Mami 1958 – Familienroman - Karina Kaiser - E-Book

Mami 1958 – Familienroman E-Book

Karina Kaiser

0,0

Beschreibung

Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! Buchstäblich ein Qualitätssiegel der besonderen Art, denn diese wirklich einzigartige Romanreihe ist generell der Maßstab und einer der wichtigsten Wegbereiter für den modernen Familienroman geworden. Weit über 2.600 erschienene Mami-Romane zeugen von der Popularität dieser Reihe. Das Städtchen Neuendorf, im Herzen Mecklenburgs gelegen und von drei Seen umgeben, war gewiß kein besonders attraktives Ausflugsziel für Leute, die unbedingt viel erleben wollten. Wer hier wohnte oder Urlaub machte, liebte das friedliche, ländliche Leben und nicht die Betriebsamkeit und Hektik der Großstadt. Offenbar war aber in den letzten Jahren der Wunsch nach Ruhe und Beschaulichkeit größer geworden, so daß Ausflugslokale und Pensionen über Mangel an Gästen nicht zu klagen hatten. Die Sehnsucht nach unberührter Natur trieb Wanderer aller Arten, ob mit Rad oder Boot oder ganz einfach auf Schusters Rappen, in die dünnbesiedelte Landschaft, wo seltene Tier- und Pflanzenarten noch ihren natürlichen Lebensraum hatten. Sehr gern marschierten die Erholungssuchenden auch durch die malerische Vorstadt, die viele der Einheimischen recht poetisch den ›Wiesengrund‹ nannten. Die alten Häuser, meist noch vor dem Krieg erbaut, standen noch nicht so dicht gedrängt beieinander, wie es heute der Fall ist, sondern waren weitläufig angeordnet und von großen Gärten mit hohen Obst- und Nadelbäumen umgeben. In einem der letzten Häuser des Wohngebietes, da wo der Wiesengrund allmählich in den Mischwald überging, wohnte Elisa Mangold mit ihren drei Kindern. Ihr Haus stand direkt am Wiesenweg, einem kaum befestigten Pfad, der zum Uckersee führte. Dieses Haus schien eines der ältesten zu sein, jedenfalls sah es so aus. Doch diese Tatsache war nur der Mutter bewußt, für die Kinder war das alte Gebäude eben ihr Zuhause und ein einzigartiges Spielparadies. Nirgends war es ihrer Ansicht nach so herrlich wie hier, wo man im Sommer die vielen bunten Schmetterlinge beobachten konnte, die über die Wiesen flatterten, wo Fisch- und Schreiadler ihre Kreise zogen, und wo im Winter, wenn Schnee lag, der Tannenberg zum Rodeln einlud. Aber wie in jedem Paradies gab es auch hier so etwas wie eine Schlange. In diesem Fall handelte es sich um eine Kröte, die an einem Tag im Mai, wahrscheinlich während einer Stunde der geöffneten Tür, im Haus am Wiesengrund Unterschlupf gesucht hatte. Sie war, wie man so schön sagt, der letzte Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Elisa Mangold erkannte beim Anblick des kleinen Kriechtieres, daß sie bald etwas unternehmen mußte, damit sie und ihre Kinder unbesorgt in die Zukunft schauen konnten. Ein lautes, langgezogenes "Muuuttiii" ertönte von der Veranda her. Dort stand die neunjährige Anja und wies mit dem Finger entsetzt auf das dicke grünbraune Tier, das seelenruhig in einer Ecke unter einer Blattpflanze saß und keine Anstalten machte, das Weite zu suchen. Elisa Mangold seufzte laut. Man konnte es der Kröte nicht verdenken, daß sie sich in der Veranda häuslich niederlassen wollte.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 114

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mami – 1958 –

Zwecks späterer Heirat …

Deine Kinder sollen auch meine sein

Karina Kaiser

Das Städtchen Neuendorf, im Herzen Mecklenburgs gelegen und von drei Seen umgeben, war gewiß kein besonders attraktives Ausflugsziel für Leute, die unbedingt viel erleben wollten. Wer hier wohnte oder Urlaub machte, liebte das friedliche, ländliche Leben und nicht die Betriebsamkeit und Hektik der Großstadt.

