und sie zu der großen Geburtstagstorte führte. Wie auf Befehl senkte sich der Geräuschpegel im Raum; Chase stellte sein Bier ab und nahm den Fotoapparat zur Hand. Zuerst fotografierte er seine jüngere Schwester Sophie, während diese vorsichtig die Kerzen anzündete, mit denen sie kunstvoll den Namen ihrer Mutter und die Zahl siebzig auf die Torte geschrieben hatte.

Beim Blick durch den Sucher fiel Chase wieder einmal auf, wie ähnlich sich Sophie und ihre Mutter sahen. Mary Sullivan war Fotomodell gewesen, als sie den Vater kennengelernt hatte, und auch jetzt, Jahrzehnte später, ging hier, inmitten ihrer Kinder und Freunde, ein Strahlen von ihr aus.

Das Haar der Mutter war jetzt grau und zu einem kinnlangen Pagenkopf geschnitten. Es fiel ihr nicht mehr lang und dunkelglänzend über die Schultern, wie früher auf den Titelseiten der Zeitschriften; aber in den Zwillingen Sophie und Lori sah Chase ganz deutlich die Ähnlichkeit mit ihrer Mutter, als diese Mitte zwanzig war. Mary hatte immer noch den gleichen sanft gebräunten Teint und die langen, eleganten Gliedmaßen; immer wieder war er überrascht, wie in ihrem Blick Sophies innere Ruhe und Loris übersprudelnde Energie perfekt miteinander verschmolzen.

Er hatte mehr als einen der Gäste sagen hören, es sei kaum zu glauben, dass Mary siebzig war, wo sie doch mindestens zehn Jahre jünger aussah. Einige hatten dabei mit einem Grinsen oder einer Grimasse – je nachdem, welches ihrer Kinder sie gerade im Blickfeld hatten – angemerkt, dies sei besonders erstaunlich, da sie ja acht Kinder praktisch allein hatte aufziehen müssen, als ihr Mann im Alter von achtundvierzig Jahren plötzlich verstarb.

Chase verspürte, wie immer, wenn er an seinen Vater dachte, einen Stich in der Brust. Er wünschte, Jack Sullivan könnte jetzt hier bei ihnen sein. Nicht nur, weil er seinen Vater immer noch jeden Tag vermisste, sondern auch, weil er wusste, wie sehr seine Mutter ihren Mann geliebt hatte.

Diese düsteren Gedanken schüttelte Chase ab, als er die Torte mit all den brennenden Kerzen fotografierte, siebzig plus eine als Glücksbringer. Marcus stimmte ein kraftvolles „Happy Birthday“ an und bald stimmten alle im Raum mit ein.

Während seine Mutter strahlte, als bemerke sie die schiefen Töne nicht, mit dem das einfache Lied gerade verunstaltet wurde, stellte sich Chase an den Rand der Gruppe, um durch den Sucher der Kamera so viele seiner Angehörigen wie möglich zu verewigen.

Als sie das Geburtstagsständchen schließlich zu Ende geträllert hatten, drückte Marcus Marys Hand und sagte „Jetzt musst du dir etwas wünschen, Mama.“

Sie blickte auf die vielen Menschen, die sie alle liebten, und ihr Lächeln galt jedem einzelnen von ihnen. „So viele meiner Wünsche sind schon wahr geworden.“ Ihr Lächeln wurde breiter. „Trotzdem will ich noch mehr. Mindestens noch siebzig.“

Alle lachten mit ihr zusammen in dem Wissen, dass sie einer der bescheidensten Menschen der Welt war. Alle Wünsche, die sie je in ihrem Leben gehabt hatte, hatten eindeutig ihren Kindern gegolten. Sie hatte nie wieder geheiratet und, soweit Chase wusste, noch nicht einmal eine Beziehung gehabt. Stattdessen hatte sie sich darauf konzentriert, sie zu erziehen, zu unterstützen, zu lenken. Nun, wo sie alle erwachsen waren, war sie immer noch da, wenn sie sie brauchten … und manchmal sogar, wenn ihnen gar nicht klar war, dass sie sie brauchten.

Daher hoffte Chase, als Mary Sullivan ihre Augen schloss, um sich etwas zu wünschen und sie dann wieder öffnete, um die Kerzen auszublasen, dass wenigstens ein Wunsch für sie selbst dabei war.

Alle klatschten und ihm gelang ein toller Schnappschuss, als Marcus die Mutter auf die Wange küsste und Sophie von hinten die Arme um Mary schlang. Einen Schnappschuss nach dem anderen machte Chase von seinen Brüdern und Schwestern, wie sie mit ihrer Mutter Geburtstag feierten, und er wusste, sie würde sich später darüber freuen.

Bald hatte Chase alle Bilder, die er brauchte, um ein tolles Fotobuch zur Erinnerung an diesen ganz besonderen Tag zusammenzustellen. Er hätte den Fotoapparat wieder hinlegen können, aber das tat er ganz bewusst nicht. In einer Familie von acht Geschwistern hatte jedes seinen ganz besonderen Platz. Die Bilder, die Chase in den mehr als zwanzig letzten Jahren gemacht hatte, waren der Beweis, dass sich ihre Persönlichkeiten mit der Zeit immer stärker ausgeprägt hatten.

Bereits vor dem Tod des Vaters hatte Marcus seine Rolle als Ältester der Sullivan-Kinder ernst genommen. Mit vierzehn machte sich bereits bezahlt, was er gelernt hatte, denn er war sofort in der Lage, in die Fußstapfen des Vaters zu treten. Chase wusste, wie viel sie alle Marcus zu verdanken hatte, der ihnen zuliebe seine Kindheit aufgegeben hatte. Er war sehr froh, dass sein Bruder mit den Weinbergen und den sortenreinen Weinen der vor zehn Jahren von ihm gegründeten Weinkellerei Sullivan seine Berufung gefunden hatte. Als Chase jetzt die Kamera auf seinen ältesten Bruder richtete, sah er leider, dass dieser im Gespräch mit seiner Freundin Jill gerade die Stirn runzelte. Jill war offensichtlich wegen irgendetwas aufgebracht. Mit zusammengekniffenen Lippen und schmalen Augen wies sie in Richtung der anderen. Da seinem Bruder ganz deutlich der Frust ins Gesicht geschrieben stand, ließ Chase den Fotoapparat sinken. Es wäre ihm unangenehm gewesen, diesen Augenblick zwischen Marcus und seiner Freundin festzuhalten, denn er war sicher, Marcus hätte nicht gewollt, dass jemand etwas von den Unstimmigkeiten mitbekam.

