Magische Märchen vom Bodensee Band 1 - Martina Meier - E-Book

Magische Märchen vom Bodensee Band 1 E-Book

Martina Meier

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Beschreibung

Vor langer, langer Zeit lebte im Konstanzer Trichter ein ganz besonderer Fisch, denn er hatte Schuppen aus purem Gold. Wenn er sich bei Sonnenschein an der Wasseroberfläche zeigte, konnte sich kaum ein menschliches Auge von ihm lösen. Im ganzen Land erzählte man sich, dass der Fisch Mädchen und Jungen, die ihn erblickten, so in seinen Bann ziehen könne, dass sie ihm freiwillig in den See folgen und niemals wieder auftauchen würden. Eines Tages kam ein Jüngling nach Konstanz, der aus einem weit entfernten Land stammte und dort von dem wunderlichen goldenen Fisch im Bodensee gehört hatte. … Fantastische Märchen und Sagen rund ums Schwäbische Meer, erzählt und aufgeschrieben von KIndern für Kinder.

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Magische Märchen vom Bodensee

Band 1

Martina Meier (Hrsg.)

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Inhalt

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Copyright (©) 2022 by Papierfresserchens MTM-Verlag

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen, Deutschland

www.papierfresserchen.de - [email protected]

Titelbild: Heike Georgi

E-Book Bearbeitung: CAT creativ - www.cat-creativ.at

Originalausgabe (Taschenbuch) erschienen 2014

ISBN: 978-3-86196-316-5 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-99051-094-0 - E-Book

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Inhalt

Der Rosenstock

Die Welt voller Geheimnisse und Wunder

Sie

Wie der Bodensee entstand

Chaos bei der Vollmondparty

Mein Traum

Der goldene Fisch vom Bodensee

Die Meeresprinzessin

Der Wald der toten Seelen

Ein Traum geht in Erfüllung

Das geheimnisvolle Amulett

Der verzauberte Bodensee

Ich warne dich

Der goldene Fisch von Konstanz

Ein Geist auf der Meersburg

Fritz vom Bodensee

Sandy und die böse Stiefmutter

Meine verrückte Tante am Bodensee

Der goldene Fisch

Der Jüngling und der goldene Fisch

Der Jüngling und der verwandelte Fisch

Paul und Julia

Das Monster vom Bodensee

Der Prinz und die Fischprinzessin

Das Mädchen und der Bodensee

Die sieben Heinzelmännchen

Das wunderschöne Boot

Die kleine Blumenelfe

Der böse Günter

Meerjungfrau im Bodensee

Der Traumfischer

Die Insel auf dem Bodensee

Fischverwandlung

Die schwarze Gestalt

Der gefundene Schatz

Das Reh Lilli

Die Elfe Madison

Ein Rätsel für die Seeschweine

Die Seejungfrau

Die neugierige Seeprinzessinund der arme Wassermann

Königin Else

Der goldene Ring

Kobolde in Lindau

Mia, das Meermädchen

Zu Hause ist es doch am schönsten

Die magische Kugel

Ein Elf, der nicht auf seine Mutter hörte

Die Entstehung des Seerheins

Leon und der goldene Fisch

Elias und sein treuer Gaul

Ander und Su

Die Eiskönigin

Die Entführung

Vier Wünsche

Der Junge und der Fisch

Die entführte Seejungfrau

Die erlösende Welle

Begegnung mit der Wasserhexe

Das Fabeltier vom Bodensee

Der Drache vom Bodensee

Die goldene Grundel

Das Seeungeheuer

Februartränen

Die kleine Fee vom Bodensee

Das Monster vom Bodensee

Die List

Urlaub am Bodensee

Elfen auf der Insel Mainau

Der Schrecken hinter dem Steintor

Der Fisch und die Glaskugel

Elfennacht

Die Nixe vom Bodensee

Kobolde

Blumenraub auf Mainau

Fee Maya von der Liebesinsel

Der Archäologe und der goldene Fisch

Der verborgene Zauberring

Das Duell 2014

Der goldene Fisch an der Angel

Die Nacht der singenden Blume1

Der Drache vom Bodensee

Das Geheimnis vom Bodensee

Versteckt im Bodensee

Vom Hanswurst zum Helden der Stadt

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Der Rosenstock

Die Insel Mainau hatte ihren Glanz verloren. Die Blumen ließen traurig ihre Köpfchen hängen und die Schmetterlinge flogen nicht mehr – niemandem machte das Leben dort mehr Spaß. Seit dem Tod des Königs herrschten raue Sitten im Schloss. Seine zweite Frau regierte hart und ungerecht. Sie hasste jeden, und ganz besonders die Tochter des Königs, Vivianne.

Vivianne war bildschön und jeder mochte die Prinzessin, sie war immer freundlich und hilfsbereit. Das war der Königin ein Dorn im Auge. Vivianne war ihrer rauen Herrschaft im Weg. Deshalb beschloss sie eines Tages etwas Schreckliches: Vivianne sollte den Rest ihres Lebens auf Lindau verbringen. Die Königin wusste, wie sehr die Prinzessin die bunten Blumen und die Schmetterlinge liebte, von denen es auf Lindau bei Weitem nicht so viele gab.

Gehässig kicherte sie, als sie die verzweifelte Prinzessin auf der trostlosen Insel zurückließ. Bevor sie mit ihrem Boot wieder ablegte, drehte sie sich noch einmal zu ihr um. „Die Insel habe ich mit einem Bann belegt. Du kannst nur unter einer Bedingung von hier weg“, sagte sie kalt. „Finde eine Rose. Und zwar nicht irgendeine. Finde eine blühende Mainau-Rose: die Gloria Dei in ihrer schönsten Pracht.“

Vivianne starrte ihre Stiefmutter verzweifelt an. „Aber ... diese Rose gibt es hier nicht! Sie blüht nur auf Mainau!“

„Eben.“ Ihre Stiefmutter lächelte hämisch und fuhr in den feuerroten Sonnenuntergang davon.

Vivianne ließ sich auf den Steg sinken. Wo sollte sie eine Rose finden, die es auf dieser Insel gar nicht gab? Tränen liefen ihr über die Wangen. Niemals würde sie das schaffen! Sie musste bis zum Ende ihres Lebens auf Lindau bleiben, würde nie mehr durch die herrlichen Blumenbeete spazieren, nie mehr den farbenfrohen Schmetterlingen zusehen, wie sie durch die Schlossgärten flatterten ...

Plötzlich spürte sie eine zarte Berührung auf ihrer Hand. Ein Tagpfauenauge! Es war ihr gefolgt. Vivianne lächelte traurig und betrachtete den Schmetterling. Dann hob sie den Blick und entdeckte plötzlich noch mehr. Um sie herum schwirrten etliche! Sie hatten sie nach Lindau begleitet, waren mit ihr vor der Königin geflüchtet! Alle wollten ihr beistehen, ihr bei der unmöglichen Aufgabe, die sie zu bewältigen hatte, helfen.

Sie trocknete ihre Tränen und stand auf. Die Schmetterlinge gaben ihr Kraft.

„Hört zu“, sagte sie. „Ich muss eine ganz bestimmte Rose finden. Sie ist gelb-rosa. Es ist meine Lieblingsrose. Wenn wir sie finden, kann ich wieder zurück nach Mainau. Bitte helft mir!“

Als hätten sie die Prinzessin verstanden, flogen die Schmetterlinge sofort in alle Richtungen davon. Mit neuer Hoffnung machte auch Vivianne sich daran, die Blume zu suchen.

Sie sahen überall nach. Vivianne fiel dabei auf, wie sehr sie Mainau vermisste. Nirgendwo gab es so schöne Blumen wie dort! Hier auf Lindau war es trostlos und kalt. Nachts schlief sie unter Bäumen. Sie fürchtete sich im Dunkeln, jedes Geräusch ließ sie zusammenfahren. Doch sie gab nicht auf.

Die Schmetterlinge halfen ihr. Jeden Tag führten sie Vivianne zu den sonderbarsten Blumen, die sie je gesehen hatte. Die richtige war jedoch nie dabei.

