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Mein Mutmacher inspiriert Frauen um die 30 dazu, sich ihrem Inneren zu stellen und ihr Leben nach ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen auszurichten. Es gibt Tipps und Tricks an die Hand, wie sie sich auf die Suche nach ihrem eigenen Lebensziel machen können.
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Seitenzahl: 253
Veröffentlichungsjahr: 2021
Ein Ziel ohne Plan
ist nur ein Wunsch.
Aus einem
Ziel mit Plan
entsteht Grossartiges.
Miriam Hanke
Mein Mutausbruch
Hab Mut, dein Glück zu finden
© 2021 Miriam Hanke
Umschlag, Illustration: Miriam Hanke
Lektorat, Korrektorat: Stephan Hanke, Gabriele Stemberger-Hanke
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback 978-3-347-26978-1
Hardcover 978-3-347-26979-8
e-Book 978-3-347-26980-4
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Planlosigkeit und immer diese Unzufriedenheit
Ziele machen glücklicher
Zuerst kommst du
Ordnung im Geldbeutel ist Ordnung im Leben
Das Jar System
Der Financial Freedom Account
Long Term Saving for Spending (LTSS)
Necessities
Education
Play
Give
Notgroschen
Vom Kopf ins Herz
Verstehe deine Wünsche und Bedürfnisse
Einfache Moves für deinen Weg
Heilung
Achtsamkeit
Handlettering
Schreiben
Malen
Kochen
Abspülen
Bildung
Move
Unterhaltung
Tagebuch
Finde deine Stimme
Kommuniziere, was du brauchst
Dein Date mit dir
Warst du auch schon mal unzufrieden? Unzufrieden wie dein Leben läuft, aber du hast keine richtige Ahnung, was eigentlich nicht passt?
Weißt du genau, wohin du willst im Leben? Kennst du deine Ziele? Hast du dir schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie dein Leben aussehen soll? Wer du sein willst? Wie du mit anderen umgehen willst?
Nein? Und warum nicht?
Glaubst du, du hast schon alles erreicht? Glaubst du, es geht für dich nicht mehr weiter? Spielst du in deinem Leben die erste Geige? Kümmerst du dich um dich und dein Wohlbefinden? Oder lässt du anderen immer den Vortritt?
Viel zu sehr verlassen wir uns auf das Urteil anderer. Viel zu oft lassen wir andere entscheiden, was mit uns passiert. Aber lebst du gerade das Leben, das du dir vorgestellt hast? Bist du wirklich zufrieden? Oder befindest du dich in der aktuellen Situation, weil du dir von anderen ihr Bild hast aufdrücken lassen? Ihre Wunschvorstellung vom Leben? Ein Haus, zwei Kinder, Hund und heile Familie. Dabei noch Karriere machen, ohne aber eine Rabenmutter zu sein. Die perfekte Ehe- und Hausfrau, aber gleichzeitig die reizvolle Liebhaberin.
Jetzt sitzt du da mit deinem ach so perfekten Leben irgendwo in der Pampa und bist trotzdem nicht glücklich. Hast du dir mal Gedanken gemacht, woran das liegt?
Woran liegt es, dass du deinen eigenen Wünschen, Träumen und Bedürfnissen nicht so viel Platz einräumst? Warum kommen immer andere an erster Stelle? Oder warum hast du dir selbst noch nie Gedanken darüber gemacht?
Eine Frau um die 30 hat es aktuell wahnsinnig schwer. Die Welt bietet tausend Möglichkeiten. Wenn nicht gerade Corona ist, lädt sie dazu ein, auf endlose Entdeckungsreisen zu gehen. Gleichzeitig können Frauen mittlerweile genauso Karriere machen wie Männer. Aber mit 30 muss sich Frau langsam entscheiden, ob sie denn Kinder haben möchte. Die biologische Uhr tickt.
Familie, Freunde und Bekannte fragen immer häufiger nach Nachwuchs. Kinderlosigkeit ist immer noch ein Tabuthema. Außerdem gehen potentielle Arbeitgeber noch immer davon aus, dass alle Frauen spätestens mit 30 Kinder möchten. Deshalb werden die nicht eingestellt. Sie könnten ja ausfallen.
Zeitgleich müssen sich Frauen Gedanken über Altersarmut machen. Die will ja auch keiner. Aber mit Kindern kann die durchaus drohen. Vor allem, wenn der Partner dich sitzen lässt.
Ständig musst du dich damit auseinandersetzen, was gesellschaftlich anerkannt ist und was vielleicht nur du willst. Aber ist es etwas Schlechtes, etwas zu wollen, was sonst keiner will?
Ich denke nicht.
