Mein Name ist Bender, Hans Bender - Martin Gerhard - E-Book

Mein Name ist Bender, Hans Bender E-Book

Martin Gerhard

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Beschreibung

Hans Bender, Hecht im Teich der Kunstfälscher und Kunstdiebe. Seinem Team, der supersexy Lissi Schneider und dem Computergehirn Frederik Freytag, entkommt keiner, der es mit den Gesetzen des Eigentums nicht so eng sieht. Wenn wenigstens Hans Bender das Gesetz etwas ernster nähme.

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Seitenzahl: 140

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt:

I.

II.

III.

IV.

V.

VI.

Personen:

Bender, Hans

Chefermittler

Schneider, Lissi

Ermittlerin

von Laugwitz, Irene

Freytag, Frederik

IT-Spezialist

Melzer, Annika

die Neue im Team

Réne

Lissis Freund

Grabe, Martin

unser Lieblingspolizist

Hasler, August

Bilderfälscher

Oljanow, Antonin

russische Oligarchen

Loiner, Levitoff

Kunstprofessoren

Dazu kommen noch Museumsdirektoren, Angestellte der Museen, Polizisten, Liebhaber kostbarer Bilder und Bilderdiebe, sofern nicht schon zuvor genannt.

I.

Mein Name ist Bender, Hans Bender. Jetzt denken Sie sicher an James Bond, aber ich arbeite nicht für das MI6 und habe keine Lizenz zum Töten. Doch bin ich wie mein Vorbild der Beste in meinem Fach. Ansonsten ist der Unterschied zu Commander James nicht so groß: Ich trinke keinen Martini, sondern Alt, jenes Getränk, das man in der Gegend rund um Düsseldorf als Bier verkauft, und ich arbeite nicht für den Staat, sondern für eine Versicherung, die ‚Brandenburger Allgemeine‘. Ja und dann sagen einige, ich sei eitel. Es ist schon schwer, gut zu sein, und – man kann es nicht verbergen.

In meiner Versicherungsgesellschaft leite ich ein kleines Team, das auf die Wiederbeschaffung gestohlener Kunstwerke spezialisiert ist. Wir sind nur drei Personen, aber wir lösen fast jeden Fall. Da darf ich zuerst Lissi Schneider vorstellen, jung, ehrgeizig, sehr intelligent, zuverlässig und wahnsinnig sexy. Manchmal ist es schwer sich in ihrer Nähe auf die beruflichen Aufgaben zu konzentrieren, aber das ist ein anderes Kapitel. Nicht so sexy ist Frederik Freytag. Auch er ist noch jung, und seine Figur ist mit „fett“ nur unzureichend beschrieben. Seine Memos unterzeichnet er immer mit FF und ich lese jedes Mal „Fred Fettarsch“, aber ich lese es niemals laut. Dafür ist er ein Gott der Recherche. Seinem Computer entgeht nichts. Vor tausend Jahren hätte man ihn sicher heiliggesprochen, weil er schon in diesem Leben an der göttlichen Allwissenheit teilhat. Ohne ihn geht hier einfach nichts.

Unsere Karriere begann bei einem jeden von uns Dreien mit einer Aufnahmeprüfung für den Polizeidienst, aber damit endete auch schon unser staatlicher Auftritt. Lissi bestand die psychologische Prüfung nicht, sie schien zu weich für den Polizeidienst. Sie arbeitet lieber mit Kopf als mit Körperkraft. Inzwischen weiß ich, dass sie ganz und gar nicht weich ist, sie ist nur zu klug für sinnlose Härte. Fred versagte völlig bei der Sportprüfung. Um nämlich bei der Polizei für digitale Aufgaben eingesetzt zu werden, muss man auch schnell laufen können. Wahrscheinlich laufen denen die Computer regelmäßig fort. Und ich selbst fand nach einer anstrengenden Sportprüfung den abschließenden Langstreckenlauf für so unangemessen, dass ich mich gleich selbst nach einer anderen Stelle umsah. Und dann gibt es in dieser Stadt noch einen vierten Menschen, der sich mit mir der Polizeiprüfung unterzog, Martin Grabe. Heute ist er Polizeikommissar und leitet eine Abteilung, die Diebstähle bearbeitet, ein gewissenhafter, tüchtiger Beamter, dem zu seinem Glück nichts fehlt als das Gehalt, das die Versicherung uns zahlt.

