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Sardinien 1962: Ein junger Mann, der aus der Fremdenlegion fliehen konnte und als Deserteur ins Gefängnis kam, versucht sich nach seiner Haftentlassung im Leben neu zu orientieren. Er findet keinen Halt, weder in der Liebe einer Frau noch in einer Familie in Zürich, die ihn als Ziehsohn aufnimmt. Aus Angst vor Verfolgung und Rache gerät er in eine Lebenskrise, aus der ihn eine Katze herausführt.
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Seitenzahl: 254
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Beat Knoll, geboren 1957 in Bern. Grundschule, Gymnasium, Matura Schauspielstudium in Zürich und Bern Ab 1979 Engagements an den städtischen Bühnen Nürnberg, Düsseldorfer Schauspielhaus, Residenztheater München
1981 O. E. Hasse Preis
1988 Medizinstudium in Basel
1994 Promotion zum Dr. med.
2000-2021 Landarztpraxis Kanton Uri Heute in Basel lebend
Albert Camus
ERSTER TEIL
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
ZWEITER TEIL
Kapitel 13.
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18.
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
+++ DEINE MUTTER IST GESTORBEN.+++
+++ BEERDIGUNG 16.5.1962. C.+++
Das Telegramm war ihm einen Tag vor seiner Entlassung ausgehändigt worden. Tags darauf bekam er seine zivile Kleidung, einen provisorischen Personalausweis und den Sold: 7.867 Lire. Das wird nicht weit reichen. Wer war „C“? Er hatte keine Ahnung.
Ein milder Frühsommermorgen. Wind vom Meer strich die Hügel herauf. Mauro stand auf dem Platz vor dem Militärgefängnis. Mit einem nachhallenden Schlag wie von einer Kirchenglocke hatte sich die Metalltür, die in das wuchtige Gefängnistor eingelassen war, hinter ihm geschlossen.
Eingesperrt, ausgesperrt. War es nicht dasselbe?
Er nahm das Telegramm aus seiner Hosentasche. Das Papier war bläulich. Es erinnerte ihn an den Brief, den ihm seine Mutter bei seiner Abreise nach Deutschland mitgegeben hatte. Damals hatte er geweint.
Die aufgeklebten Wortschnipsel begannen sich zu lösen. Wer wusste, dass er im Gefängnis war? Mit seiner Familie hatte er abgeschlossen. Zur Beerdigung würde er nicht gehen.
Von da oben hatte man einen weiten Blick. Noch einmal sah er über das Meer, wo in der Ferne Korsika lag. Vor einem Jahr bin ich hierher gekommen. Weg von der Fremdenlegion. Schwimmend über die Meerenge von Bonifacio.
Nur wenige schaffen das. Dass er es geschafft hatte, grenzte an ein Wunder. Er glaubte nicht an Wunder. Schon lange nicht mehr. Er hatte in einer fremden Armee gedient, war ein Deserteur. Fast zwanzig Jahre alt und vorbestraft. Das Leben neu beginnen. Wie soll das gehen? Was war das für eine Freiheit, die da vor ihm lag?
Das Boot der Armee, das ihn zur Hauptinsel bringen sollte, erwartete ihn unten am Anleger. Er knüllte das Papier zusammen und warf es weg. Zwischen den Betonplatten unter seinen Füßen wuchs, wie der Haarschopf eines widerspenstigen Jungen, ein keckes Gras. Die Straße nach unten war von Zypressen gesäumt. In Reih und Glied standen sie da, stramm, wie beim Appell. Lächerlich.
Er kam an einem Friedhof vorbei. Die Mauer war mannshoch und brüchig. Ein rostiges Tor stand halb offen. Darüber ein Bogen mit einer Glocke. Zwei weiße Esel standen davor. Sie schauten zu ihm hoch mit ihren blauen Augen. Asinara, die vorgelagerte Insel am nördlichsten Ende von Sardinien. Die Gefängnisinsel. Die Insel der Albinoesel.
Im Dorf herrschte reges Treiben zu dieser frühen Stunde. Ein Traktor mit einem Hänger kam ihm auf der grob gepflasterten Straße entgegen. Er war schwer beladen mit kantigen Steinen. Sie holperten gefährlich auf der Ladefläche und drohten herauszufallen. Der Traktorfahrer grüßte zwei alte Männer vor der Osteria. Sie saßen auf Fässern und unterhielten sich leise. Der eine lachte. Ihm fehlten fast alle Zähne. Der andere hob den Arm zum Gruß.
Am Hafen lag ein Schnellboot der Armee. Der Motor lief bereits. Ein Mann in Uniform winkte nervös. Mauro beeilte sich. Er betrat die schaukelnde Gangway. Man wies ihm einen Platz vor dem Führerhaus. Er trat an die Reling und steckte sich eine Zigarette an. Von Osten stieg die Sonne aus dem Meer. Ihr bereits kräftiges Licht überzog das Wasser mit einem fein gekräuselten goldenen Spiegelteppich. Mauro beobachtete den Zapfen einer Pinie, der in den Wellen ziellos schaukelte und nicht wusste, wohin es ihn verschlug.
