Luzifer junior (Band 7) - Fiese schöne Welt - Jochen Till - E-Book
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Luzifer junior (Band 7) - Fiese schöne Welt E-Book

Jochen Till

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Beschreibung

Oma nimmt Luzifer junior und seine Freunde mit auf einen Ausflug in ihr großartiges Paralleluniversum. Dort ist alles genauso wie zu Hause, nur viel besser! Sogar die Schule ist ein Traum! Frühstück im Garten mit Schokocroissants, so viel man will - und der Unterricht ist freiwillig! Aber als Aaron plötzlich spurlos verschwindet ist klar: Irgendetwas stimmt nicht in Omas Universum ... Luzifer junior lebt als Sohn des Teufels in der Hölle und soll den "Laden" einmal übernehmen. Da sein Vater der Meinung ist, dass Junior für den Job noch viel zu lieb ist, schickt er ihn auf die Erde. Denn wo kann man das Bösesein besser lernen als bei den Menschen? Ein Teufel in der Schule - der Comic-Roman von Jochen Till um den Höllensohn Luzifer bietet Lesespaß und viel Grund zum lauthals lachen für Mädchen und Jungen ab 10 Jahren. Zahlreiche humorvolle Bilder von Raimund Frey illustrieren Luzifers Abenteuer in der Hölle und im strengen Jungeninternat. Wer Gregs Tagebuch mag, wird Luzifer junior lieben! Mehr Infos zum Buch unter luzifer-junior.de. Die komplette Luzifer junior-Reihe ist bei Antolin gelistet.

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Seitenzahl: 157

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Inhalt

Körperliche Beschwerden

In Harmonie

Ampel anschreien

Raketenantrieb

Mäuse melken

Nicht da lang!

Ein chemischer Prozess

Total hirnamputiert

Selbst gelöscht

Keine Zeit für Unfug!

Lieblingswitz

Immer Nupsis

Eier trennen

Nicht zu weich

»STEVEN! STEEEEEVEN! HILF MIR! ICH STERBE GLEICH!«

Körperliche Beschwerden

»OH NEIN! ICH EILE, CHEF! HALTEN SIE DURCH! ICH BIN GLEICH BEI IHNEN!«

»SCHNELLER! ES IST SO SCHRECKLICH! ICH ERTRAGE DAS NICHT MEHR LANG!«

»Bin schon da, Chef! Was ist denn passiert? Ein feindlicher Angriff? Friert die Hölle zu? Haben die Folterknechte eine Gewerkschaft gegründet?«

»Das würden sie nie wagen. Die letzten, die das versucht haben, stehen jetzt als Zahnbürsten in meinem Badezimmer.«

»Aber was ist es denn sonst? Geht es Ihnen nicht gut, Chef? Haben Sie irgendwelche körperlichen Beschwerden?«

»So ein Quatsch, natürlich nicht. Ich bin unsterblich. Was sollte ich für körperliche Beschwerden haben?«

»Na ja, könnte doch sein. Sie sind schließlich auch nicht mehr der Jüngste, da zwickt es schon mal im Knie oder in der Hüfte. Geht uns doch allen so, das ist ganz normal und kein Grund zur Panik.«

»NICHT MEHR DER JÜNGSTE? ICH GLAUB, ES HACKT! ICH BIN IM ALLERBESTEN TEUFELSALTER! BEI MIR ZWICKT ÜBERHAUPT NIX! UND WENN DU SO ETWAS NOCH MAL BEHAUPTEST, KANN ICH DIR GERN DEIN KNIE DREIMAL UM DIE HÜFTE WICKELN, DANN ZWICKT ES ABER RICHTIG!«

»Okay, okay, alles klar, Chef, ich habe verstanden. Nie wieder Ihr Alter erwähnen.«

»ICH HABE KEIN ALTER! ICH BIN ALTERSLOS! SCHREIB DIR DAS HINTER DIE OHREN! SONST MACH ICH ES! MIT EINEM SCHWEISSBRENNER!«

