Mami 1737 – Familienroman - Yvonne Bolten - E-Book

Mami 1737 – Familienroman E-Book

Yvonne Bolten

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Beschreibung

Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! Ein Qualitätssiegel der besonderen Art, denn diese einzigartige Romanreihe ist der Maßstab und einer der wichtigsten Wegbereiter für den modernen Familienroman geworden. Weit über 2.600 erschienene Mami-Romane zeugen von der Popularität dieser Reihe. Es war an einem Sonntagmorgen im Mai. Die achtjährige Komteß Lisa von Hohenbirken saß auf dem flauschigen blauen Teppich im Wohnzimmer ihres Elternhauses in Schwanenmünde. Sie trug ein Kleid aus weinrotem Leinen mit zarten Mustern und weißen Söckchen. Die Schuhe hatte sie ausgezogen und neben den Kamin gestellt. Die Frühjahrssonne, die durch die Fenstertür schien, ließ ihr blondes gewelltes Haar wie Gold aufleuchten. Es war noch nie geschnitten worden und reichte ihr bis zur Taille. Aus dem Grunde stellte sie bei Krippenspielen vor Weihnachten immer den Engel der Verkündung dar. Wie sie so dasaß an diesem Morgen und mit ihren Puppen spielte, hatte die kleine Komteß tatsächlich etwas Engelhaftes an sich. Das schmale Gesicht war mit zartem Rosa überhaucht. Die blauen Augen glänzten. Alles an ihr war Anmut und Liebreiz. Ihr Hündchen Mini, eine Mischung aus einem Spitz und einem Terrier, lag ausgestreckt neben ihr und träumte. "Mami", sagte Lisa und hielt eine Puppe mit pechschwarzen Haaren hoch, "guck doch mal, wie hübsch ich Frederike angezogen habe."

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 Hat Mami nur das Brüderchen lieb?

Roman von Yvonne Bolten

Es war an einem Sonntagmorgen im Mai. Die achtjährige Komteß Lisa von Hohenbirken saß auf dem flauschigen blauen Teppich im Wohnzimmer ihres Elternhauses in Schwanenmünde.

Sie trug ein Kleid aus weinrotem Leinen mit zarten Mustern und weißen Söckchen. Die Schuhe hatte sie ausgezogen und neben den Kamin gestellt.

Die Frühjahrssonne, die durch die Fenstertür schien, ließ ihr blondes gewelltes Haar wie Gold aufleuchten. Es war noch nie geschnitten worden und reichte ihr bis zur Taille. Aus dem Grunde stellte sie bei Krippenspielen vor Weihnachten immer den Engel der Verkündung dar.

Wie sie so dasaß an diesem Morgen und mit ihren Puppen spielte, hatte die kleine Komteß tatsächlich etwas Engelhaftes an sich. Das schmale Gesicht war mit zartem Rosa überhaucht. Die blauen Augen glänzten. Alles an ihr war Anmut und Liebreiz.

Ihr Hündchen Mini, eine Mischung aus einem Spitz und einem Terrier, lag ausgestreckt neben ihr und träumte.

»Mami«, sagte Lisa und hielt eine Puppe mit pechschwarzen Haaren hoch, »guck doch mal, wie hübsch ich Frederike angezogen habe.«

»Frederike im Sonntagskleid. Das steht ihr aber gut«, meinte Christiane. Sie war Lehrerin in Schwanenmünde, einem kleinen Ort nahe der deutschen Ostseeküste.

Liebevoll blickte Christiane von ihrem Platz am Schreibtisch auf ihr Töchterchen. Vor ihr lag ein Stapel mit Schulheften, die sie noch korrigieren mußte.

Lisa lächelte. Sie krauste dabei ein wenig die Nase. »Frederike sagt, daß sie noch ein Tuch um den Hals haben möchte. Eines mit Spitzen, damit es zu ihrem Kleid paßt«, erklärte sie.

»Schau doch mal in der unteren Schublade der Kommode nach, Lisa. Ich glaube, dort liegen noch ein paar Taschentücher mit feiner Spitze, die Frederike als Halstuch nehmen könnte«, meinte Christiane.

