Lotus House - Sanfte Hingabe - Audrey Carlan - E-Book

Lotus House - Sanfte Hingabe E-Book

Audrey Carlan

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Beschreibung

Die prickelnde Lotus House-Serie: Liebe, Leidenschaft und Yoga unter der Sonne Kaliforniens! Die zweiundzwanzigjährige Amber St. James will ihr Medizinstudium schnell beenden, um Kinderärztin zu werden. Dafür muss sie an einem Kurs zu menschlicher Sexualität teilnehmen - ein Thema, das ihr bisher aus persönlichen und religiösen Gründen fremd war. Dash Alexander ist der begehrteste Lehrer im Lotus House. Er besticht durch seinen einzigartigen Unterrichtsstil, sein ruhiges Naturell und den verdammt heißen Körper. Er will Amber helfen. Dafür muss Amber seine Partnerin in einem Tantra-Yoga-Kurs werden. Die knisternde Anziehungskraft zwischen den beiden geht weit über alles hinaus, was Dash bisher erlebt hat, nicht nur in spiritueller Hinsicht...

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Lotus House - Sanfte Hingabe

Die Autorin

Audrey Carlan schreibt mit Leidenschaft heiße Unterhaltung. Ihre Romane veröffentlichte sie zunächst als Selfpublisherin und wurde daraufhin bald zur internationalen Bestseller-Autorin. Ihre Serien »Calendar Girl«, »Trinity« und »Dream Maker« stürmten auch in Deutschland die Charts. Audrey Carlan lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Kalifornien.

Das Buch

Willkommen im LOTUS HOUSE!Die zweiundzwanzigjährige Amber St. James will Kinderärztin werden. Dafür muss sie an einem Kurs zu menschlicher Sexualität teilnehmen – ein Thema, das ihr bisher aus persönlichen und religiösen Gründen fremd war. Dash Alexander ist der begehrteste Lehrer im Lotus House. Er besticht durch seinen einzigartigen Unterrichtsstil, sein ruhiges Naturell und den verdammt heißen Körper. Er will Amber helfen. Dafür muss Amber seine Partnerin in einem Tantra-Yogakurs werden. Die knisternde Anziehungskraft zwischen den beiden geht weit über alles hinaus, was Dash bisher erlebt hat, nicht nur in spiritueller Hinsicht ...

Audrey Carlan

Lotus House - Sanfte Hingabe

Roman

Aus dem Amerikanischen von Elsie Meerbusch

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein-buchverlage.de

Deutsche Erstausgabe im Ullstein Taschenbuch1. Auflage Juni 2019Copyright © für die deutsche AusgabeUllstein Buchverlage GmbH, Berlin 2019Copyright © by Waterhouse Press 2018Published by arrangement with Waterhouse Press LLCTitel der amerikanischen Originalausgabe: Sacred Serenity. A Lotus House novel, erschienen bei Waterhouse Press LLCUmschlaggestaltung: zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®, MünchenAutorenfoto: © Melissa McKinley PhotographyE-Book-Konvertierung powered by pepyrus.comAlle Rechte vorbehalten. ISBN 978‑3-8437-2066-3

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

1. KAPITEL

Amber

Dash

2. Kapitel

Amber

Dash

3. Kapitel

Amber

Dash

4. Kapitel

Amber

Amber

Dash

6. Kapitel

Amber

Dash

7. Kapitel

Amber

Dash

8. Kapitel

Amber

9. Kapitel

Amber

10. Kapitel

Amber

Dash

11. Kapitel

Dash

Amber

12. Kapitel

Dash

Amber

13. Kapitel

Dash

Amber

14. Kapitel

Dash

Amber

15. Kapitel

Amber

Dash

16. Kapitel

Amber

Dash

17. Kapitel

Amber

Dash

18. Kapitel

Amber

Dash

19. Kapitel

Amber

Dash

Amber

20. Kapitel

Dash

Amber

Epilog

Amber

Dash

Amber

Dank

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

1. KAPITEL

Widmung

Emily Hemmer

Ich habe beschlossen, dir dieses Buch zu widmen,weil es in meinem Leben keinen anderen Menschen gibt,der die echte Leidenschaft und die Sehnsucht versteht,die nötig sind, um mit Worten Schönheit zu erschaffen.

Danke, dass du meine schreibende Schwester bist.Mit all meiner Liebe und Zuneigung.

Namaste

1. KAPITEL

Sakral-Chakra

Seit Jahrhunderten wird Yoga in zahlreichen unterschiedlichen Stilen praktiziert. Die Übungen des tantrischen Yoga sind besonders geeignet zum Harmonisieren und Öffnen aller Chakren und insbesondere des zweiten oder Sakral-Chakra. Das als Quelle von Lust und Leidenschaft bekannte Chakra ist der Urquell unserer Gefühle und unseres sinnlichen Genusses. Es liegt im Becken-Milz-Bereich unseres Körpers.

Amber

»Tantrischer Sex? Ausgerechnet du hast den tantrischen Sex zum Thema deiner Abschlussarbeit im Sexualkundeseminar gemacht?« Genevieves platinblondes schulterlanges Haar wellte sich schwungvoll und schimmernd, wenn sie durchs Yogastudio ging. Ihr runder Bauch schien die Führung zu übernehmen, als sie durch den Raum schlenderte und die Kerzen anzündete.

Ich half ihr, Yoga-Bolster und ‑blöcke im Raum zu verteilen, die ihren schwangeren Kundinnen bei den tausendundeins Positionen helfen würden, durch die Genevieve sie im Verlauf des Kurses führen würde.

»Warum kommt dir das denn so merkwürdig vor?«, fragte ich und konnte eine Andeutung von Sarkasmus in meiner Stimme nicht unterdrücken.

Meine allerbeste Freundin blieb stehen, legte die Hände auf ihren im siebten Monat unübersehbar gerundeten Bauch und rieb ihn in einer kreisförmigen Bewegung. Entweder trat sie das Baby, oder es drückte unangenehm gegen irgendein mütterliches Organ.

Genevieve presste seufzend die Hand auf ihre Flanke. »Was weiß ich. Es erscheint mir eigenartig, dass eine Frau, die …« Sie senkte die Stimme und blickte sich im Raum um. Der Kurs hatte noch nicht angefangen und würde auch erst in zwanzig Minuten losgehen. Es war noch keine Menschenseele da.

»Die noch nie Sex hatte?«, fragte ich lapidar. Dass ich noch Jungfrau war, war kein Geheimnis. Es war meine eigene Entscheidung, etwas, wozu ich mich nicht nur aufgrund meines Glaubens verpflichtet hatte – obwohl Gott für mich an höchster Stelle steht –, sondern auch aufgrund meines Vertrauens in mich selbst und meinen Willen.

Sie nickte. »Ja.« Das Wort kam als ein Zischen heraus. »Es mag sinnvoll für dich sein, das Sexualverhalten in der Gesellschaft oder auch unter medizinischem Aspekt zu betrachten, aber die Praxis des tantrischen Yoga ist ihrer Natur nach manchmal unverhohlen sinnlich. Im körperlichen Sinn und im spirituellen …« Sie atmete tief aus. »Ich meine, wie willst du wirklich etwas über die Praxis der tantrischen Sexualität lernen, wenn du die Erfahrung nie am eigenen Leib machst?«

Ich sah sie mit in die Hüften gestemmten Händen finster an. »Dass ich nie Sex hatte, bedeutet nicht, dass ich den menschlichen Körper nicht bis in die letzte Facette studiert hätte. Zum Teufel, Vivvie, ich weiß mit Sicherheit mehr darüber, wie man einen vaginalen Orgasmus stimuliert, als neunzig Prozent der Menschen, die den Koitus aktiv praktizieren.«

Genevieve verdrehte die Augen und holte tief Luft. »Na ja, was willst du eigentlich von mir? Normalerweise lässt du dich bei mir nicht über die Hausaufgaben deines Medizinstudiums aus. Warum also jetzt?«

Ich lächelte. »Ich brauche deine Hilfe.«

Sie legte den Kopf schief und sah mich fragend an, während sie ihre Yogamatte aufrollte und auf dem Boden ausbreitete. »Wieso das?«

»Verschaff mir bitte die Erlaubnis des Lehrers für Tantra-Yoga, mich in seinen Kurs zu setzen und alles zu beobachten.«

Sie sah mich groß an, als wartete sie auf mehr. »Das ist alles? Ich meine, er ist doch ziemlich umgänglich. Warum fragst du Dash nicht einfach selbst?«

Dash.