Wie meine beiden Kolleginnen (ich benutze stets die weibliche Form der political correctness wegen) ist er viel jünger als ich, und doch haben wir beide gemeinsam für die Aufnahmeprüfung gelernt und wurden am gleichen Tag geprüft, er mit Erfolg. Was war geschehen?

Nach meinem Studium der Kriminalistik und Kunstgeschichte war ich Ermittler der Düsseldorfer Anwaltskanzlei ‚Ziegler, Ewig und Nitsche‘. Es war ein schöner Job, viel frische Luft, lustige Arbeitsplätze, interessante Menschen, die ich zu observieren hatte. Doch nach einigen Jahren gerieten meine Aufträge immer mehr an den Rand der Legalität, ohne dass mein Gehalt mit dem nunmehr vergrößerten Risiko mitgewachsen wäre. Fremde Wohnungen waren nicht mehr völlig tabu, wenn wir unbedingt ein Beweisstück brauchten; Fotos wurden auch von solchen Leuten gemacht, die es mir als Objekte meiner Kunst nicht erlaubt hätten. Sie verstehen, was ich sagen will?

Vielleicht wäre alles noch länger so weiter gegangen, doch dann begann ich ein Verhältnis mit Angelika Nitsche, der Frau meines jüngsten Chefs. Nach drei Monaten und reichlich gutem Sex sagte sie mir, sie habe es sich überlegt. Mit uns beiden müsse nun Schluss sein, auf Dauer könne man eine solche Beziehung nicht geheim halten. Und ich, der kleine Ermittler, könne ihr nicht den Luxus bieten, den ihr ihr Mann gäbe. Das war der ultimative Tiefschlag.

Sofort habe ich gekündigt, habe mich bemüht, in den Polizeidienst übernommen zu werden. Aus meiner bisherigen Tätigkeit wusste ich doch, wo man die bösen Jungen würde suchen müssen. In den letzten Jahren hatte ich gelernt, wie die Reichen und Mächtigen in die CDU hinein klüngelten, wie manche Parteiaktionen illegal finanziert wurden, und die Politik beim Thema Geldwäsche nicht so genau hinsah. Und die gleichen Leute machten sich in derselben Zeit auch die SPD angenehm. Die konnte man nicht so direkt unterstützen wie die CDU, aber die Sozen engagierten sich in vielen Vereinen, Sportvereinen, Sozialvereinen, Mietervereinen, wenn man diesen Vereinen spendenmäßig half, dann war man auch vor der SPD sicher. Wie ich heute glaube, hätte mein Wissen damals die Kanzlei ‚Ziegler, Ewig und Nitsche‘ um ihren guten Ruf und einige Politiker um ihren Job bringen können.

Aber die Polizei war an meinem Wissen weniger interessiert als an meiner sportlichen Tauglichkeit. Ihr Pech.

Mit all dem, was ich wusste, war ich aber im Rheinland nicht mehr sicher. Ich floh nach Berlin, bewarb mich bei der ‚Brandenburger Allgemeinen‘ und landete auf meinem jetzigen Arbeitsplatz. Es ist, als hätte diese Stelle auf mich gewartet. Es war eine neue Abteilung errichtet worden, und mit mir wurden Lissi und Fred eingestellt. Unser Team war vollzählig.

Natürlich schwärmte ich vom ersten Augenblick an für Lissi, machte ihr den Hof, versuchte auf alle mögliche Art, ihr auch privat näher zu kommen. Beruflich waren wir uns sehr nahe. Aber die Suche nach privater Nähe prallte an ihrem Lachen und ihrem Humor ab:

„Ach, Chef, schön wie du dich um mich kümmerst, aber ich kann schon allein.“

Was sie allein konnte, das blieb meiner Fantasie überlassen. Und so kam es, dass ich René erst viel zu spät entdeckte. Der schien sich sehr für Lissi zu interessieren, und war obendrein gut 20 Jahre jünger als ich. Da war nichts mehr zu machen. Mir blieb nur noch die Rolle des stummen Verehrers. So ungefähr muss sich Alter anfühlen.

Nun gehe ich nach Dienstende in meine, zugegeben recht luxuriöse Wohnung, lese in einem der „guten Bücher“, die zu lesen ich in jugendlichen Jahren heftig abgelehnt hatte, oder ich besuche ein Theater und beobachte dort jene Menschen, deren große und kleine Kostbarkeiten meine Versicherung betreut. Nachher dann meist in eine Bar, und dann wieder allein nach Hause. Die Zeit der schnellen Eroberungen scheint vorbei zu sein.

