Lovecraft Letters - VIII - Christian Gailus - E-Book

Lovecraft Letters - VIII E-Book

Christian Gailus

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Beschreibung

FOLGE 8:
Ray muss seine wahre Herkunft akzeptieren. Nur so kann er die Invasoren aus dem Erdinneren in Schach halten. Der finale Kampf ist unausweichlich. Und in ihm wird sich das Schicksal der Welt entscheiden.

Zur gleichen Zeit: Die Welt geht zugrunde, Blut und Gewalt regieren und die Menschen fallen wie die Fliegen. Bis zuletzt hatte ein stiller Beobachter gehofft, das grausame Ende der Welt abwenden zu können. Aber nun verliert er jede Hoffnung ...

LOVECRAFT LETTERS - DIE SERIE:
Ray Berkeley führt ein zufriedenes Leben. Er ist ein angesehener Psychologe und lebt mit seiner Frau und den beiden Kindern in einem großen Haus im Grünen. Doch vom einen auf den anderen Tag gerät Ray in einen Sog aus brutalen Morden, schockierenden Geständnissen und mysteriösen Ereignissen. Rätselhafte Spuren führen zu dem Schriftsteller H. P. Lovecraft - und Ray erkennt, dass die Welt weit furchterregender ist, als der berühmte Horror-Autor sie in seinen Geschichten jemals hätte schildern können ...

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Seitenzahl: 154

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Inhalt

Cover

Die Serie

Folge VIII

Über den Autor

Titel

Impressum

Prolog

Tunnel 3. Zellentrakt.

Tunnel 3. Kommandozentrale.

Tunnel 3. Zellentrakt.

An Bord einer Gulfstream G280.

Tunnel 3. Zellentrakt.

Tunnel 3. Kommandozentrale.

Antarktis. Forschungsstation Neumayer III.

Utah. Salt Lake City.

Mittelmeer. An Bord der Harmony of Bays.

Utah. Salt Lake City. Airport.

Washington D. C. Wohnung von Charles Bannon.

Fairfax. Haus von Karens Mutter.

Washington D. C. Wohnung von Charles Bannon.

Fairfax. Haus von Karens Mutter.

Washington D. C. Weisses Haus. Oval Office.

K’n-yan.

Highway.

Im Untergrund.

Coldwater.

Im Untergrund.

Coldwater.

Im Untergrund.

Coldwater.

Im Untergrund.

Coldwater.

Kalifornien.

Mammut Cave.

Kalifornien.

Mammut Cave.

Y’ha-nthlei.

Innere Sphären.

Unterwelt.

Armageddon.

Unterwelt.

Mammut Cave.

Im Untergrund.

Mammut Cave.

Im Untergrund.

Mammut Cave.

Im Untergrund.

Mammut Cave.

Im Untergrund.

K’n-yan.

Coldwater.

Washington D. C. Weisses Haus. Oval Office.

Epilog

Antarktis.

Interview mit dem Autor

Fußnoten

Die Serie

Ray Berkeley führt ein zufriedenes Leben. Er ist ein angesehener Psychologe und lebt mit seiner Frau und den beiden Kindern in einem großen Haus im Grünen. Doch vom einen auf den anderen Tag gerät Ray in einen Sog aus brutalen Morden, schockierenden Geständnissen und mysteriösen Ereignissen. Rätselhafte Spuren führen zu dem Schriftsteller H. P. Lovecraft – und Ray erkennt, dass die Welt weit furchterregender ist, als der berühmte Horror-Autor sie in seinen Geschichten jemals hätte schildern können …

Folge VIII

Ray muss seine wahre Herkunft akzeptieren. Nur so kann er die Invasoren aus dem Erdinneren in Schach halten. Der finale Kampf ist unausweichlich. Und in ihm wird sich das Schicksal der Welt entscheiden.

