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Ben Bertram

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Beschreibung

Was würdest du tun, wenn deine große Liebe sich nicht mehr an dich erinnern kann? Aufgeben? Oder kämpfen? Für Jonas ist die Entscheidung klar. Er kann seine Smilla nicht vergessen. Durch einen schweren Unfall vor anderthalb Jahren hat Smilla ihr Erinnerungsvermögen verloren und weiß nichts mehr von der gemeinsamen Vergangenheit. Auf Sylt hat sie ein neues Leben angefangen und hofft, dort wieder zu sich selbst zu finden und zu lernen, mit den Folgen des Unfalls zu leben. Um seine Traumfrau wieder für sich zu gewinnen, reist Jonas ihr nach. Im Gepäck einen eigens für Smilla erstellten Inselführer, der sie an ihn und die gemeinsame Zeit erinnern soll. Immerhin hatten sie sich damals auf Sylt ineinander verliebt, auch wenn sie sich nicht mehr daran erinnert. Warum sollte es also nicht ein zweites Mal funktionieren? Doch reicht seine Liebe aus, um die gemeinsame Vergangenheit zu wecken? Wird er es schaffen, dass Smila sich erneut in ihn verliebt? Dass sie sich vielleicht sogar wieder an ihn erinnert?

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Inhaltsverzeichnis

Zerstört (Smilla)

Der Tag (Jonas)

Alles weg (Smilla)

Abschied (Jonas)

Spießrutenlauf (Smilla)

Alles neu (Jonas)

Pläne (Smilla)

Ungewissheit (Jonas)

Meine Spaziergänge (Smilla)

Promenade (Jonas)

Sich erkennen (Smilla)

Tränen vor Glück (Jonas)

Tinka (Smilla)

Der Inselführer (Jonas)

Mein Heftchen (Smilla)

Die dicke Wilhelmine (Jonas)

Feuerwerk (Smilla)

Vom Sunset Beach und geteilten Kuchenstücken (Jonas)

Kupferkanne (Smilla)

Hier ruht Egon (Jonas)

Herzrätsel (Smilla)

Im Eisboot (Jonas)

Surferkette (Smilla)

Himmelblau (Jonas)

Verrückter Kerl (Smilla)

Busfahrt mal anders (Jonas)

Wie Ebbe und Flut (Smilla)

Wo ist Smilla? (Jonas)

Einfach nur weg (Smilla)

Strandkorb 3162 (Jonas)

Nähe (Smilla)

Kirche (Jonas)

Drei Kerzen (Smilla)

Totengedenken (Jonas)

Erinnerung (Smilla)

In den Arm (Jonas)

Der höchste Berg (Smilla)

Ein blöder Traum (Jonas)

Erste Schritte (Smilla)

Die Buhne (Jonas)

Es geht nicht (Smilla)

Liebes Schicksal (Jonas)

Schokolade (Smilla)

Unser Wettbewerb (Jonas)

Bierdeckel (Smilla)

Kairem Rüm (Jonas)

Kaffee? (Smilla)

Eiskalte Nasenspitze (Jonas)

Viele Fragen (Smilla)

Rentnertreffen (Jonas)

Ach nö (Smilla)

Dieses Lied (Jonas)

Gefühls-Déjà-vu (Smilla)

Wunder (Jonas)

Lieblingszicke (Smilla)

Heimatlos (Jonas)

Geständnis (Smilla)

Freudentränen am Strand (Jonas)

Du (Smilla)

Aufgeben? (Jonas)

Wer bin ich? (Smilla)

Herz aus Muscheln (Jonas)

Gewitter reinigt (Smilla)

Mein Eintrag (Jonas)

Benjamin Blümchen (Smilla)

Liebesschwur (Jonas)

Aussprache (Smilla)

Leuchtturm (Jonas)

Kirchenbuch (Smilla)

Blitz und Donner (Jonas)

Perfekt (Smilla)

Eine Schule im Leuchtturm (Jonas)

Aufklärungsarbeit (Smilla)

Smilla & Jonas (Jonas)

Lieblingszicke

– wenn Sylt erinnert

Von:

Kerry Greine

&

Ben Bertram

Alle Rechte vorbehalten!

Nachdruck, Vervielfältigung und Veröffentlichung - auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung der Autoren!

Im Buch vorkommende Personen und die Handlung dieser Geschichten sind frei erfunden und jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt.

Text Copyright © Kerry Greine & Ben Bertram, 2016

Impressum:

Text:

Kerry Greine

Lehmstich 3

21423 Winsen

E-Mail: [email protected]

und

Ben Bertram

Stellauer Straße 30 B

22337 Hamburg

E-Mail: [email protected]

Covergestaltung:

Sabrina Dahlenburg

http://art-for-your-book.weebly.com/

Lektorat:

Ira Ludewigs

Korrektorat:

SW Korrekturen e.U.

[email protected]

Zerstört (Smilla)

Weiß … Ich sah nur weiß, als ich die Augen aufschlug. Die Welt um mich herum wirkte verschwommen, als würde sie hinter einem Schleier liegen. Einem weißen Schleier.

Ich weiß auch heute noch nicht, wie lange es dauerte, bis ich meine Umgebung scharf stellen konnte, wie ein Fotograf das Bild durch sein Objektiv. Immer wieder blinzelte ich, versuchte zu begreifen, wo ich war. Langsam drehte ich den Kopf, wollte erfassen, wo ich mich befand. Weiße Wände … Weiße Zimmerdecke … Ich konnte ein Schränkchen erkennen … fühlte kühlen, glatten Stoff unter meinen Händen … Ich lag in einem Bett. War ich im Krankenhaus? Ich wusste es nicht.

Ich sah ein Fenster, das den Blick freigab in einen mit weißen Wolken verhangenen Himmel. Ich war so müde … unendlich müde …

Neben meinem Kopf bemerkte ich eine Bewegung. Noch mehr weiß … Ein Arzt? Oder eine Krankenschwester?

Meine Lider waren so schwer. Ich wollte schlafen.

„Frau Mahler. Wie schön, dass Sie bei uns sind! Wie geht es Ihnen? Haben Sie Schmerzen?“

Ich schloss die Augen und deutete ein Kopfschütteln an.

„Müde …“ Meine Stimme war nicht mehr als ein heiseres Hauchen, dann sank ich in einen tiefen Schlaf.

Als ich erwachte, fühlte ich mich ein wenig klarer, doch noch immer verstand ich nicht, wie ich hierhergekommen war. Den Blick auf die weißen Wolken gerichtet, versuchte ich, mich zu erinnern.

„Smilla! O Gott, Smilla. Du bist wach, endlich bist du wach!“ Auf einmal schob sich ein tränenüberströmtes Gesicht zwischen mich und das Fenster. Ich hatte nicht mitbekommen, wie jemand das Zimmer betreten hatte. Oder war er schon länger hier gewesen und ich hatte ihn nur nicht bemerkt?

Ich hörte sein Schluchzen, dann griff der Mann nach meinen Händen, hielt sie fest, sank mit dem Gesicht voran auf meine Decke. Ich konnte nur noch den Haarschopf erkennen. Angst überkam mich und schnürte mir den Hals zu.

„Wer …?“ Meine Stimme war nur ein heiseres Krächzen, kaum zu hören. Ich räusperte mich und versuchte es erneut.

„Wer …?“ Mein Hals fühlte sich wund an und völlig ausgedörrt. Ich schluckte hart, es brannte in meiner Kehle. Kraftlos versuchte ich, meine Hände unter dem Kopf des Mannes hervorzuziehen. Ich wollte ihn wegschieben, er war so nah … viel zu nah! Die Panik breitete sich in meiner Brust aus. Ich nahm all meine Kraft zusammen. Zog meine Arme an.

Geh weg …, dachte ich. Die Anstrengung ließ mich husten und endlich ruckte der Kopf des Mannes hoch. Freude stand ihm ins Gesicht geschrieben und doch wirkte er traurig, nein, eher besorgt. Noch immer liefen ungehindert seine Tränen.

„Wer sind Sie?“ Endlich schaffte ich es, krächzend die Frage zu stellen, die mir auf der Seele brannte. Erneut wurde ich von einem Hustenanfall geschüttelt. Das Gesicht des Mannes erstarrte. Wie in Zeitlupe richtete er sich auf, ohne seinen Blick von mir zu wenden. Fassungslos schaute er mich an.

„Ich bin es. Jonas. Erkennst du mich etwa nicht?“ Langsam schüttelte ich den Kopf. Nein, ich konnte schwören, ich hatte ihn noch nie in meinem Leben gesehen. Da er keinen weißen Kittel trug, war er vermutlich kein Arzt.

„Ich bin es. Jonas. Dein Verlobter.“

Mein Verlobter … Nein, das konnte nicht sein! Niemals! Er wollte mir hier irgendwelche komischen Geschichten erzählen. Wer auch immer er war, er machte mir Angst. Ich fühlte mich wie in einem Psychothriller gefangen.

„Ich kenne Sie nicht. Ich habe Sie noch nie gesehen. Gehen Sie weg!“, forderte ich und versuchte, mich im Bett hochzustemmen. Schmerz schoss durch mein Bein, brannte in meinem Knie und ließ mich aufstöhnen. Reflexartig zuckten meine Hände zum Schmerzpunkt und der Blick des Mannes folgte meiner Bewegung.