Offenbar war aber in den letzten Jahren der Wunsch nach Ruhe und Beschaulichkeit größer geworden, so daß Ausflugslokale und Pensionen über Mangel an Gästen nicht zu klagen hatten. Die Sehnsucht nach unberührter Natur trieb Wanderer aller Arten, ob mit Rad oder Boot oder ganz einfach auf Schusters Rappen, in die dünnbesiedelte Landschaft, wo seltene Tier- und Pflanzenarten noch ihren natürlichen Lebensraum hatten.

Sehr gern marschierten die Erholungssuchenden auch durch die malerische Vorstadt, die viele der Einheimischen recht poetisch den ›Wiesengrund‹ nannten.

Die alten Häuser, meist noch vor dem Krieg erbaut, standen noch nicht so dicht gedrängt beieinander, wie es heute der Fall ist, sondern waren weitläufig angeordnet und von großen Gärten mit hohen Obst- und Nadelbäumen umgeben.

In einem der letzten Häuser des Wohngebietes, da wo der Wiesengrund allmählich in den Mischwald überging, wohnte Elisa Mangold mit ihren drei Kindern.

Ihr Haus stand direkt am Wiesenweg, einem kaum befestigten Pfad, der zum Uckersee führte. Dieses Haus schien eines der ältesten zu sein, jedenfalls sah es so aus. Doch diese Tatsache war nur der Mutter bewußt, für die Kinder war das alte Gebäude eben ihr Zuhause und ein einzigartiges Spielparadies. Nirgends war es ihrer Ansicht nach so herrlich wie hier, wo man im Sommer die vielen bunten Schmetterlinge beobachten konnte, die über die Wiesen flatterten, wo Fisch- und Schreiadler ihre Kreise zogen, und wo im Winter, wenn Schnee lag, der Tannenberg zum Rodeln einlud.

Aber wie in jedem Paradies gab es auch hier so etwas wie eine Schlange. In diesem Fall handelte es sich um eine Kröte, die an einem Tag im Mai, wahrscheinlich während einer Stunde der geöffneten Tür, im Haus am Wiesengrund Unterschlupf gesucht hatte.

Sie war, wie man so schön sagt, der letzte Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Elisa Mangold erkannte beim Anblick des kleinen Kriechtieres, daß sie bald etwas unternehmen mußte, damit sie und ihre Kinder unbesorgt in die Zukunft schauen konnten.

*

Ein lautes, langgezogenes »Muuuttiii« ertönte von der Veranda her. Dort stand die neunjährige Anja und wies mit dem Finger entsetzt auf das dicke grünbraune Tier, das seelenruhig in einer Ecke unter einer Blattpflanze saß und keine Anstalten machte, das Weite zu suchen.

Elisa Mangold seufzte laut. Man konnte es der Kröte nicht verdenken, daß sie sich in der Veranda häuslich niederlassen wollte. Schließlich war es hier, wie fast überall im Haus, schön feucht. Und doch liebte Elisa dieses alte Gemäuer, denn es war geräumig, hatte einen großen Garten und stand in der Nähe einer Bushaltestelle. Und es war das Erbe ihres Mannes, das sie für ihre Kinder unbedingt erhalten wollte, so schwer ihr das auch manchmal fiel.

Anjas Schrei hatte auch ihre Geschwister herbeigelockt. Nun starrten alle drei Kinder auf das harmlose Tier.

»Die Kröte tut euch nichts«, sagte Elisa nun mit einer gewissen Ungeduld. »Anja, geh und hole Schaufel und Handfeger.«

Die Kleine lief davon, indessen wollte Christoph wissen: »Was machst du mit die Kröte? Machst du ihr jetzt tot?«

»Nein. Wir setzen sie nachher in den Garten.« Elisa lächelte insgeheim über ihren Jüngsten, der immer ein erstauntes Gesicht zu machen schien, und der die meisten Probleme mit dem Erlernen der deutschen Sprache hatte. Zu einem großen Teil lag das aber auch an Tino Hinze, seinem besten Freund. Christoph hing an dem um ein Jahr älteren Jungen wie eine Klette und ahmte eifrig dessen fehlerhaften Sprachgebrauch nach.