Zur gleichen Zeit: Die Welt geht zugrunde, Blut und Gewalt regiert und die Menschen fallen wie die Fliegen. Bis zuletzt hatte ein stiller Beobachter gehofft, das grausame Ende der Welt abwenden zu können. Aber nun verliert er jede Hoffnung …

Über den Autor

Christian Gailus studierte Germanistik in Hamburg und Drehbuch in Köln. Er arbeitete in einer Werbeagentur und verfasst Kriminalromane, Thriller und Hörspiele. Bereits in seiner Jugend wurde er von Lovecrafts Geschichten gepackt. Seitdem lassen ihn Horrorstorys nicht mehr los. Mit der Serie »Lovecraft Letters« hat er ein Ventil gefunden, seine Albträume zu verarbeiten.

CHRISTIAN GAILUS

VIII

beBEYOND

Digitale Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Uwe Voehl

Lektorat/Projektmanagement: Stephan Trinius

Cover-Motiv: © Timo Wuerz

Covergestaltung: Thomas Krämer

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-5259-7

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Prolog

Alex Carlton zog die Riemen seines Rucksacks straff. Er befestigte die Taschenlampe an seinem Gürtel und steckte die 38er in den Hosenbund. Timothy hatte zwar behauptet, dass er nie eine Waffe bei sich trug, wenn er hinunterging – und dass sie im Notfall auch nichts nützen würde. Aber Alex ging da lieber auf Nummer sicher.

Als er alles beisammenhatte, schulterte er sein Rad und schloss die Tür zu seinem schäbigen Appartement hinter sich ab. Er sprintete die maroden Stufen hinunter und verließ das Haus im Süden von Long Island City. Hunters Point galt als gefährliches Pflaster, besonders nachts. Aber Alex lebte lange genug hier, um zu wissen, welche Ecken er meiden musste. Er schwang sich auf den Drahtesel und radelte los.

Die Nacht war schwül, und trotz der späten Stunde war noch allerhand auf den Straßen los, zumindest in diesem Teil der Stadt. Alex hätte sicherlich keine Schwierigkeiten, das Zeug in seinem Rucksack unter den vergnügungssüchtigen Touristen und abgehalfterten Junkies loszuwerden. Und das Drogen-Potpourri war locker drei Riesen wert.

Aber Alex wollte mehr. Und wenn es stimmte, was Tim ihm berichtet hatte, konnte er auf das Zehn- bis Zwanzigfache hoffen. Deshalb hatte er sämtliche Dealer der Umgebung abgegrast und jedem was abgeschwatzt: Crack, Cannabis, Crystal Meth, Morphium. Alles, was er kriegen konnte. Und mit dem Versprechen, den Einsatz zu verdoppeln, hatte er seinen Rucksack gefüllt.

Im Suff hatte Timothy seinem Kumpel Alex von den lukrativen Geschäften erzählt, die er seit einigen Wochen machte. Er begab sich in den New Yorker Untergrund und tauschte dort handelsübliche Drogen gegen ein braunes Pulver ein, das hier oben wertvoller war als Heroin. Ein Apotheker in Manhattan nahm ihm das Zeug ab und vertickte es an seine Privatkunden, meist Schauspieler und Broker von der Wall Street. Worum es sich bei dem Pulver handelte, wusste Tim nicht. Aber das war ihm auch egal, solange das Business florierte. Durch geschicktes Nachfragen hatte Alex herausgefunden, wo genau sein Kumpel seine Geschäfte abwickelte. Und auch, dass sich der Eingang in Lower Manhattan befand, in der Fulton Street Subway Station.

Kurz danach war Timothy verschwunden. Das kam in New York häufiger vor, besonders in den Kreisen, in denen er sich bewegte. Deshalb machte sich Alex keine großen Gedanken, schnorrte sich einen Rucksack voll Ware zusammen und machte sich auf den Weg, um Timothys Platz einzunehmen.

Er schloss sein Rad am Eingang der Subway-Station an und schlenderte die Stufen hinunter. Hier waren deutlich weniger Leute unterwegs. Auf dem Bahnsteig turtelte ein Pärchen, ein Sicherheitsbeamter warf Alex einen gelangweilten Blick zu.

