Mami 1753 – Familienroman - Annette Mansdorf - E-Book

Mami 1753 – Familienroman E-Book

Annette Mansdorf

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Beschreibung

Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! Ein Qualitätssiegel der besonderen Art, denn diese einzigartige Romanreihe ist der Maßstab und einer der wichtigsten Wegbereiter für den modernen Familienroman geworden. Weit über 2.600 erschienene Mami-Romane zeugen von der Popularität dieser Reihe. "Guten Morgen, Frau Rolfsen. Wie geht es Ihrer Tochter heute?" Gaby quälte sich ein Lächeln ab. Die Bäckersfrau meinte es gut, aber die ständigen Fragen nach Lisa brachten sie stets in den Zwang, sich die schlimme Lage ihrer Tochter ständig in Erinnerung rufen zu müssen. "Noch nicht viel besser." "Das wird bestimmt wieder, Frau Rolfsen. Kinder haben doch eine viel größere Fähigkeit, wieder gesund zu werden als wir. Nehmen Sie ihr doch ein Stück Kuchen mit, und sagen Sie ihr, daß es von mir ist." Es hätte keinen Sinn, darauf hinzuweisen, daß Lisa den Kuchen nicht würde essen können. Sie lag noch immer im Koma. Aber das schien Frau Meister nicht zu begreifen. Gaby erschien es einfacher, nicht zu widersprechen und sich den Kuchen einpacken zu lassen. Sie könnte ihn einem anderen Kind schenken. Zwei Wochen war es jetzt her, daß Lisa den schrecklichen Unfall gehabt hatte. Sie war bei Grün über die Straße gegangen, das war bewiesen, und von einem abbiegenden Auto erfaßt worden. Bisher hatte Gaby noch nicht die Kraft gehabt, dem Unglücksfahrer gegenüberzutreten, obwohl er über einen Anwalt schon mehrere Male versucht hatte, sie zu erreichen. Was sollte sie ihm sagen? Ihm verzeihen? Sie wußte ja, daß er Lisa nicht absichtlich überfahren hatte. Wer täte einem fünfjährigen Kind so etwas an? Nein, irgendwann würde sie ihm gegenüberstehen müssen, doch jetzt war der Zeitpunkt noch nicht gekommen. Alles war auch so schwer genug. Jeden Tag saß sie viele Stunden neben ihrer Tochter auf der Wachstation und streichelte das blasse Gesicht.

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Mami -1753-

Lisas Unfall

Roman von Annette Mansdorf

»Guten Morgen, Frau Rolfsen. Wie geht es Ihrer Tochter heute?«

Gaby quälte sich ein Lächeln ab. Die Bäckersfrau meinte es gut, aber die ständigen Fragen nach Lisa brachten sie stets in den Zwang, sich die schlimme Lage ihrer Tochter ständig in Erinnerung rufen zu müssen.

»Noch nicht viel besser.«

»Das wird bestimmt wieder, Frau Rolfsen. Kinder haben doch eine viel größere Fähigkeit, wieder gesund zu werden als wir. Nehmen Sie ihr doch ein Stück Kuchen mit, und sagen Sie ihr, daß es von mir ist.«

Es hätte keinen Sinn, darauf hinzuweisen, daß Lisa den Kuchen nicht würde essen können. Sie lag noch immer im Koma. Aber das schien Frau Meister nicht zu begreifen. Gaby erschien es einfacher, nicht zu widersprechen und sich den Kuchen einpacken zu lassen. Sie könnte ihn einem anderen Kind schenken.

Zwei Wochen war es jetzt her, daß Lisa den schrecklichen Unfall gehabt hatte. Sie war bei Grün über die Straße gegangen, das war bewiesen, und von einem abbiegenden Auto erfaßt worden. Bisher hatte Gaby noch nicht die Kraft gehabt, dem Unglücksfahrer gegenüberzutreten, obwohl er über einen Anwalt schon mehrere Male versucht hatte, sie zu erreichen.

Was sollte sie ihm sagen? Ihm verzeihen? Sie wußte ja, daß er Lisa nicht absichtlich überfahren hatte. Wer täte einem fünfjährigen Kind so etwas an?

