Mami ist die Beste! Meistens - Adrienne Friedlaender - E-Book

Mami ist die Beste! Meistens E-Book

Adrienne Friedlaender

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Beschreibung

Ach, schon wieder ein Junge ...?!

Was ist eigentlich los in der Gesellschaft, die Jungsmütter häufig bemitleidet? Mit einer großen Portion Humor und schonungsloser Ehrlichkeit erzählt Adrienne Friedlaender, Mutter von vier wilden Söhnen, von Tortenschlachten in der Badewanne, von Lehrergesprächen, nächtlichen Besuchen auf der Polizeiwache – von Chaos, Katastrophen und kostbaren Momenten mit ihren vier Söhnen.
Heute weiß sie, dass das Leben mit Jungs nicht nur ein nachhaltiges Workout für die Nerven ist, sondern auch eine wertvolle Schule für Mütter. Eine Liebeserklärung an das Leben mit Jungs.

Fröhlich und lebensklug schreibt Adrienne Friedlaender über Themen, die uns bewegen. Lesen Sie auch:
Willkommen bei den Friedlaenders. Meine Familie, ein Flüchtling und kein Plan
Ich habe jetzt genau das richtige Alter. Muss nur noch rauskriegen, wofür
Ist das verboten oder darf ich das? Eine fröhliche Anregung zum Regelnbrechen

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Seitenzahl: 245

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Buch

Was ist eigentlich los in der Gesellschaft, die Jungsmütter häufig bemitleidet? Mit einer großen Portion Humor und schonungsloser Ehrlichkeit erzählt Adrienne Friedlaender, Mutter von vier wilden Söhnen, von Tortenschlachten in der Badewanne, von Lehrergesprächen, nächtlichen Besuchen auf der Polizeiwache – von Chaos, Katastrophen und kostbaren Momenten mit ihren vier Söhnen.

Heute weiß sie, dass das Leben mit Jungs nicht nur ein nachhaltiges Workout für die Nerven ist, sondern auch eine wertvolle Schule für Mütter. Eine Liebeserklärung an das Leben mit Jungs.

Autorin

Adrienne Friedlaender, Jahrgang 1962, ist alleinerziehend und lebt mit zwei ihrer vier Söhne mitten in Hamburg. Seit rund 15 Jahren schreibt sie als freie Journalistin Porträts, Kurzgeschichten, Interviews und Reisereportagen aus aller Welt für Tageszeitungen, Magazine und Online-Medien. Ihr Bucherstling »Willkommen bei den Friedlaenders!« erschien September 2017 und rutschte in der ersten Woche nach Erscheinen auf die SPIEGEL-Bestsellerliste. Seitdem widmet sie sich in ihren fröhlichen und lebensklugen Büchern den Themen, die sie ganz persönlich bewegen.

Weitere Informationen unter: www.adrienne-friedlaender.de

Von Adrienne Friedlaender bereits erschienen

Willkommen bei den Friedlaenders! Meine Familie, ein Flüchtling und kein Plan

Ich habe jetzt genau das richtige Alter. Muss nur noch rauskriegen, wofür

Ist das verboten oder darf ich das? Eine fröhliche Anregung zum Regelnbrechen

Mami ist die Beste! Meistens. Über das wilde und wunderbare Leben mit Jungs

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Adrienne Friedlaender

Über das wilde und wunderbare Leben mit Jungs

Alles persönlich Erzählte beruht auf wahren Begebenheiten. Es sei mir allerdings verziehen, wenn ich in der Erinnerung vielleicht die eine oder andere Szene dem falschen Sohn zugeordnet habe. Bei vier Jungs kann man schon mal durcheinanderkommen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind deshalb durchaus beabsichtigt und unvermeidbar, fast alle Namen aber habe ich frei erfunden.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © 2023 by Blanvalet

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Angela Kuepper

Umschlaggestaltung und -motiv: www.buerosued.de

WR · Herstellung: sam

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-28338-4V001

www.blanvalet.de

Eine Hand im Matsch und eine Hand im HimmelVon einer ganz besonderen LiebeFür Justus, Jonah, Juri und Johann

Inhalt

Vorwort »Es wird ein Junge!« – erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier …

1 Ob Rennfahrerin oder Piratin – als ewige Versagerin unterwegs in der Jungswelt

Vom Baustellenkino und Polizei-Service bis zum Lasertag-Geburtstag: Wie ich es geschafft habe, Jungswünsche artgerecht zu erfüllen – und dabei die Abenteurerin in mir entdeckte

2 Fleißaufgaben? Fehlanzeige! – schlimm, schlimmer, Schule

Wie ich gelernt habe, damit zu leben, dass meine Söhne überhaupt nur zur Schule gehen, weil in der Pause Fußball gespielt wird, und dass Lehrergespräche in meinem Leben (fast) so häufig stattfinden wie Friseurbesuche.

