Lorna - Paul Maar - E-Book

Lorna E-Book

Paul Maar

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Beschreibung

Schon als Kind in der Hochhaussiedlung ist Lorna mit ihren roten Haaren und grünen Augen besonders: Sie ist die Beste beim Fußball, immer hilfsbereit und nimmt sich einen Außenseiter zum Freund. Für den eher schüchternen Erzähler wird die intelligente, empathische und leidenschaftliche Lorna die erste große Liebe. Man zieht zusammen in eine WG, geht auf Reisen und schmiedet Zukunftspläne: Sie will Psychologie oder Sozialpädagogik in Tübingen studieren, und er will an die Kunstakademie in Stuttgart. Aber dann wird Lorna eine andere: unruhig, aggressiv, unberechenbar. Irgendwann legt sie Feuer in der WG, vor der Tür ihrer Mitbewohnerin Katharina. Lorna kommt in die Psychiatrie. Heraus und wieder hinein, immer wieder. Dann lässt sich der Erzähler von Katharina verführen. Es ist die folgenschwerste Entscheidung seines Lebens. Paul Maars »Lorna« ist eine zarte Novelle über eine empfindsame junge Frau und einen Mann, der das Glück, das ihm in Lornas Gestalt begegnet ist, nicht erkannt hat. Es ist eine Novelleüber die erste große Liebe, die man nicht versteht, während man sie lebt. Und es ist eine berührende Geschichte darüber, wie schnell alles vorbeigeht und dass gleichzeitig nichts vorbei ist. Dass man mit dem, was man versäumt oder falsch gemacht hat, leben muss.

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Seitenzahl: 86

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Paul Maar

Lorna

Novelle

 

 

Über dieses Buch

 

 

Schon als Kind in der Hochhaussiedlung ist Lorna mit ihren roten Haaren und grünen Augen besonders: Sie ist die Beste beim Fußball, immer hilfsbereit und nimmt sich einen Außenseiter zum Freund. Für den eher schüchternen Erzähler wird die intelligente, empathische und leidenschaftliche Lorna die erste große Liebe. Man zieht zusammen in eine WG, geht auf Reisen und schmiedet Zukunftspläne: Sie will Psychologie oder Sozialpädagogik in Tübingen studieren, und er will an die Kunstakademie in Stuttgart. Aber dann wird Lorna eine andere: unruhig, aggressiv, unberechenbar. Irgendwann legt sie Feuer in der WG, vor der Tür ihrer Mitbewohnerin Katharina. Lorna kommt in die Psychiatrie. Heraus und wieder hinein, immer wieder. Dann lässt sich der Erzähler von Katharina verführen. Es ist die folgenschwerste Entscheidung seines Lebens.

 

»Lorna« ist eine zarte Novelle über eine empfindsame junge Frau und einen Mann, der das Glück, das ihm in Lornas Gestalt begegnet ist, nicht erkannt hat. Es ist eine Novelle über die erste große Liebe, die man nicht versteht, während man sie lebt. Und es ist eine berührende Geschichte darüber, wie schnell alles vorbeigeht und zugleich nichts vorbei ist. Dass man mit dem, was man versäumt oder falsch gemacht hat, leben muss.

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Biografie

 

 

Paul Maar ist einer der beliebtesten und erfolgreichsten deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuchautoren. Geboren 1937 in Schweinfurt, arbeitete er nach einem Studium der Malerei und Kunstgeschichte zunächst als Lehrer an einem Gymnasium, bevor er sich als freier Autor und Illustrator ganz auf seine künstlerische Arbeit konzentrierte. Nach rund vierzig Büchern und Theaterstücken für junge Leserinnen und Leser erschienen bei S. Fischer seine »Erwachsenenbücher« »Wie alles kam. Roman meiner Kindheit« und »Ein Hund mit Flügeln«. Maars Werk wurde vielfach gewürdigt, unter anderem mit dem E. T. A.-Hoffmann-Preis und dem Friedrich-Rückert-Preis. Etliche Schulen tragen seinen Namen.

Impressum

 

 

Erschienen bei FISCHER E-Books

 

Für diese Ausgabe:

© 2025 S. Fischer Verlag GmbH,

Hedderichstr. 114, 60596 Frankfurt am Main

 

Covergestaltung: KOSMOS – Büro für visuelle Kommunikation

ISBN 978-3-10-492212-6

 

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Inhalt

[Widmung]

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

In memoriam Barbara Maar

1

Unser Hochhaus hatte nur acht Stockwerke, weil damals der Stadtpfarrer Ankenbrand noch lebte. Dazu kamen irgendwann sechs andere Häuser mit zwölf und sogar vierzehn Stockwerken. Da war Ankenbrand dann schon tot.