Noch einmal dachte er an den Tag, an dem sein Schicksal seinen Lauf genommen hatte. An den Autodiebstahl in Carignano. An Vittorio, seinen Freund, der ihn dazu angestiftet hatte. An den Rausch der Geschwindigkeit. Und an alles, was dann folgte. Die Verbannung nach Deutschland. Der Abschied von Aurelia, in die er verliebt war. An ihr blaues Haarband. Er trug es immer noch bei sich. Und an das Buch von Carla. Krieg und Frieden. Jeden Tag sollte er drei Seiten lesen, um am Ende des Buches wieder zurück zu sein. In Carignano, bei der Familie, bei Aurelia, Vittorio und Carla, seinen Freunden. Carla? Ist sie „C“? Das Buch hatte er im Gefängnis fertig gelesen.
Dann erinnerte er sich an die Bar in Nürnberg. An John, den GI und den toten Deutschen am Boden. Das Messer in seiner Brust. Die Flucht nach Straßburg. Frankreich, Algerien. Die Fallschirmflüge. Der erste Mensch, den er getötet hatte. Dieser armselige Bauernlümmel mit seinen traurigen Augen. Der Judokampf mit dem schwulen Instruktor, der ihn töten wollte. Er hatte ihm in Notwehr das Genick gebrochen. Die Strafkolonie. Der Einsatz an der Grenze zu Marokko. Die stummen Menschen an der Wand vor ihren Hütten. Das Kind. Das Baby. Er hatte es erschlagen. Es fiel über die Motorhaube in den Sand. Dann die Bombe auf dem Rückweg, die alle zerfetzt hatte. Alle bis auf ihn. Sein verletztes Bein. Er spürte es immer noch. Bonifacio, die Garnison zur Erholung. Und die Flucht über das Meer.
Nun war er hier auf diesem Boot. Er warf, als sei sie sein früheres Leben, seine Kippe ins Wasser. Mit einem leisen Zischen erstarb sie in den Wellen unter ihm.
Die Gangway wurde eingeholt, die Leinen gelöst und das Ruder weg vom Land gelegt. Das Boot beschleunigte und pflügte mit seinem starken Bug durch das Wasser nach Stintino.
Mauro griff in seiner Hosentasche nach dem blauen Band von Aurelia, hielt es einen Augenblick fest und ließ es flatternd ins Meer gleiten. Das Kreuz, das einmal darin eingewickelt war und das ihm seine Mutter beim Abschied in Turin in die Hand gelegt hatte, war schon lange verloren.
In Carignano hatte sich, seitdem Mauro den Ort seiner Kindheit verlassen musste, wenig verändert. Noch immer floss der Po gemächlich und geheimnisvoll langsam am Städtchen vorbei. Noch immer trafen sich die Jungs mit ihren Mädchen an seinem Ufer. Und bis auf die Beendigung der Renovierungsarbeiten am Dom hatte sich nichts ereignet, was einer Erwähnung wert gewesen wäre.
Mauros Vater, Massimo Garello, erfüllte mit Ehrgeiz und Pflichtgefühl seine Aufgaben als Chef der Carabinieri. Durch nichts ließ er sich anmerken, dass er sich Sorgen um seinen Sohn machte. Von dessen plötzlichem Verschwinden aus Nürnberg hatte ihm sein Bruder berichtet. Dass jede Spur von ihm fehlte, beunruhigte ihn zwar, doch Zweifel an der Richtigkeit seines Entschlusses, Mauro kurz vor dem Abitur in die Verbannung geschickt zu haben, ließ er nicht aufkommen. Er blieb sich treu. Selbst als seine Frau ihre schwere Krankheit nicht länger vor der Familie verbergen konnte, selbst als sie in immer kürzeren Abständen im Krankenhaus behandelt werden musste, war er der Meinung, richtig gehandelt zu haben.
Das Gespräch zwischen ihr und ihm hatte sich verloren. Sofia Garello ging den inneren Weg. Sie betete, sie sah den Priester, so oft es möglich war. Die häusliche Ordnung wurde durch Maria, die Haushälterin, nach besten Kräften aufrechterhalten. Adriana, Mauros Schwester, kam mit dem Sterben ihrer Mutter nicht zurecht. Sie zog sich von allem zurück. In seltenen Momenten vertraute sie sich Maria an. Dann saßen sie gemeinsam in ihrem Zimmer, Arm in Arm und ließen ihren Tränen freien Lauf.