„Hast du Schmerzen? Warte, ich rufe den Arzt.“ Er griff über meinen Kopf hinweg nach dem Klingelknopf und betätigte ihn.

„Hauen Sie ab! Lassen Sie mich allein!“ Ich wollte, dass meine Stimme fordernd klang und fest, doch sie war kaum mehr als ein ängstliches Flüstern. Was war hier los? Wer war der Mann und warum behauptete er solche Sachen? Was war mit meinem Bein und warum ließ der Schmerz darin nicht nach, obwohl ich mich nicht mehr bewegte?

Ein Pochen machte sich in meinem Kopf breit und ächzend ließ ich mich zurück in die Kissen sinken.

Endlich ging die Tür auf und ein Arzt im weißen Kittel erschien. Sofort wandte der Mann an meinem Bett sich zu ihm um.

„Sie weiß nicht, wer ich bin. Smilla …“ Wieder schaute er auf mich, sein Blick war verzweifelt und neue Tränen sammelten sich in seinen Augenwinkeln, blieben den Bruchteil einer Sekunde an den Wimpern hängen, bevor sie den Weg über seine Wangen fanden.

Wer war der Mann? Hatte er mir nicht eben noch seinen Namen genannt? Ich wusste es nicht mehr … Ich wollte nur, dass er endlich ging und mich mit dem Arzt allein ließ.

Der Tag (Jonas)

Bis zu diesem heutigen Tag, der mir kurzfristig die Hoffnung gab, wieder glücklich sein zu dürfen, dachte ich, dass ich den schwärzesten Tag meines Lebens bereits erlebt hatte.

Es war der Tag, als Smilla diesen Unfall gehabt hatte, als mir meine Smilla genommen wurde. Sie war von mir gegangen, ohne dass sie von mir gehen wollte. Ich musste sie gehen lassen, ohne dass ich sie gehen lassen wollte. Aus unserem WIR war wieder ein ICH und DU geworden.

Auch wenn es Smilla nach dem Tag des Unfalls noch gab und ich jede freie Minute bei ihr im Krankenhaus verbracht hatte, war sie nicht mehr da. Ich war noch immer bei ihr. Leider war sie nicht mehr bei mir. Ich hielt ihre Hand, ich strich über ihre Wangen, ich kümmerte mich um ihre Haare, wenn sie ihr ins Gesicht gefallen waren. Ja, ich tat viele Dinge, die ich auch früher immer getan hatte.

Und doch war alles anders! Sie lag regungslos in ihrem Bett. Meine kleine Tussi lag einfach nur da. Ganz friedlich lag sie bei mir. Doch während ich ihr ganz nahe war, war sie Galaxien von mir entfernt. In einer anderen Welt – Smilla lag im Koma.

Dann kam dieser heutige Tag.

Ein Tag, der ebenso schrecklich begann, wie alle vorherigen es auch waren. Wie jeden Morgen saß ich bereits vor der Arbeit am Bett meiner Traumfrau und hielt ihre Hand. Ich strich über ihre Wangen, und ich kümmerte mich um ihre Haare, als sie ihr ins Gesicht gefallen waren. Ja, ich sang sogar wieder unser Lied. Time to Wonder von Fury in the Slaughterhouse. Gedankenversunken tat ich es. Gedankenversunken in der Hoffnung, dass Smilla mich hören würde. Dass sie endlich wieder ihre Augen öffnete. Dass es endlich wieder dieses WIR geben würde.

Schwerfällig und müde erhob ich mich irgendwann von Smillas Bettkante, da ich mich auf den Weg ins Büro machen musste.

Keine vier Stunden später verließ ich fluchtartig meinen Arbeitsplatz. Mit wild klopfendem Herzen und einem glücklichen Strahlen im Gesicht machte ich mich im Eiltempo auf den Weg zu meinem Wagen. Ich konnte nicht fassen, was ich gerade gehört hatte. Endlich war der Moment da, nach dem ich mich seit Wochen so sehr gesehnt hatte. Smillas Mutter hatte angerufen. Aber es war nicht irgendein Anruf. Es war DER Anruf. Ich hatte die Worte gehört, auf die ich so unendlich lange gewartet hatte.

Smilla war aufgewacht. Sie hatte das Koma verlassen. Endlich war sie zu mir zurückgekommen. Das Warten, Beten, Hoffen und Wünschen hatte ein Ende. Wir konnten wieder glücklich sein. Das Leben hatte UNS wieder.

„Ich habe meine Smilla wieder!“ Ich lachte, während ich im Auto mit mir selbst sprach. Ja, ich lachte. Wann ich es das letzte Mal getan hatte, wusste ich nicht mehr. Ich war erstaunt darüber, dass es überhaupt funktionierte.

„Tempolimits werden überbewertet.“ Erneut sprach ich mit mir selbst und wieder lachte ich dabei. Ja, ich hatte mein Lachen tatsächlich wiedergefunden und fühlte mich wahnsinnig gut dabei, als ich durch Hamburgs Straßen fuhr. Vor meinem inneren Auge sah ich uns schon wieder gemeinsam durch unsere wunderschöne Heimatstadt laufen.

Erstaunt darüber, dass ich bereits auf dem Parkplatz des Krankenhauses angekommen war, stieg ich aus meinem Wagen und machte mich auf den Weg zum Eingang.

„Frau Mahler. Ich bin der Verlobte von Frau Mahler. Sie ist aufgewacht. Ich wurde angerufen. Jetzt bin ich da und möchte sofort zu ihr. Bitte!“ Ich befand mich in der Tür zum Schwesternzimmer und war nur noch wenige Meter von meiner Smilla entfernt.

„Sie können gerne zu ihr. Allerdings ist sie wieder eingeschlafen.“

„Wieder eingeschlafen?“ Ich erschrak bei diesen Worten.

„Keine Angst. Frau Mahler ist nur vor Erschöpfung eingeschlafen. Es ist ein ganz normaler Schlaf. Der Schlaf, den jeder von uns benötigt.“ Die Worte der Krankenschwester beruhigten mich.

Wieder saß ich neben Smillas Bett. Auch jetzt hatte sie ihre Augen geschlossen und doch war es anders. Sie schlief einfach nur. Ein Schlaf, der ausschließlich ihrer Erschöpfung geschuldet war. Der Erschöpfung und den Medikamenten, wie ich inzwischen erfahren hatte. Ein Arzt war eben bei uns im Zimmer gewesen und hatte es mir erklärt. Es war eine Erklärung, wie ich sie in den letzten Wochen so häufig gehört hatte. Allerdings war es heute endlich auch eine Erklärung, die ich verstehen und nachvollziehen konnte. Es war etwas Logisches. Nichts Medizinisches!

Schon seit einer ganzen Weile waren wir alleine im Zimmer. Nur meine Traumfrau und ich waren hier. Ich sah Smilla an. Genau so, wie ich es auch die letzten Male getan hatte. Auch jetzt waren ihre Augen geschlossen und doch fühlte es sich wie früher an.

Ja, so wie früher, wenn ich morgens vor ihr aufgewacht war und ihr beim Schlafen zugesehen hatte. Ich liebte es, wenn sie neben mir schlief. Wenn ihr ihre Haarsträhnen ins Gesicht fielen und ich diese ganz vorsichtig zur Seite geschoben hatte. Selbst schlafend war meine Smilla wunderschön!

Auch ich war müde. Kaputt und müde vom Warten auf das Wunder. Auf dieses Wunder, das vorhin eingetreten war. Meine viel zu schweren Augenlider zog es nach unten. Ich konnte nicht mehr gegen die Schwere ankämpfen. Vielleicht lag es auch an der Erleichterung, die sich in meinem Körper breitgemacht hatte. Diese Erleichterung, dass Smilla es geschafft hatte. Dass wir es geschafft hatten.

Dann spürte ich ein Zucken. An meiner Hand zuckte es, und ich wusste sofort, dass es nicht meine Finger waren, die sich gerade bewegt hatten. Von einem Augenblick auf den anderen war ich hellwach und sah Smilla an. Ich konnte ihre Augen erkennen. Smillas Augen waren geöffnet. Endlich konnte ich all die Sätze sagen, die ich mir für diesen Augenblick zurechtgelegt hatte. Doch es ging nicht. Meine Freudentränen sorgten dafür, dass ich zunächst kein Wort herausbrauchte. Erst als die ersten Tränen bereits auf das Bettlaken getropft waren, hatte ich mich ein klein wenig gefangen.

Ich beugte mich über Smilla und sagte:

„Smilla! O Gott, Smilla. Du bist wach, endlich bist du wach!“

Stille machte sich breit. Eine Stille, die ich nur ertrug, da ich in diesem Moment der glücklichste Mensch der Welt war. Eine unerträgliche Stille, die ich lediglich aushielt, weil Smilla wieder bei mir war.

Zwei Stunden später saß ich auf der Bank vor dem Krankenhauseingang und wartete auf Smillas Eltern, die gerade bei ihr waren. Als ich vorhin das Krankenhaus verlassen hatte, waren sie mir voller Freude entgegengekommen und hielten es zuerst für einen schlechten Scherz, als ich ihnen erzählte, dass sie mich nicht erkannt hatte.

Smillas Arzt hatte mir erklärt, dass es besser wäre, zu gehen. Dass Smilla jetzt Zeit für sich benötigte. Er hatte mir mit anderen Worten gesagt, dass ich überflüssig war.