Sie hatte schon jede Hoffnung aufgegeben und sich bereits mit dem Gedanken angefreundet, für immer auf Lindau bleiben zu müssen, als sie eines Tages einen Turm entdeckte. Von Erzählungen wusste Vivianne, dass dies der Pulverturm sein musste. Große Hoffnungen, die gesuchte Blume hier zu finden, machte sie sich allerdings nicht. Dennoch ging sie, gefolgt von den Schmetterlingen, zur Tür. Sie war nicht abgeschlossen. Quietschend ließen sich die Scharniere öffnen.

Der Prinzessin stieß kühle, abgestandene Luft entgegen. Ihr behagte es gar nicht, in diesen dunklen Turm zu gehen, aber die Schmetterlinge flogen voraus.

Drinnen war es so dunkel, dass sie nicht einmal die eigene Hand vor Augen sehen konnte. Der Boden war uneben und des Öfteren stieß sie mit ihren Füßen gegen Gegenstände, von denen sie lieber nicht wissen wollte, was sie waren. Sie hörte Fledermäuse im Gebälk flattern und ihre eigenen Schritte auf dem kalten Boden hallen. Die Wände waren grob gemauert und Vivianne spürte Luftzüge von allen Seiten. Die Dunkelheit war beklemmend und sie schien eine Ewigkeit schmale Treppen hinaufgestiegen und durch enge Flure gegangen zu sein, als sie auf eine Tür stieß. Morsches, nasses, zerfressenes Holz. Vivianne zögerte nicht lange und drückte sie auf.

In dem Raum war es hell. Vivianne blinzelte. Dämmriges Tageslicht fiel durch die schmutzigen Scheiben, die Decken waren mit Spinnenweben bedeckt und die Wände zeigten Risse. Doch in der Mitte stand etwas, von dem Vivianne nicht glauben konnte, dass es hier war: ein Rosenstock. Gelb-rosa Blüten. Die Gloria Dei.

Jedoch war der Rosenstock vertrocknet und nicht mehr schön anzusehen. Die Rosenblüten waren verwelkt und taten Vivianne leid. Die Schmetterlinge tanzten aufgeregt im Raum umher und die Prinzessin war sich sicher: Hier war sie richtig. Vorsichtig, um ihn nicht zu zerbrechen und sich nicht daran zu stechen, nahm sie den Rosenstock.

Den Rückweg aus dem Turm fand sie selbst. Und plötzlich war es auch nicht mehr dunkel darin. Die Flure und Treppen waren mit Tageslicht durchflutet, sodass Vivianne den Ausgang mit Leichtigkeit erreichte. Draußen vor dem Turm hob sie ein Stück Erde aus und grub den Rosenstock ein. Aber nichts geschah. Da musste Vivianne wieder weinen, hatte sie doch so sehr gehofft, diesem Albtraum entfliehen zu können. Und sowie ihre Tränen die Erde nässten, erwachten die vertrockneten Blüten wieder zum Leben, reckten ihre Köpfe und strahlten in ihrer ganzen Schönheit.

Auf einmal fand sich die Prinzessin in ihrem Heimatschloss wieder. Der Hofstaat feierte ihre Rückkehr begeistert und die Schmetterlinge freuten sich mit der Prinzessin, die nun Königin wurde und Mainau bis an ihr Lebensende gerecht regierte.

Und ihre Stiefmutter? Sie musste ihr erbärmliches Leben nun in dem Pulverturm auf Lindau zu Ende führen. Sie musste in dem dunklen Turm sitzen und über ihre Schandtaten nachdenken.

Für immer.

Carina Isabel Menzel (14) aus Sandhausen / Deutschland

*

Die Welt voller Geheimnisse und Wunder

Ich wunderte mich immer, wenn meine Oma mich Däumelinchen nannte. Ja, ich bin von kleinem Wuchs und unterscheide mich ein wenig von meinen Altersgenossen ... aber ich dachte nie, dass Däumelinchen mein richtiger Name wäre. Ich erinnere mich schlecht an mein damaliges Leben – an Däumelinchens Leben.

Jetzt bin ich 15 Jahre alt, mein Name ist Gemma. Ich habe lange Haare und grüne Augen. Meine Körpergröße beträgt nur 1,50 Meter, aber meine Großmutter sagt, ich sei noch gewachsen, seitdem sie mich gefunden hat. Sie erzählte mir eine ungewöhnliche Geschichte.

Ich denke, dass das Märchen Däumelinchen allen gut bekannt ist. Man weiß, dass es aus einem magischen Gerstenkorn gewachsen ist und dass es in einem Walnussschalen-Bett geschlafen hat.

Quatsch!

In Wirklichkeit bin ich auf der Insel Mainau im Bodensee, die Feen und Elfen seit einigen Jahrtausenden regieren, geboren. Die Insel ist sehr klein. Ihre Fläche beträgt etwa 45 Hektar, der Inselumfang drei Kilometer.

Es hat sich herausgestellt, dass ich Prinzessin dieses Königreiches gewesen bin. Ich habe viele Freunde gehabt. Zusammen sind wir über das märchenhafte Tal geflogen und haben Nektar aus den Blütenblättern gesammelt. Es gab viele wunderschöne Blumen in unserem Königreich. Die Feen kümmerten sich darum, und die mutigen Elfen schützten sie vor Schädlingen.

Außerhalb der Insel gab es viele Legenden über unser Königreich. Diejenigen, die uns einmal besuchten, blieben für immer dort. Niemand konnte der Schönheit der Blumen und der Freundlichkeit der Bewohner widerstehen. Die Königin verwandelte die Menschen, die auf die Insel kamen, in Feen und Elfen.

Auf einer anderen Insel im Bodensee lebte ein böser Pirat, dessen Name Kapitän Scharf Dolch war. Ja, ja, er hantierte immer mit einem Dolch, der ganz leicht sogar Eisen schneiden konnte. Der Pirat wusste von dem Hauptgeheimnis der Feen – von dem geheimen Blütenstaub, der nur denjenigen half, die in Not geraten waren und wirklich Hilfe brauchten. Kapitän Scharf Dolch wollte diesen Blütenstaub haben, um Unsterblichkeit zu erlangen.

Einmal segelte er zu unserer Insel, um den Blütenstaub mit Gewalt in seinen Besitz zu bringen. Ohne diejenigen zu verschonen, die ihm im Wege stehen würden. Brave Elfen versammelten eine zahlreiche Armee und sie hatten die wichtigsten Waffen – Liebe und Hoffnung. Die Elfen hatten keine Angst vor Scharf Dolch, weil sie geschickt und flink waren, mutig und tapfer.

Kapitän Scharf Dolch verließ das Schiff und war bereit, sich eine Schlacht zu liefern. Als er ans Ufer kam, reagierte sein Körper empfindlich auf den Blütenstaub und er litt unter einer schrecklichen Allergie. Der Pirat vernachlässigte diese Tatsache. Schnupfend und hustend ging er zielstrebig zum Schloss. Er fiel und stand auf ... und fiel wieder!

Die kleinen Feen hatten Mitleid mit dem Kapitän und sie beschlossen, ihm zu helfen. Sie bestreuten ihn mit zauberhaftem Blütenstaub. Der Pirat hatte solche Freundlichkeit nicht erwartet und er schämte sich wegen seiner Wut und Gier. Die Bewohner der Stadt halfen ihm, sich mit der Königin zu treffen, um sie um Verzeihung zu bitten.

Im Schloss sah Kapitän Scharf Dolch die Prinzessin. Das war ich. Der Pirat war von meiner Schönheit fasziniert und bot mir an, mit ihm zu den Menschen aufs Festland zu gehen. Ich dachte lange darüber nach. Ich wollte nicht von meiner Familie Abschied nehmen und unsere wunderschöne Insel verlassen, aber noch mehr wollte ich ein Mensch werden.

Nachdem die Königin dem Kapitän verziehen hatte, bat ich sie um Erlaubnis, mit ihm zu gehen. Bekümmert gestattete sie es und wir segelten aufs Festland.

Während eines Sturms stürzte das Schiff, mein Begleiter kam ums Leben und ich wurde ans Ufer geworfen, wo mich meine Oma gefunden hat. Sie gab mir eine Unterkunft und kümmert sich bis jetzt um mich.

Auf der Insel Lindau herrscht eine andere Zeit, ich bin von einer erwachsenen Fee in ein kleines Mädchen verwandelt worden, das sich von seinen Altersgenossen ein bisschen unterscheidet.

Das ist meine außergewöhnliche Geschichte.