Adriana war eine fleißige Schülerin und fasste früh den Plan, nach der Schule eine Ausbildung als Tierwärterin im Zoo von Turin zu beginnen. Sie wollte mit Tieren sein. Massimo Garello sah sich schon vor dem Tod seiner Frau nach einem Ersatz für sie um. Da Maria seinem Werben keinen Grund zur Hoffnung gab, antwortete er auf Kontaktanzeigen. Öfters blieb er abends lange weg, wohl um die eine oder andere Kandidatin in Augenschein zu nehmen.
Die Klasse, aus der Mauro herausgerissen wurde, hatte im Frühjahr 1960 das Abitur hinter sich gebracht. Alle hatten bestanden. Carla legte wie erwartet die beste Prüfung ab. Die Wege von ihr und ihrer Freundin Aurelia trennten sich auf natürliche Weise. Aurelia zog nach Turin und ergriff ein Studium der Medizin. Auch Vittorios Wege trennten sich von denen seiner Klassenkameraden. Er wollte die Welt sehen, bevor er sich in Mailand an der Kunstakademie einschrieb. Mauro, seinen besten Freund zu suchen, kam ihm nicht in den Sinn.
Carla, noch unschlüssig, was sie mit ihrer Zukunft anfangen sollte, nahm in der städtischen Bücherei von Carignano eine Gelegenheitsarbeit an. Dort war sie bei ihren Lieblingen, den Büchern. Durch sie machte sie ihre Reisen in die Welt, die Welt der Gegenwart und der Vergangenheit. Was für ein reicher Schatz, der ihr da zur Verfügung stand! Besonders interessierte sie sich für die Neuerscheinungen, die mit zeitlicher Verzögerung auch in Carignano eintrafen. Daneben sortierte sie gewissenhaft die zurückgegebenen Bücher in ihre Regale ein, beriet die Kunden, die sich nach einem bestimmten Thema erkundigten, und trug sorgfältig die Kartei der ausgeliehenen Bücher nach.
Wie in Büchereien üblich, gab es auch in Carignano eine kleine Auswahl an Tageszeitungen, die im Lesesaal zur freien Verfügung auslagen. Das Erste, was Carla am Morgen zu tun hatte, war, kurz bevor die Bücherei um neun Uhr öffnete, die frisch angelieferten Zeitungen entgegenzunehmen und im Lesesaal auszulegen. Dabei ließ sie es sich nicht nehmen, zuerst einen Blick in ihren bevorzugten Corriere zu werfen. Schnell überflog sie die Schlagzeilen und blieb dann bei den Artikeln, die sie interessierten, hängen. So erfuhr sie von der Kubakrise, ausgelöst durch die Invasion in der Schweinebucht. Täglich verfolgte sie die neuen Meldungen, die von einem drohenden Atomkrieg sprachen, bis sie eines Morgens Anfang Mai auf folgenden Artikel auf der Titelseite stieß:
Spektakuläre Flucht
Wieder einmal ist einem Angehörigen der Fremdenlegion die riskante Flucht aus der Garnison von Bonifacio im Süden von Korsika nach Italien gelungen. Der Deserteur – es handelt sich um einen jungen Italiener – überwand im Schlauch eines Lastwagenreifens eine Distanz von etwa fünfzehn Kilometern, wurde im um diese Jahreszeit noch kalten Wasser der gefährlichen Meerenge von der Strömung abgetrieben und völlig unterkühlt, aber lebend auf der Insel Razzoli angeschwemmt, wo er von den vor Ort befindlichen Rangern des Naturschutzgebiets aufgegriffen und gerettet werden konnte.
Auf Seite zwei der Zeitung wurde die Flucht eingehender beschrieben. Die kühne Tat sei heldenhaft, aber der junge Mann sei wegen seines Dienstes in einer fremden Armee als Deserteur in ein Militärgefängnis überstellt worden, wo er eine Freiheitsstrafe abzusitzen habe. Als Carla in der Fotografie des Flüchtlings, die groß neben dem Artikel zu sehen war, Mauros Gesicht erkannte, entfuhr ihr ein Schrei. Zum Glück war noch niemand im Lesesaal. Ihre Chefin, Signora Ferretti, telefonierte gerade. Die heftige Reaktion der sonst stillen Carla war ihr nicht entgangen. Bleich und zitternd sah sie ihre junge Mitarbeiterin auf einem Hocker sitzen, als sie den Lesesaal betrat.
„Carla, was ist mit dir“, fragte sie.
„Es ist Mauro“, antwortete Carla kaum hörbar.
„Mauro?“
„Hier, der Junge, der geflohen ist.“ Sie deutete mit zittrigen Fingern auf den Zeitungsartikel.
Signora Ferretti nahm ihr die Zeitung vom Schoß und begann zu lesen. Nach einer Weile blickte sie auf und sah Carla an. „Und? Was hast du mit dem zu schaffen? Kennst du den etwa?“
Carla hob ihren Kopf langsam zu ihrer Chefin und sah sie durch ihre dicken Brillengläser lange an.