Was der Arzt mir noch alles gesagt hatte, wusste ich nicht mehr. In meinem Kopf war kein Platz für seine Worte.

Mein Kopf war mit Smillas Worten gefüllt. Gefüllt und überfordert. Immer wieder liefen Smillas Sätze durch mein Gehirn.

Ich kenne Sie nicht. Ich habe Sie noch nie gesehen. Gehen Sie weg!

Wer sind Sie?

Hauen Sie ab! Lassen Sie mich allein!

Nur für einen kurzen Augenblick war dieser Tag der schönste meines Lebens.

Jetzt saß ich hier und weinte. Vor dem Gebäude, in dem sich die Frau befand, die ich über alles liebte. Leider saß ich aber auch vor dem Haus, in dem sich die Frau befand, die sich nicht mehr an mich erinnern konnte.

Alles weg (Smilla)

Endlich war dieser unbekannte Mann verschwunden und ließ mich mit dem Arzt allein, der nun anfing, mich zu untersuchen. Mir wurde in die Augen geleuchtet und ich bekam unzählige Fragen gestellt.

„Wissen Sie, wie Sie heißen?“

„Welches Jahr haben wir?“

„Wo wurden Sie geboren?“

Fragen, die ich ihm nicht beantworten konnte. Irgendwann gab er auf und legte mir die Hand auf die Schulter. Sein Gesichtsausdruck war ernst und auch ein wenig mitfühlend.

„Nach einem Unfall wie Ihrem kommt es durchaus vor, dass eine zeitweilige Amnesie eintritt. In der Regel gibt sie sich von allein wieder, aber dennoch möchte ich einige Tests mit Ihnen machen.“

Amnesie? Ich kannte dieses Wort, wusste, was es bedeutete, und doch konnte ich es nicht begreifen. Angst schnürte mir die Kehle zu, und ich schaffte es nur, schweigend zu nicken.

„Machen Sie sich keine Sorgen, es wird sich sicher alles finden.“

Während ich erneut nickte, ging hinter ihm die Zimmertür auf und ein älteres Pärchen betrat den Raum.

„Smilla, mein Schatz. Ich kann es kaum glauben, du bist wach!“ Hilfe suchend schaute ich zu dem Arzt auf. Wer waren die beiden? Ich hatte sie noch nie in meinem Leben gesehen, ich war mir ganz sicher. Fragend schaute er zwischen mir und dem Pärchen hin und her, und ich hatte das Gefühl, er beobachtete meine Reaktion ganz genau.

„Wer sind Sie?“, hauchte ich in Richtung des Pärchens.

Die Frau brach in Tränen aus und klammerte sich schluchzend an den Mann.

„Nein, nein! Jonas hatte recht. Thomas … bitte!“ Auch der Mann wirkte sichtlich schockiert, als er langsam näher trat.

„Wir sind deine Eltern, Smilla. Erkennst du uns denn wirklich nicht?“

Fassungslos schüttelte ich den Kopf und wandte mich Hilfe suchend an den Arzt, der noch immer neben meinem Bett stand.

„Nein! Ich kenne diese Leute nicht. Sie lügen! Ich habe sie noch nie gesehen. Ich schwöre es!“ Panische Angst machte sich in mir breit und nahm mir die Luft zum Atmen.

„Ganz ruhig! Versuchen Sie, sich zu entspannen!“ Der Arzt griff nach dem Klingelknopf über meinem Bett. Dann wandte er sich dem Pärchen zu.

„Ich möchte Sie bitten, draußen zu warten. Ich komme gleich raus und erkläre Ihnen die Situation. Haben Sie bitte einen Moment Geduld. Ihre Tochter muss sich jetzt ein wenig ausruhen. Ich gebe ihr etwas zur Beruhigung, dann komme ich vor die Zimmertür.“ Bestimmend schickte er die beiden aus dem Zimmer, während zwei Worte in meinem Kopf widerhallten.

Ihre Tochter …

In den nächsten Wochen änderte sich nichts. Meine Erinnerungen waren und blieben verschwunden. Kein einziger Tag aus der Zeit vor dem Unfall kehrte zurück. Kein Erlebnis, gar nichts. Es war, als wäre mein Kopf leer, als hätte ich erst ab dem Moment des Aufwachens in diesem weißen Zimmer existiert.

Doch nicht nur das. Sehr bald merkte ich, dass mir auch sämtliche Personen, die mein Zimmer im Krankenhaus betraten, fremd waren, auch wenn sie behaupteten, bereits hier gewesen zu sein.

Nach wenigen Tagen wusste ich schon nicht mehr, wie oft ich diesen einen Satz gehört hatte.

„Wissen Sie, wer ich bin? Wir haben gestern bereits miteinander gesprochen. Ich habe Sie untersucht.“

Nein, ich wusste es nicht. Jede einzelne Person, die mein Zimmer betrat, war mir fremd. Auch wenn mir die Ärzte, Schwestern, Psychologen noch so oft sagten, dass sie vor Kurzem bei mir gewesen waren, ihre Gesichter waren wie ausgelöscht.

Erzählten sie mir Sachen, die wir besprochen, die sie mit mir gemacht hatten, erinnerte ich mich daran. So etwas blieb in meinem Gehirn haften, doch nicht ihre Gesichter. Sie waren alle gleich und verschwammen in meinem Kopf zu einer Masse.

Gesichtsblindheit nannten es die Ärzte und schoben auch das auf die schweren Kopfverletzungen, die ich erlitten hatte.

Ich war hin- und hergerissen. Im einen Moment dachte ich, dass mir alle nur etwas vorspielten, dass ich diese Menschen wirklich noch nie gesehen hatte. Ich fühlte mich in einem Albtraum gefangen, aus dem ich nicht schaffte aufzuwachen. Dann wieder übermannte mich die Angst, und ich schrie meine Panik hinaus. Ich wütete und heulte und haderte mit meinem Schicksal.

Und dann kam der Punkt, an dem ich innerlich vollkommen ruhig wurde. Ich zog mich zurück und schottete mich mehr und mehr ab. Tagelang lag ich völlig apathisch in meinem Bett und starrte aus dem Fenster. Ich fing an, mir zu wünschen, dass ich diesen Unfall nicht überlebt hätte. Dass ich nicht wieder erwacht wäre. Dass es diesen Tag nicht gegeben hätte.

Sechs Monate war der Tag des Erwachens mittlerweile her, und doch fühlte es sich an, als wäre es erst gestern gewesen. Jede Nacht sah ich dieses weiße Zimmer wieder vor mir, erlebte diesen Moment erneut.

Es war der Tag, an dem ich aus dem Koma erwachte.

Der Tag, an dem mein Leben zusammenbrach wie ein Kartenhaus im Wind.

Der Tag, den ich nie wieder vergessen würde.

Was geschehen war, nachdem endlich alle mein Krankenzimmer verlassen hatten, wusste ich heute nicht mehr. Nein, nicht nur das, ich konnte mich auch an die Gesichter der Leute nicht erinnern. Einzig die Worte und ihr Verhalten waren mir im Gedächtnis geblieben. Ich spürte die Angst, die ich empfunden hatte, hörte ihre Verzweiflung und doch fehlte mir der Zugang. Auch nach sechs Monaten, auch nach unzähligen Sitzungen beim Psychologen konnte ich es noch immer nicht begreifen. Ich wusste, was geschehen war, es wurde mir wieder und wieder in den letzten Monaten berichtet. Doch mir fehlte bis heute jegliche Erinnerung daran.

Ich kannte nur die Fakten.

Ein betrunkener Autofahrer hatte mich an einer Ampel über den Haufen gefahren.

Genau so war das Ereignis in meinem Kopf gespeichert. Nüchtern, sachlich, völlig emotionsfrei. Ich konnte nicht wütend auf ihn sein, keinen Hass empfinden, gar nichts. Er war nur ein Fakt. Die Folgen seiner Tat hingegen ließen mich bis heute nicht schlafen. In jeder Minute, jeder Sekunde spürte ich diese Folgen. Er hatte mein Leben ruiniert. Das Leben, das ich vor diesem Unfall gehabt hatte. Er hatte es ausgelöscht. Einfach so, wie man eine Kerze mit einem Pusten löscht.

ER hatte mich zerstört.

Alle Informationen, die ich über mich selbst hatte, hatte ich in den letzten Monaten auswendig gelernt.

Ich war Smilla Mahler, 28 Jahre alt, und mein Leben hat vor sechs Monaten begonnen, als ich aus dem Koma erwachte und meine komplette Erinnerung ausgelöscht war.

Abschied (Jonas)

Gelacht hatte ich seit dem Tag, an dem mich meine Traumfrau nicht erkannt hatte, nicht wieder.

Selbstverständlich war dieser Tag grausam für mich gewesen. Doch ich konnte und wollte nicht aufgeben. Niemals hatte ich diese Gedanken, auch wenn es in vielen Momenten wahrscheinlich das Beste gewesen wäre. Nein, nicht das Beste für mich. Doch vielleicht das Beste für Smilla.

Manchmal wünschte ich mir, dass sie mich zumindest akzeptieren würde. So, wie sie irgendwann auch Anja und Thomas als ihre Eltern akzeptiert hatte. Dann gab es jedoch die Momente, wo ich es nicht wollte. Smilla sollte mit mir leben, weil sie mit mir leben wollte. Nicht nur aus dem Grund, weil sie es auch in der Vergangenheit getan hatte. Sie sollte mich lieben, weil ihr Herz es ihr sagte. Nicht, weil wir es damals getan hatten.