Denk auch du daran, liebe Leserin / lieber Leser! Es kann sein, dass auch du einmal eine Fee oder ein Elf gewesen bist. Die Welt ist doch voller Geheimnisse und Wunder!

Anna Nosdratscheva (15) aus Troizk / Russland

*

Sie

Sie war da. Ich spürte sie. Sie hauchte mir mit ihrem warmen Atem in den Nacken. Das Unterholz knackte, als ich mich einen zögernden Schritt nach vorne wagte. Ihre zarten Flügel strichen über meine Fingerspitzen. So zerbrechlich wirkten sie. So unbeschreiblich. Sie raubte mir den Atem.

Ich wollte etwas sagen, doch meine Worte fanden keinen Weg durch meinen Mund nach draußen. Etwas versperrte den Weg. War es die Kraft, die sie ausstrahlte, die Stärke? Oder war es mein Respekt, meine Angst? Oder das Glück und die Freude über solch ein Wesen?

Ihre Flügel schlangen sich um meine Hände. Sie waren weich und warm. Ihr Körper war klein. Ich schaute auf meine Hände ... ja, etwa so groß wie meine Handfläche. Vielleicht auch kleiner.

Ich sah durch ihre Flügel. Der Wald zeichnete sich klar dahinter ab. Selbst den plätschernden Fluss sah ich. Die einzelnen Tropfen, die aus dem Wasser sprangen, gaben kleine Laute von sich. Auch das Laub, das von den Bäumen flog und sachte auf dem Boden landete, wurde sichtbar. Zärtlich strich ich über ihren Körper. Sie schloss ihre Augen und schlief ein.

Ich kniete mich langsam auf den Boden und raffte Laub zu einem kleinen Hügel zusammen. Mit Gräsern und Halmen verzierte ich ihn. Ich legte sie vorsichtig auf den Hügel und ging, ohne einen Blick zurück. Der Wind und die eisige Kälte krochen über mein Gesicht. Ich senkte meinen Kopf, um ihnen zu entkommen. Ich dachte an ihre Flügel, an ihre Schönheit, an ihre Augen, an ihre Fühler und an ihr langes blondes Haar und ihre kurzen Beinchen. Sehnsucht überfiel mich.

„Sie kann nicht ... sie darf nicht ... sie ist ...“

Würden wir Menschen sie sehen, wir würden sie züchten, ausnutzen, an uns reißen. Nichts würde mehr an Naturschauspiel, Besonderheit und Einzigartigkeit bleiben. Nichts! Ich konnte nicht einfach so davongehen. Nicht, ohne mich verabschiedet zu haben. Und nicht, ohne ihre Flügel noch einmal gespürt zu haben.

Ich kehrte um, sprang über Baumwurzeln, stolperte über Steine und rannte steile Abhänge hinunter. Ich bemerkte erst jetzt, wie schwer der Weg, den ich gerade entlangrannte, war. Vorhin waren mir all die Hügel und all die umgefallenen Bäume, über die ich springen musste, gar nicht aufgefallen. Ich war mit meinen Gedanken ganz woanders gewesen.

Ich fand das Nest, das ich ihr gebastelt hatte, sofort. Aber sie fehlte. Etwas braute sich in meinem Bauch zusammen. War es Angst, die mir in den Kopf stieg? Wo war sie hin? Das durfte nicht sein! Es war mein größter Fehler gewesen, sie überhaupt alleine gelassen zu haben.

Die Dämmerung brach langsam an. Ich rannte los. Mir fiel nur eine Stelle ein, wo sie sein könnte. Dort musste ich jetzt hin. Nach einiger Zeit waren meine nackten Füße eingefroren. Ich schwamm durch Bäche und kletterte Berge hinauf. Ich fiel hin und stand wieder auf. Ich bahnte mir einen Weg durchs Dickicht, riss mir meine Hände auf und lief weiter. Ich hatte nur ein einziges Ziel vor Augen, und das wollte ich jetzt erreichen.

Abrupt blieb ich stehen. Ich hatte mein Ziel erreicht. Langsam weiteten sich meine braunen Augen. Mein Mund klappte auf. Ich war schon oft mit ihr hier gewesen. Doch jedes Mal war es ein ganz besonderer Augenblick. Augenblicke, die ich mein ganzes Leben lang nie vergessen würde.

Ich hob die Hände über die Augen, um mehr sehen zu können. Die Sonne brannte jetzt auf einmal auf meiner Haut und die Strahlen versperrten mir die Sicht. Alles leuchtete so golden wegen des Lichts. Ich wagte mich einen Schritt vorwärts und betrat damit die andere Seite der Welt ...

Um den Namen und das Aussehen von ihr und der Welt herauszubekommen, müsst ihr eurer Fantasie freien Lauf lassen ...

Joelle-Kristin Pöhner (12) aus Bad Lauterberg / Deutschland

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Wie der Bodensee entstand

Es war einmal ein warmer Sommermorgen, Menschen regierten die Welt. Niemand nahm mehr Rücksicht auf Tiere, und an Fabelwesen glaubte schon lange keiner mehr.

Nun aber wollten sich die Tiere das nicht mehr gefallen lassen.

Überall in der Stadt tummelten sich die Leute, denn es war Markttag.

Musikanten spielten und man tauschte Waren und Informationen aus. Fast konnte man sein eigenes Wort nicht verstehen, geschweige denn das des anderen. Nur wenn man ganz genau hinhörte, konnte man das leise Summen einer Biene, die verzweifelt nach einer Blüte suchte, die sie bestäuben könnte, vernehmen.

Auf einmal erscholl ein lauter Schrei und mit diesem verstummten alle Geräusche in der Stadt. Die Wolken stoben auseinander und strahlender Sonnenschein stach aus ihnen hervor. Ein riesiger goldener Greif schritt aus dem Licht und schwebte zu Boden.

Die Menschen erstarrten, nur die kleine Biene summte weiter vor sich hin. Langsam näherte sich ihr der Greif, aber sie nahm ihn nicht zur Kenntnis. Erst als er direkt vor ihr stand, blickte sie auf und starrte ihn verdattert an.

„Kann das sein? Wache ich oder träume ich? Seid Ihr es, Meister Telerius?“, stotterte die Biene, doch in ihrer Stimme schwang Freude mit.

„Ich bin es, Bienchen, und ich habe eine Nachricht für euch. Fliege los und verkünde, dass ich eine Versammlung an der alten Eiche ausgerufen habe, heute Abend, wenn die Sonne untergeht“, sprach Telerius mit seiner tiefen, ruhigen Stimme.

„Ich eile und werde Euch nicht enttäuschen“, piepste die Biene und schoss los. Der Greif öffnete seine Schwingen und erhob sich Richtung Himmel.

Kaum war er verschwunden, begannen sich die Leute zu regen und machten da weiter, wo sie aufgehört hatten, als wäre nie etwas gewesen.

Die Sonne schlich über den Himmel, bald schon stand sie hinter den Bergen und begann unterzugehen.

Alle Tiere und Fabelwesen hatten sich unter der großen Eiche versammelt. Nun warteten sie gespannt auf die Ankunft des Meisters Telerius. Alle erwarteten, dass er sich aus den Wolken schwingen und einen prachtvollen Auftritt hinlegen würde. Doch da hatten sie sich getäuscht.

Ein leises Knacken ließ die Versammelten herumfahren. Aus dem Schatten der Eiche schritt Telerius hervor und senkte kurz zur Begrüßung den Kopf. Die Tiere erwiderten dies mit einer Verbeugung.

„Meine Freunde, wir alle wissen, die Zeiten sind schwer, nun aber habe ich gute Neuigkeiten für euch“, sprach Telerius.

Ein Raunen ging durch die Menge.