Lori, seine vierundzwanzigjährige Schwester und Sophies Zwilling, zupfte an seinem Ärmel und erleichtert wandte er sich jetzt ihrem verschmitzt grinsenden Gesicht zu. „Du siehst glücklich aus, Früchtchen. Hast du dich wieder mit Liebchen vertragen?“

Vor langer Zeit hatte er Lori Früchtchen und Sophie Liebchen getauft. Hätten sie sich im Aussehen nicht wie ein Ei dem anderen geglichen, dann hätte Chase keine Sekunde lang geglaubt, dass sie miteinander verwandt waren. Leider hatten sich die Zwillinge die letzten Monate über nicht gerade gut vertragen. Natürlich hätte keine von beiden den Brüdern verraten, worum es bei dem Streit ging. Auch wenn sie Streit hatten, ging es Chase durch den Kopf, funktionierten die Zwillinge immer als Team.

Von allen seinen Geschwistern war Lori immer diejenige gewesen, die sich am bereitwilligsten von ihm fotografieren ließ. Sie war eine fantastische Choreografin und hatte schon immer gern getanzt; bereits mit zwei Jahren hatte sie ihm fröhlich vorgetanzt, während er von ihrem kleinen wirbelnden, springenden und schwingenden Körper ein Foto nach dem anderen knipste. Und dennoch glaubte er, dass er die eindrucksvollsten Bilder von seiner Schwester immer dann aufgenommen hatte, wenn sie mit dem Tanzen fertig war und gar nicht mehr daran dachte, dass sie fotografiert wurde. Sie lenkte all ihre Liebe, ihre Energie, ihre Leidenschaft in den Tanz und wenn sie still stand, waren all diese Emotionen noch in ihrem ausnehmend hübschen Gesicht zu sehen.

Als unausgesprochene Antwort auf seine Frage sah Lori in Sophies Richtung und runzelte die Stirn. „Dazu sollte ich jetzt lieber nichts sagen“, sagte sie, schüttelte kurz den Kopf und wandte sich dann wieder Chase zu: „Oh ja, ich bin wirklich glücklich.“ Sie schaute in die Richtung, in der ihre Brüder Zach und Gabe eine recht angeregte Diskussion mit geballten Fäusten und allem Drum und Dran zu führen schienen. „Hast du Zachs neue Flamme schon kennengelernt?“

„Hab ich“, sagte Chase und warf einen kurzen Blick auf die gefärbte Blondine mit den schwindelerregend hohen Stöckelschuhen. Die Frau war hübsch, wie alle anderen, mit denen Zach zusammen gewesen war, aber nicht besonders beeindruckend. Als er von einem Bruder zum anderen schaute, verstand Chase bald, warum Lori bis über beide Ohren grinste.

„Gabe war schon mal mit ihr zusammen, stimmt’s?“

Lori nickte lachend. „Klar doch.“

Wenn sechs Brüder im Alter zwischen siebenundzwanzig und sechsunddreißig zusammentrafen, musste einiges durcheinandergehen. Und alle acht Geschwister zusammen unter einem Dach bedeutete viel Gelächter, viele Sticheleien … und mindestens einen handfesten Streit. Da es aber offensichtlich war, dass keiner seiner Brüder bei dem Mädchen ernste Absichten hatte, war die Wahrscheinlichkeit gleich Null, dass sie sich wegen ihr prügeln würden, es sei denn, sie nähmen es als Vorwand, um mit den Fäusten ein bisschen Dampf abzulassen.

Seit der Highschool hatte Chase von mehr als einer Frau Begeisterungsrufe über Zachs Aussehen gehört und man konnte wohl sagen, dass sein Bruder es zu nutzen wusste, bei der Vergabe der Gene das große Los gezogen zu haben. Und da Zach zwei Dinge liebte – flotte Autos und noch flottere Frauen – nahm Chase an, dass alles bisher so seine Ordnung gehabt hatte. Grinsend machte er ein paar Aufnahmen von Zach, der den Besitzanspruch auf seine Begleiterin deutlich machte, und beschloss, nächste Woche mit diesen Bildern seine Freunde zu ärgern, die eine erfolgreiche Modelagentur hatten. Denn wenn sich Zach je bereit erklären würde, seine Schraubenschlüssel hinzuwerfen und seine Rennwagen stehenzulassen, und auch nur eine Woche lang in den neuesten Designerklamotten zu posieren, dann könnte die Agentur für Zachs Zeit praktisch so viel Geld verlangen, wie sie wollte.

Aber, dachte Chase, als er sein Objektiv auf Gabe richtete, ein Agent mit einem Mindestmaß an Verstand würde versuchen, auch Gabe anzuheuern. Obwohl Gabe der Jüngste der Sullivan-Brüder war, war er doch einer der Größten und Stärksten. Als Feuerwehrmann in San Francisco hatte er den gefährlichsten Beruf von allen. Mehr als einmal hatte er in den letzten Jahren eine Familienfeier wie diese wegen eines Feueralarms verlassen müssen. Und dann war jeder der normalerweise lauten Sullivans jedes Mal recht still geworden und hatte für seine Sicherheit gebetet. Heute hoffte Chase, dass der Regen draußen dafür sorgen würde, dass Gabe wenigstens bis zum Ende der Geburtstagsfeier dablieb.

Er hatte gerade seinen Fotoapparat sinken lassen, als Lori sagte: „Ich weiß nicht, warum Zach und Gabe es überhaupt für nötig halten, sich um das Mädchen zu streiten, wo sie doch nur Augen für Smith hat.“ Sie zuckte die Achseln angesichts der Anziehungskraft, die ihr Bruder, der Filmstar, auf alle weibliche Wesen dieser Welt ausübte und sagte: „Ich gehe mir noch ein bisschen Torte holen, bevor sie alle ist. Ich bring dir auch ein Stück aus der Mitte mit.“

Chase hob seine Kamera wieder, als seine Schwester sich flirtend ihren Weg zurück mitten ins Geschehen bahnte. Keine Frage, seine atemberaubende, anspruchsvolle Schwester würde eines Tages irgendeinen armen Kerl völlig verrückt machen. Und dieser Kerl würde sich verdammt glücklich schätzen können, wenn er Loris großes Herz gewinnen könnte.