»Wird gemacht, Chef. Alterslos. Schreib ich mir hinter die Ohren, gleich nachher. Aber nun erklären Sie mir doch bitte erst mal, wieso Sie mich gerufen haben, das klang ja durchaus beunruhigend. Sie sagten, Sie sterben gleich?«

»Ja. Vor Langeweile.«

»Langeweile?«

»Ja, mir ist ganz schrecklich langweilig. Mach was.«

»Aha. Verstehe. Sie haben also mal wieder maßlos übertrieben. An Langeweile ist noch niemand gestorben, Chef.«

»Ach ja? Ist das so? Interessant. Aber weißt du, woran schon ganz viele Leute gestorben sind? DARAN, DASS SIE DIE WÜNSCHE IHRES CHEFS NICHT BEFOLGT HABEN! DAS IST STATISTISCH GESEHEN SOGAR EINE DER HÄUFIGSTEN TODESURSACHEN HIER UNTEN! DU KANNST DIR ALSO ÜBERLEGEN, OB DU TEIL DIESER STATISTIK WERDEN ODER MIR VIELLEICHT DOCH LIEBER DIE LANGEWEILE VERTREIBEN WILLST! UND ZWAR JETZT GLEICH!«

»Alles klar, Chef. Kein Problem, Chef. Langeweile vertreiben. Eine meiner leichtesten Übungen. Waren Sie denn heute schon in Abteilung 1 und haben den Nazis und Rassisten beim Hautfarbewechseln zugeguckt? Das bereitet Ihnen doch immer sehr viel Spaß.«

»Ja, da war ich schon. Langweilig.«

»Sie könnten mit Fauxpas spazieren gehen. Auch ein Keinhorn braucht Auslauf und dann sehen Sie mal was anderes.«

»Hab ich heute Morgen schon gemacht. Drei Mal. Langweilig.«

»Oh, jetzt weiß ich’s, Chef! Ich habe gestern ein neues Spiel auf Ihrem Schrei-Pad installiert! Damit wird Ihnen garantiert nicht so schnell langweilig!«

»Ein Computerspiel? Nein, das ist ganz sicher nichts für mich. Du weißt doch, wie sehr ich diesen neumodischen Kram verabscheue. Das ist mir alles viel zu kompliziert.«

»Ist es nicht. Das Spiel ist ganz einfach, ich habe es extra für Sie entworfen, Chef. Moment, ich zeige es Ihnen.«

»Na gut, von mir aus. Aber wehe, ich gewinne nicht. Ich spiele nur Spiele, die ich gewinne.«

»Natürlich, Chef. Das weiß ich doch. Sie werden garantiert gewinnen. Sehen Sie, hier, Sie müssen nur mit dem kleinen Teufel vorwärtslaufen und über die Hindernisse springen, einfacher geht’s gar nicht.«

»Hihi, das sieht in der Tat ganz witzig aus. Soll ich das sein?«

»Ja. Ich habe das Spiel sogar nach Ihnen benannt. Es heißt Super Luzio.«

»Klar, weil ich einfach super bin. Und wie springe ich jetzt?«

»Sie müssen den Pfeil da unten berühren. Und je länger Sie draufdrücken, desto höher und weiter springen Sie.«

»Hui! Ich kann aber hoch springen! Das ist … Oh, verdammt! Wo kam denn dieses blöde Loch plötzlich her! Wo bin ich denn jetzt? Ich kann mich nicht mehr sehen.«

»Äh … Sie sind tot, Chef. Aber keine Sorge, Sie haben noch zwei Leben.«

»WIE, ICH BIN TOT? DU SPINNST WOHL! ICH KANN NICHT TOT SEIN! ICH BIN UNSTERBLICH! DA SIND DREI LEBEN VIEL ZU WENIG! ICH WILL TAUSEND LEBEN! MINDESTENS!«