„Ja, Signora, ich kenne ihn.“
„Und woher kennst du so einen? Wer ist das? Und wo wohnt er?“
„In meinem Herzen wohnt er. Seit langem.“
Signora Ferretti blickte lange auf ihre Praktikantin. Sie trat zu ihr und umfasste ihre Hände. „Ich verstehe Mädchen, ich verstehe.“ Sie wischte eine Träne von Carlas Wange. „Weißt du was? Wir öffnen eine Stunde später. Wir gehen in ein Café, trinken einen Macchiato und du erzählst mir von diesem Mauro, wenn du magst.
Im Café, das sich in der Nähe der Bücherei auf dem lang gezogenen Hauptplatz von Carignano befand, erfuhr Signora Ferretti alles, was sich mit Mauro und seinem Freund Vittorio vor etwas mehr als einem Jahr hier in Carignano zugetragen hatte. Der spektakuläre Diebstahl des Sportwagens des Generalvikars, die harte Strafe der Verbannung nach Deutschland, die er zu erleiden hatte, und das Buch, das ihm Carla durch Aurelia hatte überreichen lassen, aus Angst, dass er die Gefühle, die sie schon immer für ihn hegte, hätte entdecken und belächeln oder gar verspotten können.
Signora Ferretti hörte aufmerksam zu und nickte gelegentlich.
Auch von Aurelia sprach Carla. „Sie war die Schöne, die Schönste. Und sie wusste es. Die Jungs waren mehr oder weniger alle verknallt in sie. Aber sie war lieb. Sie war nicht stolz oder hochmütig, auch wenn das viele von ihr sagten. Sie hat mir vieles anvertraut. Es war ihr eine Last, von so vielen begehrt zu werden. Wir haben zusammen Schularbeiten gemacht, für das Abitur gebüffelt. Sie hat mir Sachen geschenkt, weil sie wusste, dass wir zu Hause nicht viel Geld hatten. Mauro war sehr verliebt in sie. Wir haben oft über ihn gesprochen. Manchmal tat es weh. Aber ich war auch erleichtert, dass sie seine Gefühle nicht erwidert hatte. Sie sagte, sie sei nicht bereit für die Liebe, sie wolle warten, bis der Richtige komme.“
Signora Ferretti lächelte. „Und du? Hast du ihr gesagt, was du für Mauro fühlst?“
„Nein. Aber ich denke, sie hat es geahnt. Wir haben nie darüber geredet und sie hat mich nie gefragt. Dafür bin ich dankbar. Ich hätte nicht lügen können, ich hätte es sagen müssen, und ich hätte mich dafür geschämt.“
„Warum geschämt?“
„Ein Mädchen wie ich! Ich bin nicht schön. Ich bin dick. Meine Brüste sind zu groß, mein Hintern zu fett. Mich will keiner.“
„Ach, da wäre ich mir nicht so sicher.“
Carla senkte ihren Blick. „Es ist nett von Ihnen, Signora, dass Sie das sagen. Danke. Aber ich kenne die Realität.“
„Und Mauro? Fühlte er gar nichts für dich?“
„Er übersah mich. Ich bin es gewohnt und habe mich damit abgefunden. Ich komme klar damit.“
Signora Ferretti zog ein feines Taschentuch aus der Handtasche und tupfte sich damit die Nase. „Was für ein Buch hast du ihm mitgeben lassen?“
„Krieg und Frieden von Tolstoi.“
„Oh, ein gewaltiges Buch.“
„Ich hatte so eine Vorstellung, eine Vision. Ich denke oft an ihn. Und da hatte ich auf einmal den Gedanken, dass es mit ihm zu tun hat. Mit seiner Seele, in der ein Krieg herrscht, und dass er den Frieden sucht.“
„Du bist ein erstaunliches Mädchen.“
„Wissen Sie, Signora, es ist einfach da. In mir. Ich kann mich nicht dagegen wehren, also muss ich es annehmen“, sagte Carla und lächelte, ohne ihr Gegenüber anzusehen.
Signora Ferretti zog die Augenbrauen hoch. „Und was bedeutet das?“
„Ich weiß es nicht.“
„Wirklich nicht?“
„Jetzt ist er wieder da. Sitzt im Gefängnis. Verloren.“
„Du meinst, dass er dich braucht?“
Carla zuckte mit den Schultern. „Ich möchte ihm Kraft geben. Damit er nicht verloren geht. Er ist ein guter Mensch.“
Signora Ferretti sah Carla lange an. Die Gläser mit dem Macchiato, vor denen sie saßen, standen unberührt auf dem kleinen runden Marmortisch. Carla beobachtete, wie die aufgeschäumte Milch langsam in sich zusammenfiel.
