Life in Work® - Gerhard J. Mandalka - E-Book

Life in Work® E-Book

Gerhard J. Mandalka

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Beschreibung

Das Buch zeigt, wie wir unsere Leistungsfähigkeit - sowohl körperlich als auch geistig - und Wohlbefinden steigern und dabei sowohl persönlichen als auch unternehmerischen Nutzen maximieren können. "Life in Work® ist ein Konzept, das als Gegenentwurf zum Work-Life-Balance-Modell zu verstehen ist. Während viele New-Work-Konzepte die Arbeit durch reduzierte Arbeitszeiten und mit Wohlfühlelementen aufgeladene Arbeitsumfelder angenehmer zu gestalten versuchen, stellt Gerhard Mandalka klar, dass in der Arbeit, in der Familienzeit oder im Sport gleichermaßen erfülltes Leben stattfinden sollte und der Gegensatz von Arbeit und Leben, der in eine vermeintliche Balance zu bringen ist, verfehlt ist. Menschliche Entwicklung bedarf temporärer Belastungen und Grenzerfahrungen ebenso wie Erholungszeiten und Entspannung. Das Buch bringt beachtenswert die Herausforderungen der aktuellen Arbeitswelt und Zivilisationserkrankungen mit unserer Evolution zusammen und präsentiert dazu erstaunliche und zugleich einfache Lösungen. Die Betrachtung ist ganzheitlich und zugleich durch neue Perspektiven erfrischend. Besonders der Blick auf die für den Autor wichtigen Themen der Gesundheit besticht und macht die Lektüre wertvoll für alle, denen ihre Gesundheit bei begrenzten menschlichen Ressourcen wichtig ist." Antworten im Buch: - Warum Gesundheitsziele in Unternehmen und Privat unerreicht bleiben. - Wie uns der Fokus auf Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden positiv verändern wird. - Das Prävention nur als Zwang funktionieren kann. - Das Mental Health erst durch (zeitliche) Überforderungen entsteht. - Wie Digitalisierung zu Stress führt. - Das Toleranz in Unternehmen nur durch Offenheit und Transparenz erreicht werden kann. - Warum jede Intervention eine Reizschwelle überschreiten muss, wenn diese positive Effekte erzielen soll. - Das viele aktuelle "Gesundheitsmaßnahmen" zu der falschen Zeit und mit niedriger Priorität stattfinden. Dieses Buch hat das Potenzial, Ihre Perspektive auf verschiedene Lebensbereiche zu verändern und Ihnen dadurch neue Handlungsoptionen zu eröffnen. Es liegt jedoch ganz bei Ihnen, ob Sie diese dann nutzen möchten ;-)

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Danksagung

Bevor es losgeht, möchte ich gerne meine Dankbarkeit auszudrücken. Dankbarkeit gegenüber all den Menschen, die mich in den letzten Jahren herausgefordert haben, mein Wissen zu vertiefen und meine Fähigkeiten wachsen zu lassen.

Besonders möchte ich Prof. Dr. Karim und Prof. Dr. Merk danken. Sie haben in mir die Lust auf das Entdecken und die Wissenschaft vertieft und mich nachhaltig inspiriert. Ein besonderer Dank gilt auch meinem Vater, der mit großem Mut Grenzen überwunden hat, um seiner Familie neue Chancen zu eröffnen. Ich hoffe, dass ich mit diesem Buch seinem Beispiel folgen und dazu beitragen kann, bestehende Grenzen im Denken und Verhalten vieler Menschen zu überwinden.

Prof. Dr. Schneck und Sarah Huwald sind zwei Personen, die mir immer wieder die Kraft gegeben haben, mich mit voller Energie meinem Herzensthema zu widmen. Sarah hat mich dazu angetrieben, mein Wissen noch expliziter für viele Menschen zugänglich zu machen-danke für deine Unterstützung. Prof. Dr. Schneck ziert das Cover meines Buches mit Wort und Bild. Das ist für mich wie ein Ritterschlag. Es ehrt mich zutiefst, dass Sie meine Arbeit so unterstützen. Ein weiterer Dank geht an Stephan, Jörg, Julian und viele Freunde, die tapfer meine Monologe ertragen und mir dabei noch ein gutes Gefühl weiterzumachen gegeben haben.

