Make it count - Gefühlsbeben - Carrie Price - E-Book
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Make it count - Gefühlsbeben E-Book

Carrie Price

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Beschreibung

Prickelnd und aufregend – Die zweite "Ocenside-Love-Story" der "Make it count"-Reihe von Ally Taylor und Carrie Price Lynn hat das Kleinstadtleben hinter sich gelassen. Zu viel Schmerz verbindet sie mit Oceanside. Am College in Boston gibt sie sich kühl und sarkastisch. Der Einzige, der sie durchschaut, ist der unverschämt gut aussehende Jared Parker. Sein bloßer Anblick lässt die Mädchen reihenweise dahinschmelzen. Nur Lynn scheint gegen seine Reize immun zu sein. Aber wieso hat sie trotzdem jedes Mal ein mulmiges Gefühl, wenn sie ihn sieht? Wird er es schaffen, die harte Schale um Lynns Herz zu durchbrechen? Alle Bände der New-Adult-Serie "Ocenside-Love-Stories" von Ally Taylor und Carrie Price: Band 1 - "Make it count - Gefühlsgewitter" Band 2 - "Make it count - Gefühlsbeben" Band 3 - "Make it count - Dreisam" Band 4 - "Make it count - Sommersturm"

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Seitenzahl: 262

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Carrie Price

Make it count - Gefühlsbeben

Roman

Knaur e-books

Über dieses Buch

Unnahbar und verführerisch

Lynn Chase hat das Kleinstadtleben hinter sich gelassen. Zu viel Schmerz verbindet sie mit dem malerischen Städtchen Oceanside. Am renommierten Kensington College in Boston versteckt sie ihr empfindsames Herz hinter einer Fassade aus Sarkasmus.

Der einzige, der sie durchschaut, ist der unverschämt gutaussehende Jared Parker. Er lässt die Herzen ihrer Kommilitoninnen höherschlagen und beflügelt so manche Fantasie. Sein Blick trifft genau in Lynns Seele – doch sie lässt sich nichts anmerken und scheint gegen seine Reize immun zu sein. Wird er es schaffen, die harte Schale um Lynns Herz zu durchbrechen?

Romantisch und sexy – ein »Make it count«-Roman

Inhaltsübersicht

WidmungKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Danksagung
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Für alle Simons da draußen. Gone but never forgotten.

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Kapitel 1

Die Scheinwerfer blenden mich, aber ich wehre mich gegen den Reflex, die Augen zu schließen. Ich will ihn kommen sehen, will ihm in die Augen sehen, wenn es passiert.

Keine Ausreden!

Kein Kneifen!

Nicht diesmal!

Ausweichen nicht erlaubt!

Die Schienen unter meinen Füßen vibrieren, und mein Herz klopft viel zu heftig gegen meinen Brustkorb. Zu viele Bilder meiner Vergangenheit rasen mir durch den Kopf – ich will lachen, weinen und schreien zugleich. Sekunden fühlen sich wie Minuten, nein, wie Stunden an.

Noch könnte ich es schaffen.

Nur ein Sprung.

Nur einige Schritte.

Nein, nicht diesmal!

Ich warte … auf das, was danach mit einem passiert …

Der leichte Sommerwind fühlt sich plötzlich wie ein ausgewachsener Sturm auf meinen nackten Armen an, zerrt an meinem leichten Top, das ich heute Morgen achtlos aus meinem Schrank im Wohnheim gefischt habe. Heute Morgen war alles noch okay, niemals hätte ich gedacht, dass es so weit kommen wird. Nie habe ich es so ernst gemeint wie heute. Aber ich habe nichts mehr zu verlieren …

Und dann tue ich es doch: Ich schließe die Augen.

Wie feige, Lynn, wie verdammt feige.

Fast meine ich, seine Stimme zu hören. Dabei kann das gar nicht sein. Viel zu lang hat er schon geschwiegen … kein Wort … nur eine Erinnerung an das, was einmal war. Er hatte die Augen geöffnet. Daran kann ich mich noch genau erinnern. Weil sein Blick panisch zu mir huschte, dazu dieses traurige Lächeln, das sich sooft auf sein Gesicht verirrt hat. Traurig, weil er wusste, dass es zu spät war.

Das Hupen klingt sehr nah. Nicht mehr so weit entfernt wie eben noch. Jetzt ist es zu spät. Jetzt hat sich alles entschieden. Meine letzte Mutprobe. Ich schließe die Augen, so fest ich nur kann, und balle die Hände zu Fäusten. So hätte es damals schon sein sollen. Zu meiner Erinnerung mischt sich eine ordentliche Portion Wut. Wut darüber, dass ich Dinge nicht mehr verändern kann. Ein letztes Mal hole ich tief Luft.

Der Aufprall tut weh und schüttelt mich so hart durch, dass mir kurz das Atmen schwerfällt und ich husten muss. So hatte ich es mir nicht vorgestellt. Irgendwie schlimmer, schmerzhafter und … endgültiger.