„Carla, wenn du willst, mein Mann hat Beziehungen zum Militär. Ich kann ihn fragen, ob er sich nach diesem Mauro erkundigen würde. In welchem Gefängnis er sich befindet.“
Carlas Augen weiteten sich. „Ja!“
„Du könntest ihm vielleicht einen Brief schreiben.“
„Das möchte ich nicht. Er würde sich vielleicht von mir bedrängt fühlen. Aber einfach zu wissen, wo er ist, das wäre gut.“
„Ich bin sicher, dass mein Mann etwas herausfinden kann. Und auch, wie lange Mauro im Gefängnis bleiben muss, wann er freikommt, das wäre doch schon mal ganz gut für dich.“
Carla nickte und lächelte.
„Gut. Aber jetzt müssen wir wieder los. Die Leute warten sicher schon, dass wir aufsperren.“ Signora Ferretti erhob sich und schob einen Geldschein unter ihr Glas.
„Siehst du, nicht mal den Kaffee haben wir getrunken“, sagte sie, indem sie noch schnell einen kleinen Schluck nahm.
„Danke, Signora. Für alles.“
Sie verließen das Café und eilten zur Via Palazzo Civico, die zur Bücherei führte.
„Ach übrigens, ich habe für nächsten Donnerstag Karten für ein Konzert in Turin. Mein Mann ist verhindert. Wenn du willst, nehme ich dich mit.“
„Oh, sehr gerne. Was wird gespielt?“
„Die achte Symphonie von Schubert, die Hebriden von Mendelsohn-Bartholdy und zum Schluss etwas ganz Besonderes.“
„Was?“
„Peer Gynt von Edward Grieg.“
„Das kenne ich nicht.“
„Siehst du, dann lernst du es kennen.“
Ein Jahr später saß Carla auf einer Bank im Hafen von Stintino und erwartete das Versorgungsschiff, mit dem Mauro von Asinara zur Hauptinsel zurückgebracht werden sollte. Signora Ferretti hatte ihr den Tag von Mauros Entlassung mitgeteilt. In den Händen hielt sie ein in braunes Papier eingewickeltes Buch. Als ein Boot in grauen Tarnfarben um die Mole bog und Richtung Anleger steuerte, fing ihr Herz an heftig zu klopfen. Ihre Hände wurden feucht und umklammerten das kleine Paket so fest, dass ihr Abdruck sich darauf abzuzeichnen begann.
Carla hatte sich, als sie erfuhr, dass Mauro auf der Gefängnisinsel von Sardinien festgehalten wird, in der Universität von Sassari für ein Studium der italienischen Literatur eingeschrieben. Die Bewerbung für ein Stipendium, das sie beim Bildungsministerium mit Unterstützung von Signora Ferretti eingereicht hatte, war erfolgreich. Sie erhielt einen kleinen monatlichen Betrag, der ihr gerade so zum Leben reichte, und ein winziges Zimmer im Studentinnenwohnheim der Universität. Die Studiengebühren wurden ihr erlassen.
Ihren Eltern gegenüber hatte sie ein schlechtes Gewissen. Sie war das einzige Kind der Familie. Ihr Vater verdiente wenig Geld bei Fiat. Die Mutter ging bügeln, damit sie durchkamen.
Carla spürte, wie enttäuscht ihre Eltern waren, als sie ihnen ihre Pläne mitteilte. Doch sie hatten sie nicht umzustimmen versucht. Die Entschiedenheit, mit der Carla ihren Entschluss vortrug, war ihnen Grund genug, nicht weiter in ihre Tochter einzudringen. Carla wollte bei Mauro sein, auch wenn er hinter dicken Mauern saß und unerreichbar war. Vielleicht würden ihm ihre Gedanken Mut machen. Sie stellte sich vor, dass ihr bloßes Nahesein ihm Kraft gibt. Auch für Signora Ferretti war klar, dass Carla diesen Weg gehen musste. Sie sah in ihr eine jener großen Frauengestalten der Literatur, die ein Gegenentwurf waren zur lärmenden, egoistischen, von Grausamkeiten geprägten Männerwelt. Die Kriegsjahre saßen ihr tief im Gedächtnis. Mit Abscheu blickte sie auf die virile Aufplusterei, die immer zu sinnlosen Kriegen geführt hatte. Gewalt als Zeichen von Schwäche. Sie war überzeugt, dass nur Frauen zu selbstloser Liebe fähig sind. Frauen wie Carla, die sie nicht erst seit dem Konzert in Turin zu einer Solveig machte. Wer er auch war, dieser Mauro, wichtig war, was Carla für ihn empfand. Und so schickte Signora Ferretti ihre Protagonistin im Drama um Krieg und Frieden auf den ihr vorbestimmten Weg. Und sie gab ihr Geld. Carla wehrte sich vehement dagegen.
