Luzifer junior (Band 13) - Ein Direktor dreht durch - Jochen Till - E-Book

Luzifer junior (Band 13) - Ein Direktor dreht durch E-Book

Jochen Till

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Beschreibung

Weil er für einen Teufel viel zu lieb ist, wird Luzifer junior von seinem Vater auf die Erde geschickt. Ob er hier wohl lernt, wie man richtig böse wird? Direktor Hasenfuß hat Burn-Out und muss eine Auszeit nehmen. Sein Vertreter Herr Seitling-Hirt hat ganz tolle Ideen für den Unterricht. Der Stundenplan wird abgeschafft. Die Lehrer heißen ab jetzt Creative Promoter und statt Mathe zu büffeln sollen die Schüler tanzen. Am besten findet Luzie aber das neue SuperFood, das es jetzt in der Schulkantine gibt. Das sieht zwar echt glibberig aus, aber es schmeckt toll. Leider ist man nach dem Essen sehr schnell wieder sehr hungrig und braucht mehr SuperFood. Viel mehr! Ein Teufel in der Schule – die Comic-Romane von Jochen Till um den Höllensohn Luzifer bieten Lesespaß und viel Grund zum lauthals lachen für Mädchen und Jungen ab 10 Jahren. Zahlreiche humorvolle Bilder von Raimund Frey illustrieren Luzifers Abenteuer in der Hölle und im strengen Jungeninternat. Wer Gregs Tagebuch mag, wird Luzifer junior lieben!

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Inhalt

Nur Zwangsarbeit

Ungarische Katzenwäsche

Eine Gedächtnislücke

Alles Ballast

Statik ruiniert

Ein Zirkus

Bewegungsdrang

Gerade Linien

Nur ein Bissen

Alle Symptome

Unkraut beseitigt

Zu viele Krimis

Reinigungsbedarf

Die reine Folter

Auf Diät

Nur Zwangsarbeit

»Bin schon da! Was gibt’s? Kann ich Ihnen … Oh! Wer ist das denn? Oder besser gefragt: Wer war das denn?«

»Das war Brimborius, unser Bauleiter.«

»Oh, okay. Was hat er gemacht?«

»Wie, was hat er gemacht?«

»Na ja, Sie haben seinen Kopf explodieren lassen, Chef. Das machen Sie normalerweise nur, wenn jemand irgendetwas falsch gemacht hat.«

»Das stimmt nicht. Ich lasse Köpfe auch einfach so explodieren, weil mir das Geräusch gefällt. Aber wie kommst du überhaupt darauf, dass ich dafür verantwortlich bin? Vielleicht ist sein Kopf ja ganz zufällig explodiert?«

»Mit Verlaub, das ist sehr unwahrscheinlich. Köpfe explodieren sogar hier unten in der Hölle nur äußerst selten ganz zufällig. Wenn Köpfe explodieren, dann sind doch meistens Sie in unmittelbarer Nähe, Chef.«

»Aha. Und deshalb bin ich für jeden explodierenden Kopf hier verantwortlich, oder wie?«

»Ach, kommen Sie, Chef. Geben Sie doch einfach zu, dass Sie es waren. Ist ja auch nicht weiter schlimm. Sie sind der Chef, Sie dürfen so viele Köpfe explodieren lassen, wie Sie wollen. Und ich bin mir sicher, Brimborius hat es verdient. Also, irgendwie. Aus Ihrer Sicht, jedenfalls.«

»Er wollte mehr Rechte für seine Baudämonen. Eine fünfminütige Pause alle fünfzig Stunden. Und einen zweiten Tag Urlaub pro Jahrzehnt. Und irgendwas von Lohn hat er auch noch gefaselt. Als ob es nicht Lohn genug wäre, bis zum Umfallen für mich schuften zu dürfen.«

