Liliane Susewind – Ein Panda ist kein Känguru - Tanya Stewner - E-Book

Liliane Susewind – Ein Panda ist kein Känguru E-Book

Tanya Stewner

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Beschreibung

Ein Pandababy erobert die LeserherzenIm Tierpark der Nachbarstadt wurde ein Panda-Baby von seiner Mutter verstoßen. Gut, dass Lilli mit Tieren sprechen kann! So versteht sie sofort, dass der kleine Bär ohne Ersatzmama nicht überleben wird. Kurzerhand entführt sie ihn, um zusammen mit den Tieren im Zoo ihrer Stadt eine Lösung zu suchen. Glücklicherweise nimmt die einsame Kängurudame Kylie das Bärenkind in ihren Beutel auf. Es ist Mutterliebe auf den ersten Blick! Doch das Adoptionsglück wird bald getrübt: Wenn Kylie durch ihr Gehege hüpft, wird dem Panda im Beutel schlecht … Was kann Lilli nur tun?Der neue Band der beliebten Bestsellerreihe, der kleine Tierfreunde-Herzen höher schlagen lässt.

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Seitenzahl: 167

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Tanya Stewner

Liliane Susewind – Ein Panda ist kein Känguru

 

 

Mit Bildern von Eva Schöffmann-Davidov

Über dieses Buch

 

 

Ein Pandababy erobert die Leserherzen

 

Im Tierpark der Nachbarstadt wurde ein Panda-Baby von seiner Mutter verstoßen. Gut, dass Lilli mit Tieren sprechen kann! So versteht sie sofort, dass der kleine Bär ohne Ersatzmama nicht überleben wird. Kurzerhand entführt sie ihn, um zusammen mit den Tieren im Zoo ihrer Stadt eine Lösung zu suchen. Glücklicherweise nimmt die einsame Kängurudame Kylie das Bärenkind in ihren Beutel auf. Es ist Mutterliebe auf den ersten Blick! Doch das Adoptionsglück wird bald getrübt: Wenn Kylie durch ihr Gehege hüpft, wird dem Panda im Beutel schlecht … Was kann Lilli nur tun?

 

Der neue Band der beliebten Bestsellerreihe, der kleine Tierfreunde-Herzen höher schlagen lässt.

 

Jeder Band eine abgeschlossene Geschichte

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.fischerverlage.de/kinderbuch-jugendbuch

Biografie

 

 

Tanya Stewner wurde 1974 im Bergischen Land geboren und begann bereits mit zehn Jahren, Geschichten zu schreiben. Sie studierte in Düsseldorf, Wuppertal und London und widmet sich inzwischen ganz der Schriftstellerei. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter Mailena in Wuppertal. Mit ihrer Kinderbuchreihe über die Tier-Dolmetscherin Liliane Susewind und der Trilogie über die Elfe Hummelbi erzielte Tanya Stewner auf Anhieb riesige Erfolge. Bei Fischer sind bisher neun ›Lilli‹-Bände erschienen, weitere Bände sind in Vorbereitung. ›Ein Panda ist kein Känguru‹ ist der sechste Band der Reihe.

 

 

Eva Schöffmann-Davidov, geboren 1973, hat schon als Kind alles gezeichnet, was ihr vor den Pinsel kam. Nach dem Abitur besuchte sie die Freie Kunstwerkstatt in München und studierte anschließend Graphik-Design in Augsburg. Bis heute hat sie mit großem Erfolg über 300 Bücher, vorwiegend für Kinder- und Jugendbuchverlage, illustriert. Sie lebt, liebt und arbeitet in München.

Inhalt

Herbstferien

Kylie, das Känguru

Pandababy in Not

Tierpark Zupplingen

Diebische Äffchen und alte Bekannte

Schnuffi

Rettungsaktion in der Nacht

Ersatzmutter gesucht

Nachts im Kängurustall

Tierparkdirektor Grimm-Hartmüller

Chaos im Garten der Susewinds

Einfach anders

Mama

Happy Birthday, Jesahja!