„Du wirst es brauchen. Ich bitte dich, nimm es.“ Sie streckte ihr 20.000 Lire entgegen.
„Nein Signora, ich weiß, Sie und Ihr Mann, Sie meinen es gut. Aber ich nehme das Geld nicht.“
„Dann tu es für diesen Mauro“, sagte sie eindringlich und wedelte mit den Geldscheinen.
„Wie?“
„Ja. Der hat doch jetzt nichts in der Tasche.“
„Gut. Für ihn nehme ich es“, antwortete sie zögerlich, „nur für ihn. Nicht für mich.“
„Du tust, was du für richtig hältst.“
Carla saß immer noch auf ihrer Bank, als das Boot anlegte. Menschen drängten sich zu der Stelle, wo die Gangway herabgelassen wurde. Sie sah Mauro sofort. Er stand noch auf dem Vorderdeck und schaute in ihre Richtung. Dann setzte er sich in Bewegung und stieg von Bord.
Er stand inmitten einer Traube von Menschen, die ihre Angehörigen begrüßten, Soldaten, die darauf warteten, an Bord gelassen zu werden, Offiziere, denen salutiert wurde, Händler, die Waren zum Boot brachten, Ehefrauen, die mit ihren Kinderwagen ihre zurückkehrenden Männer im Gewühl suchten, sie fanden und ihnen um den Hals fielen. Mauro drehte sich einige Male um die eigene Achse und trat aus der Menschenmenge. Er schaute einen kurzen Moment in Carlas Richtung, als ein dicker Gemüsehändler in grüner Schürze mit seiner Schubkarre ihre Blicke durchkreuzte.
Für eine Sekunde schien es Mauro, als hätte er ein bekanntes Gesicht entdeckt. Jemand war da, jemand, den er in seinem Leben zuvor schon einmal gesehen hatte. Aber wer sollte ihn erwarten? Vielleicht leide ich schon unter Verfolgungswahn, dachte er, als der Schubkarrenmann den Blick in die Richtung von Carla wieder freigab. Sie hatte sich hinter eine Tafel geflüchtet, auf der die Abfahrtszeiten der Schiffe standen. Mauro schaute noch einmal über den ganzen Platz und ging den Kai entlang.
Carla spähte hinter ihrer Anzeigetafel hervor. Sie verfolgte Mauros Schritte. Er schien es nicht eilig zu haben. Da rief sie einen kleinen Jungen zu sich, der sich auf dem Hafengelände herumtrieb. Als er in seiner halblangen zerschlissenen Hose und einem schmutzigen Hemd barfuß vor ihr stand, kniete sie sich zu ihm nieder und streckte ihm fünfzig Lire entgegen.
„Tust du mir einen Gefallen? Dann gebe ich dir das hier.“
Der Junge nickte ihr zu und streckte seine dreckige Hand nach dem Geldstück aus.
„Siehst du den Mann dort? Der mit dem blauen Beutel um die Schulter.“
Erneutes Nicken.
„Geh zu ihm und gib ihm das.“ Sie zeigte ihm das Päckchen mit dem Buch.
Blitzschnell griff der Junge nach der Münze und ließ sie in seiner Hosentasche verschwinden. Dann nahm er das Päckchen und rannte los.
Er näherte sich Mauro von hinten und zupfte an seiner Jacke.
„Dottore“, rief er und schniefte.
Mauro schaute auf den Knirps hinab. „Zieh Leine“, herrschte er ihn an.
„Dottore, bitte!“
„Ich hab nichts für dich, verschwinde.“ Mauro setzte sich wieder in Bewegung.
„Ich muss was geben.“
Mauro verlangsamte seine Schritte und blickte auf das Päckchen, das ihm der Junge entgegenstreckte.
„Was soll das sein?“
Der Junge zuckte mit den Schultern. „Is für dich, Dottore.“
Mauro nahm das Päckchen entgegen. „Von wem hast du das, du Schlingel?“
„Von der Signora. Soll ich dir geben. Hat mir eine Münze gegeben.“
„Wo ist sie?“
Der Junge klopfte stolz auf seine Hosentasche.
„Nein. Die Signora, du Idiot.“
„Da drüben.“ Er schaute sich um. „Jetzt ist sie nicht mehr da.“
Erschrocken starrte der Junge zu Mauro hoch, drehte sich um und rannte los. Noch bevor Mauro reagieren konnte, war er zwischen den Menschen verschwunden.
Verwirrt stand Mauro da. Wer ließ ihm ein Päckchen zukommen? Und gerade hier und heute, am Tag seiner Entlassung in diesem entlegenen Winkel von Italien? Zuerst das Telegramm von dieser „C“ und jetzt auch noch ein Willkommensgeschenk oder was das sein sollte? Er machte ein paar Schritte in die Richtung, in die der Junge gedeutet hatte, konnte aber niemanden entdecken und ging zurück zum Kai.
