Nur er weiß, wer Susannes Vater ist - Gisela Reutling - E-Book

Nur er weiß, wer Susannes Vater ist E-Book

Gisela Reutling

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Beschreibung

Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. »Ist Christian schon fort?« fragte Helga, als sie angekleidet aus dem Gästezimmer kam. »Ja.« Silvia war dabei, frischen Kaffee aufzubrühen. »Er hat um neun Uhr eine wichtige Besprechung. Ich soll dich noch herzlich grüßen und dir eine gute Heimfahrt wünschen.« »Danke.« Die Mutter ließ sich am gedeckten Tisch in der Ecke der hübschen geräumigen Wohnküche nieder. »Ich habe doch regelrecht verschlafen«, bemerkte sie kopfschüttelnd. »Das kommt davon, wenn man bis Mitternacht feiert. So was bin ich nicht gewöhnt.« »Ich auch nicht, Mutti.« Silvia blickte lächelnd auf. »Aber Dreißig wird man ja auch nur einmal.« Sie hatten ein paar Freunde eingeladen. Auch Onkel Herbert und Tante Edith waren gekommen. Es war eine nette, heitere Gesellschaft gewesen. Sinnend sah Helga Faber auf ihre Tochter. »Die nimmt man dir noch gar nicht ab, Silvia«

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Leseprobe: Sie hofften nur auf Herzenswärme

Michaela Dornberg ist mit ganzem Herzen in die bezaubernde Welt des Sonnenwinkels eingedrungen, sie kennt die so sympathische Familie des Professors Auerbach mit dem Nesthäkchen Bambi inzwischen schon besser als jeder andere. Die geliebte kleine Bambi wird in den neuen Romanen für besondere Furore sorgen, und eine erfrischend engagierte junge Ärztin wird den Sonnenwinkel gehörig aufmischen.

Mami – 1971 –

Nur er weiß, wer Susannes Vater ist

Eine Frage, die zum Schicksal wird

Gisela Reutling

»Ist Christian schon fort?« fragte Helga, als sie angekleidet aus dem Gästezimmer kam.

»Ja.« Silvia war dabei, frischen Kaffee aufzubrühen. »Er hat um neun Uhr eine wichtige Besprechung. Ich soll dich noch herzlich grüßen und dir eine gute Heimfahrt wünschen.«

»Danke.« Die Mutter ließ sich am gedeckten Tisch in der Ecke der hübschen geräumigen Wohnküche nieder. »Ich habe doch regelrecht verschlafen«, bemerkte sie kopfschüttelnd. »Das kommt davon, wenn man bis Mitternacht feiert. So was bin ich nicht gewöhnt.«

»Ich auch nicht, Mutti.« Silvia blickte lächelnd auf. »Aber Dreißig wird man ja auch nur einmal.«

Sie hatten ein paar Freunde eingeladen. Auch Onkel Herbert und Tante Edith waren gekommen. Es war eine nette, heitere Gesellschaft gewesen.

Sinnend sah Helga Faber auf ihre Tochter. »Die nimmt man dir noch gar nicht ab, Silvia«, meinte sie. »Ich glaube, du wirst immer etwas Mädchenhaftes behalten, auch wenn du noch ein paar Jahrzehnte älter sein wirst.«

»Ein Kompliment von der eigenen Mutter, wenn das nicht ganz was Neues ist!« scherzte Silvia.

»Ach was. Ich stelle nur fest.«

Helga wandte den Kopf. Ihr Gesicht verklärte sich. Hereingetappt kam im geblümten fußlangen Nachthemd ihr Susilein, gähnte herzhaft und streckte die Ärmchen nach ihrer Mama aus.

Silvia bückte sich und hob das Leichtgewicht auf.

»Ich sollte dich nicht immer herumtragen«, sagte sie. »Du bist viel zu groß dafür.«

Aber Susanne hatte ein süßes rundes Koboldgesicht und einen langen Anlauf am Morgen. Bis sie richtig wach war, zeigte die Uhr meist neun, halb zehn, und das war auch der Grund dafür, weshalb sie noch nicht in den Kindergarten ging.