Inzwischen war Anja wieder da, und Elisa fegte die Kröte einfach auf die Schaufel.

»Es ist besser, wenn ich die Kröte zum Froschteich bringe«, schlug die siebenjährige Bettina eifrig vor. »Dort wird sie sich wohler fühlen als bei uns im Garten.« Schon immer sehr tierlieb, nahm sie die Schaufel mit dem kleinen Tier und setzte es in einen Spielzeugeimer.

Christoph nickte bekräftigend dazu und begleitete seine Schwester, während Anja anzusehen war, daß sie am liebsten igitt-igitt gesagt hätte.

Als ihre Geschwister gegangen waren, sah sie sich in der Veranda um und sagte altklug: »Die Möbel schimmeln schon und auf dem Dachboden regnet es durch. So geht das nicht weiter, Mutti.«

»Ja, so geht es wirklich nicht weiter«, wiederholte Elisa leise. »Irgend etwas muß passieren. Aber was?«

»Können wir nicht auch das Dach neu machen lassen, so wie bei Frau Hensel?«

Elisa schüttelte traurig den Kopf. »Das können wir nicht bezahlen.«

»Schade«, erwiderte das Mädchen betrübt. »Und ich dachte, unser Haus würde auch mal so hübsch aussehen. Die Bauarbeiter haben dort rotbraune Ziegel aufgedeckt und das Haus hellgelb gestrichen…«

»Wart ihr etwa auf der Baustelle?«

»Aber nein«, beruhigte Anja die besorgte Mutter. »Wir haben nur Futter für die Kaninchen gesucht und sind den Wiesenweg entlanggegangen. Da haben wir von weitem zugeschaut. Chrischi wäre natürlich am liebsten dicht herangegangen, aber Tina und ich haben ihn nicht gelassen.«

»Das war auch richtig so«, sagte Elisa erleichtert. »Fremde haben auf einer Baustelle nichts zu suchen, und Kinder schon gar nicht.«

Am Abend, als Anja, Tina und Christoph müde in ihre Betten gekrochen waren, saß die junge Frau allein im Wohnzimmer. Müde stützte sie den Kopf in die Hände. Wie froh und stolz waren sie damals gewesen, sie und Gerd, als seine Großmutter ihnen dieses Anwesen am Rande der Stadt vererbt hatte. Hier im Wiesengrund wollten sie bleiben, denn hier konnten ihre Kinder in der Natur aufwachsen und hatten viel Platz zum Spielen.

Sicher, das Haus war alt und das Grundstück ungepflegt, aber sie und Gerd waren ja noch jung und voller Tatendrang. Und sie waren voller Optimismus an die Sanierung herangegangen. Ihre Ersparnisse waren für eine neue Heizung und die notwendige Einrichtung draufgegangen. Weiteres Geld konnten sie nicht mehr sparen, denn kurz hintereinander waren Anja und Bettina geboren worden. Elisa konnte nach der Geburt der Mädchen nur noch stundenweise arbeiten, was eine erhebliche Lücke in die monatlichen Einkünfte riß.

Und dann war Gerd mit dem Auto tödlich verunglückt. Von einem Tag auf den anderen war er nicht mehr da. Er hatte nicht mehr miterlebt, daß noch ein Kind geboren wurde. Der kleine Christoph hatte seinen Vater niemals gesehen, und auch die Mädchen hatten kaum noch eine Erinnerung an ihn.

Elisa schluckte die aufkommenden Tränen hinunter und ging dann auch zu Bett. Doch sie konnte noch lange nicht einschlafen, wie so oft nicht. Sollte es immer so weitergehen?

Sie schaffte es einfach nicht allein. Drei Kinder, ein feuchtes Haus und wenig Geld. Sie wußte es genau. Was ihr fehlte, war ein Mann.

*

Ein paar Tage später hatte sie sich dazu durchgerungen und eine Heiratsanzeige aufgegeben: Junge Frau, 32, mit drei Kindern und eigenem Haus sucht handwerklich begabten Mann passenden Alters zwecks späterer Heirat.

Elisa war sich bewußt, daß dieser Text recht geschäftsmäßig wirkte, ihr fiel jedoch kein besserer ein. Sie selbst wollte eigentlich keinen Mann, eher einen Freund und Kameraden. Und sie hatte auch keine große Hoffnung, daß überhaupt jemand antwortete.