Happy End

Herbstferien

»Geschafft!« Jesahja Sturmwagner warf übermütig seine Schultasche in die Luft. »Herbstferien!«

Lilli stürmte mit ihm aus der Schule. »Ja, endlich!«, fiel sie ein und begann, vor Begeisterung zu hüpfen. Ihr buschiger, rostroter Zopf wippte dabei ungestüm auf und ab.

Jesahja betrachtete sie grinsend. »Wer zuerst zu Hause ist!«, rief er, sprintete los und zischte an ihr vorbei. Lilli kicherte und machte, dass sie hinterherkam. Sie jagten durch den Park und die Straße entlang zum Haus der Susewinds. Kaum waren sie dort, schlüpften sie zwischen die Büsche am Rande des Gartens. Hier war ihr geheimes Versteck, in das sie sich für all ihre wichtigen Besprechungen zurückzogen.

Jesahja ließ sich im Schneidersitz nieder. Lilli warf ihren Schulranzen auf den Boden und setzte sich oben drauf, denn es war ein bisschen kalt auf dem Erdboden – immerhin war es schon Oktober.

»Also«, begann Jesahja, »wir haben zwei Wochen frei. Was wollen wir machen?«

Lilli griff nach einem heruntergefallenen Zweig und spielte damit herum. »Ich schlafe jeden Tag aus. Mindestens bis elf Uhr. Oder bis zwölf!«

Jesahja lachte und fuhr sich durch das dunkle, lockige Haar. Dabei sah er wieder einmal umwerfend gut aus. »Ich werde ganz viel lesen!«, sagte er.

»Ich auch!«, pflichtete Lilli ihm bei. »Und jeden Tag reiten! Wenn wir nicht in die Schule müssen, könnte ich schon morgens zum Reiterhof fahren und mit Merlin trainieren!« Reiten war seit ein paar Wochen Lillis größte Leidenschaft.

»Ich dachte, du willst jeden Tag ausschlafen …«

Lilli grinste und bewarf Jesahja mit dem Zweig. »Du bist einfach zu schlau.«

»Erzähl mir was Neues«, erwiderte er und warf den Zweig zurück. Lilli fing ihn auf und lachte. Im gleichen Augenblick brach aus dem trockenen kleinen Zweig ein kleiner Keim hervor, der sich innerhalb weniger Sekunden in ein leuchtend grünes Blatt verwandelte. Das erstaunte jedoch weder Lilli noch Jesahja, denn sie wussten ja, wodurch das wundersame Wachsen des Blattes verursacht worden war: durch Lillis Lachen. Lillis bloße Anwesenheit hatte meist schon einen verblüffenden Effekt auf Pflanzen. Wenn Lilli neben Blumen, Bäumen oder Sträuchern saß, wuchsen sie besser und wurden kräftiger. Wenn Lilli aber lachte, sprossen sogleich Grashalme aus dem Boden, blühten Blumen auf, oder es bildeten sich neue Blätter an Ästen und Zweigen. Im Frühling und Sommer war die Wirkung am auffälligsten. Jetzt im Herbst war die Pflanzenwelt allerdings schon etwas schläfrig und reagierte nicht mehr ganz so stark auf Lilli. Daher hatte sich durch ihr Lachen auch nur ein einzelnes Blatt an dem Zweig gebildet. Lilli steckte ihn sich hinters Ohr.

Da raschelte es im Busch, und ein kleiner, weißer Hund schoss mit hängender Zunge heran. »Lilli!«, bellte er, sprang an seinem Frauchen hoch und schlabberte ihr übers ganze Gesicht. »Mannomann! Lilli! Du warst ganz schön lange weg!«

»Hallo Bonsai«, grüßte Lilli den winzigen Mischling, schob ihn lächelnd von sich und wischte sich mit dem Ärmel über die Wange. »Ich war doch nur vier Stunden in der Schule …« Lilli konnte ganz normal, in Menschensprache, mit ihrem Hund sprechen. Er verstand trotzdem jedes Wort – genauso, wie Lilli sein Bellen verstand.

»Schule!«, kläffte Bonsai. »Darf ich da morgen wieder mit hingehen?« Der Winzling hatte Lilli schon einige Male in die Schule begleiten dürfen.