»Allmählich«, sagte Silvia und legte ihr Kinn gegen das weiche Blondhaar, »müssen wir zwei mal anfangen, dafür zu trainieren, daß du Langschläferin früher aus den Federn kommst!«

»Wir zwei«, wiederholte Susanne, schlang die Ärmchen fest um Silvias Hals und ließ sich von ihr zu dem Platz auf der Polsterbank tragen, wo das dicke Sitzkissen lag.

Aber Helga kam ihr zuvor. Sie nahm ihr das Kind ab und setzte es sich auf den Schoß.

»Guten Morgen, mein Schätzchen! Du hast ja noch ganz kleine Äugelein. Hast wohl bis eben geschlafen, hm?«

»Hab’ geträumt«, wisperte die Dreijährige wie von fern. »Von dem Pony hab’ ich geträumt. Das hat mich angestubst und aufgeweckt.«

»Wurde ja wohl auch allmählich Zeit«, neckte die Oma.

»Jetzt wird gefrühstückt!« rief Silvia munter. »Oder wollen wir die Omi bei uns verhungern lassen?«

Sie hatte zwar vor einer Stunde schon mit ihrem Mann gefrühstückt, aber natürlich leistete sie ihrer Mutter noch Gesellschaft dabei. Auch das Susannchen war endlich bereit, etwas Milch zu trinken und ein halbes Brötchen zu kauen.

Danach schleppte die Mama sie ab ins Bad, aus dem bald Prusten und Quieken und helles Kinderlachen kam.

»Ja, ich kenne ja mein schlafmütziges Susilein nicht wieder«, tat Helga verwundert, als die Enkelin angetan mit Hosen und T-Shirt erschien. »Wer ist denn dieses Kind mit den blanken Augen und dem lachenden Mund?«

Susanne klatschte in die Hände. »Gehen wir heute wieder in den Wald, wo die Mädchen mit den Pferden sind, Oma?«

»Das geht leider nicht, Schätzchen«, bedauerte Helga. »Ich muß doch wieder nach Hause. Mein Zug fährt um eins.«

»Ooch… schade!« Susanne schob die Unterlippe vor.

»Aber ihr bringt mich noch zum Bahnhof, ja?«

»Ist doch klar«, sagte Silvia. »Christian ißt heute sowieso auswärts. Dann haben wir Zeit, Susi, und können in der Stadt bummeln.«

»Da nehm’ ich Gitti mit. Ich muß ihr nur noch was anderes anziehen.« Damit verschwand Susanne in ihrem Zimmer. Gitti war ihre Lieblingspuppe.

»Sie ist schon ein süßer Fratz«, sagte die Oma, ihr nachsehend und mit einem Lächeln um den Mund. »Christian ist doch jetzt auch stolz auf sein Töchterchen, obwohl er sich ja damals sehr einen Sohn gewünscht hatte. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.«

Silvia wandte sich ab. Sie machte sich daran, den Frühstückstisch abzuräumen und das bißchen Geschirr in die Spüle zu stellen.

»Ihr solltet nur nicht zu lange damit warten«, fuhr ihre Mutter wohlmeinend fort. »Kinder haben gern einen jungen Papa, und Christian ist immerhin schon fünfundvierzig.«

Silvias Lider zuckten. Die Teller klapperten aneinander bei fahriger Bewegung. Sie schwieg.

Helga verstand. Sie nahm sich zurück. Ja ja, es geht mich nichts an, dachte sie bei sich. Eheleute hatten es nicht gern, wenn man sich einmischte. »Meine Reisetasche habe ich schon gepackt«, sagte sie nach Sekunden des Schweigens ablenkend. »Aber wir haben wohl noch Zeit?«

»Jede Menge, Mutti. Wir setzen uns noch gemütlich ins Wohnzimmer. Und um zwölf mache ich dir noch einen Teller Suppe warm, damit du nicht mit leerem Magen die Reise antrittst.«

»Leerem Magen«, lachte die Mutter auf, »nach dem späten und üppigen Frühstück! Und die Tage habe ich sowieso über die Stränge geschlagen. Ich will doch nicht mit einem Kilo mehr heimkommen.«

Im Wohnzimmer öffnete Silvia die Terrassentür, weil die Vormittagssonne so schön hereinschien. »Es ist wirklich schade, daß du schon wieder fort mußt«, sagte sie dabei. »Drei Tage sind einfach zuwenig.«

»Vater ist doch ohne mich nur ein halber Mensch«, behauptete Helga augenzwinkernd und lehnte sich im Sessel zurück.