Auch der heutige Arbeitstag schien eher langweilig zu werden. Doch dann rief mich ein Anruf aus der Routine, mein Chef wollte mich sofort sprechen. Unsere Versicherung hatte heute die Nachricht erreicht, in einem hiesigen Kunstmuseum sei ein Bild gestohlen worden, Hans Archer, ‚Rheinischer Garten‘, ein Bild mit schönen Bäumen darauf, im Hintergrund eine Kirche, auf einer Gartenbank ein Mädchen. Vor vielen Jahren war Archer in Mode, auch dieses Bild hatte damals 800 000 € gekostet. Inzwischen waren seine Bilder im Preis gesunken. So außergewöhnlich war seine Maltechnik in der Tat nicht. Und in letzter Zeit kamen Gerüchte auf, nicht einmal alle seine Bilder seien echt. Seine schlichte Maltechnik sollte ohne Mühe zu fälschen sein. Warum hatte man so ein Bild gestohlen, es gab doch bessere? Aber es kam noch mehr. Nur wenige Stunden später erhielt das Museum eine E-Mail, dass man das Bild für 100 000 € wieder zurückgeben wolle, zahlbar nach Aufforderung in drei Tagen. Das Bild war also nicht gestohlen, es war entführt worden. Art-napping nennt man das. Das Museum hatte die Versicherung sofort benachrichtigt, ebenso die Polizei. Und so trafen wir uns kurze Zeit später im Büro des Museumsdirektors, Lissi, Kommissar Grabe und ich. Fred hatte mir inzwischen mitgeteilt, dass die E-Mail nicht zurückzuverfolgen war. Und der Versicherungsdirektor hatte die Parole ausgegeben: Wir zahlen höchstens 10 000 €.

„Wenn es eine Fälschung ist, dann ist es selbst die nicht wert.“

Als ich das dem Museumshäuptling sagte, verfärbte sich sein Gesicht. Aber ein Glas Wasser und meine Zusicherung, dass hier die Besten der Zunft auf die Suche nach seinem Bild gehen würden, normalisierte seinen Atem wieder, soweit das in Lissis Anwesenheit überhaupt ging.

Wir begannen sofort unsere Arbeit. Zuerst galt es zu klären, wie man überhaupt ein Bild aus diesem Museum würde herausschaffen können. Überall Wachleute, und es soll noch zusätzlich eine elektronische Absicherung geben.

„Leute, zuerst müssen wir jetzt selbst ein Bild stehlen, damit wir sehen, wie wir hier etwas aus dem Museum herausbringen können.“

Wir suchten nicht lange, dann fand ich ein kleines Bild eines rheinischen Expressionisten. Es war sicherlich sehr wertvoll, aber nun musste ich es stehlen. Ich trug meinen weiten Mantel, stand vor dem Bild und begann qualvoll zu stöhnen. Dabei stierte ich wie in Panik auf einen Punkt jenseits des Eingangs zu diesem Raum. Und wie erwartet ging der Wächter zu diesem Eingang und suchte, was mich so sehr aufregen könnte. Im Nachbarraum stand Lissi und zog sich einen Strumpf zurecht. So schnell würde der Wachmann nicht zurückschauen. Die Zeit reichte, um das kleine Bild unter meinem weiten Mantel zu verbergen und an dem Wärter vorbei den Raum zu verlassen. Ich brauchte genau 26 Schritte, bis eine Alarmsirene alle im Museum darüber informierte, dass etwas ganz Unerhörtes geschehen sein musste. Aber 26 Schritte reichten, mich außer Sehweite zu bringen, ehe ich das Bild in einer Toilette in eine Plastiktüte verpackte. Danach ging ich in aller Ruhe zum Museumsausgang. Jetzt erwartete ich die nächste Sicherung. Und sie kam. Kaum befand ich mich neben einem kleinen Sims, als darin eine weitere Sirene losheulte und ein Wachmann, groß wie ein Baum und sicher in einem früheren Leben Jahrmarktsboxer mich höflich, aber bestimmt bat, ihn in ein anliegendes Zimmer zu begleiten. Und weil er mindestens 20 cm größer war als ich, beschloss ich, dem erst einmal Folge zu leisten.