»Äh … ja, aber … wenn man nicht sterben kann, fehlt dem Spiel doch jede Herausforderung. Ich meine, man muss schließlich auch scheitern können, bevor man gewinnt. Sonst ist so ein Spiel doch absolut sinnlos.«

»ICH BIN DER FÜRST DER HÖLLE! ICH SCHEITERE NICHT! NIEMALS! UND SCHON GAR NICHT BEI SO EINEM ALBERNEN KINDERSPIEL! ICH WILL TAUSEND LEBEN! GIB MIR SOFORT TAUSEND LEBEN!«

»Äh … So schnell geht das leider nicht, Chef. Dafür muss ich das Spiel erst umprogrammieren.«

»DANN MACH DAS! UND ZWAR ZACKIG! UND WENN DU SCHON DABEI BIST, LASS GLEICH DIESE DÄMLICHE RUMHÜPFEREI WEG! DAS HÄLT NUR UNNÖTIG AUF!«

»Ja, aber … aber dann ist es doch kein Spiel mehr. Dann gucken Sie einfach nur zu, wie der kleine Teufel ohne jedes Hindernis bis zum Ziel läuft.«

»NA UND? VIELLEICHT GEFÄLLT DAS DEM KLEINEN TEUFEL JA! VIELLEICHT GIBT ES JA SCHON GENUG HINDERNISSE IN SEINEM LEBEN! DA IST ER MAL FROH, WENN ER EINFACH NUR SO ANS ZIEL KOMMT! IST DOCH SCHWER GENUG, DAS LEBEN! DA KANN DOCH MAL WAS EINFACH SEIN ZUR ABWECHSLUNG! UND BAU WAS SCHÖNES AM ZIEL EIN! VIELLEICHT SIEHT ER DA JA SEINE FAMILIE WIEDER, DIE IHN ALLEINGELASSEN HAT! IRGENDWIE SO WAS! EIN HAPPY END! DIR FÄLLT SCHON WAS EIN! GIB DIR MÜHE!«

»Das mache ich, Chef. Sagen Sie, kann es sein, dass Sie Luzie doch viel mehr vermissen, als Sie es erwartet hätten?«

»WEN? LUZIE? VERMISSEN? ICH? WIE KOMMST DU DENN DARAUF?«

»Na ja, Sie sind irgendwie sehr … unausgeglichen, seit er bei seiner Großmutter in dieser Parallelwelt ist.«

»UNAUSGEGLICHEN? ICH? WEGEN LUZIE? DU TICKST WOHL NICHT GANZ RICHTIG! WIESO SOLLTE ICH IHN VERMISSEN? ER WAR DOCH VORHER AUCH SCHON NICHT HIER UNTEN BEI MIR!«

»Ich meinte auch nicht, dass Sie seine körperliche Anwesenheit vermissen. Das scheint mir doch eher eine emotionale Angelegenheit zu sein.«

»DAS WIRD JA IMMER BESSER! JETZT UNTERSTELLST DU MIR AUCH NOCH EMOTIONEN! GEHT’S NOCH?«

»Das war nicht böse gemeint, Chef. Es ist doch nicht schlimm, wenn Sie Ihren Sohn vermissen. Wir haben doch alle Gefühle, das ist …«

»GEFÜHLE? ICH KANN DIR GLEICH MAL ZEIGEN, WAS PASSIERT, WENN ICH GEFÜHLE KRIEGE! WENN ICH GEFÜHLE KRIEGE, MUSS ICH NÄMLICH IMMER GANZ EMOTIONAL JEMANDEM DEN KOPF ABREISSEN! UND ZWAR GENAU DEM, DER DEN GRÖSSTEN BLÖDSINN IM RAUM ERZÄHLT! WEISST DU, WER DAS JETZT GERADE IST?«

»Schon gut, schon gut, Chef. Ich hab’s kapiert. Sie vermissen Luzie nicht und haben keine Gefühle. Dann gehe ich jetzt mal und programmiere das Spiel neu. Ohne Hindernisse. Mit Happy End.«