Allein du musst mit deinem Leben zufrieden sein. Du willst dir doch nicht in zehn Jahren denken: „Hätte ich damals doch alles ganz anders gemacht und auf mein Herz gehört!“
Sich Ziele zu stecken und einen Plan für sich selbst zu finden ist nicht einfach. Es gehört eine Menge Anstrengung und Mut dazu, diesen Weg zu gehen. Und nicht die Konformität mit der breiten Masse zu suchen.
Ich kann ein Lied davon singen, wenn es darum geht.
Ich bin selbst Anfang Dreißig und jahrelang gebe ich mir keinen Raum, mich mit meinen Wünschen auseinanderzusetzen. Ich denke mir immer, solange ich glücklich bin, ist doch alles gut.
Da brauche ich ja keinen Plan.
Bis ich nicht mehr zufrieden bin. Mein Job fordert mich nicht mehr richtig. Ich habe eine Beziehung, aber weiß nicht, wohin die führen soll. Will ich Kinder? Will ich Karriere? Will ich lieber reisen gehen? Will ich heiraten? Oder bin ich lieber Single? Wer bin ich überhaupt?
Ich habe das Gefühl meine ganze Zukunft liegt in einem dichten Nebel aus Ungewissheit. Ich wollte nur glücklich sein, damit alles gut ist. Aber ich bin nicht mehr glücklich. Ich bin unzufrieden mit meinem planlosen Leben, dass ich von all den essentiellen Fragen meines Lebens keine Ahnung habe.
Erst als mein Freund und ich die Entscheidung treffen, die Beziehung vorübergehend zu pausieren, nehme ich die Sache ernst. Ich will ihn nicht verlieren. Deswegen willige ich ein, mich auf die Suche nach mir selbst zu machen.
Ich will herausfinden, wer ich bin. Wie ich einen Plan für mein Leben entwickeln kann. Und was meine Ziele sind.
Ich lerne, dass es nicht so einfach ist, meine Ziele zu finden. Der Weg ist hart und anstrengend. Manchmal steinig und steil. Dann wieder matschig und beschwerlich. Trotzdem erkenne ich, dass ich einfach immer weiter gehen muss. Mit jedem Schritt komme ich dem Ziel ein wenig näher. Mit jedem Stück erfahre ich mehr über mich selbst.
Und dieses Wissen möchte ich mit dir teilen. Du, die du auch herausfinden willst, wer du bist. Du wirst nicht von einem Tag auf den anderen plötzlich deine Berufung finden. Lass dich von mir ein bisschen an die Hand nehmen und ich zeige dir, wie du dort hinkommen kannst.
Du wirst erfahren, warum Planlosigkeit so unzufrieden macht. Du wirst herausfinden, was dich genau unglücklich macht. Ich zeige dir, wie dich deine Wünsche und Ziele zufriedener machen. Und wie du dadurch einen Sinn in deinem Leben findest. Dabei ist es wichtig, dass du lernst, dich selbst an erste Stelle zu setzen. Und dass es wichtig ist, Ordnung in deine Finanzen zu bringen. Dadurch kannst du schon den ersten Schritt zur Ordnung in deinem Leben machen.
Du wirst herausfinden, wie du deiner Intuition wieder mehr vertrauen kannst und vom Kopf ins Herz findest. Dabei kannst du auch deine Wünsche und Ziele erforschen.
Ich werde dir Tipps und Tricks an die Hand geben, die mir auf meinem Weg wahnsinnig geholfen haben. Und du wirst im Laufe deines Wegs mit diesen Methoden deine innere Stimme finden. Hierdurch kannst du deine Wünsche und Ziele besser kommunizieren und musst anderen nicht immer alles Recht machen.
Letzten Endes will ich dir Hilfestellung geben, wie du es schaffst, jeden Tag ein bisschen mehr zu dir zu finden. Ich möchte, dass du eine Frau wirst, die noch stärker und eigenständiger ihren Weg geht und sich die Zeit für sich nimmt, die sie braucht.
Ich möchte dich dazu bewegen, dein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Du sollst dir dein persönliches Lieblingsleben erschaffen. Mit allem was dich glücklich macht.
If you do not like
where you are
move.
You are not a tree.
Planlosigkeit und immer diese Unzufriedenheit
Ich kann nicht schlafen. Ich bin total aufgeregt. Morgen ist mein Geburtstag. Mein Dreißigster. Normalerweise finde ich Geburtstage nicht so spannend, dieses Mal ist alles anders. Meine Schwester hatte Andeutungen zu meinem Geschenk gemacht. Es gibt immer mehr Indizien, dass mein guter Freund Joshua kommt. Ich glaube, sie lässt ihn zu meinem Geburtstag als Überraschung aus den USA einfliegen. Joshua und ich kennen uns seit fast zwei Jahren. Ich hatte ihn auf einer Geburtstagsparty eines Freundes in Florida kennengelernt. Ein Jahr später besuchte ich ihn in den USA und verliebte mich in ihn. Letztendlich sprechen aber zu viele Faktoren gegen eine Beziehung und ich fliege wieder nach Hause. Immer noch Single.