Natürlich wusste sie, dass das Objektiv auf sie gerichtet war, denn sie zwinkerte ihm zu und sagte unhörbar: „Hab ich’s nicht gesagt?“, wobei sie mit dem Daumen in Richtung Smith wies, der gerade von Zachs Flamme in die Zange genommen wurde.

Chase hatte fast ein schlechtes Gewissen, dass er die Kamera auf seinen Bruder Smith richtete. In den letzten fünfzehn Jahren war Smith aufgrund seiner Liebe zur Schauspielerei – und seines enormen Talents – Tausenden von Kameras und den weltweiten Medien zum Fraß gefallen. Chase lachte immer darüber, wie die Leute in Gegenwart seines Bruders verrückt spielten. Der Filmstar Smith war ein genauso normaler Mensch wie alle anderen auch.

Obwohl, das musste er ihm lassen, es nicht gerade unter die Rubrik „normal“ fiel, in Italien eine 45-Meter-Yacht zu chartern und mit Promis zu füllen.

Sogar jetzt, wo die Frau Smith nur eine Spur zu nahe gekommen war, während sie ihn um ein Autogramm bat, war Chase beeindruckt, wie gut sein älterer Bruder mit seinem Ruhm umzugehen verstand. Aber auch, wenn Smith sich nie bei ihnen beklagte, wusste Chase, dass der Druck immer „auf Sendung“ sein und für alle Welt immer „Smith Sullivan“ spielen zu müssen, ihm sicherlich manchmal zusetzte. Daher sorgten Chase und seine Geschwister, wenn sie im Kreis der Familie zusammenkamen, dafür, dass Smith nicht anders als jeder andere von ihnen behandelt wurde.

Zu Smiths Rechter hob sein Bruder Ryan eine schwere Kiste aus dem Weg, damit genug Platz war zum Tanzen, als die Band zu spielen begann. Der Profisportler Ryan war groß und muskulös und bei ihm wirkte die Bewegung mühelos, aber mit der Kamera erfasste Chase die leichte Anspannung seines Kiefers, als Ryans rechte Schulter unter dem Gewicht ein bisschen zu stark nachgab. Als Kind hatte sein Bruder sich das Ziel gesetzt, Werfer bei den San Francisco Hawks zu werden. Es hatte eine Riesenfeier gegeben, als Ryan am College von den Hawks als Spitzenspieler ausgewählt wurde. Die letzten zehn Jahre lang hatte Ryan seine Strikeouts völlig mühelos aussehen lassen. Aber Chase wusste, wie sehr sich sein Bruder auf etwas konzentrieren konnte, das er wollte; genauso wie er sich darauf konzentriert hatte, der absolut beste Werfer der US-Baseball-Liga zu werden.

Sobald Ryan die Tanzfläche freigeräumt hatte, stellte Lori ihr Stück Torte ab, nahm seine Hand und zog ihn mit. Chase fotografierte weiter, als Ryan versuchte, auch Sophie zum Tanzen zu bewegen, aber Sophie schüttelte nur den Kopf und zog sich in den Schatten zurück.

Sophie war das genaue Gegenteil von Lori, sie war das Liebchen im Gegensatz zu Lori, dem Früchtchen. Er konnte sie sich nur als Bibliothekarin vorstellen und wusste, dass sie ihre Arbeit in der Hauptbibliothek von San Francisco über alles liebte. Auch als sie noch Kinder waren, hatte sie sich immer, wenn sie ihn mit dem Fotoapparat sah, einfach ihr Buch höher vors Gesicht gehalten, bis er sie in Ruhe ließ und sich ein anderes Opfer suchte. Er wusste, dass sie heute Abend um ihn und seinen Fotoapparat einen extra großen Bogen schlug. Chase war schon immer überzeugt gewesen, dass es genauso eine Gabe war, sich im Hintergrund zu halten, wie vor einer Kamera zu glänzen. Schon als kleines Mädchen hatte Sophie die Kunst der Beobachtung meisterlich beherrscht. Sie betrachtete und nahm alles in sich auf. Er hatte mit den Jahren viel von ihr gelernt und oft an sie gedacht, wenn er hinter die Kamera trat.

Einen Augenblick später spürte Chase einen schlanken aber starken Arm um seine Taille. Er stellte den Fotoapparat ab und küsste seine Mutter auf ihr Haar.

„Herzlichen Glückwunsch, Mama. Ich hoffe, du amüsierst dich gut.“

Sie lächelte ihn an und sagte dann denselben Satz wie jedes Jahr, wenn alle versammelt waren, um sie zu feiern. „Es ist der schönste Geburtstag den ich je hatte, mein Schatz. Der Allerschönste.“

Als sie umschlungen dastanden und seinen Brüdern und Schwestern beim Tanzen und Lachen, Reden und Streiten zusahen, stimmte Chase ihr zu. Es war wirklich die schönste Geburtstagsfeier, die sie je gehabt hatten.

Ein paar Minuten später ließ sich Sophie nicht lange bitten und machte ein paar Fotos von Chase und ihrer Mutter. „Egal was ihr macht, nicht lächeln“, sagte Sophie; es war ein beliebter Witz in der Familie, den ihr Vater vor langer Zeit einmal gemacht hatte, während er – vergeblich – versuchte, acht unruhige Kinder dazu zu bringen, alle auf einmal in die Kamera zu lächeln. Am Ende hatte er allen gedroht, bloß nicht zu lächeln, sonst setze es was! Bei dem Verbot zu lächeln hatten alle dermaßen kichern müssen, dass das Familienfoto perfekt gelang.

Es regnete jetzt richtig stark und durch das Fenster sah Chase, wie der Himmel dunkler wurde und ein richtiggehendes Unwetter ankündigte. Da er für den nächsten Morgen recht früh einen Fototermin in Marcus’ Weingut im Napa Valley ausgemacht hatte, hatte Chase sowieso geplant, sich etwas früher von der Feier zu verabschieden. In der Dunkelheit bei Regen aus der Stadt ins Napa Valley zu fahren würde noch länger dauern als gewöhnlich, also sollte er besser früh genug fahren.

Chase versprach seiner Mutter, ihr die Fotos so bald wie möglich zu schicken, verstaute den Fotoapparat in der Tasche, umarmte sie ein letztes Mal und machte sich auf den Weg.

