Meine Pandemie mit Professor Drosten - Walter van Rossum - E-Book

Meine Pandemie mit Professor Drosten E-Book

Walter van Rossum

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Beschreibung

Eine altbekannte Allianz aus Seuchenwächtern, Medien, Ärzten und Pharmalobby ist auch zu Corona-Zeiten wieder am Werk — man trifft auf erstaunliche personelle Kontinuitäten über fast zwanzig Jahre hinweg. Zum Beispiel Prof.?Dr.?Christian Drosten von der Berliner Charité. Ein Mann, der fast immer zur Stelle war, wenn im 21. Jahrhundert eine Pandemie aus der Taufe gehoben wurde, und dessen Warnungen — manchmal bis aufs Komma gleichlautend — sich zuverlässig als falsch erwiesen; der einen PCR-Test für ein »neuartiges« Coronavirus quasi in der Tasche hatte, bevor überhaupt irgendjemand wissen konnte, dass es sich um ein Coronavirus handelte; der auf fast schon unheimliche Weise plappernde Ratlosigkeit in mediale Expertise verwandelte, monopolisierte und verbreitete; der als Chef des maßgeblichen Referenzlabors weltweit die Diagnostik mitbestimmte — und der zudem in das Geschäft der Seuchenwächter selbst verstrickt ist.
Die Welt lebt aktuell im Wartesaal der Apokalypse. Das ist kein Zufall. Denn es gibt eine lange Vorgeschichte, die eine Ahnung von der Offenbarung vermittelt, die uns noch bevorstehen soll.

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-96789-013-6

1. Auflage 2021 © Rubikon-Betriebsgesellschaft mbH, Neuenkirchen 2021

Konzept und Gestaltung: Buchgut, Berlin

www.rubikon.news

INHALT

EINLEITUNG

1

DIE PANDEMISCHEN REITER

2

DER TEST

3

DER LÄRM DER PANDEMIEN UND DAS SCHWEIGEN DER EPIDEMIEN

4

VETERAN ALLER PANDEMIEN: CHRISTIAN DROSTEN

5

BIG PICTURES

6

DAS MEDIALE WETTRÜSTEN

7

PROFESSOR DROSTEN GEHT AUF SENDUNG

8

»WIR WERDEN HIER ERSCHRECKEND POLITISCH«

9

DIE ZWEITE WELLE SURFEN

10

ARBEIT AM NEUSTART

DANKSAGUNG

EINLEITUNG

Es ist Mittwoch, der 21. Oktober 2020. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldet wieder einmal Rekordzahlen von täglich »Neuinfizierten«. 7.595 sollen seit gestern dazugekommen sein. Am Abend versäumt die Tagesschau nicht, darauf hinzuweisen, dass es seit Beginn der Erfassung die zweithöchste ermittelte Anzahl an »Neuinfektionen« sei. Gerne schickt man bei solchen Gelegenheiten einen Pfeil über die Skyline der Tagestürme und verweist auf den 2. April. Da waren es »bloß« 6.553 – der bis dahin höchste Wert. Mit anderen Worten, wir sind zurück auf Anfang.

Selbst bei öffentlich-rechtlichen Sendern hat sich herumgesprochen, dass solche Zahlen stets im Zusammenhang mit der Anzahl der Testungen zu verstehen sind. Doch tapfer weigert man sich, von diesem Wissen Gebrauch zu machen. Der Anstieg der Zahlen im April hatte vor allem damit zu tun, dass man seit der 12. Kalenderwoche (beginnend mit dem 16. März) die Anzahl der Tests von 31.000 auf 103.000 pro Woche verdreifacht hatte.1 Hätte man das grafisch veranschaulicht, wäre die Kurve flacher verlaufen, statt steile Höhen zu erklimmen. Seit Mitte August hat man wiederum die Anzahl der Tests kontinuierlich erhöht bis auf zurzeit ca. 1,2 Millionen pro Woche – also um den Faktor 12 im Vergleich zum April. Insofern bedeutet die heutige Zahl von 7.595 neu gemeldeten Fällen, dass sie grafisch bloß etwa einem schmalen Sockel des Tabellenturms vom 2. April entspräche. In der 14. Kalenderwoche wurden 9,02 Prozent positiv getestet – der Spitzenwert. In der 42. Kalenderwoche (ab 12. Oktober) waren es 3,62 Prozent.2

