Lippenstift und Lederhose - Gwen Sommer - E-Book

Lippenstift und Lederhose E-Book

Gwen Sommer

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Beschreibung

Der Roman spielt in der beschaulichen und zugleich majestätischen Kulisse des Rosana Sees im bayerischen Voralpenland, einem Ort von unvergleichlicher Schönheit und Ruhe. Hier, inmitten der friedlichen Natur, entfaltet sich die außergewöhnliche Liebesgeschichte zweier schwuler Männer, die aus der oberen Gesellschaftsschicht stammen.
Jonas, der sich gern in Frauenkleider zeigt und sich schminkt, verkörpert den Mut, seine wahre Identität zu leben, ungeachtet der Erwartungen und Vorurteile der Gesellschaft. Seine Ausdrucksweise und sein Auftreten stellen eine Herausforderung für die engen Vorstellungen von Geschlecht und Identität dar und bringen ihn in Konflikt mit den starren Normen seiner sozialen Umgebung.
"Lippenstift und Lederhose" ist eine tief bewegende Geschichte, welche die Leserschaft auf eine emotionale Reise mitnimmt und die Themen Liebe, Identität und gesellschaftliche Akzeptanz auf eindrucksvolle Weise beleuchtet.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Leseprobe: Lippenstift und Lederhose. Jonas Mutprobe 

Jonas schaut in den Spiegel, der über einem Holzschränkchen mit altbayerischen Bauernmustern hängt. Im Hintergrund läuft ein Song von Helmut und Sonja, die hier im Tal leben, mit dem Titel „Im Dunkeln“. Was Jonas sieht, ist sein Ebenbild und gleichzeitig jemand ganz anderes. Er sieht eine Lolita mit schwarzem Haar, roten Schmollmund und kurzem Minikleid. Die Schuhe mit den hohen Plateausohlen sieht er nicht, weil der Spiegel nicht so weit nach unten reicht. Der Spiegel zeigt den verletzlichen Jonas. Die blauen Augen, die fast hinter den tiefschwarz getuschten Wimpern verschwunden sind, blicken ihn fragend verunsichert und doch irgendwie aufmüpfig an, als wollten sie sagen, du bist schön, so wie du bist, zeig es der Welt. Bei diesem Gedanken wendet er seinen Blick vom Spiegel ab und schaut nach draußen. Er sieht über die Straße hinweg, die am Hof vorbeiläuft, auf grüne Wiesen, die sich aneinanderreihen, bis der Wald anfängt. Hier und da steht eine Kuh auf der Weide. Sein Liebling Evi, wie alle anderen auch ein Fleckvieh, steht direkt am Zaun und schaut ganz neugierig in seine Richtung. Er träumt von Martin, seinem Schwarm, in den er schon eine Weile verliebt ist, aber sich bis jetzt nicht getraut hat, ihn anzusprechen. Gestern war er, wie es Brauch ist, für die Marienweihe Kräuter sammeln für Evi und die anderen. Er hat Salbei,Wilde Möhre, Arnika und Kamille gefunden, die anderen Kräuter holt er aus dem eigenen Garten. Nun ist er umgezogen und will den Abend ganz für sich allein als Lolita genießen bevor am nächsten Tag die große Prozession zu Ehren Marias stattfinden wird.

***

Morgen ist es also so weit, er würde Hubert wiedertreffen, seinem allerliebsten Freund aus Kindertagen. Sie waren einfach unzertrennlich auch nach der Schule waren sie fast immer im Kuhstall auf Jonas’ Hof. Niemand störte sie, wenn Sie Pläne für eine gemeinsame Zukunft schmiedeten. Doch nach der Schule ging Hubert nach Nürnberg, um zu studieren. Dort waren Wohnungen und das Leben im Gegensatz zu München erschwinglich. Er selbst blieb, ging in die Lehre als Maler und besuchte anschließend die Meisterschule als Restaurateur. Vor einer Woche war Huberts Stimme auf dem Anrufbeantworter. Sie klang sehr vertraut, doch geheimnisvoll. Er besucht seine Eltern zu Maria Himmelfahrt und es gibt große Neuigkeiten. Er bringt jemand mit und möchte Jonas unbedingt nach der Kirche treffen.

***

Jonas greift sich in die Haare und beginnt seine Lolita Perücke abzustreifen. In dem Moment treffen sich seine Augen im Spiegel. Was würde Hubert sagen, wenn er mich so sieht? In der Schule hatte er sich zwar schon immer anders gefühlt, den Mut sich so anzuziehen, wie heute hatte er erst in der Lehre bekommen, da war Hubert schon längst in seiner neuen Heimat Nürnberg angekommen. Heute ist der 15. August, Maria Himmelfahrt und so läuft Jonas mit den anderen in der Prozession zur Kirche, um dort den Gottesdienst zu feiern. Sobald er an Huber denkt, spürte er einen leichten Druck im Magen. Während seine Gedanken noch bei Hubert sind, entdeckt Jonas seinen Schwarm Martin in der Prozession und sein Herz macht er einen kleinen Sprung.