Nach den Klinikaufenthalten war sie zu ihren Eltern gezogen. In das kleine Dorf achtzig Kilometer von Hamburg entfernt, in dem das Leben beschaulicher war als in der Großstadt.

Selbstverständlich besuchte ich sie dort. Nach Rücksprache mit ihren Ärzten durfte ich es machen. Nicht nur ich, sondern auch die Ärzte versprachen sich von meinen Besuchen, dass sie sich irgendwann wieder an mich erinnerte. Dass sich irgendwann wieder die Schubladen bei ihr öffnen würden, in denen ihre Vergangenheit abgespeichert war.

Sosehr ich Smilla noch immer liebte, so schwierig waren meine Besuche bei ihr. Wenn es nur die fehlende Erinnerung an früher gewesen wäre, hätte ich vielleicht noch etwas besser mit der Situation umgehen können. Leider war es weitaus schlimmer.

Wenn ich voller Hoffnung in meinem Wagen saß und mich auf den Weg zu Smillas Elternhaus machte, wurde diese Hoffnung direkt bei meiner Ankunft brutal vernichtet. Für Smilla war ich bei jedem Besuch aufs Neue ein fremder Mensch. Selbst wenn ich damals bei meinen Fast-Schwiegereltern und meiner Verlobten übernachtete und wir am Abend alle zusammen einen Film angesehen hatten, sah sie mich am nächsten Morgen an, als hätte sie mich noch niemals zuvor gesehen.

Ihre Eltern hatten mir zwar erzählt, dass es Smilla auch bei den Nachbarn und ihren Freunden so erging. Allerdings war es um einiges schrecklicher, es am eigenen Leibe erfahren zu müssen.

Ich war zwar bei der Frau, die ich über alles liebte, diese Frau jedoch kannte mich nicht. Ihr Gehirn wollte mich nicht abspeichern, und was noch sehr viel schlimmer für mich war, auch ihr Herz tat es nicht.

Was sollte ich machen? Wer konnte mir helfen? Gab es noch eine Chance? Nächtelang machte ich mir über diese Fragen Gedanken und lag wach. Ich grübelte, schmiedete Pläne und hatte Ideen. Doch jeder Versuch scheiterte kläglich.

Mein Herz und mein Kopf wollten weiterkämpfen. Leider war es mein Körper, der ausgemergelt von fehlendem Schlaf, viel zu viel Kaffee und kaum Essen zu streiken begann. Ich konnte einfach nicht mehr.

Ja, ich konnte nicht mehr, obwohl ich Smilla noch immer über alles liebte.

Gemeinsam mit Smillas Eltern hatte ich um ein Gespräch bei ihrem Arzt gebeten. Ich brauchte Klarheit, obwohl ich bereits wusste, dass mir auch dieser Termin keine bringen würde. Es gab keine neuen Erkenntnisse. Es würde auch niemand helfen können. Nur Smilla konnte diese Situation ändern. Die Schubladen mussten sich öffnen.

Es musste irgendetwas geschehen, das dafür sorgte.

Doch wie oder was es war, konnte niemand sagen.

Nach einer weiteren Nacht ohne Schlaf, dafür mit Tränen und Wutausbrüchen, hatte ich eine Entscheidung getroffen. Es war die schwierigste Entscheidung meines Lebens und ich hasste mich selbst dafür! Ja, ich musste Smilla aufgeben. Vielleicht nicht für immer. Aber für die nächste Zeit.

„Was meinen Sie, wie lange ich mich von Smilla fernhalten soll?“ Ich kannte meine Frage an den Arzt noch ganz genau. Ebenso, wie sich auch seine Antwort in meinem Gehirn eingebrannt hatte.

„Ich weiß es nicht. Geben Sie ihr einfach die Zeit, die sie braucht. Es kann ein Tag, eine Woche, ein Monat oder auch für immer sein.“ Ich wusste nicht, was ich ihm hätte antworten können. Wie auch? Ich wusste nicht mal, was ich machen wollte.

Wie in Trance war ich aufgestanden und langsam, fast schleichend, zur Tür gegangen. Als ich bereits den Türgriff in der Hand hielt, hörte ich den Arzt noch etwas sagen:

„Aber vielleicht ändert sich im Leben von Frau Mahler etwas. Wenn sie bereit ist, in einen neuen Lebensabschnitt zu starten, dann besteht durchaus die Chance, dass Sie an diesem Lebensabschnitt beteiligt sein könnten.“

Wortlos war ich nach diesem Satz gegangen.

Auch wenn es mir unendlich wehtat, hatte ich von diesem Tag an meine Besuche eingestellt. Allerdings telefonierte ich weiterhin mit Anja und Thomas. Zumindest so konnte ich mit Smilla etwas verbunden bleiben.

Mein Körper war nicht mehr in ihrer Nähe. Mein Herz schon!

Auch jetzt hatte ich den Satz von Smillas Arzt in meinem Kopf.

Aber vielleicht ändert sich im Leben von Frau Mahler etwas. Wenn sie bereit ist, in einen neuen Lebensabschnitt zu starten, dann besteht durchaus die Chance, dass Sie an diesem Lebensabschnitt beteiligt sein können.

„Ja, verdammt! Wenn sich die Chance bietet, dann bin ich da. Smilla, ich liebe dich und werde es immer tun!“

Laut schrie ich diese Worte in den Nachthimmel hinein.

Spießrutenlauf (Smilla)

9 Monate später

Bereits in dem Moment, als ich die Haustür meiner Eltern hinter mir zuzog, begann das Herzklopfen. Meine Brust wurde eng und ich atmete bewusst langsam ein und aus. Jedes Mal war es so, wenn ich die sicheren vier Wände meiner Eltern verließ und der Spießrutenlauf begann.

Seit mittlerweile über einem Jahr musste ich mich zwingen, das Haus zu verlassen. Am liebsten hätte ich mich hier vergraben und wäre nie wieder herausgekommen, doch ich wusste, das wäre keine Lösung.

Ich wollte mich nicht länger verstecken, aber jeder Gang auf die Straße war eine Tortur für mich.

Den Blick auf den Gehweg gesenkt, den Kragen meiner Lederjacke aufgestellt, als könnte ich mich dahinter verstecken, ging ich die Straße entlang. Nur 500 Meter waren es, bis ich den kleinen Tante-Emma-Laden an der Hauptstraße des Dorfes erreichte.

Um mich abzulenken, sagte ich mir in Gedanken immer wieder vor, was ich alles einzukaufen hatte.

Drei Liter Milch, Apfelsaft, Brot und Bananen.

Ich stopfte die Hände in die Taschen meiner Jeans und zog noch zusätzlich die Schultern hoch, als mir eine ältere Dame entgegenkam.

Nein, ich kannte sie nicht. Oder doch? Ich wusste es nicht.

„Smilla! Dich habe ich ja lange nicht gesehen. Na, mein Mädchen, wie geht’s dir denn?“

Ich zuckte zusammen, als mich die mir unbekannte Frau ansprach.

„Mh … Ja, gut“, murmelte ich nur und wollte weitergehen, doch sie nahm mich am Arm und hielt mich zurück.

„Wirklich? Und dein …?“ Sie brach ab, zeigte aber auf ihren Kopf, um mir klarzumachen, was sie meinte. So fragte sie, ohne wirklich zu fragen. Das wäre ja dann doch zu direkt gewesen. Wie ich dieses Verhalten der Leute hasste!

Ihr Gesichtsausdruck zeigte genau das, was ich nicht sehen wollte. Dieses Mitleid gepaart mit der typischen Neugier der Dorfbewohner. Konnten sie sich nicht alle um ihren eigenen Kram kümmern? Ich wollte gar nicht wissen, welche Gerüchte hier in der kleinen Gemeinde über mich in Umlauf waren.

„Ja, ja. Mir geht’s prächtig. Alles gut!“, betonte ich, löste meinen Arm aus ihrem Griff und ging schnellen Schrittes weiter, ohne ihr noch Beachtung zu schenken.

Dort vorne war der Laden. Ein paar Schritte noch, dann schnell die Sachen zusammensuchen und ab nach Hause. Als ich das Geschäft betrat, hatte ich das Gesicht der Dame schon wieder vergessen. So war es seit über einem Jahr. Seit diesem Unfall, der mich fast das Leben gekostet hätte. Heute war einer der Tage, an denen ich mir wünschte, es wäre so gewesen. Ich hätte nicht überlebt. Was hatte ich denn auch noch für ein Leben? Was war übrig von mir? Von Smilla Mahler?

Als ich an der Obstwaage die Bananen abwog, hörte ich sie reden. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass in wenigen Metern Entfernung mindestens zwei weitere Bewohner dieses Örtchens standen und sich gerade das Maul über mich zerrissen.

Bruchstücke drangen an mein Ohr. Anscheinend dachten sie, mein Gehör hätte bei dem Unfall auch Schaden genommen.

„… sich nicht mehr erinnern …“

„Ich hab gehört …“

„Ja, betrunken war er …“

Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und Tränen stiegen mir in die Augen. Schnell raffte ich meine Sachen zusammen und eilte zur Kasse. Ich musste hier raus, so schnell es ging. Ich ertrug es keine Sekunde länger.

