Maddrax 470 - Timothy Stahl - E-Book

Maddrax 470 E-Book

Timothy Stahl

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Beschreibung

Als der Blitz aus der Transportplattform in den Sprungfeld-Generator einschlägt, hat dies einen dramatischen Effekt: Die vier Gefährten werden versetzt, aber nicht an denselben Ort und mit gravierenden Gedächtnislücken. Als Tom zu sich kommt, wähnt er sich auf der Erde des 21. Jahrhunderts, im Einsatz für A.I.M., dem Analytic Institute of Mysteries. Er ahnt nicht, dass er bei einem uralten, unterirdischen Forschungszentrum gelandet ist, in dem vor der Kometenkatastrophe das "Manhattan Project 2.0" vorangetrieben wurde...

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Seitenzahl: 139

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Der Abenteurer

Leserseite

Cartoon

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Koveck und Néstor Taylor, Agentur Ortega

Autor: Timothy Stahl

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5865-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.

Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, die Spezies aus allen Teilen der Galaxis durch das Wurmloch entführen, um sie Kompatibilitäts-Tests zu unterziehen. So geraten auch Matthew Drax, Aruula und Matts Tochter Xaana in das fremde Sonnensystem, stoßen jedoch durch die Einmischung der Kontras auf das dunkle Geheimnis der Systemherren: Man will einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umsiedeln, um deren Gehirne für eine Art Superrechner zu nutzen, und macht sich deren Notlage zu Nutze. Die Gefährten werden ihrer Erinnerungen beraubt; so helfen sie in gutem Glauben den Initiatoren.

Während Aruula und Xaana auf Novis bleiben, reisen Matt und der Initiator Hordelab zur Erde, um Peilsender an hochstehende Zivilisationen zu verteilen, damit sie später geortet und evakuiert werden können. Begleitet von Xij, der Mutter Xaanas, und deren Mann Tom Ericson macht sich Matt mit dem Amphibienpanzer PROTO auf den Weg und trifft dabei auf die Kolonie Colonel Kormaks, erkennt aber dessen Machtgier und überlässt ihm keinen der Peilsender. Darum überfällt Kormak die benachbarte Community und eignet sich deren Sender an.

Aus Agartha stoßen die Daa’muren Grao und Ira zu den Gefährten. Als sie von einem Dorf mit überlebenden Artgenossen in Indien erfahren, wollen sie es ausfindig machen. Matt überlässt ihnen PROTO und springt mit Hordelab und den anderen via Sprungfeldgenerator nach Meeraka. In Agartha wird derweil nach den Plänen der Initiatoren eine Transportplattform fertiggestellt, mit der Hordelab das Wurmloch bändigen und an jeden beliebigen Ort der Erde versetzen soll, um die Enklaven „einzusammeln“.

Grao und Ira haben unterdessen das Dorf gefunden, doch die Daa’muren dort führen Krieg gegen die Menschen! Erst kommt es zum Bruch zwischen Grao und Ira, doch im letzten Moment entscheidet Grao sich für die Menschen und hilft, ein bedrohtes Dorf mit dem Wurmloch nach Novis zu evakuieren.

Weitere Missionen folgen, alles läuft – aus Sicht der Initiatoren – gut. Dann jedoch erfahren die Rev’rends von der Evakuierung, und die fanatischen Gotteskrieger sind überzeugt davon, dass Satan seine Hand im Spiel hat. Sie zerstören die Transportplattform und verursachen eine Entladung, die die vier Gefährten – Matt, Xij, Tom und Hordelab – mit Erinnerungslücken an verschiedene Ort versetzt …

Der Abenteurer

von Timothy Stahl

Tom Ericson schrak hoch. Nässe war seine erste Empfindung; es regnete in Strömen. Automatisch zog er seinen Hut tiefer in die Stirn. Rundum herrschte Finsternis, nur durchbrochen von ständig zuckenden Blitzen.

Wo zum Teufel befand er sich? Wie kam er hierher? Hatte er geschlafen – oder das Bewusstsein verloren? Fragen, die er vorerst hintanstellen musste.

