Kind, Karriere – doch keine Liebe? - Karina Kaiser - E-Book

Kind, Karriere – doch keine Liebe? E-Book

Karina Kaiser

0,0
1,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. Eine junge Frau kam die breite, mit einem dunkelblauen Läufer belegte Treppe herunter und betrat die pompöse Eingangshalle. Die Frau war sehr einfach gekleidet und paßte überhaupt nicht in dieses Hotel mit dem unvergleichlichen Ambiente der Gründerjahre. Die Preise für eine Übernachtung hier konnten sich nur die besser gestellten Leute leisten, eine Frau in einem einfachen geblümten Sommerkleid sicher nicht. Man konnte sie beinahe für eines der Küchenmädchen halten, doch der Mann an der Rezeption grüßte sie sehr respektvoll. Sie nickte ihm freundlich zu und verließ dann das Hotel. Es war schon längst Abend, aber im Sommer war es ja lange hell. So machte es der jungen Frau nichts aus, den knappen Kilometer bis zu ihrem Ziel zu Fuß zu geben. Und dieses Ziel war ein gut besuchtes Lokal, in dem immer samstags ein Single-Tanzabend stattfand. Ein freier Tisch war nicht zu entdecken, was die Frau jedoch nicht zum Umkehren veranlaßte. Mit erstaunlicher Sicherheit ging sie zum Oberkellner und sprach leise mit ihm. Er schien sie zu kennen, denn er nickte und ließ kurz darauf sehr diskret einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen in eine Nische stellen, aus der vorher in aller Eile eine große Blumenvase entfernt worden war. Die übrigen Gäste bemerkten diese Anordnung gar nicht, sie hatten mit sich zu tun. Wer hierher kam, der suchte Anschluß. Die junge Frau auch, zumindest vorübergehend. Eine kleine Kapelle spielte mal flotte und mal langsame Melodien, die die junge Frau jedoch kaum wahrnahm. Sie bestellte sich Wein und Wasser und beobachtete dann die männlichen Gäste sehr eingehend. Sie war bald enttäuscht. Keiner war dabei, der einer näheren Betrachtung wert schien. Sie überlegte gerade, ob sie wieder gehen sollte, als zwei junge Männer den Saal betraten. Sie waren beide schlank und gutaussehend.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mami – 1980 –

Kind, Karriere – doch keine Liebe?

Hält Jolanthe an diesem Ziel fest?

Karina Kaiser

Eine junge Frau kam die breite, mit einem dunkelblauen Läufer belegte Treppe herunter und betrat die pompöse Eingangshalle. Die Frau war sehr einfach gekleidet und paßte überhaupt nicht in dieses Hotel mit dem unvergleichlichen Ambiente der Gründerjahre. Die Preise für eine Übernachtung hier konnten sich nur die besser gestellten Leute leisten, eine Frau in einem einfachen geblümten Sommerkleid sicher nicht. Man konnte sie beinahe für eines der Küchenmädchen halten, doch der Mann an der Rezeption grüßte sie sehr respektvoll. Sie nickte ihm freundlich zu und verließ dann das Hotel.

Es war schon längst Abend, aber im Sommer war es ja lange hell. So machte es der jungen Frau nichts aus, den knappen Kilometer bis zu ihrem Ziel zu Fuß zu geben. Und dieses Ziel war ein gut besuchtes Lokal, in dem immer samstags ein Single-Tanzabend stattfand. Ein freier Tisch war nicht zu entdecken, was die Frau jedoch nicht zum Umkehren veranlaßte. Mit erstaunlicher Sicherheit ging sie zum Oberkellner und sprach leise mit ihm. Er schien sie zu kennen, denn er nickte und ließ kurz darauf sehr diskret einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen in eine Nische stellen, aus der vorher in aller Eile eine große Blumenvase entfernt worden war.