Seit Monaten war ich das Gesprächsthema Nummer eins hier im Dorf. Die arme Smilla, die von einem betrunkenen Autofahrer umgefahren wurde. Die schwer verletzt im Koma gelegen hatte. Die sich seitdem an nichts mehr erinnern konnte. Die ihr komplettes Gedächtnis verloren hatte. Die alles neu hatte lernen müssen. Die auch nach so langer Zeit noch immer durch die Gegend humpelte.

Kaum hatte sich die Ladentür hinter mir geschlossen, rannte ich los, so schnell es mein schmerzendes Knie zuließ. Der Beutel mit den Einkäufen schlug mir gegen das Bein und mehrfach wäre ich fast gestolpert. Selbst beim normalen Gehen knickte mein kaputtes Knie noch ab und an unter mir weg, jetzt zu laufen war eine ganz blöde Entscheidung, das wusste ich. Aber trotzdem konnte ich nicht anders. So schnell es ging, wollte ich wieder im Haus meiner Eltern ankommen, dem einzigen Ort hier im Dorf, wo ich einfach so akzeptiert wurde, wie ich war. Anja und Thomas ließen mich in Ruhe, wenn ich Ruhe brauchte, und waren für mich da, wenn ich reden wollte, so merkwürdig unser Verhältnis auch war.

Auch an die beiden hatte ich mich nach dem Unfall nicht mehr erinnern können. Es hatte Monate gedauert, bis ich mir ihre Gesichter wieder hatte merken können, bis ich akzeptiert hatte, dass es wohl stimmte, was sie mir erzählten. Dass sie meine Eltern waren.

Endlich erreichte ich die Einfahrt und wurde wieder langsamer. Mein Knie pochte unangenehm von der Anstrengung, und ich wusste, ich würde heute Nacht vor Schmerzen kein Auge zutun. Ich hatte es völlig überlastet. Schnell öffnete ich die Tür und ging durch in die Küche, wo meine Mutter mich bereits erwartete.

„Ah, das ist gut. Hast du alles bekommen?“ Sie nahm mir den Beutel ab und räumte die Einkäufe aus, während ich mich erschöpft auf einen Stuhl am Küchentisch fallen ließ.

„Ach, das Brot fehlt. Na, macht nichts. Ich glaube, ich habe noch Brötchen im Eisschrank. Dann gibt es halt die.“ Meine Mutter lächelte mich an, kein Vorwurf lag in ihrer Stimme und dennoch hatte ich ein schlechtes Gewissen.

„Das tut mir leid!“, sagte ich, doch meine Mutter winkte nur ab. Dann setzte sie sich zu mir.

„War es wieder so schlimm?“, fragte sie und nahm meine Hand in ihre.

„Was war schlimm?“ Mein Vater betrat die Küche. Anscheinend hatte er den letzten Satz noch mitbekommen und schaute uns fragend an. Ich zuckte nur mit den Schultern. Was sollte ich auch sagen? Es war ja doch immer das Gleiche. Jedes Mal, wenn ich nach draußen ging, spielten sich solche Szenen ab wie eben gerade, und ich wusste, das würde sich auch nicht ändern.

Nichts ändert sich, solange du dich nicht änderst. Doch dann ändert sich alles. Ich wusste nicht, wo dieser Gedanke plötzlich herkam, vermutlich hatte ich ihn irgendwo gelesen. Doch es war, als wäre in diesem Moment ein Saatkorn in meinem Kopf aufgegangen. Ohne meinen Eltern zu erzählen, was geschehen war, sagte ich:

„Ich muss hier weg! Ich hab keine Ahnung wohin, aber ich muss irgendwo neu anfangen. Irgendwo, wo mich keiner kennt. Wo niemand von meinem Unfall und der Amnesie weiß. Wo ich nicht immer wieder Gefahr laufe, Leute nicht zu erkennen, die ich eigentlich kennen müsste.“ Ich richtete mich auf und schaute von meinem Vater zu meiner Mutter. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen und in meinem Bauch kribbelte es vor Aufregung. Ja, das war es!

Ich würde noch einmal neu anfangen.

Alles neu (Jonas)

Jetzt saß ich hier im Intercity, hatte meine Kopfhörer auf den Ohren und sah aus dem Fenster. Immer wieder hörte ich unser Lied. Ein Lied von Revolverheld war es, und ich fühlte die Tränen ganz deutlich, wie sie langsam und warm meine Wangen herunterliefen. Ich hatte derzeit leider keine Chance, für Smilla das Licht anzulassen, und doch erinnerte mich dieser Song an unsere tolle Zeit. Besser gesagt an die schönste Zeit meines Lebens, und mein Traum war es, diese Zeit nochmals erleben zu dürfen.

Ob es die richtige Entscheidung gewesen war, mir für drei Wochen eine Ferienwohnung auf Sylt zu suchen, wusste ich in diesem Moment noch immer nicht. Allerdings hatte ich schon einige Entscheidungen in meinem Leben getroffen, bei denen ich mir vorher ebenfalls nicht sicher gewesen war, das Richtige getan zu haben. Doch zum Glück stellte sich bisher immer heraus, dass es gut für mich gewesen war, auf mein Gefühl gehört zu haben. Auf mein Gefühl, das mir noch immer sagte, dass alles wieder gut werden würde. Auch wenn ich in den letzten Monaten häufig daran gezweifelt hatte, war es jetzt wieder positiv gestimmt.

Die Bahn fuhr mich dorthin, wo vor vielen Jahren alles begonnen hatte und wo ich mich eigentlich nie wieder hatte aufhalten wollen. Doch ich konnte nicht anders. Niemals hätte ich es mir verziehen, wenn ich nicht alles versucht hätte.

Unsere gemeinsame Zeit kreiste während der Zugfahrt durch meine Gedanken. Es war wie eine Dauerschleife, die sich ausschließlich um diesen besonderen Menschen, der damals innerhalb kürzester Zeit zu meinem Lieblingsmenschen geworden war, drehte. Wir hatten uns auf Sylt kennengelernt und dann noch zu einem Zeitpunkt, der alles andere versprach, als in einer Beziehung zu enden.

Beim Surf-Cup Sylt im September war es damals gewesen. Bei einem Event, bei dem es um Party, Spaß, Drinks und das Gefühl von Freiheit ging. Auf einer solchen Veranstaltung war es normalerweise kaum möglich, die große Liebe zu finden. Selbst dann, wenn man das Gefühl hatte, sie gefunden zu haben, war es anschließend der Alltag, der alles zunichtemachte.

Da jedoch nicht nur unser erster Blickkontakt, sondern auch unsere ersten Gespräche und Berührungen ganz besonders waren, begann für uns eine Zeit voller Nähe und Leidenschaft.

Wir waren ein tolles Team und genossen nicht nur gemeinsame Spaziergänge am Strand, sondern auch die Partyabende im Zelt. Unsere gegenseitige Anziehungskraft war so mächtig, dass wir jedem zeigen wollten, wie glücklich wir waren. Tatsächlich waren wir so verliebt, dass unsere Liebe über den Urlaub hinaus standhielt. Auch die Entfernung konnte uns nicht trennen, und obwohl wir über achtzig Kilometer voneinander entfernt lebten, waren wir glücklich.

Keine sechs Monate später zog Smilla aus ihrem Dorf zu mir nach Hamburg, da sie schon immer davon geträumt hatte, in dieser Weltstadt zu leben. Sie tauschte ein fast idyllisches Landleben ein. Ein beschauliches Leben gegen ein Leben in meiner Großstadt, die innerhalb kürzester Zeit zu unserer wurde. Es war ein riesiger Schritt für sie, doch sie tat ihn gerne. Sie machte es für die Liebe, die uns beide voll erwischt hatte.

Auch zwei Jahre später hatten wir noch immer das Gefühl, das Richtige gemacht zu haben. Alles war perfekt, und wenn es Momente gab, in denen wir das Gefühl hatten, dass etwas nicht perfekt war, vertrugen wir uns schnell wieder. Meist lachten wir bereits kurze Zeit später darüber, wie wir so blöd hatten sein können.

Jeder von uns hatte seine Freiheiten und genoss diese, wenn er mit seinen Freunden unterwegs war. Ebenso wie wir uns auf diese kleinen Auszeiten freuten, konnten wir es auch jedes Mal kaum erwarten, uns wieder in die Arme nehmen zu können. Für irgendwelche Eifersüchteleien gab es keinen Grund, und genau deshalb konnte ich mich auch nicht daran erinnern, irgendwann dieses Gefühl gehabt zu haben. Wir hatten etwas, von dem viele andere Menschen träumten, es jedoch nie erreichten.

Wir waren uns damals ganz sicher, dass nichts und niemand in der Lage wäre, uns zu trennen. Wir waren einfach füreinander geschaffen und zum Glück auch schlau genug, dieses erkannt zu haben.

Dann kam der Tag des Unfalls, und es fühlte sich noch immer an, als wäre es erst gestern gewesen. Der Tag, an dem mein Albtraum begann, aus dem ich bis heute nicht wieder aufwachen sollte.

Mit meinem Rucksack über der Schulter betrat ich unsere gemeinsame Wohnung und freute mich darauf, Smilla gleich einen Kuss zu geben. Anschließend wollte ich noch an den Alsterlauf hinunter, der lediglich 100 Meter von unserer Wohnung entfernt lag, um eine Runde zu joggen. Mein lästiger Arbeitstag lag endlich hinter mir, und bereits gestern hatten wir besprochen, heute Abend mit Freunden ins Kino zu gehen.