Der Name passte perfekt zu diesem Mann. Dash – wie ein Gedankenstrich. Oder wie ein Schuss Alkohol, der ein ganzes Getränk aufwertet. Von allem, was jede vernünftige Frau dazu bringen würde, den Verstand zu verlieren, hatte er mehr als genug: Er war sehr groß und breitschultrig, hatte schmale Hüften, dunkelblondes Haar und die umwerfendsten karamellbraunen Augen, die ich je gesehen habe. Seine Iris wirkte, als wäre sie aus dem Stein geschliffen, der mir meinen Namen gegeben hat: Amber. Bernstein. Bisher hatte ich Dash bewusst auf Abstand gehalten, weil er eine ganz besondere Ausstrahlung besaß, eine einzigartige männliche Aura, die mich so vollständig verwirrte, als wäre ich wieder ein Backfisch. Und nicht eine zweiundzwanzigjährige Frau, die gerade mit einem vollen Stipendium für ihr Masterstudium mit anschließender Promotion in das Joint Medical Program der Universitäten Berkeley und San Francisco aufgenommen worden war.

Ich hätte auch andere medizinische Fakultäten in Kalifornien wählen können – zum Beispiel die Stanford University oder die University of Irvine –, aber ich wollte meine Großeltern nicht allein lassen. Sie hatten mich großgezogen, weil meine Mutter bei meiner Geburt gestorben war. Ich war es ihnen schuldig, ihnen bis zum Ende ihrer Tage zur Seite zu stehen. Genevieve dagegen war für mich fast wie eine Schwester. Meine Beziehung zu ihr war mir wertvoll, und ich nahm sie sehr ernst. Sie verstand mich, wie ich war, und akzeptierte meine Lebensentscheidungen so vorbehaltlos wie kaum jemand sonst. Ich wollte weder San Francisco noch meine Großeltern, noch Genevieve verlassen – und Letztere umso weniger, als in wenigen Monaten ihr Sohn zur Welt kommen würde.

Ich ließ meine Nackengelenke knacken, um die Anspannung abzuschütteln, die allein schon der Gedanke an Dash Alexander in mir auslöste. »Ich hab ihm zwei E‑Mails geschickt und auch eine Nachricht in seinen Kursleiter-Briefkasten hier gesteckt. Er hat mir per Mail geantwortet, seine Kurse seien nicht öffentlich, und er wolle die Teilnehmer nicht durch jemand Außenstehenden verunsichern, der ihnen zusieht.«

Vivvie grinste breit. »Das kann ich verstehen. Der Kurs verlangt … viel Engagement.« Sie ließ sich die beiden Wörter auf der Zunge zergehen, als wären sie Melasse auf einer dicken Scheibe Focaccia-Brot. Eine göttliche Kombination.

»Deswegen komme ich ja zu dir. Du musst mit ihm reden. Du bist mit ihm befreundet. Und außerdem hast du ihm doch auch schon mal in seinen Kursen assistiert, oder?«

Genevieve riss die Augen auf. »Das habe ich, aber wage nicht, das gegenüber Trent zu erwähnen.« Sie rieb sich den Bauch, in dem das Kind besagten Mannes heranwuchs. »Wenn du ihn an meine Assistenzzeit bei Dash erinnerst, flippt er nur wieder aus.«

Ich fühlte, wie ich rot anlief, und biss die Zähne zusammen. »Hattest du was mit Dash?« Ein unangenehmes Kribbeln wanderte an meiner Wirbelsäule nach oben. Vivvie bemerkte normalerweise die kleinste Veränderung in meinem Verhalten und stürzte sich darauf wie ein Kind auf ein Trampolin. Ich biss die Zähne noch stärker zusammen und bemühte mich, ungerührt zu wirken.

»Nein, nicht wirklich. Definitiv nicht so, wie du das meinst.« Sie warf die Haare mit der Hand nach hinten und fächelte sich Luft zu. »Ich meine, wenn man in seinem Kurs assistiert, kommt es zu ziemlich heftigem Petting, aber Sex hatten wir nicht. Es ist allerdings schon so, dass ich nach den Kursstunden eine kalte Dusche nehmen musste, um schlummernden Gefühlen vorzubeugen. Dieser Mann hat eine Gabe. Er öffnet die Chakren so mühelos, als pellte er die Schichten einer Zwiebel. Die Begegnung ist enorm intensiv. Er stößt sofort zum kitzligen Teil in deinem Inneren vor, und zwar so schnell, wie ich es nie erwartet hätte.« Vivvie fächelte sich Kühlung zu, während ein Schwall von Röte ihre Wangen überzog.

Was hätte ich nicht dafür gegeben, selbst so erröten zu können. Oder besser gesagt, den Mann, der es hervorgerufen hatte, selbst zu erleben.

Ich strich mir das dichte Haar aus dem inzwischen schweißfeuchten Nacken und sah sie an. »Bitte, Vivvie. Es ist wichtig für mich. Es ist mein letzter Kurs, bevor ich im Herbst mit den Kursen an der Medical School anfange. Ich habe ihn so weit wie möglich aufgeschoben, weil … Na ja, du weißt schon, warum. Es ist der eine Kurs, in den ich ohne Erfahrung gehen muss. Ich möchte eine gute Note.« Ich schwindelte natürlich ein bisschen über den wahren Grund, aber den brauchte sie nicht zu erfahren.

Genevieve stellte sich vor mich. Ihr Bauch stieß gegen meinen, und wir kicherten. »Ich werde mich niemals an meinen neuen Umfang gewöhnen.« Sie stöhnte.

Ich legte die Hände auf die Rundung und versuchte, meinen künftigen Neffen zu ertasten und seine kleinen Füßchen von Kopf und Po zu unterscheiden.

»Schau mal, du bist meine beste Freundin. Praktisch meine Schwester. Natürlich bringe ich ihn dazu, dir zu helfen. Du musst mir aber versprechen, aufgeschlossen zu sein. In diesen Kurs gehen Paare, die eine tiefere Verbindung zu ihrem Partner und zu ihrem höheren Selbst suchen. Ich weiß, dass das deinen persönlichen Glaubensüberzeugungen widersprechen mag, aber versuche zu vermeiden, dadurch alles in einem falschen Licht zu sehen.«

Ich nahm ihre Hände. »Ich verspreche es. Ich werde aufgeschlossen und respektvoll sein.«

Sie zog die eine Augenbraue zweifelnd hoch und grinste schief, stieß dann aber die Luft aus. »Okay. Ich rede mit ihm. Ich werde meine ganzen Überredungskünste einsetzen, damit er zustimmt.«

»Überredungskünste?« Allein schon die Andeutung, diese Künste könnten etwas Sexuelles oder Persönliches enthalten, brachte mein Blut in Wallung.

»Ja … ich baue auf seine Schuldgefühle.« Sie lachte.

Ich schnaubte, und die Wallungen gingen in einen sanfteren Wellenschlag über. Herr im Himmel, tief durchatmen, Mädel.

»Apropos Schuldgefühle … wann willst du denn endlich Trent erlösen und ihn heiraten?«, fragte ich ziemlich eindringlich.

Genevieve stöhnte laut und hob das Gesicht zur Decke. Diese war mit einem leuchtend bunten Wirbelmuster bemalt. Wenn ich rücklings auf der Matte lag, fand ich hier einen wunderbaren Ort, um meine Gedanken schweifen zu lassen, während mein Körper sich entspannte.

»Ach, erinnere mich doch nicht daran. Weißt du, dass er mich jeden einzelnen Tag darum bittet, ihn zu heiraten?« Sie schüttelte den Kopf.

»Und noch einmal, warum verwehrst du ihm und dir selbst die Freuden der Ehe? In zwei Monaten bringst du euren Sohn auf die Welt, Viv. Du weißt, was ich von einer unehelichen Geburt halte, da ich ja selbst aus so einer Beziehung stamme. Du dagegen hast die Wahl. Du liebst Trent. Und er liebt dich. Ihr bekommt ein Kind. Warum ersparst du eurem Kind nicht das Stigma, ein Bas…«

»Wage nicht, es auszusprechen!« Vivvie schnitt mir das Wort mit einer heftigen Bewegung ab. Sie stieß mir den Zeigefinger in den Bauch.