Der Raum entpuppte sich als Schriftenmagazin, und neben der Tür stand ein großer Abfallkorb. Ich stöhnte auf, lenkte den Blick des Wärters in die andere Richtung, und schon war die Plastiktüte samt Bild in diesem Abfallkorb. Dann musste ich meinen Mantel ausziehen. Der wurde gründlich untersucht. Anschließend kam ich an die Reihe. Sehr höflich, aber unmissverständlich tastete der Riese meinen Körper ab, vergeblich, nirgendwo ein Bild.

„Das verstehe ich nicht. Die Sirene meldet einen Vorfall, unser Detektor sagt, hier werde etwas aus dem Museum getragen, und dann finde ich rein gar nichts. Sie müssen schon entschuldigen. Es sprach alles gegen Sie. Natürlich können sie wieder gehen.“

Ich murmelte etwas wie „Schikane“ und „beschweren“, dann war ich draußen. Nach Dienstschluss wurden die Abfallkörbe in große Container geleert. Die Plastiktüte wanderte in den gelben Container. Lissi musste sie nur noch dort herausfischen. Dann brachten wir Tüte mit Bild sofort der Museumsleitung. „So, jetzt wissen wir, wie man etwas aus Ihrem Museum stehlen kann.“ Der Mann hätte uns küssen mögen. So war ihm gerade noch einmal erspart geblieben, einen zweiten Diebstahl der Versicherung melden zu müssen.

„Nun möchten wir gerne die Aufnahmen sehen, die die Kamera an der Rückseite des Hauses am Tag des Diebstahls aufgenommen hat.“

Wir bekamen die Aufnahmen, sahen sie an. Am Tag des Diebstahls beobachteten wir, wie eine Person in Parka und Kapuze etwas aus dem Abfallcontainer entnahm. Das konnte das gestohlene Bild sein. Aber wer weiß. Weder das Bild noch das Gesicht des Menschen waren zu sehen. Es war nicht einmal sicher, ob es ein Mann oder eine Frau war. Wir waren uns nun sicher, wie man das Bild herausgeschafft hatte. Aber wer hatte es gestohlen? Hatte er oder sie Helfer? Und wo war das Bild jetzt? Schnell waren wir uns einig: Wir mussten die Diebe mit unserem geringen Wissen aus der Deckung locken. Mit Zustimmung der Polizei gaben wir den Diebstahl an die Presse weiter, und die Bevölkerung unserer Stadt konnte schon am nächsten Tag in ihrer geliebten BZ lesen, dass aus dem Museum ein Bild gestohlen wurde, „Rheinischer Garten“ von Hans Archer, dass eine hohe Geldforderung an die Museumsleitung ergangen sei, dass diese aber so viel nicht zahlen wolle, da inzwischen unklar sei, ob das Bild überhaupt von Archer gemalt worden war oder nur eine der Archer-Fälschungen sei, die in letzter Zeit aufgetaucht seien. Auf jeden Fall brauche man mehr Zeit zu der Entscheidung, etwa eine Woche. Vorher könne man auf keinen Fall tätig werden und also auch nicht zahlen. Ein Exemplar der Pressenotiz hing auch an der Stelle, die vorher der Archer geziert hatte. Denn, so dachten wir, wahrscheinlich hatte jemand aus dem Museum bei dem Diebstahl geholfen, und so könnte die Nachricht am schnellsten bei dem Dieb ankommen. Es gelang. Schon am Nachmittag erhielt das Museum eine neue E-Mail, wieder nicht zurückzuverfolgen, mit der Nachricht, man gewähre uns 4 Tage, aber wir sollten uns beeilen, ein Tag sei schon vergangen.

Schon an unserem ersten Tag waren wir nicht untätig geblieben. Mann für Mann und Frau für Frau hatten wir alle Angestellten des Museums verhört.

Als der Riese vom Eingang mir gegenübersaß, wusste er vor Verlegenheit gar nicht, wohin er sehen sollte.