»Oha. Ich verstehe, Chef. Unter diesen Umständen sind Sie tatsächlich nicht für seinen jetzigen Zustand verantwortlich. Wer Sie mit solch unvorstellbar unverschämten Forderungen belästigt, kann seinen Kopf eigentlich gleich selbst explodieren lassen.«

»Er hat sogar das Wort Streik benutzt. Da war es bei mir vorbei.«

»Absolut nachvollziehbar, Chef. Solche Tendenzen müssen im Keim erstickt werden. Am Ende gründen solche Leute noch eine Gewerkschaft. Zum Glück konnte ich das bei meiner Firma zu Lebzeiten immer verhindern.«

»Verstehe. Du hast also auch ein paar Köpfe explodieren lassen.«

»Äh … nein, Chef. Das ist oben leider nicht erlaubt.«

»Wenn oben alle nur das machen würden, was erlaubt ist, wären wir hier unten arbeitslos. Du kannst es also ruhig zugeben. Wie viele Angestellte hast du explodieren lassen, als du Chef warst? Zehn? Hundert?«

»Zwei, Chef. Es waren nur zwei. Und die sind auch nicht explodiert, sondern einfach … verschwunden.«

»Wie langweilig, das knallt ja nicht mal. Aber egal, darum geht es mir gerade nicht.«

»Schon klar, Chef. Sie wollen, dass ich die Reste entsorge.«

»Nein … Ja … Das auch. Aber viel wichtiger ist: Wir brauchen einen neuen Bauleiter. Hast du irgendeine Idee, wer dafür geeignet wäre?«

»Öh … schwierig. Aus unseren eigenen Reihen fällt mir da spontan niemand Passendes ein.«

»Was ist denn mit dir? Könntest du das nicht machen?«

»Äh … zusätzlich zu meinen 666 anderen Aufgaben als Ihr persönlicher Assistent? Das ist nicht zu schaffen, Chef. Außerdem habe ich vom Bauhandwerk überhaupt keine Ahnung. Ich kann noch nicht mal drei Legosteine bündig aufeinanderstapeln.«

»Hm, blöd. Aber wen könnten wir sonst nehmen?«

»Vielleicht gibt es ja unter den Insassen einen passenden Anwärter? Sitzen in Abteilung 43a nicht die Skrupellosen Bauherren? Da könnte doch eventuell jemand dabei sein, der sich für diesen Job eignet.«

»Stimmt. Oder direkt in der 43 bei den Schlampigen Architekten.«

»Ich könnte in beiden Abteilungen eine Stellenausschreibung aushängen. Ich treffe auch gerne eine Vorauswahl mit geeigneten Kandidaten. Sie müssten dann nur noch ein paar Bewerbungsgespräche führen und sich für einen entscheiden.«

»Bewerbungsgespräche? Spinnst du? Der Teufel führt keine Bewerbungsgespräche. Bei mir wird sich nicht beworben, ich vergebe nur Zwangsarbeit.«

»Schon klar, Chef. Aber wenn Sie sich selbst einen Kandidaten aussuchen und ihn vorab genau auf seine Eignung für diesen Job prüfen, besteht eventuell die Chance, dass ich hier nicht jeden zweiten Tag neue Bauleiter-Reste entsorgen muss. Bei solch einem verantwortungsvollen Posten geht es um Beständigkeit, Chef. Und wer, wenn nicht Sie, könnte diesbezüglich eine klügere und somit die bestmögliche Entscheidung treffen?«

»Das stimmt allerdings. Ich bin schon der Klügste hier unten. Und der Beste sowieso.«

»Und der Schönste, nicht zu vergessen, Chef.«

»Auch das. Na gut. Dann mach das mal mit der Stellenausschreibung und schick mir die Kandidaten. Es könnte allerdings gut sein, dass du zwischendurch ein paar Bewerber-Reste entsorgen musst.«