Als Archäologe mochte Tom weit zurückschauen in die Vergangenheit – bei der praktischen Arbeit jedoch musste er stets nach vorn blicken. Das tat er auch jetzt – und sah ein Licht im Dunkeln, weit entfernt und flackernd wie Feuerschein. Würde er dort, hinter den dichten Regenschleiern, Antworten finden?

Klatschnass bis auf die Haut und die Schultern hochgezogen, ging Tom Ericson los und nahm Kurs auf das ferne Licht.

Wasser fiel in dicken Tropfen von der Krempe seines Fedoras, rann auch unter dem vollgesogenen Hut hervor und lief ihm kalt übers Gesicht. Ein Integralhelm – am besten mit Scheibenwischer fürs Visier – hätte ihm jetzt bessere Dienste geleistet als sein alter Filz. Trotzdem hätte er ihn natürlich um nichts auf der Welt gegen irgendetwas anderes eingetauscht. So wenig wie seinen zuverlässigen Colt-Revolver, 45er Single Action. Beide hatten ihn durch zu viele Abenteuer begleitet, als dass er sich je von ihnen getrennt hätte. Und gegen die meisten dieser Eskapaden war dieses Unwetterchen hier doch ein Klacks!

Trotzdem musste Tom einräumen, dass er selbst an der rauen schottischen Küste kaum einmal einen ärgeren Sturm erlebt hatte. Wobei er dort in der Regel aber auch nicht draußen herumspazierte, wenn es dermaßen toste, sondern mit einem Glas Talisker in der Hand an einem der vielen Fenster von Oake Dún stand, dem Stammsitz ihres Brötchengebers, des Earls of Sutherland, und im Schutz der uralten Festungsmauern zuschaute, wie die Naturgewalten sich austobten. Und im Optimalfall stand dann auch noch seine hübsche Kollegin Gudrun Heber neben ihm. Ziemlich nah neben ihm …

Vielleicht war er ja mit einem seiner Kollegen vom A.I.M, Sir Ians Analytic Institute of Mysteries, in diese Gegend gekommen.

„Gudrun?“, rief er in die Dunkelheit. Keine Antwort, auch nach Sekunden nicht.

„Pierre? Valerie?“, versuchte Tom es weiter in Gedanken an seine Kollegen Pierre Leroy, den quirligen kleinen Franzosen, und die Ex-Mossad-Agentin Valerie Gideon.

Ein weiterer Name geisterte durch seinen Kopf: Xij … Wer war das noch gleich? Es wollte ihm nicht einfallen. Tom wurde kurz schwindlig und er verscheuchte den Namen wieder, ebenso wie das Gesicht, das kurz dazu auftauchte: spitze Nase, kleiner Mund, jungenhaft, aber doch eindeutig weiblich. Und ausgesprochen hübsch. Diese Xij musste wohl neu sein beim A.I.M. sein …

„Xij?“, versuchte er es. Auch hier keine Reaktion.

Tom Ericson blieb keine andere Wahl, als weiter durch das Gewitter aus Blitzen, Donnerschlägen und peitschendem Regen zu marschieren. Aber das Licht am Ende der Dunkelheit kam mit jedem Schritt näher …

Ende September 2011, Los Alamos, New Mexico

Sie frühstückten an dem Tag, als alles begann, auf der Terrasse hinter ihrem kleinen Haus, das gerade groß genug war für sie beide. Sie waren ja ohnehin nur selten daheim. Im Grunde nur zum Schlafen und zum Frühstücken. Und auch das nicht jeden Tag.

Die viele Arbeit …

Es war kurz vor acht, die Temperatur betrug 89 Grad Fahrenheit. Die Sonne schien warm auf den gedeckten Frühstückstisch im Freien. In den beiden Tassen dampfte schon schwarzer Kaffee. Der Duft von Toast und gebratenem Speck wehte durch die offene Schiebetür aus der Küche hervor.

Die heutige Ausgabe des „Santa Fé New Mexican“ lag bereit. Die Schlagzeile lautete: „Der Komet kommt!“ Und die Unterzeile: „Wahrscheinlichkeit einer Kollision mit der Erde liegt jetzt bei sechzig Prozent“.