 

 

»Bist du komplett bescheuert? Was hast du dir dabei gedacht?«

Seine Stimme klingt viel zu laut in meinen Ohren, und das Gewicht seines Körpers drückt mich auf den harten Boden. Aber es ist nicht seine Stimme. Zögernd öffne ich die Augen und sehe in das Gesicht eines Mannes – in ein mir bekanntes Gesicht, das mir aber bei weitem nicht so vertraut ist, wie ich erwartet habe. Eisklare blaue Augen starren mich wütend an, seine hellbraunen Haare hängen ihm wirr in die Stirn, die Lippen sind leicht geöffnet. Er atmet schwer, und die Wut in seinem Blick trifft mich so heftig, wie es der Zug hätte tun sollen. Kurz bleibt mir nicht nur die Luft, sondern auch jegliches Sprachvermögen weg: Jared Parker.

»Du hättest draufgehen können!«

Er legt eine Hand an meine Wange und zwingt mich so, ihn anzusehen. Die Nähe seines Körpers will mich um den Verstand bringen, seine Haut auf meiner, sein Atem auf meinen Lippen. Nur Zentimeter trennen uns. Die Wut in seinem Blick weicht einem zärtlichen Ausdruck, als sein Daumen sanft meine Wange streichelt. Zu viel. Das ist zu viel.

»Das darfst du nicht machen, Lynn …«

Seine Stimme ist nur noch ein Flüstern, das lauter als der Wind und der vorbeirasende Zug klingt und mich an einer Stelle in meinem Inneren berührt, die ich für immer begraben wollte. Er darf das nicht tun. Nicht mit mir. Nicht heute Nacht. Er ist mir viel zu nah und wird meinen Herzschlag spüren können, so wie ich seinen spüren kann. Jareds Herz rast, und ich kann sehen, wie sein Brustkorb sich schnell hebt und senkt. Wenn ich noch eine Sekunde mit ihm hier liege, werde ich aufgeben. Zerbrechen unter seinem Blick. Wie gern würde ich das tun. Wie gern würde ich dem Impuls nachgeben, ihn zu küssen. Seine Lippen auf meinen zu spüren, seine Zunge zu schmecken, seine Hände auf meinem Körper …

Ich stoße ihn heftig und hart gegen die Brust und schiebe ihn von mir runter. Nein, ich darf nicht zerbrechen! Auch nicht bei ihm.

»Ich habe dich nicht darum gebeten, hier zu sein!«

Schnell bringe ich so viel Abstand wie möglich zwischen unsere Körper. Eigentlich will ich nicht schreien, aber nur so kann ich ihn von mir herabschubsen. Nur so kann ich sichergehen, dass er nicht wieder versuchen wird, mich zu berühren.

»Wenn ich nicht hier gewesen wäre, hätte dich dieser verdammte Zug bei voller Fahrt frontal erwischt!«

Er schreit wütend zurück, und ich sehe das verräterische Funkeln in seinen Augen. Er macht sich Sorgen. Ich kenne solche Blicke. Ja, der Zug hätte mich erwischt. Und ja, das sollte er auch. Nur zugeben kann ich es nicht. Weil ich eben doch so feige bin wie damals. Daran hat sich noch immer nichts geändert, und ich hasse mich dafür. Jeden Tag ein bisschen mehr.

»Bullshit! Ich wäre ausgewichen!«

Während ich ihm das förmlich ins Gesicht spucke, stehe ich auf und bemerke, wie sehr meine Beine zittern – aber ich will nicht, dass er es sieht. Er soll nicht bemerken, wie knapp das alles war … Nicht der Zug. Damit hätte ich vielleicht umgehen können, aber nicht mit seinem Blick oder seiner Nähe.

Mit langsam fester werdenden Schritten gehe ich in Richtung meines Wagens, den ich irgendwo bei dem verlassenen Güterbahnhof geparkt habe. In der Nacht ist die Gegend hier nicht unbedingt der Ort, an dem sich College-Mädchen herumtreiben sollten. Als ob mich so was jemals interessiert oder von Dingen abgehalten hat. Das mag auch daran liegen, dass ich eben nicht das typische College-Mädchen bin. Und auch niemals sein werde.

»Lynn! Was sollte das?«

Zu dumm, dass er sich nicht abschütteln lässt und mir folgt. Natürlich. Wir reden hier noch immer über Jared. Der Jared, der sich allein schon aus beruflichen Gründen überall einmischen muss und der, wenn es sein muss, ordentlich austeilen kann. Nur ein Mal habe ich gesehen, wie der Faustschlag eines Typen mit der Statur eines Bären ihn zu Boden gezwungen hat. Sonst scheint ihm nichts und niemand etwas anhaben zu können. Ich werde mich nicht umdrehen, ich werde nicht mit ihm reden. Ich werde nicht den Fehler machen und ihn – ausgerechnet ihn – wieder so nah an mich ranlassen. Das habe ich mir geschworen, und daran werde ich mich festklammern.