»Ihr seid mir schon zwei«, sagte Silvia heiter. »Wenn Paps schon zwei linke Hände hat, könnte Inga ja auch mal was tun.«

»Inga hat tausend andere Dinge im Kopf. Ballettunterricht, Gesangstunden… Du solltest nur mal ihren Terminkalender sehen.«

»Will sie denn wirklich die Schule hinwerfen?« fragte Silvia besorgt.

Die Mutter nickte. »Wenn die Tanja Pawlowa sie in ihre Tanzschule aufnimmt, ist sie dazu fest entschlossen. Als Tänzerin brauchte sie sich nicht den Kopf mit tausend unnützen Dingen bis zum Abitur hin vollzustopfen ist ihr Standpunkt.«

»Das mag schon sein«, räumte Silvia ein. »Aber bis dahin ist es ein langer Weg, und aussichtsreich ist dieser Beruf gewiß nicht. Soviel ich weiß, unterhalten nur noch wenige große Häuser ein Ballett. Inga soll sich da nur keine Illusionen machen.«

»Tut sie aber«, sagte Helga resigniert. »Mit vernünftigen Vorhaltungen kommt man nicht dagegen an. Sie sieht sich schon als Musical-Star auf der Bühne, umjubelt und gefeiert.«

Silvia seufzte. Ihre junge Schwester, knapp siebzehn war sie und glaubte die Welt erobern zu können. Hübsch war sie, und biegsam wie eine Gerte, nahm sie doch schon seit Jahren Ballettstunden. Die Eltern hatten es als ihr Hobby betrachtet und gutmütig geduldet und bezahlt. Jetzt die Pawlowa – eine ehedem berühmte Tänzerin russischer Herkunft. Sie trat nicht mehr selbst auf, sondern hatte es sich zur Aufgabe gemacht, besonders Begabte zu fördern. Sollte Inga wirklich dazu gehören?

»Noch ist nichts entschieden, Mutti«, äußerte Silvia und richtete sich auf. »Wenn da so eine strenge Auswahl getroffen wird, muß man erst den Prüfungsentscheid abwarten.«

»Und wie unsere Inga dem entgegenfiebert!« entfuhr es der Mutter, und sie verdrehte ein bißchen die Augen dabei.

In diesem Moment kam Susanne hereinspaziert.

»Guckt mal, die Gitti!« rief sie, ihre Puppe schwenkend. In dem anderen Händchen hatte sie eine zur Hälfte geschälte und angebissene Banane. Bei ihr kam der Appetit immer erst später.

»Uij, hast du die Gitti aber stadtfein gemacht, und sogar mit Hut!« bewunderte Helga das herausgeputzte Püppchen. »Komm zur Oma!«

Susanne sprang auf sie zu und hüpfte zu ihr in den Sessel. Der war breit genug für das zierliche Kind mitsamt Gitti und Banane.

Damit war das Thema Inga erst einmal abgetan.

Nicht viel später brachen sie auf.

»Du willst wirklich nichts mehr zu dir nehmen?« fragte Silvia zweifelnd ihre Mutter. »Immerhin wirst du erst am späteren Nachmittag zu Hause sein.«

»Nichts«, entschied Helga, die auf ihre schlanke Linie bedacht war.

»Dann werde ich mit Susanne beim Italiener essen, wenn du uns verlassen hast. Für ein Stück Pizza bist du doch immer zu haben, nicht?« wandte sich Silvia lächelnd an ihr Töchterchen.