3 Was sich kloppt, das liebt sich – was ich von Gorillaweibchen lernen konnte

Ob aus reinem Spaß oder im unerbittlichen Kampf um die Alphastellung: Ching-Chang-Schmerz, Rangeleien im Hochbett und blutige Nasen scheinen zum alltäglichen Vergnügen der Jungs zu gehören. Gäbe es die Saalwette in einer Quizshow: Wer kann sein Auto mit verbundenen Augen sicher zum nächsten Krankenhaus lenken? – da wäre ich ganz weit vorn.

4 »Sind Männer eigentlich immer klüger als Frauen, Mami?« – meine steile Lernkurve in Sachen Gleichberechtigung

Wie erzieht man Jungs zu Männern? Werden Frauen eigentlich mit dem Wischmopp in der Hand geboren, und was genau bedeutet stärkenbasiertes Arbeiten? Über artgerechte Mütterhaltung und warum ich nicht mehr heimlich am Schreibtisch arbeite.

5 »Und ewig schweigt das Murmeltier« – Kommunikation mit Jungs ist wie Schwimmen im Pool ohne Wasser

Wie ich lernte, die wortlose Sprache der Jungs zu entschlüsseln. Das »Sieben-Wörter-Geheimnis« und über den langen Prozess bis zur Einsicht: Manchmal rede ich wirklich zu viel.

6 Von Essensbergen und Kochmarathons – Hilfe, mein Sohn verhungert!

Wann gibt es Essen? Die Frage treibt manche Mutter zur Verzweiflung. Was ist da bloß los im Körper der Jungs? Wie kriegen wir unsere Söhne satt? Jungs zu füttern, das fühlt sich an, wie Sand in einen Eimer zu füllen, der unten ein massives Loch hat …

7 Mitten ins Abseits katapultiert – oder: Wer ist Michael Jordan?

Warum es manchmal besser ist, sich beim sportlichen Fachsimpeln rauszuhalten, und wie das ständige »Höher, Weiter, Schneller« in meiner Umgebung meine Gedanken zum Sport und sogar meinen Trainingsplan beeinflusst.

8 Kosmetiker oder Bankräuberin – Gedanken zum Gendern

Früher war mir das Sternchen mitten im Wort fremd. Heute bin ich überzeugt, dass es sein Licht auf die Vielfalt der Menschen richtet. – Über die Geschlechterschubladen meiner Jugend, wie sie mich geprägt haben und wie meine Jungs sie heute durcheinanderwirbeln.

9 »Gib Mami ein Küsschen, Schnurzelhase!« – Mütter: peinlich, peinlicher, am peinlichsten

»Du bist sooo peinlich!« Gibt es eine Mutter, die diesen Satz noch nicht gehört hat? Es braucht ein ziemlich dickes Fell, um die ständige Kritik auszuhalten. Aber wir tun es für einen guten Zweck: Denn die Abgrenzung ist wichtig für die gesunde Entwicklung unserer Kinder. Und wir müssen dafür ja auch nicht gleich in jedes Fettnäpfchen trampeln.

10 Was, wenn Schutzengel mal Pause machen? – über das Leben in ständiger Alarmbereitschaft

Wie lebe ich als Mutter mit der Angst, dass meine Söhne die Treppenfahrt mit dem Bobbycar, die Hyperstrahlattacke, den Klippensprung ins Wasser oder die Nächte auf der Reeperbahn nicht überleben könnten? Wie kann ich meine wilden Kerle behüten, ohne sie auszubremsen oder meine Ängste auf sie zu übertragen?

11 Achselfurzen, Pupsen, Nationalhymne rülpsen – oder: Was läuft da falsch?

Vom Umgang mit besonderen männlichen Ausdrucksformen und von der überraschenden Erkenntnis, dass aus Jungs, die virtuos ihre Körperöffnungen sprechen lassen und zwischen Chipstüten und Wäschebergen leben, Männer mit wunderbaren Umgangsformen werden.

12 Allein unter Wilden oder: »Mütter sind wie Butterberge«

Muss ich ins Bootcamp und den Mann in mir entdecken, um Jungs zu verstehen und sie zu glücklichen Männern zu erziehen? Oder hilft vielleicht ein Praktikum im Zoo? Was wir von Elefantenkühen lernen können und warum es auch als Jungsmutter gut ist, einfach Frau zu bleiben.

13 Eine Hand im Matsch und eine Hand im Himmel Vom Lieben und Loslassen

Erst können wir es kaum abwarten, unsere Kinder heranwachsen zu sehen, dann geht plötzlich alles viel zu schnell. Vom Kindergarten bis zum Auszug aus dem Elternhaus: Das Mutterleben steckt voller kleiner Abschiede. Von Helikopter-Müttern, Walfischen und der Frage, warum Loslassen zum Lieben gehört.