Victor McGuffin nahm die Zeitung in die Hand, las den Artikel zur Schlagzeile und machte: „Hm.“

„Hm, hmm, hmmm …“

Ein Lied kam Tom Ericson in den Sinn. Es erzählte von samtiger Dunkelheit in schwärzester Nacht, in der hell ein Leitstern brannte, egal, was oder wer man war. Und die erste Zeile des Refrains sang er leise und wie unbewusst vor sich hin: „There’s a light, over at the Frankenstein place …“

Er hatte das Licht, das an diesem Ort brannte, fast erreicht – wo und was dieser Ort auch sein mochte. Der Weg hierher hatte Tom durch Ruinen geführt. Irgendwann einmal waren diese Gebäude von Menschenhand errichtet worden, das ließ sich unschwer erkennen, dazu musste man noch nicht einmal Archäologe sein. Und diese Errichtung hatte nicht in grauer Vorzeit stattgefunden, sondern … tja, das war eben merkwürdig: Es konnte so lange noch nicht her sein, schloss man aus der Bauweise und den verwendeten Materialien.

Trotzdem sah alles hier aus, als läge es schon seit Jahrhunderten in Trümmern, denn stellenweise hatte die Natur längst zurückerobert, was ihr der Mensch einst abgenommen hatte. Hier und da uferte die Vegetation sogar dschungelartig aus, während sie an anderen Flecken völlig fehlte und tote Kahlheit herrschte, als wäre der Boden so vergiftet, dass dort nicht einmal Unkraut sprießen konnte.

Auch seltsam, fand Tom, machte sich allerdings auch darüber keine weiteren Gedanken. Natürlich interessierten ihn die Ursachen für diese Anomalien, aber das Wetter war nicht angetan, ihnen jetzt und sofort auf den Grund zu gehen.

Später, sagte er sich. Erst einmal ins Trockene und Warme, wenn’s irgendwie geht.

Er wischte sich den Regen, der ihm über den Körper lief, als stünde er in voller Montur unter der Dusche, mit der Hand aus dem Gesicht und vor allem aus den Augen, um wenigstens ein bisschen mehr sehen zu können als ein Goldfisch in einem schmutzigen Aquarium. Das Restwasser blinzelte er noch weg, dann spähte er unter der tropfenden Hutkrempe hervor nach dem flackernden Lichtschein, dem er gefolgt war. Dabei hatte er immer wieder innehalten müssen, um sich zu orientieren auf seinem Weg durch die bizarre Ruinenlandschaft, der ihn wechselweise über schlammig gewordenen Erdboden, schmierigen Staub und blank gewaschenen Asphalt und Beton geführt hatte.

Und da war es nun – und es war in der Tat ein Feuer, das da brannte, nicht einfach in der Nacht, wo der Regen es längst gelöscht hätte, sondern im Schutz eines Eingangs, der vier, fünf Meter weit hineinreichte in die Fassade eines noch – soweit sich das erkennen ließ unter den herrschenden Verhältnissen – einigermaßen intakten Gebäudes. Am Ende des Zugangs malten die Flammen Figuren aus rötlichem Licht und glutigem Schatten auf eine rostige Doppeltür.

Tom hob den Blick, und der Regen prasselte ihm sogleich ins Gesicht. Zwinkernd erkannte er, dass er nicht viel erkannte – zum Beispiel nicht, wie hoch die Mauer war. Irgendwo über ihm verschmolz sie mit der Dunkelheit, die das Unwetter über diesen sonderbaren Landstrich breitete. Die Mauer konnte zehn, zwanzig oder noch viel mehr Meter in die Höhe reichen. Und auch der nächste Blitz half Tom nicht weiter, weil er den Himmel mit derart grellem Licht spaltete, dass der verirrte Abenteurer geblendet die Augen zukneifen musste.

Eines aber war ihm schon klar geworden – was den Lichtschein anging, hatte er falsch gelegen. Er hatte angenommen, der Blitz hätte etwas in Brand gesetzt. Das konnte aber nicht der Fall sein, denn dazu war das Material, das da brannte, zu ordentlich und zweckmäßig aufgestapelt worden. So wie er selbst es schon hunderte Male getan hatte, um ein Lagerfeuer zu entzünden.