Abschließend möchte ich mich bei der Lektorin Dr. Anna Ertel bedanken. Sie hat einen großartigen Job gemacht. Wenn Sie als Leser besonders von der Struktur des Buches begeistert sind, dann gebührt das Lob Frau Ertel. Sie hat es geschafft, mein Wissen in eine angenehme und mitreißende Form zu bringen.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Der Mensch als Ressource

1.1 Die Krux mit der Gesundheit

1.2 Wir managen Krankheiten-mit Luft nach oben

1.3 Personenbezogene Daten und Gesundheitsmanagement

1.4 Der Arbeitsplatz

1.5 Nachhaltige und gesunde Ernährung & Stoffwechsel

1.6 Leistungsfähigkeit vs. Leistung

1.7 Gesundheitsprävention bedeutet Verantwortungsübernahme

1.8 Haben wir ausreichend Mut für eine richtige Prävention?

1.9 Trainingseffekt: Veränderungen durch Maßnahmen

2. Life in Work

®

2.1 Life in Work

®

vs. Work-Life-Balance

2.2 Perspektivwechsel 1: Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit statt Gesundheit

2.3 Belastung und Erholung

2.4 Verantwortung übernehmen

2.5 Perspektivwechsel 2: Ehrlichkeit und Transparenz

2.6 Digitalisierung: Chance und Problem

2.7 Mental Health

2.8 Motivation & Ziele, Disziplin & Sei bst Wirksamkeit

2.9 Life in Work

®

-Zusammenfassung

3. Aktive Pausen-Gesundheitsförderung at its best!

3.1 Erwartungen an das Konzept

3.2 Konzeptentwicklung

3.3 Von einzelnen Übungen zum Gesamtkonzept

3.4 Das 4BAM

®

-Konzept der Aktiven Pause

3.5 Herausforderungen bei der Umsetzung

3.6 Aktive Pausen im Unternehmen implementieren

4. Wissenschaftliche Grundlagen der Aktiven Pause

4.1 Erinnerung: Belastung ist nicht gleich Belastung

4.2 Zusammenhang zwischen Bewegung & Gesundheit

4.3 Auswirkungen von aktiver körperlicher Belastung auf die physische Gesundheit

4.4 Auswirkungen von aktiver körperlicher Belastung auf die psychische Gesundheit

4.5 Nachweisliche Effekte durch Aktive Pausen

4.6 Nutzen der Aktiven Pause

5. Einführung und Umsetzung der Aktiven Pause im Unternehmen

5.1 Arbeitsplatzanalyse

5.2 Übungsauswahl

5.3 Übungsanweisung und Begleitung

6. Prädiktoren für eine erfolgreiche Gesundheitsförderung

6.1 Hürden bei der Umsetzung von Gesundheitsförderung in Unternehmen

6.2 Prädiktoren gegen eine erfolgreiche Umsetzung von Gesundheitsmaßnahmen

6.3 Unterstützende Faktoren für Gesundheitsförderung

7. Zum Schluss: Jetzt sind Sie dran!

8. Ausblick

Literaturverzeichnis

Vorwort

Sie interessieren sich für Menschen und dafür, was uns antreibt und warum wir uns wann wie verhalten, und Sie sind bereit, das eigene Wissen und die eigenen Verhaltensweisen kritisch zu hinterfragen? Dann eröffnet Ihnen das Buch viele Chancen und einen neuen Blick auf das Thema Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Prävention im persönlichen, gesellschaftlichen und Unternehmenskontext.

Jeder von uns hat nur ein Leben. Die unterschiedlichen Bereiche Arbeit, Familie, Hobbys und Freundschaften mit all ihren Aufgaben ergeben und formen unser Leben. Mit dem Life in Work®-Konzept erschaffen wir eine Arbeitswelt, die der Besonderheit der Menschen gerecht wird. So erreichen wir individuell mehr Lebensqualität und das Unternehmen erzielt mit uns höhere Erträge.