Die übrigen Gäste bemerkten diese Anordnung gar nicht, sie hatten mit sich zu tun. Wer hierher kam, der suchte Anschluß. Die junge Frau auch, zumindest vorübergehend.

Eine kleine Kapelle spielte mal flotte und mal langsame Melodien, die die junge Frau jedoch kaum wahrnahm. Sie bestellte sich Wein und Wasser und beobachtete dann die männlichen Gäste sehr eingehend.

Sie war bald enttäuscht. Keiner war dabei, der einer näheren Betrachtung wert schien. Sie überlegte gerade, ob sie wieder gehen sollte, als zwei junge Männer den Saal betraten. Sie waren beide schlank und gutaussehend. Doch der Frau gefiel der Dunkelhaarige besser. Sie wußte nicht genau, warum. Aber sein Gesicht wirkte so intelligent. Jetzt lachte er seinem Freund zu. Und dieses Lachen gefiel ihr. Die Frau atmete heimlich auf. Vielleicht würde sich dieser Abend doch noch lohnen.

*

»Na, bereust du nun, daß du doch mitgekommen bist?« fragte Frank Mellenthin seinen Freund Norman Markgraf.

»Nein, aber eigentlich weiß ich nicht so recht, was ich hier soll. Ich halte so etwas für ungenutzte Zeit.«

»Ungenutzte Zeit?« ereiferte sich Mellenthin. »So etwas kannst auch nur du sagen. Willst du immer mit einem Fachbuch ins Bett gehen?«

»Natürlich nicht. Aber ich bin nicht davon überzeugt, daß man gerade hier seine Traumfrau findet. Ein zweites Mal kriegst du mich nicht mehr hierher.«

»Du wirst noch mal zum Einsiedler«, meinte der andere kopfschüttelnd. »Man ist nur einmal jung, diese Zeit muß man nutzen. Oder hat es endlich bei dir und einer der hübschen Schwestern gefunkt?«

»Im Dienst bin ich nur Arzt und habe anderes zu tun, als mit einer hübschen Schwester anzubändeln. Außerdem sind die meisten in festen Händen.«

Norman trank einen Schluck von seinem Rotwein und ging dann doch dazu über, genauso wie sein Freund, die anwesenden Damen diskret zu mustern. Inzwischen spielten die Musiker einen langsamen Walzer, einen Tanz, den Frank Mellenthin besonders liebte.

»Ich habe da hinten eine nette Blondine entdeckt«, sagte er. »Mal sehen, ob ich bei der landen kann.«

Weg war er, und Norman war allein. Allerdings nicht lange, eine junge Frau kam auf ihn zu und fragte leise: »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«

Er blickte sie verblüfft an. Sie war eigentlich nicht sein Typ, viel zu dünn, aber sie hatte schöne dunkle Augen, eine angenehme Stimme und irgendein Flair, das er nicht beschreiben konnte.

Und doch sagte er fast widerwillig: »Aber bitte sehr.«

Sie bedankte sich, setzte sich ihm gegenüber und sah ihn abwartend an.

»Was möchten Sie trinken?« fragte er höflich.

»Eine Weißweinschorle bitte.«

Er winkte der Bedienung, bestellte zweimal die Schorle und fragte anschließend: »Wohnen Sie hier in Berlin?«

»Nein. Ich besuche zur Zeit Bekannte. Doch die sind heute abend in der Oper. Und da ich nicht ganz allein herumsitzen wollte, bin ich hierher gegangen.«

»Interessieren Sie sich nicht für die klassische Musik?«

»Doch, aber ›Madame Butterfly‹ ist mir zu traurig.«

Er lächelte nachsichtig. »Wenn das Leben ohne Leid und Mühe wäre, wüßte man die schönen Dinge wahrscheinlich gar nicht zu schätzen.«

»Das ist wahr«, gab sie zu. »Aber es muß die richtige Balance zwischen beidem geben.«

»Da haben Sie nun wieder recht. Wenden wir uns heute der heiteren Seite zu. Wollen wir tanzen?«

»Gern.« Sie stand auf und ging mit ihm zur Tanzfläche. Norman legte einen Arm um ihre Mitte und zog sie dichter zu sich heran. Sie roch so gut. Wahrscheinlich irgendein teures Parfüm, dachte er flüchtig. Sie tanzte auch gut, schmiegte sich sogar an ihn, ohne aufdringlich zu wirken. Und sie gefiel ihm immer besser.