„Ich habe eine Quelle gefunden, die, wenn wir sie ausbauen, für uns alle einen See mit genug ...“

Ein schabendes Geräusch unterbrach ihn, ein kleines Hügelchen häufte sich auf und ein braunes Köpfchen schob sich aus der Erde. Es war der Maulwurf, der hinaus in die Welt blinzelte. „Entschuldigt bitte die Verspätung, aber ihr erratet nicht, was mir eben passiert ist. Ich grabe so meine Gänge, da krache ich ein und falle, platsch, in eine Quelle, die da so leise vor sich hinplätschert in der Erde.“

Telerius stutzte. „Es muss ein Zeichen sein. Erst meine und dann deine Quelle. Wenn wir die verbinden, können wir einen großen See entstehen lassen. Ich danke dir, Mainau.“

Ein kleiner Pixi trat aus der Menge und sprach: „Mein Meister, das alles klingt ja schön und gut, aber was ist mit uns Landwesen? Wir brauchen doch auch einen Ort!“

„Mein Lieber, ich habe auch euch nicht vergessen. Für euch werden wir zwei Halbinseln bauen, auf denen ihr wohnen könnt. Und außerdem gibt es ja auch noch das Ufer. Ich werde um den See im Umkreis von drei Kilometern einen Schutzzauber legen, der das Betreten böser Menschen verhindern wird. Die Inseln will ich nach dir, kleiner Maulwurf, Mainau und nach unserem Bund Lindau benennen. Den See allerdings nach dem, wo er entspringt, dem Boden. Er wird Bodensee heißen. Wenn wir morgen anfangen und alle mithelfen, könnten wir bis übermorgen Nachmittag fertig sein“, sprach Telerius.

Alle entschlossen sich mitzuhelfen, und so startete am nächsten Tag in aller Frühe die Aktion. Alle waren zu bestimmten Zeiten eingeteilt, sodass Tag und Nacht gearbeitet wurde. Selbst die kleinsten Tiere, wie zum Beispiel die Ameisen, halfen mit beim Graben, Hacken und Bohren.

Es wurde viel geächzt und viele waren kurz davor, alles hinzuschmeißen, doch Telerius hauchte jedem Einzelnen neue Kraft ein. Und so wurde das Werk tatsächlich bereits nach zwei Tagen fertiggestellt.

Ein riesiger, prachtvoller See mit drei wunderschönen Inseln war entstanden.

Ja, ihr habt richtig gelesen, es waren drei Inseln geworden, da sich ein paar Hunde, die unbedingt ihre Herrchen bei sich haben wollten, beschwert hatten. Jeder von ihnen nahm den Anfangsbuchstaben seines Besitzers und so entstand Reichenau, die Insel für die Menschen.

Telerius taufte den See feierlich auf den Namen Bodensee, musste sich dann aber von den anderen verabschieden. Er versprach jedoch, wieder zu erscheinen, wenn die Zeit gekommen war.

Der Zauber tat, was er versprach, und hielt böse Menschen vom See fern. Und das tut er bis heute.

Jule Schury (12) aus Freiburg im Breisgau / Deutschland

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Chaos bei der Vollmondparty

Hallihallöle! Ich bin die Hatschi-Elfe! Ich kann jedem einen Schnupfen herbeizaubern. Allerdings habe ich auch selber immer Schnupfen. Und wenn wir schon beim Schnupfen sind, kann ich euch von meiner Schnupfenkunde, von der Hatschi-Theorie und von der Taschentuch-Wegzauber-Kunst erzählen. Also ...

Was? Ihr wollt darüber nichts hören? Was für ein Jammer! Ihr verpasst etwas, vielleicht ist eure Zukunft jetzt im Eimer, und dann?

Ach, ihr wollt eine Geschichte hören? Sagt es doch gleich! Ich erzähle euch heute von meiner ersten Vollmondparty, denn da ist so einiges schiefgegangen!

HATSCHI!!! Entschuldigung!

Ich erinnere mich noch ganz genau. Ich war 150,666667 Jahre alt, als mich die Zuckerwattefee Sugar zu einer Party einlud. Sie war – und ist immer noch – die Anführerin unseres Elfenclans. Damals war sie schon stolze 10.000,1 Jahre alt und heute hat sie das Alter von 19.000,777345. Jedenfalls war es eine große Feier, es waren fast alle Elfen, Feen und Kobolde eingeladen. Zum Beispiel die Spielefee oder die Tränenelfe, welche die ganze Zeit weinen musste. Sogar der Uhrenkobold hatte ausnahmsweise seine große Wanduhr im Schatzkeller verlassen und erschien in einem grün-weiß gestreiften Anzug.

Am Anfang ging alles gut, wir aßen selbst gemachten Kleekuchen und tranken Rosinentee.

Doch plötzlich schlug die Uhr schon Mitternacht. Das konnte doch gar nicht wahr sein, oder? Hastig räumten wir das Geschirr in die GK (Gemeinschaftsküche), aber als wir zurückkamen, war es wieder 16.00 Uhr! Das waren der Uhrenkobold und seine Frau gewesen! Wütend schoss ich einen Schnupfenblitz in die Richtung der beiden. Doch sie waren schneller und rannten kichernd aus der Höhle. Der Blitz aber traf meine allerbeste Freundin Colori, die Farbenfee. Sie musste fürchterlich niesen, dabei stieß sie mit der Backfee Cookie zusammen, die gerade eine Torte hereinbrachte. Die Torte flog im hohen Bogen durch die Höhle und landete mitten in Sugars Gesicht. Die kreischte und schlug wild um sich.

Da fiel eine brennende Kerze um und die Tischdecke fing Feuer. 200 Elfen, Feen, Kobolde und andere Wesen flüchteten ins Freie. Schon kamen auch die Feuerwehrkobis (Kobolde, die zwischen 111 und 222 Jahre alt sind) mit einem langen Wasserschlauch angerannt. Doch wir Zauberwesen saßen bibbernd in der Kälte und betrachteten die abgebrannte Höhle.

Da hatte ich die rettende Idee: „Lasst uns doch zur Meerjungfrau Charlie in den Bodensee tauchen! Sie hat immer diese leckeren Zimtkekse.“

Also liefen alle gemeinsam zum Bodensee und tauchten zu Charlie hinunter in ihren Algenpalast. So nahm meine erste Vollmondparty also doch noch ein glückliches Ende.

Larissa Kelm (11) aus Berlin / Deutschland

*

Mein Traum

Er war einfach da. Er ging nie wieder fort. Er sollte mich zum Ende führen. Als ich es zum ersten Mal träumte, war es warm. Ich guckte mich um. Es war nicht einmal wirklich dunkel und alle Bäume trugen noch grüne, saftige Blätter. Ich befand mich in einem Wald, mit Bäumen, die so groß waren wie Hochhäuser und von denen es so viele gab, wie es noch nie jemand gesehen hatte. Er lag vor mir. Ein ewig langer, pechschwarzer Teppich. Ich sah ihn zum ersten Mal in meinen Träumen und er war sehr, sehr lang. Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen. Es passierte nichts. Ich ging weiter. Schneller und schneller. Ich wollte wissen, was sich am Ende verbarg.

Wenn ich nach vorne schaute, wurde es dort hell. So hell wie die Sonne. Ich hielt mir die Hand vor die Augen und drehte mich leicht zur Seite, aber ich ging weiter. Die Helligkeit befand sich um einen See herum. In dem Dunkelblau des Wassers konnte man sich glatt verlieren. Aber sonst sah ich nichts. Ich meine, da war nichts! Keine Fische, keine Pflanzen. Absolut gar nichts. Nicht einmal ein leises Plätschern. Der See war völlig ohne Leben.

Plötzlich drehte sich alles um mich herum. Wind kam auf und wirbelte meine Haare durcheinander. Er rüttelte an den Bäumen und ich starrte nur auf den See, der ganz ruhig dalag.

Auf einmal erhob sich Wasser aus der Mitte des Sees. Es war sehr klar und durchsichtig. Es formte sich. Irgendwie machte es mir Angst, weil es so riesig wurde. Ich erahnte schon eine Gestalt. Sie sah aus wie ... wie eine Meerjungfrau.

Sie sprach mit leisen, freundlichen Worten zu mir und lächelte dabei. „Komm zu mir“, murmelte sie und machte dabei eine Handbewegung zu sich hin. „Steig in den See! Wir brauchen dich!“

Ich tat, was sie sagte. Ich konnte nicht anders. Es war, als würde jemand anderes mit meinen Füßen gehen. Ich starrte die Meerjungfrau nur mit offenem Mund an. Sie lächelte weiter.

Der See wurde umso tiefer, je weiter ich hineinging. Es kam mir vor, als würde er immer größer werden. Das Wasser war noch relativ warm. Ich schaffte es aber nur, bis zum Bauchnabel hineinzusteigen.