Er packt mich am Oberarm und dreht mich zu sich um. Die Wut ist in seinen Blick zurückgekehrt.

»Du wolltest ausweichen?«

»Ich weiche den Zügen aus, seitdem ich laufen kann! Mach keine große Sache draus, ja?«

»Willst du mich verarschen?«

Seine Stimme zittert, als er lauter wird und ungläubig den Kopf schüttelt. Er soll sich um mich keine Sorgen machen. Was passieren soll, wird passieren. Das kann niemand aufhalten, so viel habe ich gelernt.

»Du standest wie erstarrt da! Was ist nur los mit dir?«

Zu viel, als dass er es verstehen würde. Zu viel, als dass ich es ihm erzählen könnte. Er war vorhin doch dabei, als Trevor in der Kneipe mal wieder auf den Putz hauen musste. Ich bin es leid, immer so tun zu müssen, als würden mich solche Sprüche nicht so hart treffen wie Faustschläge in einem Boxkampf.

»Lass mich los.«

Meine Stimme klingt erstaunlich ruhig und kühl, als ich auf seine Hand blicke, die meinen Oberarm noch immer fest umklammert hält. Wenn er mich nicht bald loslässt, kann ich für nichts mehr garantieren. Meine Wut, die Enttäuschung über mich, Trevor – das alles wirkt wie eine gefährliche Mischung in meinen Adern.

»Nur wenn du mir sagst, was das sollte.«

»Es war eine Mutprobe. Nicht mehr und nicht weniger.«

»Eine deiner berühmten Mutproben, ja?«

Er darf das Gerede von Trevor nicht glauben. Es ist Unsinn. Totaler Bullshit. Dennoch ist es besser als die Wahrheit. Ich kann die ehrliche Besorgnis in seinem Blick sehen, aber das gibt ihm nicht das Recht, sich als mein Beschützer aufzuspielen.

»Tu nicht so, als ob du mich kennst, Jared!«

Er zieht mich an sich, und ich pralle gegen seine muskulöse Brust, die sich deutlich unter seinem engen schwarzen T-Shirt abzeichnet. Mein Blick bleibt an seiner Kette hängen: Es ist die klassische Hundemarke eines jeden Soldaten. Jared Parker und die Army? So ganz kann ich ihn mir in Uniform nicht vorstellen. Langsam und ungewollt greift meine Hand nach seiner Kette.

»Wann warst du denn in der Army?«

Bevor ich sie mir genauer ansehen kann, reißt er sie mir aus der Hand. Erinnerungen ziehen durch seine klaren Augen, bevor er mich verletzt anfunkelt.

»Das geht dich nichts an!«

Er umschließt den Anhänger mit seiner Hand, und sein Blick lässt mich keine Sekunde los. Er ist, das wird mir hier auf dem Feld am Güterbahnhof schlagartig bewusst, ebenso zerbrochen, wie ich es bin. Wir sind kaputt und würden, wenn wir es zulassen, in den Armen des anderen nur noch mehr zerbrechen.

Wieder schaue ich auf seine Lippen, die so verlockend aussehen, so vielversprechend – und so verdammt verführerisch. Seine vollen Lippen … seine klaren Augen, die mich wie ein offenes Buch zu lesen scheinen … ich hasse ihn dafür! Weil er mir jedes Mal ein bisschen näherkommt und es mich jedes Mal mehr Kraft kostet, ihn wieder von mir zu stoßen.

»Belassen wir es dabei, dass wir beide unsere Geheimnisse haben.«

Ich mache mich von ihm los und marschiere direkt auf meinen Wagen zu. Sein Mustang parkt quer neben meinem, die Scheinwerfer brennen noch, und die Fahrertür steht offen. Ohne seinen Wagen oder ihn weiter zu beachten, steige ich in meinen Volvo und will den Schlüssel im Zündschloss drehen, aber Jared ist schneller. Bevor ich danach greifen kann, beugt er sich durch das geöffnete Beifahrerfenster und zieht den Schlüssel schnell aus dem Schloss. Ich sehe ihn irritiert an.

»Du glaubst doch nicht, dass ich dich so fahren lasse …«

»Jared, gib mir den verdammten Schlüssel!«

»Steig aus, ich fahre dich. Morgen können wir deinen Wagen abholen.«

Es macht mich wütend, dass er glaubt, sich so um mich kümmern zu können. Dabei sollte er es doch besser wissen. Hat er nicht oft genug zusehen müssen, wie ich mich gegen Kerle durchgesetzt habe, die größer und breiter waren als er? Ich brauche keinen Babysitter. Aber etwas in Jareds Blick lässt erahnen, dass er keine Ruhe geben wird.