»Nein, ich gehe morgen nicht hin. Und übermorgen auch nicht. Und danach auch nicht!«

Lilli sah, dass Jesahja sich gespannt nach vorn beugte. Das tat er häufig, wenn sie mit Tieren redete, denn er verstand natürlich nur das, was sie sagte. Wenn ein Tier antwortete, hörte er lediglich ein Wiehern oder Miauen oder – wie gerade jetzt – ein Bellen. Denn nur Lilli verstand die Sprache der Tiere. Lilli wusste, dass Jesahja ihr in solchen Situationen immer besonders genau zuhörte und versuchte, sich zusammenzureimen, was die Tiere gesagt hatten. Das klappte auch erstaunlich gut, schließlich war Jesahja hochbegabt. Er war aber nicht nur besonders schlau, sondern auch jemand, auf den sie sich hundertprozentig verlassen konnte. Jemand, der immer zur Stelle war, wenn Lilli sich einmal einsam fühlte oder Hilfe brauchte. Und deswegen war Jesahja ihr bester Freund.

»Was hast du denn den ganzen Vormittag über so gemacht?«, fragte Lilli nun ihren Hund.

Bonsai wedelte aufgeregt mit dem Schwanz. »Rumgelegen!«, antwortete er. »Leckerchen bekommen. Im Garten geschnuppert. Mit Schmidti gespielt. Den Nacktkopf angebellt.«

»Den Nacktkopf? Oh, du meinst den Briefträger mit der Glatze?«, hakte Lilli nach.

»Glatze?«, wuffte Bonsai. »Heißt das, oben ohne Fell?«

Da ertönte eine durchdringende Stimme, die Lilli sehr gut kannte: »Herr von Bonsai und ich haben heute Morgen eine Federgesellschaft aus dem Garten verjagt.« Gleich darauf erschien der Kopf einer orange getigerten Katze zwischen den Blättern. »Ich muss sagen, das war ein äußerst vergnüglicher Zeitvertreib«, miaute das hübsche Tier und kam mit eleganten Schrittchen näher.

»Frau von Schmidt, ich grüße Sie«, rief Lilli. »Wie schön, Sie zu sehen«, fügte sie artig hinzu, denn sie wusste, dass die Katzendame sehr viel Wert auf gute Manieren legte.

»Sag ihr von mir auch Hallo«, bat Jesahja, und Lilli übersetzte sofort. Frau von Schmidt ignorierte Jesahja jedoch. Sie konnte ihn nicht besonders gut leiden – obwohl sie seiner Familie gehörte – und deshalb war eine Unterhaltung mit ihm einfach unter ihrem Niveau.

»Hey Schmidti!«, grölte Bonsai, lief zu der Katze und schleckte ihr überschwänglich über die edlen Schnurrhaare und die zarte Nase. »Das mit den Flügelfuzzis heute Morgen war super, oder?«

Frau von Schmidt antwortete nicht. Diesmal lag es allerdings allein daran, dass sie Bonsai nicht verstand – sie war eine Katze und sprach ausschließlich Katzisch. Bonsai wiederum war ein Hund und sprach ausschließlich Hundisch. Die beiden waren dennoch gute Freunde, und das lag vor allem daran, dass Lilli für sie übersetzte. So wie auch jetzt. »Bonsai sagt, er habe Ihr gemeinsames Jagderlebnis sehr genossen, Madame.«

»Wunderbar«, seufzte die Katze. »Ich empfand die Unternehmung ebenfalls als sehr erbaulich.«

Lilli wandte sich an Bonsai. »Schmidti fand’s auch super«, erklärte sie nicht ganz stilgetreu. Die beiden Tiere waren allerdings daran gewöhnt, dass Lilli ihre Ausdrucksweise bei der Übersetzung ein wenig abänderte. Sie hielten das für einen Tick von Lilli. Die Katze hatte nun aber etwas gehört, das sie beim besten Willen nicht akzeptieren konnte. »So etwas!«, begann sie augenblicklich zu zetern. »Habe ich Sie nicht schon mehrfach gebeten, mich immer und unter allen Umständen mit meinem vollen Namen zu betiteln?«