14 Als Nächstes pinkele ich im Stehen

Stark, selbstbewusst und um ein paar Kilo Worte leichter – wie mein Leben mit Jungs mich verändert hat und was wir Frauen von unseren Söhnen fürs Leben lernen können.

Dank

Quellenverzeichnis

Vorwort »Es wird ein Junge!« – erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier …

Was hat das Schicksal sich bloß dabei gedacht, einer wie mir vier Söhne hintereinander zu schenken? Ich meine, man setzt doch auch niemanden mit Mofa-Führerschein in einen Ferrari. Als ich zum ersten Mal schwanger wurde, war ich felsenfest davon überzeugt, ein Mädchen zu bekommen. Nicht, weil ich mir keinen Sohn gewünscht hätte, sondern einfach deswegen, weil ich aus einer Mädchenfamilie kam und mir schlichtweg nichts anderes vorstellen konnte. Natürlich ist das bei einer Fifty-fifty-Chance vollkommen unlogisch und spricht sogar gegen die Statistik. Aber wer denkt schon rund um die Uhr logisch – vor allem, wenn die Schwangerschaftshormone durch den Körper galoppieren. Auf meiner Wunschbaby-Namensliste standen »Anouk«, »Eva« und »Emma«. Und ich träumte von Töchtern, die summend die Teppichfransen kämmen und aus Bananenschalen Blumenmuster legen. Ich war vorbereitet auf mein Mädchenmutter-Leben: Sobald sie laufen könnten, würde ich ihnen das Reiten beibringen, so wie ich es früher gelernt hatte – die meisten Mädchen sind doch vernarrt in Pferde. Ich wusste, wie es sich anfühlt, wenn Mädchen sich streiten, wenn sie ihre gemeine Ader ausleben, indem sie der Lieblingspuppe der Schwester einen Kurzhaarschnitt verpassen oder sie am Bett aufhängen. Ich wusste, was es mit einem macht, wenn sie eine Bürste unter das Laken legen oder beim Versteckspielen ewig hinterm Busch sitzen, weil eben gar nicht nach ihnen gesucht wird … In allen Mädchen-Lebenslagen würde ich Trost spenden können. Ich sah mich Zöpfe flechten, Ponys striegeln, Fußnägel lackieren, auf dem Bett liegen und Liebesschnulzen gucken. Bis zur Ultraschalluntersuchung.

»Ihr Baby liegt fantastisch und zeigt sich uns gerade prächtig. Möchten Sie gern wissen, was es wird?«, fragte die Ärztin, während sie die Sonde über meinen Bauch gleiten ließ. Mit einem wissenden Lächeln nickte ich ihr zu.

»Sie bekommen einen Jungen«, sagte sie und lächelte.

Für einen kleinen Moment guckte ich leicht bedröppelt aus der Wäsche. Dann schlug mein Erstaunen in Freude um: Wahnsinn! Was für ein überraschendes Abenteuer! Ich bekam einen Sohn! Erwartungen, Wünsche und Pläne hatten sich innerhalb von Sekunden in Luft und Liebe aufgelöst. Glück ist nun mal nicht planbar.

Ein paar Monate später war er da: ein 51 Zentimeter blau angelaufenes, verrunzeltes, glitschiges Glück. Kaum lag er auf meinem Bauch, war ich schockverliebt.

Und so ging es weiter: Zwei Jahre später wurde Sohn Nummer zwei geboren. Ich wollte gern eine junge Mutter sein. Sechs Jahre danach sah ich das ganz anders und freute mich sehr über Sohn Nummer drei, und last but not least kam mit Abstand von wiederum vier Jahren Sohn Nummer vier zur Welt. Vier wilde Jungs, die jeden Morgen mit einer Energie aus dem Bett sprangen, als hätten sie nicht Schlaf, sondern Strom getankt. Als die Tochter meiner Freundin anfing zu sprechen, war ihr erstes Wort »Mama« – einmal heraus, wiederholte sie es wie aufgezogen, während sie ständig wie festgeklebt am Mutterhals hing, sie küsste und streichelte. Das erste verständliche Wort aus dem süßen Mund von Sohn Nummer eins war »Ball«, und statt kuschelig auf meinem Schoß zu sitzen, tobte er, sobald er laufen konnte, wie ein Tornado durchs Haus. Mal als Polizist, mal als Cowboy, mal als Bankräuber – immer bewaffnet. Oft mit Bananen – »peng!« Und das war erst der Anfang meines Lebens unter Männern.

Der Alltag mit vier Söhnen unter einem Dach fühlt sich selbst heute manchmal noch so fremd an wie ein Leben im Zoo. Auch beim zigsten Spaziergang durch den Tierpark Hagenbeck staune ich über das Gerangel der dominanten Mandrill-Männchen, über die ewig Futter suchenden Nasenbären und die kraftvollen, majestätischen Löwen. So werde ich wohl auch nie begreifen, warum meine Jungs sich statt einer Umarmung gern zur Begrüßung in die Seite knuffen, und zwar heftig. Und meine Jungs werden nie verstehen, warum ich lieber am hübsch gedeckten Tisch zu Abend esse und unbedingt über die Erlebnisse des Tages sprechen möchte, wo es doch viel gemütlicher ist, mit dem Teller auf dem Schoß vom Sofa aus Ballerfilme zu gucken. Vertraut und nah sind wir uns und dennoch manchmal fremd.