Dann fuhr ich hoch. Ich war schweißgebadet und bekam schlecht Luft. Als ich mich umsah, erkannte ich, dass ich im Krankenhausbett lag. Ich war jedes Mal traurig, wenn ich aufwachte, weil mir dann jedes Mal wieder einfiel, dass ich vielleicht nur noch ein paar Tage hatte. Und jedes Mal musste ich mich von Neuem von allen verabschieden. Das war die Hölle.

Seit ein paar Wochen war ich nun schon im Krankenhaus. Die Krankheit war wohl schon so weit fortgeschritten, dass man sie nicht mehr heilen konnte. Meine Mutter schaute mich an. „Na, Süße, was hast du dieses Mal geträumt?“

Ich erzählte es ihr. So wie jeden Morgen. Aber diesmal hatte es sich so echt angefühlt. So real.

Ich bekam mein Frühstück und wurde wieder untersucht. So wie immer. Nur irgendetwas war anders. In der nächsten Nacht träumte ich das Gleiche wie in der Nacht zuvor. Und wieder und wieder. In jeder Nacht, in der ich es träumte, wurde es dunkler, kälter, stürmischer und die Meerjungfrau wurde immer trauriger. Ich ging jedes Mal ein Stückchen tiefer in den See.

Eines Nachts war der Sturm so stark, die Nacht so dunkel, so kalt, das Wasser so eisig und die Meerjungfrau so traurig, dass ich komplett im See verschwand. Hier war es wunderschön. So bunt und mit so vielen Fischen und Pflanzen. Ich war glücklich, endlich nicht wieder kurz vorher aufgewacht zu sein, und freute mich darüber, dass ich nun in diesem Paradies leben durfte. Am nächsten Morgen fand meine Mutter mich nicht im Bett. Sie suchten Tage und Nächte nach mir, aber sie fanden mich nicht.

Im See flüsterte mir eine Stimme ins Ohr: „Du bist hier, um zu kämpfen!“

Shalyn Delhaes (13) aus Mettmann / Deutschland

*

Der goldene Fisch vom Bodensee

Es war einmal ein goldener Fisch im Bodensee. Er war so schön, dass alle Leute ihn haben wollten. Der König des Landes wollte ihn ebenfalls. Aber es gab auch eine Räuberbande, die den Fisch besitzen wollte. Und kurze Zeit später schmiedete die Räuberbande einen Plan:

„Lieber Bruder“, sprach der Anführer der Räuber, „wir müssen diesen Fisch bekommen, koste es, was es wolle.“ Die Räuber steckten ihre Köpfe zusammen, wie man es damals gemacht hat.

Nun rief einer: „Ich hab’s! Wir geben uns als Fischhändler aus. Dann fällt es nicht auf, dass wir Räuber sind.“ Die Räuber sahen einander an und grinsten.

„Los, Männer, ans Werk!“, brüllte der Anführer.

Zur gleichen Zeit ging der König in seinem Palast unruhig auf und ab. Er dachte bei sich: „Wo treibt sich bloß diese Räuberbande herum? Soll ich meine Soldaten holen, dass sie diese suchen gehen, oder soll ich einen Boten schicken? Ja, besser einen Boten; denn wenn ich weiß, wo die Räuber sind, kann ich sie ganz einfach gefangen nehmen. Und wenn ich die Räuber hab, dann können sie mir den goldenen Fisch vom Bodensee auch nicht mehr wegnehmen.“

Währenddessen trieben sich auf dem Markt unbemerkt ein paar Fischhändler mit langen Bärten herum, die goldene Fische gegen Geld eintauschten. Da sie keine echten Fischhändler waren und die gute Hexe Kräuterweiß ihre bösen Pläne durchschaute, gab es viele Fehlalarme. Denn die Hexe verwandelte sich zum Beispiel in ein goldenes Felchen.

Als einer der Räuber diesen Fisch sah, ging er auf die Verkäuferin zu und schrie sie an: „Gebt mir den Fisch oder Ihr werdet sterben!“

Mit zitternden Händen gab die Fischverkäuferin ihm das goldene Felchen heraus und flüsterte: „Es sollte ein Geschenk für mein Kind sein.“

„Das ist mir egal“, entgegnete der Räuber.

Plötzlich begann der Fisch zu glühen und der Räuber ließ ihn aus den Händen fallen. Im nächsten Augenblick lag nur noch ein kohlschwarzes Felchen vor ihm auf dem Boden.

„Los, lasst uns abziehen“, sagte der Räuber verdrossen zu seinen Kumpanen. Alle waren einverstanden. Sie hatten es satt, Fischhändler zu sein.

Zurück im Wald stießen sie auf den Spion des Königs. „Guten Tag, verehrte Herrschaften!“, grüßte der Spion.

„Was willst du hier in unserem Gebiet?“, fuhr ihn der Räuberhauptmann barsch an.

„Ich habe euch gesucht, um euch auf einen Humpen Bier einzuladen“, erwiderte der Bote des Königs scheinheilig. „Folgt mir!“

Sie gingen über eine hohe Brücke und stiegen anschließend einen steilen Felshang hinauf. Ganz oben angelangt folgten sie dem Spion in eine große Höhle. Es roch dort nicht gerade gut.

„Los, nun rück das Bier heraus!“, rief einer der Räuber.

„Nur blöd, dass wir den goldenen Fisch vom Bodensee nicht haben“, fügte ein anderer hinzu.

Der Bote holte einen großen Krug hervor und goss in jeden Becher einen ganzen Liter Bier. Es wurde gelacht, geprahlt und getrunken. Als alle betrunken in einer Ecke lagen, schlich der Spion heimlich aus der Höhle heraus und eilte in das Schloss des Königs. Als dieser erfuhr, wo sich die Räuber aufhielten, ließ er sofort alle Soldaten, die er hatte, nachschicken und den Boten reichlich belohnen.

Als die Soldaten die Räuber erblickten, fesselten sie diese, schütteten selber noch schnell ein Glas Bier hinunter und traten dann mit ihren Gefangenen den Heimweg an. Der König ließ die Räuber ins tiefste Verlies werfen, das er auf seiner Burg hatte.

In der Zwischenzeit gab der König den Befehl aus, dass alle seine Fischer vom Bodensee versuchen sollten, den goldenen Fisch zu fangen. Am Abend kamen alle zurück, aber ohne Erfolg.

Am nächsten Morgen, als der König endlich aus seinem Bett aufstand, traute er seinen Augen nicht: Auf seinem Schreibtisch sah er ein Aquarium mit dem goldenen Fisch darin. Denn die gute Hexe Kräuterweiß hatte den Fisch aus dem Bodensee heraus- und in das Aquarium hineingezaubert. Da gab der König dem Fisch sofort Futter und sagte dann zu sich selbst: „Dieser Fisch ist viel zu schön, um ihn zu verspeisen. Lieber möchte ich ihn mir immer wieder anschauen. Ich werde heute noch ein Fest feiern, das drei Tage dauern soll.“

So wurde ein prachtvolles Fest gefeiert und alle Gäste bestaunten den herrlichen Fisch. Da war der König sehr stolz.

Und wenn der goldene Fisch vom Bodensee nicht gestorben ist, so schwimmt er noch heute fröhlich in seinem Aquarium im Königspalast umher.

Ludwig Merz (8) aus Nördlingen / Deutschland

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Die Meeresprinzessin

Vor langer Zeit lebte in einem kleinen Dorf am Bodensee eine Prinzessin mit so wunderschönem goldenem Haar, das alle jungen Männer sie gerne zur Frau gehabt hätten. Und als sie nun 15 Jahre alt war, kamen von überallher die Prinzen und Grafen, um sie zu umwerben. Aber nicht nur die Edelleute kamen, sondern auch die Knappen und Burschen sowie alle Jünglinge, die noch nicht versprochen waren. Der König wusste sich keinen anderen Rat, als ihnen eine schwere Prüfung zu stellen, und wer diese bestand, sollte der neue König des Landes werden.

Er ließ alle seine Hofschreiber und Gelehrten zu sich kommen und fragte sie: „Welche Probe kann schwer genug sein, damit ich demjenigen, der sie besteht, meine Tochter zur Frau geben könnte?“

Dem König wurden viele Vorschläge genannt, aber keine Probe schien ihm schwer genug zu sein. Schließlich ging er und fragte die Prinzessin selbst, welche Prüfung er den Brautwerbern stellen sollte.