»Oh, entschuldigen Sie bitte, Frau von Schmidt«, sagte Lilli schuldbewusst. »Wie ist denn ansonsten das werte Befinden?«

Die Katze stöhnte und ließ sich mit einer dramatischen Bewegung nieder. »Grässlich!«, miezte sie. »Einfach entsetzlich!«

»Was ist denn los?«

»Es geht mir furchtbar schlecht.« Sie rümpfte die Nase. »Scheußliche Dinge spielen sich ab.«

»Was für Dinge?«

»Haben Sie es etwa noch nicht bemerkt? Mein Schleichgebiet ist krank! Schon wieder.«

»Ihr Schleichgebiet?«, wiederholte Lilli. »Meinen Sie die Hecken? Die Bäume?«

»Krank.« Die Katze schnupfte. »Einfach grauenhaft.«

Lilli runzelte die Stirn. »Aber … wieso glauben Sie, dass die Bäume krank sind?«

Frau von Schmidt blickte Lilli an, als sei diese extrem begriffsstutzig. »Lassen Sie es mich so ausdrücken: Mein Schleichgebiet bekommt eine Glatze.«

»Oh.« Lilli unterdrückte ein Grinsen. »Die Bäume und Sträucher verlieren ihre Blätter –« Lilli wollte eigentlich hinzufügen »weil es Herbst ist«, da miaute die Katze schon mit schriller Stimme weiter: »Ja, und diese abscheuliche Krankheit breitet sich rasend schnell aus! Es ist ein Albtraum!« Frau von Schmidt zog angewidert die Lefzen hoch. »Nicht nur, dass meine Deckung immer kümmerlicher wird, die Blätter fallen mir auch noch ständig auf den Kopf!«

Lilli gluckste und musste sich schwer zusammenreißen, um nicht zu lachen.

»Das ist schon öfter passiert«, erklärte die Katzenlady mit nörglerischer Stimme und schüttelte sich.

»Das letzte Mal wahrscheinlich im letzten Herbst …«

»Herbst? Ist das der Name der Krankheit?« Die Katze wiegte theatralisch den Kopf. »Es ist jedes Mal das Gleiche. Mein Schleichgebiet erkrankt an Herbst, verliert den Bewuchs und braucht dann eine Ewigkeit, um wieder akkurat zu funktionieren.«

»… ungefähr bis zum nächsten Frühling.« Lilli biss sich auf die Lippe, um nicht loszulachen.

Jesahja sah sie neugierig an. »Was sagt sie? Hat Schmidti etwa die Jahreszeiten nicht kapiert?«

Da konnte Lilli nicht mehr anders und prustete los.

Frau von Schmidt betrachtete sie mit säuerlicher Miene. »Meine Verzweiflung scheint Sie zu erheitern.«

»Es tut mir leid!«, sagte Lilli und wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel. »Es ist nur –«

»Papperlapapp! Das ist wirklich unerhört! Ich befinde mich in einer überaus bejammernswerten Lage, und Sie amüsieren sich darüber!«

»Nein, so ist es nicht. Ich –«

»Das ist ungeheuerlich, Madame!«, empörte sich die Katzendame. »Zumal Sie in der Lage wären, etwas gegen die beklagenswerten Zustände zu unternehmen.«

»Was? Ich? Wie soll ich denn die Jahreszeiten aufhalten?«

Jesahja gluckste in sich hinein, während Frau von Schmidt miaute: »Sie haben schon mehr als einmal bewiesen, dass Sie Schleichmaterial selbst herstellen können. In exquisiter Qualität!« Sie erhob sich und stolzierte hinter Lillis Rücken. »Dabei müssen es nicht unbedingt solch spektakuläre Wucherungen sein wie diese hier …«

Lilli drehte sich um. An einem Ast des Busches hinter ihr prangte eine hellrote Blüte, die gerade eben durch ihr lautes Lachen und Prusten entstanden sein musste.