Wider Erwarten bekam sie doch drei Zuschriften. Zwei davon hatte sie schon nach dem ersten Lesen in den Papierkorb geworfen, denn die Fotos sagten ihr nicht zu und die Briefe auch nicht. Der eine Anwärter gefiel sich in Prahlereien über sein handwerkliches Geschick, so daß eine arme Witwe wie sie heilfroh sein mußte, ihn zu bekommen. Elisa fragte sich, warum seine Qualitäten bisher noch von keiner anderen Frau erkannt worden waren.

In der zweiten Zuschrift erklärte der Bewerber sinngemäß, daß er von Hammer und Säge schon mal etwas gehört hätte, aber er wäre lernfähig und zu allem bereit. Zu den drei Kindern hatten beide Herren offensichtlich keine Meinung.

Der dritte Mann gefiel Elisa schon besser. Andreas Wolf war gelernter Maurer und hatte es bis zum Vorarbeiter gebracht. Bedingt durch seinen Beruf sei er natürlich viel unterwegs, so schrieb er, aber sicher hätte er immer noch genug Zeit, sich um Familie und Haus zu kümmern. Außerdem habe er Freunde, die ihm bei größeren Arbeiten helfen würden. Und Kinder hätte er auch gern.

Elisa hatte hoffnungsvoll gelächelt. Vielleicht war dieser Mann gar nicht so verkehrt.

Als sie aber diesen Herrn dann persönlich kennengelernt hatte, war ihr klargeworden, daß auch dieser Kandidat nicht zu gebrauchen war. Dieser schwachbrüstige Mann suchte offenbar eine Art Pflegemutter, die ihm das Essen kochte und die Socken wusch und die seine zahlreichen Freunde tolerierte, mit denen er an den Wochenenden Jazzmusik spielen wollte. Ein großes Haus, so wie Elisas, schien ihm für seine zahlreichen Proben sehr praktisch. So würde er keine Nachbarn belästigen, wie es jetzt der Fall war.

Aber die Kinder und mich willst du belästigen, du Blödmann, dachte sie erbost und ließ den versierten Maurer und Jazzmusiker einfach im Garten sitzen.

Ihre Annonce erwies sich somit als totale Fehlanzeige. Eine Frau mit drei Kindern und einem alten Haus war eben nicht attraktiv für die Herren der Schöpfung. Vielleicht war es besser, zu einem Treff für Alleinstehende zu gehen und die Kinder vorerst zu verschweigen.

Dieses Vorhaben bot sich an, weil unterdessen die Sommerferien begonnen hatten und Elisa die Kinder für drei Wochen bei ihren Eltern unterbringen konnte. Auch wenn Christoph noch nicht zur Schule ging, wurde er wie ein Ferienkind gewertet und durfte mitfahren.

Elisa wollte diese Zeit gut nutzen, denn in der Gaststätte ›Klostergarten‹ fand allwöchentlich ein Singletanzabend statt, zu dem nicht nur Leute aus der Stadt, sondern auch aus der näheren Umgebung kamen.

*

Sie hatte dazu ihren flottesten ›Fummel‹ angezogen und ihre dunkelbraunen, leicht welligen Haare nicht, wie sonst, zu einem einfachen Knoten hochgesteckt. Sie fand, daß sie mit langen Haaren jünger aussah, und sie war überzeugt, daß eine mittelgroße, schlanke Frau mit ein paar hübschen Rundungen an den richtigen Stellen und einem hübschen Gesicht bestimmt nicht wie ein Mauerblümchen herumsitzen würde.

Natürlich hatte sie richtig gedacht und verlebte einen ver­gnügten Abend in fröhlicher Runde, verlor aber nicht die Übersicht und ließ sich von einem Mann um die Vierzig nach Hause bringen. Dieser gefiel ihr recht gut. Er machte einen soliden Eindruck und arbeitete beim städtischen Umweltamt. Und er hieß Hellmuth.