Da sprach die Prinzessin: „Im Bodensee schwimmt ein Stör, der so groß und schön sein soll wie kein anderer. Noch niemand hat ihn je gesehen. Wer dir den bringt, soll mich zur Frau haben.“

Damit war der König einverstanden und er schickte einen Boten aus, der die Nachricht im ganzen Reich verkündete. Und schon bald tummelten sich viele Brautwerber am See, um den Fisch zu fangen. Aber keinem wollte es gelingen. Nachdem die erfolglosen Edelleute davongezogen waren, kamen all die anderen und versuchten ihr Glück.

Die Prinzessin beobachtete das Geschehen von ihrem Fenster aus und hatte sich schon längst für einen Mann entschieden. Es war ein hübscher Knabe, der jedoch aus schlechter Familie kam und alte abgewetzte Kleidung trug. Er hatte nur noch einen Angelplatz direkt am Ufer bekommen, wo fast nie ein Fisch vorbei schwamm. Die anderen verspotteten ihn für diesen schlechten Platz. Aber gerade diesen liebte die Prinzessin von Herzen und ihm war sie mehr zugetan als allen anderen Brautwerbern zusammen. Als sie aber ihrem Vater davon erzählte, wurde dieser wütend.

„Ich kann dich doch nicht mit einem solchen Knaben verheiraten!“, rief er. „Auslachen würde man mich!“

Die Liebe der Prinzessin aber war so groß, dass sie sich am Abend, als Nonne verkleidete, sich aus dem Palast schlich und den Jüngling am See aufsuchte. Er angelte sogar nachts weiter, in der Hoffnung, dann mehr Glück zu haben.

Die Prinzessin trat zu ihm und sprach: „Schöner Knabe, ich bin die Prinzessin.“ Sie öffnete ihr Nonnengewand und die langen goldenen Locken fielen ihr den Rücken herunter.

Da staunte der Jüngling und fragte: „Was führt euch zu mir, Hoheit?“

Die Prinzessin sprach: „Ich bin dir von allen Brautwerbern am meisten zugetan, aber mein Vater will mich an einen Mann aus gutem Hause verheiraten. Doch das kann ich nicht zulassen! So höre meinen Plan: Ich schleiche mich morgen Abend wieder aus dem Schloss und nehme mein Pferd mit, es heißt Sultan und ist das schnellste des ganzen Königreichs. Wir fliehen zusammen in ein Nachbarreich, wo wir unsere Liebe leben können.“

Der Knabe war so verwundert, dass er nur stumm nicken konnte.

Am nächsten Abend kam die Prinzessin wieder, diesmal als Magd verkleidet, und führte ein schwarzes Pferd am Zügel. Die beiden saßen auf und näherten sich schon bald der Landesgrenze.

Doch inzwischen war im Schloss das Verschwinden der Prinzessin bemerkt worden und man ließ alle Grenzposten streng bewachen. Als sie nun am Tor ankamen und hindurchreiten wollten, rutschte eine goldene Locke aus der Kapuze der Prinzessin.

Die Wachmänner erkannten sie und riefen: „Da ist die Prinzessin!“

Sofort gab der Knabe dem Pferd die Sporen und ritt geradewegs auf den Bodensee zu. Am Ufer saßen sie ab. „Was nun?“, fragte die Prinzessin ängstlich. „Gleich werden sie uns haben!“

Sie hörten, wie die Wachen immer näher kamen. Da zögerten sie nicht lange und sprangen in den See, in das kalte dunkle Wasser. Doch als sie eintauchten, geschah etwas Sonderbares: Das Wasser um sie herum begann zu leuchten. Auf einmal war ihnen wohlig warm. Als sie an sich hinunter blickten, hatten sie beide Fischschwänze anstelle ihrer Beine.

Dann kam der König des Sees herangeschwommen, der sagenumwobene Stör. Es schien fast so, als lächelte er. Und obgleich er die Lippen nicht bewegte, konnten die Liebenden doch seine Sprache verstehen. Er sprach: „Seid willkommen in meinem Reich. Ich will euch aufnehmen und an meiner Seite den See regieren lassen. Und später, in vielen Hundert Jahren, wenn ich sterben werde, sollt ihr an meiner Stelle herrschen. Denn mit eurer Liebe habt ihr mein Herz erweicht und nun sollt ihr ewig vereint leben.“

Die Prinzessin und der Knabe lächelten sich an. Genau davon hatten sie ihr ganzes Leben geträumt. Doch jetzt schien es, als würde alles wahr werden. Sie lebten das Leben, von dem sie immer geträumt hatten. Als der Stör viele Jahre später starb, regierten sie an seiner Stelle ein Reich voller zufriedener Untertanen.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Sarah Bingeser (11) aus Kaiserslautern / Deutschland

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Der Wald der toten Seelen

Teil 1: Das geheime Portal

Irgendwo im Norden Deutschlands lag an den lärmenden, von Fahrzeugen befahrenen Autobahnen zwischen den vielen Wäldern an ihrem Rand ein ganz besonderer Wald. Er besaß normalen Bewuchs aus großen, kräftigen Bäumen mit starken Stämmen und hohen Gipfeln. Dennoch rankte sich um ihn ein Geheimnis. Dieses Geheimnis war der Grund, warum es im Wald immer nebelig war und warum dortige Schatten immer so lang wurden wie Riesen.

Es gab nämlich eine Düsternis, die von einem geheimen Portal in der Mitte des Waldes ausging. Doch niemand wusste, was sich hinter diesem Portal verbarg. Es gab sogar nur wenige, die von seiner Existenz wussten, sodass sich ihm selten jemand auch nur näherte. Und wenn es einer tat, lief er immer vor Angst davon, denn das Portal versprühte Angst und Furcht in seine Umgebung.

Spaziergänger, die sich bei dem Tosen der lärmenden Autobahn nicht wohlfühlten, liefen lieber durch die angrenzenden Wälder. Die boten viel Idylle, und erleuchtete Pfade führten hindurch. Der Wald blieb also lange Zeit einsam und unbesucht.

Aber eines Tages kam ein junger Geocacher. Geocaching war ein weltweit verbreitetes Spiel, bei dem Schätze gesucht wurden, die andere Spieler mithilfe von Koordinaten versteckt hatten.

Der Junge suchte also einen Geocache namens Portal im Wald. Es war ein Schnitzeljagd-Geocache, der von einem vorherigen Cacher, der an diesem Ort gewesen war, gelegt worden war. Dieser war trotz seiner Furcht so beeindruckt gewesen, dass er sich entschieden hatte, hier einen Schatz zu verstecken. Dieser Geocache war also ziemlich neu, sodass der Junge sich sicher war, der erste Finder sein zu können. Die Schnitzeljagd führte durch den Nebelwald, über geheime Pfade, durch düstere Grotten und zuletzt zum Portal. Der Junge, dessen Name Jakob war, stand nun beeindruckt davor. Er spürte zwar eine bestimmte Angst, doch gleichzeitig wollte er sich von dem eindrucksvollen Anblick nicht lösen.

Sein Unbehagen vergrößerte sich allerdings, als er hinter dem mystischen Portal Stimmen hörte. Singende, weiche und schöne Stimmen, deren Klang ihn erst verzauberte und dann panisch werden ließ. Er bekam solche Angst, dass er schnell den Geocache fand, sich im Logbuch, in das man sich immer eintragen musste, verewigte und dann weglief.

Einige Zeit blieb er von diesem Wald weg, doch dann kam Dunkles auf die Menschheit zu. Der Himmel verfinsterte sich eines Nachmittags und blieb so. In Dörfern kamen einige Menschen auf seltsame Art und Weise um und das Wasser der Flüsse wurde grau und trüb. Selbst die silbrigen Kaskaden, die in so mancher Idylle zu finden waren, verwandelten sich in düstere Gewässer, von denen giftiger Nebel emporstieg. Tiere starben in den Wäldern. Dunkle Schatten, deren Herkunft unbekannt blieb, zogen durch die Welt und jeden Abend gaben sie einen tragischen Gesang von sich. Niemand wusste, woher dies alles kam, und die Not vergrößerte sich.