* * *

Über eine Stunde später, als Chases BMW auf der enger werdenden Straße, die zum Weingut Sullivan führte, in eine Kurve fuhr, schafften seine Scheibenwischer es kaum noch, das Wasser abzuhalten und seine Sicht auf die Straße durch das Napa Valley war ständig behindert.

In den kommenden vier Tagen würde Chase für Jeanne & Annie, ein aufstrebendes Modehaus, das Haute Couture mit einem naturverbundenen Stil kombinierte, im Weingut seines Bruders Aufnahmen machen. Die Models und das Team würden in einem Hotel in der Stadt übernachten, während Chase vorhatte, im Gästehaus seines Bruders mitten im Weinberg zu wohnen. Das Weingut war der perfekte Ort für das Fotoshooting, besonders jetzt im Frühjahr, wo die Reben leuchtend grüne Blätter trieben und dazwischen der Ackersenf blühte.

Plötzlich erhellte ein Blitz den Himmel. Wenn es an der schmalen Landstraße einen breiteren Randstreifen gegeben hätte, hätte Chase angehalten, um ein paar Bilder von dem Gewitter zu machen. Er liebte den Regen. Unwetter gaben den Dingen ein neues Gesicht und konnten ein gewöhnliches Feld in einen Sumpf verwandeln, in dem auf einmal tausend Vögel Rast machten. Situationen, die die meisten Fotografen in helle Aufregung versetzten – vor allem, wenn sie für ihre Bilder unbedingt den perfekten Sonnenuntergang brauchten – waren genau das, was ihn beflügelte.

Gerade in den Augenblicken, wenn allen schon kalt war und nichts „richtig“ lief, entstand der besondere Zauber der Bilder. Dann konnten die Models endlich loslassen und ihm zeigen, wer sich wirklich hinter der Frisur und dem Make-up verbarg. Chase glaubte, dass eine echte emotionale Verbindung mit der Kamera vorhanden sein musste, damit die eigentliche menschliche Schönheit – zusammen mit der Schönheit der Kleidung, des Schmucks oder der Schuhe – richtig zur Geltung kam.

Natürlich hatte Chase am Anfang seiner Karriere, in der er von so viel Schönheit umgeben war, nichts anbrennen lassen, so wie es in der Branche eben üblich war. Anfangs war das einer der Vorzüge seines Berufs gewesen, aber als er auf die Ende zwanzig zu ging und ihm bewusst wurde, dass der Geschmack einer Nacht kaum acht Stunden anhielt, während seine Fotografien für die Ewigkeit gemacht waren, hatte er sich etwas mehr zurückgehalten.

Wegen seiner Asienreisen in letzter Zeit und weil ihn keine Frau besonders gereizt hatte, hatte er im letzten Monat ganz auf One-Night-Stands verzichtet. Heute Abend wollte er diese Abstinenzphase mit Ellen, einer leitenden Angestellten im Weingut von Marcus, die er während der Planung des Fotoshootings kennengelernt hatte, vorübergehend beenden. Ein paar E-Mails hatten genügt, um alles klarzumachen. Ein wenig nacktes Vergnügen in einer Nacht, ohne irgendwelche Verpflichtungen, war genau das, was er jetzt brauchte, auch wenn Chase den Verdacht hatte, dass es Marcus nicht besonders gefallen würde, wenn sein Bruder ein Techtelmechtel mit einer seiner Mitarbeiterinnen hatte. Nun, schließlich waren sie ja alle erwachsen …

Der Regen war so stark, dass Chase das flackernde Licht rechts von der zweispurigen Landstraße fast übersehen hätte. In der letzten halben Stunde war ihm nicht ein einziges Fahrzeug begegnet, denn in einer solchen Nacht blieben die meisten normalen Kalifornier zu Hause.

Er fuhr langsamer und schaltete das Fernlicht ein, um im strömenden Regen etwas besser sehen zu können. Es hing nicht nur ein Auto im Straßengraben fest, sondern etwa hundert Meter vor ihm ging auch jemand am Straßenrand entlang. Offensichtlich hatte die Frau das herankommende Auto gehört, denn sie drehte sich zu ihm um und er sah im Licht seiner Scheinwerfer, wie ihr langes nasses Haar um ihre Schultern wehte.

Während er überlegte, wieso sie nicht einfach die Pannenhilfe angerufen hatte und im warmen und trockenen Auto auf Rettung wartete, fuhr er an den Straßenrand und stieg aus. Die Frau zitterte, als sie ihn auf sich zukommen sah.

„Sind Sie verletzt?“

Sie bedeckte ihre Wange mit einer Hand, aber schüttelte den Kopf. „Nein.“

Um bei dem auf den Asphalt klatschenden Regen etwas zu verstehen, musste er sich ihr nähern. Es war kälter geworden und der Regen verwandelte sich ziemlich bald in Hagel. Obwohl seine Scheinwerfer noch eingeschaltet waren, brauchten seine Augen ein paar Minuten, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Schließlich gelang es ihm, ihr Gesicht etwas deutlicher zu sehen, und etwas in seiner Brust krampfte sich schmerzhaft zusammen.

Die langen, dunklen Haare klebten ihr an Kopf und Brust fest und sie war völlig durchgeweicht, aber ihre Schönheit traf ihn bis ins Mark.

Sein Fotografenblick hatte alle Details sofort erfasst. Ihr Mund war ein bisschen zu groß, ihre Augen standen ein bisschen zu weit auseinander. Sie war nicht annähernd so schlank wie ein Model, aber so, wie ihr das T-Shirt und die Jeans an der Haut klebten, konnte er sehen, dass ihr die üppigen Kurven gut standen. Ihre Haarfarbe konnte er im Dunkeln nicht genau ausmachen, aber dort, wo sie ihre Brust bedeckten, sahen ihre Haare weich und glatt wie Seide aus.

Erst als Chase sie sagen hörte: „Mein Auto ist allerdings total im Eimer“, merkte er, dass er völlig aus dem Konzept gekommen war und gar nicht mehr wusste, wozu er eigentlich hier war.