Nein, irgendwann würde sie ihm gegenüberstehen müssen, doch jetzt war der Zeitpunkt noch nicht gekommen. Alles war auch so schwer genug. Jeden Tag saß sie viele Stunden neben ihrer Tochter auf der Wachstation und streichelte das blasse Gesicht. Lisa sah aus, als schliefe sie friedlich, doch die Maschinen, die sie am Leben erhielten, waren nicht zu übersehen.

Man hatte Gaby im Krankenhaus klargemacht, wie wichtig die tägliche Ansprache für ihre Tochter war. Auch wenn sie scheinbar nicht reagierte, nähme sie doch Reize auf. Und daß sie eines Tages vielleicht wieder aufwachen und gesund werden würde, stand auch nicht außerhalb aller Möglichkeiten. Aber sie würde Geduld haben müssen…

Gaby hatte sofort unbezahlten Urlaub nehmen wollen. Ihr Chef war sehr großzügig gewesen. Erst einmal konnte sie ihren kompletten Jahresurlaub bekommen, später würde man dann weitersehen, hatte er ihr gesagt. Das waren immerhin fünf Wochen, in denen sie keine finanzielle Einbuße haben würde. Das spielte jetzt zwar keine Rolle für Gaby, aber letztendlich mußten sie und ihre Tochter ja von ihrem Verdienst leben. Das Geld, das Lisas Vater, Gabys geschiedener Mann, für seine Tochter überwies, war nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Immer, wenn sie an Markus dachte, packte Gaby die Wut. Er wußte noch gar nichts von dem Unfall seiner Tochter. Mit seiner neuen Freundin gondelte er irgendwo durch die Weltgeschichte, ohne eine Adresse hinterlassen zu haben. Erst in einer Woche würde er wieder zurück sein. Dabei wäre es für Lisa so wichtig, auch ihn an ihrem Bett zu haben. Sie könnten sich ablösen…

Es nützte nichts, sich damit jetzt das Herz noch schwerer zu machen. Gaby bemühte sich, wieder ruhig zu werden und setzte ihre Einkäufe fort. Sie wollte heute erst um elf ins Krankenhaus fahren. Die Schwester wußte Bescheid.

Als Gaby nach Hause kam, leuchtete das Lämpchen des Anrufbeantworters. Mit zitternden Fingern schaltete sie die Wiedergabe ein. Sie hatte immer Angst, daß man ihr aus dem Krankenhaus eine schlimme Nachricht mitteilen könnte, dabei war Lisa nach Aussage der Ärzte gar nicht mehr in Lebensgefahr.

Die Angst saß Gaby tief in den Knochen. Es würde wohl lange dauern, bis sie sie wieder verlor. In den ersten Tagen nach dem Unfall hatte sie überhaupt nicht schlafen können.

»Hallo, Gaby, hier Thea. Ich bin zurück aus der großen weiten Welt und würde dich gern sehen. Hast du Zeit und Lust? Dann ruf mich doch bitte an.«

Gaby kamen die Tränen, als sie die fröhliche Stimme ihrer Freundin Thea Marquard hörte. Auch sie wußte noch nichts. Thea war Pilotin und flog eine Linienmaschine auf Langstreckenflügen. Auch Gaby arbeitete im Flughafen, und zwar als Chefsekretärin.

Thea hatte einen Flug nach Amerika mit einem Urlaub in Florida verbunden und war jetzt also wieder zurück.

Sollte sie gleich anrufen? Nein, lieber wollte sie erst ihre Einkäufe verstauen und sich ein wenig frischmachen, um nach dem Gespräch gleich ins Krankenhaus fahren zu können. Gaby wußte jetzt schon, daß Thea ihren Besuch auch anbieten würde. Vielleicht half es Lisa, wenn ihre geliebte Tante Thea mit ihr sprach.

Eine Viertelstunde später wählte Gaby die Nummer. Sie hoffte, daß sie nicht wieder in Tränen ausbrechen würde. Das machte es auch nicht besser. Sie hatte schon soviel geweint, ein Wunder, daß sie überhaupt noch Tränen hatte.