Alex wartete, bis die Subway auf dem gegenüberliegenden Gleis einfuhr. Dann sprintete er zum Ende seines Bahnsteigs und sprang ins Gleisbett hinunter. Er hastete den schmalen Weg neben den Schienen entlang, bis nach etwa hundert Metern eine Tunnelröhre ohne Gleise abzweigte. Alex wusste, dass es im New Yorker Subway-Netz kilometerlange Strecken gab, die seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt wurden. Teilweise lagen sie zwanzig bis dreißig Meter tief unter der Erde. Niemand kümmerte sich um sie, und niemand hatte einen Plan davon, was sich dort unten eigentlich befand. Bekannt war nur, dass viele Obdachlose im Untergrund hausten und es teilweise regelrechte Siedlungen mit Dutzenden von »Einwohnern« gab. Auch Junkies nutzten die verschlungenen Tunnelsysteme, um sich in Ruhe einen Schuss zu setzen. Und abenteuerlustige New Yorker machten sich einen Spaß daraus, die Katakomben wie Höhlenforscher zu erkunden – was hin und wieder mit dem Tod eines von ihnen endete, wenn er von einer Subway erfasst wurde.

Timothy hatte Alex im Suff den kompletten Weg erklärt. Im nüchternen Zustand hätte er ihm den bestimmt nie verraten. Und Alex hatte sich alles gemerkt. Hoffte er.

Nach etwa hundertfünfzig Metern erreichte er eine Tür in der Tunnelwand, die zu einer Treppe führte. Rund hundert Steinstufen führten hinab in einen weiteren, diesmal unbeleuchteten Tunnel. Alex friemelte die Taschenlampe von seinem Gürtel und richtete den Lichtstrahl erst in die eine, dann in die andere Richtung. Plötzlich war er nicht mehr sicher, ob er nach links oder nach rechts gehen musste. Er leuchtete die Umgebung nach Hinweisen ab und fand eine Graffiti-Zeichnung an der Wand neben der Treppe. Sie zeigte eine Art schiefes Rechteck und erinnerte Alex an die Symbole, die Satanisten gerne verwendeten. Timothy hatte so etwas nicht erwähnt. War er hier wirklich richtig?

Erneut leuchtete er in den Tunnel hinein – und plötzlich wurde der Lichtstrahl reflektiert. Von einem Paar funkelnder Augen.

Alex grinste. Davon hatte sein Kumpel erzählt. Es handelte sich um zwei Reflektoren, die Timothy am Ende des Tunnels angebracht hatte, um den richtigen Weg zu markieren.

Alex stapfte los und kam an einigen verlassenen Schlafplätzen vorbei. Vollgepisste Matratzen und dreckige Schlafsäcke lagen zwischen leeren Hundefutterdosen und Plastikmüll aller Art. Es gab sogar eine Feuerstelle. In diesem Tunnelabschnitt hatte ganz offensichtlich eine kleine Kolonie Ausgestoßener gelebt. Warum sie ihren Unterschlupf verlassen hatten, war für Alex nicht ersichtlich. Aber es interessierte ihn auch nicht besonders. Er hatte ein anderes Ziel.

Alex richtete den Lichtkegel wieder nach vorne … die Augen waren verschwunden. Alex blieb stehen. Und hörte ein Geräusch. Hinter sich. Er drehte sich um und leuchtete in den zurückliegenden Tunnelabschnitt. Aber er konnte nichts entdecken. Das Geräusch war verstummt.

»Hallo?«, rief er und lauschte. Es war ja möglich, dass ihn ein möglicher Tauschpartner verfolgte. Auch wenn der Weg, den Tim ihm beschrieben hatte, eigentlich noch weiterging.

»Willst du tauschen?«, rief Alex.

Aber er erhielt keine Antwort.

Es blieb absolut still.

Alex kam ein übler Verdacht. Vielleicht hatte Timothy ihn ja belogen. Wieso sollte er Alex auch die Wahrheit sagen, immerhin verriet er damit eine lukrative Einnahmequelle. Möglicherweise hatte Tim ihm absichtlich einen Bären aufgebunden und war dann von der Bildfläche verschwunden, um Alex nach hier unten zu locken. Und ihn dann zu erschrecken. Oder Schlimmeres mit ihm anzustellen. Alex zog den 38er aus dem Hosenbund und richtete ihn ins Dunkel.