Sprich, dieses Feuer war jemandes Feuer. Stellten sich die Fragen, wer es war und wo er war – und ob es sich um einen Freund oder Feind handelte. Wobei Tom nicht einmal sagen konnte, warum irgendjemand hier sein Feind sein sollte – wo er doch nicht einmal wusste, wohin es ihn verschlagen hatte. Allerdings war das in der Vergangenheit selten ein Grund für jemanden gewesen, nicht sein Feind zu sein.

Tom schaute sich um. Viel war immer noch nicht zu sehen. Die Leuchtkraft des Feuers war gering, und was davon aus dem Eingang hervordrang, verlor sich im dichten Regen. Die Umgebung war kaum mehr als ein Puzzle aus Schatten und vagen Formen, von denen einige noch als Bauten oder Ruinen zu identifizieren waren.

Ein bisschen wunderte Tom sich schon, dass er sich nicht mehr wunderte über all die Fremdartigkeit der Gegend und seine Ahnungslosigkeit. Doch da drohte ihm abermals schwindlig zu werden, einhergehend mit bohrendem Kopfschmerz, und sein Unterbewusstsein verbot ihm kurzerhand, sich noch weiter zu wundern. Er konzentrierte sich wieder auf das Hier und Jetzt.

Immerhin war der Fremde im Gegensatz zu ihm selbst nicht so blöd, sich hier draußen hinzustellen und weiterhin vollregnen zu lassen, während nur ein paar Meter entfernt ein Feuer brannte und dahinter sogar eine Tür ins Gebäude führte, wo es aller Wahrscheinlichkeit nach trockener war als hier draußen – und vielleicht sogar wärmer.

Das Unwetter machte keine Anstalten, sich zu verziehen; im Gegenteil schien es sich genau auf diese Stelle eingeschossen zu haben, denn die Blitze hämmerten ineinander übergehend auf das Fleckchen Erde ein, tauchten alles in stroboskopisches Flimmerlicht, das mehr verbarg als enthüllte, und die Donnerschläge überschnitten sich so, dass eine Entfernung des Gewitters nicht mehr mittels Zeit und Schallgeschwindigkeit in Metern pro Sekunde berechnen ließ.

Höchste Zeit also, dass er sich in den Schutz des Eingangs zurückzog.

Sekunden später war Tom in den vielleicht drei Meter breiten und nur unwesentlich längeren Eingangsbereich eingetaucht. Neben dem Feuer blieb er stehen und hielt die klammen Hände darüber. Die Nässe glänzte wie flüssiges Glas auf seiner Haut. Die Wärme tat beinahe weh, so kalt waren seine Finger schon geworden, ohne dass er es gemerkt hatte.

Er schob seinen Hut in den Nacken, dann rieb er sich weiter die Hände über den Flammen. Währenddessen schaute er nach draußen, wo sich Dunkelheit und flackernde Helligkeit in schwindelerregend rascher Folge abwechselten.

War da jemand?, fragte er sich und korrigierte sich sogleich: Da musste jemand sein. Sonst stünde er selbst nicht hier am Feuer dieses Jemands.

Schon viele Male hatte Tom das Gefühl erlebt, wenn man von verborgenen Augen belauert wurde. Dieses Gefühl hatte er auch jetzt. Aber er wusste nicht zu sagen, ob der oder die heimlichen Beobachter ihn einfach so beobachteten – oder ihn schon jemand im Fadenkreuz des Zielfernrohrs hatte. Es wäre nicht das erste Mal gewesen.

Ist das nichtschon ein bisschen paranoid, alter Junge?, fragte er sich. Dennoch hielt er es für ratsam, die zwei Schritte bis zur Tür zu gehen, deren Flügel regelrechte Rostblumenbeete in voller Blüte waren. War die Tür verschlossen, könnte er sie vermutlich kurzerhand eindrücken, als bestünde sie aus Papier.

Aber das erwies sich als unnötig – die Klinke ließ sich drücken, der Türflügel aufziehen, und dahinter war nichts außer muffigem Kellergeruch und schwarzer Nacht.