Ende 2019 stand ich beruflich vor einem Scherbenhaufen. Als Gesundheitsund Präventionspsychologe hatte ich mein Leben einer Sache gewidmet, die keinen Menschen interessiert: Alle wollen gesund sein, aber keiner möchte etwas dafür tun. Oder anders gesagt: Alle wissen, was ihnen guttut, aber kaum einer handelt danach. Dieser offensichtliche Widerspruch bewog mich dazu, jeden Stein meiner Passion, meiner Motivation und meines Wissens zu prüfen und neu zu bewerten. Ein intensives Studium der vorhandenen Fachliteratur und viele Gespräche mit Experten sowie Betroffenen führten im Ergebnis zum Umbau meines Wissensfundaments. Das war die Geburtsstunde von Life in Work®. Die Erkenntnisse, die ich auf diesem Weg machen durfte und die mir von medizinischer und wissenschaftlicher Seite bestätigt wurden, möchte ich in diesem Buch mit Ihnen teilen. Sie sollen helfen, die Reaktionen der „Blackbox" Mensch besser zu verstehen, indem wir den Einfluss unserer Evolution auf unsere Gegenwart und Zukunft erkennen - und nutzen. Viele aktuelle New-Work-Ansätze wollen die Arbeitswelt „angenehmer" machen, indem sie die körperlichen und geistigen Belastungen pauschal reduzieren. Dabei wird ein wesentlicher Punkt übersehen, der unsere menschliche Entwicklung und Entwicklungsfähigkeit kennzeichnet: Wir brauchen temporäre Belastungen, Mangelzustände und Grenzerfahrungen in unserem Leben, um uns (weiter) zu entwickeln. Wir sind in vielen Punkten nicht über-, sondern unterfordert!

Anstatt die „Trägheit" der Generation Z zu kritisieren, können wir uns fragen, wo dieses Verhalten seinen Ursprung hat. Meine Antwort lautet: in unserem genetischen Code! Was damit gemeint ist, wird unter dem Stichwort Energieeffizienz greifbar. Was uns bis ins letzte Jahrtausend das Überleben gesichert hat, ist heute - unter veränderten Lebensbedingungen (Wohlstand, Dauerverfügbarkeit von Nahrungsmitteln, Automatisierung von Arbeitsprozessen u. v. m.) - der Grund für viele Zivilisationserkrankungen. Wollen wir Zivilisationserkrankungen reduzieren und die Leistungsfähigkeit unserer Mitarbeitenden dauerhaft auf ein hohes Niveau bringen und dort halten, tun wir gut daran, Lösungsansätze in unserer Evolution zu suchen. Damit ist gemeint, dass wir die Funktionsweisen unseres Körpers kennen und wissen, welche Funktionen und Mechanismen wir im Laufe der menschlichen Entwicklung ausgebildet haben und an welchen Punkten wir ansetzen können, wenn wir unser Verhalten nachhaltig verändern wollen.

Wir müssen lernen zu verstehen (und danach zu leben), dass wir jeden Tag nur endliche Ressourcen zur Verfügung haben, dass Höchstleistungen zwingend Erholungsphasen voraussetzen, dass Geist und Körper gezielte Aktivierung brauchen, um wach, beweglich und belastbar zu sein und zu bleiben - und dass alles, was wir tun, einen Einfluss auf unser gesamtes Leben und unsere Gesundheit heute und morgen hat. Das ist der Grundgedanke, der hinter dem Life in Work®-Konzept steht.

Wissen nutzt uns jedoch nur, wenn wir es anwenden. Deshalb liegt ein Schwerpunkt meines Buches auf der praktischen Umsetzung von Präventionsmaßnahmen im Unternehmenskontext. Mit meinem Life in Work®-Konzept liefere ich das passende Mindset für Unternehmen und Privatpersonen, die im Bereich Gesundheit (BGM) umdenken und neue Wege gehen wollen. Das von meinem Team und mir entwickelte 4BAM®-Konzept der „Aktiven Pause" stellt ein ganz konkretes - und bereits vielfach bewährtes - Tool dar, das sich im Unternehmensalltag schnell und effektiv umsetzen lässt.