»Bist du das, Tim? Falls du mich verarscht hast, finde ich das nicht besonders witzig. Also komm her und zeig dich, bevor ich dir den Arsch aufreiße.«

Er lauschte. Niemand antwortete.

Das war doch alles Schwachsinn, dachte Alex. Wieso sollte Tim so einen Aufwand betreiben, nur um ihn zu verarschen? Das ergab keinen Sinn. Seine Fantasie ging mit ihm durch.

Er drehte sich um, und die Reflektoren leuchteten im Schein seiner Taschenlampe wieder auf. Timothy hatte keinen Stuss geredet. Alex war nach wie vor auf dem richtigen Weg. Er verstaute den Revolver im Hosenbund und ging weiter.

Am Ende des Tunnels führte eine Tür zu einem Seitengang, der nach wenigen Metern an einer weiteren Treppe endete. Nachdem Alex sie hinabgestiegen war, fand er sich in einer engen Röhre wieder, die so niedrig war, dass er kaum aufrecht in ihr stehen konnte. Jetzt wusste er, dass er sich auf dem richtigen Weg befand, denn exakt die Röhre hatte Timothy ihm beschrieben. Sie führte in die Halle, wo der Tausch stattfand.

Geduckt schob sich Alex durch den Schacht. Das Licht der Taschenlampe huschte über den schlammigen Boden, in dem seine Schuhe schmatzende Geräusche verursachten.

Als das Ende der Röhre in Sicht kam, hielt er plötzlich inne. Direkt vor ihm lag ein Stiefel, dessen Profil er anhand der Initialen erkannte, die in das Gummi geritzt waren: A. C. – Alex Carlton. Der Stiefel hatte Alex gehört – bis er ihn und seinen Zwilling an Timothy verkauft hatte.

Alex beugte sich hinunter und hob den Stiefel auf. In ihm steckte ein menschlicher Fuß. Entsetzt ließ er den Schuh fallen und stolperte zurück. Aber gleichzeitig war wieder ein Geräusch zu hören. Direkt hinter ihm. Er fuhr herum und leuchtete in die Röhre. Das Licht der Taschenlampe wurde von den beiden funkelnden Augen reflektiert.

Alex entfuhr ein Schrei. Dann rannte er los. Aus der Röhre, in die Höhle. Er versuchte sich zu orientieren, aber das Gewölbe war riesig, und ohne die geringste Ahnung zu haben, in welche Richtung …

Er rutschte auf dem schlüpfrigen Boden aus und fiel der Länge nach hin. Mit dem Gesicht tauchte er in den stinkenden Morast. Als Alex wieder hochkam, krochen fette Würmer über seine Haut. Er wischte den Dreck mit dem Jackenärmel weg und tastete nach der Pistole. Aber sie steckte nicht mehr im Hosenbund. Er musste sie beim Sturz verloren haben.

Die Taschenlampe lag zum Glück direkt neben ihm. Alex packte sie und suchte nach der Waffe … als etwas auf ihn zukam. Füße hoben und senkten sich klatschend im Morast. Konturen schälten sich aus der Dunkelheit. Augen leuchteten auf.

Eine Gestalt trat ins Licht der Taschenlampe. Sie war groß und bullig und hatte Ähnlichkeit mit einem Orang-Utan. Die ledrige Haut war ursprünglich wohl mal weiß gewesen, aber nun an den meisten Stellen von Schmutz und Schlamm verdreckt. Die Arme hingen fast bis zum Boden herab, und aus den Füßen schoben sich lange Krallen. Das Gesicht war blutverschmiert. Aus einem Mundwinkel hing der zuckende Schwanz einer Ratte.

Alex pisste sich vor Angst in die Hose. Sein Gegenüber schnupperte interessiert. Und trat einen Schritt näher.

»Warte!«, rief Alex, riss den Rucksack vom Rücken und warf ihn der Bestie vor die Füße. »Drogen. Für dich!«

Die Kreatur beugte sich hinab und beschnupperte den Rucksack. Der Inhalt schien ihr nicht besonders spannend zu sein. Sie hob den Kopf und starrte Alex an.

Patsch, patsch, patsch, klatschte der Rattenschwanz in ihr Gesicht.