Aber auch das hat nur eine beschränkte Aussagekraft über den realen Krankenstand. Seit dem Juli 2020 liegt der Anteil der mit COVID-19 Verstorbenen konstant bei deutlich unter 1 Prozent. In der 41. Kalenderwoche wurden zwar insgesamt über 26.000 Infizierte gezählt, aber die Todesrate sank auf 0,53 Prozent. Zum Vergleich: Der Spitzenwert in Kalenderwoche 16 lag bei 6,99 Prozent.3

In ganz Deutschland sind am 21. Oktober ca. 70.000 Menschen als »infiziert« identifiziert.4 Das RKI schätzt, dass 81 Prozent aller Fälle gar keine oder nur sehr milde Symptome zeigen. 14 Prozent sollen einen schweren und 5 Prozent einen kritischen Krankheitsverlauf haben.5 Die kritischen 5 Prozent stimmen aber auch nicht mehr, denn an diesem Tag sind etwa 2.300 Menschen mit COVID-19, aber nicht unbedingt wegen COVID-19 hospitalisiert.6 Der Anstieg von intensivmedizinisch betreuten Fällen gibt keinerlei Anlass zur Besorgnis über einen »Kollaps« des Gesundheitssystems – wie man uns Tag für Tag erzählt. Ebenso wenig wie das im März und April der Fall war. Am 18. April verzeichnete man den Höchststand von 2.933 intensivmedizinisch betreuten Fällen. Am 21. Oktober sind es 943.7 Die Sterberate liegt diese Woche bei 0,13 Prozent – die niedrigste Zahl seit Beginn der neuen Zeitrechnung. Und am Altersdurchschnitt der Verstorbenen von 81 Jahren (Median: 82 Jahre) hat sich nichts geändert. Auch nicht daran, dass es sich bei fast sämtlichen COVID-19 zugeschriebenen Todesfällen um Menschen handelt, die an mehreren meist erheblichen Vorerkrankungen litten. Die Erkrankungen sind für die ernsthaft Betroffenen gewiss schrecklich. Doch wenn man weiß, dass etwa im Januar und Februar dieses Jahres mindestens 30.000 Menschen wegen Influenza das Krankenhaus aufsuchen mussten8  – was offenkundig niemanden beunruhigte –, dann verwundert einen der kollektive hysterische Aufschrei über die vermeintliche zweite Welle der Corona-Pandemie schon ein wenig.

Während Tag für Tag die angeblich exponentiell explodierenden Zahlen Panik verbreiten, besagt der »Influenza-Wochenbericht« des RKI für die 43. Kalenderwoche (beginnend mit dem 17. Oktober), dass die Zahl der akuten Atemwegserkrankungen (ARE → Akute Respiratorische Erkrankungen), zu denen COVID-19 zählt, gegenüber der Vorwoche von 3,5 Prozent auf 3,1 Prozent gesunken sei. Und: »Die Gesamt-ARE-Rate liegt seit acht Wochen unter den Vorjahreswerten«9  – und zwar deutlich.

Mit anderen Worten: Kein einziger Parameter erreicht annähernd die Werte von März/April. Nur die aberwitzige Zahl von Tests, die im November über 1,4 Millionen pro Woche beträgt, steigt. Es gibt keine zweite Welle, für deren angebliche Unausweichlichkeit keinerlei Präzedenzfälle vorliegen – abgesehen von der sogenannten Spanischen Grippe, die allerdings unter völlig unvergleichbaren Bedingungen ausbrach. Niemand durfte glauben, das Virus würde nach dem beinahe weltweiten Lockdown verschwinden. Doch niemals vor SARS-CoV-2 wurde die Bedrohung durch ein Virus hauptsächlich durch Testergebnisse ermittelt, statt an der Zahl der tatsächlich Erkrankten gemessen. Nicht auszudenken, wie viele »Infizierte« man fände, wenn man mit 1,3 Millionen Tests wöchentlich nach den diversen Influenzaerregern fahnden würde. Das Problem ist nicht die zweite Welle, sondern dass sie mit allen Mitteln simuliert wird.

Mit Ausbruch der Corona-Pandemie scheinen sämtliche Formen von Logik und selbst Reste des sogenannten gesunden Menschenverstands ausgerottet. Die Bürger tragen den Terror der Pandemie in sich. Sie haben sich den Ansagen des Ausnahmezustands unterworfen. Im Sommer erschien die Pandemie weniger im Zeichen apokalyptischer Dauererregung, sondern eher als unangenehmer Umstand, der uns lange begleiten wird und jederzeit wieder sein Haupt erheben kann. Doch als einige begannen, sich alter vorpandemischer Zeiten zu erinnern, musste man wieder auf den Terror zurückgreifen.