1. Der Mensch als Ressource

Die Evolution hat den Menschen erschaffen, und man könnte meinen, sie sollte uns auch den optimalen Umgang mit dieser Ressource gelehrt haben. Der Abgleich mit der Realität ergibt allerdings ein anderes Bild: Häufig ist unser Verhalten - wie wir uns ernähren, bewegen und wie wir arbeiten - unserer körperlichen und geistigen Entwicklung und Gesundheit nicht nur nicht zuträglich, sondern schadet dieser sogar. Was wäre, wenn wir - als Einzelpersonen, als Unternehmen und als politisch Verantwortliche - berücksichtigten, womit uns die Evolution ausgestattet hat, und diesen Voraussetzungen entsprechend lebten und handelten? Davon handelt dieses Buch. Es ist ein Plädoyer für mehr Ehrlichkeit im Umgang mit dem Thema Gesundheit und ein Appell, Verantwortung für uns selbst und die Gesellschaft, in der wir leben, zu übernehmen.

Unser Leben besteht aus Polaritäten. Alles in unserem Körper ist immer in Bewegung; es finden gleichzeitig Aufbau- und Abbauprozesse statt. Die Hauptaufgabe unseres Körpers besteht darin, die physikalischen Prozesse (z. B. Osmose, Thermodynamik usw.) so zu lenken, dass die dadurch entstehende Energie zum Aufbau neuer Polaritäten genutzt werden kann. Aus Sicht unseres Körpers könnte man auch sagen: Harmonie ist ein schönes Ziel, aber kein Zustand, der uns länger glücklich macht! Es sind vier Faktoren, die den Austausch der Energien in unserem Körper beeinflussen. Wir haben sie alle selbst in der Hand:

1. Unser Gemütszustand: Je nach Stimmung werden unterschiedliche Hormone aktiviert.

2. Unser Trainingszustand: Wie viele Ressourcen haben wir, um Energie bewusst zu lenken, wie groß und voll ist unser Fass?

3. Unsere Ernährung: Welche chemischen Reaktionen werden durch unsere Nahrung im Darm aktiviert oder gehemmt?

4. Die Sauberkeit unseres Wassers im Körper: Die Anzahl und Art der Feststoffe in unserem intra- und extrazellulären Wasser bestimmt, welche Prozesse gut oder schlecht funktionieren und wie die ersten drei Faktoren von unserem Körper aufgenommen werden können.

Diese vier Faktoren beeinflussen unsere Leistungsfähigkeit, und zwar jeden Tag aufs Neue.

Wenn wir die Leistungsfähigkeit unserer Mitarbeitenden im Unternehmen erhalten oder weiter ausbauen wollen, sollten wir die Lösung dafür in unserer Evolution suchen. Es geht darum zu verstehen, welche Funktionen unser Körper über die Zeit entwickelt hat. Ursprünglich dienten diese Anpassungsprozesse dem puren Überlebenszweck: Es galt, Raubtieren zu entkommen oder Hungersnöte zu überstehen. Die Lebensumstände sind heute natürlich andere, aber die Funktionen - unsere Hormone - sind geblieben. Deshalb müssen wir genau hier, bei unserem Körper und seiner evolutionären Prägung, ansetzen, wenn wir Zivilisationserkrankungen reduzieren und die allgemeine Leistungsfähigkeit steigern wollen.

Wir haben nach wie vor vier Hormone, die den Blutzuckerspiegel erhöhen, und nur ein Hormon, das ihn reduzieren kann.

Wir werden für viel und energiehaltiges Essen durch z. B. Dopamin sofort belohnt.

Wir bauen immer noch Muskeln ab, obwohl genug Energie für den Erhalt vorhanden ist.

Früher konnte die Zunge die für unseren Darm wichtigen und richtigen Lebensmittel erkennen. Heute können wir alles als „das richtige Lebensmittel" deklarieren. Essen muss dem Darm und seinen vielen Helfern (mehr als Körperzellen) schmecken

(mehr dazu in Kapitel 1.5).

Aus evolutionärer Sicht ist Sport Energieverschwendung ohne direkte (unmittelbare) Auswirkung auf das Überleben oder eine positive Energiezufuhr. Wir brauchen aber Grenzbelastungen und Mangelzustände, um wichtige Prozesse in Körper und Gehirn anzuregen! Die vermeintlich unnötige Belastung ist der Treiber für körperliche und geistige Entwicklung und Stärke - und damit Gesundheit

(dazu mehr in Kapitel 2.3),

deshalb müssen wir gezielte körperliche Belastung (Bewegung) - auch am Arbeitsplatz - fördern!