Es war still in unseren vier Wänden.

Smilla war noch nicht zu Hause. Dafür erkannte ich bereits vom Flur aus, dass auf unserem Küchentisch mein Lieblingsschokoladenriegel lag. Er befand sich direkt auf einem kleinen Zettelchen, was dafür sorgte, dass sich ein Lächeln auf meinen Lippen breitmachte. Wir liebten es, uns die Liebe durch kleine Gesten immer wieder aufs Neue zu zeigen. Als ich den Zettel in der Hand hielt und las, wurde meine Freude noch größer.

Hallo Lieblingszicke,

ich habe etwas früher Feierabend gemacht und bin noch schnell mit dem Fahrrad zum Einkaufen gefahren. Ich freue mich auf heute Abend und ganz besonders auf dich. Viel Spaß beim Durch-die-Gegend-Rennen! ;-)

Deine

kleine Tussi

Meine Joggingsachen hatte ich bereits angezogen. Da die Schuhe von der letzten Einheit noch dreckig waren, hielt ich sie in der Hand, als ich mich auf den Weg zur Wohnungstür machte.

Nachdem ich die Tür geöffnet hatte, konnte ich in meinen Augenwinkeln noch immer unsere Garderobe und Smillas aufgehängten Fahrradhelm erkennen. Da sie nie ohne diesen Helm mit dem Fahrrad fuhr, vergewisserte ich mich mit einem zweiten Blick, ob ich ihren Helm mit meinem verwechselt hatte. Es war ihrer, und mir war sofort klar, dass sie sich wohl doch zu Fuß auf den Weg zum Einkaufen begeben haben musste.

Es gibt Tage, an denen der Körper mehr hergab, als man von ihm gewohnt war. Heute war ein solcher Tag und so kam ich erst eine Stunde später und mit einem schlechten Gewissen von meiner Joggingrunde zurück. Viel Zeit hatte ich nicht mehr, um unter die Dusche zu springen, da wir bereits in einer Stunde bei Didi und Steffi sein mussten.

Als ich die Wohnung betrat, war alles unverändert. Ihr Helm hing noch immer an der Garderobe, mein Schokoriegel und der Zettel lagen in der Küche und Smilla war nicht da. Zweimal lief ich durch die gesamte Wohnung und rief ihren Namen. Meine Idee, dass sie auf dem Balkon stand, um die Blumen zu pflegen, ging leider auch nicht auf. Smilla war nicht da, was so gar nicht ihrer Art entsprach.

Als ich nach meinem Telefon griff, um sie anzurufen, ertönte der Klingelton, den sie mir zugeordnet hatte, bei uns im Flur. Klar und deutlich konnte ich den Text des Liedes Die schönste Zeit wahrnehmen und erkannte so, dass sich ihr Handy auf dem Regal im Flur befand. Ich konnte Smilla nicht erreichen. Schlagartig wurde mir heiß und kalt. Eine innere Unruhe stieg innerhalb kürzester Zeit in mir auf. Als ich Didi anrief, um ihn zu fragen, ob Smilla eventuell schon bei ihm und Steffi war, hörte ich leider auch nicht, was ich gerne hören wollte.

So wie ein Tiger im Zoo an seinen Gitterstäben entlanglief, tigerte ich durch unsere Wohnung. Orientierungslos, fast hilflos, fühlte ich mich. Ich war mir sicher, dass irgendetwas passiert sein musste. Mit panischen Schritten lief ich durch das Treppenhaus. Unten im Fahrradkeller sah ich, dass ihr himmelblaues Mountainbike dort angeschlossen an seinem Platz stand. Nach einem Blick in den Wäschekeller machte ich mich auf den Weg zurück.

Oben in der Wohnung angekommen, stellte ich mich auf den Balkon und hielt Ausschau nach Smilla. Mein Gehirn arbeitete wie verrückt, spuckte jedoch keine sinnvolle Erklärung aus. Ihre Eltern lebten weit entfernt, genau wie der Rest ihrer Familie. Dort konnte sie auf keinen Fall sein, was bedeutete, dass sie irgendwo eine Freundin getroffen haben musste.

Julia! Nur Julia konnte es sein, die sie beim Einkaufen getroffen hatte. Immer wenn sie ihre Freundin traf, was sehr häufig beim Einkaufen passierte, quatschte Smilla sich mit ihr fest. Da Julias Nummer in unserem Festnetztelefon gespeichert war, ging ich in den Flur, wo sich unser Telefon befand.

Ich hielt es bereits in der Hand und war dabei, den Menüpunkt Kontakte auszuwählen, als ich erschrak. Das Telefon klingelte, und meine Hoffnung darauf, dass Smilla es war, die mich von irgendwoher anrief, zerbrach nach den ersten Worten, die ich mir anhören musste.

Nachdem ich mich mit meinem Nachnamen gemeldet hatte, bekam ich die Frage gestellt, ob ich der Lebenspartner von Frau Smilla Mahler sei. Meine Handynummer und meinen Namen hatte die Person, die sich am anderen Ende der Leitung befand, in Smillas Portemonnaie gefunden. Dazu den Hinweis, dass ich angerufen werden sollte, wenn ihr irgendetwas passiert war.

Wahrscheinlich hatte ich durch meine Aufregung am Anfang des Gespräches nicht mitbekommen, wer mich anrief. Erst jetzt, nachdem ich nachgefragt hatte, erfuhr ich, dass es die Intensivstation der Universitätsklinik Eppendorf war.

Während des Telefonats hatte ich keine Ahnung, wer sich am anderen Ende der Leitung befand. War es ein Chefarzt? Ein Oberarzt? Oder war es vielleicht sogar nur eine Stationsschwester? Als ich aufgelegt hatte, wusste ich nicht mal mehr, ob ich mit einem Mann oder einer Frau gesprochen hatte.

Mein Blick hing während des gesamten Gespräches an den Koffern, die ich bereits gestern vom Dachboden geholt und im Schlafzimmer platziert hatte. In zwei Tagen sollte es losgehen. Übermorgen wollten wir auf unsere Insel. Dort, wo damals alles mit uns begann, wollten wir uns in wenigen Tagen das Eheversprechen geben. Es war Smillas Traum, auf Sylt zu heiraten. Unser Termin beim Standesamt in Hörnum war längst besiegelt. Lange hatten wir darum gekämpft und nach Terminen gesucht, da wir uns vor unserer kleinen Hochzeitsgesellschaft unbedingt im Hörnumer Leuchtturm das Jawort geben wollten.

All diese Dinge gingen mir durch den Kopf, während ich im Zug saß. Mein Blick wanderte zu dem freien Platz neben mir, auf dem ich so gerne Smilla sitzen gesehen hätte.

Pläne (Smilla)

Seit sechs Wochen war ich mittlerweile hier auf der Insel. Auch wenn mein Bauchgefühl noch immer sagte, dass meine Entscheidung richtig gewesen war, war mein Kopf in manchen Momenten anderer Meinung. So wie jetzt gerade, wo ich nicht aufhören konnte, meine Entscheidung immer wieder aufs Neue zu hinterfragen. Tief durchatmend ließ ich mich auf dem Strand einfach fallen, legte mich auf den Rücken und schloss die Augen.

Ich roch das Salz des Meeres und hörte das Rauschen der Wellen, die an den Strand schlugen. Langsam spürte ich, wie Ruhe in mir einkehrte, mein wilder Herzschlag sich verlangsamte. Das war knapp gewesen. Mittlerweile hatte ich gelernt, auf die Anzeichen zu achten, und doch überraschten mich die Panikattacken jedes Mal wieder. Sie kamen aus dem Nichts und drohten, mich zu überwältigen. Meistens bemerkte ich es rechtzeitig, und dank autogenem Training schaffte ich es, das Schlimmste zu verhindern. Doch manchmal war es anders, dann versank ich in der Panik, bekam keine Luft mehr. Die Welt um mich herum verschwand komplett, und es dauerte lange, bis ich mich wieder in die Wirklichkeit kämpfen konnte.

Die Ärzte hatten gesagt, es sei kein Wunder, dass ich diese Panikattacken hatte, nach allem, was ich hatte durchmachen müssen. Sie meinten, die Anfälle würden irgendwann von allein verschwinden, so lange müsste ich einfach damit leben und mit mir selbst Geduld haben. Doch das konnte ich nicht. Ich wollte aktiv dagegen vorgehen, und wie sich herausgestellt hatte, klappte es zumeist auch ganz gut.

Geduld … Was für ein beschissenes Wort! Nein, ich hatte keine Geduld mehr. Nach mittlerweile anderthalb Jahren, die ich diesen Zustand, der sich jetzt mein Leben nannte, ertrug, war jedes Fitzelchen Geduld aufgebraucht. Ich konnte nicht länger in meiner Warteposition verharren, mich entspannt zurücklehnen und hoffen, dass von allein alles wieder ins Lot kommen würde. Ich musste etwas tun und mein Leben wieder aktiv in die Hand nehmen.

Mit diesen Gedanken im Kopf hatte ich vor knapp drei Monaten diesen Entschluss gefasst. Wenn das Schicksal schon der Meinung war, mir alles rauben zu müssen, alles kaputtzumachen, dann wollte ich mir daraus wenigstens ein bisschen Gutes ziehen und noch einmal von vorn anfangen.