»Ich rechne fest damit, Chef. Gar kein Problem. Wobei es diesbezüglich wesentlich einfacher wäre, wenn Sie nicht nur den jeweiligen Kopf, sondern gleich den gesamten Bewerber explodieren lassen könnten.«

»Ach so. Verzeihung, das wusste ich nicht. Für wen genau wäre das denn einfacher?«

»Äh … für mich, Chef.«

»UND DU GLAUBST ALLEN ERNSTES, ICH BIN HIER, UM DEIN LEBEN EINFACHER ZU MACHEN? VIELLEICHT WÄRE ES JA AM ALLEREINFACHSTEN, WENN ICH DICH EXPLODIEREN LASSE! UND ZWAR JEDEN KÖRPERTEIL EINZELN! VON UNTEN NACH OBEN! IN ZEITLUPE! WÄRE DAS EINFACH GENUG FÜR DICH?«

»Ähm … bloß keine Umstände, Chef. Ganz so einfach muss es nun auch wieder nicht sein. Und wer bringt denn dann die Brimborius-Reste für Sie weg? Am besten, ich mache das mal gleich. Moment, ich muss nur … Puh, das ist echt gar nicht so einfach. Wissen Sie, wie schwer so ein …«

»RAUS HIER! UND ZWAR ZACKIG! SONST KNALLT’S!«

Ungarische Katzenwäsche

Der Fahrtwind weht durch meine Haare und die Sonne scheint warm in mein Gesicht. Oh, wie schön das hier ist! Ich kann das Meer hören und riechen, es ist gleich da vorne links. Ob man mit dem Fahrrad auch auf dem Strand fahren kann? Ich probiere es einfach mal. Ich kurve kreuz und quer zwischen den Zelten hindurch und biege links ab. Wie froh ich bin, dass Jörg mir das Fahrradfahren beigebracht hat! Das macht so viel Spaß und ich bin mittlerweile echt gut darin geworden. Wenn wir zurück in St.Fidibus sind, muss ich mir unbedingt ein Fahrrad kaufen. Aber das dauert ja zum Glück noch ganz lang, jetzt sind erst mal Ferien.

Ich düse durch das schmale Waldstück auf den Strand zu. Ah, da vorne sind Aaron, Gustav und Lilly. Sie werfen sich einen Teller zu, auf dem aber nichts drauf ist. Das habe ich bei anderen Kindern hier am Strand auch schon gesehen und nicht so richtig verstanden. Okay, einen leeren Teller würde ich wahrscheinlich auch wegwerfen, aber wieso fangen sie ihn immer wieder? Egal, sie scheinen Spaß dabei zu haben, und das ist die Hauptsache in den Ferien. Ich winke ihnen zu und steuere direkt aufs Meer zu. Auf dem Strand zu fahren, geht erstaunlich leicht, das hätte ich nicht gedacht, ich fliege fast über den Sand. Ob man mit dem Fahrrad auch über die Wellen fahren kann? Das wäre bestimmt ein super Gefühl! Ich probiere das einfach mal aus. Was soll schon passieren? Im schlimmsten Fall werde ich nass.

Ich rase direkt geradeaus auf die Wellen zu. Als ich am Wasser ankomme, trete ich extra fest in die Pedale. Wie cool! Es funktioniert! Das Fahrrad hebt ab und ich sause quasi schwebend über die Wellen! Oh, da vorne ist eine kleine Insel, da fahre ich hin. Ich trete fröhlich in die Pedale und steuere auf die Insel zu. Sie sieht rund und glatt aus, wie ein riesiger Ball, der im Wasser treibt. Ich komme näher. Von der Insel dringt ein Geräusch an meine Ohren.

Piep! … Piep! … Piep! … Piep!

Hm, seltsam. Eine Insel, die piept? Ich kenne das Geräusch irgendwie, habe es aber eine ganze Weile lang nicht gehört und kann es nicht einordnen.

Piep! … Piep! … Piep! … Piep!