Au!

»Mein Kind wird kein Bastard. Zwänge mir jetzt nicht deine oberheilige, bibeldurchtränkte Meinung auf. Ich weiß, dass mein Sohn unter Gottes Obhut aufwachsen wird, ob ehelich oder nicht. Wir haben diese Diskussion schon geführt, und ich werde sie nicht wiederholen. Ich möchte, dass Trent mich um meiner selbst willen heiratet und dass er sein Leben an meiner Seite verbringt, weil ich die Frau bin, mit der er die Zukunft teilen möchte. Und nicht, weil ich seinen Nachwuchs im Bauch habe.«

Diesmal war ich diejenige, die ungehalten reagierte. »Spürst du denn nicht, dass er dich vergöttert?«

Sie biss sich auf die Lippen und nickte. »Das stimmt. Aber liegt das nicht vielleicht nur daran, dass ich mit seinem Sohn schwanger bin?«

Ich versuchte vergeblich, meine Gereiztheit herunterzuschlucken. »Nein! Herrgott noch mal. Du bist eine der intelligentesten, liebevollsten und nettesten Frauen, die ich kenne, aber wenn du nicht sehen willst, was du direkt vor der Nase hast, hast du manchmal ein Brett vor dem Kopf! Jetzt heirate den Mann doch endlich! Bitte! Wenn nicht deinet- oder seinetwegen, dann um des Babys willen.« Meine Stimme war schrill vor Überzeugung.

Genevieve deutete mit ihrem rot lackierten Zeigefinger auf mich. »Genug. Ich weiß schon, was du denkst. Und ich werde ihn heiraten. Wenn die richtige Zeit gekommen ist.« Sie hatte die Lippen aufgeworfen und das Kinn energisch vorgereckt.

Tut mir leid, lieber Gott. Ich hab’s versucht.

»Tut mir leid«, sagte ich und meinte es aufrichtig. Ich betete jede Nacht, sie möge Klarheit finden, den Tod ihrer Eltern überwinden und Kraft für ihre Geschwister und alle um sie herum schöpfen. Und ich betete jede Nacht, sie möge Trent Fox heiraten und das Baby vor Jahren der Hänseleien und abschätzigen Bemerkungen bewahren. Kinder und Erwachsene konnten so grausam sein. Das wusste ich aus eigener Erfahrung.

Genevieve machte ein finsteres Gesicht, lachte dann aber. »Danke. Aber mir scheint, du solltest dich lieber auf dich selbst konzentrieren. Ich bin schon riesig gespannt, was der große Boss im Himmel denkt, wenn du es im Anschluss an einen dieser Tantra-Kurse mit Dash Alexander treiben möchtest!« Sie schleuderte die Behauptung heraus, und im Strahl der Lichtleiste an der Decke schienen ihre Augen zu funkeln.

Ich klappte den Mund auf und zu. »Du weißt Bescheid?«, stieß ich heraus.

Sie schnaubte. »Du hast Gott … Und ich habe die weibliche Intuition. Diese Intuition hat mir gesagt, dass du seit einigen Jahren Dash aufs Heftigste aus der Ferne anhimmelst. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum du ihm nicht persönlich sagst, dass du an seinem Kurs teilnehmen möchtest.«

Ein Rückzieher war in diesem Szenario nicht möglich, und außerdem lehrt die Bibel, in allen Dingen ehrlich und aufrichtig zu sein. »Dash ist ein sehr gut aussehender Mann. Das kann ich nicht abstreiten.« Ich wartete auf ihre Antwort mit herausfordernd vorgerecktem Kinn.

Genevieve schaute lächelnd auf etwas oder jemanden hinter mir. »Hi, Dash, wenn man vom Teufel spricht. Du kommst genau richtig. Wir haben uns gerade über dich unterhalten.« Sie grinste spöttisch.

Mein ganzer Körper erstarrte wie zu einem Eiszapfen. Wenn mich jetzt jemand auch nur berührte, ich würde in tausend Splitter zerspringen und mich auflösen. Ich holte tief Luft und drehte mich um. Da stand er, jener Mann, der das Objekt jedes einzelnen unanständigen Gedankens war, den ich seit mehr als zwei Jahren hegte, nämlich seit ich zum ersten Mal einen Blick auf ihn geworfen hatte. Der Mann, den ich mir vorstellte, wenn ich mich in den frühen Morgenstunden in meinem Zimmer bei meinen Großeltern unter der handgenähten Quiltdecke selbst befriedigte.

Dash Alexander.

Dash

Mit vor der Brust verschränkten Armen grinste ich die sündhaft reizvolle Brünette an. Sie hielt mich für sehr gut aussehend. Interessant.

Ich hatte Genevieves beste Freundin schon öfter im Lotus House beobachtet. Ich hatte ihr auch manchmal bei den Übungen zugeschaut, wenn sie hier in einem Kurs mitmachte. Sie war groß und schlank, genau richtig für die komplizierteren Asanas oder Yogahaltungen, wie es im Westen heißt.

Während sie mich musterte, schimmerten ihre Augen wie grüne Smaragde. Der katzenhafte Schnitt machte sie nur noch attraktiver. Doch nicht das war es, wovon mir die Knie weich wurden. Ihr dichtes, dunkles kastanienbraunes Haar mit dem Mittelscheitel fiel lang und gerade bis über ihre vollen Brüste herab, beanspruchte meine ganze Aufmerksamkeit. Ich nahm an, dass sie es nicht färbte. Der Farbton hatte sich in den zwei Jahren, seit ich sie zum ersten Mal gesehen hatte, nie verändert. Sein natürlicher Glanz schimmerte im Sonnenlicht, das durch ein geöffnetes Fenster hereinfiel – Genevieve würde es vor Beginn des Kurses noch schließen. Was würde ich nicht dafür geben, hineinzugreifen und eine dicke Strähne zu packen, sie um mein Handgelenk zu schlingen und ihren Kopf sanft nach hinten zu ziehen, um mich an der schlanken Säule ihres Halses mit Küssen zu weiden.

Ihre Natürlichkeit sprach das tiefste Innere im Mann an. Das instinktive Verlangen, diese Frau festzuhalten und zu beschützen, war ein mächtiges Aphrodisiakum. Es kam selten vor, dass sich solche Gefühle bei mir an die Oberfläche vorarbeiteten, doch ich hatte schon vor langer Zeit durch die Praxis des Tantra gelernt, meine Reaktion auf andere Menschen weder zu verleugnen noch zu verbergen. In diesem Fall war das aus ästhetischen Reizen erwachsene Verlangen nicht das Einzige, was mir einen Schwall von Erregung durch die Adern jagte. Auch ihre Energie rief nach mir. Das magnetische Feld, das sie umgab, verflocht sich mit dem meinen in vor Sinnlichkeit knisternden Liebkosungen, und am liebsten hätte ich die Arme um sie geschlungen, sie an mich gezogen und in ihrer Wahrhaftigkeit geschwelgt.

Mein Schwanz, der zu lange geruht hatte, wachte auf, regte sich und wurde hart. Ich legte die Hände gelassen vor dem Schritt zusammen. Schließlich wollte ich das kleine Vögelchen nicht verschrecken. Auch so schon konnte ich sehen, wie sie sich nervös unter dem Gewicht meines anerkennenden Blicks duckte und zum Abflug bereitmachte. Aber ich wünschte mir genau das Gegenteil. Sie sollte auf mich reagieren, wie ein stolzer Schwan es tun würde. Ich wollte meinen Blick nicht nur auf ihrem nackten Körper, sondern auch auf ihrer von Fesseln befreiten Seele ruhen lassen.

Obgleich sie beinahe ein Meter achtzig groß war, zog sie in meiner Gegenwart die Schultern ein, als unterwürfe sie sich mir unausgesprochen oder, schlimmer noch, hätte Angst vor mir. Ich streckte die Hand aus und setzte ein beruhigendes Lächeln auf.