In den letzten Monaten habe ich dutzendfach erlebt, wie tiefsinnige, politisch mutige und kritische Menschen sich den Schrecken der Pandemie ergaben. Selbst die mittleren Alters und bei bester Gesundheit sehen sich in großer Gefahr, an COVID-19 zu erkranken und zu sterben. Auf jeden Relativierungsversuch meinerseits folgen unweigerlich emotional aufgeladene Beschwörungen der »Bilder aus Bergamo« und der »unfasslichen Leichenberge von New York«. Auf der Straße treffe ich auf mundschutzbewehrte Zeitgenossen, in Supermärkten kurven missmutige Kunden um andere missmutige Kunden – stets auf Abstand bedacht. Noch am 31. März hatte das Robert Koch-Institut das Tragen von Schutzmasken etwa in Geschäften für überflüssig gehalten, Fachärzte hatten darauf hingewiesen, dass dieser Mundschutz eher Atemwegserkrankungen hervorruft als verhindert. Doch die wachsamen Mitbürger dulden keinen Zweifel.

Vor der »ersten Welle« orakelten Experten bereits von der zweiten Welle, die laut Professor Lothar H. Wieler, Chef des RKI, jeder Pandemie unweigerlich folge. Eine eher improvisierte Behauptung, doch Wieler kann sich sicher sein, dass unsere Qualitätsjournalisten nicht nachfragen – und auch sonst kaum einer. Zugleich verkündete die Kanzlerin in aller Ruhe, notfalls gelte der Ausnahmezustand, bis ein Impfstoff gefunden sei. Der bayerische Corona-Herkules Markus Söder faselt schon mal von ein paar Jahren bis ... das weiß er dann auch nicht so genau. Das Phänomen der »zweite Welle« kennt er gut, die hatte er bereits 2009 als bayerischer Gesundheitsminister prophezeit, nachdem die erste Welle der sogenannten Schweinegrippe einfach nicht ins Land schwappen wollte.10

Wir befinden uns auf dem Weg in die Normalisierung des Ausnahmezustands. Es gibt eigentlich nur eine Erklärung für die enorme Diskrepanz zwischen den Realitäten von COVID-19 und der kollektiven Erstarrung: Gehirnwäsche unvorstellbaren Ausmaßes. Der Fachbegriff lautet Propaganda. Der Erfinder des modernen Propagandabegriffs heißt Edward Bernays. In seinem Buch Propaganda von 1928 legt er die Karten auf den Tisch:

»Die bewusste und intelligente Manipulation der organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges Element in der demokratischen Gesellschaft. Wer die ungesehenen Gesellschaftsmechanismen manipuliert, bildet eine unsichtbare Regierung, welche die wahre Herrschermacht unseres Landes ist. Wir werden regiert, unser Verstand geformt, unsere Geschmäcker gebildet, unsere Ideen größtenteils von Männern suggeriert, von denen wir nie gehört haben. Dies ist ein logisches Ergebnis der Art, wie unsere demokratische Gesellschaft organisiert ist.«

Propaganda – einmal auf den Weg gebracht – infiziert als Erste umgehend die Propagandisten selbst. Die Mainstream-Medien bilden seit geraumer Zeit eine geschlossene Gesellschaft, der jeder nennenswerte Pluralismus abhandengekommen ist. Es war schon länger zu beobachten, wie das Rudel sich selbst hypnotisierte und als Künder letzter Wahrheiten auftrat. Im Rausch der Apokalypse hat es sich nun vollends verhext. Die systematisch einseitigen, bei Bedarf falschen Informationen haben sich zu einer Erzählung verdichtet, die sich quasi autonom fortschreibt.

Dass sich die Berichterstattung über SARS-CoV-2 zur apokalyptischen Beschwörung aufblasen konnte, beruht auf zwei Faktoren:

1. Jede Einschätzung, jede Beobachtung eines pandemiefähigen neuen Erregers setzt eine hochqualifizierte Expertise voraus.

2. Es gab keine Expertise.

Zwar wurde pausenlos die »Neuartigkeit« des Virus beschworen – und damit zugleich seine Gefährlichkeit »begründet« –, doch zugleich bedeutete »neuartig«, dass man nichts über das Virus wissen konnte und also erst aufmerksame Beobachtung erlaubte, sein Verhalten zu entschlüsseln. Das erklärt auch, warum die federführenden Experten sich laufend korrigieren mussten.