Er hatte sie aufgesogen wie ein Verdurstender und bemühte sich nun, seine Fassung wieder zu erlangen. Er sah gleich, dass sie mit dem Auto recht hatte. Man musste kein Mechaniker sein wie sein Bruder Zack, um zu sehen, dass ihr Kleinwagen nur knapp einem Totalschaden entgangen war. Aber auch wenn die vordere Stoßstange nicht von dem weißen Bretterzaun, gegen den sie geschlittert war, halb zertrümmert worden wäre, hätte sie den Wagen mit ihren abgewetzten Reifen im Schlamm nicht wieder in Gang bringen können. Zumindest nicht heute Abend.

Wenn ihr Auto in einer etwas weniger heiklen Lage gewesen wäre, hätte er sie wohl wieder ins Auto zurückgeschickt und versucht, es aus dem Morast zu befreien. Aber es gefiel ihm gar nicht, wie eines der Hinterräder über den Rand des Straßengrabens hing.

Chase wies mit dem Daumen über seine Schulter. „Steigen Sie in meinen Wagen. Wir können dort auf den Abschleppdienst warten.“ Er merkte, dass seine Worte sich fast wie ein Befehl anhörten, aber der Hagel wurde wirklich unangenehm. Sie mussten beide ins Trockene, bevor sie zu Eis erstarrten.

Aber die Frau bewegte sich nicht. Stattdessen warf sie ihm einen Blick zu, als sei er völlig übergeschnappt.

„Ich steige nicht mit Ihnen in Ihr Auto.“

Da ihm klar wurde, wie viel Angst es einer Frau machen musste, allein an einem dunklen Straßenrand festzusitzen, trat er einen Schritt zurück und sagte: „Ich werde nicht über Sie herfallen. Ich schwöre, ich werde Ihnen nichts tun.“

Bei dem Wort herfallen zuckte sie fast zusammen und bei Chase begann die innere Alarmanlage zu summen. Er hatte auf problembeladene Frauen nie besonders anziehend gewirkt und er war auch keiner, dem es Auftrieb gab, verletzte Vögelchen gesund zu pflegen. Aber da er so lange mit zwei Schwestern zusammengelebt hatte, wusste er immer genau, wenn etwas nicht stimmte.

Und bei dieser Frau stimmte irgendetwas nicht, abgesehen davon, dass ihr Auto zur Hälfte in einem schlammigen Graben steckte.

Um ihr etwas Sicherheit zu vermitteln, hob er beide Hände. „Ich schwöre beim Grab meines Vaters, dass ich Ihnen nichts tun werde. Sie können ruhig mit mir ins Auto steigen.“ Als sie nicht sofort wieder nein sagte, nutzte er seinen Vorteil und sagte: „Ich möchte Ihnen nur helfen.“ Und das wollte er wirklich. Viel mehr, als es eigentlich normal war, einer völlig Fremden helfen zu wollen. „Bitte“, sagte er. „Erlauben Sie mir, Ihnen zu helfen.“

Sie starrte ihn einen langen Augenblick lang an, während der Hagel zwischen ihnen, um sie herum und von oben auf sie einprasselte. Chase merkte, dass er den Atem anhielt, während er auf ihre Entscheidung wartete. Es konnte ihm eigentlich egal sein, wofür sie sich entschied.

Aber seltsamerweise war es das nicht.

* * *

Chloe Peterson hatte sich nie so nass, so elend … und so verzweifelt gefühlt. Während der vergangenen zwei Stunden hatte sie ständig das Tempolimit überschritten, bis das Unwetter so richtig losgeschlagen hatte. Auf der extrem rutschigen Fahrbahn hatte sie ihr Tempo stark gedrosselt, aber ihre Reifen waren alt und abgefahren und bevor sie sich versah, war der Wagen von der Fahrbahn abgekommen.

Und geradewegs im schlammigen Straßengraben gelandet.

Es wäre vielleicht einfacher – und auch gescheiter – gewesen, im Auto sitzen zu bleiben und darauf zu warten, dass der Sturm sich legte. Aber sie war zu aufgewühlt gewesen, um stillzusitzen. Sie musste in Bewegung bleiben, sonst wäre sie von den Gedanken, die in ihrem Kopf herumschwirrten, eingeholt worden. Also hatte sie sich den Rucksack umgeschnallt und war hinaus in den Regen gegangen, gerade, als dieser begann, sich in einen regelrechten Hagelsturm zu verwandeln.

Die kleinen harten Hagelkörner schmerzten auf ihrer Haut, aber sie war froh über die Kälte und über den Schmerz. Denn dadurch konnte sie sich auf etwas anderes konzentrieren als das, was erst vor ein paar Stunden passiert war. Sie konnte es immer noch kaum glauben, dass …

Nein. Sie durfte nicht zu gründlich darüber nachdenken, was geschehen war. Heute Abend musste sie sich darauf konzentrieren, dem Regen zu entkommen und einen sicheren und trockenen Ort zu finden, wo sie bis zum Morgen ausruhen konnte. Morgen wäre es noch früh genug, um darüber nachzudenken, wie alles so schnell und so fürchterlich hatte schiefgehen können.

Chloe wusste nicht genau, wo sie jetzt war, aber sie hoffte, dass sie in Richtung Stadt ging.

Den ganzen Abend lang waren die Straßen durch das Weinland – Straßen, die sie aus einem Leben kannte, das ihr jetzt wie das Leben einer anderen vorkam – seltsam leer gewesen; aber jetzt hatte sie sich kaum ein paar Schritte von ihrem Auto entfernt, als ihr bewusst wurde, dass Scheinwerfer von hinten auf sie zukamen.

Die Angst hatte sie wieder gepackt, als ein teurer Wagen am Straßenrand hielt, und sie musste innehalten, um ihren Mut zusammenzunehmen und die Angst in den Griff zu bekommen. Sie ging allein auf einer dunklen, nassen Landstraße. Sie war ohne ihr Handy, und auch wenn sie es gehabt hätte, hätte es so weit draußen und in dem Sturm sicher sowieso keinen Empfang gehabt. Dass es ein teurer Wagen war, machte ihre Nerven nicht ruhiger. Wenn überhaupt, machte sie der Gedanke, dass der Fahrer Geld hatte, eher noch nervöser. Denn wenn sie in den letzten sechs Monaten eines sehr deutlich begriffen hatte, dann war es, dass Geld Macht bedeutete. Macht über Frauen wie sie.

Und dann stieg der Mann – ein sehr großer Mann – aus dem Auto, kam auf sie zu und sagte, sie solle in sein Auto einsteigen.

Ausgeschlossen.