»MACH DAS! BEEIL DICH! MIR IST NÄMLICH IMMER NOCH LANGWEILIG!«

»Alles klar, Chef. Kein Problem, Chef. Ich beeile mich.«

»Das will ich hoffen. Und, Steven?«

»Ja, Chef?«

»Glaubst du, es geht ihm gut da drüben?«

»Luzie? Ja. Seine Oma wird schon auf ihn aufpassen. Außerdem klang das ja alles nach einer traumhaft schönen anderen Welt.«

»Eine Welt ohne Hölle, ja. Denkst du, er vermisst uns ein bisschen?«

»Ganz sicher. Die Hölle ist seine Heimat. Er denkt bestimmt jeden Tag an seinen Papa und kommt bald wieder zurück.«

In Harmonie

Eins steht fest: So schnell gehe ich nicht zurück in meine alte Welt. Vielleicht sogar nie. Es ist einfach zu schön hier.

»Bringst du mir bitte noch ein Croissant mit?«, ruft Gustav mir zu.

»Mir bitte auch!«, stimmt Lilly mit ein. »Und Marmelade! Erdbeer!«

»Kommt sofort!«, rufe ich zurück. »Sonst noch jemand irgendwas?«

»Cornibus auch Krossang! Zehn! Und auch Erdbeer! Und Bimbeer! Und Frohnig! Und Schlotzolade!«

»Schon wieder?«, erwidere ich. »Das habe ich dir doch alles vorhin schon mal mitgebracht. Hast du das ganze Zeug etwa schon aufgemampft? Du solltest dich lieber ein bisschen zurückhalten! Wenn du so weitermachst, platzt du noch!«

»Cornibus nicht platzen! Cornibus gute Verkauung!«

»Verdauung«, verbessere ich ihn. »Das heißt Verdauung, Cornibus.«

Und so gut kann die in dieser Welt nicht sein, wenn ich ihn mir so angucke. Wir sind zwar erst knapp eine Woche hier, aber Cornibus sieht bereits deutlich dicker aus als sonst. Was allerdings kein Wunder ist – alles, was es hier zu essen gibt, ist einfach saulecker. Und es gibt Unmengen davon, zu jeder Tageszeit.

Jetzt sitzen wir zum Beispiel gerade beim Frühstück in St. Fidibus. Anders als in unserer Welt frühstückt man hier aber nicht im muffigen Essenssaal, sondern draußen im wunderschönen Schulgarten zwischen unzähligen Blumen und Palmen. Hier wird grundsätzlich nur draußen gegessen, weil immer Sommer ist, und zwar in der gesamten Welt, nicht nur in St. Fidibus. Das hat Oma uns erklärt, als sie uns ihre Welt gezeigt hat. Sie hat eine ganz besondere Planetenkonstellation erschaffen, mit zwei Sonnen. Und damit es trotzdem Tag und Nacht gibt, hat sie noch zwei große Monde gebastelt, die irgendwie dazwischen rumkreisen. Genau verstanden habe ich das alles nicht, aber Aaron hat gesagt, es wäre brillant, also wird es wohl so sein.