Frau von Schmidt stupste die Blüte abfällig mit der Pfote an. »Solch ein Schnickschnack ist gar nicht notwendig. Holen Sie einfach den herkömmlichen Schleichbewuchs zurück.«

»Ich soll wieder Blätter an die Bäume machen …«

»Exakt! Nach Ihrem schändlichen Heiterkeitsausbruch angesichts meiner Misere wäre dies das Mindeste.« Die Katze sah sie missbilligend an.

»Äh …«, stotterte Lilli. »Das ist nicht so leicht.«

»Unsinn! Sie müssen sich nur erheitern, und schon ist alles wieder, wie es sich gehört.«

»Meine Mutter hat bestimmt etwas dagegen, dass ich …«

Da bellte Bonsai: »Das Besuchsfrauchen ist übrigens zu Hause!«

»Was?«, fragte Lilli. Bonsai nannte Lillis Mutter »Besuchsfrauchen«, da sie sehr viel arbeitete und dadurch viel seltener zu Hause war als Lillis Vater, der sich um den Haushalt kümmerte.

»Was macht Mama denn um diese Uhrzeit hier?«, sprach Lilli mehr zu sich selbst.

»Sie hat mir Leckerchen gegeben«, erklärte Bonsai.

»Tatsächlich? Das macht sie doch sonst nie …« Lilli übersetzte Jesahja, was Bonsai gesagt hatte.

»Komisch«, erwiderte Jesahja. »Deine Mutter arbeitet doch sonst immer bis spätabends …«

In diesem Moment hörten sie Lillis Vater rufen. »Lilli? Jesahja?«

Bevor Lilli antworten konnte, krakeelte Bonsai: »Hallo! Großherrchen! Wir sind hier! Hallo!«

Kurz darauf steckte Lillis Vater den Kopf zwischen den Blättern hindurch. »Da seid ihr ja! Kommt ihr mal rein? Wir haben etwas zu feiern.«

»Was denn?«, fragte Lilli.

»Das werdet ihr gleich hören«, antwortete Herr Susewind verschmitzt und ging zum Haus zurück.

Lilli zuckte die Achseln. Da bemerkte sie Jesahjas Gesichtsausdruck. Seine Augen leuchteten plötzlich. »Vielleicht kommen meine Eltern ja endlich zurück«, sagte er leise.

Lilli blickte ihn mitfühlend an. Sie wusste, wie sehr Jesahja darunter litt, dass seine Eltern noch immer auf Geschäftsreise in China waren. Seit vielen Wochen waren sie nun schon fort! Sie hatten bereits ein paar Mal vorgehabt, zurückzukommen, aber ihre Rückkehr musste immer wieder verschoben werden. Jesahja war zwar nicht allein – er lebte bei den Susewinds, bis seine Eltern wiederkamen –, doch obwohl er sich bei Lillis Familie sehr wohlfühlte, vermisste er seine Eltern sehr. Lilli lächelte. Vielleicht war die tolle Neuigkeit, die ihr Vater ihnen mitteilen wollte, ja tatsächlich, dass Herr und Frau Sturmwagner bald nach Hause kommen würden.

Kurz darauf betraten Lilli und Jesahja das Wohnzimmer der Susewinds. Dort saßen Lillis Eltern und Lillis Oma, die auch bei ihnen lebte, mit Sektgläsern in der Hand am Tisch.

»Schön, dass ihr da seid«, zwitscherte Frau Susewind. Lilli stutzte. Wie fröhlich ihre Mutter war! »Kinder, es gibt Neuigkeiten! Phantastische Neuigkeiten!«

Jesahja strahlte, und Lilli hielt die Luft an.

Frau Susewind stand auf und hob ihr Sektglas. »Vor euch steht die Moderatorin der brandneuen politischen Talkshow Susewinds Studio.«

Jesahja bröckelte das Lächeln aus dem Gesicht.

»Oh«, war alles, was Lilli hervorbringen konnte.