Als sie vom Tanzen zurückkamen, saß Frank Mellenthin mit seiner Blondine am Tisch. Spitzbübisch grinsend schaute er seinen Freund an.

»Nun sind wir ja schon zu viert. Ich werde den Ober bitten, noch zwei Stühle an unseren Tisch zu bringen.«

»Das ist nicht notwendig«, sagte die Frau an Normans Seite. »Ich habe da hinten auch einen Tisch.« Sie sah Norman fragend und bittend zugleich an.

Dieser fühlte sich seltsam be­rührt.

Er wollte einen anderen Vorschlag machen und erwiderte doch: »Gute Idee.«

Er wünschte seinem Freund und der molligen Blondine noch einen schönen Abend, folgte der jungen Frau und setzte sich zu ihr.

»Nun haben wir unsere Weinschorle am anderen Tisch stehen lassen«, stellte er gleich darauf fest und wollte aufspringen, um die Getränke zu holen.

In diesem Augenblick stand der Ober an ihrem Tisch und fragte nach ihren Wünschen.

»Wir sitzen jetzt hier«, sagte die Frau gelassen. »Würden Sie bitte unsere Weinschorle hierher bringen und anschließend…« Sie blickte Norman wieder fragend an. »Was wollen wir noch trinken?«

»Bleiben wir doch bei diesem Weißwein, allerdings ohne Wasser.«

»Aber gern«, antwortete der Kellner zuvorkommend und eilte raschen Schrittes davon.

Norman hatte den Eindruck, als wenn er beinahe »Gnädige Frau« zu seiner neuen Bekannten gesagt hätte.

Wer mochte sie sein?

Und als die Weinschorle und der Wein vor ihnen auf dem Tisch standen, hob er sein Glas, stieß es leicht gegen das ihre und meinte fröhlich: »Auf einen schönen Abend. Ich heiße Norman Markgraf und lebe allein.«

»Jona Horn«, erwiderte sie, »auch alleinstehend.«

Später erzählte sie ihm, daß sie als Zimmermädchen in einem renommierten Hotel an der Ostsee arbeitete, und er schilderte ihr seinen Werdegang, bis er sich Doktor für Kinderheilkunde nennen durfte.

»Das war ein langer Weg für Sie«, entgegnete sie und atmete leise auf.

Er bemerkte es nicht.

Es wurde tatsächlich ein sehr schöner Abend.

»Sehe ich dich wieder?« fragte er, nachdem sie noch ein Stück spazierengegangen waren, und er sie zum Abschied innig ge­küßt hatte.

»Ich reise morgen schon wieder ab. Aber wenn du willst, könnten wir gemeinsam Urlaub machen, bei uns an der Ostsee. Ich kenne da eine kleine, preisgünstige Pension…«

»Das ist ja prima!« rief er erfreut. »Ich rufe dich an, wann ich Urlaub nehmen kann. Hoffentlich klappt es dann auch bei dir. Ich kann mir denken, daß du während der Saison vielleicht schlecht frei bekommst.«

»Ich kriege das schon hin, sei unbesorgt.« Zärtlich streichelte sie seine Wange, und dann stiegen sie in das Taxi, das er vor einer Viertelstunde per Handy bestellt hatte.

»Wo wohnen deine Bekannten?« fragte er während der Fahrt.

»Keplerstraße 11.«

Norman wandte sich an den Taxifahrer. »Bitte fahren Sie zuerst dorthin und später nach Friedrichshain, Rosenweg 27.«

Der Mann nickte und fuhr los. Bald war er in der Keplerstraße angekommen.