Tom setzte einen Fuß über die Schwelle, machte einen Schritt – und schalt sich im nächsten Moment einen Idioten für diese Unvorsichtigkeit. Als hätte er nichts gelernt aus -zig Abenteuern, in denen er auf -zig Fallen gestoßen war.

So wie jetzt.

Denn tatsächlich war hinter der Türschwelle kein Boden vorhanden – und Dr. Thomas Ericson stürzte ins buchstäblich Bodenlose …

20. November 2011, Los Alamos, New Mexico

Im Autoradio liefen die Acht-Uhr-Nachrichten des Lokalsenders, 98.5 KABG. Normalerweise hörten die McGuffins lieber die Classic Hits, die KABG sich auf die Fahne geschrieben hatte. Heute interessierte Victor und Elizabeth McGuffin hingegen sehr, was der Nachrichtensprecher zu berichten hatte.

„… gestern erklärte Professor Dr. Jacob Smythe, Leiter der im August gegründeten Astronomic Division der United States Air Force, in einem Interview mit der BBC, die Wahrscheinlichkeit einer Kollision des Kometen ’Christopher-Floyd’ mit der Erde habe sich auf einundachtzig Prozent erhöht. In der vergangenen Nacht kam es daraufhin in England zu gewalttätigen Ausschreitungen von, wie es seitens der BBC heißt, Vertretern der gesellschaftlichen Unterschicht, die angeblich befürchten, keinen Platz in einem der Schutzbunker zu erhalten, mit deren Bau weltweit vielerorts begonnen wurde …“

Victor McGuffin schaltete das Radio aus. „Hm“, machte er.

„Mehr fällt dir dazu nicht ein?“, fragte seine Frau.

„Was soll man dazu sagen?“

Elizabeth hob die Schultern und schaute nach vorn durch die Frontscheibe. Wie eingerahmt erschien dort in ihrer beider Blickfeld ein massiver rechteckiger Betonblock am Fahrbandrand, darauf aufgesetzt in großen Lettern die Aufschrift:

Los Alamos National Laboratory

Est. 1943

Victor McGuffin stoppte den Wagen vor der rotweißen Schranke, die im Grunde nur Fassade war. Den eigentlichen Zugang zum Gelände blockierte ein schweres Gittertor einige Schritte hinter der Schranke, die jetzt, als der uniformierte Wachmann die McGuffins sah und erkannte, hochklappte, während er gleichzeitig einen Knopf in seinem Häuschen drückte, der das Tor in der im Boden versenkten Schiene rumpelnd zur Seite fahren ließ.

Der Wachmann trat aus dem Häuschen, salutierte lässig, lächelte und nickte ihnen durchs offene Seitenfenster des SUV zweimal zu.

„Dr. McGuffin, Dr. McGuffin“, sagte er dazu, wie immer, wenn er Dienst hatte, „einen schönen Tag und frohes Schaffen.“

Sie grüßten unisono zurück, und Victor fügte hinzu: „Ebenfalls einen schönen Tag, Bob.“

„Danke, Sir.“

Dann fuhren die McGuffins aufs Gelände, um sich einer Arbeit zu widmen, über die zum Beispiel Bob und seine Security-Kollegen – aber auch viele andere Mitarbeiter der kleinstadtgroßen Forschungseinrichtung – nichts wussten.

Wenig später half Victor McGuffin seiner Frau, den Reißverschluss ihres grünen Schutzoveralls zu schließen. Dann steckte er die Hände in die Taschen seines weißen Laborkittels und spielte links mit den Schlüsseln, die darin steckten, und rechts mit den Lakritzbonbons, von denen er immer eine Handvoll bei sich hatte.

Elizabeth zupfte den unbequemen Overall zurecht, in dem sie steckte wie in einer zu großen zweiten Haut. Nur die Kapuze mit dem Klarsichtvisier hatte sie noch nicht aufgesetzt. Es wurde sehr warm darunter, und die feuchte Wärme ließ Elizabeths schwarze Haare binnen kürzester Zeit aussehen wie das Fell eines Pudels.

Wie das Fell eines alten Pudels, betonte sie selbst in Anspielung auf die ersten silbergrauen Strähnen, die ihre Haare durchzogen.

Victor wünschte, er