Es wird immer lauter. Und es nervt ganz schön. Kann das mal bitte jemand abstellen?

Plötzlich erhebt sich die Insel vor mir aus dem Wasser. Aber das ist gar keine Insel! Das Runde war der Kopf eines Riesenkraken! Er streckt seine acht Arme aus dem Wasser und kommt direkt auf mich zu!

Piep! … Piep! … Piep! … Piep!

Dieses Piepen kommt gar nicht von ihm. Sehr seltsam, das alles. Ein Arm des Kraken taucht plötzlich vor mir aus dem Wasser und klatscht mir ans Gesicht.

»Luzie!«, schreit mich der Krake an. »Luzie! Luzie!«

Oh, er kann sogar sprechen. Und meinen Namen kennt er auch. Das wird ja immer seltsamer hier.

Piep! … Piep! … Piep! … Piep!

Ja, ist ja gut jetzt! Blöde Pieperei! Oh, ich glaube, jetzt weiß ich wieder, woher ich das Geräusch kenne. Das klingt genauso nervig wie mein … Verdammt, ich bin gar nicht in Hölland! Und zwar schon seit über einer Woche nicht mehr. Wir sind längst aus den Ferien zurück. Ich bin wieder in St.Fidibus, liege in meinem Bett und habe offenbar gerade noch geträumt.

»Luzie! Luzie! Luzie!«

Ich öffne blinzelnd meine Augen. Okay, den Kraken habe ich nicht geträumt, er sitzt in Miniaturform auf meinem Brustkorb und klatscht mir immer wieder abwechselnd links und rechts mit seinen Armen an die Wangen.

»Cornibus, lass das!«, brummele ich verschlafen. »Was soll das denn?«

»Luzie aufwachen! Schrecker brimmelt! Cornibus vernervt! Luzie Schrecker ausmachen! Oder Cornibus Schrecker fressen!«

»Das heißt Wecker, Cornibus«, brummele ich. »Und von mir aus kannst du ihn gern verputzen, mich nervt er nämlich auch.«

Ich taste nach dem Ding und drücke obendrauf, das Piepen verstummt endlich. Wieso weckt der mich überhaupt? Wir haben doch Ferien. Oh, nein. Jetzt fällt es mir ein. Haben wir nicht mehr. Heute ist der erste Schultag nach den Sommerferien. Seufz. Ich wusste ja die ganze Zeit, dass dieser Tag kommen würde. Aber wirklich darauf vorbereitet bin ich nicht. Dann geht das heute also alles wieder los. Lehrer, Unterricht, Lernen, Hausaufgaben. Och, Menno. Können wir nicht einfach noch ein paar Tage länger Ferien haben? Am besten so ungefähr 365? Schließlich haben wir letzte Woche St.Fidibus und wahrscheinlich die gesamte Menschheit vor einer Zombie-Apokalypse gerettet. Allerdings weiß das niemand, weil es niemand wissen darf. Daher ist eine Belohnung in Form von zusätzlichen Ferientagen eher unwahrscheinlich. Mist, verdammter. Ich muss wohl aufstehen.

Ich richte mich gähnend auf. Cornibus rutscht von meiner Brust, verwandelt sich in seine ursprüngliche Form und hüpft vom Bett auf mein Nachttischschränkchen.

»Was Luzie machen?«, fragt er.