Doch unsere Medien haben alles unvermeidlich Tastende oder vorläufig Ungenaue ausgeblendet beziehungsweise gleich ins Faktische übersetzt. Schließlich hätte jedes Nachfragen die Wucht des Verstörenden gebremst. Die Pseudoexpertise, die die Medien verbreiteten, traf auf ein vollkommen unvorbereitetes Publikum. Auf eine Bevölkerung, die beispielsweise nicht weiß, dass in Deutschland jährlich über 100.000 Menschen an Atemwegsinfektionen oder Lungenentzündungen sterben, was ungefähr 10 Prozent der jährlichen Todesfälle entspricht. Das heißt, die COVID-19 zugeschriebenen Todesfälle entsprechen 10 Prozent der normalerweise an Atemwegsinfektionen Versterbenden pro Jahr, machen also nur insgesamt 1 Prozent aller Todesfälle aus, die – um es in den Worten von Prof. Dr. Christian Drosten zu sagen – »aber exakt das gleiche Altersprofil wie das Sterblichkeitsprofil der Bevölkerung [haben]. Dann wird uns das fast gar nicht auffallen.«11

Damit sind wir bei den Experten. Wer erinnert sich noch an die Ansage von Christian Drosten bei einem seiner ersten Corona-Auftritte in der Tagesschau, glücklicherweise handle es sich nicht um ein Influenzavirus, das sei nämlich viel gefährlicher? Andererseits gut für den Chef der Virologie an der Berliner Charité. Schließlich hatte der sich 2003 als Entdecker des SARS-Coronavirus profiliert und gilt seitdem als Experte für Coronaviren, die sich im Allgemeinen deutlich geringerer virologischer Aufmerksamkeit erfreuen als die Influenzaerreger.

Um es vorwegzunehmen: Er lag fast immer daneben mit seinen Befunden und Prognosen. Das hat seinem Ruf offenbar nicht geschadet – im Gegenteil: Seine Zuverlässigkeit als Pandemiebeschleuniger machte ihn zum gefragten Star der pandemischen Branchen. Wer sind die Berufspandemiker?

Ich zitiere eine »Verschwörungstheorie«, die 2010 im Spiegel (10/2010) unter dem Titel »Die Pandemie, die keine war« zur Schweinegrippe erschien:

»Der Infekt des mexikanischen Jungen verlief glimpflich - ebenso wie bei den allermeisten der Millionen Menschen weltweit, die sich in den folgenden Monaten anstecken sollten. Und deshalb wäre das neue Virus wohl unbeachtet geblieben, gäbe es die moderne molekulare Medizin nicht, mit ihren Genanalysen, Antikörpertests und Referenzlabors. Die Schweinegrippe hätte die Welt erobert, und kein Arzt hätte etwas davon gemerkt. Doch es kam anders. Denn es gibt sie, die Hightechmedizin und die Impfstoffindustrie. Ebola, Sars, Vogelgrippe: Systematisch haben Seuchenwächter, Medien, Ärzte und Pharmalobby die Welt mit düsteren Katastrophenszenarien eingestimmt auf die Gefahr neuer, bedrohlicher Infektionskrankheiten. Und keiner von diesen wird mehr Aufmerksamkeit gewidmet als der Influenza: Verteilt auf 102 Länder lauern Forscher in mehr als 130 Labors weltweit auf neue Grippe-Erreger. Karrieren, ganze Institutionen und sehr viel Geld hängen daran. ›Manchmal kommt es mir vor, als hätten manche geradezu Sehnsucht nach einer Pandemie‹, konstatiert der Grippe-Experte Tom Jefferson von der internationalen Cochrane Collaboration. ›Alles, was es jetzt brauchte, um diese Maschinerie in Gang zu bringen, war ein kleines mutiertes Virus.‹«

Es wurde diesmal ein Coronavirus.

Diese Allianz aus »Seuchenwächtern, Medien, Ärzten und Pharmalobby« scheint auch zu Zeiten der Corona-Pandemie wieder am Werk – und man trifft auf erstaunliche personelle Kontinuitäten über fast 20 Jahre. Zum Beispiel Prof. Dr. Christian Drosten von der Berliner Charité. Ein Mann, der fast immer zur Stelle war, wenn im 21. Jahrhundert eine Pandemie aus der Taufe gehoben wurde, und dessen Warnungen – manchmal bis aufs Komma gleichlautend – sich zuverlässig als falsch erwiesen, der einen PCR-Test für ein »neuartiges« Coronavirus quasi in der Tasche hatte, bevor überhaupt irgendjemand wissen konnte, dass es sich um ein Coronavirus handelte, der auf eine fast schon unheimliche Weise plappernde Ratlosigkeit medial in Expertise verwandelte, monopolisierte und verbreitete, der als Chef des maßgeblichen Referenzlabors weltweit die Diagnostik mitbestimmte und der auf noch darzulegende Weise in das Geschäft der Seuchenwächter verstrickt ist.