Weil die sieben Hochhäuser in einer Reihe nebeneinander standen und unser niedriges genau in der Mitte, wirkte es immer ein bisschen wie der abgebrochene Zahn von Toni Liebert.

Dem hatte nämlich Lorna beim Fußballspielen auf dem Kirchplatz den Ball genau ins Gesicht geschossen. War keine Absicht. Der Zahn war hinterher trotzdem eine Ruine. Lorna war eine gute Spielerin, und jeder wollte sie in seiner Mannschaft haben.

Da waren wir noch Kinder, und Ankenbrand hat noch gelebt.

Später durften wir nicht mehr vor der Kirche Fußball spielen.

Schuld daran war der Taubenkot auf dem Kniekissen der alten Frau Seemüller. Sie beschwerte sich darüber bei Pfarrer Ankenbrand.

Der ging der Sache auf den Grund und entdeckte ein Loch in einem der bemalten, bleiverglasten Kirchenfenster. Das hatte den Heiligen Sebastian von einem Pfeil in seiner linken Hüfte befreit. Wo vorher das gefiederte Geschoss gesteckt hatte, befand sich nun ein ballgroßes Loch, das helles Tageslicht ins Kirchenschiff einließ. Leider auch die gefiederten Tauben. Da sich ein solches Loch nicht von alleine aufgetan haben konnte, musste die Ursache ergründet werden. Die fand sich schnell.

Die Folge war, dass wir unser Fußballspiel vom Kirchplatz in den Hinterhof der Bäckerei Brändlein verlegten. Bis wir auch da vertrieben wurden.

Zu Lebzeiten war Pfarrer Ankenbrand ein einflussreicher Bürger der Stadt gewesen, mit vielen Kontakten zu Stadträten und Honoratioren, jedenfalls hochgestellten Herrschaften. Lornas Mutter nannte sie so.

So hatte er einen Beschluss durchsetzen können, der es untersagte, dass profane Bauwerke die gottgeweihten überragten. Genauer gesagt deren Glockentürme. Die Silhouette einer Stadt sollte geprägt sein durch die aufragenden Kirchturmspitzen.

Vielleicht hatte er sich mit Kaminski, seinem evangelischen Kollegen, darüber unterhalten. Sie trafen sich jeden Mittwochnachmittag zusammen mit dem Hauptlehrer Dorsch zum Skatspielen im Nebenzimmer der Gastwirtschaft Goldener Hirsch.

Hubert, der Sohn vom Wirt, hatte mir erzählt, dass sie dabei nicht nur Bier trinken, sondern auch jedes gewonnene Herz-Solo mit einer Runde Zwetschgenschnaps begossen.

Vielleicht war das die Erklärung für die rote Nase von Pfarrer Ankenbrand. Lorna sagte damals, es komme eher vom Messwein, an dem er nicht nur nippte, wenn er sagte: »Dies ist mein Blut, das für euch vergossen wird!«

2

»Alle in unserer Clique waren mehr oder weniger in Lorna verliebt. Wir schwärmten uns gegenseitig vor, wie gut ihr die langen roten Haare standen und wie sehr die grünen Augen dazu passten.

Irgendwie irisch, nannte es Roland.

Dabei war uns natürlich klar, dass sie nicht direkt aus Irland kam. Ihre alleinerziehende Mutter, Frau Grassnitzer, war aus Penzberg zu uns ins Hochhaus gezogen. Frau Grassnitzer hatte dunkelblonde Haare. Lorna hatte ihre Haarfarbe wohl vom Vater geerbt. Der war britischer Soldat gewesen, und hatte Lornas Mutter schon vor der Geburt seiner Tochter Richtung Belfast verlassen.

Frau Grassnitzer wohnte mit Lorna im fünften Stock, ihre Flurtür lag rechts von der Treppe, wenn man von unten kam, unsere links.

Da bei Frau Grassnitzer das schmale Glasfenster in der Flurtür im Gegensatz zu dem von unserer Wohnung nicht durch einen Vorhang auf der Innenseite vor neugierigen Blicken geschützt war, konnte ich es mir nie verkneifen, auf dem Weg zum Aufzug einen großen Bogen in Richtung der gegenüberliegenden Tür zu machen, um einen heimlichen Blick in Lornas Wohnung zu werfen. Einmal habe ich sie dabei gesehen, wie sie im Bademantel aus der Toilette kam. Ich habe mich ganz schnell zurückgedreht und bin zurückgestürzt, bevor sie mich hätte entdecken können.