Auch im Zeitalter von Digitalisierung gilt: Solange wir unseren Körper nicht komplett ersetzen können, tun wir gut daran, unser Verhalten an die Funktionsweisen unseres Körpers anzupassen.

1.1 Die Krux mit der Gesundheit

In unserer Gesellschaft besteht ein Konsens über die Bewertung von Gesundheit: Sie gilt als wichtigstes Gut und damit als unbezahlbar. Sie gilt es zu schützen und zu fördern, und davon lebt eine ganze Nahrungsmittelund Freizeitindustrie. Gleichzeitig steigen verhaltensbedingte chronische Erkrankungen wie z. B. Diabetes Typ II und Herzerkrankungen.

Frei heraus gefragt:Haben Sie eine verhaltensbedingte Erkrankung? Wenn ja, wie wichtig ist Ihnen Ihre Gesundheit dann wirklich? Wie häufig haben Sie sich für das kurzfristige Wohl (Genuss, Spaß, Vergnügen usw.) entschieden, statt ein Verhalten zu wählen, das langfristige Gesundheit verspricht?

In diesem Buch geht es darum, wie wir funktionieren (Biochemie - Physik) und wie wir damit unser Leben und unsere Umgebung formen. Emotionen haben dabei einen sehr großen Einfluss auf unser Verhalten. Am Ende eines Entscheidungsprozesses steht die Abwägung von Alternativen und dafür brauchen wir die Amygdala (Corpus amygdaloideum). Diese Hirnstruktur verarbeitet Emotionen und ist essenziell, wenn wir uns zwischen zwei oder mehr Alternativen entscheiden wollen. Deswegen treffen Menschen trotz „gleicher" Fakten unterschiedliche Entscheidungen. Ein Beispiel: Die wachsende Angst vor der Klimaerwärmung führt aktuell zu anderen Entscheidungen als noch vor einigen Jahren. Die Angst ist größer geworden, weil wir die Veränderungen durch die Klimaerwärmung „plötzlich" wahrnehmen und ihre konkreten Auswirkungen sehen.

Merke:

Wir schützen nur, was wir wahrnehmen können! Und genau hier liegt das Problem mit der Gesundheit: Sie ist nicht wahrnehmbar - und deshalb nehmen wir sie und ihren Schutz nicht ernst. Aus diesem Grund ist uns unsere Gesundheit unwichtig!

In diesem Buch geht es deshalb auch darum, einen neuen Blick auf den Themenbereich Gesundheit zu entwickeln, der diesen Tatsachen Rechnung trägt.

Dass wir für bestimmte Aspekte unserer Gesundheit blind sind, hängt noch mit einem weiteren Wahrnehmungs- bzw. Verarbeitungsproblem zusammen. Oder mögen Sie Statistiken, Wahrscheinlichkeits- und Prozentrechnung und Potenzen und richten Ihr Verhalten danach aus? Unabhängig von Ihrer Antwort: Fast keiner (nämlich nur ein Mensch von 89036) hat dafür eine gute Vorstellung entwickelt. Wir akzeptieren im Tagesablauf eine Überlebenschance von 99 Prozent, gehen aber bei einem Sterberisiko von einem Prozent auf die Barrikaden. Wahrscheinlichkeiten wie 1:10000 oder 1:1890 können wir emotional nicht bewerten, deshalb haben sie für uns keine Aussagekraft und auch keinen argumentativen Wert. Kaum jemand unter uns kann somit wirklich begreifen, wie bestimmte Handlungen das Risiko, schwer zu erkranken, erhöhen. Rein rechnerisch ist der Unterschied zwischen 1:10000 und 47,9:10000 enorm, für den Einzelnen gibt es jedoch nur zwei Zustände: a) Es hat mich erwischt oder b) Ich kann weitermachen wie bisher. Der Fluch der Wahrscheinlichkeit erfüllt sich dann, wenn es uns tatsächlich erwischt. Dabei ist in unserem Leben nur ein Ereignis zu 100 Prozent sicher: der Tod. Jedes andere mögliche Ereignis tritt mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen 0,0...01 und 99,9...9 Prozent ein.