Die letzten fünf Tage waren wir mit Oma auf einer kleinen Weltreise. Wir haben alle fünf Kontinente besucht und überall war es atemberaubend schön. Es gibt keine Länder oder Grenzen in dieser Welt und alle sprechen dieselbe Sprache. Egal, wo wir hinkamen, wir wurden überall äußerst liebenswürdig empfangen. Und das lag nicht daran, dass Oma dabei war. Die Menschen hier wissen gar nicht, dass sie für alles verantwortlich ist. Das will Oma nicht. Sie sagt, die Menschen sollen für sich selbst verantwortlich sein, jeder für sich, aber auch für die anderen. Dann würden sich alle gegenseitig helfen und nicht immer darauf warten, dass eine höhere Macht sich um alles kümmert. Und das funktioniert super. Alle, die wir unterwegs getroffen haben, waren total hilfsbereit. Und lieb. Und freundlich. Das haben alle gesagt, nicht nur ich. Ich meine, ich war ja in unserer Welt noch nicht so lang unterwegs und weiß noch nicht ganz so viel über Menschen, aber selbst Aaron und Gustav waren überrascht und konnten kaum fassen, wie nett hier alle sind. Wirklich alle, jeder Einzelne, da war kein einziger Stinkstiefel dabei. So nennen wir bei uns in der Hölle die Schlechte-Laune-Verbreiter aus Abteilung 62. Die kriegen als Strafe einen Lachsack über den Kopf gezogen, der ihnen unaufhörlich mit 666 Dezibel die Ohren volldröhnt. Hier in Omas Welt muss niemand bestraft werden, weil niemand böse ist. Es gibt noch nicht einmal Rassisten, das sind ja die Schlimmsten bei uns, deshalb sitzen sie auch in Abteilung 1. Oma hat das hier ganz einfach verhindert. Jeder kommt mit einer anderen Hautfarbe zur Welt und die wird ganz zufällig ausgewählt, niemand kennt sie vorher. Die einzige Regelmäßigkeit besteht darin, dass Geschwister nie dieselbe Hautfarbe haben, noch nicht einmal Zwillinge. Wir haben in Australien eine Großfamilie getroffen, bei der alle Kinder unterschiedlich aussahen. Schwarz, weiß, gelb, braun, rot, da war alles dabei, eines der Mädchen war sogar leicht grünlich, das habe ich bei uns noch nie gesehen. Egal, wo man hinkommt, überall wird man von einer wundervoll bunten Menge empfangen, das ist ein sehr schönes Gefühl und sorgt automatisch für gute Laune. Wobei hier eigentlich alles für gute Laune sorgt, wir können uns vor guter Laune gar nicht retten.

Ich gehe mit meinem Tablett voller Köstlichkeiten zurück zu den anderen und stelle es auf dem Tisch ab. Cornibus verwandelt sich sofort in einen Oktopus und stopft mit allen acht Armen Leckereien in sich hinein. Die anderen greifen auch zu.

»Oh Mann!«, sagt Aaron mit vollgestopften Backen. »Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie toll daf ift, wenn man allef effen kann, ohne Angft vor Allergien haben zu müffen. Diefer Honig schmeckt einfach fantastisch!«

Gustav sieht ihn abwartend an.

»Waf ift?«, fragt Aaron. »Ift mein Mund verschmiert?«

»Was? Nein«, antwortet Gustav lachend. »Ich habe mich nur immer noch nicht richtig dran gewöhnt, dass du die letzten Worte nicht mehr wiederholst. Das ist echt großartig.«

Oh ja, das ist es. Und das ist so, seit wir hier angekommen sind. Zuerst ist es uns gar nicht aufgefallen, weil wir viel zu aufgeregt waren. Selbst Aaron hat erst bei seinem dritten oder vierten Satz gemerkt, dass er die letzten Worte nicht mehr wiederholt. Und nicht nur das, alle seine anderen Ticks sind ebenfalls verschwunden. Einfach so. Oma hat gesagt, das liegt an der guten Atmosphäre ihrer Welt. Hier hätte niemand Ticks und Allergien, weil die Natur gesund sei. Sie achtet sehr darauf, dass es nicht nur den Menschen, sondern auch allen Tieren und Pflanzen gut geht, damit alles in Harmonie existieren kann und sich nicht gegenseitig krank macht. Ich wusste gar nicht, was das ist, Harmonie, dieses Wort hatte ich bei uns in der Hölle noch nie gehört, das musste mir Lilly erst mal erklären. Gefällt mir aber sehr gut, diese Harmonie, davon könnte es bei uns zu Hause gern mehr geben.