»Thea Marquard.«

»Hier spricht Gaby, Thea.«

»Gaby! Ich freue mich, daß du gleich zurückrufst. Wie geht es euch denn? Mein Urlaub war ein Traum, kann ich dir sagen. Wir müssen uns unbedingt sehen, damit ich dir davon erzählen kann. Ich habe natürlich auch einen aufregenden Mann…«

»Thea, Lisa liegt im Krankenhaus«, unterbrach Gaby ihre Freundin, weil sie die fröhliche Stimme einfach nicht mehr ertragen konnte.

»Wie? Was ist los? Lisa ist im Krankenhaus? Was hat sie denn?«

»Sie… hatte einen schrecklichen Unfall. Ein junger Mann hat sie angefahren. Sie liegt im… Koma.«

»Oh… mein Gott…«, stöhnte Thea entsetzt auf.

»Seit vierzehn Tagen schon. Die Ärzte meinen, sie könnte bald aufwachen. Sie hatte eine Gehirnblutung und ist operiert worden. Das Gehirn ist Gott sei Dank nicht geschädigt worden. Ich meine so, daß es nicht mehr rückgängig zu machen ist.«

»Ich… weiß gar nicht, was ich sagen soll, Gaby. Es tut mir ja so schrecklich leid.«

»Danke, ich weiß. Jedenfalls habe ich kaum Zeit, dich zu sehen, das verstehst du hoffentlich, oder? Ich bin jeden Tag stundenlang im Krankenhaus.«

»Ich werde auch kommen und dich mal ablösen. Sag mir, wo Lisa liegt.«

»In der Uni-Klinik, auf der Kinderstation. Ich fahre nachher hin.«

»Dann komme ich auch dorthin. Oh, Gaby, wenn ich dir irgendwie helfen kann, sag es mir bitte. Was sagt denn Markus dazu?«

»Ach, der! Der weiß von nichts. Er ist mit seiner Freundin in Urlaub und hat keine Adresse hinterlassen. Sie sind noch eine Woche weg.«

»Na ja…, das kann er ja nicht ahnen, oder…«, sagte Thea vorsichtig.

»Nein, natürlich nicht. Ich weiß.«

»Also, ich bin jetzt erst einmal fünf Tage hier. Ich werde auch jeden Tag zu Lisa gehen, damit du mal Pause machen kannst. Einverstanden?«

»Darüber sprechen wir, wenn wir uns sehen. Ich fahre gleich los. Es tut mir leid, daß ich im Moment kein Ohr für deine Erlebnisse im Urlaub habe. Vielleicht erzählst du mir nachher davon.«

»Das ist doch klar, Gaby. Ich bin ganz sicher nicht böse. Bis gleich.«

Gaby legte den Hörer auf. Sie fühlte sich nicht mehr ganz so allein.

Bevor sie losgehen konnte, klingelte ihre Nachbarin noch an der Tür. Sie betreute Lisa normalerweise am Nachmittag, wenn Gaby noch arbeiten mußte. Ihre Tochter Marie-Luise war so alt wie Lisa. Die beiden waren die engsten Freundinnen. An dem Unglückstag war Marie-Luise krank gewesen und hatte nicht in den Kindergarten gehen können. Vielleicht wäre ihr sonst auch etwas passiert…

»Hallo, Gaby. Ich wollte nur fragen, ob es etwas Neues von Lisa gibt.«

»Nein, nichts. Ich fahre jetzt zu ihr.«

»Ich besuche sie auch mal wieder.«

»Schon gut. Das mußt du nicht…«

Silvia Teichmann war im siebten Monat schwanger. Der erste Besuch bei Lisa hatte sie schrecklich mitgenommen.

»Ich will nicht kneifen. Jetzt weiß ich ja, was mich erwartet. Aber vielleicht wacht sie ja auch bald wieder auf…«

Spontan umarmte Silvia Teichmann ihre Nachbarin, wobei ihr Bauch etwas im Weg war. Gaby tat die Berührung gut. Sie war im Moment so empfindlich, daß sie jedes Mitgefühl wie ein Schwamm aufsog.