Alle Gesundheitsmaßnahmen sollten das Ziel haben, die Wahrscheinlichkeit für gewisse Erkrankungen zu reduzieren oder den Durchschnitt der Krankheitstage (im Unternehmen) zu senken. Wer raucht, Alkohol konsumiert, exzessiv oder gar keinen Sport macht, Motorrad fährt usw., ignoriert bewusst das statistisch höhere Risiko für eine schwere Verletzung oder Erkrankung und/oder überschätzt die eigene Selbstwirksamkeit. Zahlen werden häufig als „rein statistische Werte" abgetan und die Verantwortung für das eigene Verhalten und dessen Folgen wird abgegeben: der, den es erwischt, hat eben Pech gehabt, und wer heil davonkommt, hat offensichtlich gute Gene oder eine bessere Kompensation. Selbstverständlich beeinflussen unsere Gene die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen vieler Zustände (Gesundheit, Krankheit), doch den größeren Einfluss auf das Vorhandensein unserer Gesundheit hat unsere Lebensweise.

Ein Beispiel:

Wie wir uns verhalten, ist genau genommen nicht einfach Privatsache. Für die Gemeinschaft kann die Erhöhung des Krankenstands von 1:10000 auf 47,9:10000 zu ökonomischen und damit auch sozialen Problemen führen. Hier zählt nicht der oder die Einzelne, hier zählen alle. Erinnern Sie sich an die Coronazahlen und das Problem der nur begrenzt vorhandenen Intensivbetten? Das Verhalten Einzelner hat einen Einfluss auf das Leben und die Lebensqualität aller.

Was bedeutet das für die Praxis im Bereich Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) und Human Ressources (HR) in Unternehmen? Es mag grundsätzlich erstrebenswert sein, Menschen anhand statistischer Fakten über die Folgen und Risiken ihres Tuns aufzuklären. Doch überschätzen wir damit die Stärke dieser Argumentation und den Einfluss, den sie auf die persönliche Entscheidung der Einzelnen und damit auf die Gesellschaft hat.

Noch einmal:

Wir schützen nur, was wir wahrnehmen können.

Wer mit Musik im Ohr (anders fokussiert) über den Bürgersteig geht, wird eine quietschend anrollende Gefahr nicht hören. Natürlich können wir nicht alle bevorstehenden Erkrankungen vorab wahrnehmen. Wenn wir aber bewusst mit uns umgehen, können wir Krankheiten nicht erst beim Auftreten, sondern bereits bei ihrer Anbahnung und Ausbreitung im Körper verhindern. Deshalb ist Prävention so wichtig.

1.2 Wir managen Krankheiten-mit Luft nach oben

Wie sieht es auf der anderen Seite des Spektrums aus? Wir haben Krankenversicherungen, die Kranke bevorzugt behandeln, wir haben betriebliche Interaktionen, die Ersterkrankungen mehr Aufmerksamkeit schenken. Behandelt ein Arzt seine Patientinnen und Patienten besonders intensiv und werden diese langfristig gesünder, dann bekommt er dafür vom System weniger Geld pro Patient/in. Möchte man ein Extra an Betreuung von der Krankenkasse oder vom Arbeitgeber, ist eine lange Leidensgeschichte von Vorteil oder sogar notwendig. Unser Wirtschaftssystem profitiert von Krankheiten: Kranke sollen möglichst wenig leiden und möglichst „normal" ihr Leben führen können, deshalb sind sie ihr Leben lang sichere Kunden für all jene Branchen, die lebensverbessernde Produkte oder Dienstleistungen anbieten.

Sind die Krankheitszahlen in einem Unternehmen rückläufig oder sehr unauffällig, reduziert sich die Bedeutung der Maßnahmen, die zu dieser positiven Entwicklung geführt haben, und BGM wird von der Agenda der wichtigen Meetings gestrichen. Doch welche Aussage steckt eigentlich hinter einer geringeren Krankheitsquote? Sind wirklich weniger Menschen krank oder werden nur mehr freiverkäufliche oder verschreibungspflichtige Arzneien zur Reduzierung von Symptomen eingenommen?