Jakob entschied inzwischen, dass er etwas tun musste, denn in seinem Dorf herrschte Unglück. Außerdem hatte er immer davon geträumt, das Böse zu besiegen und zum Held zu werden.

Er brauchte Rat und wusste, dass der Einzige, der ihm weiterhelfen könnte, der Einsiedler Dippold war. Dippold schlief in einer Höhle in den Wäldern in der Nähe von Jakobs Dorf und lebte im Wald.

Jakob ignorierte sämtliche Warnungen.

„Geh nicht!“

„Was willst du im Wald? Dort ist es gefährlich. Der Einsiedler ist doch sowieso nur ein armer Irrer!“

„Bist du verrückt? Geh zu diesen Zeiten in den Wald und du wirst niemals, niemals sage ich dir, zurückkehren!“

Trotz allem machte sich Jakob auf den Weg. Nichts konnte ihn abhalten. Er fühlte sich beflügelt: Das Abenteuer hatte begonnen!

Teil 2: Die Tore zum Tod

Als Jakob unbeschadet an der Höhle des Einsiedlers ankam, konnte er diesen bereits sehen.

„Welche Freude!“, sprach Dippold. „Kommt mich in diesen Zeiten doch jemand besuchen.“

Der Junge trat ein und setzte sich.

„Wieso bist du hier?“, fragte Dippold.

„Ich brauche deinen Rat“, antwortete Jakob, erschöpft von der langen Wanderung zur Höhle.

„Geht es um diese dunklen Zeiten?“, fragte der Einsiedler.

Jakob nickte und erzählte dem alten Mann, wieso er seine Hilfe brauchte und wieso er die Schatten besiegen wollte. Auch von dem Portal berichtete er dem Einsiedler. Der kraulte sich an seinem Bart, nachdem der Junge zu Ende erzählt hatte. Viele Jahre schon hatte er gelebt und viele Dinge erlebt, doch das hier war neu für ihn. Schließlich kam er zu einem gut durchdachten Schluss.

Er sprach: „Du, Junge, du tust gut daran, helfen zu wollen, obgleich du noch sehr jung bist. Das Portal im Wald, welches du fandest, ist tatsächlich magisch. Es führt zu einem Ort, der Tote in den Himmel leitet. Dorthin, wohin am Ende jeder gelangen soll. Doch die toten Seelen wurden verraten! Das Tor zum Himmel im Turm der Schlangen wurde verschlossen, sodass die Geister in unsere Welt dringen und Unheil verbreiten. Erst wenn das Tor geöffnet wird, wird unsere Welt befreit. Es ist ein gefährlicher Weg. Willst du ihn wirklich auf dich nehmen?“

„Ja“, antwortete Jakob.

„So nimm dies“, sprach Dippold. Er reichte dem Jungen ein kurzes und leichtes Schwert mit feiner Klinge aus schimmerndem, edlem Stahl. Dann griff er in die Tasche und holte einen kleinen schwarzen, mit Diamanten verzierten Schlüssel heraus. Er legte ihn in Jakobs Hände.

„Woher hast du den?“, fragte Jakob verwundert, als er erkannte, wozu der Schlüssel diente. Doch der Einsiedler gab ihm nur eine undeutliche Antwort.

Etwas später stand Jakob vor dem Portal im Nebelwald. Er atmete tief durch und dachte über den Rat nach, den Dippold ihm gegeben hatte. Dann trat er ganz langsam und trotz der Angst, die er verspürte, durch das Portal. Ein Frösteln durchlief ihn, alles drehte sich, dann war er auf der anderen Seite. Er blinzelte, weil er seinen Augen nicht traute.

Als er ins Freie trat, befand er sich in einem nebeligen Tannenwald. Nur hingen an den Bäumen statt Tannennadeln Kristallkugeln. Der Gesang, den er schon einmal gehört hatte, hing in der Luft und Geister flogen umher.

Jakob wusste, wo er war: Im Wald der toten Seelen, wo die Geister der Verstorbenen hinkamen, um zum Himmel aufzusteigen.

„Der Ort, wohin am Ende jeder kommt“, flüsterte Jakob. Und nun musste er den Turm der Schlangen finden, um das Tor zum Himmel zu öffnen. „Oder das Tor zum Tod?“, fragte er sich im Stillen.

Dann begann er, durch die düsteren Pfade im Wald der toten Seelen zu laufen, während er sich immer mehr fürchtete. Denn er war weit von zu Hause weg, verloren in einem dunklen Wald.

Doch den Turm, den fand er nicht.

In heller Panik entfernte er sich immer weiter vom Portal.

Doch den Turm, den fand er nicht.

Und vorbei an nebligen Fratzen und dunklen Gestalten, die ihn aus dem Schatten anstarrten.

Doch den Turm, den fand er nicht.

Letztendlich kam er an ein Moor. Dort brach er erschöpft zusammen. Aus dem Moor stiegen dunkle, finstere Gestalten auf. Er war verloren ... und den Turm, den fand er nicht.

Er war gefangen ... in der Falle ... die Gestalten näherten sich ... den Turm, den fand er nicht ... oder doch?

Jakob sprang auf. Jenseits des Moores, auf der anderen Seite, da sah er durch den Nebel einen Turm. Schwarz und passend zum Schlüssel. Er lief vorbei am Moor, weg von den Gestalten, bis er vor dem großen und dunklen Schlangenturm stand. Das Tor stand sperrangelweit offen, als würde es ihn einladen hineinzutreten. Und das tat er auch.

Im Turm war es dunkel und schaurig, doch Jakob stieg trotz des Unbehagens die Wendeltreppe hinauf, die den ganzen unteren Teil des Turmes ausfüllte. Er kam in einem der oberen Räume an. An den Seiten dieses Raumes standen Becken mit Fontänen. Er bestand ausnahmslos aus einem blauen, schimmernden Gestein, bis auf das Tor, das in die gegenüberliegende Wand eingemeißelt war. Es war verschlossen, doch das blaue Schlüsselloch schien zu dem Schlüssel zu passen.

Jakob schritt durch den Raum, doch dabei bemerkte er nicht, dass sich an den Seiten des Tores zwei mannshohe, schimmernd blaue, aufrechte Schlangen befanden. Die erste stürzte sich gleich auf Jakob, die zweite wartete im Hintergrund. Der Junge wurde zu Boden geworfen, er sah die zwei Reißzähne des geöffneten Mauls vor sich. Blitzschnell stieß er der Schlange sein Schwert in den Mund und sprang auf. Nun griff ihn die andere an. Sie war stärker als die erste, doch Jakob konnte sie nach einem kurzen Kampf ebenfalls besiegen.

Dann wandte er sich dem Tor zum Tod zu. Er nahm den Schlüssel und steckte ihn in das Schlüsselloch. Dann drehte er ihn. Ein Strahl grellen Lichts blendete Jakob, als das Tor mit ungeheuerlicher Leuchtkraft aufschwang.

Andreas Schneider (13) aus Schenefeld / Deutschland

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Ein Traum geht in Erfüllung

Im Morgenweg, nicht weit von Elusch im Flowerland, lebten viele Kinder. Jeden Abend erzählte ein alter, weiser Mann ihnen eine Gutenacht-Geschichte.

Eines Abends trommelte er wieder alle Kinder aus der Straße zusammen und sprach: „Ich möchte euch ein Märchen vom Bodensee erzählen!“ Die Kinder jubelten und der weise Mann begann.

Weit, weit entfernt von hier lebten zehn kleine Elfen am Bodensee, die aber nur nachts aus ihren Verstecken kamen. Ihr größter Wunsch war es, einmal die schönen Fische unter Wasser zu sehen. Das ging aber nicht, denn bei der Berührung mit Wasser lösten sie sich auf.

Eines Nachts verließen die Elfen ihr Versteck und spielten draußen. Als sie sich ausgetobt hatten, setzten sich alle zehn an den See und waren traurig, weil sie die Fische nicht sehen konnten. Langsam gingen sie wieder in ihr Versteck, denn es wurde allmählich hell. Sie schliefen sofort ein.

Am Mittag erwachte eine Elfe und schaute traurig. Sie sah, wie die Menschenkinder tauchten und schwammen. So gern wollte sie die Fische sehen!