Im Schutz der engen Gassen des kleinen Ortes war Carla unterwegs zur Haltestelle des Busses, der sie wieder nach Sassari bringen würde. Ihr Herz klopfte wie wild. Sie schrak zusammen, als jemand sie am Arm festhielt.
„Leckere Pizza, Signorina, kommen Sie, probieren Sie“, redete ein Mann auf sie ein, der vor seinem Stand versuchte, Kunden zu gewinnen. Dabei lächelte er schief und hauchte ihr seinen Atem, der nach Alkohol roch, ins Gesicht.
„Nein, danke“, wehrte Carla ab und lief, indem sie sich losmachte, in die nächste Quergasse zur Bushaltestelle.
Mauro setzte sich auf die Steinkante der Kaimauer und ließ seine Beine baumeln. Er steckte sich eine Zigarette an und schaute ins Wasser. Dann nahm er das Päckchen und riss das Papier auf. Zum Vorschein kam ein Buch. Er klappte es auf und fand einen Briefumschlag mit einer Karte.
Lieber Mauro,
ich bin froh, dass du wieder in Italien und nun auch wieder in Freiheit bist. Wenn du etwas brauchst, bin ich für dich da.
Carla Albertini
Studentenwohnheim Via Verona Zimmer 124
Università di Sassari
Mauro steckte die Karte zurück in den Umschlag und legte ihn zwischen die Seiten. Wieder ein dickes Buch. Er blätterte es mit dem Daumen durch. Am hinteren Deckel klebte ein zweiter Umschlag. Darin war Geld. 20.000 Lire. Irritiert ließ er die Scheine durch seine Finger gleiten, bevor er sie in seine Hosentasche steckte. Dann klappte er das Buch zu und las den Titel: Die Verlobten. Von Alessandro Manzoni.
Carla saß im blauen Bus nach Sassari. Holpernd und schwarzen Rauch hinter sich ausstoßend fuhr er über die schlecht asphaltierte Straße. Er hielt nicht nur an vorgesehenen Haltestellen, sondern manchmal auch mitten im Gelände, wenn jemand mit Handzeichen zuzusteigen verlangte. Selbst Tiere wurden mitgenommen. Carla, die ganz vorne hinter dem Busfahrer saß, musste ihre Beine einziehen, wenn ein Bauer sein Schaf oder seine Ziege durch den engen Gang zwischen den Sitzreihen nach hinten trieb. Sobald das arme Tier, das nicht wusste, wie ihm geschah, zu bocken anfing oder gar seine Notdurft verrichtete, erhob sich unter den Mitreisenden ein Geschrei.
Carla war Piemonteserin und verstand den nordsardischen Dialekt nur teilweise. Dennoch fühlte sie sich wohl in dieser ländlichen Gegend. Die meisten Menschen, denen sie begegnete, waren freundlich zu ihr. Vielleicht lag es an ihrem Äußeren. Wie eine verwöhnte Signorina aus der Großstadt sah sie nicht aus. Sie war einfach gekleidet in ihrem knielangen Rock aus grober Baumwolle und ihrer weiten Bluse. Ihre ruhigen Gesichtszüge, die rosigen Pausbacken und die streng nach hinten zu einem Knoten zusammengebundenen dunklen Haare, vor allem aber ihr durch die Brille etwas träge wirkender Blick gaben ihr das Aussehen einer friedfertigen jungen Frau, der man nicht mit Misstrauen begegnen musste.
Als sie in diesem unbequemen Bus auf ihrem abgewetzten Sessel saß und über die karge trockene Landschaft schaute, geriet sie in Zweifel, ob sie das Richtige getan hatte, als sie von Mauro weggelaufen war. Wie musste das auf ihn gewirkt haben? Hätte sie nicht lieber auf ihn zugehen sollen, anstatt vor ihm zu fliehen? Jetzt wird er das Päckchen mit dem Buch geöffnet haben und wissen, dass sie in seiner Nähe war. Und der Umschlag mit dem Geld, den sie hinten hinein geklebt hatte? Was würde er dazu sagen? Geld von einer ehemaligen Mitschülerin geschenkt zu bekommen! Schweiß trat ihr auf die Stirn. Hatte sie nicht alles verdorben? Lange hatte sie darüber nachgedacht, wie sie ihm begegnen wollte. Auf keinen Fall wollte sie aufdringlich sein. Vielleicht wusste er gar nicht mehr, wer sie war. Hatte sie vergessen, nach allem, was er durchgemacht hatte.