»Dash Alexander. Ich glaube nicht, dass wir einander bereits vorgestellt wurden.«

Sie blickte auf meine Hand und straffte die Schultern, als bereitete sie sich auf einen Kampf vor, und griff dann energisch zu. Grinsend riss ich mit einem festen Ruck an ihrer Hand und überrumpelte sie damit, was meine Absicht gewesen war. Als sie gegen meine Brust taumelte, schlang ich den Arm um ihre Taille und küsste sie rasch auf die eine Wange und dann auf die andere. Ich gestattete meinen Lippen, ihre seidige Haut von der Wange bis zur Schläfe ganz leicht zu streifen, und drückte auch darauf einen Kuss. Sie sog die Luft ein, und dieser leise Atemzug sprach zusammen mit ihrem fester werdenden Griff Bände. Ich las sie mit meinen Sinnen.

Dieser verängstigte kleine Vogel verlangte nach mir. Sie hielt mich nicht einfach nur für gut aussehend. Nein, ich erkannte an einem hauchfeinen, nebelhaft zarten Funkeln um ihren Körper, wie anziehend sie mich fand. Der Duft von Erdbeeren umfing mich. Ich drückte sie in einer angedeuteten Umarmung an mich, trat widerwillig zurück und stellte einen angemesseneren Abstand zwischen uns her.

Ihr Blick war einen Moment lang glasig und verschwommen. Sie schüttelte den Kopf und blinzelte mehrmals. »Äh … Amber … Amber St. James.«

Ich strich lächelnd über ihre Wange. Sie schmiegte sie an meine Hand. Männlicher Stolz erfüllte meine Brust. Ich liebkoste einen ihrer hohen Wangenknochen mit dem Daumen und erfreute mich an der Röte, die ihr in die Wangen stieg. Ihr Gesicht war nicht geschminkt, so wie ich es bei Frauen am liebsten mochte. Unverfälschte Schönheit.

»Freut mich, dich kennenzulernen, Amber.«

Fast eine Ewigkeit blickten wir einander an, und unsere Körperenergien zogen sich auf eine kosmische Weise an, wie ich es normalerweise nur in meinen Kursen empfand, aber niemals privat.

»Dash, schön, dass du da bist«, unterbrach Genevieve unsere gegenseitige, auf Blicke beschränkte Verführung. »Amber macht bald ihren Bachelor in Medizin und muss für die Abschlussarbeit in ihrem Sexualkundeseminar so viel wie möglich über tantrische Sexualpraktiken in Erfahrung bringen. Da du hier im Haus unser Tantra-Guru bist, dachte ich, du könntest ihr helfen.«

Ich wandte Genevieve meine Aufmerksamkeit zu. Sie legte mit Schmollmiene die Hand auf ihren runden Bauch, was mich an das Debakel erinnerte, das ich vor einem halben Jahr zwischen ihr und ihrem Partner ausgelöst hatte. Nun forderte sie Wiedergutmachung, und so etwas konnte ganz schön nerven. Dann aber kam mir eine Idee. Eine wirklich geniale Idee, die Amber nicht nur bei ihrer Abschlussarbeit helfen, sondern auch für mich selbst ein größeres Problem lösen würde.

Ich sah Amber an und dann Genevieve, die die Hände wie zum Gebet in der Herzgegend gefaltet hatte – nur dass es kein Gebet war. Sie flehte mich tatsächlich an. Und ihre Lippen bewegten sich in einer stummen Bitte.

»Na gut. Aber unter einer Bedingung.«

Ambers grüne Augen leuchteten auf, und ihre Lippen verzogen sich zu einem schüchternen Lächeln. »Du musst sie nur nennen.« Ihre Stimme war voller Dankbarkeit, und das gefiel mir. Tatsächlich wünschte ich mir noch mehr davon und freute mich auf die Zeit, in der ihre Dankbarkeit mich in einer viel ursprünglicheren Verbindung umschließen würde.

Blitzschnell zuckte mir ihr Bild in zahllosen tantrischen Sexualstellungen durch den Kopf. Amber, wie sie in der Yab-Yum-Position auf meinem Schoß saß, Auge in Auge mit mir, bis ich ihren Kopf zurückneigte, damit all diese Haarpracht in einem Strom herabfiel und meine Oberschenkel kitzelte. Ich würde ihren Brüsten huldigen und durch ein wenig Zupfen dafür sorgen, dass ihre Nippel wie feste kleine Beeren vorsprangen. Unsere Sakral- und Wurzelchakren würden in vollkommener Harmonie miteinander verschmelzen, wenn ich in sie eintauchte und die Löwin weckte, die sich unter ihrem Lammfell verbarg.

»Wie könntest du den Kurs besser beobachten als durch aktive Teilnahme?«

Zwei Frauen schnappten gleichzeitig entsetzt nach Luft, und dann ergriff Genevieve das Wort. »Dash … äh, es gibt da wahrscheinlich etwas, worüber du Bescheid wissen solltest …«

»Wie genau würdest du dir meine aktive Teilnahme vorstellen?« Amber betrachtete mich mit zusammengekniffenen Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Klassische Abwehrhaltung. Das hatte ich nicht erwartet. Diese Frau, die gerade zu verstehen gegeben hatte, sich von mir angezogen zu fühlen, und die in meinen Armen praktisch dahingeschmolzen war, wirkte keineswegs erpicht auf eine körperliche Vereinigung. Hatte sie vielleicht einen Partner? In meiner Brust flammte eine prickelnde Hitze auf und breitete sich aus.

Eifersucht. Also, das war neu für mich. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal eifersüchtig auf eine Partnerin gewesen war – sei sie nun potenziell, gegenwärtig oder vergangen. Und schon gar nicht auf eine Frau, die ich nicht einmal kannte.

Ich senkte die Stimme, damit ich nicht zu forsch oder fordernd klang. »Meine letzte Assistentin hat schon wieder Reißaus genommen. Anscheinend gelingt es mir einfach nicht, eine von ihnen länger als für einen einzigen achtwöchigen Kurs zu halten«, räumte ich widerwillig ein.

Amber zog die Augenbrauen zusammen. »So lange dauert ein Tantra-Kurs? Acht Wochen?«

Ich nickte. »Ja. Allerdings wiederholen ihn manche Paare und arbeiten bestimmte Abschnitte des Workshops noch einmal intensiver durch.«

»Müsste ich dir nackt assistieren?«

Es war unmöglich, nicht zu lachen. Genevieve und ich platzten beide vor Belustigung über die zarte Frau vor uns heraus. Sie war unglaublich. Die Unschuld drang ihr aus allen Poren.

»Aber nein, auch wenn ich wirklich nicht abstreiten kann, dass die Vorstellung mir gefällt … sehr sogar.«

Ich beobachtete, wie ihr Atem hörbar wurde, langsames Luftholen und noch längeres Ausatmen. Ihre Atemzüge nahmen ein Muster an, das darauf hinwies, dass sie diese Technik geübt hatte. Vermutlich in anderen eher schwierigen oder unangenehmen Situationen. Und plötzlich fühlte ich mich wie ein Schuft. Es gab so viele Missverständnisse über die Praktik des Tantra an sich, und der Workshop lief unter dem Titel Tantrischer Sex und Tantrisches Yoga für Paare – kein Wunder, dass sich bei ihr gewisse Vorurteile über den Inhalt eingestellt hatten.

Als ich ihr Unbehagen bemerkte, trat ich näher an sie heran und legte ihr die Hand auf die Schulter. Ob diese Berührung nun sie beruhigen sollte oder mich selbst, weiß ich nicht, aber jedenfalls fühlte ich mich sofort wesentlich besser. »Alle Teilnehmer tragen die übliche Yogakleidung. Allerdings empfehle ich in bestimmten Bereichen etwas lockerer sitzende Sachen, damit die entsprechenden Körperteile berührt oder liebkost werden können. Doch das betrifft nur Bereiche, die allgemein nicht als direkt sexuell betrachtet werden, versprochen.«

Amber biss sich auf ihre volle rosige Unterlippe. Mein Schwanz reagierte auf diese Bewegung und erhob sich von seinem Ruheplatz in meiner geräumigen Unterhose. Erneut verschränkte ich die Handgelenke vor meinem Lendenbereich.

»Ich mache es«, erklärte sie voll Vertrauen.