»Heute fängt die Schule wieder an«, erkläre ich. »Das heißt, ich muss jetzt wieder jeden Morgen aufstehen und in den Unterricht.«

»Cornibus mitkommen?«

»Ach, Cornibus«, sage ich seufzend. »Du weißt doch, das geht leider nicht. Es ist zwar ein neues Schuljahr, aber die Regeln sind immer noch die alten. Während ich im Unterricht bin, bleibst du ganz brav hier oben im Zimmer und bist mucksmäuschenstill. Am besten tatsächlich als Mäuschen, damit dich niemand entdeckt, falls mal zufällig jemand reinkommt.«

»Bunterricht blöd«, motzt er. »Cornibus immer allein, wenn Bunterricht. Cornibus nicht allein sein will. Allein sein schlangweilig.«

»Ja, ich weiß«, sage ich seufzend. »Und es tut mir ja auch leid, aber es geht nicht anders.«

»Aber Cornibus immer mehr Hunger, wenn schlangweilig.«

»Ach was?«, erwidere ich grinsend. »Das ist ja ganz was Neues. Hunger ist blöd. Was machen wir denn da bloß?«

Er tippt laut mit seinen Krallen auf den Nachttisch, weil er ganz genau weiß, was sich dort in der Schublade befindet.

»Könnte es sein, dass da irgendetwas drin ist, das du gerne hättest?«, frage ich ihn.

»Schlotzolade!«, antwortet er ungeduldig. »Schlotzolade in Schlupflade! Cornibus Schlotzolade will!«

»Du kriegst gleich deine Schokolade«, sage ich. »Lass mich nur erst kurz ins Bad gehen. Bin gleich zurück.«

Ich schnappe mir mein Handtuch, mein Duschzeug und eine frische Unterhose und verlasse das Zimmer. Mit noch halb geschlossenen Augen schlurfe ich den Flur hinunter in Richtung Bad und frage mich, wieso die Schule eigentlich immer so früh anfängt. Hat das irgendeinen besonderen Grund? Fallen Lehrer vielleicht immer morgens um Punkt sieben Uhr hellwach aus dem Bett und würden sich zu Tode langweilen, wenn sie uns nicht volllabern könnten? Ich meine, das muss doch eigentlich nicht sein, oder? Ich bin mir sicher, ich würde viel mehr lernen, wenn ich ausgeschlafen wäre. Und alle anderen wahrscheinlich auch. Zwei Stunden würden ja schon reichen, dann wären wir viel wacher. Und fünf Tage pro Woche müssten eigentlich auch nicht sein, finde ich. Drei würden vollkommen genügen. Dann lernt man eben etwas weniger, das ist doch nicht schlimm. Kann sich sowieso niemand alles merken.

Als ich durch die Tür zum Badezimmer trete, kriege ich einen kleinen Schreck. Huch, ist das voll! Klar, morgens ist hier grundsätzlich viel los, deshalb spare ich mir dieses lästige Rumgewasche meistens. Aber die anderen haben gesagt, ich sollte zum Schulanfang unbedingt mal wieder duschen, obwohl ich erst vor vier Tagen das letzte Mal geduscht habe. Ich weiß ja auch nicht, was die hier oben immer damit haben. In der Hölle habe ich es mehr als elf Jahre ohne Dusche ausgehalten, da hat sich nie jemand beschwert.

Ich spähe um die Ecke in den Waschraum. Alle Duschen sind besetzt und es stehen bereits drei weitere Jungs in der Schlange. Mist. Ich habe keine Lust, auch noch ewig zu warten. Kann ich das nicht sausen lassen? Aber ich habe es Aaron und Gustav versprochen und Versprechen muss man halten, sonst landet man bei uns unten in Abteilung 114 bei den Frechen Versprechensbrechern. Die kriegen jeden Tag versprochen, dass sie am nächsten Tag freigelassen werden, wenn sie sich selbst jeden Knochen einzeln brechen, was natürlich nicht stimmt. Das ist immer ein sehr lustiges Geknacke bei denen, Papa hört sich das manchmal an, wenn er nicht einschlafen kann.