Plötzlich kam der Schatten eines Menschen auf sie zu. Sie rannte schnell in das Versteck, aber das Mädchen sah, wohin die Elfe gelaufen war. Es schaute sie mit großen Augen an und flüsterte: „Ich tue dir und deiner Familie nichts.“

Die Elfe stotterte: „K...k...komm i...i...in der N...n...nacht wieder, i...i...ich muss schlafen.“

„Okay, tschüss!“, sagte das Mädchen.

Wie verabredet kam das Mädchen nachts wieder. Als die anderen Elfen es sahen, rannten sie zurück ins Versteck. Nur die eine Elfe nicht.

Alle riefen: „Komm schnell!“

„Nein“, sagte die Elfe. Alle schauten sie fassungslos an.

Vor ihnen stand das Mädchen und rief: „Kommt her, traut euch nur, ich tue euch nichts!“

Jetzt verstanden die anderen gar nichts mehr.

Die Elfe meinte: „Ich erzähle euch die ganze Geschichte. Ich konnte nicht schlafen, weil Menschenkinder draußen tauchten und schwammen. Ihr wisst doch, was unser Traum ist?“

„Ja!“, antworteten die Elfen im Chor.

„Was meint ihr?“, sagte das Mädchen.

„Unser Traum ist es, die Fische im Bodensee unter Wasser zu sehen. Aber wenn wir ins Wasser gehen, lösen wir uns auf. Dabei wollen wir die Fische so gern sehen!“ Die Elfen schauten traurig und schwiegen.

Das Mädchen überlegte und sagte dann leise: „Ihr habt doch gesagt, dass ihr kein Wasser berühren dürft?“

„Stimmt“, riefen alle Elfen enttäuscht.

„Gut, dann habe ich eine Idee. Die verrate ich euch morgen. Jetzt muss ich nach Hause.“

Die Elfen konnten den ganzen Tag kaum schlafen, so aufgeregt waren sie. „Was ist das für eine Idee? Was hat sie vor?“, fragten sie einander ständig.

Am Abend, als alle Menschen den Bodensee verlassen hatten, kamen die kleinen Fabelwesen aus ihrem Versteck. Sie warteten und warteten. Plötzlich hörten sie Fußgetrampel. Es war das Mädchen.

„Nun sag schon, was hast du für eine Idee?“, riefen die Elfen aufgeregt.

„Moment, mir ist eingefallen, dass ich mich noch nicht vorgestellt habe. Ich heiße Lotte.“ Sie lachte und erklärte: „Jetzt zu meiner Idee. Mein Papa hat eine Taucherglocke.“

„Was ist denn eine Taucherglocke?“, fragten die Elfen.

„Eine Taucherglocke ist wie ein kleines Boot, das unter Wasser fahren kann. Vorne ist eine Scheibe, durch die man durchschauen kann. Dann kann man auch Fische sehen. Wenn mein Papa mir zeigt, wie es geht, kann ich euch mitnehmen“, sagte das Mädchen außer Atem. Daraufhin rannten alle in Lottes Arme. So sehr freuten sich. Lotte rannte gleich darauf zu ihrem Vater. Der hatte nichts dagegen und Lotte übte zwei Tage lang.

Am Abend lief sie zu ihren kleinen Freunden. „Jetzt geht es los. Mein Vater hat mir alles erklärt.“

Alle waren aufgeregt. Lotte ließ den Motor an und die Glocke wurde langsam ins Wasser gelassen. Es wurde immer spannender. Langsam ging es zum Meeresgrund. Von allen Seiten hörte man Rufe wie „Ah!“ und „Oh!“.

„Schau mal, da sind Fische!“, brüllte ein kleine Elfe aufgeregt. Die Fische sahen sehr, sehr schön aus.

Die Elfe, die das Mädchen gefunden hatte, sagte: „Das werden wir dir niemals vergessen! Elfen können Wünsche erfüllen. Wenn du einen hast, dann sag ihn mir!“

„Im Moment habe ich keinen Wunsch“, erwiderte Lotte. Die Elfen lächelten einander an.

„Das war das Märchen vom Bodensee“, schloss der alte Mann.

Alle Kinder klatschten und gingen schließlich ins Bett. Nachts träumten sie von Fischen, von kleinen Elfen und von Lotte.

Maren Isermann (10) aus Bonn / Deutschland

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Das geheimnisvolle Amulett

Es waren einmal zwei wunderschöne Meerjungfrauen. Die lebten im Bodensee. Die beiden hießen Nixi und Lina. Nixi und Lina waren ganz besondere Meerjungfrauen, denn sie besaßen geheimnisvolle Kräfte. Nixi konnte Wasser zu Eis gefrieren und Lina Sturm herbeizaubern. Das half ihnen in gefährlichen Situationen sehr gut weiter. Denn wenn ein Fischerboot kam, um sie einzufangen, ließ Nixi das Wasser schnell zu Eis gefrieren und das Boot steckte fest. Das ärgerte die Fischer sehr.

Darauf war auch Lina aus, wenn sie einen tobenden Sturm herbeizauberte. Durch den Sturm peitschten die Wellen so hoch, dass sich keine Fischer mehr aufs Meer trauten.

Eines Tages trafen sich die beiden wieder an ihrem geheimen Ort, dem Zaubersee. So hatten sie ihn genannt, weil sie dort ihre Zauberkräfte bekommen hatten. Der Zaubersee war märchenhaft schön, alles glitzerte und funkelte in bunten Farben. Sie plauderten ein wenig, als Lina plötzlich etwas leuchtend Blaues zwischen den Steinen versteckt sah.

„Schau mal, was ist denn das?“, rief sie aufgeregt.

Nixi staunte: „Ein wunderschönes Amulett!“, und legte es sich um den Hals.

„Das steht dir“, sagte Lina lächelnd. „Bestimmt fahren jetzt alle Meerjungmänner auf dich ab.“

Nixi errötete und antwortete deshalb genervt: „Jetzt lass es uns doch endlich den anderen zeigen.“

So schwammen sie durch den See zu ihren Freunden. Als sie Melina trafen, Nixis große Schwester, riefen sie: „Schau mal, Melina, was wir für ein schönes Amulett gefunden haben!“ Aber Melina zeigte keine Begeisterung. Stattdessen hielt sie sich erschrocken die Hand vor den Mund.

„Was hast du?“, fragte Nixi.

„Das ist ... das ist ... so was von gefährlich!“, stotterte Melina. „Lasst sofort das Amulett fallen, sonst könntet ihr eure Kräfte für immer verlieren!“ Jetzt war auch Lina geschockt.

Nixi fragte: „Warum ist das denn so?“

„Weil das Amulett von einer Zauberin verhext wurde“, antwortete Melina. Diese Geschichte wurde zumindest erzählt.

Schnell warf Lina das Amulett ins Wasser. Plötzlich gab es einen lauten Knall und im Qualm erschien ein Meeresgeist. Die drei Meerjungfrauen hatte riesige Angst, doch der Geist sagte mit ruhiger Stimme: „Ihr braucht keine Angst vor mir zu haben, ich tue euch nichts. Ihr habt drei Wünsche frei, weil ihr das Amulett ganz schnell ins Wasser geworfen habt.“

Nixi wünschte sich eine neue Zauberkraft, Lina wünschte sich ein Pfund Garnelen, das war ihr Leibgericht, und Melina eine neue Schwanzflosse in Türkis.

„Euer Wunsch sei mir Befehl!“, rief der Meeresgeist. Lina hatte noch eine Frage, aber schon war er verschwunden.

Inzwischen war es schon sehr spät und alle waren müde. „Mir fallen schon die Augen zu“, flüsterte Lina. Und so fielen alle in einen tiefen Schlaf.

Am nächsten Morgen wachten die drei Meerjungfrauen sehr früh auf. Aber Melina hatte nicht mehr ihre alte Schwanzflosse, sondern eine wunderschöne neue in glitzerndem Türkis.

Lina freute sich über einen Riesenteller Garnelen, den sie gleich verputzte, und Nixi über ihre neue Zauberkraft. Sie konnte nun Wasser erhitzen. Alle freuten sich riesig und riefen: „Juhu, dann war das also doch kein Traum!“

Ihre Wünsche waren in Erfüllung gegangen. Und so lebten sie glücklich und zufrieden weiter. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Leonie Mintken (9) Wittmund / Deutschland

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Der verzauberte Bodensee

Es war einmal ein großer See: der Bodensee.

---ENDE DER LESEPROBE---