Genevieve sperrte den Mund auf und blinzelte langsam. »Amber, hör mal, Liebes, du weißt nicht, worauf du dich einlässt.«

Sofort schoss mein Blick zu meiner guten Freundin. »Willst du etwa behaupten, ich hätte etwas Unangemessenes vor?«

Mit einem Schnaufen stemmte sie die Hände in die Hüften. »Nein, das behaupte ich nicht. Aber Amber ist …« Ihre dunklen Augen waren auf die Frau gerichtet, die sich gerade zu meiner derzeitigen Flamme entwickelte. »Amber ist süß.«

Also, darauf konnten wir uns beide einigen. Sie war so süß, dass ich wirklich jeden Quadratzentimeter ihrer Haut lecken und die unter ihrer Kleidung verborgenen köstlichen Reize entdecken wollte.

Amber seufzte. »Tausend Dank auch, Mami. Muss ich jetzt auf mein Zimmer gehen, weil ich mich danebenbenommen habe?«, spottete sie.

»Amber, du weißt, dass ich nur versuche, dich zu beschützen.« Genevieve klang wirklich wie eine besorgte Glucke, aber ihre Worte ärgerten mich auch.

»Vor wem?«, warf ich ein. »Etwa vor mir?« Bestürzung und Enttäuschung trübten plötzlich die Atmosphäre zwischen uns dreien.

»Nein. Es ist nur so … Ach, Quatsch. Ich bin schwanger. Ich weiß selbst nicht, was ich sage. Macht das unter euch aus, ihr beiden. Amber, ich habe dich gewarnt. Dash, dich habe ich ebenfalls gewarnt. Könnt ihr beiden jetzt euer Gespräch im Pausenraum weiterführen? Ihr regt meinen Kleinen auf.« Genevieve wandte mit missbilligend vorgeschobenen Lippen den Kopf ab, und die Haut um die Augen und auf den Wangen wirkte plötzlich straff. Das natürliche Perlweiß ihrer Haut ließ ihren leuchtend roten Lippenstift noch stärker leuchten, und sie strich in großen kreisenden Bewegungen mit der Hand über ihren Bauch.

»Komm mit, Amber. Darf ich dich auf einen Kaffee einladen?«

Amber senkte den Kopf und nickte, und jetzt zog sie schon wieder die Schultern ein. »Ja sicher. Danke.«

Ich blieb vor ihr stehen und tippte ihr mit dem Zeigefinger ans Kinn, bis sie den Blick hob. »Nicht den Kopf senken. Die Welt soll im Glanz deiner Schönheit baden. Aber das ist nicht möglich, wenn du zu Boden starrst.«

2. Kapitel

Sitzender Schmetterling(Sanskrit: Baddha Konasana)

Setz dich bequem hin, sodass deine Sitzbeinhöcker die Matte berühren. Ziehe die Beine an, klappe sie auf und lege die Fußsohlen aneinander, damit sie ein Energienetzwerk bilden. Wenn du kannst, umfasse die Füße. Beuge dich ausatmend vor, mit der Brust voran. Diese klassische Yogahaltung öffnet die Hüften und entspannt den unteren Rückenbereich.

Amber

Dash nahm mich an der Hand und führte mich durchs Lotus House hinaus auf die Straße. Er wandte sich nach links und geleitete mich durch die Tür der Sunflower Bakery. Vor uns war bereits eine Schlange von sieben Kunden. Doch in dieser Bäckerei war man daran gewöhnt. Es kam nie vor, dass ich hier nicht mindestens eine Viertelstunde anstehen musste, bevor ich bestellen konnte. Hier war es immer gerammelt voll. Doch mir gefielen die fröhlich leuchtende Sonnenblumen-Deko und die sinnverwirrend köstlichen Düfte so gut, dass mir das Warten nie etwas ausmachte. Und dabei neben Dash Alexander zu stehen war auch nicht gerade unangenehm.

Beim Anblick der heutigen Auswahl begann mein Magen zu knurren. Sie war jeden Morgen anders. Die Familie Jackson, der die Bäckerei gehörte, machte je nach Laune ganz unterschiedliche Torten und Gebäckstücke. Heute schien der dänische Einfluss den Ton anzugeben. Ich beugte mich vor und legte eine Hand an die Vitrine, während ich die kleinen Kärtchen neben jedem Gebäckstück las: Blaubeere, Pfirsich, Erdbeere, Apfel, Zimt, mit Vanillecreme, mit Schokoladencreme, mit Haselnusscreme und mehr – ein wahres Füllhorn. Kichernd entschied ich mich für Apfel mit Zimt. Das würde perfekt zu einem Latte macchiato mit Vanillegeschmack passen.

Ich leckte mir die Lippen, vernahm gleich darauf ein leises Stöhnen und fühlte eine warme Hand, die sich auf meinen Rücken legte. »Schaust du Essen immer so an, als wolltest du es mit einem einzigen Happs verschlingen?«

Ich blickte zu ihm auf, und unsere Blicke begegneten sich. »Entschuldigung?« Mein Magen knurrte erneut.

Dash drängte sich an mich und flüsterte mir ins Ohr. »Entschuldige dich nicht dafür. Ich liebe es, wenn eine Frau sich so sehr auf sinnliche Genüsse freut. Das macht mir Hoffnung.«

Ich musterte ihn mit schief gelegtem Kopf, da ich ihn allzu selbstbewusst fand. »Hoffnung? Hoffnung worauf?«

Er grinste spöttisch, und in seine rechte Wange grub sich dabei ein niedliches Grübchen. Am liebsten hätte ich es geküsst und musste mich mit Gewalt daran hindern, mir die Lippen zu lecken.

»Hoffnung auf unsere Zukunft.« In seinen Augen tanzte etwas, kein Zweifel, während seine kantige Kieferpartie, sein zerzaustes Haar und sein leidenschaftlicher Blick mich fast an den Rand einer Ohnmacht brachten.

Unsere Zukunft. Allmächtiger.

Eine warme Welle erfasste meinen ganzen Körper, von den Zehenspitzen bis zur Stirn. Mein Gesicht musste flammend rot angelaufen sein. Er baggerte mich an? Dash Alexander? Der Star all meiner spätnächtlichen Fantasien flirtete mit mir? Mit mir. Der langweiligen, reizlosen, zwanghaft gewissenhaften Studentin. Dem Mädchen von nebenan, Amber St. James.

»Tut mir leid, Dash. Ich verstehe dich wohl nicht richtig. Was meinst du damit?« Ich musste einfach nachhaken. Es ging nicht anders. Seine Worte würden mir sonst bis zum Erbrechen immer wieder durch den Kopf kreisen.

Er grinste, und das betörende Grübchen tauchte erneut auf. Ich würde es so gern küssen. Mich auf die Zehenspitzen stellen und die Lippen auf die kleine Kuhle pressen.

»Das wirst du schon sehen. Wenn die Zeit reif ist.«

Wie das Schicksal es wollte, löste die Schlange sich in diesem Moment auf, und wir standen vor der Theke.

»Wie steht’s, Frau Ärztin?«, grüßte mich Dara Jackson. Sie war nicht nur die Tochter des Ehepaars, das die Bäckerei führte, sondern auch die Meditationslehrerin im Lotus House. Während der gefürchteten Wochen der Abschlussprüfungen für den Bachelor hatte ich ihren Kurs belegt. Sie hatte mir oft geholfen, mich zu entspannen und einen klareren Blick auf mein Studium zu gewinnen.

»Frau Ärztin?«, fragte Dash.

Ich verdrehte die Augen. »Noch nicht. Nur noch ein paar Jährchen an der Medical School.«

Daras hellbraune Haut leuchtete unter ihrem strahlenden Lächeln. Ihre durchdringenden blauen Augen hefteten sich auf mich. »Ja, aber Genevieve hat sich gar nicht mehr darüber eingekriegt, dass du das große Los für diese fantastische Medical School an Land gezogen hast. Bravo, Mädel, jemanden wie dich können wir brauchen!« Sie hob die Hand, und ich klatschte sie ab. »Whoop! Genau das meine ich. Wir brauchen hier eine Ärztin. Spätestens, wenn der neue Acro-Yogakurs anfängt, werden wir eine Ärztin brauchen, die notfalls schnell kommt.«

Ich lachte herzhaft. »Nicht diese Art von Ärztin.«

Sie zog die Augenbrauen zusammen. »Jede Ärztin ist besser als keine. Diese Gymnastikmatten fangen Stürze nur bedingt ab. Und wie ich hörte, kommt dieser italienische Hengst, Nick Salerno, gar nicht damit nach, die Titten seiner Kundinnen zu küssen.« Sie gab ein Geräusch von sich, das sich am besten als Mischung aus Schnauben und Lachen beschreiben lässt. Bei ihr funktionierte das. Wenn eine Frau Gottes Geschenk an die Menschheit war, wie Dara und Genevieve, konnte sie wie ein Schweinchen grunzen, und die Männer fielen ihr trotzdem zu Füßen.