»Ja«, sagt Aaron. »Und das spart auch jede Menge Zeit, wenn man keine Ticks mehr hat. Bei uns zu Hause musste ich immer sieben Mal mein Bett machen, bevor ich das Zimmer verlassen konnte. Hier kann ich einfach länger schlafen, das ist viel angenehmer.«

»Apropos Zeit«, sagt Lilly. »Müssten wir nicht so langsam mal in den Unterricht?«

Ach so, stimmt ja, das hatte ich schon völlig verdrängt, heute gehen wir zum ersten Mal in die Schule hier. Meine Lust darauf hält sich in Grenzen. Egal in welcher Welt, Schule ist bestimmt überall gleich nervig. Und mir fallen spontan mindestens hundert Sachen ein, die ich jetzt lieber machen würde. Mir noch so ein leckeres Croissant holen zum Beispiel.

»Och, müssen wir da wirklich hin?«, frage ich deshalb lustlos. »Es ist doch so schön hier draußen.«

»Wir müssen nicht, hat Oma gesagt«, antwortet Lilly. »Jeder kann selbst entscheiden, ob er in den Unterricht geht. Aber bist du denn gar nicht neugierig, wie das hier so ist? Ich möchte mir das schon gern mal angucken.«

»Ich mir auch«, sagt Aaron. »Ich würde gern wissen, ob ich hier auch so gute Noten kriege wie bei uns.«

»Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es hier gar keine Noten«, sagt Gustav. »Weil alle gleich schlau sind. Und sitzen bleiben kann man auch nicht.«

»Immerhin etwas«, sage ich seufzend. »Dann muss ich mir darüber schon mal keine Sorgen mehr machen. Oma hat ja auch gesagt, dass einem das Lernen hier viel leichter fällt. Und wenn ihr alle zum Unterricht wollt, komme ich eben mit. Wann genau geht’s denn los?«

»Wenn alle fertig gefrühstückt haben, glaube ich«, sagt Lilly.

Ich sehe mich um. Wir sind die Letzten, die noch hier draußen sitzen und frühstücken.

»Das heißt, die warten da drin alle auf uns?«, frage ich.

»Keine Ahnung«, sagt Lilly und zuckt mit den Schultern. »Lasst es uns rausfinden.«

Wir stehen alle auf, nur Cornibus bleibt mampfend auf dem Tisch sitzen.

»Cornibus auch Bunterricht?«, fragt er.

»Unterricht«, verbessere ich ihn. »Und ja, wenn du willst, kannst du gern mitkommen. Hier musst du dich ja nicht verstecken. Vielleicht kannst du ja sogar noch etwas lernen.«

»Cornibus lernen und Krossang essen?«

»Das weiß ich nicht«, antworte ich lachend. »Bei uns zu Hause darf man im Unterricht nicht essen. Du kannst es aber gern versuchen.«

»Dann Cornibus mitkommen. Aber erst verwandeln.«

Cornibus verwandelt sich. Normalerweise ist dieser Vorgang nach einem Augenzwinkern beendet, aber diesmal dauert es irgendwie länger als sonst. Man kann richtig dabei zugucken, wie sich seine Form langsam verändert. Er ächzt und keucht sogar ein bisschen dabei. Als er fertig ist, steht ein ziemlich dickes Känguru vor uns. Es hüpft schwerfällig an uns vorbei zum Frühstücksbuffet und stopft sich den Beutel mit Croissants voll.

»Wirst du eigentlich nie satt, Cornibus?«, fragt Gustav verwundert.

»Doch, Cornibus oft satt. Aber nur ganz kurz. Dann wieder Hunger.«

»Das stelle ich mir sehr anstrengend vor«, sagt Aaron.

