Marx’ Beitrag zum Wissen vom Menschen - Erich Fromm - E-Book

Marx’ Beitrag zum Wissen vom Menschen E-Book

Erich Fromm

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Beschreibung

Betont Fromm in früheren Schriften immer wieder, dass Marx keine Psychologie entwickelt habe und deshalb die marxistische Theorie dringend der Ergänzung durch die Psychoanalyse bedürfe, so fragt der Artikel "Marx’ Beitrag zum Wissen vom Menschen" umgekehrt nach den psychologischen Einsichten, die sich direkt oder indirekt aus den Marxschen Schriften ergeben. So unterscheide Marx bereits zwischen zwei Arten von Trieben: solchen, die zum Menschen unter allen Umständen gehören, und anderen, die erst durch bestimmte Umstände erzeugt werden. Im Denken Fromms spiegelt sich dies in der Unterscheidung zwischen existenziellen und historischen Bedürfnissen wider. Der Beitrag zeugt von Fromms Jahrzehnte dauernden Beschäftigung mit dem Denken von Karl Marx.

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Seitenzahl: 35

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Marx’ Beitrag zum Wissen vom Menschen

(Marx’s Contribution to the Knowledge of Man)

Erich Fromm(1968h)

Als E-Book herausgegeben und kommentiert von Rainer FunkAus dem Amerikanischen von Liselotte und Ernst Mickel

Erstveröffentlichung unter dem Titel: Marx’s Contribution to the Knowledge of Man, in: Science Information, Den Haag 7 (No. 3, 1968), S. 7-17. Wiederabdruck in E. Fromm, The Crisis of Psychoanalysis. Essays on Freud, Marx and Social Psychology bei Holt, Rinehart and Winston, New York, 1970, S. 46-58. Aus dem Amerikanischen von Rolf und Renate Wiggershaus übersetzt, erschien der Beitrag 1970 erstmals auf Deutsch unter dem Titel Marx’ Beitrag zum Wissen vom Menschen in: E. Fromm, Analytische Sozialpsychologie und Gesellschaftstheorie (1970a), S. 145-161, beim Suhrkamp Verlag in Frankfurt am Main. In neuer Übersetzung von Liselotte und Ernst Mickel 1981 veröffentlicht in Erich Fromm Gesamtausgabe in zehn Bänden, Stuttgart (Deutsche Verlags-Anstalt), GA V, S. 421-432.

Die E-Book-Ausgabe orientiert sich an der von Rainer Funk herausgegebenen und kommentierten Textfassung der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden, München (Deutsche Verlags-Anstalt und Deutscher Taschenbuch Verlag) 1999, GA V, S. 421-432.

Die Zahlen in [eckigen Klammern] geben die Seitenwechsel in der Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden wieder.

Copyright © 1968 by Erich Fromm; Copyright © als E-Book 2015 by The Estate of Erich Fromm. Copyright © Edition Erich Fromm 2015 by Rainer Funk.

Marx’ Beitrag zum Wissen vom Menschen oder – enger gefasst – zur Psychologie[1] ist ein Thema, dem man bisher relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat. Im Gegensatz zu Aristoteles und Spinoza, deren ethische Schriften psychologische Abhandlungen sind, glaubt man von Marx, dass er sich um den einzelnen Menschen, seine Triebe und seinen Charakter, nicht viel gekümmert habe, sondern dass ihm nur die Gesetze der Gesellschaft und deren Entwicklung wichtig gewesen seien.

Die Unterschätzung von Marx’ Beitrag zur Psychologie hat mehrere Gründe. Erstens hat er seine psychologischen Ansichten nie in eine systematische Form gebracht. Sie sind daher über sein gesamtes Werk verteilt und müssten erst gesammelt werden, damit man ihren Zusammenhang erkennen kann. Zweitens werden das wahre Bild, das Marx vom Menschen hatte, und sein Beitrag zur Psychologie verdunkelt durch die grobe Fehlinterpretation seiner Ideen, als sei es ihm allein auf ökonomische Phänomene angekommen. Auch die falsche Auslegung des Materialismus spielt dabei eine Rolle, nach welcher Marx geglaubt haben soll, dass der Mensch von Natur aus vor allem von dem Streben nach wirtschaftlichem Profit angetrieben werde. Drittens kam Marx mit seiner dynamischen Psychologie zu früh, um genügend Aufmerksamkeit dafür zu finden. Erst zur Zeit Freuds wurde eine systematische Tiefenpsychologie entwickelt, und Freuds Psychoanalyse wurde zur wichtigsten dynamischen Psychologie. Freuds Popularität, die zu einem gewissen Grad auf seinem mechanistischen Materialismus zurückzuführen war, verhinderte, dass man den Kern der humanistischen Tiefenpsychologie von Marx erkannte. Andererseits wurde das Verständnis für die psychologischen Ansichten von Marx auch noch dadurch erschwert, dass die mechanistisch orientierte Experimentalpsychologie eine immer wichtigere Rolle spielte.

Wie hätte es auch anders sein können? Bei der modernen akademischen Psychologie und Experimentalpsychologie handelt es sich größtenteils um eine Wissenschaft, die sich mit dem entfremdeten Menschen befasste, den entfremdete Forscher mit entfremdeten und entfremdenden Methoden untersuchen. Die Psychologie von Marx, die sich auf die volle Erkenntnis der Tatsache der Entfremdung gründet, war imstande, diese psychologische Methode zu transzendieren, weil er in dem entfremdeten Menschen nicht den natürlichen Menschen, nicht den Menschen schlechthin sah. [V-422] Tatsächlich ist seine Psychologie für all jene ein Rätsel, die der Ansicht sind, dass Reflexologie und Konditionieren den Menschen letztlich erfassen. Vielleicht haben wir heute eine bessere Chance, Marx’ Beitrag zur Psychologie zu verstehen als je zuvor, einmal weil wir nicht mehr der Ansicht sind, dass wesentliche Erkenntnisse Freuds untrennbar mit den mechanistischen Bestandteilen seiner Theorie (z.B. mit seiner Libidotheorie) verbunden sind, und weil andererseits die Renaissance des humanistischen Denkens eine bessere Basis für das Verständnis der Marxschen humanistischen Psychologie bildet.

Es versteht sich von selbst, dass ich angesichts des geringen mir zur Verfügung stehenden Raumes nur eine kurze Zusammenfassung dessen geben kann, was ich für den Kern des Marxschen Beitrags zur Psychologie halte. Selbstverständlich sind außerdem viele Elemente seiner psychologischen Ideen bereits bei früheren Denkern zu finden, unter denen Spinoza, Goethe, Hegel und insbesondere Feuerbach nur einige der herausragenden Gestalten einer langen Reihe von Denkern im Osten und Westen sind.