»Okay, genug geplappert. Was möchtest du essen und trinken, während wir uns über die Einzelheiten deiner Assistenzaufgaben unterhalten?«, mischte Dash sich in unser Geplauder ein.

Dara riss die Augen so weit auf, als wären sie zwei riesige Monde. »Du wirst bei den tantrischen Paarkursen assistieren?« Ihr Lächeln ging in ein wissendes Grinsen über. »Das wird äußerst interessant. Wirst du dich auch gut benehmen?« Das war an Dash gerichtet.

Er machte ein finsteres Gesicht. »Warum bist du heute schon die zweite Frau, die glaubt, dass ich meine Kursassistentinnen respektlos oder unehrenhaft behandele?«

Dara legte Dash die Hand auf den Arm und lächelte freundlich.

Bei dieser Geste stellten sich alle meine Nackenhärchen auf.

»Dash, mein Schatz, du bist einer der sexuell aktivsten und attraktivsten Lehrer im Lotus House, die noch zu vergeben sind. Jede Frau wünscht sich, dass du sie in einem deiner leidenschaftlichen, schweißtreibenden Kurse bei diesen verschlungenen Stellungen respektlos behandelst, aber ich dachte, du würdest niemanden an deinem Kurs teilnehmen lassen, dem es mit Tantra nicht ernst ist.« Sie wandte sich an mich. »Ich bin einfach nur überrascht, dass du diejenige bist, die er am Ende gefunden hat, Frau Ärztin. Ich meine, wo du doch der Typ Medizinstudentin bist und überhaupt keine Yogalehrerin.«

Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Sowohl Dash als auch Dara beobachteten die Bewegung. »Es ist für eine schriftliche Arbeit im Sexualkundeseminar.« Natürlich war ich ihr keine Erklärung schuldig, aber ich wollte nicht, dass sie etwas Falsches dachte. Und vor allem wollte ich Dash nicht auf den Gedanken bringen, die Aussicht, ihm zu assistieren, würde mir Sorgen bereiten. Allerdings beunruhigte es mich schon, wie viele Assistentinnen bei ihm abgesprungen waren. Ich musste ihn unbedingt danach fragen.

»Ach so, na ja, das ergibt Sinn. Du wirst mit Sicherheit eine sehr erhellende Erfahrung machen.« Sie lächelte und nahm endlich unsere Bestellungen entgegen.

Dash bestellte zwei Donuts, ein Stück dänischen Pfirsichplunder und einen großen kolumbianischen Kaffee. Ich bestellte ein Stück Apfel- und ein Stück Zimtplunder und dazu einen Latte macchiato. Dash bezahlte und lehnte es vehement ab, als ich versuchte, meinen Anteil selbst zu begleichen. Dann führte er mich zu einem Tisch in der Ecke, wo wir uns ungestörter unterhalten konnten.

Daras Worte gingen mir nicht aus dem Kopf.

»Darf ich dir eine Frage stellen?«

Er lächelte. »Andernfalls würde ich mir Sorgen machen.« Der Blick seiner karamellbraunen Augen deutete einen Scherz an.

»Warum gelingt es dir niemals, eine Assistentin länger als für einen einzigen Kurs zu halten?« Ich biss in den Plunder, und die frischen, warmen Äpfel waren wie eine Geschmacksexplosion auf meiner Zunge. Der klebrige Saft tropfte auf meine Lippen. Bevor ich ihn ablecken konnte, strich Dash mit dem Daumen darüber und schob mir die zuckersüße Masse in den Mund. Ich sog an seiner Daumenspitze, und er beobachtete mich dabei mit geblähten Nasenflügeln. Dann steckte er denselben Daumen langsam in seinen eigenen Mund und leckte ihn gründlich ab.

Heilige Mutter Gottes. Ich presste die Oberschenkel zusammen, da ich im Schritt feucht wurde. Diese eine Berührung reichte, und schon machte sich mein Körper für ein viel wollüstigeres Szenario bereit. Das wissenschaftliche Prinzip von Ursache und Wirkung war momentan in diesem meinem weiblichen Körper eindeutig am Werk.

Dash atmete langsam ein und aus, bevor er sich Mund und Hand mit einer Papierserviette abwischte. »Der Kurs kann recht intensiv sein.«

Ich legte den Kopf schief. »In welcher Hinsicht?«

Er biss sich auf die Unterlippe und zog seinen Stuhl näher zu meinem, obwohl er mir ohnehin schon dichter auf den Leib gerückt war, als es den gängigen Vorstellungen von Höflichkeitsabstand entsprach. Ein weiterer Schwall von Hitze durchflutete das Dreieck zwischen meinen Schenkeln, als ich einen Hauch seines einzigartig maskulinen Dufts erhaschte. Minze und Eukalyptus, vermischt mit einer anderen, tieferen, volleren, berauschenderen und männlicheren Geruchsnote.

Seine Stimme, die bereits so seidenweich wie dunkle Schokolade war, senkte sich zu einem noch vielsagenderen Timbre. »Das sollte ich dir besser zeigen. So kannst du dir eine eigene Meinung bilden.«

»Gibst du mir wenigstens einen Hinweis?«

Dash atmete hörbar aus, und der Luftstrom kitzelte mich auf der Wange. Seine Nähe schuf Wärme und ließ einen gemütlichen kleinen Schlupfwinkel entstehen, der auf eine Weise intim war, wie ich es nie zuvor mit dem anderen Geschlecht erlebt hatte. Doch andererseits verfügte ich ja über sehr wenig Erfahrung mit Männern, da ich immer den Kopf in meinen Lehrbüchern hatte.

Er nahm einen großen Bissen von seinem Donut und kaute langsam, während er mich dabei beobachtete, wie ich auf meinem Stuhl herumrutschte. Die schlüpfrigsten Bilder liefen vor meinem inneren Auge ab, während ich über die Gründe nachdachte, warum eine Frau es ablehnen könnte, weiter mit ihm zu arbeiten. Er blickte achselzuckend aus dem Fenster auf die Straße hinaus.

»Manchmal hatte meine Assistentin Empfindungen, die ich nicht teilte. Wie schon gesagt, die Kursarbeit ist zutiefst persönlich, und wenn sich zwei Menschen körperlich und seelisch auf diese Weise begegnen, können Gefühle entstehen, und das tun sie normalerweise auch. Diese Gefühle wurden von mir nicht erwidert, was zu gewissen Spannungen zwischen meinen Assistentinnen und mir führte.«

Ich ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen.

»Du willst mir sagen, dass sie sich in dich verliebt haben?«, fragte ich ihn geradeheraus. Ich brauchte meine Worte nicht auf die Goldwaage zu legen. Wir waren schließlich beide erwachsen.

Er zuckte zusammen und hob den Kopf. »Zu dieser Annahme möchte ich mich nicht hinreißen lassen, aber die Frauen haben mit Sicherheit stärkere Gefühle entwickelt, als ich zu erwidern bereit war.«

»Aber das gilt doch nicht für Genevieve?« Ich wollte nicht nur eine Bestätigung dieser Vermutung, sondern ich brauchte sie, um weitermachen zu können. Für mich galt der Kodex unter Frauen, und ich würde mich nie, nie, niemals in eine Situation begeben, in der ich irgendeine Art von romantischer Beziehung mit einem Mann hatte, der meiner besten Freundin etwas bedeutet hatte.

Als er Genevieves Namen hörte, verwandelte sich seine düstere Miene in ihr Gegenteil. »Nein, Genevieve und ich waren immer nur Freunde. Sie war wohl die beste Assistentin, die ich jemals hatte, nur …« Er verstummte.