Wenn sie so wie jetzt hinter dem Steuer ihres Autos saß, fuhr Gaby ganz anders als sonst. Am liebsten wäre sie vor jedem Abbiegen ausgestiegen, um sich zu überzeugen, daß wirklich niemand über die Straße ging. Es war furchtbar, aber sie, die immer eine so sichere Fahrerin gewesen war, hatte jedes Selbstvertrauen verloren.

Als Gaby vor der Klinik hielt, war sie in Schweiß gebadet. Daran war nicht nur das warme Maiwetter schuld. Sie wischte sich die Hände trocken und schloß das Auto ab. Dann trat sie ihren Weg zur Station an. Jeder kannte sie hier inzwischen.

»Guten Tag, Frau Rolfsen. Heute sind Sie später dran als sonst…« begrüßte sie der Stationsarzt, der ihr gerade entgegenkam.

»Ja, ich hatte Bescheid gesagt. Wie geht es Lisa?«

»Noch immer unverändert. Aber Sie wissen ja, das kann sich jeden Moment ändern.«

Er lächelte sie freundlich an und ging weiter.

Schwester Sabine wachte bei Lisa. Als sie Gaby sah, stand sie auf.

»Wie schön, daß Sie kommen. Lisa geht es gut.«

Das klang komisch angesichts der Situation. Aber Gaby korrigierte die Schwester nicht.

»Meine Freundin Frau Marquard wird auch gleich kommen. Lassen Sie sie herein?«

»Ja, natürlich. Das ist aber schön für Sie, daß Sie Hilfe bekommen.«

Gaby hatte sich schon neben das Bett ihrer Tochter gesetzt, nachdem sie ihr einen zarten Kuß auf die Stirn gegeben hatte. Die junge Schwester ging hinaus und ließ sie allein.

»Hallo, mein Schatz! Wie geht es dir heute? Mama ist hier. Kannst du mich hören?«

Dann begann sie vom Kindergarten zu erzählen, von Marie-Luise und ihrer Mutter, von allen möglichen Dingen, die Lisa anregen sollten, wieder aufzuwachen. Sie wiederholte es mehrmals am Tage, weil ihr soviel Neues gar nicht einfiel. Irgendwo konnte ein Reizwort verborgen sein, das Lisa wieder ins Leben zurückholte.

*

Thea fühlte sich durch den Anruf ihrer Freundin jäh aus ihrer noch anhaltenden Urlaubsstimmung herausgerissen. Es war schrecklich, was Gaby und Lisa da durchmachen mußten. Sie wußte, daß Gaby durch die Scheidung noch immer angeschlagen war. Es war zwar schon ein halbes Jahr her, aber wahrscheinlich brauchte man nach einer siebenjährigen Ehe, die Gaby sicher für ein Leben geschlossen zu haben glaubte, längere Zeit, um darüber hinwegzukommen. Gaby hatte ihren Mann wirklich geliebt. Warum er aus der Ehe ausgebrochen war, konnte Thea auch nicht verstehen. Er hatte es Gaby nach deren Aussage nie richtig erklärt.

Natürlich sollte er jetzt zur Stelle sein, um seiner Tochter zu helfen, aber man konnte ihm keinen Vorwurf daraus machen, daß er nicht da war. Bestimmt würde er sich der Verantwortung nicht entziehen. Vielleicht würde die Sorge um Lisa die beiden einander wieder näherbringen? Thea sah immer noch eine Chance dazu, auch wenn Markus jetzt mit einer anderen Frau zusammenlebte.

Sie selbst hatte sich im Urlaub verliebt. Der Mann, an den sie seitdem pausenlos denken mußte, war Geologe und zu einer Fachtagung in dem Hotel gewesen, in dem sie auch abgestiegen war. Er wohnte ebenfalls hier in Hamburg, wenn er auch die meiste Zeit im Ausland unterwegs war.

Wahrscheinlich würden sie sich kaum sehen, aber es machte Spaß, an jemanden auf diese Weise denken zu können. Thea liebte ihren Beruf und würde ihn für Haushaltspflichten oder einen Ehemann nicht aufgeben wollen. Da war es ganz gut, wenn der Partner ebenfalls einen anspruchsvollen Beruf hatte.