Wer hat schon in seinem Leben die Möglichkeit, eine Reset-Taste zu drücken und komplett neu zu starten? Kaum jemand, zumindest nicht auf meine Art und Weise. So ungefähr waren meine damaligen – zugegeben sarkastischen – Gedanken, als ich nach dem vermaledeiten Einkauf im Tante-Emma-Laden des Dorfes in meinem Zimmer saß und über meinen Entschluss nachdachte.

Am nächsten Morgen war ich in das kleine Schreibwarengeschäft um die Ecke gegangen und hatte mir eine große Deutschlandkarte besorgt, die ich in meinem Zimmer über das Bett gepinnt hatte. Den halben Tag saß ich davor, den Rücken an die Wand gelehnt, und ließ meinen Blick über die Namen der Städte gleiten, doch es brachte mich nicht weiter. Ich hatte gehofft, dass mich einer der Namen einfach ansprechen würde, mir gefallen und mich neugierig machen würde. Doch nichts geschah. Es waren einfach nur Namen auf einer Karte, mein Bauchgefühl dazu schwieg. Keiner dieser Orte reizte mich. Irgendwann gab ich frustriert auf und ging in die Küche meiner Eltern hinunter, um mir einen Tee zu kochen. Mein Vater kam gerade aus dem Keller hinauf.

„Na, Smilla. Alles gut bei dir? Was machen deine Pläne?“, fragte er und gab mir im Vorbeigehen einen Kuss auf die Stirn. Natürlich hatten wir am Tag zuvor noch lange über meine Idee, neu anzufangen, gesprochen. Anfänglich waren meine Eltern alles andere als begeistert gewesen. Besonders meine Mutter hatte große Sorge, dass ich mir zu viel zumuten würde, dass es mich überfordern würde – sowohl körperlich als auch psychisch. Doch letztlich konnte ich sie überzeugen, dass es einfach an der Zeit war, dass ich mein Leben wieder selbst in die Hand nahm. Gleich am nächsten Morgen hatte ich mit meinem Arzt telefoniert. Er stand voll hinter mir und fand die Idee großartig. Auch er war meiner Meinung – wenn sich etwas ändern sollte, musste ich selbst etwas ändern. Vielleicht war das meine letzte Chance, mein Leben wiederzubekommen. Oder mir zumindest ein neues aufzubauen …

„Nicht so richtig gut. Ich hab einfach keine Idee. Was könnte mir gefallen? Wo will ich hin?“ Ein wenig verzweifelt warf ich die Hände in die Luft und schaute meinen Vater an. Nachdenklich erwiderte er meinen Blick, dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.

„Warte kurz, ich glaube, ich weiß etwas“, sagte er und verschwand in Richtung Wohnzimmer. Der Wasserkocher klickte, als das Wasser kochte, und während ich auf meinen Vater wartete, goss ich den Tee auf.

„Hier. Wie wäre es damit?“

Mein Papa hielt mir seine ausgestreckte Hand entgegen. Auf der Handfläche lagen seine heiß geliebten Dartpfeile. Er spielte hier im Dorf bereits seit Jahren im Verein, doch was er mir damit sagen wollte, verstand ich nicht.

„Was meinst du? Soll ich jetzt mit Darten anfangen, oder was?“ Mein Vater lachte auf, und wie immer, wenn ich sein tiefes Lachen hörte, wurde es warm in meinem Bauch. Ich mochte den Klang, er gab mir das Gefühl von Heimat.

„Nein, mein Schatz. Obwohl du früher gern gedartet hast. Aber jetzt dachte ich eher, du könntest die Pfeile entscheiden lassen.“

Ja, aus Erzählungen wusste ich, dass ich früher ab und an mit meinem Vater los gewesen war, um Pfeile auf die Scheibe zu werfen. Doch im Moment war ich mir nicht einmal sicher, ob ich es schaffen würde, den Pfeil abzuwerfen, ohne meinen eigenen Fuß zu treffen. Wie hielt man das Teil eigentlich richtig?

„Meinst du?“, fragte ich ein wenig unsicher, aber mein Papa nickte nur überzeugt.

„Ja klar. Komm, probiere es aus! Wirf die drei Darts und dann schau dir die Orte im Internet an.“ Damit drückte er mir die Pfeile in die Hand. Na gut, was konnte es schaden. Es war immerhin eine Idee.

Mit meinem Tee und den Dartpfeilen bewaffnet, kehrte ich in mein Zimmer zurück.

Nachdem ich den Becher auf meinen Nachttisch gestellt hatte, sah ich ratlos auf die roten Metallpfeile mit der silbern glänzenden Spitze. Leicht fuhr ich mit dem Finger darüber, dann nahm ich einen in die linke Hand. Wie von selbst legten sich meine Finger in die richtige Haltung darum. Auch wenn mein Kopf sich nicht erinnern konnte, wie man einen Dartpfeil warf, meine Hand wusste es anscheinend. Ich drehte mich zu meiner Deutschlandkarte, schloss die Augen und warf. Dasselbe wiederholte ich noch zwei weitere Male. Erst dann sah ich nach, wo ich getroffen hatte. Auf dem Weg zur Karte amüsierte ich mich darüber, dass einer der Pfeile anscheinend mitten in der Nordsee gelandet war, und ich sah mich schon auf einem Boot auf dem Meer schippern. Doch dann erkannte ich, dass ich tatsächlich dreimal Land getroffen hatte.

Bielefeld, Halle und Sylt.

Drei Orte hatte das Schicksal der Pfeile für mich herausgesucht.

Nacheinander besah ich mir die Orte genauer.

Bielefeld … Ich horchte in mich hinein, doch nichts rührte sich.

Halle … Wieder schwieg mein Bauchgefühl.

Sylt … Mein Herz klopfte schneller und in meinem Bauch breitete sich eine Wärme aus. Eine Wärme, die ich mittlerweile schon ein paarmal in unterschiedlichen Situationen gespürt hatte. Jedes Mal war es ein gutes Zeichen gewesen – diesmal vielleicht auch?

Ich riss meine Zimmertür auf und ging, so schnell ich es schaffte, nach unten.

„Papa? Was hältst du von Westerland auf Sylt?“, fragte ich, als ich in der Tür zum Wohnzimmer stand. Mein Vater sah von der Zeitung auf, in der er gerade gelesen hatte, und starrte mich mit offenem Mund an. Einen Moment lang wirkte er sprachlos, dann räusperte er sich, als müsste er sich erst wieder fangen. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, doch er wirkte unsicher.

„Ja …“, antwortete er ein wenig zögerlich. „Sylt ist doch toll.“

Ich verstand nicht, warum seine Stimme nicht so klang, wie seine Worte glauben machen wollten, doch mittlerweile war mein Bauchgefühl klar. Ich wollte nach Sylt. Genauer gesagt nach Westerland, da dies der einzige Ort war, der auf meiner Deutschlandkarte auf Sylt eingezeichnet war.

Euphorisch kehrte ich in mein Zimmer zurück und startete meinen Laptop. Ich wollte so viel es nur ging über diese Insel und den Ort recherchieren und mich auf die Suche nach einer Wohnung dort machen. Endlich hatte ich wieder ein Ziel, eine Chance, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Pläne zu machen, wie mein Leben weitergehen sollte, katapultierte mich in einen Schaffensdrang, wie ich ihn aus den letzten Monaten nicht kannte. Und allein das machte mich so glücklich, dass ich mit einem breiten Grinsen und Herzklopfen vor dem PC saß, voller Vorfreude auf das, was jetzt auf mich zukam.

Ob es eine Art höhere Macht gab, die ein wenig für Gerechtigkeit und Ausgleich für das Erlittene sorgen wollte, wusste ich nicht. Doch ich hatte definitiv mehr Glück als Verstand!

Bereits am nächsten Tag fand ich eine Eigentumswohnung, die schon den Bildern nach absolut meiner Traumwohnung entsprach. Zwei helle Zimmer, Einbauküche, Vollbad, nur zehn Gehminuten vom Strand entfernt, und das Ganze zu einem wirklich guten Preis. Ein wenig misstrauisch, weil ich es nicht fassen konnte, suchte ich im Internet nach dem angegebenen Eigentümer. Diese Wohnung war für Sylter Verhältnisse recht günstig angeboten, wenn ich sie im Vergleich zu anderen Wohnungen sah. Eigentlich hatte ich nach Mietwohnungen gesucht, doch wenn der angegebene Preis für diese Eigentumswohnung stimmte, gab es keinerlei Überlegung mehr.

Bereits nach ein paar Minuten hatte ich herausgefunden, wem die Wohnung gehörte und warum sie derart günstig zu verkaufen war. Der Eigentümer war eine Firma aus Berlin, die vor Kurzem Konkurs angemeldet hatte. Es war also anscheinend ein Notverkauf, die Wohnung musste dringend weg.

Sofort rief ich den Makler an, und als meine Mutter abends nach Hause kam, hatte ich bereits die vorläufige Zusage.

Ein paar Wochen später war alles in trockenen Tüchern. Die Verträge waren unterschrieben und meine Sachen wurden von einem Umzugsunternehmen auf die Insel gebracht.