Also, es hilft nichts, ich muss duschen. Aber ich will auch nicht warten. Mein Blick fällt auf das lange Waschbecken mit den vier Wasserhähnen, das sich hier im Vorraum zu den Duschen links an der Wand befindet. Da steht gerade nur ein Junge, der sich gähnend die Zähne putzt. Ich kenne ihn, das ist Mehmet, er ist in unserer Klasse. Ich begrüße ihn kurz mit einem Winken und wende mich wieder dem Waschbecken zu. Hm. Ob man auch im Liegen duschen kann? Das dürfte eigentlich keinen Unterschied machen, oder? Beim Duschen geht es ja hauptsächlich darum, dass man nass wird. Ob ich wohl … Ach, ich versuche es einfach mal.

»Äh, kann ich mal kurz?«, frage ich Mehmet. »Ich muss da mal ran.«

Er tritt verwundert ein Stück zurück. Hm, eigentlich sollte ich jetzt meine Unterhose ausziehen. Zumindest macht man das, wenn man im Stehen duscht. Aber irgendwie kommt mir das komisch vor, wenn ich jetzt hier vor Mehmet meine Unterhose ausziehe. Ach, ich lasse sie einfach an, dann muss ich sie später auch nicht waschen.

Ich klettere auf das Waschbecken und versuche, mich hineinzulegen. Es klappt, ich passe gerade so unter die Wasserhähne. Okay, es ist ein bisschen kurz, meine Füße hängen vorne raus, aber dann werden die eben heute nicht geduscht, kommen ja eh Socken drüber nachher.

Ich drehe den Wasserhahn auf. Ui, das ist kalt! Das Wasser spritzt von meiner Brust auf Mehmet, er weicht erschreckt ein Stück zurück. Ich versuche, den nächsten Wasserhahn ein Stück weiter unten zu erreichen, komme aber nicht dran, weil ich mich nicht aufrichten kann.

»Äh, wärst du so lieb?«, frage ich und zeige auf die anderen Wasserhähne. »Einfach alle aufdrehen, bitte.«

Er wirft mir einen sehr skeptischen Blick zu, macht es dann aber.

Das Wasser prasselt auf mich herab und ich bin ruckzuck nass. Na prima, das funktioniert ja bestens. Nur mein Kopf bleibt trocken. Ich versuche, ihn noch unter den ersten Wasserhahn zu quetschen, komme aber nicht drunter. Auch egal, dann wird eben heute nur meine Körpermitte geduscht. Ach so, Mist, jetzt habe ich das Duschgel vergessen, das braucht man ja auch noch, wofür auch immer. Ich habe es am anderen Ende des Waschbeckens abgestellt, da ist es für mich unerreichbar.

»Äh … könntest du mir das bitte mal geben?«, frage ich Mehmet.

Er holt die Flasche und reicht sie mir wortlos. Ich fange an, mich mit dem Zeug einzuseifen, was gar nicht so einfach ist, meine Beine sind zu weit weg und es ist nur wenig Platz im Waschbecken.

»Könntest du mir vielleicht helfen?«, frage ich Mehmet. »Einfach nur ein bisschen auf die Beine und dann rubbeln, der Rest geht von allein.«

Mehmet guckt mich mit großen Augen entsetzt an. Dann tippt er sich kurz mit dem Zeigefinger an die Stirn und dreht seinen Kopf in Richtung des Duschraums.

»Hey, Jungs!«, ruft er. »Das müsst ihr euch angucken! Von Turbsnatas macht wieder komische Sachen!«

Wer? Ich? Wieso? Was mache ich denn? Ich dusche doch nur. Und was heißt denn hier bitte schön wieder? Ich mache nur ganz selten komische Sachen, und wenn, dann nie mit Absicht.

Die ersten Jungs kommen aus dem Duschraum. Als sie mich sehen, fangen sie an zu lachen.

»Ha, ha! Von Turbsnatas! Was wird das? Eine ungarische Katzenwäsche?«, fragt einer.

Hä? Versteh ich nicht. Klar, sie denken alle, ich komme aus Ungarn, das ist meine Tarnung hier oben. Aber ich bin doch keine Katze.