Nach über 25 Jahren Muttererfahrung weiß ich: Viele Jungs toben testosterongepeitscht durchs Leben, bescheren Schutzengeln Überstunden und ihren Müttern schlaflose Nächte plus graue Haare. Mädchenmutter und Jungsmutter – das ist in den meisten Fällen so, als würde man ein Bad im See an einem lauen Sommernachmittag mit einem Sprung in den Ozean bei Windstärke fünf vergleichen. Wobei: Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.

Heute sind drei meiner Jungs volljährig, die Hälfte von ihnen ist bereits ausgezogen. Während sie in ihr Erwachsenenleben starten, frage ich mich: Habe ich ihnen alles mitgeben können, was es für den neuen Lebensabschnitt braucht? Mit welchen Gedanken und Gefühlen verlassen sie ihr Elternhaus? Wie erzieht man als Frau Jungs zu glücklichen Männern? Und: Welche Tricks gibt es, um zwischen diesen wunderbaren Wilden zu überleben?

Ich habe genauso viele »Jungs-verstehen«- und Erziehungs-Ratgeber im Regal wie Fußbälle im Garten. Aber ich kann ja auch nicht fliegen, egal wie viele Vogelbücher ich gelesen habe … Und immer wenn ich glaube, etwas begriffen zu haben, heißt das noch lange nicht, dass das für alle Söhne funktioniert. Denn auch wenn Jungs ganz allgemein eine fremde Spezies für mich sind, gibt es unter ihnen viele Unterschiede – genau wie bei Hunden. Während ein Basset Hound lieber faul auf dem Sofa liegt, rettet der Neufundländer leidenschaftlich gern Ertrinkende. Also überlasse ich das Ratgeberschreiben anderen und öffne dafür lieber die Tür zu meinem Leben und meinen Gedanken: Wie habe ich verarbeitet, dass ich, ob im HSV-Stadion oder als Kantinenmutter, überwiegend peinlich bin? Lässt sich Jungsfreizeit artgerecht und gleichzeitig mutterkompatibel gestalten? Wie kommuniziert man mit Jungs, die Schweigen viel attraktiver finden als Reden? Und wie überlebe ich mein »An-den-Herd-gekettet-Sein« im Kampf gegen den unstillbaren Hunger? Muss ich als allein lebende Mama den Mann in mir entdecken, um mich durchzusetzen und ein gutes Vorbild zu sein? Und wie gehe ich um mit den häufig so vorwurfsvoll-schrägen Blicken, die mir als mehrfache Jungsmutter von anderen Müttern, Lehrern, Spießern zugeworfen werden, wenn es mal wieder etwas wilder und lauter zugeht? Frei nach dem Motto: Du hast ein fehlerhaftes Wesen auf die Welt gebracht – sieh mal zu, dass du das jetzt zum Funktionieren bringst. Und es sind keineswegs nur Blicke, die ich in den vergangenen Jahren ertragen musste. Die Hitliste der lieblosen und unverschämten Bemerkungen ist lang: Als ich mit Sohn Nummer vier schwanger war, musste ich mir tatsächlich anhören: »Das war doch sicher ein Unfall, oder?«

Unfall? Fassungslos schaute ich mein Gegenüber an. In den letzten fünf Monaten hatte ich sechs verschiedene Schwangerschaftstests gemacht. Beim letzten Mal war ich sogar noch mal losgelaufen und hatte gegen den Rat des Apothekers einen weiteren Test gekauft. Ich war einfach nicht bereit gewesen, das negative Ergebnis zu akzeptieren. Als der Test ein paar Monate später dann wirklich »positiv« anzeigte, war ich die glücklichste Frau unter dem Hamburger Himmel. Und das sollte ein Unfall sein?

Die Erste, die von meinem Glück erfuhr, war die Sprechstundenhilfe beim Zahnarzt, als ich anrief, um die geplante Krone zu verschieben. Ich hatte recherchiert: Zu viel Stress und Adrenalinausstoß auf dem Behandlungsstuhl könnten eine Fehlgeburt auslösen. Und ich stoße schon beim Öffnen des Mundes für die Kontrolluntersuchung mehr Adrenalin aus als eine Antilope, die vor einem Gepard flüchtet.

Ein paar Monate später beugte sich dann beim Bäcker tatsächlich eine Frau aus der Nachbarschaft über den Kinderwagen und sagte: »Schon wieder ein Junge? Sie Ärmste! Dann müssen Sie wohl weiterüben.« Sie blinzelte mir zu und ging davon, während ich mit Tränen in den Augen zurückblieb.