»Komm schon. Ich fahre dich zum Wohnheim.«

Es mag an dem sanften Lächeln auf seinen Lippen liegen – oder sind es die blauen Augen, die mich so offen ansehen? Fast bin ich versucht, ihm zu vertrauen.

»Ich bin okay. Ehrlich.«

Mein Herz schlägt zu schnell, in meinem Kopf dreht sich alles, und meine Knie sind weich. Nur werde ich das nicht zugeben. Das habe ich nie. Angst ist ein Gefühl, das ich ausblende.

»Du zitterst.«

Jareds Stimme klingt sanft, er versucht, mich einzulullen in eine Lüge, die Geborgenheit verspricht. Meine Hände zittern tatsächlich, und schnell balle ich sie zu Fäusten, die ich fest gegen meine Oberschenkel presse. Er kann es nicht wissen, daher mache ich ihm keinen Vorwurf. Er will nur nett sein. Wenn er mich vielleicht eine Straße vor dem Wohnheim rauslässt und keiner mitkriegt …

»Okay.«

Zögernd steige ich aus meinem Volvo und schlage die Wagentür zu. Wenn ich mir schon die Blöße gebe und mich von ihm in seinem Schlitten nach Hause fahren lasse, dann kann ich zumindest so tun, als wäre ich nicht begeistert. Fassade! Das ganze Leben ist Fassade, und jeder spielt das Spiel auf seine Weise. Auch Jared, das kann ich sehen, besitzt diese Fassade und versucht, sie mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten. Als ich um den Wagen herumtrete, will er wieder nach meinem Arm greifen, aber ich weiche aus.

»Laufen gelingt mir noch ganz gut.«

Er hebt abwehrend die Hände, deutet auf seinen Mustang und lächelt.

»Daran habe ich keinen Zweifel. Einsteigen, bitte!«

Ich will nicht mehr dagegen ankämpfen und steige auf der Beifahrerseite ein. Mein Körper fühlt sich schlapp und müde an. Nicht wegen dem, was passiert ist, sondern wegen den lebhaften Bildern meiner Erinnerungen, die mich jedes Mal aufs Neue verdammt viel Kraft kosten. Jared schwingt sich auf den Fahrersitz und wirft mir einen letzten besorgten Blick zu, bevor er den Motor startet. Ich will mich bedanken, weil er im richtigen Moment da war, aber mein Mund fühlt sich trocken und taub an. Mein Lächeln muss das sagen, was ich noch nicht aussprechen kann. Jared nickt lächelnd und biegt auf die Straße ein.

»Wirklich alles okay?«

Ich nicke. Nichts ist okay. Belassen wir es dabei, dass wir beide unsere Geheimnisse haben.

Es mag nur ein Satz gewesen sein, den er vorher gesagt hat. Nur Worte. Worte, die meine Mauer durchbrochen und die einzige wunde Stelle berührt haben – eine Wunde, die nicht heilen will.

»Komm. Ich fahr dich heim.«

 

 

Das Wohnheim des Kensington Colleges liegt, wie alles um diese Uhrzeit, im Dunkeln. Kaum einer ist noch unterwegs, morgen sind Vorlesungen. Die meisten Studenten brauchen ihren Schönheitsschlaf, in dem sie von ihrem aufregenden College-Alltag an dieser Institution träumen. Leider ist dieser weder aufregend noch besonders träumenswert. Alles in allem ist es ein öder Zeitvertreib, bevor abends die Bars in unserem Viertel öffnen und sich alle für ein bisschen Spaß dort treffen. Die klassischen College-Bars reihen sich hier an einer Straße dicht an dicht, aber mich sieht man dort eher selten, denn man trifft die gleichen Gesichter wie hier auf dem Campus. Die Mädchen mit ihren langen blonden Haaren und ihrem perfekten Make-up ebenso wie die Jungs in ihren klassischen rot-weißen Collegejacken, die damit wie eine absurde Herde von Lemmingen aussehen. Dazu passen Kurzhaarschnitt, Zahnpastalächeln und die sich immer wiederholenden Aufreißersprüche. Aber, und das hält mich am Leben, es ist vorhersehbar, ungefährlich – und es tut nicht weh. Hier fühle ich mich sicher, ohne es zugeben zu müssen.

Jared konnte ich nicht davon überzeugen, mich einige Straßen vorher aussteigen zu lassen, und so begleitet er mich durch den Flur zu meinem Zimmer. Obwohl ich vehement widersprochen habe, hat er nicht lockergelassen.