Er versuchte, sie zu überzeugen, dass sie bei ihm sicher war. Er sagte genau die richtigen Dinge, aber sie hatte zu viel Erfahrung mit Menschen, die erst das Eine sagten und dann das Andere taten.

„Ich kenne Sie nicht“, sagte sie. Er hätte ein Schwerverbrecher sein können. Sie brauchte nur weiter zu laufen, um später einen Platz zum Trocknen zu finden.

Sie sah seinen frustrierten Blick und wusste, er würde versuchen, erneut auf sie einzureden, als plötzlich das Geräusch rutschender Reifen auf sie zuraste.

Bevor sie überhaupt kapierte, was geschah, hatte er sie in seine Arme gezogen. Sie hatte nicht genug Zeit, um an Abwehr zu denken und zog diese Möglichkeit nicht einmal in Betracht, als ihr klar wurde, dass das auf sie zu rasende Motorrad sie schon fast erreicht hatte.

Sie schloss die Augen und machte sich auf den Aufprall gefasst, als der Mann sie mühelos hochhob und mit ihr in den Graben sprang, wobei er sie fest an sich zog.

Sie öffnete die Augen gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie die Räder des Motorrads rutschten und genau dort wieder auf festen Boden trafen, wo sie eben erst gestanden hatte. Ihr Herz, das fast stillgestanden hatte, begann wieder zu rasen, als sie dem davonfahrenden Motorrad hinterherschaute.

Sie merkte, dass sie keuchte, als wieder Sauerstoff in ihre Lunge strömte. Außerdem zitterte sie, sowohl vor Kälte als auch vor Schreck.

„Alles in Ordnung?“

Chloe sah zu dem Mann hoch, der sie unter Einsatz seines eigenen Körpers vor Schaden bewahrt hatte. Zum ersten Mal seit er aus seinem Wagen gestiegen war, spürte sie etwas anderes als Angst, als sie schlagartig bemerkte, wie attraktiv er war.

Nein, gestand sie sich ein. Attraktiv war eine unzureichende Beschreibung für einen Mann wie diesen. Sogar im Dunkeln konnte sie sehen, dass er andere Männer in den Schatten stellte. Auch im kalten Regen, während ihm Haare und Kleider an der Haut klebten und einige Schmutzstreifen seine Wangenknochen überzogen, war er ein Bild von einem Mann.

Und ihr Körper reagierte mit überraschender Hitze auf ihn.

Oder vielleicht, so wurde ihr plötzlich klar, kam die Hitze daher, dass er sie immer noch in seinen starken Armen hielt.

Diese verlässliche Stärke und die Art, wie er sie aus der Bahn des herannahenden Motorrades wegbefördert hatte, ohne auch nur einen Gedanken an seine eigene Sicherheit zu verschwenden, brachte sie fast dazu, ihm zu vertrauen. An einem anderen Abend hätte das vielleicht gereicht. Aber war es genug?

Nun, da sie wieder in Sicherheit waren und Chloe sich abmühte, auf dem rutschigen Boden Halt zu bekommen, versuchte sie, ihre Gedanken zu ordnen und zu einer vernünftigen Entscheidung zu gelangen. Von seinem Sprung in den Graben mit ihr im Arm war sie auch noch voller Schlamm, und ihr Versuch, wieder heraus zu klettern, verschlimmerte die Lage nur noch.

„Warten Sie einen Moment“, sagte der Mann mit leiser, besänftigender Stimme. „Ich hole uns hier heraus.“

Kurz darauf, nachdem er sich mit überraschender Leichtigkeit durch den Schlamm und den Regen bewegt hatte, stellte er sie am Straßenrand auf den Boden.

Ihre Augen hatten sich bis dahin genug an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie ihm deutlich in die Augen sehen konnte, als er sagte: „Es ist wirklich nicht sicher hier draußen. Für keinen von uns beiden.“ Er sah so ehrlich aus, und überhaupt nicht, als hätte er vor, ihr wehzutun.

Der gesunde Menschenverstand sagte ihr, dass dieser Mann, dieser Fremde, recht hatte und trotzdem war sie argwöhnisch. Unglaublich argwöhnisch.

Aber in diesem Augenblick, draußen im Regen und in der Dunkelheit, in einer Ortschaft, in der sie niemanden kannte, hatte sie da eine andere Wahl?

Vor ihrem geistigen Auge ließ sie noch einmal die Szene ablaufen, wie er sie nicht nur vor Schaden bewahrt hatte, indem er sie aus der Bahn des Motorrads zog, sondern auch indem er sie beim Fall in den Graben mit seinem eigenen Körper abfing.

„Okay. Ich komme mit“, sagte Chloe schließlich.

Sie hoffte ehrlich, dass sie ihre Entscheidung nicht bereuen würde.

Kapitel 2

Gott sei Dank, dachte Chase, hatte sie sich endlich bereit erklärt, mitzukommen. Dieses Motorrad hatte ihm einen Riesenschreck eingejagt. Er hatte keinen Moment Zeit gehabt zu überlegen – er hatte rein instinktiv reagiert und war nun unglaublich erleichtert, dass er sie beide hatte retten können.

Ganz Kavalier, griff er nun instinktiv nach ihrem Rucksack.

Sofort sprang sie ein Stück zurück. „Bitte nicht.“ Angst durchfuhr sie wie ein Blitz, aber sie riss sich gleich wieder zusammen. „Ich kann meinen Rucksack selbst tragen, vielen Dank.“

Durch die Art, wie sie sich seinem Zugriff entzog, sobald sie wieder auf dem Asphalt standen, hätte Chase sich durchaus in seinem Ego verletzt fühlen können. Gleichzeitig wusste er, dass es für eine Frau nur vernünftig war, sich in einer Situation wie dieser vor einem fremden Mann in Acht zu nehmen.

Leider merkte er, dass er völlig unfähig war, ihre sanft gerundeten Kurven aus den Augen zu lassen, während sie zu seinem Auto ging.

Aber jeder Mann, der Schwestern hatte, besonders zwei so hübsche Schwestern wie Lori und Sophie, die öfter in Schwulitäten gerieten, als ihm lieb war, würde in seinem Umgang mit Frauen besonders achtsam sein. Chase und seine Brüder hatten zwar gern ihren Spaß, aber keiner von ihnen würde jemals etwas Gefährliches tun oder eine Frau gegen ihren Willen anfassen. Ganz im Gegenteil, sie hatten es viel lieber, sich von Frauen bitten zu lassen.