Mit zwei Koffern, in denen sich meine wichtigsten Sachen befanden, ließ ich das kleine Dorf, in dem meine Eltern wohnten, hinter mir und fuhr in meine neue Heimat.

Meine Ärzte und Therapeuten hatten mir geholfen und diverse Telefonate geführt, damit ich sofort nach meinem Umzug mit den noch immer nötigen Anwendungen starten konnte. Und jetzt, nach sechs Wochen, konnte ich sagen, ich fing langsam an, mich hier einzugewöhnen. Auch wenn mein Kopf mich ab und an noch immer in Panikattacken verfallen ließ, sagte mein Bauch eines ganz klar: Hier war ich zu Hause!

Die Panikattacke, die mich eben beinahe ereilt hatte, war verschwunden, das Engegefühl in meiner Brust hatte nachgelassen. Langsam rappelte ich mich auf und klopfte mir den Sand von den Klamotten. Mein Blick wanderte über die schier unendliche Weite des Meeres. Ja, ich wollte nie wieder woanders wohnen als hier auf dieser kleinen Insel.

Ungewissheit (Jonas)

„Die Fahrkarte, bitte.“

Versunken in meine Gedanken und den Blick noch immer aus dem Fenster gerichtet, hatte ich die Aufforderung des Schaffners überhört. Als er mich anstupste, zuckte ich zusammen und sah ihn verwirrt an. Erst jetzt begriff ich, was er von mir wollte, und kramte die Fahrkarten aus meiner Tasche heraus.

„Sorry. Das tut mir leid.“

„Macht ja nichts. Das passiert mir häufiger. Aus dem Fenster schauen und von dem bevorstehenden Urlaub träumen, ist ja auch eine tolle Sache.“

„Ja.“ Mehr sagte ich nicht. Nach mehr war mir nicht, da meine Gedanken bei Smilla gefangen waren. Ich genoss es, wenn meine Vorstellungskraft so groß und positiv war, dass ich mich mit ihr am Strand spazieren gehen sah. Doch quälten mich ebenso die negativen Bilder. Die Bilder davon, dass unsere Wege auch auf Sylt in unterschiedliche Richtungen verliefen.

Der Kaffee, den ich mir vor der Abfahrt geholt hatte, war inzwischen kalt und schmeckte mir nicht mehr. Tatsächlich hatte ich ihn über meine Erinnerungen vergessen. Ich machte mich auf den Weg in den Speisewagen, um mir einen neuen zu besorgen. Einmal mehr war ich froh, in einem Zug der Deutschen Bahn zu sitzen und nicht mit der Nord-Ostsee-Bahn gefahren zu sein. Im Intercity gab es definitiv mehr Auswahl an Getränken und Speisen. Außerdem gab es hier nicht so viele Erinnerungen, da Smilla und ich oftmals die Nord-Ostsee-Bahn benutzt hatten, um nach Sylt zu fahren.

Als ich am Tresen des Speisewagens stand, erkannte ich das Schild, auf dem die unterschiedlichsten Heißgetränke angeboten wurden. Wie jedes Mal, wenn ich das Wort Cappuccino irgendwo entdeckte, bildete sich ein Kloß in meinem Hals. Zusammen mit Smilla hatte ich unzählige Cappuccini getrunken. Es gab unendlich viele Dinge, die ich nach wie vor mit Smilla verband.

Bis heute war ich nicht in der Lage, unsere ehemals gemeinsamen Dinge alleine zu machen. Zu groß war noch immer die Liebe, die ich verspürte, wenn ich an meine Tussi dachte.

Auch wenn ich jetzt gerne einen Cappuccino getrunken hätte, bestellte ich mir einen normalen Kaffee. Nachdem ich etwas Milch hineingegossen hatte, ging ich zurück zu meinem Platz und verschwand gedanklich wieder in Smillas und meiner Welt.

Obwohl ich meine Traumfrau immer vor Augen hatte und ich keine Fotos brauchte, um die Erinnerung an sie aufrechtzuerhalten, lagen heute welche in meiner Tasche. Sicher verwahrt in einem kleinen Etui hatte ich sie bei mir, da ich nicht wusste, ob ich sie auf Sylt benötigen würde. Es waren Bilder unseres Lebens, auf denen wir gemeinsam verewigt waren. Bilder, die Momente zeigten, in denen wir glücklich waren. Jedes einzelne dieser Bilder hatte ich in meinem Kopf und jede Geschichte, die zu den Bildern gehörte, war tief in meinem Herzen verankert. Genau aus diesem Grund brauchte ich das Etui nicht zu öffnen. Ich sah mir die Bilder an, ohne sie in die Hand zu nehmen oder ansehen zu müssen. Wie in einem Film liefen sie vor mir her, und ich war mir nicht sicher, ob in diesem Moment der Stolz über unsere gemeinsame Zeit oder die Trauer darüber, dass diese Zeit vorüber war, mehr Besitz von mir ergriffen hatte.

Ungefähr eine Stunde später warf ich den zweiten vollen Becher mit kaltem Kaffee in den Abfalleimer. Wieder hatte ich es versäumt, den Kaffee zu trinken. Wieder war ich in meinen Gedanken versunken. Wieder sehnte ich mich nach unserer gemeinsamen Zeit, und wieder einmal wusste ich nicht, ob es richtig war, jetzt in diesem Zug nach Sylt zu sitzen.

Als ich auf die Uhr sah, erkannte ich, dass meine Fahrt noch ziemlich genau eine Stunde dauern würde. Eigentlich Zeit genug für einen Kaffee. Ich freute mich darüber, dass ich mich dabei erwischte, zu lächeln. Das Lächeln war in den letzten eineinhalb Jahren von mir gegangen, und ich war jedes Mal glücklich darüber, wenn ich bemerkte, dass ich es noch konnte und es mir gelang, ein Lächeln auf den Lippen zu haben. Nachdem ich am Tresen im Speisewagen erneut meinen Cappuccino-Kloß heruntergeschluckt hatte, bestellte ich einen normalen Kaffee und setzte mich auf den Barhocker, der zu einem Bistrotisch gehörte. Dieser Kaffee sollte nicht umsonst gekauft worden sein, und so hielt ich es für besser, mich nicht zurück zu meinem Platz zu begeben, sondern im Speisewagen zu bleiben.

Als ich den ersten Schluck zu mir nahm, fuhren wir im selben Moment in den Bahnhof Niebüll ein. An diesem Bahnhof war auch die Autoverladung für die Menschen, die ihr Auto mit auf die Insel nehmen wollten. Dutzende Male hatten Smilla und ich ebenfalls hier gestanden und darauf gewartet, dass die Ampel auf Grün sprang und wir auf den Autozug fahren durften. Wie alle anderen Urlauber auch hofften wir jedes Mal darauf, auf dem zweigeschossigen Autozug oben stehen zu dürfen.

Nur zu gut wusste ich, dass mich in den nächsten drei Wochen auf Sylt jedes Restaurant, jeder Weg, das Meer, der Strand und wahrscheinlich auch jeder einzelne Strandkorb an meine Zeit mit Smilla erinnern würde. Ich musste stark sein. Allerdings wusste ich auch wofür.

Aus meiner Sicht war dies die letzte Chance. Wahrscheinlich sogar meine einzige Chance, Smilla zurückzugewinnen. Ich wollte und konnte dieses besondere UNS nicht aufgeben und wusste, dass ich um sie kämpfen würde, selbst wenn es vielleicht ein schier aussichtsloser Kampf gegen Windmühlen werden sollte. Nicht umsonst hatte der Arzt diese Sätze gesagt, die seit meiner Idee wieder wie ein Echo durch meinen Kopf hallten.

Aber vielleicht ändert sich im Leben von Frau Mahler etwas. Wenn sie bereit ist, in einen neuen Lebensabschnitt zu starten, dann besteht durchaus die Chance, dass Sie an diesem Lebensabschnitt beteiligt sein können.

Als die Fahrt weiterging und wir uns auf dem Hindenburgdamm befanden, sah mich die Sonne durch die Wolken hindurch an. Sie schob die Wolken immer weiter auseinander und strahlte wenige Minuten später in ihrer ganzen Pracht. Wieder huschte ein Lächeln über meine Lippen, da ich es als positives Zeichen, als ein Symbol für die Liebe wertete.

Erst als wir Keitum erreicht hatten, machte ich mich auf den Weg zu meinem Abteil. In wenigen Minuten würde der Zug in Westerland ankommen und mich nach längerer Abwesenheit wieder den Boden meiner Insel berühren lassen. Die Insel, die mir so viel bedeutete und auf der ich versuchen wollte, meinen Lieblingsmenschen zurückzugewinnen.

Mit meinem Koffer stand ich vor der Eingangshalle am Bahnhof. Während mein Blick auf die großen grünen Figuren fiel, die sich auf dem Vorplatz des Bahnhofs befanden, holte ich mein Handy aus der Innentasche meiner Jacke heraus.

Heute brauchte ich keine Mütze zur Seite zu schieben, damit mein Ohr für das anstehende Telefonat frei war. Ich glaube, es war das erste Mal, dass ich mich auf Sylt befand, ohne eine meiner vielen Mützen zu tragen. Direkt bei Smillas und meiner ersten Begegnung taufte sie mich auf den Namen Mützenmann. Auch wenn später noch die Bezeichnung Lieblingszicke hinzukam, war dies der Name, der uns vom ersten Moment an verband.