Ist es jetzt vielleicht so weit? Sehe ich ihn heute Abend nach sechs Monaten endlich wieder? Diese Aussicht finde ich total schön, gleichzeitig kann ich mir keine eigenartigere Situation ausmalen. Wie wäre das, ihn wieder zu treffen? Wie soll ich mich verhalten, wenn wir uns sehen? Ihn umarmen, ihn küssen oder abwarten, wie er reagiert?
Mein Herz klopft wie verrückt. Schon ziemlich früh fahre ich mit meiner Mama gemeinsam auf die Berghütte. Wir wollen die Party vorbereiten, bevor meine Freunde zum Feiern eintrudeln. Die Hütte liegt versteckt auf dem Berg knapp an der Grenze zu Österreich. Sie ist total urig und gemütlich. Strom gibt’s keinen, dafür Gaslampen, Holzofen und Plumpsklo. Keine Leute, die wir stören können. Keine nächtliche Ruhezeit, die wir einzuhalten haben.
Judy und Andi sind die ersten Gäste, die eintreffen. Eigentlich könnte sich meine Mama jetzt auf den Weg nach unten machen. Schließlich habe ich jetzt Gesellschaft. Es wird immer dunkler, aber gehen will sie trotzdem nicht. Erst als sich meine Schwester ankündigt, lässt sie sich von mir überzeugen, ihr entgegenzulaufen. Mit dabei hat meine Schwester meine ehemalige Mitbewohnerin und meine ehemalige Kollegin.
Wir laufen den matschigen Weg nach unten. Und der Trupp, der uns da entgegenkommt, hat tatsächlich noch eine Person zusätzlich im Schlepptau – Joshua. Mein Herz macht einen Hüpfer vor Freude. Gleichzeitig weiß ich immer noch nicht wie ich mich verhalten soll. Er ist klitschnass vom Berg gehen und umarmen fühlt sich irgendwie falsch an. Küssen aber auch. Also wird’s doch ein halbherziger Drücker.
Ich hoffe, das merkwürdige Gefühl legt sich schnell und die alte Vertrautheit kommt wieder zwischen uns auf. Und tatsächlich gewöhnen wir uns im Laufe des Abends schnell aneinander. Wir freuen uns, einander wiederzuhaben. Wenn ich daran zurückdenke, bekomme ich immer noch Gänsehaut. Ich bin meiner Schwester unendlich dankbar dafür. Ich allein wäre viel zu feige gewesen, ihn zu fragen, ob er nicht herkommen will.
Joshua bleibt eine knappe Woche. In der Woche haben wir unsere Höhen und Tiefen. Trotzdem kommen wir zu dem Schluss, eine Beziehung versuchen zu wollen. Wenn nicht jetzt, wann dann?
Also beschließen wir, dass er gar nicht mehr in die USA zurückfliegt. Er soll direkt in München bleiben und sich dort einen Job suchen. Als meine Mama davon erfährt, rastet sie komplett aus. Der kann doch ohne Geld, Job und Visum nicht einfach hierbleiben. Der liegt dir nur auf der Tasche und lässt sich von dir aushalten. Ja, kann vielleicht passieren. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt, oder?
Letztendlich fahre ich ihn doch zum Flughafen. Es wäre ihm total unangenehm, von Anfang an so ein kompliziertes Verhältnis zu meinen Eltern zu haben. Die Fahrt zum Flughafen und der Abschied am Security Check sind die schlimmsten Momente meines Lebens. Ich kann es nicht fassen, dass jemand anderes eine der bedeutendsten Entscheidungen in meinem Leben aus meinen Händen nimmt. Und das mit 30. Ich breche in Tränen aus, als Joshua mich ein letztes Mal zum Abschied in den Arm nimmt. Ich will das nicht. Das ist alles nicht fair. Auf der Fahrt nach Hause rollen die Tränen meine Wangen runter und auch zu Hause kann ich mich nicht beruhigen.
Am nächsten Tag wollen wir das Geburtstagsgeschenk für meine Mama einlösen. Ein Mädelstag in Dachau mit Stadttour, Kaffee trinken und Shopping. Mir ist überhaupt nicht danach zumute.