Lisa zog die Schublade auf. »Hier sind viele Taschentücher. Die sind aber vornehm, Mami«, freute sie sich.

»Sie stammen noch von meiner lieben Großmama, also von deiner Uroma.«

»Konnte meine Uroma so schön häkeln?«

»Sie hat noch viele andere wundervolle Handarbeiten gemacht. Die Weihnachtsdecke mit den Sternen und Engeln hat Großmama auch gestickt«, berichtete Christiane.

Lisa zog unter den Taschentüchern eine längliche Schachtel mit dunkelrotem Samtdeckel hervor. »Guck mal, Mamilein, was für eine hübsche Schachtel. Die habe ich ja noch nie gesehen.«

Christiane stand auf. Sie setzte sich neben ihr Töchterchen auf den Teppich. Mini kam ebenfalls dazu. Die braunen Knopfaugen des Hündchens glänzten.

»Darf ich die Schachtel aufmachen, Mami?« bat Lisa.

»Aber ja doch, mein Liebes.«

Lisa hob den Deckel. »Oh, Ohrringe. Mit roten Edelsteinen. Oh, Mami, sind die schön«, jubelte sie.

Auf Christianes Gesicht er­schien für einen Moment ein weher Ausdruck. Gleich darauf lächelte sie. »Die hat dein Papa mir geschenkt«, berichtete sie.

»Als ihr geheiratet habt?«

»Nein, schon vorher. An dem Morgen, als dein Papa und ich uns zum ersten Mal einen Kuß gegeben haben«, gestand Christiane.

»Erzähl mir davon, Mami. Erzähl mir, wie es damals war mit Papi und dir«, bat sie.

»Es war an einem ganz herrlichen Frühlingsmorgen vor zehn Jahren«, begann Christiane.

»Schien die Sonne damals so schön wie heute, Mami?«

»Ja, mein Liebling. Ich hatte bei offenem Fenster geschlafen. Morgens erwachte ich vom Gesang einer Amsel. Sie saß auf dem Geländer des Balkons vor meinem Zimmer. Ich weiß noch, daß ich ganz von Licht und Freude erfüllt war. Ich spürte, daß es ein ganz besonderer Tag werden würde«, berichtete Christiane.

Lisa sah die Mutter aus großen blauen Augen erwartungsvoll an. »Und dann? Was war dann, Mami?« stieß sie hervor.

»Ich ging im langen weißen Nachthemd auf den Balkon. Als ich mich über das Balkongeländer neigte, um in den Garten zu schauen, kam dein Papa angeradelt«, fuhr Christiane fort.

»Mit dem Fahrrad?«

»Ja. Ich sehe ihn noch genau vor mir. Er sah so unglaublich jung aus. Und er war so schön.«

»Wie ein Prinz?«

»Ja, wie ein schöner Prinz. Er war groß und schlank, aber dabei kräftig. Dein Papa war immer fröhlich und zuversichtlich. Er liebte das Leben«, antwortete Christiane.

»Und er hatte hellbraune Haare und hellbraune Augen. Und sie leuchteten, wenn er lachte«, fiel Lisa ein. Sie kannte den Vater nur aus den Erzählungen der Mutter und von Fotos. Wenn sie an ihn dachte, meinte sie ihn jedoch vor sich zu sehen.

Christiane strich ihrer kleinen Tochter über das Haar. »Dein Papa stellte also das Fahrrad an der Hauswand ab. Der Balkon, auf dem ich stand, befand sich nur ein kleines Stück über der Erde. Er schwang sich über das Gitter.«

»Einfach nur so?«

»Ja, Mäuslein, einfach nur so.«

»Hat er dir dann ein Küßchen gegeben, Mami?« unterbrach Lisa die Mutter.

»Ja, das hat er.«

»Zum allerersten Mal, Mami?«

»Ja, Lisa.«

»Warum denn nicht schon vorher, Mami?« wollte Lisa wissen.

»Wir kannten uns damals erst kurze Zeit. Dein Papa besuchte die Fliegerschule in Bremen, und ich studierte in Hamburg«, berichtete Christiane.