Natürlich will ich hier nicht behaupten, Drosten habe die Federführung bei der weltweiten Pandemie. Die hat zahllose Schauplätze, unzählige Akteure und eine längere Vorgeschichte. Drosten bot sich als eine Art roter Faden an für eine Chronik dieser Pandemie. Nicht weil er Licht in die verwirrende Geschichte bringt, sondern weil er ihre Dunkelheit anzeigt.

1www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Testzahlengesamt.xlsx?__blob=publicationFile

2www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Okt_2020/2020-10-27-de.pdf?__blob=publicationFile

3www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Okt_2020/2020-10-27-de.pdf?__blob=publicationFile

4www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Okt_2020/2020-10-27-de.pdf?__blob=publicationFile

5www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/NeuartigesCoronavirus/Steck-brief.html#doc13776792bodyText8 Stand 21. Oktober 2020.

6www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Okt_2020/2020-10-27-de.pdf?__blob=publicationFile

7www.intensivregister.de/#/intensivregister?tab=laendertabelle

8influenza.rki.de/Wochenberichte/2019_2020/2020-36.pdf. Das entsprach einer Hospitalisierungsrate von ca. 20 Prozent.

9influenza.rki.de/Wochenberichte/2020_2021/2020-43.pdf

10www.mittelbayerische.de/bayernnachrichten/schweinegrippe-die-zweitewelle-ist-unterwegs-21705-art473808.html?fbclid=IwAR2yzy4s4FHJAcSXnD-S2vbNY_BayMEJm6e3vah5jgS7Wm0jA4jfF-N0QyRSw

11Coronavirus-Update, Folge 7, S. 3. www.ndr.de/nachrichten/info/coronaskript112.pdf; www.ndr.de/nachrichten/info/7-Coronavirus-Update-Es-ist-nicht-die-Zeit-fuer-Egoismus,podcastcoronavirus122.html

1

DIE PANDEMISCHEN REITER

Am 31. Dezember 2019 erfuhr Deutschland erstmals durch zwei fast gleichlautende Meldungen der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters von »einer mysteriösen Lungenkrankheit in der zentralchinesischen Metropole Wuhan«1, an der bislang 27 Menschen erkrankt seien. Von Bild online bis ZEIT online wurde die Meldung verbreitet. Die Gesundheitsbehörden melden 27 Erkrankte. Warum aber deutsche Medien sich für 27 Kranke in Wuhan interessieren könnten, verrät bereits der Titel des Artikels bei Bild: »SARS wieder da?« Vermutlich hatte kein einziger Redakteur der Bild auch nur einen Schimmer, wo Wuhan liegt, es wird auch kein einziger Journalist vor Ort gewesen sein. Aber SARS, das könnte interessant werden.

Am 31. Dezember 2019 erfuhr die WHO von dieser »mysteriösen Lungenkrankheit«.2 Tags zuvor hatte bereits ProMED – ein internationales Netzwerk zur Früherkennung von Infektionsausbrüchen – Wind von der Sache bekommen und verbreitete die Übersetzung einer Meldung der chinesischen Nachrichtenagentur Finance sina3:

»Am Abend des [30. Dezember 2019] wurde eine ›dringende Mitteilung über die Behandlung von Lungenentzündung unbekannter Ursache‹ veröffentlicht. Das [...] Dokument der ›Medical Administration of Wuhan Municipal Health Committee‹ wurde im Internet weit verbreitet. [...] Laut der dringenden Mitteilung des Behördenleiters sind in einigen medizinischen Einrichtungen in Wuhan sukzessive Fälle von Lungenentzündung unbekannter Ursache aufgetreten. Alle medizinischen Einrichtungen sollten das Management der Ambulanz- und Notfallabteilungen verstärken, das System der Verantwortung für die Erstversorgung von Patienten strikt umsetzen und sichern, dass Patienten mit Lungenentzündung unbekannter Ursache vorrangig und sofort behandelt werden. [...] Ein weiterer Teil der Notfallbenachrichtigung mit dem Titel ›Bericht der städtischen Gesundheitskommission über die Meldung der Behandlung von Lungenentzündungen unbekannter Ursache‹ ist ebenfalls bestätigt worden. Diesem Dokument zufolge wurden auf dem ›South China Seafood Market‹ in unserer Stadt nacheinander Patienten mit einer Lungenentzündung unbekannter Ursache gesehen, so die dringende Mitteilung des Vorgesetzten. [...] Mitarbeiter der 12320-Hotline sagten, dass die CDC von Wuhan das Krankenhaus aufgesucht hat, in dem die Patienten behandelt werden, um schnellstmöglich Proben zu erhalten, insbesondere um zu klären, um welche Art von Virus es sich handelt. Endgültige Testergebnisse stehen noch aus. [...] Wuhan verfügt landesweit über die beste Einrichtung für die Erforschung von Viren, und die Ergebnisse werden der Öffentlichkeit bekannt gegeben, sobald der Virennachweis vorliegt.«4