»Bitte«, flehte Alex. »Tu mir nichts. Lass mich gehen. Ich bring dir, was du willst. Aber töte mich nicht. Ich flehe dich an. Töte mich nicht!«

Seine Stimme war brüchig geworden. Tränen schossen ihm in die Augen. Er faltete die Hände. Aber die Bestie blickte ihn unverwandt an. Alex begriff, dass es keinen Sinn hatte, auf Mitleid zu hoffen. Das Monster folgte seinen Instinkten. Wenn es fressen wollte, fraß es. Wenn es töten wollte, tötete es. Mitleid oder Güte standen nicht auf dem Programm.

Alex senkte den Kopf und ergab sich seinem Schicksal. Die Bestie grunzte. Dann ging sie fort.

Alex wartete eine Minute. Dann öffnete er die Augen und hob vorsichtig den Blick. Die Bestie war wirklich abgehauen. Warum?

Egal! Er wollte nur noch raus hier, weg. So schnell wie möglich.

Er rappelte sich auf und rannte Richtung Röhre. Plötzlich hielt er inne. Der Rucksack! Er hatte ihn liegen lassen. Aber wenn er die Drogen nicht zurückgab, konnte er sich gleich hier unten zerfleischen lassen.

Also rannte er zurück, fand den Rucksack und hob ihn auf …

Direkt vor ihm bewegte sich etwas. Alex hob die Taschenlampe. Vor ihm stand eine Armee. Dutzende und Aberdutzende Orang-Utan-Bestien, zusammengerottet, als wollten sie in den Kampf ziehen. Alex war ihnen direkt in die Arme gelaufen.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Alex fuhr erschrocken herum und starrte in die blutunterlaufenen Augen eines Affenwesens – in dessen Mundwinkel noch immer der Rattenschwanz zuckte.

»Die Anderen Götter! Die Anderen Götter! Die Götter der äußeren Höllen, die die schwachen Götter der Welt bewachen! … Sieh weg … Geh zurück … Schau nicht hin! Schau nicht hin! Die Rache der unendlichen Abgründe … Jener verfluchte, jener verdammenswerte Schlund … Ihr gnädigen Götter der Erde, ich falle in den Himmel!«1

Das ist nicht tot, was ewig liegt,und in fremder Zeit wird selbst der Tod besiegt.2

Tunnel 3.Zellentrakt.

Ray legte die Hände an die Scheibe und stemmte sich mit aller Kraft dagegen. Das Panzerglas zeigte nicht mal den Hauch einer Reaktion. Probehalber schlug er mit der Faust dagegen. Ohne Erfolg. Er untersuchte die Zelle penibel, fand aber keinen Ansatzpunkt für eine Flucht. Die Tür ließ sich nur über die Konsole außerhalb der Zelle öffnen. Irgendjemand musste den Schalter betätigen. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.

Ray sah wieder zum Sogrund in der Zelle gegenüber. Erschöpft lag er auf dem mit Blut, Kot und Urin getränkten Boden und atmete hastig. Colonel Traben hatte ihn so erbarmungslos mit Stromschlägen gequält, dass er beinahe gestorben wäre. Ein so großes und mächtiges Tier – niedergestreckt von einem sadistischen Söldner der US Army im Zuge von Operation Outburst, einem militärischen Kreuzzug gegen die Invasion aus dem Inneren der Erde. Das hatte Traben freimütig eingeräumt. Allerdings schien ihm und seinen Verbündeten nicht klar zu sein, dass sie die Invasion mit ihren Aktionen überhaupt erst provozierten. So zumindest interpretierte Ray die Abbildungen im Deckengemälde in Henry Colemans Keller: Ein sich gegenseitig aufwiegelnder Prozess aus Chaos und Gewalt.

Und der Ring war der Zünder der Bombe. Mit ihm wollte Traben die Digger, wie er die Bewohner der Unterwelt nannte, an die Oberfläche locken und ausmerzen. Aber der Ring war Teil eines noch viel verheerenderen Mechanismus. Denn laut der ungeschriebenen Geschichte von H. P. Lovecraft hatte Abdul Alhazred einst mit der Trennung des Rings von einem magischen Buch dafür gesorgt, dass C’Trak-He, der Gott der Götter, in einem Verließ tief im Inneren der Erde gebunden wurde. Würden Buch und Ring vereint, käme C’Trak-He frei und würde die Welt in ein Inferno verwandeln.