»Weil du Lehrerin werden wolltest und Papa Pilot«, fiel Lisa ein.

»Genau, mein Schatz.«

»Nachdem er zu dir auf den Balkon geklettert ist, hat Papi dir dann die Ohrringe geschenkt, Mami?«

»Ja, Lisa. Er zog die rote Schachtel aus der Jackentasche. Ich mußte die Augen zumachen, und dein Papi hat mir die Ohrringe angesteckt. Und dann hat er mir einen Kuß gegeben«, erzählte Christiane.

Lisa schloß den Mund. »Gibst du mir jetzt auch ein Küßchen, Mami?« bat sie.

Christiane küßte sie zart auf die Stirn. Sie mußte dabei ganz unwillkürlich lächeln. Vom Äußeren her, mit dem hellen Haar und den blauen Augen, war Lisa ganz ihr Ebenbild.

Das heitere unkomplizierte Wesen und den natürlichen Charme, mit dem Lisa jedes Herz bezauberte, hatte sie jedoch von ihrem Vater geerbt, von Baron Philipp Maximilian von Hohenbirken.

Nicht etwa, daß es Christiane an Charme oder gar an Lebensfreude mangelte. Sie war jedoch von eher stillem Wesen. Es dauerte lange, bis sie sich einem fremden Menschen anschloß. Wenn sie aber erst einmal zu einem Menschen Vertrauen gefaßt hatte, hielt sie ihm, was auch passieren mochte, die Treue.

Lisa hielt die Augen noch immer geschlossen. Christiane nahm die Ohrringe aus der roten Schachtel und hängte sie ihrer kleinen Tochter über die zarten Ohrmuscheln.

»Oh, Mami«, rief Lisa. Sie öffnete die Augen und sprang auf. Christiane erhob sich ebenfalls. Sie traten vor einen großen gold­umrandeten Spiegel, der zwischen zwei Buchregalen an der Wand hing.

»Wie schön das aussieht, Mami«, sagte Lisa ergriffen.

»Wenn du eine junge Frau bist, bekommst du die Ohrringe, Lisa. Du vererbst sie deiner Tochter, und die wieder ihrer Tochter. So geht es immer weiter«, meinte Christiane.

Lisa schlang die Arme um den Hals der Mutter. »Ich habe dich so lieb, Mami.«

»Ich dich auch, mein kleiner Schatz. Aber jetzt legen wir die Ohrringe wieder in die Schachtel und machen sie zu«, bestimmte Christiane.

»Warum legst du die Ohrringe nie an, Mami?«

»Sie passen nur zu großer Garderobe, Mäuslein.«

»Aber du hast doch ein Abendkleid. Es ist aus grüner Seide und hat geraffte Ärmel und einen runden Ausschnitt. Ich meine das Kleid, das du angehabt hast, als du mit Papi nach Wien zum Opernball geflogen bist. Es hängt im Schrank im Schlafzimmer«, erinnerte Lisa.

Christiane strich ihr über das Haar. »Wien ist etwas anderes als Schwanenmünde, Mäuschen. Hier bei uns in Schwanenmünde gibt es keinen Opernball«, antwortete sie.

Lisa überlegte. »Warum fliegst du denn nicht wieder nach Wien, Mama? Mit mir. Ich ziehe dann mein neues Kleid an. Das mit den Flügelärmchen.«

Christiane lachte. »Das verschieben wir auf später, Mäus­chen.«

»Du hast mir erzählt, daß Papi gesagt hat, man darf keine Freude auf später verschieben. Weil es dann vielleicht zu spät ist«, erinnerte Lisa.

»Ja, Lisa, das hat dein Papi gesagt«, bestätigte Christiane mit leiser Stimme.

Sie dachte an die wenigen Jahre voller Glück und Freude, die sie mit ihrem Mann erlebt hatte. Sie hatten aus jedem Tag ein kleines Fest gemacht.

Das Ende war schrecklich gewesen. Eines Tages war ein fremder Mann zu ihr gekommen und hatte ihr erklärt, daß ihr Mann nicht wiederkommen würde.