Meine Schwester kann es nicht mit anschauen, wie ich im Auto leide. Die Situation zwischen ihr und meiner Mama eskaliert. Eigentlich will keiner mehr auf die Stadttour, aber sie ist schon bezahlt und so gehen wir doch. Untertags schreibt meine Schwester Joshua eine Nachricht. Sie will ihm den Flug erneut zahlen, weil sie nicht mit ansehen kann, wie ich mich quäle.
Irgendwann geht auch dieser furchtbare Tag zu Ende und endlich meldet sich Joshua, in Seattle angekommen zu sein. Ich hatte ihn den Flug über mit Nachrichten bombardiert. Ich will mir diesen Entschluss nicht so einfach aus der Hand nehmen lassen. Und ich fände es richtig scheiße, wenn das, was zwischen uns ist, jetzt so endet. Weil jemand anderes über unser Leben entscheidet.
Joshua fragt mich, ob wir das Angebot meiner Schwester annehmen sollen, damit er zurückkommen kann. Ich möchte das nicht. Das ist eine Sache zwischen uns beiden, da müssen wir meine Schwester nicht mehr beteiligen. Wir wollen sie fragen, ob es für sie ok ist, wenn Joshua erstmal mit in der WG wohnt. Nur solange bis wir eine Wohnung finden.
Am selben Abend checken wir die Oneway-Flüge von Seattle nach München. Für knapp 200€ kann Joshua Ende Oktober nach München fliegen.
Wir beschließen, das durchzuziehen. Drei Wochen später kann ich Joshua am Flughafen in München wieder in die Arme schließen. Irgendwie ist die Situation sehr seltsam. So endgültig: Miriam, du hast jetzt einen Freund und der wohnt bei dir.
Trotzdem könnte ich nicht glücklicher sein, auch wenn ich mich schwer damit tue, ihm das zu zeigen. Wir verbringen ungefähr acht Monate zusammen. Acht Monate in denen wir wieder Höhen und Tiefen einer Beziehung durchleben. Acht Monate, in denen ich ihn regelmäßig an die Wand klatschen und zurück in die USA schicken möchte. Und acht Monate, in denen ich ihn schon vermisse, sobald ich die Wohnungstür hinter mir zu ziehe.
Joshua löst in mir Gefühle aus, die ich bisher nicht kenne. Unbändige Freude, Schmetterlinge im Bauch, tiefe Liebe. Dieses Gefühl erfüllt wirklich jedes Zipfelchen in meinem Körper.
Doch gleichzeitig wächst mit jedem Tag, der vorbeigeht auch die Ungewissheit. Wie soll es weitergehen, wenn er nach drei Monaten noch keinen Job hat? Wie kann er dann hierbleiben?
Eine Heirat steht außer Frage. Ich vertraue Joshua bedingungslos. Aber zu heiraten, nur damit er hier in Deutschland bleiben kann, kommt nicht in die Tüte. Wenn ich jemals heirate, will ich eine romantische Hochzeit. Mein Traum war immer eine richtige Sissi-Hochzeit zu feiern. Obwohl ich mir damit jetzt nicht mehr so sicher bin. Trotzdem will ich aus Liebe heiraten und nicht aus einer Notwendigkeit heraus. Es muss doch auch noch andere Wege geben?
Leider stellt sich München als konservativer heraus als erwartet. Es hagelt Absagen. Joshua ist schwarz. Ob das ein Grund für die Absagen ist, weiß ich nicht. Aber gehen wir einfach mal davon aus, Joshuas Hautfarbe ist kein Grund dafür. Sondern einzig und allein seine nicht vorhandenen Deutschkenntnisse. Selbst internationale Firmen schreiben in ihren Stellenanzeigen vor, dass der Bewerber Deutsch auf B1 Niveau sprechen muss. Ganz egal, ob in der Firma eigentlich nur auf Englisch kommuniziert wird.
Joshua findet also keinen Job. Nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch laden sie ihn ein. In dieser Zeit mache ich gerade Weiterbildungen übers Arbeitsamt. Ich bin die „Alleinverdienerin“ in der Beziehung, wenn ich das bei Arbeitslosengeldbezug überhaupt von mir behaupten kann. Normalerweise arbeite ich in der Filmbranche und verdiene sehr gut. Nur über den Winter gibt es wenige Projekte, weswegen eine Arbeitslosenmeldung in den Wintermonaten für viele Filmschaffende an der Tagesordnung steht.
Obwohl mein Arbeitslosengeld überdurchschnittlich hoch ist, bin ich nicht darauf eingestellt, langfristig eine zweite Person mitzufinanzieren. Ich bekomme Panik, pro Monat viel zu viel Geld auszugeben. Ich habe Angst, irgendwann mit einem Berg von Schulden dazustehen.