Diesmal war ich diejenige, die breit lächelte. Da ich Trent kannte und wusste, dass er als echtes Alphatier beim Thema Männlichkeit ähnlich fortschrittlich wie Tarzan dachte, konnte ich mir vorstellen, dass er seine Frau nicht als Assistentin in einem Kurs hatte sehen wollen, der einen sexuellen Beigeschmack hatte. »Trent.«

Dash nickte. »Ja, Trent. Aber jetzt mal allen Ernstes, wenn die Assistentin nicht ohnehin die Lebenspartnerin ist, ist es wahrscheinlich besser, entweder als Assistentin eine Frau zu nehmen, mit der das Verhältnis strikt freundschaftlich bleibt, oder aber regelmäßig zu wechseln, damit diese Art von Gefühlen gar nicht erst entsteht.«

Ich setzte mich aufrechter hin und fixierte ihn mit vor der Brust verschränkten Armen. »Also, bei mir brauchst du dir deswegen keine Sorgen zu machen. Ich konzentriere mich ausschließlich auf das für mich wissenschaftlich Verwertbare, das ich in diesem Kurs kennenlernen möchte, um meiner Dozentin eine fantastische Abschlussarbeit zu liefern.«

Er lächelte. »Du glaubt also, dass es dir gelingen wird, dein Herz außen vor zu lassen?«

»Absolut.« Das Wort kam zuversichtlich und überzeugt heraus. Genauso, wie ich es wollte.

Als wäre dies das Stichwort gewesen, stand er auf und sammelte unsere leeren Pappteller und die Servietten ein, um sie in den Müll zu werfen. »Wir werden ja sehen.« Er zwinkerte mir zu und ließ mich verwirrt und ein wenig aus dem Gleichgewicht gebracht zurück.

Dash

»Dash, mein Mann und ich freuen uns riesig, dass wir endlich einen Platz in deinem Kurs gefunden haben. Wir stehen schon seit einem halben Jahr auf der Warteliste!«, rief meine neue Kursteilnehmerin aus, die Hand auf die Brust gelegt, so glücklich, als hätte sie endlich ein Geschenk erhalten, auf das sie schon das ganze Jahr gewartet hatte. Es gefiel mir, dass die Leute erpicht auf meine Kurse waren. Wenn sie offen und freudig an die Inhalte herangingen, gelang es ihnen besser, sich nicht nur auf der körperlichen Ebene mit ihrem Partner zu vereinigen. In seiner Essenz zielte der Kurs letztlich auf Erleuchtung und eine ganzheitliche Verbindung.

Ich klopfte Rose lächelnd auf die Schulter. »Was für eine wunderbare Begeisterung. Hoffentlich ist sie ansteckend.« Ich nahm ihren Erdbeerduft wahr und spürte einen Lufthauch, der mir prickelnd über die Schulter strich. Ich schloss die Augen, erdete mich und sorgte für einen festen Stand, bevor ich mich umdrehte. Die nächsten Worte bekam ich kaum heraus. »Entschuldigung, Rose, gerade ist meine Assistentin eingetroffen.«

Amber stellte ihre Tasche ab und zog ihren Krankenhauskittel aus. Dann schlüpfte sie aus ihrer Arztpraktikantenhose und trug nun nur noch eine enge, elastische Fitnessshorts und ein Sport-Top. Ich ließ sie nicht aus den Augen, als sie ihre Strümpfe auszog und ihre Kleidung ordentlich aufeinanderlegte. Dann löste sie das Gummiband um ihren Pferdeschwanz, und beim Anblick der Haarflut, die ihren Rücken hinunterfiel, musste ich ein Stöhnen, das mir bis in die Kehle steigen wollte, angestrengt zurückdrängen. Herr im Himmel! Diese Frau hatte nicht die geringste Ahnung, wie sinnlich ihre natürliche Schönheit auf einen Mann wie mich wirkte. Zum Teufel, auf jeden x‑beliebigen Mann. Sollte sie einmal alle Vorbehalte aufgeben und die wahre Frau in ihrem Inneren freilassen, würde sie sich der Männer mit einem Stock erwehren müssen.

Sie drehte sich vollständig zu mir um, und unsere Blicke begegneten sich. Ich konnte nicht anders: Ich zog sie mit Blicken aus. Und zwar auf jene ordinäre, eindeutig zweideutige Weise wie im Song You’ve got a great body, will you hold it against me. Okay, ich hatte einen schwachen Moment. Normalerweise dämpfte ich diese primitiven Triebe, insbesondere dann, wenn das Objekt meiner körperlichen Begierde sich unmittelbar vor mir befand. Sie stand, die Hände in die sexy Hüften gestemmt, da, die Taille schmal und straff, und ihre vollen Brüste hoben und senkten sich, als wäre sie gerade einen Marathon gelaufen, um rechtzeitig hier einzutreffen. Sie war überwältigend.

»Dash?« Amber hatte den Kopf schief gelegt. Meine aufdringliche Musterung war ihr nicht entgangen. Sollte sie es doch sehen. Wenn ich vortäuschte, ihre Anziehungskraft auf mich nicht zu spüren, und ausweichend herumeierte, würde mir das weder im Leben noch in diesem Kurs zuträglich sein. Wenn ich wollte, dass meine Schützlinge eine tiefere Verbindung spürten, durfte ich meine eigenen biologischen und emotionalen Reaktionen nicht verbergen. Alles andere wäre Heuchelei.

Ich ging lächelnd zu Amber hinüber, die verlegen die unruhigen Hände ineinander verschlungen hatte. »Bin ich richtig angezogen?«, fragte sie nervös. »Ich komme direkt aus dem Labor und wollte mich nicht verspäten. Ich werde in Zukunft versuchen, mich schon vorher fertig zu machen, aber manchmal bleibt mir nichts anderes übrig, als mich direkt nach dem Eintreffen auszuziehen.« Sie biss sich auf die Lippen und riss erschrocken die Augen auf, als ihr klar wurde, wie missverständlich das war, was sie gerade gesagt hatte.

Da ich ein Typ Mann bin, dem solche subtilen freudschen Versprecher nicht entgehen, stürzte ich mich darauf wie auf eine extra weich gepolsterte Kingsize-Matratze und musterte ihren erotisch weiblichen Körper in seiner ganzen Länge, ohne meine Reaktion zu verbergen. »Fühl dich frei, dich jederzeit auszuziehen, mein kleiner Vogel. Jederzeit.«

Diese wunderschöne rosige Röte, die ich so gern mochte, stieg ihr mit einem Schwall in die Wangen. Dann schüttelte sie den Kopf und richtete sich auf.

»Also, was soll ich machen?«

Ich konnte nicht anders, ich musste ihre reizende Gestalt von Kopf bis Fuß würdigen. Ihr Körper war reif, um gepflückt zu werden, und ich wollte nichts lieber, als ihn an allen Stellen mit Händen und Mund zu liebkosen. »Du machst bereits alles, was erforderlich ist. Setz dich, mach es dir bequem, und ich beginne mit dem Kurs. Mach mir einfach alles nach. Sollte dir etwas unangenehm sein, kratzt du dich an der Nase. Dann störst du die anderen nicht, aber ich weiß dann, dass ich mich etwas zurückhalten oder später darauf zurückkommen sollte, damit wir darüber reden können. Klingt das gut?«

Sie nickte und setzte sich auf eine der beiden Yogamatten, die ich auf dem leicht erhobenen Podest am Kopfende des Kursraums ausgelegt hatte. Sie entschied sich für die orangerote statt der violetten Matte, die ich ihr eigentlich zugedacht hatte. Allein schon diese Wahl verriet viel.

Eine Erinnerung kam mir in den Sinn. Ich dachte daran zurück, wie Jewel Marigold, eine der Besitzerinnen von Lotus House, im Rahmen eines Workshops über die Chakren einen Vortrag gehalten hatte:

»Etwas so Einfaches wie die Farbe, die man am liebsten trägt oder mit der man seine Umgebung gestaltet, kann Auskunft darüber geben, mit welchem Chakra man am stärksten verbunden ist. Selbst die Farbe deiner Yogamatte kann aufschlussreich sein. Zum Beispiel benutze ich immer eine königsblaue Matte, trage oft königsblaue Kleidung, fahre einen blauen Wagen und umgebe mich ständig mit dieser Farbe. Warum?«, fragte sie die versammelten Workshop-Teilnehmer.