Hat ein Mitarbeiter Diabetes II, bleibt seine Leistungsfähigkeit auch bei einer guten Einstellung mit Medizin reduziert. Konsequenterweise müsste die Belastung der Person im Unternehmen angepasst werden. Denn die gleiche Belastung wie vor der Erkrankung führt jetzt zu einer signifikant höheren Beanspruchung mit späteren Folgeerkrankungen.

Vergleichen wir die Erkrankung eines Mitarbeitenden mit folgendem Szenario:

Auch wenn wir nach einer Überflutung, wenn ein Fluss über die Ufer getreten ist, das Wasser abpumpen und das Haus säubern und renovieren, wird ein Schaden am Haus bleiben. Mit den Arbeiten am Haus (d. h. an den Symptomen) haben wir in keiner Weise das Problem der

Überflutung behoben oder auch nur reduziert. Leben wir in einer Gegend mit regelmäßigen Überflutungen und haben wir keine Lust mehr auf Hochwasser, müssen wir einen Schritt weiter gehen:

1. Wir ziehen in eine (höher gelegene) Gegend, in der Überflutungen fast ausgeschlossen sind.

2. Wir (die Gemeinschaft oder ich selbst) bauen einen Schutzwall, damit so etwas nicht mehr oder gar nicht erst passiert.

3. Wir richten das Haus auf regelmäßige Überflutungen aus, passen es also an.

Bei Erkrankungen von Mitarbeitenden muss entweder das Unternehmen die Belastung für den Menschen reduzieren oder der Mensch seine Beanspruchungsfähigkeit verbessern.

Was passiert bei Ihnen im Unternehmen?

Wird über chronische Erkrankungen gesprochen? Wird der Kranke oder der Gesunde in Ihrem Unternehmen besonders berücksichtigt?

Mein Blut fließt auch durch verstopfte Adern

Ich möchte mit einem Beispiel fortfahren, das sehr viele betrifft bzw. bei dem fast jedem von uns eine Person einfällt, die damit Probleme hat. Etwas zum Thema Herzkreislauf, Cholesterin, Bluthochdruck und Verengung von Adern. Nehmen wir an, Sie bekommen eine sehr häufig gestellte, meist sogar als recht harmlos wahrgenommene Diagnose: erhöhte Cholesterinwerte, leichter Bluthochdruck und leicht verengte Herzkranzgefäße. Mit dieser Diagnose gehen viele nach Hause und denken: Okay, ich sollte zukünftig etwas besser auf mich aufpassen. Aber nicht unbedingt heute. Mit dieser Diagnose wurde Ihnen auch mitgeteilt, dass sich Ihre Basis-Leistungsfähigkeit erheblich reduziert hat und Ihre Chance, an Krebs zu erkranken, erheblich gestiegen ist.

Bei Männern ist die Potenz damit bereits reduziert und auch bei Frauen ist zu diesem Zeitpunkt einiges schlechter durchblutet: einige Kapillare im Gehirn und in vielen anderen Organen (auch Geschlechtsorganen) sind verstopft. Wichtig dabei ist: Blutverdünner, die nach dieser Diagnose eingesetzt werden, verbessern nicht die Durchblutung, sondern reduzieren das Verkleben von Blutpartikeln an den Gefäßwänden. Auch mit dieser Medikation bleibt die Unterversorgung bestehen, die Neuentwicklung von Verstopfungen wird jedoch reduziert.

Eine reduzierte Basis-Leistungsfähigkeit erhöht die Ausschüttung von Stresshormonen, verschlechtert Ihre Erholungsfähigkeit besonders über Nacht (schlechter Schlaf) und kann aus einer „eigentlich" leichten Erkrankung eine große machen. Wie gehen wir mit solchen Diagnosen um - sowohl als Privatperson als auch als Unternehmen? Dass mit unserem Wissen auch unsere Verantwortung steigt, wird noch deutlicher, wenn wir uns im folgenden Kapitel mit dem Thema personenbezogene Daten in Unternehmen beschäftigen.