Eigentlich sind diese Sorgen vollkommen unbegründet, aber ich kann sie trotzdem nicht ablegen. Immer öfter mache ich mir Gedanken, was ich eigentlich aus meinem Leben machen will. Will ich weiterhin beim Film bleiben und dort im Szenenbild arbeiten? Gibt es noch irgendwelche Karrierechancen für mich? Habe ich überhaupt noch irgendwelche Ziele im Leben? Sollte ich mich nicht vielleicht neu orientieren, mir einen neuen Job suchen und ganz von vorn anfangen?
Und was will ich, wenn es um meine Beziehung mit Joshua geht? Will ich mit ihm zusammenbleiben? Es ist meine erste längere Beziehung und es gibt einiges, das mich stört. Kann ich mir überhaupt vorstellen, irgendwann zu heiraten? Oder gar eine Familie zu gründen?
Eigentlich sollte ich mir mit Anfang Dreißig langsam darüber im Klaren sein, was ich genau will. Wer ich sein will, was ich in meinem Leben will und was ich von einer Beziehung will.
Doch das Gegenteil ist der Fall. Mit Anfang 30 fühle ich mich komplett lost. Ich weiß einfach gar nichts mehr. Auf welcher Grundlage will ich denn da eine Beziehung führen?
Ich bin mit Joshua zusammen, weiß aber nicht warum. Ich habe auch keine Ahnung, wohin die Reise für uns beide zusammen geht. Macht ja nix, Schicksal und so. Irgendwann wird sich schon rausstellen, wofür das alles gut ist. Das denke ich mir immer.
Aber nein, dieser Gedanke macht mich nicht mehr glücklich. Ich will mich nicht mehr damit abfinden, dass schon irgendwie alles gut wird. Und auch alles gut ist, so wie es ist. Dass ich zum Beispiel keine Ahnung von meiner Zukunft habe.
Dabei passiert das ja nicht das erste Mal. Eigentlich habe ich nie wirklich einen Plan, wo ich mich in der Zukunft sehe. Ich will einfach nur glücklich und zufrieden sein, mit dem was ich mache und mit dem, wer ich bin. Dass sich das jemals ändern würde, damit rechne ich nicht.
Ich hatte auch nie vorhergesehen, wie schwierig es ist, eine Beziehung zu führen. Zumindest nicht, wie schwierig es ist, wenn ich selbst keine Ziele habe. Ich denke immer, es kommt nur darauf an, sich gemeinsam Ziele zu stecken. Ich verstehe jetzt, dass es darum zwar auch geht, aber eben nur in zweiter Linie.
In erster Linie muss ich mir darüber klar werden, was ich möchte in meinem Leben. Erst dann können wir gemeinsam an Plänen feilen, die unserer beider Leben verbinden. Ansonsten finde ich mich irgendwann vielleicht verheiratet und mit Kindern in den USA wieder. Am Ende stelle ich dann fest, überhaupt nicht das Leben zu führen, das ich mir vorstelle.
Joshua braucht für sein seelisches Wohlbefinden und für eine für ihn funktionierende Beziehung intensive Kommunikation. Ich versuche, so gut es geht, mich ihm zu öffnen. Mit ihm über alles zu reden, was mich beschäftigt, was mich wütend macht oder was mich freut.
Trotzdem schaffe ich es nicht, ihm das Maß an Kommunikation zuteil werden zu lassen, das er braucht. Ich kann ihn so nicht glücklich machen. Ich mache mir Vorwürfe und versuche intensiver an mir zu arbeiten. Ich fange an, Tagebuch zu schreiben, um dort meine Emotionen zu ordnen und besser ausdrücken zu können. Doch ich merke schnell, dass es einfach nicht funktioniert. Ich kann nicht mit ihm über Dinge reden, von denen ich selbst keine Ahnung habe. Und dabei meine ich keine Themen wie Quantenphysik oder sowas. Ich rede davon, was ich will. Ich habe nicht einmal eine Ahnung, wer ich eigentlich wirklich bin.
Und wenn du das einmal feststellst, dann ist die Kacke am Dampfen. Nicht zu wissen, wer du wirklich bist. Nicht zu wissen, wer du sein willst.
Ich bin unglücklich mit der Situation, Joshua bald abreisen zu sehen. Aber auch damit, nichts über mich zu wissen. Ich kann in keiner Kommunikation mit ihm auf den Punkt bringen, was mich ausmacht und wofür ich stehe.
So können wir keine Beziehung führen.