Und das Buch? Kann ich mich ihm gegenüber denn nicht anders als mit Büchern äußern? Die Verlobten! Wie muss das wirken, wenn eine Frau einem Mann so ein Buch schenkt, nichts dazu sagt und einfach abhaut? Dabei meinte sie mit dem Standardwerk der italienischen Literatur von Manzoni nicht die komplizierte Liebesgeschichte, die so lange braucht, bis das Paar sich findet. Oder doch? Es ging mir vor allem um die Geschichte mit dem Bischof und dem Ungenannten. Um die Erlösung von dem Bösen. Es sollte ihm Hoffnung machen, Trost spenden. Wie dumm bin ich doch! So eine Andeutung kann er gar nicht verstehen. Wenn er es überhaupt liest. Es war ein Versuch, weiter nichts.
Sie dachte daran, wie er oben auf dem Boot stand. Schön sah er aus, schön und fremd mit seinen kurz geschnittenen Haaren. Da war ein Gesichtszug, den sie nicht kannte. Etwas Strenges hatte sich in den weichen Ausdruck von damals gefurcht, etwas Männliches, Erwachsenes. Wie ein Pfahl im Ozean stand er auf Deck. Erschreckend war die Kälte, die von ihm ausging. Abweisend und unberührbar erschien er ihr, einsam. Ihm nahe sein und ganz behutsam mit ihm umgehen, das wollte sie. Geduldig warten, beten. Für ihn, für sie beide. Würde er sich bei ihr melden? Vielleicht hatte sie ihn an dem heutigen Tag wiedergefunden und erneut verloren. Nur eines wusste sie: Er war in ihr. Ihn würde sie nicht los.
Mauro schlenderte unschlüssig durch die Gassen von Stintino. Das Buch von Carla hatte er in den Beutel gesteckt. Wieder so eines von ihr. Und nun war sie auch noch hier. Was will sie von mir? Und das Geld? 20.000 Lire. Woher hat sie so viel Geld? Und warum gibt sie es mir? Egal, nehmen und nicht lange fragen. Dann ist sie feige abgehauen, ohne sich mir zu zeigen.
Mauro wollte sich nicht weiter mit ihr befassen. Er hatte andere Sorgen. Eine Arbeit musste her und ein Platz zum Schlafen. Was kann ich außer kämpfen und Menschen töten? Ohne Schulabschluss. Autos reparieren? Das wäre vielleicht etwas. Aber wer nimmt schon einen ohne Ausbildung.
Vor einer Anzeigetafel blieb er stehen. Da war ein Plan von Stintino. Die Straßen, die Plätze, Kirchen, Verwaltungsgebäude, die Polizeistation. Stintino war klein. Klein und unbedeutend. Hier war nichts zu holen. Neben dem Ortsplan war eine Karte der näheren Umgebung angebracht. Wie der Zahn eines Raubtiers ragte der nördlichste Zipfel von Sardinien ins Meer. Am Arsch der Welt bin ich hier. Er fuhr mit dem Finger einer roten Linie entlang. Die Straße nach Sassari. Schätzungsweise 45 bis 50 Kilometer.
Im Zentrum fand er eine Bushaltestelle. Es gab nur eine Linie. Etwa zwei Stunden nach Sassari. Vorbei an Porto Torres, einer kleinen Stadt direkt am Meer. Im Telefonbuch einer Telefonzelle, die neben der Haltestelle war, schaute er unter Stintino nach, ob es hier eine Autowerkstätte gab. Nichts. Also was? Vielleicht sollte ich mich wieder bei der Armee melden? Die Strafe war abgesessen. Der obligatorische Militärdienst galt zusammen mit der Zeit in der Fremdenlegion als erledigt. Zurück in die große Familie der Uniformierten? Niemals.
Er hatte Hunger. Das karge Frühstück im Gefängnis hielt nicht lange vor. Aus einer Bäckerei, die am Weg lag, duftete es nach frischer Pizza. Er betrat das Geschäft und kaufte sich eine Focaccia. Die Frau hinter der Theke trug eine weiße Schürze und hatte ihre Haare zu einem kunstvollen Turm zusammengesteckt. Sie lächelte ihn süßlich an. „Darf es sonst noch etwas sein, der Herr?“
„Ja. Haben Sie eine Arbeit für mich?“
Das süßliche Lächeln verschwand. Ihr Mund wurde spitz.
„Oh!“, sagte sie, „da muss ich meinen Mann fragen.“
Sie verschwand für einen kurzen Augenblick im hinteren Bereich des Ladens.
„Er kommt gleich“, sagte sie, als sie zurückkam. Sie nestelte an ihrer komplizierten Frisur herum und vermied es, Mauro anzusehen.
„Ich warte draußen.“
Mauro machte einer Horde Kinder Platz, die den Laden stürmten und sich auf die Süßigkeiten stürzten.
„Jedes nur eines“, rief die Betreuerin, die als letzte eintrat, den Kleinen zu. Die beiden Frauen grüßten sich vertraulich und begannen wortreich miteinander zu plaudern.