Und das war jetzt nicht der Zeitpunkt, an Sex zu denken. Nicht jetzt, wo er eine halb ertrunkene Frau an der Hand hatte – beziehungsweise in seinem Auto, denn er hatte ihr ja versprochen, ihr mit seinen Händen nicht zu nahe zu kommen.

Obwohl er wusste, dass die Ledersitze seines BMW nach dem Kontakt mit Wasser und Schlamm nie wieder so sein würden wie vorher, zögerte Chase nicht, ihr die Beifahrertür zu öffnen und sie einsteigen zu lassen. Als sie mit ihrem Rucksack, den sie krampfhaft auf ihrem Schoß festhielt, sicher im Auto saß, schloss er die Tür, rannte auf die Fahrerseite und sprang hinter das Steuer.

Dampf stieg in dicken Schwaden von ihren Kleidern auf und die Fenster waren bald beschlagen, wodurch die Atmosphäre im Auto noch intimer wurde, als sie ohnehin schon war. So intim, dass Chase nicht umhin kam zu bemerken, dass seine unerwartete Beifahrerin gut nach Regen und frisch erblühten Blumen duftete. Er stellte die Heizung an, um es ihr gemütlicher zu machen, und fragte: „Wollen Sie ein paar trockene Kleider zum Umziehen?“ Er dachte, er könne ihr aus seinen eigenen Taschen im Kofferraum etwas geben.

Obwohl sie zitterte, sagte sie nur: „Nein, danke, ich bin okay.“

Natürlich war sie alles andere als okay, aber zumindest blies jetzt warme Luft aus den Heizungsdüsen auf sie beide. In der Hoffnung, dass die Wärme sie vor einer Erkältung bewahren würde, versuchte er, einige wichtige Informationen aus ihr herauszuholen.

„Wohin wollten Sie denn?“

Sie war schon sehr angespannt, und die simple Frage ließ sie auf dem Beifahrersitz nur noch mehr erstarren.

„Wenn Sie mich zum nächsten Motel bringen könnten, wäre das super“, sagte sie statt einer Antwort. Sie machte eine kurze Pause und fügte dann leiser hinzu: „Am besten ein billiges.“

Da seine bisherigen Pläne für einen Abend mit Spaß und Entspannung sich mit jeder klatschnassen Minute mehr in Luft auflösten – und da er zu verdrängen versuchte, wie sehr der Duft der Fremden seine Sinne durcheinander brachte – war Chases Stimme schroffer als sonst, als er anbot: „Wissen Sie, ich kenne einen Ort, wo Sie heute Nacht kostenlos übernachten könnten. Von dort aus können wir den Abschleppdienst anrufen.“

Es wäre besser zu warten, bis sie wieder trocken war und sich aufgewärmt hatte, bevor man ihr sagte, dass der Abschleppdienst ihr Auto zwar aus dem Graben ziehen, aber wahrscheinlich nicht wieder fahrtüchtig machen könnte. Verdammt, noch nicht einmal sein Bruder Zach, der ein echtes Autogenie war, würde ihren Wagen wieder in Schuss kriegen.

„Danke für das Angebot“, sagte sie und ihre Worte klangen immer noch argwöhnisch, aber entschieden. „Wirklich, ein Motel ist okay.“ Im dunklen Innenraum des Wagens konnte er ihr Achselzucken an den Umrissen ihrer Schultern erkennen. „Und machen Sie sich nicht die Mühe mit dem Abschleppdienst“, sagte sie resigniert. „Ich kann das Auto auch gleich im Graben lassen und dann den Transport zum Schrottplatz organisieren.“

In ihrer Stimme kämpften Erschöpfung und eine deutlich spürbare Stärke miteinander. Chase war beeindruckt, dass sie, obwohl ihr offensichtlich das Geld fehlte, um diese Dinge zu regeln, im Auto trotzdem nicht in Tränen ausbrach.

Chase wusste, dass er sie eigentlich nur in ein Motel fahren sollte. Das hatte sie ihm ja weiß Gott nun schon mehr als einmal gesagt. Aber es war ausgeschlossen, sie in irgendeinem muffigen Motel hier mitten im Napa Valley abzusetzen. Nicht, wenn er morgen früh in den Spiegel schauen wollte, ohne auf seiner Stirn das Wort Arschloch geschrieben zu sehen.

Und außerdem sagte ihm jeder einzelne seiner Instinkte, dass sie mehr Hilfe brauchte als nur eine Fahrt zu einem Motel.

Natürlich hatte Chase schon früh von seiner Mutter und seinen Schwestern gelernt, dass man den Willen einer Frau besser ernst nahm. Er wusste es. Und er wusste, dass diese Frau darüber, was er jetzt vorhatte, stocksauer sein würde.

Aber trotz alledem konnten die Alarmgeräusche in seinem Kopf ihn nicht davon abbringen, ihr zu helfen.

Er drehte den Zündschlüssel und als er vorsichtig auf die Fahrbahn zurückfuhr, wurde ihm bewusst, dass er ihren Namen nicht kannte. Da er vorhatte, sie, ob es ihr nun passte oder nicht, in das warme und gemütliche Gästehaus im Weingut seines Bruders mitzunehmen, hielt er es für angebracht, ein paar Formalitäten zu erledigen.

„Ich heiße Chase Sullivan.“

Vom Beifahrersitz kam kein Laut und unbegreiflicherweise musste er sich ein Grinsen verkneifen. Chase hatte, wie seine fünf Brüder, seit seiner Teenagerzeit Frauen immer magisch angezogen. Er überlegte, wann es das letzte Mal passiert war, dass eine Frau sich ihm nicht gleich an den Hals geworfen hatte.

Allerdings hatte ihm diese hier gar nichts gesagt, oder? Weder ihren Name, noch wo sie hinwollte.

Da war etwas im Busch. Es wäre viel besser, wenn er es sein ließe; er sollte sie in ein Motel bringen und sich im Weingut mit Ellen eine Nacht lang bedeutungslosen Sex genehmigen. Er hatte sie angerufen, als er die Party seiner Mutter verließ, um ihr zu sagen, dass er nach Napa unterwegs war.

Also, warum tat er jetzt nicht einfach genau das?

Und warum fühlte er sich so seltsam hingezogen zu dieser völlig Fremden?