Baron Philipp Maximilian von Hohenbirken und sein Cousin, Graf Eduard von Falkenhaus, waren frühmorgens von München aus mit einem Privatflugzeug zu einem Flug über die Alpen aufgebrochen. Zwei Stunden später war die kleine Maschine an einem Bergmassiv zerschellt. Der letzte Blick, den die beiden jungen Männer mit in den Tod genommen hatten, waren die schneebedeckten Gipfel der Alpen gewesen.

Lisa gab der Mutter mehrere zarte Küßchen. »Ich habe eine tolle Idee, wie wir uns heute ganz viel Freude machen können, Mami«, sagte sie.

»Ach ja?«

»Wir packen einen Korb mit lauter schönen Sachen und machen ein Picknick am Meer«, schlug Lisa vor.

»Aber ich muß doch Hefte korrigieren, Mäuschen«, wandte sie ein.

»Kannst du das nicht heute abend machen, Mami? Papi hat doch gesagt, daß man keine Freude verschieben darf«, erinnerte Lisa die Mutter.

Christiane strich ihr über das Haar. Sie warf einen Blick aus dem Fenster. Es war zwar erst Mai, aber die Sonne schien so warm, als sei es bereits Sommer.

»Du hast recht, Lisa. Wir sollten den schönen Tag ausnutzen. Die Hefte können bis heute abend warten«, entschloß sie sich.

Lisa stieß einen Jubelruf aus. Sie hob das Hündchen Mini auf den Arm. »Hast du gehört, was Mami gesagt hat, Mini? Wir machen ein Picknick. Du bekommst auch etwas Feines«, versprach sie mit strahlendem Gesicht.

*

Sekunden später läutete es an der Tür. Mini begann zu bellen und sprang von Lisas Arm. Sie war unglaublich neugierig. Noch immer bellend rannte sie in den Flur, um zu sehen, wer zu Besuch kam.

Lisa folgte und öffnete die Tür. Vor ihr stand der Fuhrmann Walter Baum. Er war um die Fünfzig und sah tatsächlich aus wie ein riesiger Baum. Ihm gehörte das einzige Pferdegespann weit und breit. Mit den belgischen Brabanter namens Pit und Pat holte er Baumstämme aus dem Wald und brachte sie zum Sägewerk.

Lisa liebte die kräftigen Pferde über alles, und sie hing mit ganzem Herzen an dem Fuhrmann. Er war für sie so etwas wie ein Großvater-Ersatz.

»Na, Lischen. Einen schönen guten Morgen«, sagte Walter Baum. Er hob sie mit einer Hand hoch, so als sei Lisa ein Federgewicht. Was sie für ihn auch war.

Lisa juchzte. »Onkel Baum, Mami und ich fahren zum Picknick an die See«, verkündete sie aufgeregt, als sie wieder auf dem Boden stand.

»Dann ist deine Mami also zu Hause«, meinte der Fuhrmann.

»Ja, hier bin ich«, rief Christiane und kam aus der Küche zur Haustür.

»Guten Morgen, Frau von Hohenbirken. Mir ist beim Vorbeigehen aufgefallen, daß bei Ihnen das Gartentor nicht mehr so richtig in den Angeln hängt. Wenn Sie mir Werkzeug geben, repariere ich das für Sie. Es dauert auch nicht lange«, erklärte er.

»Das wäre sehr nett von Ihnen, Herr Baum. Der Handwerker hat mir schon ein paarmal versprochen zu kommen. Aber Sie wissen ja, wie das ist«, meinte Christiane.

»Für  so was braucht man doch keinen Handwerker«, meinte Walter Baum.

»Das sagen Sie so. Aber ich habe leider, was Handwerksarbeiten angeht, zwei linke Hände«, gestand Christiane. Sie holte eine kleine Kiste mit Werkzeug. Zehn Minuten später hing das niedrige Gartentor wieder richtig in den Angeln.

»Vielleicht haben Sie ja noch etwas zum Reparieren. Nachdem ich nun schon mal da bin, kann ich das gleich mitmachen«, erklärte der Fuhrmann.