Am 31. Dezember folgt die zweite Meldung von ProMED. Wiederum eine Übersetzung von Finance sina5 mit der Überschrift: »Ob es sich um SARS handelt oder nicht, ist noch nicht geklärt, und die Bürger brauchen nicht in Panik zu geraten«. Und weiter heißt es:

»Am [31. Dezember 2019] veranstalteten verschiedene Krankenhäuser in Wuhan ein Notsymposium zum Thema der Behandlung von Patienten mit Lungenentzündung unbekannter Ursache in einigen medizinischen Einrichtungen. Der Reporter des 21th Century Business Herald erfuhr im Rahmen seiner Recherchen, dass diese Patienten unabhängig voneinander auf dem ›South China Seafood Market‹ in Wuhan anwesend waren. Gegenwärtig werden die Patienten in dem Krankenhaus isoliert, in dem sie aufgenommen wurden. Der ›South China Seafood Market‹ wurde isoliert, und das medizinische Personal hat die vorbeugende Behandlung vor Ort bestätigt. Mehrere Krankenhausquellen gaben jedoch an, dass die Krankheitsursache bei diesen Patienten derzeit nicht klar ist. Es steht nicht fest, ob es sich um das SARS-Virus handelt, wie es gerüchteweise im Internet verbreitet wird. Selbst wenn das SARS-Virus letztlich diagnostiziert wird, gibt es ein erprobtes Präventions- und Behandlungssystem, und die Bürger müssen nicht in Panik geraten. [...] Am [31. Dezember 2019] heißt es in einem offiziellen Bericht der Provinz Hubei: ›Nach dem Bericht der Provincial Health and Health Commission hat Wuhan seit Dezember [2019] weiterhin Influenza und verwandte Krankheiten überwacht und 27 Fälle von viraler Lungenentzündung ermittelt. Es wurden alle gefunden, bei denen eine virale Pneumonie/Lungeninfektion diagnostiziert wurde. Von den 27 Fällen waren 7 schwer krank und die übrigen Fälle waren kontrollierbar.«6

Weder die chinesischen Gesundheitsbehörden noch die WHO haben SARS ins Spiel gebracht. Es waren Gerüchte, die von einer chinesischen Nachrichtenagentur aufgegriffen wurden und die erst durch die Verbreitung von ProMED weltweit für Aufmerksamkeit sorgten.

ProMED7 ist eine Gründung der International Society for Infectious Diseases (ISID). Diese weltweit operierende Gesellschaft ist ein Netzwerk von Virologen, Epidemiologen und Infektiologen, die sich zum Ziel gesetzt hat, Seuchen aller Art zu erkennen und zu bekämpfen. ProMED ist gewissermaßen der globale Virenscanner, der 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche den viralen Weltgesundheitszustand beobachtet – selbstverständlich allein zum Wohl der Menschheit.

»Die Mitarbeiter, Moderatoren und das Team von ProMED sind in 32 Ländern tätig und suchen ständig nach Informationen zur globalen Gesundheitssicherheit, überprüfen sie und veröffentlichen sie. In den letzten 25 Jahren hat ProMED als erster über zahlreiche größere und kleinere Krankheitsausbrüche berichtet, darunter SARS, MERS, Ebola, die frühe Ausbreitung von Zika und viele andere. ProMED bietet seit Jahren einen wichtigen Beitrag zur globalen Überwachung von Infektionskrankheiten.«8

ProMED versteht sich als eine Art private WHO – nur schneller und schriller. Sie hat sämtliche Pandemien des 21. Jahrhunderts entbunden. In den meisten Fällen könnte man vermuten, ohne diese Wachtürme wären wahrscheinlich die Opfer der Pandemien als Grippetote in keiner gesonderten Statistik verzeichnet worden. ProMED ist allerdings bei Weitem nicht die einzige Organisation dieser Art. Wir werden später darauf zurückkommen, wie viele global operierende Netzwerke sich der Früherkennung von Infektionskrankheiten widmen.