»Schick hier.«

Das habe ich an meinem ersten Tag hier auch gedacht. Aber alles in allem ist es nicht anders als sonst wo. Nur die hohen Decken und die eindrucksvollen Namen der ehemaligen Studenten auf den Listen sind besonders imponierend. Was ich ihm hoch anrechne, ist die Tatsache, dass er nicht gefragt hat. Obwohl ich spüren kann, dass ihn mein Verhalten von vorhin noch immer ziemlich verwirrt. Wenn ich ehrlich bin, würde ich ihm so gern alles erklären. Ihm sagen, wie es in mir aussieht, wie viel mir seine Reaktion bedeutet hat. Alles nur, weil er gesehen hat, wie verletzt ich bin. Ohne zu wissen, wieso? Ohne zu fragen. Aber wenn ich ihn einmal so nah an mich ranlasse, wenn ich ihm einmal einen Blick auf alle zertrümmerten Teile meines Innenlebens gestatte, dann …

»Hör mal, Jared, ab hier kann ich das allein.«

Ich bleibe stehen, und er tut es mir gleich, auch wenn er es ganz offenbar nicht will. Er war heute einfach plötzlich da. Aus dem Nichts. Und jetzt möchte ich, dass er geht. Ich will ihm nicht so nah sein, wie ich es bin. Langsam nickt er.

»Wenn du meinst.«

Verdammt noch mal, er soll einfach gehen! Ich will nicht gezwungen sein, Dinge zu sagen oder zu tun, die ich irgendwann bedauere. Ich hasse es, hinter die Fassade verschwinden zu müssen, die mich vor Situationen wie diesen beschützt. Wenn er aber nicht lockerlässt, zwingt er mich dazu, die Lynn zu werden, die mich am Leben hält – und mich vor Abstürzen wie dem jetzigen bewahrt.

»Gute Nacht.«

Er macht einen Schritt auf mich zu. Wieso ich ihn nicht aufhalte, weiß ich selbst nicht, aber in seiner Nähe scheint mein Körper wie gelähmt. Nur die Hitze schießt durch mein Inneres, als würde ein Feuerspucker in meinem Unterleib das Kommando übernehmen. Jared legt die Arme um mich, sanft und langsam. Er gibt mir Zeit, ihn aufzuhalten, mich zurückzuziehen. Seine Wange streift meine, und obwohl alle Alarmglocken in meinem Kopf sehr laut schrillen, lege auch ich meine Arme um ihn und spüre, wie gut es sich anfühlt, wenn er mich in seinen starken Armen hält. Wie gut sich die Haut an seinem Hals anfühlt. Wie unverschämt gut er riecht, selbst nach einem langen Arbeitstag. Mein Herz trommelt gegen meine Brust, und ich kann nur hoffen, dass er es nicht spürt.

»Pass bitte auf dich auf, Lynn.«

Ich schließe schnell die Augen, verdränge alle Bilder, Gedanken und Gefühle dorthin, wo ich sie nicht sehen oder fühlen kann. Das gelingt mir sonst mit Leichtigkeit. Nur bei Jared, da bricht alles, was sonst wie eine Festungsmauer wirkt, wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

»Sonst muss ich es tun.«

Er lehnt sich ein bisschen zurück, bringt nur so viel Abstand zwischen uns, damit er mich ansehen kann. Seine blauen Augen wirken traurig, sein Lächeln matt. Wieso tut er das? Wieso?

Seine Hand berührt meine Wange, und eine Gänsehaut überzieht meinen Körper. Als ob heute nicht schon genug passiert ist.

»Versprichst du mir das …?«

Seine Stimme ist fast so nah wie seine Lippen, die so verführerisch sind. Noch immer hat er einen Arm um meine Hüfte gelegt und zieht mich langsam wieder näher an sich heran, was ich geschehen lasse. Das Eis ist verdammt dünn, schon meine ich, es knacken zu hören. Das ist ein Fehler. Er ist nicht anders. Oder …?

Ich spüre seinen Atem auf meinen Lippen und öffne sie automatisch, so, als ob er das Passwort für mich kennt. Als könnte er ohne Widerstand direkt in mein Herz marschieren. Mein Kopf warnt mich, mein Herz hingegen fällt mir sozusagen in den Rücken, so aufgeregt klopft es gegen meine Rippen.

Keinen anderen Mann würde ich so lang und so nah an mich heranlassen. Jared könnte jetzt, in diesem Augenblick, alles tun – und ich würde ihn nicht aufhalten. Vielleicht, weil er heute da war. Vielleicht, weil er mich tatsächlich gerettet hat. Oder einfach, weil er …

Hinter uns wird eine Tür aufgeschoben, und sofort versteift sich mein Körper. Ich finde wieder zu mir. Was, zum Henker, mache ich hier? Heftiger als gewollt schiebe ich Jared von mir weg und bringe damit zu schnell und zu viel Abstand zwischen uns. Überrascht und verletzt sieht er mich an. Aber es ist zu spät, um etwas zu erklären. Mein Blick wandert an ihm vorbei zur Zimmertür, hinter der Sarah McKenzie wohnt. Ausgerechnet Sarah. Schlimmer noch: Trevor Myers lehnt neben ihr.