Frau Susewind ließ das Glas sinken. »Freut ihr euch denn gar nicht? Ich habe es geschafft! Ich bekomme endlich meine eigene politische Talkshow! Das habe ich mir immer gewünscht.«

Lilli nickte langsam. Sie wusste, wie wichtig ihrer Mutter das war. Frau Susewind war Sprecherin der Nachmittagsnachrichten im Fernsehen, aber sie hatte immer davon geträumt, einmal eine eigene Talkshow zu moderieren. Seit Monaten sprach sie von nichts anderem und arbeitete pausenlos an ihrem Konzept für eine Sendung. Nun war ihr Traum offenbar wahr geworden. Lilli bemühte sich, ein wenig mehr Begeisterung zu zeigen. »Das ist toll, Mama«, sagte sie tonlos. »Ich finde das … super.«

»Ja, und wir auch!«, stimmte Lillis Oma ein und hob nun auch ihr Glas. »Lasst uns noch mal anstoßen.«

Die Gläser der Erwachsenen klirrten, und plötzlich sprachen alle gleichzeitig. »Das hast du dir verdient!«, sagte Lillis Vater. »Die ganze Arbeit zahlt sich nun aus!«, bekräftigte Lillis Oma, und Lillis Mutter rief lachend: »Ich werde alles tun, damit es die beste Talkshow aller Zeiten wird!«

Lilli horchte auf. Ihre Mutter wollte alles tun, damit es die beste Show aller Zeiten wurde? Hieß das, dass sie noch seltener zu Hause sein würde als bisher? Lilli trat einen Schritt zurück und stieß gegen Jesahja. Seine Miene wirkte angestrengt. Er schien sich große Mühe zu geben, nicht allzu traurig auszusehen. Aber Lilli konnte er nichts vormachen.

»Gehen wir«, flüsterte Lilli, und Jesahja nickte sofort. Sie schlichen sich davon. Die Erwachsenen schienen es gar nicht zu bemerken.

Lilli und Jesahja stapften zurück zum Gebüsch. Dort setzten sie sich und starrten wortlos vor sich hin. Lillis Gedanken kreisten um ihre Mutter. Wie würde es sein, wenn sie noch mehr arbeitete als zuvor? Würde Lilli sie dann überhaupt noch zu Gesicht bekommen? Warum konnte sie nicht einfach eine ganz normale Mutter sein?

»Eltern zu haben ist verdammt schwer«, sagte Lilli.

»Keine zu haben ist noch schwieriger«, entgegnete Jesahja.

Kylie, das Känguru

Lilli und Jesahja hatten noch nicht lange in den Büschen gesessen und vor sich hingestarrt, da klingelte Lillis Handy. Sie ging sofort dran. »Hallo?«

»Liliane, hier Essig-Steinmeier«, erklärte eine wohlbekannte Stimme. »Wir brauchen dringend deine Hilfe.«

Lilli setzte sich kerzengerade auf. Frau Essig-Steinmeier war die Direktorin des Zoos, in dem Lilli seit einigen Monaten als Tier-Dolmetscherin arbeitete. Lilli übersetzte dort, was die Tiere sagten, und hatte damit schon vielen Tieren geholfen. »Was ist denn passiert?«, fragte sie.

»Noch nichts, aber es wird bald etwas passieren! Wir bekommen ein Känguru«, erwiderte die Direktorin. »Es wird heute Nachmittag gebracht.«

»Ein Känguru? Wirklich? Wo kommt es her?«

»Aus einem anderen Zoo, der geschlossen wird. Die Tiere dieses Zoos werden nun im ganzen Land verteilt, und wir bekommen Kylie.«

»Kylie?«

»So heißt das Känguru. Viel mehr als das wissen wir aber leider auch nicht über das Tier.« Frau Essig-Steinmeier klang ernst. »Wir könnten deine Hilfe heute Nachmittag wirklich gut gebrauchen, Liliane. So ein Transport und eine neue Umgebung sind ja immer sehr stressig für Tiere. Wenn du Kylie erklären könntest, wo sie ist und was mit ihr passiert, ist bestimmt alles halb so schlimm für sie. Hast du Zeit?«

»Ja!«, rief Lilli ohne zu zögern. In den vergangenen Wochen hatte sie sich so sehr auf ihr neues Hobby, das Reiten, konzentriert, dass sie kaum Zeit gehabt hatte, den Zoo zu besuchen. Nun stellte sie plötzlich fest, wie sehr sie all die Tiere vermisste, mit denen sie sich dort angefreundet hatte. »Ich mache mich sofort auf den Weg! Darf Jesahja mitkommen?«

»Natürlich! Er und seine guten Ideen sind uns immer herzlich willkommen. Bis gleich!« Die Direktorin legte auf.