1.3 Personenbezogene Daten und Gesundheitsmanagement

Nutzen Sie eines der folgenden digitalen Systeme? EC- und Kreditkarte, Facebook, Google, PayPal, Instagram ..., oder haben Sie ein Mobilfunkgerät oder ein Nävi? Dann wissen diese Systeme mehr über Sie als Sie über sich. Die dahinter stehenden Firmen haben Persönlichkeitsprofile von Ihnen, in denen sie Veränderungen in Ihrem Leben erkennen, bevor Sie einen Job wechseln, einen Partner verlassen oder schwanger sind. Diese Daten werden dafür benutzt, Ihnen genau die Informationen zu präsentieren, die Sie am besten zu einem Kauf stimulieren können. Die Daten sind da, um uns (unbemerkt) nur bestimmte Informationen zu präsentieren.

Einerseits empören sich viele von uns darüber, gleichzeitig wollen wir jederzeit sofort das von uns Gewünschte finden. Viele Anbieter wissen, was wir lesen, uns ansehen möchten, wie wir auf welche Werbung reagieren usw. Eine Wahlfreiheit bezüglich dessen, was wir im Internet finden, existiert nicht. Die Suchalgorithmen der unterschiedlichen Anbieter sorgen dafür, dass wir nur das zu lesen bekommen, was wir uns in der Vergangenheit angeschaut haben. Wir bekommen die Informationen, die unsere Meinung bestätigen. So wird Extremismus in jeglicher Form gefördert, was sich in der Zunahme von auch schweren Konflikten weltweit abzeichnet. Das ist die eine Seite der intensiven Datenerhebung und -nutzung.

Wie steht es mit den Daten, die gegenwärtig in Unternehmen und Gesundheitssystemen über Mitarbeitende erfasst werden? Wer darf diese wie nutzen und unter welchen Bedingungen müssen sie gelöscht werden? Noch einmal das Beispiel von oben aufgreifend: Hat jemand Diabetes II, so bleibt seine Leistungsfähigkeit auch bei einer guten Einstellung mit Medizin reduziert. Konsequenterweise müsste die Belastung der Person im Unternehmen also angepasst werden. Denn gleiche Belastung wie vor der Erkrankung führt jetzt zu einer signifikant höheren Beanspruchung - mit allen negativen Folgen für den Einzelnen wie für das gesamte Unternehmen. Wenn wir diese gesundheitsbezogenen Informationen nutzen können, um den Einzelnen vor Schaden durch Überlastung zu schützen und die Gemeinschaft durch Vermeiden von Folgeproblemen zu entlasten, wieso sollten wir sie dann ignorieren? Wollen wir nicht alle (und ganz besonders als Verantwortliche in Unternehmen) immer ausreichend Informationen haben, um unsere Entscheidungen auf einer guten Datenbasis treffen zu können? So werden bei allen möglichen Themen unterschiedliche Statistiken hervorgeholt, um eine Situation besser (fair) bewerten zu können. Wäre es dann nicht auch gut und sinnvoll, vorhandene gesundheitsbezogene Daten zum Wohl der einzelnen Mitarbeitenden und des Gesamtunternehmens einzusetzen?

In sehr vielen Arbeitsplatzanalysen, die ich im Laufe meines Arbeitslebens begleiten durfte, konnten wir nachweisen, dass eine bessere Nutzung der im Unternehmen existierenden Daten zu weniger Stress, weniger Produktionsfehlern und im Gegenzug zu Produktionssteigerungen und damit letztendlich zur Steigerung der Produktivität des Unternehmens führt und dass die Beanspruchung der einzelnen Mitarbeitenden dadurch reduziert werden kann. Ich plädiere deshalb für eine bewusste und zielführende Nutzung personenbezogener Daten im Gesundheitsbereich. Meiner Meinung nach hat das nichts mit Vorverurteilung und Stigmatisierung zu tun, sondern mit einer bedarfsgerechten Anpassung der individuellen Arbeitsbedingungen mit dem Ziel, das Gesamtergebnis im Unternehmen zu optimieren.

Was wiegt mehr?

Das persönliche Recht oder das Recht der Gemeinschaft? Gerade in der Coronapandemie wurde diese Frage immer wieder gestellt. Grundgesetz Artikel 2: Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

Doch was ist, wenn sich jemand im Unternehmen auf Kosten anderer Menschen Vorteile verschafft und damit die Entwicklung anderer negativ beeinflusst? Unser Sozialsystem wird nur dann überleben, wenn wir das Wir über das Ich stellen und unsere Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft wahr- und ernst nehmen.