»Pizza«, wiederholte Susanne. »Bei dem, der Bambina zu mir sagt.«

»Das hast du dir gut gemerkt.«

Silvia holte ihren Wagen aus der Garage, und sie fuhren zum Bahnhof. Dort gab es ein herzliches Abschiednehmen, Umarmungen und Küßchen, Grüße an den Vater, an Bruder Rolf und Inga. Das Susannchen winkte der Oma noch nach, als nur noch das Ende des ICE zu sehen war.

Silvia folgte der Guten in Gedanken. Es war so lieb, daß sie es sich nicht hatte nehmen lassen, zu ihrem Geburtstag zu kommen. Sie wünschte sich manchmal, daß nicht mehrere hundert Kilometer sie voneinander trennen würden. Die Eltern führten eine Ehe, wie es sie heutzutage sicherlich nur noch selten gab. Einer mochte nicht ohne den anderen sein. Von ›Freiräumen‹ und ›Selbtverwirklichung‹ war in zweiunddreißig Jahren nicht die Rede gewesen. Der Vater, total hilflos in praktischen Dingen des täglichen Gebrauchs, und doch der Allerbeste, ging in seinen Büchern auf. Die Faber’sche Buchhandlung gab es bereits in der dritten Generation, und Bruder Rolf arbeitete auch schon im Geschäft. So würde, nach menschlichem Ermessen, der Fortgang erhalten bleiben. Ja, das war eine heile Familie, und sie, Silvia, hatte das Glück gehabt, darin aufgewachsen zu sein.

Daß es im Leben nicht immer so geradeaus wie erwartet weitergehen konnte, das hatte sie leider bald erfahren müssen…

»Du, Mama, ich hab’ Durst«, meldete sich Susanne, die an ihrer Hand ging, und holte Silvia damit aus ihren schweifenden Gedanken zurück.

»Ja, gleich bekommen wir etwas, Schatz.«

Sie kehrten in dem hübschen italienischen Restaurant ein, wo der Kellner, die Serviette unter dem Arm, das kleine Mädchen mit einem strahlenden »Tschau, Bambina!« begrüßte.

»Tschau«, machte Susi keck, drückte ihre Puppe an sich und strahlte zurück.

*

»Das gibt’s doch nicht – Beate!«

Mit einem Ausdruck freudiger Überraschung blieb Christian Lombard mitten in der Hotelhalle stehen. Er hatte sich grade von einem Herrn verabschiedet, von dem er sich einen größeren Auftrag für seine Firma versprach. Da sah er sie, unverkennbar Beate Hesse, wie sie mit ihrem Mädchennamen geheißen hatte. Immer noch mit dieser Fülle fuchsroten Haares um das hellhäutige Gesicht, das freilich inzwischen mit mehr Linien gezeichnet war. Man wurde nicht jünger.

»Ja, Christian, grüß dich!« Lachend streckte sie ihm die Hand entgegen. »Irgendwo und irgendwann sieht man sich doch mal wieder!«

»Hmhm. Und wenn’s an einer Autobahntankstelle oder in einem fremden Hotel ist.«

»Das war damals eine kurze Begegnung bei Mailand, nicht? Das ist bestimmt auch schon wieder sieben, acht Jahre her. Du hattest ein reizendes junges Mädchen im Wagen, daran erinnere ich mich noch.«

»Das reizende junge Mädchen war meine Frau.«

»Gratuliere. Und ich war auf dem Wege zu meinem Mann, der einen Bericht für seine Zeitung über die Modemesse schreiben sollte. Genau. So war das. – Und was tust du hier, Christian?«

»Ich hatte eine Besprechung mit einem Kunden. Das heißt, ich hoffe, daß er mein Kund wird. Daß du hier, in unserer Nachbarstadt wohnst, fällt mir erst jetzt wieder ein.«

»Ja, gar nicht weit von hier, auf der Luisenhöhe. Ich wollte gerade nach Hause fahren. Wenn du ein halbes Stündchen Zeit hast, komm doch mit! Wir sollten doch eigentlich auf dieses wiederum so unverhoffte Wiedersehen einen Schluck trinken!«

Sie war immer noch so spontan wie früher, stellte Christian lächelnd bei sich fest.