»Gar nicht anmengend. Cornibus gern essen. Essen lecker.«

»Das heißt anstrengend«, verbessere ich ihn. »Das Wort anmengend gibt es nicht.«

»Jetzt schon«, sagt Lilly kichernd. »Guck ihn dir doch an. Er sammelt jede Menge Essen an. In seinem Bauch. Das ist ganz schön anmengend.«

»Stimmt«, sagt Gustav. »Du solltest aufpassen, Cornibus. Wer Unmengen anmengt, wird nämlich schnell zur Übermenge.«

»Cornibus nie genug Menge. Menge lecker. Besonders Menge Schlotzolade.«

Er stopft noch einen kompletten Schokoladenkuchen in seinen Beutel und hüpft träge hinter uns her in Richtung Schulgebäude.

Ampel anschreien

»Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schülerinnen und Schüler!«, begrüßt uns der Holzapfel fröhlich.

Wobei, das ist ja nicht der Holzapfel, das ist ein Holzapfel, nämlich der Holzapfel dieser Welt. Er sieht unserem Holzapfel schon sehr ähnlich, hat aber längere Haare. Und mehr Haare. Viel mehr Haare, vor allem auf dem Kopf, da hat unser Holzapfel nämlich fast gar keine mehr. Angezogen ist dieser hier ähnlich, er trägt nur keine Mütze, wahrscheinlich, weil er ja stattdessen Haare hat. Der größte Unterschied zu unserem Holzapfel besteht aber darin, dass dieser hier total freundlich ist und die ganze Zeit lächelt. Das passiert unserem nur äußerst selten, der guckt meistens entweder verschlafen oder mürrisch.

»Einen wunderschönen guten Morgen, lieber Fabian!«, grüßen alle außer uns im Chor zurück.

Fabian? Die duzen hier den Lehrer? Sehr seltsam. Wobei, jetzt, wo ich darüber nachdenke, als wir mit Oma auf Weltreise waren, wurde überall nur geduzt. Ich glaube, ich habe in der Zeit kein einziges Sie gehört. Vielleicht gibt es das mit dem Siezen ja hier überhaupt nicht? Das fände ich ziemlich praktisch. Diese Siezerei geht mir nämlich schon immer auf die Nerven, weil ich nie genau weiß, wen ich gerade siezen muss oder duzen darf. Wenn es aber nur eine der beiden Möglichkeiten gibt, vereinfacht das natürlich jedes Gespräch, das ist super. Fabian. Ob unser Holzapfel auch so heißt? Er hat uns seinen Vornamen noch nie verraten. Heißen hier eigentlich alle genauso wie bei uns? Muss ich Oma mal fragen, wenn wir sie das nächste Mal sehen.

»Heute ist ein besonderer Tag«, sagt der Holzapfel. »Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, sitzen in der letzten Reihe ein paar Neuankömmlinge. Bitte begrüßt sie recht freundlich.«

»Einen wunderschönen guten Morgen, ihr Lieben!«, rufen uns alle im Chor zu.

Wir sehen uns gegenseitig an, weil wir nicht genau wissen, wie wir reagieren sollen, dann winken wir einfach kurz und lächeln verlegen.

»Das sind Luzie, Lilly, Aaron und Gustav«, erklärt der Holzapfel. »Wie das Känguru heißt, habe ich leider vergessen.«

»Cornibus. Känguru Cornibus.«

»Cornibus, genau«, sagt der Holzapfel. »Er und seine Freunde sind auf unbestimmte Zeit als Gäste bei uns. Sie kommen von sehr weit her, aus einer anderen Welt. Sie kennen sich bei uns noch nicht so gut aus, aber ich bin mir sicher, ihr werdet ihnen gern helfen, sich hier schnell einzugewöhnen. Und um ihnen den Einstieg in unseren Unterricht zu erleichtern, lassen wir sie gleich mal entscheiden, was wir heute machen. Also, ihr Lieben, wozu hättet ihr denn Lust?«

Wir sehen uns fragend an, weil wir nicht verstehen, was der Holzapfel von uns will.

»Was würdet ihr denn am Montagmorgen an eurer Schule jetzt machen?«, hakt er nach.