»So leicht ist es nicht, Parker. Gute Nacht.«

Ich kann sehen, wie ihn meine Worte treffen, und ich will mich entschuldigen, aber dafür ist es zu spät. Trevor und Sarah sehen uns von oben bis unten an. Dann verabschiedet sich Myers mit einem Kuss von seiner Gefährtin und marschiert laut pfeifend über den Gang, nicht ohne uns noch ein breites Grinsen zuzuwerfen. Mir ist klar: Morgen wird das halbe College ein neues Gerücht über mich zu besprechen haben. Jared Parker ist kein unbekanntes Gesicht. Verdammt.

»Alles klar. Gute Nacht, Lynn.«

Seine Stimme klingt bitter, und es kostet ihn Kraft, die Wut zu unterdrücken. Ein letzter Blick, der mich fast so heftig trifft wie ein Faustschlag, dann dreht er sich um und geht mit schnellen Schritten über den Flur. Wenn heute Abend noch nicht genug kaputtgegangen ist, dann habe ich es gerade geschafft, ausgerechnet den Mann zu verletzen, der es nicht verdient hat. Wäre ich doch nur nicht so verdammt feige.

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Kapitel 2

Hinter meiner Zimmertür erwartet mich, wie immer, Claire LaMotte. Meine Mitbewohnerin. Obwohl auch sie schon längst schlafen sollte, sitzt sie aufrecht im Bett und lässt mich keine Sekunde aus den Augen, als ich die Tür hinter mir schließe und sie mit gespielter Langeweile ansehe. Die Wahrheit ist: Ich würde gern mit jemandem über den heutigen Abend sprechen, weil er mir nicht aus dem Kopf gehen will. Was passiert ist und wieso, Jareds überraschendes Auftauchen. Aber ich kann und werde es nicht tun. Schon gar nicht mit Claire. Wenn sie etwas nicht kann, dann ist es das: ein Geheimnis für sich behalten.

»Wo kommst du denn jetzt her?«

Ihre Standardfrage, auf die sie eine aufregende Antwort erwartet. Heute fühle ich mich allerdings etwas erschlagen und nicht so recht in Stimmung, um das Spiel wie üblich mitzuspielen.

»Ich war noch unterwegs.«

Claire schiebt sich mit einer fast beiläufigen, jedoch mühevoll einstudierten Geste eine Strähne ihres blonden, langen Haares aus dem Gesicht und sieht mich enttäuscht an.

»Warst du allein?«

Ja und nein. Aber kann ich ihr wirklich von Jared Parker erzählen? Würde sie das nicht schon morgen im ersten Kurs ihren Freundinnen berichten, die dann große Augen und trockene Münder bekommen würden? Außerdem wird es morgen so oder so die Runde machen.

»Nein.«

Und schon ist sie hellwach und sieht mich aufgeregt an. Ja, Gossip ist die eine Sache, auf die College-Mädchen nicht verzichten können. Wir sind vielleicht nicht in der Lage, uns den Stundenplan anständig zu merken, und suchen immer auf den letzten Drücker den richtigen Vorlesungssaal – aber Gerüchte und Gossip, das können wir uns besser merken als die Namen unserer Geschwister.

»Mit wem warst du unterwegs?«

Die Wahrheit würde sie mir nicht glauben. Obwohl diesmal die Wahrheit wie eine meiner Lügen klingen würde. Trotzdem drehe ich ihr den Rücken zu und mache mich auf den Weg ins viel zu enge Bad.

»Was ist das für Dreck auf deinem T-Shirt?«

Bevor ich reagieren kann, steht Claire schon neben mir und sieht mich aus großen blauen Augen an. Claire und ich sind sehr unterschiedliche Typen, und obwohl wir uns ein Zimmer teilen, bin ich mir nicht wirklich sicher, ob wir Freundinnen sind. Aber jetzt schaut sie mich besorgt an, und es ist wohl echte Sorge. Ein Gefühl, das ich nicht mehr gewohnt bin.

»Ist alles okay?«

Sie berührt meine Schulter, und ich zucke unwillkürlich zusammen. Der harte Aufprall auf dem Boden, als Jared mich von den Gleisen schubste, hat offenbar doch Spuren auf meinem Körper hinterlassen. Vorsichtig zieht Claire den Träger meines Shirts etwas zur Seite.

»Wer war das?«

In ihrem Kopf spielen sich ganz ohne Zweifel andere Szenen ab, als es in meinem der Fall ist: Jareds Körper auf meinem, das angenehme Gefühl, als er seine Hand an meine Wange gelegt hat. Seine Nähe.