„Ach so, Sie sind gar kein Besucher, sondern ein Museumsdetektiv.“

„Richtig. Und Sie haben sich ganz korrekt verhalten. Sie müssen sich keine Vorwürfe machen, es sei denn, Sie haben selbst mit dem Diebstahl zu tun.“

„Um Gottes Willen, nein.“

„Hoffen wir es. Und doch ist es uns gelungen, auch noch ein anderes Bild aus dem Museum fortzubringen. Ihre Anlage hat tatsächlich funktioniert. Aber Sie müssen noch lernen, mit einer solchen Information umzugehen. Doch ich glaube, das spricht für Sie. Hätten Sie das Bild bei mir gefunden, dann hätte ich Sie sehr im Verdacht gehabt, bei dem Diebstahl geholfen zu haben. Denn dann hätten Sie ja gewusst, wie man ein Bild herausschaffen kann.“

„Da hab ich ja noch mal Glück gehabt.“

„Lieber Mann, nennen Sie es nicht Glück, wenn Ihre Unkenntnis Sie von dem Verdacht bewahrt hat. Doch jetzt zu Ihnen. Erzählen Sie mir doch bitte etwas über Ihre finanzielle Situation.“

Und er erzählte. Sein Glück, keine Vorwürfe zu bekommen, ließ ihn sprudeln wie ein Eifelgeysir. Zwar würden wir alles nachprüfen, aber ich war mir jetzt schon sicher, dass er mich nicht belog. Dieser Mann war zu schlicht für einen Diebstahl.

Inzwischen verhörte Lissi die Dame, die am Tag des Diebstahls an der Kasse ihren Dienst getan hatte, eine unscheinbare Frau um die fünfzig.

„Frau Meier, nun erzählen Sie mir einmal, wie der Nachmittag so abgelaufen ist.“

„Wieso Nachmittag? Wissen Sie denn schon, wann das Bild gestohlen wurde?“

„Was wir schon wissen, möchte ich jetzt nicht berichten. Erzählen Sie bitte einfach.“

„Und wozu, ich saß doch an der Kasse, wie kann ich da etwas mit dem Diebstahl zu tun haben?“

„Auch das werden wir entscheiden, wenn wir Sie alle angehört haben. Sie waren also den ganzen Nachmittag ohne Pause an der Kasse?“

„Ja. Also, fast immer. Man muss ja auch schon mal zur Toilette.“

„Aber eine längere Pause, als man zum Pippi-Machen braucht, haben Sie nie gemacht. Da kann ich auch Ihre Kollegen fragen?“

„Nun, so gegen zwei war ich einmal für eine Weile weg, ich war bei unserem Leiter, wir hatten etwas zu besprechen.“ Als sie das sagte flog eine fast unmerkbare Röte über ihr Gesicht, Lissi bemerkte es.

„Pardon, wenn ich so offen bin. Sie beide hatten nicht nur etwas zu besprechen.“ Lissi ließ das Wort „sprechen“ regelrecht über ihre Zunge gleiten, dazu der entsprechende Augenaufschlag, das reichte.

„Aber erzählen sie es niemandem weiter. Erich und ich sind seit einiger Zeit, wie soll ich sagen, uns etwas nähergekommen. Aber das darf niemand wissen, besonders nicht Erichs Frau.“

Der Museumsleiter hieß also Erich. Für seinen Namen konnte er allerdings nichts, für sein Verhalten schon.

„Und so als Nachtisch, wenn hier noch nichts los ist, ist doch so ein kleiner Fick ganz schön.“

So boshaft konnte nur Lissi sein. Sie roch regelrecht die schwachen Stellen ihres Gegenübers und dann stieß ihr scharfer Verstand da hinein wie der Bohrer eines Zahnarztes. Die Frau war erledigt. Allerdings hatte sie möglicherweise ein Motiv, und nicht nur sie, auch ihr Chef. So hoch war hier kein Gehalt, dass nicht einige Tausend Euro zu einer Versuchung hätten werden können. Lissi notierte sich, dass wir die Kassendame Meier noch einmal genau durchleuchten sollten.

Inzwischen verhörte ich den Aufseher des Raumes, in dem das Bild gehangen hatte. Er hieß Peter Worms. Ein kleiner unscheinbarer Mann, Mitte vierzig, und es hätte mich nicht gewundert, wenn er Wurm geheißen hätte. Ein Mann, dessen Lebensträume in einem Museumsraum gestrandet waren. Nun gehe ich bei einem Verhör niemals direkt auf die Frage los, die mich interessiert. Verdächtige sind doch darauf vorbereitet, aber nicht immer auf eine nette Plauderei so von Mensch zu Mensch, die sich nur ganz allmählich der eigentlichen Frage nähert. So auch hier.