Wir fahren übers verlängerte Wochenende nach Siegsdorf. In unendlich langen Gesprächen beschließen wir, dass es für uns beide besser ist, die Beziehung erstmal zu pausieren. Damit bekomme ich eine Chance, mich und meine innere Stimme zu finden. Es ist die härteste Entscheidung meines bisherigen Lebens. Auf der einen Seite stehe ich dieser Findungsphase in freudiger Erwartung gegenüber. Auf der anderen Seite bin ich nicht bereit, meine Beziehung aufzugeben. Ich habe mich einfach noch nie so wohl, geborgen und sicher in einer Partnerschaft gefühlt. Ich könnte mir wirklich vorstellen, mit Joshua in Zukunft den nächsten Schritt zu gehen.
Trotz allem bin ich weiterhin der Meinung, in einer Beziehung sollte der eine den anderen gerade in solchen Dingen unterstützen. Wir gehen doch irgendwie auch deswegen eine Beziehung ein, damit wir uns gegenseitig Halt und Hilfestellung geben.
Aber Joshua lässt nicht locker. Ich will ihn hassen und kann es nicht. Tief in mir drin, weiß ich, diese Entscheidung ist die Richtige. Trotzdem ist sie unglaublich hart. Meine Brust fühlt sich an als würde ein Felsbrocken mich am Atmen hindern. Ich steigere mich in meine Verlustängste hinein und kann überhaupt nichts Positives mehr an der Situation sehen. Außerdem finde ich diese Entscheidung einfach absolut beschissen - drei Wochen bevor er in die USA fliegt. Hätten wir damit nicht bis zum Abflug warten können? Wie soll denn unsere Nicht-Beziehung oder Beziehungspause in den nächsten drei Wochen aussehen, wenn wir jede Nacht das Bett teilen?
Ich heule eine ganze Woche durch. Meine Kollegen wundern sich, was mit mir los ist. Natürlich weine ich in der Arbeit nicht, aber mir ist permanent danach zumute. Keiner kennt mich so. Launisch und auch ein bisschen aggressiv. Ich selbst kenne mich nicht mehr. Ich weiß, ich will so nicht sein.
Ich weiß dennoch nicht, wie ich mich und meine Gedanken wieder in einen positiven Zustand bewegen soll.
Ich kann über nichts mehr anderes nachdenken als die bevorstehende Trennung. Wieder allein zu sein und niemanden zu haben, der mich in dieser Sache unterstützt.
Ich treibe Joshua in den Wahnsinn. Ich kann nicht mehr vernünftig mit ihm sprechen. Jedes Mal ziehe ich mich komplett in mich zurück. Oder ich breche in Tränen aus, wenn wir das Thema anschneiden.
„Wir haben das doch geklärt. Du stimmst dem doch zu. Warum musst du denn da die ganze Zeit heulen?“, fragt er mich, während ich mein Gesicht tränenüberströmt im Kopfkissen vergrabe.
„Ich weiß, dass ich ja gesagt habe. Ich weiß, es ist für uns beide das Beste. Aber mein Herz fühlt einfach nicht das, was mein Verstand als das Beste erachtet. Ich hab's in dem Punkt noch nicht geschafft, da eine Übereinstimmung herzustellen.“
In meinem Tagebuch halte ich täglich meine Gedanken zu dem Thema fest. Ich bringe meine Gefühle zu Papier und seziere sie dann. Jeden Tag kann ich beobachten wie sich meine Perspektive ein bisschen verändert. Kurz bevor er fliegt, bin ich mit ihm total d'accord. Ich weiß und fühle, diese Entscheidung ist die Richtige. Nichtsdestotrotz bin ich unglaublich traurig, als ich Joshua am Flughafen verabschieden muss. Die Person, die ich über alles liebe. Aber wegen Corona kann ich mich noch nicht mal ordentlich von ihm verabschieden. Und ich weiß auch nicht, wann wir uns denn wiedersehen.
Ich bleibe vor dem Security Check stehen. Traurig, dass dieser Abschnitt jetzt erstmal vorbei ist. Gleichzeitig unendlich glücklich, mich selbst entdecken zu dürfen. Ich bleibe mit der anderen Person zurück, die ich über alles lieben sollte – mit mir selbst.
*
Kennst du den Moment, wenn du in der U-Bahn sitzt und das Pärchen dir gegenüber neidisch anstarrst? Weil sie Händchen halten und richtig glücklich aussehen? Herzlichen Glückwunsch, du bist nicht allein. Ich glaube, jede von uns kennt das. Jede von uns war schon eifersüchtig auf jemand anderen, weil derjenige das hatte, was sie wollte.
Ich verstehe lange nicht, dass ich mit der jetzigen Situation unglücklich bin. Ich verstehe nicht, dass es mich nicht mehr befriedigt, kein Ziel zu haben, auf das ich mein Leben ausrichte. Trotzdem bin ich auf andere Menschen, die einen Plan haben, eifersüchtig.