»Schön haben Sie es hier«, stellte er befriedigt fest, als Elisa ihn noch zu einer Tasse Kaffee hereingebeten hatte. »Ich habe schon immer viel für alte Häuser übrig gehabt. Sie haben alle eine Geschichte und eine Seele.«

Ja, dachte Elisa, sie haben eine Geschichte, und sie haben ihre schadhaften Stellen. Aber die sah der Herr vom Umweltschutz wohl nicht, und sie wollte sie ihm auch nicht gleich zeigen. Sie mußte anscheinend sehr diplomatisch vorgehen, um ihn langsam und schonend auf ihre Situation einzustimmen.

»Und Sie leben hier ganz allein?« fragte Hellmuth und sah sich interessiert in dem großen Wohnzimmer um.

»Ja, obwohl ich schon mal an Untermieter gedacht habe«, log Elisa, ohne rot zu werden. »Aber ich konnte mich doch nicht dazu überwinden, denn das Haus hat keinen zweiten Eingang. Deshalb ist die Lösung nicht so gut.«

Hellmuth nickte dazu und griff behutsam nach ihrer Hand. »Sie sind also ganz allein in diesem großen Haus. Da fürchten Sie sich sicher. Das kann ich gut verstehen.«

Und er verstand noch viel mehr, war ein netter Gesprächs­partner und zärtlicher Liebhaber, bis die Kinder wieder nach Hause kamen.

An einem sonnigen Samstag­nachmittag hüpfte eines nach dem anderen aus dem Auto ihrer Eltern und stürmte auf Elisa zu mit dem üblichen Ruf: »Muuttiii, wie sind wieder da!«

Hellmuth, der am Vormittag begonnen hatte, den Zaun vom Vorgarten zu streichen, fiel bei dieser lautstarken Invasion beinahe der Farbeimer aus der zitternden Hand.

»Sind das alles deine?« flüsterte er bestürzt und mit blassen Lippen, nachdem er gesehen hatte, wie freudig die Kinder sie begrüßten. Nur mit viel Mühe konnte er sich beherrschen. Elisa sah ihm sofort an, was er jetzt dachte.

»Ja, das sind meine, und das sind meine Eltern Hilde und Fritz Kutzner.« Mit vorgetäuschter Gelassenheit stellte sie Hellmuth Clausen ihren Eltern und Kindern vor.

»Na, junger Mann, Sie sind ja schon feste bei der Arbeit«, meinte Opa Fritz und schlug dem Umweltschützer kräftig auf die Schulter. »Die werden Sie hier auch immer genug haben, aber das ist immer noch besser, als vor lauter Langeweile Däumchen zu drehen.«

»Ja, hier gibt es sehr viel zu tun«, bestätigte Hellmuth lahm und blickte mürrisch auf die Kinder, zu denen sich inzwischen auch noch Nachbarssohn Tino Hinze gesellt hatte.

Er und Christoph rannten kurz darauf in die Küche, um sich dort Limonade zu holen. Die Mädchen folgten ihnen, und binnen weniger Minuten hörte man auch schon ein großes Geschrei.

»Das ist meine Brause«, schrie Anja, während sie Bettina die Flasche aus der Hand nehmen wollte. Natürlich wollte die zuerst trinken und schrie: »Du denkst wohl, weil du die Älteste bist, mußt du alles immer zuerst haben.«

»So ist es nicht, du kleckerst bloß wieder beim Eingießen. Das kenne ich schon. Du kannst ja nicht einmal deiner Katze Milch in die Schale gießen.«

»Du spinnst ja. Natürlich kann ich das.«

»Ich will auch trinken«, rief der Junge und langte nach der Flasche, hastig und ungeschickt, so daß diese zu Boden fiel und auf den Fliesen zerschellte.

»Muuttii!« drang es wieder einmal dreistimmig zu Elisa herüber.

Genervt eilte sie in die Küche, um die Bescherung aus der Nähe und die bedepperten Gesichter ihrer Kinder zu sehen. Eigentlich wäre jetzt eine Strafpredigt angebracht. Doch vor Hellmuths Augen und Ohren wollte sie das nicht tun.

»Geht in eure Zimmer«, erwiderte sie daher nur, nachdem sie den Schaden betrachtet und festgestellt hatte, daß wenigstens die Fliesen heil geblieben waren.