Was denken sich Menschen dabei, einer werdenden Mutter solche Bewertungen vor den Bauch zu werfen? Anhören musste ich mir auch: »Noch ein Junge – oh, wie schade. Da bist du bestimmt enttäuscht, oder?« Und: »Ein Junge, na ja, Hauptsache gesund.« Solche absurden Kommentare kommen keineswegs nur von Außenstehenden. Im Geburtsvorbereitungskurs hörte ich einmal, wie eine werdende Mutter einer anderen zuflüsterte: »Ich bin so froh, dass ich ein Mädchen bekomme.« Diese antwortete sogleich: »Das verstehe ich gut. Mir tun die Jungsmütter auch leid.«

Wie traurig. In vielen Ländern ist es genau umgekehrt: Da wird die Geburt eines Jungen mit Freudenschreien begrüßt, Mädchen hingegen werden von Anfang an vernachlässigt, benachteiligt oder sogar abgetrieben. Aber der Wert, der Jungs und Mädchen zugemessen wird, scheint nicht nur kulturabhängig zu sein, sondern variiert sogar in der eigenen Familie. Meine fünfundneunzigjährige Mutter erzählte noch bis zu ihrem Tod im Jahr 2021 bei jeder Gelegenheit: »Du hast ja so ein Glück gehabt mit deinen vier Jungs. Das ist eine großartige Leistung. Du kannst wirklich sehr stolz sein. Wie sehr hätte ich mir das gewünscht!« Das verstehe ich weder als Mutter noch als ihre Tochter.

Sind Jungs irgendwann unbemerkt zu Kindern zweiter Klasse geworden? Und wenn ja, warum? Viele meinen, dass in den Hinterköpfen der Eltern nach wie vor Stammhalterträume kursieren, dass Jungs deshalb mehr geschätzt werden als Mädchen, aber die Realität sieht ganz anders aus. Ich spreche jetzt nicht über Aussagen wie: »Mädchen kann man einfach hübscher anziehen oder ihnen schöner die Haare frisieren.« (Gibt es!) Das vorschnelle Urteil über Jungs lautet: Sie sind wild, laut, schlechter in der Schule, oft aggressiv. Und später sind sie sowieso weg und kümmern sich nicht um die Oma. Da werden den Kindern schon Verhaltensmuster aufgedrückt, bevor sie überhaupt auf der Welt sind, und das mit gravierenden Folgen.

Bei der Arbeit an meinem Buch habe ich manchmal gedacht: Oje, das hört sich ja in manchen Kapiteln echt so an, als hätte ich noch nie etwas von Gender Mainstreaming oder Gleichstellung gehört. Deshalb möchte ich an dieser Stelle erklären: Ich habe über meine ganz individuellen Erfahrungen und Erlebnisse mit meinen Söhnen geschrieben, und das natürlich in dem Wissen, dass jedes Kind anders ist und sein darf. Es wird sicher Jungsmütter geben, die beim Lesen wie Wackeldackel zustimmend mit den Köpfen nicken, andere haben vielleicht ganz andere Erfahrungen gemacht. Tatsache ist: Ob Mädchen oder Junge, ob binär oder nicht-binär – jeder Mensch ist anders.

Ich habe mir jedenfalls weder Jungs noch Mädchen gewünscht, sondern Kinder! Und ja, ich habe mir, vielleicht aus meiner Schwestererfahrung, keinen Jungen vorstellen können und hätte mich jederzeit auch über ein Mädchen gefreut. Einfach wegen der anderen Erfahrung, des bunteren Familienlebens. Alles andere wäre gelogen. Doch niemals habe ich eine Sekunde gehadert mit meinen wunderbaren Wilden. Auf unverschämte Fragen wie »Hand aufs Herz. Vermisst du denn keine Tochter?« werde ich künftig kontern: Du standest doch früher immer so auf Fußballspieler. Wieso hast du denn einen Juristen geheiratet?

Im Laufe der Zeit habe ich begriffen, dass das Anfüttern von Muskeln für meine Söhne genauso wichtig ist wie die Aufnahme geistiger Nahrung. Ich durfte erleben, dass es Jungs in ihrer Entwicklung zum Mann keineswegs schadet, gekuschelt und geliebt zu werden. Und – für Frauen oft besonders schwierig – ich lernte, dass man sich eben doch auch sehr nah sein kann, ohne viele Worte zu machen.

Das Leben mit Jungs verändert einen. Nachhaltig. Was habe ich von meinen Jungs gelernt? Und was würde ich heute anders machen, wenn ich noch einmal als Jungsmutter den Kreißsaal verlassen dürfte?