»Ach, das war nur eine kleine Rangelei. Du solltest mal den anderen sehen.«

Damit zwinkere ich ihr frech zu und verschwinde ins Bad, wo ich schnell die Tür schließe und erst mal durchatme. Die kleine Schramme an meiner Schulter ist eine schmerzhafte Erinnerung an das, was passiert ist. Sie ist jedoch nichts im Vergleich zu der Schramme auf meiner Seele, in meiner Erinnerung. Ich starre in den Spiegel. Würde er mich überhaupt wiedererkennen? Mit meinen streichholzkurzen Haaren? Die ich mir damals abgeschnitten habe und seitdem immer auf genau dieser Länge halte. Aber ja, er würde mich erkennen, weil ich vielleicht mein Aussehen drastisch verändert habe – aber nur ein Blick, und er würde sehen, dass ich noch immer das gleiche Mädchen bin, das damals in Oceanside von dem dicken Ast des großen Baumes in den Fluss gesprungen ist. Ich bin noch immer die Lynn, die beim Angeln zu schnell die Geduld verlor und die Angst vor dem Keller hat. Selbst wenn ich mir eine Glatze rasieren und mir ein Piercing durch meine Nase jagen würde, es würde nie die Person verändern, die sich hinter der harten Schale verstecken will. Zum Glück kann das hier niemand sehen, weil niemand hier weiß, wie ich früher war. Oder wieso ich mich verwandeln musste. Entschlossen drehe ich das Wasser der Dusche auf und ziehe das T-Shirt aus, stopfe es in den Wäschesack und befreie mich aus dem BH. Weshalb mir ausgerechnet jetzt Jareds Berührungen wieder einfallen und ganz andere, sehr ablenkende Gedanken mit sich bringen, kann ich nicht verstehen. Sicher, Jared Parker ist der Typ Mann, auf den viele Frauen hier auf dem Campus stehen. Aber nur die wenigsten hätten auch den Mut, sich das einzugestehen oder ihn anzusprechen, denn Jared gilt als explosiv. Man weiß nie, wann er das nächste Mal in die Luft geht. Er ist ein paar Jahre älter als ich. Durch seine Jobs als Barkeeper und Rausschmeißer im Red Lion Pub sorgt er nicht nur für die besten Cocktails in der ganzen Stadt, sondern auch für eine entspannte Atmosphäre. Wenn es an den Billardtischen zum Streit kommt – und das passiert ganz gern mal –, greift er ein und befördert die Streithähne mit sicheren Handgriffen zur Tür. Nein, mit ihm will sich sicher keiner anlegen. Nicht selten enden solche Zwischenfälle mit blutigen Nasen, aber nie ist es Jared, der blutet. Es lässt meine Gedanken eine Runde Achterbahn fahren, ihn heute von einer anderen Seite erlebt zu haben. Viele Frauen würden sich dennoch gern seine Hände auf ihrem Körper vorstellen. Ich gehöre nicht dazu. Zumindest versuche ich, mir das immer wieder erfolglos einzureden, denn gerade eben draußen auf dem Flur, da wäre meine Standhaftigkeit fast verlorengegangen. Während ich die Jeans und meinen Slip ausziehe und endlich unter den erlösenden Wasserstrahl steige, schiebe ich alle Gedanken an Jared von mir. Hier gibt es nur mich und das Wasser, das alle Erinnerungen an den heutigen Abend von meinem Körper spült.

 

 

Auf Claire ist Verlass. Obwohl ich ihr gestern nur sehr vage Häppchen hingeworfen habe, scheint das ausreichend gewesen zu sein, um ihre Phantasie in andere Sphären zu heben. Als ich am nächsten Morgen durch die Gänge des Colleges marschiere, bemerke ich die Blicke der anderen. Noch bevor ich den Vorlesungssaal erreiche, habe ich bereits vier verschiedene Gerüchte über mich gehört. Die Tatsache, dass man diese sogar mir erzählt, lässt mich erahnen, dass viele nicht mal wissen, wer ich überhaupt bin.

Version 1: Ich war in eine fiese Schlägerei verwickelt.

Version 2: Ich bin dem sexuellen Übergriff eines betrunkenen Professors nur knapp und mit Gegenwehr entkommen.

Version 3: Beim Versuch eines Tankstellenüberfalls wurde ich vom Besitzer angeschossen.

Version 4: Ich habe mich einem Sonderkommando der Navy Seals angeschlossen und fluchtartig die Stadt oder sogar das Land verlassen.

Mit jeder neuen Geschichte wurden die angeblichen Geschehnisse absurder und verrückter. So läuft das eben. Jemand hat von jemandem gehört, dass jemand gehört hat, wie jemand gehört hat, dass ich jemandem die Geschichte genau so erzählt habe. Mich juckt das alles reichlich wenig, weil ich genau weiß, was die Wahrheit ist. Aber je mehr falsche Gerüchte kursieren, desto weniger Menschen wissen, wie es wirklich in mir aussieht.