Chase ließ dem Schweigen zwischen ihnen seinen Lauf, denn er wusste, sie würde nur antworten, wenn er ihr Zeit ließ, bis sie bereit war.

Schließlich sagte sie mit einem kurzen Seufzer: „Mein Name ist Chloe.“

Chloe war ein sehr hübscher Name und sie war eine sehr hübsche Frau. Normalerweise hätte er ihr beides gesagt, aber sie war so empfindlich, dass sie es wahrscheinlich falsch aufnehmen würde. Er bemerkte auch, dass sie ihm ihren Nachnamen nicht gesagt hatte.

Sie reckte den Hals, um aus dem Fenster nach einem schwach beleuchteten Schild zu schauen. „Wohin fahren Sie?“, fragte sie und in jedem ihrer Vokale schwang eindeutig Panik mit. „Ich bin ziemlich sicher, dass die Stadt in der entgegengesetzten Richtung liegt.“

Dann sah er zum Glück das Schild der Weinkellerei Sullivan, betätigte die Fernbedienung, um die Tore zu öffnen und fuhr dann den schmalen Weg entlang. Marcus hatte sein Weingut in der schönsten Gegend des kalifornischen Weinlandes angelegt. Wenn man an einem klaren Tag auf den höchsten der Hügel wanderte, hatte man den Eindruck, ewig in die Ferne schauen zu können.

Wenn er sie nur überzeugen konnte, die Nacht in Marcus’ Gästehaus zu verbringen, so glaubte Chase, dann könnte Chloe am Morgen unmöglich der Schönheit um sie herum widerstehen. Und dann würde hoffentlich die malerische Umgebung ihre Sorgen soweit lindern, dass sie sich ihm öffnen und sich von ihm mit ihren Schwierigkeiten helfen lassen würde, worin diese auch immer bestanden.

„Das ist das Weingut meines Bruders. Ich bin sicher, er würde auch wollen, dass Sie hier übernachten.“

„Chase.“

Ihre Stimme hatte einen warnenden Unterton, aber trotzdem gefiel es ihm, wie sein Name aus ihrem Mund klang.

„Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen mich in ein Motel bringen.“

Er dachte an die verschiedenen Möglichkeiten zu antworten und überlegte, ob er lieber entschuldigend oder beruhigend klingen sollte. Aber er hatte das Gefühl, dass sie Heuchelei schneller durchschauen würde als die meisten anderen Frauen, weswegen er nur sagte: „Marcus’ Gästehaus ist näher. Und schöner.“

Sie stieß einen kaum gedämpften Laut der Verärgerung aus. „Ignorieren Sie eigentlich immer, was andere wollen, und machen sowieso nur das, was Sie selbst wollen?“

Auch hier gab es verschiedene mögliche Antworten. Aber nur eine ehrliche. „Meistens.“

„Ihre Mutter ist bestimmt unheimlich stolz auf Sie“, sagte Chloe sarkastisch.

Er mochte die Art, wie ihr die Worte direkt von der Zunge rollten, so als hätte sie sich ein bisschen mehr daran gewöhnt, mit ihm allein in seinem Auto zu sitzen. Aber einen Moment später stellte er an der Art, wie sie sich unbehaglich auf dem Sitz hin und her bewegte, fest, dass ihr diese spontane Bemerkung im Nachhinein unangenehm war.

„Zum Glück habe ich fünf Brüder und zwei Furien als Schwestern, die sie ablenken“, sagte er so locker und sanft wie er konnte.

Er hoffte, sie würde sich durch diese Aussage erneut aus der Reserve locken lassen und freute sich, als sie sich zu ihm umdrehte und sagte: „Das war jetzt ein Witz, oder?“

„Nein. Wir sind acht.“ Er nahm den Blick gerade lange genug von der Fahrbahn, um ihre großen Augen zu sehen und sie anzugrinsen.

Sie schüttelte den Kopf und stieß noch einen kleinen Laut aus, der gegen seinen Willen sein Blut in Wallung brachte. „Ihre Mutter muss eine Heilige sein.“

Gut. Er hatte es geschafft, sie ein paar Sekunden lang abzulenken, die reichten, um beim Gästehaus vorzufahren. Zumindest schien sie sich dieses Mal keine Gedanken zu machen, was sie zu ihm gesagt hatte oder wie er darauf reagieren würde.

„Schauen Sie“, sagte er leise, „ich weiß, Sie wären lieber nicht hier, aber ich sehe keinen Sinn darin, in irgendeinem Motel an der Autobahn ein Zimmer zu bezahlen, wo es hier fünf leere Gästezimmer gibt.“

„Ich kenne Sie nicht“, sagte sie noch einmal.

Er wusste, dass er dem nichts entgegenzuhalten hatte und sagte zustimmend: „Ich weiß, Sie kennen mich nicht. Und seien Sie gewiss, wenn Sie eine meiner Schwestern wären, würde ich nicht wollen, dass Sie einem Typen trauen, der Sie bei einem Unwetter irgendwo am Straßenrand aufgelesen hat.“ Als sie ihren Körper im Auto wieder ihm zuwandte, bemerkte er, dass sie offensichtlich von der Art überrascht war, wie er ihren instinktiven Argwohn akzeptiert hatte. „Deswegen werde ich Sie hier jetzt auch nur unterbringen und Sie dann allein lassen; ich gehe rüber in das Haupthaus meines Bruders auf der anderen Seite des Grundstücks.“

Chase wartete auf ein erneutes Nein von ihr. Und ehrlich gesagt, wenn sie jetzt immer noch darauf bestand, in ein Motel zu gehen, dann konnte er sie sich ja schlecht über die Schulter legen und an eines der Betten im Gästehaus seines Bruders ketten; er würde tun müssen, was sie verlangte.

Du meine Güte, er konnte kaum glauben, wie schwer es ihm fiel, das Aufflammen der Lust zu verdrängen, das diese Vorstellung des Ans-Bett-Fesselns in ihm auszulösen drohte. Wenn Chloe ihre Wirkung auf ihn jetzt hätte sehen können, dann würde sie weiß Gott anfangen, sich an der Autotür zu schaffen zu machen, um schreiend vor ihm in die Stadt fliehen zu können. Gottseidank war es so dunkel, dass sie hoffentlich nicht mitbekommen würde, welche Anziehungskraft sie offensichtlich auf ihn ausübte.