Darum und um vieles mehr geht es in diesem Buch. Und nein, ich mache auch heute noch nicht mit beim Muskel-Wettposen vor dem Spiegel oder beim »Ching-Chang-Schmerz«-Spiel. Lieber halte ich eine Packung Pflaster bereit. Und schon lange frage ich nicht mehr nach dem »Warum«, wenn es unter meinen Söhnen wieder einmal sehr ruppig zugeht. Denn ich weiß, dass es zum Jungsleben gehört wie Blitz und Donner zum Gewitter, einem wunderbaren Naturschauspiel. Wie ich zu der Einstellung gekommen bin? Ach, folgen Sie mir doch durch die nächsten Kapitel. Hier verrate ich nur so viel: Es war ein langer Weg.

1 Ob Rennfahrerin oder Piratin – als ewige Versagerin unterwegs in der Jungswelt

Vom Baustellenkino und Polizei-Service bis zum Lasertag-Geburtstag: Wie ich es geschafft habe, Jungswünsche artgerecht zu erfüllen – und dabei die Abenteurerin in mir entdeckte

Die Mallorca-Sonne schien vom Himmel, bei einem Café con leche saßen mein erster Ehemann und ich mit Freunden zusammen in einer romantischen Taverne im Schatten der Pinien. Sohn Nummer eins krabbelte auf Entdeckungstour zufrieden um uns herum. Aufmerksam inspizierte er Pinienzapfen, Zweige, die bunten Steine auf der Terrasse. Kinder entdecken die Welt. So soll es sein, nicht wahr?

Strahlend vor Stolz präsentierte er mir schließlich mit seiner kleinen dreckigen Hand einen ganz besonderen Fund. »Guck, Mama, ein Ball!«, sagte er und steckte ihn umgehend in den Mund. Es dauerte nur eine Sekunde, bis mein Hirn den »Ball« identifiziert hatte. In diesem Urlaub hatte ich schon zig Asseln gesehen, die sich bei Bedrohung zu einer reglosen Kugel zusammenrollten. Ich sprang auf und griff in den Mund meines Sohnes, um das Krebstier herauszufischen. Zu spät. Er hatte den »Ball« bereits verschluckt. Als Nächstes erinnere ich mich nur noch daran, dass meine Freundin Eva schlagartig den Kaffeelöffel fallen ließ und blass um die Nase wurde, während ich gegen einen Würgereiz ankämpfte.

Ob er das Verhalten unserem Hund abgeguckt hatte, der Bälle einfach nur zum Fressen gern hat? Damit sind wir jedenfalls schon bei einem der Themen, die Jungs bewegen.

Jungs und Bälle gehören zusammen wie Hund und Knochen. Wie Strand und Meer oder wie Harry Potter und sein Zauberstab. Auch wenn mir nach einigen Tagen nicht mehr automatisch schlecht wurde, wenn mein Sohn »Mama, Ball« rief, fehlt mir bis heute jegliche Begeisterung für Ballspiele aller Art, von Talent ganz zu schweigen. Zig Jahre später erging es mir ebenso mit Autos: »Du bist der blaue Lotus und ich der rote Lamborghini Marzal. Meiner hat hundertfünfundsiebzig PS und deine lahme Elise-Schnecke nur hundertdreißig. Damit kriegst du mich nie! Los, wir machen ein Wettrennen«, rief Sohn Nummer vier, damals fünf Jahre alt. Und schon schob er sein Modellauto über den Teppich mit Straßenmuster, begleitet von Tönen, die quietschende Reifen und Motorengeheul nachahmten, wobei die Spucke nur so um seinen süßen Mund sprudelte.

Mal ganz abgesehen von dem Wissen um die technischen Daten – aus welcher Schublade ihres Sprachzentrums holen Jungs eigentlich die Begleitgeräusche zu startenden Flugzeugen, Autorennen und Maschinengewehrsalven? Ich klang bei dem Versuch, meinem blauen Lotos mit Geräuschen Leben einzuhauchen eher wie ein defekter Stabmixer, was mein Sohn auch sofort kommentierte: »So doch nicht! Du musst viel schneller fahren und so welche Geräusche machen.« Erneut demonstrierte er ein Potpourri von Formel-1-Lauten. »Achtung, ich überhole dich jetzt.« Ein weiterer Schwall dröhnender Motorengeräusche bombardierte meine Ohren, während mein Jüngster seinen Rennwagen an mir vorbeiflitzen ließ. Beim Überholmanöver drängelte er mich brutal aus der Spur, dabei funkelten seine Augen triumphierend.

Ich fühlte mich auf dem Straßenteppich im Kinderzimmer wie eine Turmspringerin beim Kraulschwimm-Wettbewerb: fehl am Platz. Ich meine, nicht mal als Kind hatte ich mich dafür begeistern können, kleine Autos hin- und herzuschieben. Warum sollte also mit über vierzig meine Begeisterung dafür aufploppen?