»Wir werden gebraucht«, verkündete Lilli feierlich.

Ihre Worte zauberten ein Lächeln auf Jesahjas Gesicht.

Eine Stunde später stellten sie ihre Fahrräder vor dem großen Tor am Eingang des Zoos ab und gingen mit schnellen Schritten hinein. Es waren kaum Besucher da. Im Herbst und Winter war im Zoo meist nicht viel los. Aber das war Lilli ganz recht, denn so konnte sie sich in Ruhe mit Kylie unterhalten. Sie war gespannt wie ein Flitzebogen. Mit einem Känguru hatte sie noch nie gesprochen! Bevor sie aber zu Frau Essig-Steinmeier gingen, drehten Lilli und Jesahja noch eine kleine Runde durch den Zoo und besuchten ihre Freunde. Zuerst steuerten sie das Elefantengehege an und begrüßten dort die Elefantin Marta und ihren kleinen Sohn Ronni. Dann machten sie sich auf den Weg zu Captain Caruso, dem unerschrockenen Otter, und seinem Weibchen Ursel. Anschließend ging es zu Zorro und seinem Wolfsrudel, und kurz darauf betraten sie das Affenhaus. Hier lebte ein ganz besonderer Freund von Lilli, der Schimpanse Armstrong, den sie im vergangenen Sommer im Park gefunden hatten. Armstrong hatte sich mittlerweile im Zoo eingelebt und mit den anderen Affen angefreundet. Gerade lieferte er sich ein Wetthangeln mit King Olli, dem Anführer der Schimpansengruppe. Als sie sah, wie viel Spaß die beiden hatten, beschloss Lilli, sie nicht zu stören, und huschte mit Jesahja aus dem Affenhaus.

Lillis Handy klingelte erneut. Es war Frau Essig-Steinmeier. »Liliane, wo steckt ihr? Der Lastwagen mit dem Känguru ist gerade beim Gehege angekommen.«

»Oh, und wo ist das Kängurugehege?«

»Gegenüber von deinen Lieblingsraubkatzen«, antwortete die Direktorin. »Es ist nichts anderes mehr frei …«

»Wir kommen!« Lilli legte auf. »Oberst Essig sagt, Kylie wird gegenüber von Shankar und Samira wohnen!«, erklärte sie Jesahja und zog ihn in Richtung des Großkatzenreviers. »Und gegenüber von Lio, Shira und Tigerlilli!« Shankar, der Löwe, und Samira, die Tigerin, hatten vor ein paar Wochen Nachwuchs bekommen – drei kleine Liger, halb Löwe, halb Tiger.

Im Laufschritt durchquerten Lilli und Jesahja nun einen Großteil des Zoos und erreichten kurz darauf das Raubkatzenrevier. Dort entdeckten sie Frau Essig-Steinmeier. Die Direktorin stand in einem bislang unbewohnten Gehege und sprach gerade mit Finn, dem jungen Tierpfleger. Unterdessen umrundete sie mit energischen Schritten eine große Holzkiste, die auf dem Boden stand. Darin musste das Känguru sein!

»Lilli!«, erklang plötzlich ein markerschütterndes Brüllen. »Hey! Haaallooo!« Es war Shankar, der Löwe, dessen dröhnende Begrüßung durch den halben Zoo donnerte. Er steckte seine riesige Pranke zwischen den Gitterstäben des Geheges hindurch, als wolle er Lilli zuwinken.

Gleich darauf erschien Samira neben ihm. »Lilli«, raunte sie mit gewittergrollender Tigerstimme. »Wie schön, dich zu sehen!«

Schon preschten die drei kleinen Liger an das Gitter heran. »Lilli?«, fiepte Tigerlilli, das älteste der drei Geschwister. »Ist Lilli wieder da?«

»Guckt mal, da ist sie!« Shira, das zweitgeborene kleine Ligermädchen, drängelte sich heran. »Und