»In der Küche tropft der Wasserhahn, Onkel Baum. Und in meinem Kinderzimmer klemmt die Schranktür«, berichtete Lisa.

»Dann zeig mir das mal, Lis­chen«, meinte Walter Baum.

Lisa führte ihn ins Kinderzimmer, das mit hellen, praktischen Möbeln eingerichtet war. Auf der Fensterbank saßen ihre Puppen und Plüschtiere. An der Wand über ihrem Bett hing ein Foto von ihrem Vater.

Lisa lief zu einem Kinderschreibtisch, auf dem mehrere Bilder lagen, die sie am Tag vorher gemalt hatte. Sie suchte das aus, das in ihren Augen am schönsten war und lief damit zu Walter Baum. »Das Bild schenke ich dir, Onkel Baum«, verkündete sie.

»Hast du die Möwe und den Himmel mit den weißen Wolkenbergen gemalt, Lischen?«

Die Kleine nickte stolz.

»Du bist ja eine richtige Künstlerin! So was Schönes habe ich selten gesehen. Die Zeichnung hänge ich mir zu Hause an die Wand. Und wenn ich sie anschaue, denke ich an dich«, versprach der Fuhrmann.

Lisa strahlte. Walter Baum suchte sich passendes Werkzeug aus dem Werkzeugkasten.

»Paß jetzt mal gut auf, wie ich das mache, Lischen. Es schadet nämlich gar nichts, wenn kleine Mädchen mit Handwerkszeug umgehen können«, erklärte er.

Lisa hockte sich neben ihn und guckte aufmerksam zu. Nach einer halben Stunde waren nicht nur die Schranktür in ihrem Zimmer und der tropfende Wasserhahn in der Küche repariert, sondern auch mehrere lockere Schrauben angezogen und ein neuer Lichtschalter eingebaut.

»Es geht doch nichts über einen Mann im Haus«, erklärte Walter Baum nicht ohne Selbstzufriedenheit.

»Da mögen Sie Recht haben, Herr Baum«, meinte Christiane. Sie hatte in der Zwischenzeit den Picknick-Korb gepackt und lä­chelte dem Fuhrmann zu. »Auf jeden Fall danke ich Ihnen sehr für Ihre Hilfe.«

»Dafür sind wir doch da. Um sich gegenseitig zu helfen, meine ich. Letzten Endes sitzen wir doch alle in einem Boot«, meinte Walter Baum.

»Darf ich Ihnen denn eine Tasse Kaffee anbieten? Apfelkuchen ist auch noch da«, erwiderte Christia­ne freundlich.

Der Fuhrmann schob sich die Schiffermütze, die er während der ganzen Zeit nicht abgenommen hatte, etwas aus der Stirn. »Vielen Dank, Frau von Hohenbirken. Aber ich muß jetzt zu meinen Pferden. Pit und Pat warten schon auf ihren Hafer. Davon bekommen sie am Sonntag nämlich immer eine Schippe voll«, berichtete er.

»Nun, dann klappt es hoffentlich ein anderes Mal«, meinte Christiane.

»Onkel Baum, sag Pit und Pat bitte einen ganz lieben Gruß von mir. Morgen besuche ich sie wieder«, versprach Lisa.

»Das werde ich den beiden ausrichten. Also, nix für ungut, Frau von Hohenbirken und Lischen. Einen schönen Sonntag wünsche ich auch noch«, erklärte der Fuhrmann.

Als er das Haus verlassen hatte, sah Lisa mit großen Augen zur Mutter auf. »Mami, du willst doch keinen Mann im Haus haben, nicht wahr?«

Christiane lachte. »Aber wie kommst du denn darauf, Mäus­chen?«

»Weil Onkel Baum gesagt hat, es gehe nichts über einen Mann im Haus. Und du hast gesagt, daß er recht hat«, erinnerte Lisa die Mutter.

Christiane strich ihr über das Haar. »Das habe ich nur so dahingesagt, mein Schatz«, erklärte sie.

»Barbara war zuerst auch mit ihrer Mami allein. Zwei Brüder hat Barbara auch. Einen großen und einen ganz kleinen«, berichtete Lisa.