Ist es dir auch schon mal so gegangen, dass du eine Person beneidet hast? Eine Person, die im Leben ihre Vorhaben durchzieht? Pläne, die sie sich irgendwann mal ausgedacht hat und die sie jetzt verfolgt – vielleicht sogar ohne Rücksicht auf Verluste?
Warum macht dich das eifersüchtig? Weil du überhaupt keine Ahnung davon hast, was du mit deinem Leben anstellen willst. Wo es für dich hingehen soll und wo du in zehn Jahren sein willst.
Wie oft fragt mich jemand: „Wo siehst du dich in Zukunft, so in zehn, zwanzig Jahren?“ „Keine Ahnung!“, zucke ich jedes Mal mit den Schultern, „Ich weiß nur, dass ich in Zukunft glücklich sein will. Egal wo das ist und mit wem das ist. Ich will irgendwann auf mein Leben zurückblicken können und sagen, ich bereue nichts.“
Und dieser Gedankengang, diese Planlosigkeit, funktioniert ziemlich lange, ziemlich gut für mich. Als ich mir immer unsicherer werde, ob ich längerfristig beim Film bleiben will, habe ich eine Erkenntnis: Ich weiß nicht, was ich mit meinem Leben machen will. Gleichzeitig denke ich mir, mein Ziel glücklich zu werden, wird sich schon wieder einstellen. Dafür brauche ich keinen Plan. Ich probiere einfach weiter Sachen aus und wenn's die nicht sind, dann kommt eben etwas Neues.
In diesem Fall funktioniert das aber leider gar nicht mehr.
Ich schaue neidisch auf das Leben meiner besten Freundin Anna. Ich denke mir, wie schön es doch wäre, auch einen Plan im Leben zu haben. Einen Plan, ob ich Kinder haben möchte. Einen Plan, ob ich heiraten will. Und einen Plan, welchen Platz ich zukünftig in der Gesellschaft haben möchte.
Mir kommt es plötzlich überhaupt nicht mehr erstrebenswert vor, null Peil von meinem Leben zu haben. Vor allem auch weil ich merke, dass mit dieser Planlosigkeit eine gewisse Trägheit einhergeht. Es fehlt der Antrieb, Dinge anzufangen und zu Ende zu bringen, weil das Ziel fehlt. Wofür mach ich das Ganze denn?
Beim Film bin ich schon Außenrequisiteurin, ich könnte „nur“ noch zur Szenenbildnerin aufsteigen. Aber diesen Sprung kann ich eigentlich nur machen, wenn ich Architektur oder etwas Ähnliches studieren würde. Eine Sache von der ich überhaupt keine Ahnung habe. Außerdem auch keine Ambitionen, mich in der Richtung weiterzubilden.
Es ist jedoch de Facto so, dass Menschen einen Antrieb brauchen. Wenn du planst, eine Weltreise zu machen, musst du vorher auch einen Plan erstellen. So eine Weltreise schüttelst du ja nicht einfach so aus dem Ärmel. Du musst wissen, in welche Länder du überhaupt reisen willst. Wie lange willst du reisen? Wieviel Geld willst du dafür ausgeben? Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten in den einzelnen Ländern? Willst du mit dem Flugzeug reisen und vor Ort Bus fahren? Oder kaufst du dir ein Auto und baust das nach deinen Vorstellungen um? Was kostet das alles? Wie lange musst du darauf sparen?
Alles Fragen, die du im Laufe der Zeit beantworten musst. Sobald du eine Antwort darauf findest, kannst du dich an die Umsetzung machen. An die genaue Ausgestaltung der Reiseroute. Vielleicht beginnst du auch einen Blog zu schreiben. Du kannst schon mal von den Vorbereitungen der Reise berichten. In der Hoffnung, mit dem Blog auf Reisen noch ein wenig Geld für die Reisekasse zu verdienen.
Das Ziel steht also jederzeit direkt vor deinen Augen. Es ist glasklar, was der nächste Schritt ist, wenn du die Sache wirklich umsetzen willst.
Jetzt stell dir mal dein Leben ohne Ziele vor. Wie langweilig das ist. Wie unbefriedigend das ist. Stell dir vor, du kommst in die Arbeit, aber du hast keine Vorgabe, was du an diesem Tag erreichen musst. Du musst einfach nur anwesend sein und deine Zeit dort absitzen. Würdest du dort einen Tag länger als nötig verbringen?
Ich glaube nicht.
Wir Menschen sind nicht dafür geschaffen, nichts zu tun. Allein evolutionsbedingt liegt uns das nicht. Wenn du in freier Wildbahn überleben willst, kannst du dich auch nicht auf die faule Haut legen und nichts tun. Wenn das passiert, siehst du die ewigen Jagdgründe schneller als dir lieb ist.