Natürlich war noch nicht viel passiert. Die Zeit dazu war zu kurz gewesen, und Thea gehörte trotz aller modernen Ansichten nicht zu den Frauen, die gleich in der ersten Nacht mit einem Mann ins Bett gingen. Sie hatten sich ein paarmal geküßt, und 

das war sehr vielversprechend gewesen. Jetzt wollten sie einmal wöchentlich telefonieren und sehen, was die Zukunft brachte.

Ihr Beruf führte Thea ja ebenfalls in die Länder, in denen Martin seine Untersuchungen durchführte. Es müßte doch zu machen sein, sich für einen Tag – und eine Nacht – zu treffen…

Thea riß sich von dem angenehmen Gedanken wieder los. Sie sollte jetzt lieber an Lisa denken und sich auf den Weg machen. Könnte sie ein Geschenk mitnehmen? Nein, wenn Lisa im Koma lag, würde sie nichts davon haben. Außer – ja, das wäre eine Möglichkeit. Sie wußte aus Berichten, daß Koma-Patienten viel Musik vorgespielt werden sollte. Also mußte sie noch einen Walkman und ein paar Kinderliederkassetten besorgen. Vielleicht hatte Gaby daran auch bereits gedacht, aber das machte nichts. Doppelt hielt besser.

Thea hielt beim Einkaufszentrum und besorgte alles, was sie Lisa mitbringen wollte. Für Gaby nahm sie einen schönen Blumenstrauß und edle Pralinen mit. Ihre Freundin naschte gern, und sicher kaufte sie sich so etwas im Moment nicht selbst. Sie wollte Gaby ein wenig verwöhnen.

Dann machte sie sich auf den Weg in die Uni-Klinik. Der Verkehr war wieder einmal mörderisch. Thea brauchte eine gute halbe Stunde, bis sie auf den Parkplatz einbiegen konnte.

Auf dem Weg zur Kinderstation fühlte sie sich ziemlich beklommen. Es war eine seltsame Atmosphäre hier. Überall machten die Maschinen Geräusche, die anzeigten, daß ein kleiner Patient durch sie am Leben gehalten wurde. Wie schlimm mußte das für die Eltern sein, ihre Kinder so zu sehen…

»Zu wem möchten Sie?«

»Mein Name ist Marquard. Ich möchte zu Lisa Rolfsen.«

»Ach, ja, Frau Rolfsen hat Sie schon angekündigt. Dort bitte, das letzte Zimmer auf dem Gang.«

Die Schwester lächelte freundlich. Thea bewunderte sie. Jeden Tag hier zu arbeiten – das war sicher nicht einfach. All das Leid und die Tränen…

Na ja, es gab sicher auch freudige Ereignisse. Wenn ein schwerkrankes Kind gerettet wurde, zum Beispiel, und dann wieder nach Hause entlassen werden konnte. Und genau das würde auch für Lisa gelten, sie wollte einfach daran glauben.

Ihre Freundin sah natürlich schrecklich elend aus. Thea umarmte sie und hielt sie einen Moment fest, bevor sie sich Lisa zuwandte.

Sie verbarg ihr Erschrecken meisterhaft. Lisa sah so blaß aus… Die dunklen Wimpern lagen wie kleine Flügel auf den eingefallenen Wangen…

»Hallo, Lisa, mein Schätzchen! Was machst du denn für Sachen? Ich möchte so gern mit dir sprechen… Erkennst du meine Stimme? Thea ist hier. Ich habe dir etwas mitgebracht. Du hast doch so gern Geschenke…«

Gaby schaute ihre Tochter gespannt an. Nichts regte sich in dem Kindergesicht.

»Sie hört dich nicht.«

»Das wissen wir noch gar nicht. Sieh mal, der Puls geht etwas schneller…«

Gaby konnte die Kurven und Zacken auf dem Monitor inzwischen auch deuten. Tatsächlich war die Pulsfrequenz leicht erhöht, fiel jetzt aber wieder zurück.

»Sprich weiter mit ihr…«, forderte sie aufgeregt.