Und Rays Familie war mittendrin. Mehrfach hatte Traben sie erwähnt. Sicher nicht ohne Grund. Der Colonel war zu allem entschlossen und würde jede Gelegenheit zu seinem Vorteil nutzen. Hatten Karen und die Kinder ihre Schuldigkeit getan, würde er nicht zögern, sich ihrer zu entledigen; so wie er es mit Detective Legrasse getan hatte.

Ray musste sie schützen. Aber dazu musste er raus. Er sah zur Zelle gegenüber und betrachtete die Kratzer in der Scheibe, die der Digger mit seinen Krallen verursacht hatte. Sie schienen nicht besonders tief zu sein. Und es würde vermutlich eine Ewigkeit dauern, bis der Sogrund die Glasscheibe mit dieser Methode zerstört hätte. Vorausgesetzt, es gelang ihm überhaupt.

Aber was wäre, wenn er seine Gedanken auf einen bestimmten Punkt richtete, überlegte Ray. Und seine ganze Kraft hineinlegte?

Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf den Sogrund. Ein warmes Gefühl durchströmte ihn, seine Neuronen begannen zu glühen und dann … Kontakt!

Ray öffnete die Augen. Der Sogrund starrte ihn erwartungsvoll an. Ray richtete seine Aufmerksamkeit auf die Scheibe. Der Sogrund schnaubte wütend aus und rammte den Kopf gegen das Glas.

Wieder.

Und wieder.

Ohne Erfolg.

Ray ballte die Hände zu Fäusten. Der Sogrund richtete sich auf und hieb mit den sichelförmigen Krallen seiner Vorderpranken auf das Glas ein. Wie ein Grubenarbeiter mit der Spitzhacke.

Eine Kralle brach ab und fiel zu Boden. Aber der Sogrund setzte das Schlagen unbeirrt fort. Und die Kratzer im Glas wurden immer tiefer.

Tunnel 3.Kommandozentrale.

»Lagebericht«, forderte Traben, als er die Kommandozentrale betrat.

Operator Stewart warf ihm einen kurzen Blick zu und richtete seine Aufmerksamkeit dann wieder auf den Bildschirm vor sich. »Die Vorbereitungen an Zugang A-7 sind fast abgeschlossen. Gegen Null-Achthundert sind wir so weit. Der Sprengkopf wird morgen früh erwartet. Wenn alles glattgeht, kann der Roboter morgen um Mitternacht starten.«

Traben nickte zufrieden. »Was ist mit den übrigen Tunneln?«

»Die Russen und Australier bereiten ähnliche Operationen vor. Aber es wird noch ein paar Wochen dauern, bis sie fertig sind. China ist unentschlossen. Von den Europäern haben wir noch keine Rückmeldung.« Er hob den Blick. »Sollen wir warten?«

»Negativ«, erwiderte Traben. »Ich fliege zu A-7 und lasse mir unterwegs das endgültige GO vom Präsidenten geben. Wir gehen entschlossen voran und setzen ein eindeutiges Zeichen – dann werden unserer Verbündeten auch nicht länger zögern.«

Ein Warnsignal ertönte. Ein helles, penetrantes Piepsen. Traben zog die Stirn kraus. »Was hat das schon wieder zu bedeuten?«

»Ist vermutlich der Neue«, sagte Stewart. »Carter. Controlling. Hat wahrscheinlich wieder den falschen Code eingegeben. Ich mach auf.« Er schob den Stuhl zurück und wollte aufstehen. Aber Traben hielt ihn zurück.

»Den falschen Code?«, fragte er ungläubig. »Und dann machen Sie einfach auf?« Er schüttelte den Kopf, stapfte zur Sicherheitstür und gab den Code ein. Die Tür öffnete sich schwerfällig und gab den Blick auf einen schmächtigen Kerl mit Brille frei, der ein angebissenes Sandwich in der Hand hielt.