SARS war also der Köder, weshalb unter anderem Bild sich für ein paar Kranke in China interessierte: »SARS wieder da?« Zwar wird in dem chinesischen Bericht mehrfach betont, dass die Experten noch keine Ahnung hätten, womit sie es da zu tun haben, doch im Internet seien Gerüchte aufgetaucht. Diese Gerüchte macht sich der Verfasser umgehend zu eigen und erinnert an den Ausbruch des »Severe Acute Respiration Syndrom« (SARS) 2002 eben in China. Dabei habe es sich um eine der gefährlichsten Epidemien der letzten Zeit gehandelt, 8.000 Menschen seien damals erkrankt und ca. 750 Menschen an dem Virus gestorben. In den nächsten Wochen wird jeder Bericht über die »mysteriöse Lungenkrankheit« in Wuhan den Bezug zu SARS herstellen und an »die erste Pandemie des 21. Jahrhunderts« erinnern.

Konsequent unterschlagen wird dabei, dass es sich auch um den ersten pandemischen Fehlalarm des 21. Jahrhunderts gehandelt hat. Die allermeisten Erkrankten und Toten wurden in China und Hongkong gezählt, dann folgten mit großem Abstand Singapur, Taiwan und Kanada. In Europa starb ein Franzose. Unter allen Infektionskrankheiten, die zur Pandemie hochgestuft wurden, war sie die mit Abstand harmloseste. Zu einer »der gefährlichsten Epidemien der letzten Zeit« wurde sie ausschließlich durch eine bis dahin beispiellose mediale Aufregung. Beispielhaft wurde diese Pandemie allerdings durch die enormen wirtschaftlichen und sozialen Folgekosten. In den USA erkrankten zwar nur 27 Personen an dem Virus, keiner starb, doch die Harvard University ermittelte in einer Studie9, dass 93 Prozent der Amerikaner SARS ein Begriff war.

Seit SARS nehmen Medien in jedem Pandemieereignis eine zentrale, um nicht zu sagen führende Rolle ein. Und SARS machte auch den jungen Bonner Virologen Christian Drosten zur lebenden Legende seiner Zunft. Er gilt als einer der Entdecker des Virus, er entwickelte den ersten Test, und irgendwie klingt es immer so, als habe er auch das Virus besiegt. Drei Jahre später erhielt er für seine Verdienste das Bundesverdienstkreuz.10

Natürlich hat nicht nur Bild sich des Themas angenommen. Es wird fast von allen Mainstream-Medien aufgegriffen – wenn auch zunächst nur unter »ferner liefen«. Am 4. Januar 2020 spekuliert SZ online über ein »neuartiges Coronavirus«. Obwohl alle Artikel deutscher Medien in diesen Tagen einräumen, dass noch niemand weiß, wie die Krankheit übertragen wird und welches Virus verantwortlich ist, werden ungerührt Erinnerungen an SARS ins Feld geführt – »eine der gefährlichsten Infektionswellen der jüngeren Zeit« (Tagesspiegel, 8. Januar). Die Süddeutsche Zeitung meldet am 9. Januar, dass China seine Kontrollen ausdehne. Doch weiterhin bleibe unklar, womit man es zu tun habe. Erstmals betritt Christian Drosten in diesem Artikel die mediale Arena. Der Chefvirologe der Berliner Charité hält sich allerdings zurück mit Spekulationen über das Virus. Dieser wie alle anderen Beiträge zum Thema melden nur einen leichten Anstieg der Erkrankten auf 59 (u.a. FAZ, 10. Januar). Der Tagesspiegel hatte bereits 16 Erkrankte in Hongkong gemeldet und dass die dortigen Behörden äußerst alarmiert seien – »dem Wüten« von SARS eingedenk. Auch in Singapur könne es einen Fall geben. Damit nehme die neue Krankheit ziemlich genau die Route wie seinerzeit SARS.

Die Süddeutsche Zeitung erweitert in dem Artikel vom 9. Januar das Geschehen um einen prickelnden politischen Aspekt: »Denn die Erinnerung an SARS ist nicht nur wegen ihrer Opfer unangenehm, sondern auch wegen Chinas damaligem Umgang mit der Seuche.« China habe die Krankheit erst spät gemeldet, deshalb habe sie sich auch im Ausland ausbreiten können. Mit anderen Worten: Man muss damit rechnen, dass China das wahre Ausmaß der Katastrophe auch diesmal verschweigt. Fast wörtlich tauchen umgehend ähnliche Überlegungen in der Berliner Zeitung, dem Tagespiegel und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) auf. Mit anderen Worten: Bevor noch irgendein Sachverständiger etwas Genaues weiß, trainieren unsere Qualitätsmedien bereits den ganz großen Pandemiealarm.