In der Kirche angekommen, verfolgt Jonas gebannt das Ritual der Kräutersegnung. Da spürt er auf einmal eine Hand auf seiner Schulter. Erschrocken und neugierig zugleich dreht er sich um und schaut in Huberts Gesicht. Noch bevor Jonas einen Ton herausbringt, legt Hubert seinen Finger auf die Lippen und bedeutet Jonas mit der Geste ihm zu folgen. „Hallo alter Junge“, sind Huberts erste Worte, nachdem die große schwere Kirchentür sich hinter ihnen schließt. Er nahm Jonas fast väterlich in den Arm. „Wie geht es dir? Du hast dich gar nicht verändert, wir haben uns ja ewig nicht gesehen.“, mit diesen Worten begrüßt Hubert seinen alten Freund: „Hast du den Priester gesehen“, setzt er wieder an, „wie der nur Augen für seinen Lektor hatte? Es ist peinlich, dass er die Frauen gar nicht anschaut, deren Kräuter er weiht. Er und der Lektor, wie zwei verliebte Turteltäubchen.“ Jonas Ohren werden immer grösser bei Huberts Worten. Doch bevor er den Mund aufmachen und etwas erwidern kann, redet Hubert einfach weiter. „Eigentlich finde ich es vollkommen in Ordnung, dass zwei Menschen, die sich lieben, sich auch in der Öffentlichkeit als Paar zeigen. Ist doch egal ob es zwei Männer sind oder zwei Frauen, die sich lieben. Diese Menschen sollen auch ihre Rechte haben.“ Nun hört Jonas doch genauer hin und ist erleichtert, dass sein Freund Hubert sich nicht in einen homophoben Rassisten verwandelt hat. Vielleicht kann er ihm auch seine andere Seite zeigen. Jonas schöpft Hoffnung, dass heute die Gesellschaft viel offener geworden ist. „Das ist ja alles in Ordnung, aber bei mir in meinem Haus ginge so etwas gar nicht.“ Mit diesen Worten reißt Hubert ihn unsanft wieder aus seinen Träumen. Die Landung in der Realität ist hart, es gibt kein Missverständnis, da Hubert gleich fortfährt: „Bei mir herrscht Ordnung und es gelten Regeln. Ich würde Ihnen die Eier abschneiden, wenn sie sich an meinem Sohn vergreifen.“

***

Nach einer kleinen Pause hat Jonas sich wieder gefangen: „Was führt dich nach so vielen Jahren zurück in dein Elternhaus, ich hoffe niemand ist krank in deiner Familie.“ „Ich bin der glücklichste Mensch auf der Erde, ich werde heiraten und in sechs Wochen, am 01. Oktober wird Verlobung gefeiert und ich möchte Dich als meinen Freund aus Schulzeiten herzlich dazu einladen.“, kommt es wie ein Blitz aus Huberts Mund geschossen und mit einem Augenzwinkern fügt er hinzu: „Du darfst gerne jemand mitbringen.“

***

Zwei Wochen später sitzen Hubert und seine Verlobte Moni an einem reich gedecktem Frühstückstisch. „So langsam wächst meine innere Unruhe“. Moni murmelt die Menüfolge vor sich hin, ab und zu hält sie inne, schaut Hubert an „Nach den Artischocken mit Trüffeln, wollen wir doch bestimmt die Gamba Carabinero, die müssten wir vorbestellen“. Ohne auf eine Antwort zu warten, redet Moni weiter: „als ganz besondere Vorspeise gibt es Bresaola Schinken in asiatischem Arrangement mit Pandan, Lotuswurzel und Edamame. Danach die Hauptgänge mit Kalbsbries, Black Cod und Kaviar und Hirsch aus dem Schwarzwald.“ Hubert ist ganz mit dem Menü einverstanden und ergänzt „Dann möchte ich einen formal dress code, smart casual ist mir zu leger.“

***

Jonas steht in seinem Wohnzimmer, heute ist der große Tag, heute Abend wird Verlobung gefeiert, so kreisen seine Gedanken um den Abend. Er geht ins Badezimmer, lässt sich Wasser ein und freut sich auf sein Schönheitsbad. In der Badewanne ist alles bereit für die Rasur der Beine. Die Rasierklinge zieht lange Bahnen an seinen Beinen entlang. Streifen für Streifen legt die Klinge das bloße Bein frei. Die Haut schimmert zart unter der Wasseroberfläche. Die Beine sind von der Sonne gebräunt, weil er im Sommer auf der Baustelle immer in kurzen Hosen arbeitet. Als nächstes fallen die Achselhaare, danach die Brusthaare. Am Schminktisch vervollkommnet er seine Figur Lady Chaddy. Er liebt es gleichzeitig Künstler und Kunstobjekt jetzt zu sein.

Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel zeigt jedoch nur zu einer Hälfte, was Jonas zu sehen erwartet. Er ist ganz erschrocken, dass er im Spiegelbild nicht die kesse Braut sieht, als die er sich zurecht gemacht hat, sondern ein kleines Mädchen, dem die Angst ins Gesicht geschrieben ist. Eine Angst, die ihn jetzt so heftig überfällt, dass er sich setzen muss. Wie würden die anderen reagieren? Alle kennen ihn von den Kirchenrenovierungen im Overall mit Farbe bekleckert, kurzen Haaren und Arbeitsstiefeln. Vielleicht würde er an der Tür schon abgewiesen werden, es wird ein formal dress code gefordert. Alle Honoratioren aus dem Tal sind eingeladen, da bestimmt ein ganz anderer Ton die Atmosphäre. Jonas weiß nicht mehr wie lange er vor dem Schminktisch im Grübeln verharrt. Auf einmal fühlt er eine Kraft in sich aufsteigen. Jonas erhebt sich, ja er will es wagen, er muss es wagen. Mit Perücke und Minirock rennt er mehr aus dem Haus, als dass er geht, aus Angst er könnte es sich doch in letzter Minute noch anders überlegen. Er hat sich entschieden, er geht als Lolita zur Verlobungsfeier.