»Motorpanne! Ich muss die Werkstatt anrufen«, verkündete ich deshalb, schob meinen Lotus an den Teppichrand, drückte meinem Sohn einen Kuss auf die Stirn und floh aus dem Spielzimmer.

»Okay«, murmelte er kurz, war dann aber sofort wieder in sein Spiel vertieft und ließ sein Fahrzeug um die nächste Kurve rasen.

Nicht nur als Rennfahrerin war ich kein Naturtalent, auch als Playmobilpiratin kaperte ich die feindlichen Schiffe wenig überzeugend. Bei der Verbrecherjagd machte ich als Polizistin keine gute Figur, und von meiner Performance als schwertschwingende Ritterin will ich gar nicht erst anfangen. Selbst als Tyrannosaurus Rex im Kampf mit dem gefährlichen Velociraptor musste ich harsche Kritik einstecken: »Dein Dinosaurier hüpft wie ein Hase, das kann der gar nicht. Und so welche Vogelgeräusche macht der auch nicht. Der brüllt wie ein Tiger, wenn er kämpfen will.« In allen Spieldisziplinen erhielt ich höchstens zwei von zehn möglichen Punkten. Warum? Nun ja, sehr oft fühlte ich mich wie in nicht artgerechter Beschäftigung. Irgendwie hatten neunzig Prozent der Dinge, die um mich herum geschahen, wenig mit meinem Frauenleben zu tun. Manchmal träumte ich damals davon, in einem weißen Hosenanzug und auf dazu passenden High Heels durch den Tag zu schweben. Stattdessen lief ich meist in Jeans, Hoodie und mit Sneakers durch die Wohnung. Alles andere wäre lebensgefährlich gewesen – für die Klamotten. Unsere Einrichtung war, wollen wir mal sagen, stabil. Meine erste Reisereportage hatte ich auf einem Containerschiff geschrieben. Ich wohnte damals in einer kleinen Kabine: Schlafkoje, Tisch, Stuhl – alles festgeschraubt. Ähnliche Möbel hätte ich mir auch für unser Wohnzimmer vorstellen können – dann wäre der Tisch am Abend auch noch ein Tisch gewesen und kein Boot.

Zur Hochzeit hatten wir damals eine wunderschöne filigrane Vase geschenkt bekommen. Ich brachte sie bald im Keller in Sicherheit. Dort standen auch der kristallene Weindekanter, die Holzgiraffe aus Afrika (die erste hatte nach zwei Tagen im Wohnzimmer nur noch drei Beine). Zu spät kam ich, um die Suppenschüssel meiner Großmutter zu retten. Sie hat dieMichel-Lönneberga-Challenge nicht überlebt, genauso wenig wie die Stehlampe, die zuletzt als Laser-Ritterschwert dienen durfte. Und ein Dutzend Lippenstifte gingen für Kriegsbemalungen drauf. Kullerte damals eine Selbstmitleidsträne über meine Wange? Gut möglich.

Zurück zum Spielteppich. Ich beobachtete Mitmütter, die geduldig Stunde um Stunde im Schneidersitz auf dem Boden saßen und Legotürme bauten oder fröhlich am Sandkistenrand knieten, aus Puppentässchen tranken oder imaginäre Kuchen backten. Ich fühlte mich schlecht und schuldig.

Von Herzen wünschte ich mir, eine fröhliche und spannende Spielpartnerin für meine Söhne zu sein. Aber ihnen vorzumachen, dass ich mir nichts sehnlicher wünschte, als mich in einen Sportwagen zu verwandeln, als Pirat Kampfschreie abzusondern oder mir Bälle um die Ohren schießen zu lassen, das erschien mir auch irgendwie falsch. Apropos falsch: War vielleicht etwas falsch mit mir? Liebte ich meine Söhne nicht genug, um über mein schnödes Verlangen nach einem wunderbaren Frauen-Freundinnen-Gespräch hinwegzukommen und einfach mit Verve zu genießen, dass meine Söhne mit mir spielen wollten? Und übrigens, nur mal so zur Info: Ein Tyrannosaurus Rex brüllt keineswegs wie ein Tiger, sondern macht sehr wohl Geräusche, die an eine gurrende Taube erinnern.

Es heißt ja, Liebe verleiht Flügel, mobilisiert ungeahnte Kräfte. Diese Liebe machte mich zwar definitiv nicht zur perfekten Spielpartnerin, aber sie hatte die Kraft, mich in Sekunden von der harmlosen Glucke in eine Löwenmutter zu verwandeln. Vor allem, wenn es darum ging, meine Söhne vor Schmerz und Kummer zu bewahren. Als ich diesen bislang unbekannten Raubtierinstinkt zum ersten Mal spürte, war ich selbst erschrocken, wozu ich fähig sein konnte. Es passierte im ersten Urlaub mit Sohn Nummer eins. Wir hatten als kindgerechtes Reiseziel einen Bauernhof ausgesucht: Natur, Tiere, Milch von glücklichen Kühen zum Frühstück und ein Spielzimmer, in dem Kinder auch einmal betreut wurden, damit Mami und Papi gemütlich essen oder eine kleine Wanderung machen konnten. Mit meinem Sohn an der Hand betrat ich am Tag nach der Ankunft das Kinderparadies. Neugierig sah er sich um, entdeckte sofort Duplo-Eisenbahn, Kletterlandschaft und Rollenrutsche und konnte es kaum abwarten loszusausen. Bis ein kleines Mädchen sich vor ihm aufbaute: »Ich heiße Marie, und du?«

»Justus«, antwortete mein Sohn schüchtern.