»Das würde ich schon gern, Beate. Aber ich befürchte, es würde nicht bei einem halben Stündchen bleiben, wenn ich erst mit dir komme. Wir könnten ja hier an der Bar darauf anstoßen. Was meinst du?«

»Einverstanden.«

Um diese Zeit, es war gerade achtzehn Uhr, war es noch fast leer in der Bar. Nur drei Franzosen, die Christian vorhin aus dem Konferenzraum hatte kommen sehen, tranken lebhaft gestikulierend ihren Apéritif an der Theke.

Sie nahmen an einem der niedrigen Glastische Platz, die von bequemen Sesseln umstanden waren, ließen sich zwei weitgehend alkoholfreie Cocktails servieren, denen nur ein Schuß Sekt beigemischt war. Mehr durfte man sich nicht erlauben, wenn draußen das Auto stand. Aber nur auf die Geste kam es ja an.

Sie hatten zusammen die Schulbank im Kepler-Gymnasium gedrückt und später kameradschaftlich die Abiturnöte gemeinsam durchgestanden. Auch wenn das jetzt fünfundzwanzig Jahre her war und man danach kaum noch etwas voneinander gewußt hatte, so verband das doch.

Beate erzählte, daß sie in diesem Hotel eine Bekannte getroffen hatte, die in Schwierigkeiten war und ihr das Herz ausschütten wollte.

»Ich komme mir manchmal schon vor wie eine Briefkastentante aus einer jener bunten Blätter: Frau Beate weiß Rat«, behauptete sie humorvoll.

Christian betrachtete sie, die ihm schlank, selbstsicher und recht schick in einem modischen hellen Kostüm gegenübersaß.

»Und, weißt du immer einen Rat?« fragte er mit einem leisen Schmunzeln.

»Na ja… Ein beachtlicher Teil Lebenserfahrung hilft mir dabei«, bemerkte sie mit einer gewissen Selbstironie. »Das kommt mit den Jahren.«

»So alt sind wir ja nun auch noch nicht«, warf Christian ein.

»Das hat mit dem Alter nichts zu tun. Aber drei feste Beziehungen, wovon zwei zu einer Ehe geführt haben, und zwei Scheidungen, da kommt schon was zusammen. Man wird doch ein ganzes Stück klüger und auch toleranter.«

»Du bist zweimal geschieden, Beate?«

»Ja. Was siehst du mich so an? Das ist doch heute nicht so etwas Besonderes mehr.« Ihr Gesicht wirkte heiter und unberührt.

»Erstaunlich«, sagte Christian.

»Was findest du erstaunlich?«

»Daß du es mit solcher Gelassenheit nimmst. Eine andere würde es eher so empfinden, daß sie dreimal gescheitert sei.«

»Weit gefehlt. Ich habe nichts zu bereuen.«

Christians Blick lag immer noch auf ihr, ziemlich nachdenklich diesmal. Jetzt wurde er sich bewußt, warum eine Faszination von ihr ausging, obwohl sie nicht im üblichen Sinne schön zu nennen war.

Sie umgab die Aura einer Frau, die viel geliebt hatte und geliebt worden war, durch Höhen und Tiefen gegangen und daran gereift war.

»Ich habe drei Söhne, weißt du«, sprach Beate weiter, und mit einem tiefen Lächeln. »Von drei verschiedenen Vätern. Die Jungs sind bei mir geblieben. Sollte das nicht ein erfülltes Leben sein?«

»Und die Väter – stehen außen vor«, sagte Christian skeptisch.

»Nein. Sie sind ihnen jeweils die besten Freunde geblieben. Dafür habe ich schon gesorgt.«

Erstaunlich, lag es Christian wieder auf der Zunge zu sagen. Aber er hielt es zurück.

»Bißchen verwirrend«, murmelte er nur.

Beate lachte. »Du hast doch sicher auch Kinder, Christian?«

»Ein Töchterchen von drei Jahren.«

»Oh, so etwas Kleines noch!« rief sie aus.

»Ich habe spät geheiratet. Ich war so mit dem Aufbau meiner Firma beschäftigt. Es war zuerst nicht einfach, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen.«