Heute ist mir nicht nach einer weiteren Vorlesung über die Literatur des siebzehnten Jahrhunderts. Mir ist auch nicht nach den neugierigen Blicken der anderen Studenten. Eigentlich würde ich mich am liebsten wieder ins Bett legen und die Decke über den Kopf ziehen. Stattdessen entscheide ich mich, meinen Wagen vom Bahnhof zu holen. Dort, wo Jared mich gestern Abend dazu überredet hat, ihn stehen zu lassen. Und stattdessen mit ihm zu fahren. Ihm zu vertrauen, wenn auch nur für eine Autofahrt von knapp fünfzehn Minuten. Die Fahrt macht mir weniger Sorgen als das, was hier passiert ist – fast passiert ist. Trevor und Sarah. Ausgerechnet! Heute Abend werden verschiedene Gerüchte im Pub die Runde machen. Gerüchte über Jared und mich. Aus dem Beinahekuss wird eine wilde Knutscherei werden. Vermutlich sogar Sex. Hier im Wohnheim. Auf dem Flur. Im Stehen. Trevor und Sarah sind für solche absurden Geschichten genau die Richtigen. Lynn Chase und Jared Parker hatten Sex, so wird es garantiert heißen. Okay, zugegeben, es ist unmöglich, an Jared und dabei nicht früher oder später an Sex zu denken. Obwohl man wenig über seine bisherigen Frauengeschichten weiß, kennt man doch einige Damen, die nachgewiesenermaßen mit ihm zusammen waren. Meistens waren es Frauen aus den höheren Semestern, keine Frischlinge, selten gingen sie auf unser College. Nie war er besonders lang mit ihnen zusammen, und sobald er wieder Single war – so wie jetzt –, dann gibt es genug Damen, die sich gern freiwillig zum Casting melden würden. Jared schien dagegen immun zu sein, denn selbst die bildhübschen Varianten heißer Männerphantasien hinterließen bei ihm wohl keinen bleibenden Eindruck. Ich hatte ihn, seitdem ich nach Boston geflüchtet war, noch nicht zusammen mit einer Frau gesehen. Zum ersten Mal habe ich Jared im Red Lion Pub bemerkt, als er einem ziemlich großen und kräftigen Typen die Nase gebrochen hat, weil er eine der Bedienungen zu aufdringlich angefasst hatte. Der Typ konnte einem fast leidtun. Jared hatte nur zwei Handgriffe gebraucht, schon lag er bäuchlings auf einem der Billardtische und konnte sich kaum mehr bewegen. Es war absolut still im Raum, und man konnte nur das schwere Atmen der beiden Männer hören. Jared hatte ihm ein paar Worte zugeflüstert, und schon verschwand er, ohne sich jemals wieder blicken zu lassen. Seitdem hatte Jared mein Interesse geweckt, und ich kam öfter ins Red Lion. Immer stand er hinter der Bar, versorgte alle Anwesenden mit genügend Drinks und sorgte für Ruhe. Niemand sollte ihn reizen – weil er, wenn er einmal loslegte, nicht so schnell wieder zu beruhigen war. Mehr weiß man nicht über ihn. Niemand kann sagen, wo er wohnt oder woher er eigentlich kommt. Ganz sicher nicht aus Boston oder Oceanside, das kann ich belegen. Solche Männer gibt es dort nicht. Vielleicht ist es der traurige Schimmer in seinen klaren blauen Augen, das geheimnisvolle Lächeln, wenn er sich unbeobachtet wähnt. Oder natürlich der knackige Hintern in seiner Jeans, die immer ein bisschen zu tief auf seinen Hüften sitzt und den Bund seiner Boxershorts preisgibt. Da ist etwas an Jared, das mir gefährlich werden könnte. Der gestrige Abend hat es mal wieder bewiesen. Das Beste, was ich tun kann, ist Abstand halten. Und zwar so viel ich nur kann. Zu dumm, dass ich mir an den Pooltischen im hinteren Bereich des Pubs mein Taschengeld verdiene. Sicher, ich könnte mir eine neue Kneipe suchen und dort mein Glück versuchen, aber ich bin ein Gewohnheitstier. Ich kenne mich dort aus, weiß, wie die Kugeln rollen und welche Typen zu welcher Zeit auftauchen. Es ist einfach für mich, dort Leute abzuziehen. Oder ist das nur eine Ausrede, um nicht auf Jareds Anblick hinter dem Tresen verzichten zu müssen? Wie er das Geschirrtuch zwischen Jeans und Gürtel schiebt, wie seine Oberarme sich anspannen, wenn er einen Kasten Bier auf den Tresen wuchtet, oder wie sich die Sehnen an seinem Unterarm bewegen, wenn er die Gläser …

»Hey! Du kannst ja doch noch laufen.«

Ihre schrille Stimme erinnert mich immer wieder an die Frauen in den Shopping-Kanälen, die einem hässlichen Schmuck und ätzende Kleidungsstücke aufschwatzen wollen. So klingt auch Sarah McKenzie. Obwohl ich nicht stehen bleiben will, tue ich es doch.

»Wie bitte?«