»Weil du im Alltag unter dem Einfluss des Vishuddha oder Hals-Chakra stehst?«, antwortete ich damals vor Jahren während meiner Ausbildungszeit in dem mit dreißig zukünftigen Yogalehrern und ‑lehrerinnen gefüllten Raum.

Ihr Lächeln ließ nicht nur mich vor Stolz erglühen, sondern tauchte auch den ganzen Raum in sein Licht. »Richtig. Ich identifiziere mich am stärksten mit dem Hals-Chakra oder Vishuddha, wie es auf Sanskrit heißt. Es passt gut zu meiner Rolle als Yogalehrerin und ‑professorin. Meint ihr nicht auch?«

Ja, das meinte ich auch, und ich sagte es. Durch diesen Workshop und weitere Studien zur Wirkung der sieben Chakren in meinem Körper, meinem Geist und meiner Seele fand ich heraus, dass ich am stärksten unter dem Einfluss des zweiten Chakra stehe. Das ist das Svadhisthana oder Sakral-Chakra. In allem, was ich tat, war Leidenschaft mein Motor, und so lehrte ich nun Paare, die ihre Leidenschaft im Schlafzimmer und im gemeinsamen Leben intensivieren wollten, tantrisches Yoga und tantrische Sexualität.

Dass Amber die orangerote Matte, ausgerechnet die Farbe des zweiten Chakra, der violetten vorzog, für die Frauen sich sonst viel häufiger entschieden, gab mir einen winzigen Funken Hoffnung, dass sie, wenn ihr inneres Kundalini oder erleuchtetes Ich einmal erwacht war, ebenfalls mit dem zweiten Chakra verbunden und von Leidenschaft getrieben sein würde. Es gab keinen Zweifel, dass sie innerlich blockiert war. Selbst der unerfahrenste Guru hätte gesehen, wie sie es vermied, andere Menschen zu berühren oder ihre Meinung zu sagen. Ihre normale Kleidung verhüllte ihre Körperformen sackartig, ein unübersehbarer Hinweis, dass sie nicht in Kontakt mit ihrer weiblichen Seite war. Und sie nutzte ihre weiblichen Eigenschaften auch nicht, um die Aufmerksamkeit von Männern zu erregen. Doch ich hoffte, dass sich das während meines achtwöchigen Kurses ändern würde.

»Willkommen, liebe Kursteilnehmer. Ihr alle kennt mich, da wir uns bereits vor dem Beginn des heutigen Workshops jeweils unter vier Augen unterhalten haben. Ich möchte euch jedoch meine Assistentin Amber St. James vorstellen. Sie unterstützt mich in diesem Kurs, da sie die Praktik des tantrischen Yoga für eine Abschlussarbeit an der University of California, Berkeley, beobachten will. Amber begleitet mich als Partnerin und hilft mir da, wo ein Gegenüber nötig ist, euch die Feinheiten des Tantra zu demonstrieren. Hat jemand Einwände?« Ich machte einen Atemzug Pause, um sicherzugehen, dass keiner der anderen Teilnehmer etwas gegen ihr wissenschaftliches Interesse hatte. Ich rechnete nicht damit und freute mich, dass niemand Widerspruch einlegte.

»Okay, ich mache erst einmal zwanzig bis dreißig Minuten Hatha-Yoga mit euch, um Körper, Geist und Seele durch Atemübungen oder Pranayama, wie es auf Sanskrit heißt, zusammenzuführen.«

Während ich die Kursteilnehmer durch verschiedene Haltungen leitete, folgte Amber allen Anweisungen wie ein echter Yogi. Sie hatte hier offensichtlich bereits vieles gelernt, denn sie kannte die Namen jeder Haltung und nahm sie spontan und geschickt ein, ohne die detaillierten Anweisungen zu benötigen, die ich dem Rest des Kurses erteilte.

Ich beendete den Asana-Teil des Workshops mit der Haltung des Sitzenden Schmetterlings. Dazu veranlasste ich die fünfzehn Paare, sich mit angewinkelten Beinen, die eigenen Fußsohlen aneinandergelegt, einander gegenüberzusetzen. Ich leitete sie dazu an, ihre eigenen Fußknöchel zu umfassen und sich so weit vorzubeugen, dass ihre Stirnen sich berührten.

Auch Amber und ich setzten uns als Paar einander gegenüber. Im selben Moment, in dem meine Stirn Kontakt mit der ihren fand, schloss ich die Augen. Es war, als spränge ein elektrischer Funke von ihr zu mir. Ich forderte alle Teilnehmer auf, ihre rechte Hand auf das Herz ihres Partners zu legen und dessen Hand dort zu ergreifen, wo sie auf dem eigenen Herzen lag. Es war eine Übung, mit der die Teilnehmer sich erden sollten. Doch als ich meine Hand unmittelbar über Ambers Herz auf die seidenglatte Haut oberhalb ihrer Brust legte, verdoppelte sich das Tempo ihres Herzschlags, und das ließ auch mein eigenes Herz losjagen.

»Schau mich an«, flüsterte ich ihr zu.

Ihre Lider öffneten sich ruckartig, und ihr Atem wurde unregelmäßig.

»Entspann dich. Atme mit mir zusammen. Vier Zählzeiten durch die Nase einatmen und dann vier Zählzeiten durch den Mund ausatmen.«

Sie nickte, und wir atmeten im selben Takt. Ich spürte, wie das heftige Hämmern ihres Herzens nach ein paar Runden angeleiteten maßvollen Atmens in einen regelmäßigen Rhythmus überging. Durch die Atmung entspannte sie sich und schloss erneut die Augen.

Und dann geschah etwas absolut Verrücktes. Etwas, das mir nie zuvor passiert war – kein einziges Mal, nicht einmal mit einer anderen Partnerin –, unsere Herzschläge wurden spontan synchron. Nun atmeten wir nicht mehr nur im selben Rhythmus, sondern auch unser Herzschlag folgte demselben Takt.

Dieses unspektakuläre, aber außergewöhnliche Vorkommnis ließ Hitzestrahlen durch meine Arme und bis in meine Hand fließen, die auf Ambers Herz lag. Meine Hand wurde glühend heiß, und die Chakren meiner Handfläche wirbelten in schwindelerregenden Kreisen durcheinander. Ich blinzelte ein paarmal und beobachtete voller Ehrfurcht, wie ihre Augen sich öffneten. Der Blick dieser grünen Gestirne schoss mir wie eine Detonation direkt in die Seele.

Ein Gedanke flammte so unvermittelt in meinem Kopf auf, als hätte jemand einen Lichtschalter umgelegt.

Seelenpartnerin.

Erschreckt löste ich unsere Verbindung. Ihr Kopf nickte schläfrig, und sie schlug die Augen mit hängenden Lidern auf und blinzelte mehrmals rasch hintereinander. Ich sprang auf, ging durch den Raum und tat so, als müsste ich den anderen Paaren helfen. Normalerweise war so etwas bei einer einfachen Atemübung unnötig, aber ich brauchte einen Moment, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, und ein gewisser Abstand zu dem ätherischen Wesen auf dem Podest war jetzt vorrangig. Was zum Teufel war denn das gewesen?

Der Blitzstrahl einer tiefen Verbundenheit mit Amber, der mich einen Moment lang erfasst hatte, ging weit über alles hinaus, was ich jemals mit einem anderen Menschen erlebt hatte. Und das schloss Partnerinnen, Freunde und Ex‑Geliebte ein. Das Echo ihres Herzschlags rief noch immer nach meinem, als ich mich in den Hintergrund des Raums zurückzog und zusah, wie sie jedes Paar genau betrachtete und dann etwas in einem Heft notierte, das in ihrer Reichweite lag, das sie aber im Verlauf des Kurses bisher noch nicht benutzt hatte.

Innerlich in mich zurückgezogen, musterte ich sie prüfend. Sie saß entspannt und vollkommen ungerührt auf dem Podest und machte sich Notizen, während mein Inneres in einen Strudel aus Selbstzweifeln und Unsicherheit geriet, eine für mich äußerst ungewöhnliche Reaktion.

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