»Nein«, antworte ich. »Wenn ich eine Katze wäre, bräuchte ich nicht zu duschen. Dann würde ich mich einfach selbst sauber lecken.«

Das Gelächter wird noch lauter und die restlichen Jungs kommen nackt aus dem Duschraum.

»Du bist echt crazy, Vitus!«, sagt einer grölend.

Kräisi? Das ist Englisch, oder? Gehört habe ich das Wort schon mal, aber ich weiß nicht mehr, was es heißt. Das ist bestimmt etwas Nettes. Wahrscheinlich meint er, dass ich sehr klug bin, weil ich mir diese neue Duschmethode ausgedacht habe.

»Danke!«, sage ich lächelnd. »Du auch!«

»Hat jemand ein Handy dabei?«, fragt einer der älteren Jungs. »Das muss unbedingt auf TikTok, das gibt locker drei Millionen Likes!«

»Ich hol meins schnell!«, ruft ein anderer und flitzt nach draußen.

»Bleib so, von Turbsnatas!«, sagt jemand. »Dann wirst du berühmt!«

Was, echt? Nur, weil ich eine neue Art zu duschen erfunden habe? Cool! Dann bin ich ein bisschen wie Steven, der erfindet ständig Sachen. Und er war hier oben auch berühmt, glaube ich.

Der Junge von eben kommt zurück und richtet sein Handy auf mich.

»Was muss ich machen?«, frage ich.

»Mach einfach so weiter wie eben«, sagt er.

»Alles klar«, sage ich. »Soll ich irgendwas sagen? Mich vorstellen oder so?«

»Du kannst sagen, was du willst«, erhalte ich als Antwort. »Hauptsache, du bleibst dadrin.«

»Du könntest einen Schluck von dem Duschgel trinken«, schlägt einer der älteren Jungs vor.

Ach was, das Zeug kann man trinken? Ich schnuppere daran. Stimmt, das riecht total fruchtig, das hätte ich längst mal probieren können, könnte echt lecker sein. Ich führe die Flasche an meinen Mund.

»Was ist denn hier los? Hier los?«, unterbricht mich eine Stimme, die ich sehr gut kenne, vom Eingang aus.

»Hallo, Aaron!«, begrüße ich einen meiner besten Freunde. »Willst du auch einen Schluck?«

Ich strecke ihm das Duschgel entgegen. Er reißt es mit einem Ruck aus meiner Hand und wirft es in eine Ecke.

»Sag mal, spinnst du?«, fährt er mich an. »Wie kommst du denn darauf, dass man das trinken kann? Trinken kann?«

»Das hat der da gesagt«, antworte ich und zeige auf den älteren Kerl.

»Du solltest dich was schämen«, pflaumt Aaron ihn an. »Du weißt doch ganz genau, dass das giftig ist. Andere zu gefährlichen Sachen anzustacheln ist nicht lustig. Nicht lustig.«

»Stimmt«, erwidert der Typ grinsend. »Lustig wird es erst, wenn er es macht.«

Oh, ich verstehe. Das ist dann wohl einer dieser Asozialen Anstifter, die unten in Abteilung 137 sitzen. Die überreden andere immer dazu, gefährliche oder saublöde Sachen zu machen, nur um sich hinterher darüber schlappzulachen. Die müssen bei uns ständig über einen viel zu breiten Abgrund springen, der mit Höllenhundekacke gefüllt ist. Dabei werden sie von Dämonen angefeuert. Und mit Anfeuern meine ich, dass wir ihnen kleine Schweißbrenner an die Hintern montiert haben.

Aber werde ich dann jetzt trotzdem noch berühmt oder muss man dafür zwingend Duschgel trinken?

»Dir ist hoffentlich klar, dass Vitus dich wegen versuchter Körperverletzung anzeigen könnte«, sagt Aaron zu dem Jungen. »Dann fliegst du hier schneller von der Schule, als du Duschgel sagen kannst. Sagen kannst.«