Natürlich gibt uns die moderne Zeit die Gelegenheit zur Prokrastination. Das ganze Wochenende Serien auf Netflix anschauen und die wichtigen Dinge immer weiter aufschieben. Aber selbst Binge-Watching hat ein Ziel. Das Ziel, die Serie fertig zu sehen, weil du unbedingt wissen willst, wie's weitergeht.
Und du willst doch sicher auch wissen, wie's in deinem Leben weitergeht?
Überraschungen sind super und Überraschungen begleiten dich dein Leben lang. Aber eine Ahnung vom groben Plot deines Lebens zu haben, ist einfach was ganz Tolles und entspannt total. Wenn du über dein Leben nachdenkst und nicht weißt, was du willst. Wenn du dich vor lauter Möglichkeiten nicht traust, eine Entscheidung zu treffen, dann läuft was falsch.
Das Leben geht weiter. Das Leben wartet nicht darauf, dass du eine Entscheidung triffst. Wenn du dir nicht im Klaren darüber bist, wohin du willst, werden Dinge passieren, die du nicht möchtest. Aber das weißt du dann leider erst im Nachhinein, weil du vorher immer denkst: Vielleicht ist das ja das Richtige. Eventuell bringt mich das an den Punkt, an dem ich endlich weiß, wie es für mich weitergeht.
Ich lebe jahrelang so. Wir Bayern saugen das Motto schon mit der Muttermilch auf: „Schau ma moi, dann seng mas scho.“
Aber ich stelle irgendwann für mich fest, dass das nur in begrenztem Maße hilfreich ist.
Irgendwann ist es an der Zeit, eine Entscheidung für die Zukunft zu treffen. Eine Entscheidung, welche Richtung du einschlagen willst. Das heißt nicht, dass du diese Entscheidungen nicht auch wieder revidieren oder abändern kannst. Wenn du merkst, so funktioniert's nicht, darfst du sie berichtigen. Sie geben einfach eine gute Handlungsanleitung, wie du in Zukunft dein Leben führen kannst und möchtest.
Ich komme also an einen Punkt, an dem ich auf den Plan von meiner Freundin Anna richtig neidisch bin. Obwohl ich Anna schon seit der fünften Klasse Gymnasium kenne, erstaunt sie mich immer wieder. Manchmal habe ich den Eindruck, bei ihr verläuft das Leben wie auf Schienen. So geordnet und strukturiert. Sie nimmt sich was vor und zieht das durch.
Abitur und dann ein Studium zur Grundschullehrerin. Unser damaliger Deutschlehrer wirft ihr vor, ihre gute Note wegzuwerfen. Schließlich hat sie einen Abi Durchschnitt von 1,5. Doch diese Unterstellung ändert nichts an ihren Zielen. Das Studium verläuft nach Plan und sie schließt es in Regelstudienzeit, natürlich als eine der Besten ihres Jahrgangs, ab. Wenn's ums Thema Männer und heiraten geht, hat sie ebenfalls einen Plan. Im Idealfall ist sie einige Jahre mit ihrem Zukünftigen zusammen. Dann heiratet sie ihn mit 28 und danach stehen Kinder auf dem Plan.
Trotzdem passiert auch ihr das Leben manchmal einfach. Der Plan gerät ins Wanken, als sie einen Autounfall hat. Nichts wahnsinnig Dramatisches, aber das Auto hat einen Totalschaden. Eigentlich wollen ihr Freund Flo und sie im nächsten Jahr heiraten. Jetzt geht das gesparte Geld erstmal für ein neues Auto drauf.
Ihr Plan geht nicht auf, aber dem Leben ist das ganz egal. Das geht trotzdem einfach weiter.
Egal, welche ungeahnten Schicksalsschläge dich ereilen oder welche Überraschungen das Leben für dich bereithält. Im Endeffekt kannst du nichts davon planen. Sobald du aber einen Plan hast, kann der dir Halt geben. Dann werfen solche Situationen dein Leben nicht komplett aus der Bahn.
Anna und Flo entschließen sich daraufhin, das Kinderthema vorzuziehen und das erstmal zu probieren. Sie wollen sich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Hochzeit Zeit geben. Wenn es bis dahin nicht klappt, verhütet Anna wieder, damit das Kind nicht direkt an der Hochzeit kommt.
Und wie das bei Anna meistens so ist, klappt's. Kaum setzt sie die Pille ab, ist sie schwanger. Und ein dreiviertel Jahr nach Luises Geburt steht die Hochzeit ins Haus.
Der Plan ist zwischendurch gefährdet. Anna muss ihre Ziele neu arrangieren. Trotzdem funktioniert es für sie hervorragend, daran festzuhalten.