Jona küßte Norman auf die Wange. »Vielen Dank für den schönen Abend. Schlaf gut. Ich werde dich morgen anrufen.«

»Versprochen?«

»Ja, versprochen.« Sie stieg aus dem Auto und ging auf eines der alten Häuser zu, die in dieser Straße standen.

Norman ließ sich weiterfahren. Er schloß die Augen und dachte beinahe ungläubig, daß es doch so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gab. Nur er hatte daran bisher nicht geglaubt.

*

Jona Horn wartete ab, bis das Taxi nicht mehr zu sehen war. Dann verließ sie den Hauseingang, in den sie sich gestellt hatte, und ging gemächlich die wenigen Meter bis zum Hotel.

Sie war zufrieden mit diesem Abend – sehr zufrieden. Und sie war sich fast sicher, endlich den richtigen Mann gefunden zu haben. Ob er es tatsächlich war, würde sich noch herausstellen. Auf alle Fälle würde sie ihn morgen anrufen.

Doch Norman Markgraf kam ihr zuvor. Schon nach dem Frühstück rief er auf ihrem Handy an und fragte, ob er sie eventuell zum Bahnhof bringen sollte.

»Ich fahre nicht mit dem Zug«, erwiderte sie hastig. »Mein Onkel – hat in Warnemünde zu tun – der nimmt mich mit.«

»Schade. Ich hätte dich heute so gern noch gesehen.«

»Es geht nicht. Onkel – Heinz – hat es eilig. Er hat schon meinen Koffer zum Auto gebracht.«

Norman fiel nicht auf, daß sie eine Ausrede nach der anderen ersann. Er kam gar nicht darauf, daß sie ihn heute nicht sehen wollte, er war nur enttäuscht.

»Aber du meldest dich, wenn du angekommen bist?«

»Ja, ich melde mich«, antwortete sie. »Doch jetzt muß ich Schluß machen. Mein Onkel zeigt schon auf die Uhr. Auf Wiedersehen, Norman.«

»Auf Wiedersehen, Jona.« Er wollte noch etwas hinzufügen, doch da hatte sie das Gespräch schon beendet.

Da kann man nichts machen, dachte er und begann danach, für den Kamin seiner Eltern Holz zu hacken.

Am Montag teilte er ihr mit, daß er mit dem Stationsarzt gesprochen habe und in drei Wochen Urlaub bekommen würde.

»Das ist aber schön«, freute sie sich. »Ich bin mir sicher, daß ich auch Urlaub bekommen werde. Soll ich nun in der Pension ein Zimmer für uns buchen?«

»Natürlich. Du kennst dich in diesen Dingen am besten aus.«

Und wie, dachte sie. Laut sagte sie jedoch: »Ich melde mich bald wieder und sage dir dann den Anreisetag.«

»Gut«, erwiderte er. »Ich hoffe, du meldest dich auch sonst. Wenn ich nicht gerade Nachtdienst habe, bin ich abends immer zu Hause.«

»Natürlich rufe ich dich an«, versprach sie ihm.

»Wenn nur diese drei Wochen recht schnell vergehen würden«, sagte Norman noch sehnsüchtig und dachte an den gemeinsamen Abend.

»Werden sie schon«, Jona lachte leise und legte dann auf.

Norman empfand das nicht so. Er war verliebt, wie schon lange nicht mehr, und konnte die Zeit kaum abwarten. Aber endlich war es dann doch soweit. Erwartungsvoll wie ein Kind vor dem Weihnachtsfest reiste Norman an die See, zu einem kleinen, verschwiegenen Ort am Jasmunder Bodden.

Jona war schon vor ihm da. Sie führte ihn in die bescheidene Unterkunft, die Norman jedoch kaum registrierte. Ihn interessierte nur Jona. Er war davon überzeugt, daß eine wunderschöne Zeit vor ihnen lag.