Marie schaute ihm in die Augen und sagte: »Das ist aber ein blöder Name!«

Die Mundwinkel meines Sohnes zuckten verdächtig. Da spürte ich die Löwin in mir wach werden. Ich streckte die Schultern, um etwas breiter zu wirken, und trat so nah an das Mädchen heran, bis ich fast seine Fußspitzen berührte. Dann richtete ich den Zeigefinger wie eine 45er Magnum auf ihre Brust und sagte: »UNDDUBISTEINSEHRBÖSESMÄDCHEN!« Weinend flüchtete sie in die andere Ecke des Spielzimmers. Als wir wenige Minuten später hörten, »Die kleine Marie möchte von ihren Eltern aus dem Kinderparadies abgeholt werden«, saß Nummer eins längst vergnügt auf der Rollenrutsche.

Auf dem Weg ins Zimmer zu meinem Mann rangelten Zufriedenheit und schlechtes Gewissen in mir. Puh! Hatte ich tatsächlich gerade ein zweijähriges Kind verschreckt? Mein Auftritt gegenüber dem kleinen Mädchen war wohl doch ein wenig drüber. An diesem Tag aber wurde mir schlagartig klar: Ich würde das Glück meiner Söhne bis aufs Messer und mit meinem Leben verteidigen.

An meiner Liebe konnte es also keinen Zweifel geben. Was aber das Spielen betraf: Ich reinigte lieber angebrannte Töpfe, wusch schwarz-nass-klebrige Kinderklamotten oder sortierte das Kellerregal, als mit meinem Sohn auf dem Boden herumzukrabbeln. An manchen Tagen waren die vier Worte »Spielst du mit mir?« die bedrohlichsten des Tages und sogen aus dem Stand alle Energie aus mir.

War ich die einzige Mutter, der es so ging? Waren alle anderen eifrige Kinderanimateurinnen? Oder gab es vielleicht Leidensgenossinnen? Die Frage beschäftigte mich sehr. Als ich eines Abends Rennfahrer und Piraten ins Bett verfrachtet hatte, klappte ich noch einmal meinen Laptop auf und gab in die Suchmaschine ein: Ich spiele nicht gern mit meinem Sohn, bin ich eine schlechte Mutter? Es ploppten zig Einträge auf: »Ich gestehe, ich bin keine Spielmama«, »Bin ich eine Rabenmutter? Ich mag mit meinen Kindern nicht spielen«, und so weiter und so fort. Ich las einige der Beiträge und stellte fest, dass ich keineswegs allein war mit der Spielunlust und der Sorge darüber. Erleichtert klappte ich den Deckel zu und ging ins Bett.

Obwohl viele Mütter ähnlich fühlen, verausgaben sich andere täglich zwischen Sandkiste und Ritterburg. Als ich einmal meinen Sohn vom Spielen abholte, sah ich etwas befremdet, dass die Mutter seines Freundes mit Augenklappe zwischen den Jungs vor dem Piratenschiff saß. Ihr überforderter Gesichtsausdruck erinnerte mich an mein Gefühl als Lotus-Rennfahrerin. Warum saß sie da?

Meine Freundin Ada fiel mir ein. Sie war ebenfalls Mutter von zwei Kindern, hatte aber gottgegeben die Gabe, die Stärke, den Mut, sich ohne jegliches schlechte Gewissen auch um ihre Wünsche und Bedürfnisse zu kümmern.

»Nur eine glückliche Mutter ist eine gute Mutter«, erklärte sie mir ihre Gedanken – auch zum Spielen mit ihren Kindern. Schuldgefühle waren ihr dabei so fremd wie Schaufelbagger. Musste ich denn wirklich in die Welt der Planierraupen und Tunnelbohrmaschinen eintauchen und zum Fußballfan werden, um meine Mutter-Sohn-Beziehung zu pflegen?

Ich schwor mir, ab sofort mehr am »Glückliche-Mutter-Sein« zu arbeiten. Denn das war doch sowieso der Zustand, mit dem ich den Kreißsaal mit meinem Sohn auf dem Arm verlassen hatte – und den ich täglich im Herzen spür(t)e. Das wollte ich mir auf keinen Fall durch Schuldgefühle und schlechtes Gewissen vermiesen lassen.