 

Ein Stockwerk unter uns wohnte Magnus Schmidt.

Er hatte Kinderlähmung bekommen, als er vier oder fünf war. Seitdem war sein rechtes Bein verkürzt, und er hinkte. Auch der rechte Arm hat seinen Teil abgekriegt, der war halb gelähmt.

Wir alle haben ihn Hinkebein genannt, auch Lorna.

Deswegen waren wir alle überrascht, als sich Lorna ausgerechnet in Magnus verliebte.

Ich schätze, da war auch ein Großteil von dem im Spiel, was meine Mutter Helfersyndrom nannte.

Ich erinnere mich an eine Szene im Sportheim des Fußballklubs. Der Pächter, Herr Treutlein, betrieb ein kleines Restaurant, in dem es ein täglich wechselndes billiges Mittagessen gab.

Obwohl wir alle aus bürgerlichen Familien stammten, zu deren Ritualen das tägliche Mittagessen gehörte – zweimal Fleisch in der Woche, Fisch am Freitag – gönnten wir uns manchmal einen Nachschlag im Sportheim.

Das Heim hatte langgestreckte Fenster, die von der Decke bis zum hölzernen Sockel reichten. Sie wurden wohl nie geputzt. Ein Sperling war einmal gegen die Scheibe geknallt und hatte einen Blutfleck hinterlassen, der sich in einem blutigen Streifen fortsetzte.

Ich hatte mich auf die Zehenspitzen gestellt und nach unten, draußen geblickt. Der mutmaßliche Leichnam des verunglückten Vogels war nicht zu sehen. Entweder er hatte den Aufprall doch überlebt, oder er war die Beute von Herrn Treutleins einäugigem Kater geworden.

Typisch für die Sportheim’sche Gaststätte waren die wild geblümten Wachstuch-Tischdecken. Ihre Oberseiten waren ausgebleicht und deutlich heller als die Teile, die senkrecht vom Tischrand hinabhingen.

Diese abwaschbaren Tischdecken waren wohl der Grund, weshalb Hinkebeins exotische Tischsitten nie gerügt wurden, obwohl er jedes Mal eine Pfütze rings um den Tellerrand hinterließ, die sich konzentrisch um den Teller erweiterte und manchmal sogar den Tischrand überschritt.

 

An diesem Tag saß Lorna mit Hinkebein an einem der Nebentische.

Magnus hielt die Gabel in der verkrampften linken Faust, die Zinken steckten tief in einem panierten Schnitzel. Mit dem Messer in der rechten Faust versuchte er mühsam, das Fleisch zu schneiden, und beugte sich im Rhythmus des Schneideversuchs heftig atmend vor und zurück.

Wir an den Nebentischen lachten zustimmend, denn wir hatten den Eindruck, er wolle uns demonstrieren, was für ein zähes Schnitzel Herr Treutlein ihm mal wieder aufgetischt hatte.

Bis wir durch ein vorwurfsvolles Zischen Lornas begriffen, dass sein unbeholfener Umgang mit Messer und Gabel nicht gespielt war.

Lornas Mutter, Frau Grassnitzer, war eine praktisch veranlagte Frau. Als sie endlich akzeptiert hatte, dass ihre eindringlichen Rat- und Vorschläge Lorna nicht davon abhalten konnten, weiter mit Hinkebein zu verkehren, ließ sie sich den rechten Stiefel Hinkebeins geben, brachte ihn zum Schuster Scheich mit dem Auftrag, eine dicke, doppelte Sohle aufzukleben. Danach war die Beinlänge etwa gleich, und das Hinken von Magnus kaum noch zu erkennen.

 

Hinkebein und Lorna hatten sich überreden lassen, mit einer Freundin, Barbara Mattenhaus, in eine Diskothek zu fahren.

Lorna war eine leidenschaftliche Tänzerin, Magnus ein leidenschaftlicher Zuschauer.

Barbara hatte gerade ihren Führerschein gemacht, und ihr großzügiger Vater hatte ihr seinen Lieferwagen überlassen. Einen Kastenwagen, in dem er sonst Gemüse und Obst ausfuhr. Er war Gärtner.

Der Streit, wer neben Barbara auf dem Beifahrersitz Platz nehmen durfte und wer hinten in den Kasten zu kriechen hatte, wurde von Lorna salomonisch gelöst. Sie kroch mit Magnus in den Kasten.

Da saßen sie dann während der Fahrt, eng aneinander gelehnt, die angezogenen Beine auf den geriffelten Blechboden gestellt.