Am 10. Januar berichtet die Neue Zürcher Zeitung, das Erbgut des Erregers sei entschlüsselt. Doch wie gefährlich das Virus sein mag, wisse man immer noch nicht. Die Virologen sehen zurzeit keine Gefahr für Europa. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung heißt es: »Diese neue Kaiserkrone scheint nicht hochgefährlich zu sein, aber Viren respektieren niemals Ländergrenzen.«

Am 18. Januar katapultiert Bild online das Virus in eine neue Umlaufbahn. Jetzt sollen bereits 1.729 Menschen Symptome zeigen. Zwei seien gestorben. Entsprechend besorgter als noch vor einer Woche müssen sich also die Experten geben. Allerdings sind die 1.729 Kranken eine freie Erfindung. Immer wahrscheinlicher werde, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragen wird. In den USA und Thailand werden bereits Flugzeuge aus Wuhan besonders kontrolliert. Das RKI schätzt die Risiken für Deutschland weiterhin als sehr gering ein. SZ online (20. Januar) berichtet von 200 Infizierten in China und drei Toten. Die chinesische Führung solle sich beunruhigt zeigen.

Am 21. Januar lesen wir in der Berliner Zeitung von einem kleinen Durchbruch: Drosten & Co. haben im Schnellverfahren einen Test für das Virus entwickelt. »Niemand musste dazu im Schutzanzug vor einer Sterilbank sitzen und Virusproben pipettieren – die Arbeit fand im Wesentlichen am Computer statt.« Nachdem die Chinesen die Sequenz des »neuen Wuhan-Virus« veröffentlicht hatten, brauchten die Charité-Forscher nur ein Wochenende, um einen »zuverlässigen« Test zu entwickeln. Inzwischen stelle eine Berliner Biotech-Firma Test-Kits her: »Der Test lässt sich mit den geeigneten Laborgeräten in Kliniken überall auf der Welt einsetzen. Kommt er mit dem Wuhan-Virus in Berührung, fängt die Probe nach rund einer Stunde gewissermaßen an zu leuchten.« Die Charité verschickt den neuen Test, der, wie Drosten erklärt, »zuverlässig« helfen könne, Verdachtsfälle aufzuklären. Zu diesem Zeitpunkt weiß der Virologe noch nicht einmal, wie das Virus übertragen wird. Erst am Abend dieses Tages wird bekannt, dass es sich um eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung handelt.

Mit Sicherheit ist der Autor des Artikels vom Leuchten des Test-Kits infiziert. Vielleicht schreibt er auch nur am Charité-Epos fort, das die ARD in bislang zwei Staffeln einer erfolgreichen TV-Serie erzählt hat – allerdings wesentlich kritischer als der Autor der BZ. Der heißt Sven Siebert, ist Diplombiologe und arbeitet seit 25 Jahren als Journalist. Verheiratet ist er mit der Sportjournalistin Jessy Wellmer, die für den RBB Corona-Sondersendungen nach der Tagesschau moderiert. Im vergangenen Jahr hat Siebert zusammen mit Dr. Thomas Schmitz bei HarperCollins ein Buch veröffentlicht: Klartext: Impfen! – Ein Aufklärungsbuch zum Schutz unserer Gesundheit. Dr. Thomas Schmitz ist übrigens Oberarzt und Dozent an der Berliner Universitätsklinik Charité.

Man darf also davon ausgehen, dass Sven Siebert nicht nur Wissenschaftsjournalist ist, sondern auch über einige Kenntnisse in Sachen Virologie verfügt. Wenn ein solcher Mann mit »leuchtenden« Worten davon schwärmt, dass ein Test mal kurz an einem Wochenende am Computer entwickelt wurde, um jetzt seinen Siegeszug in der Welt anzutreten, verschlägt es einem die Sprache. Selbstverständlich müssen solche Tests normalerweise aus guten Gründen komplexe Zulassungsverfahren durchlaufen, bevor sie auf die Menschheit losgelassen werden. Es ist schlicht unmöglich, einen solchen Test binnen weniger Tage zu evaluieren. Das müsste Siebert zweifelsohne wissen. Hier bricht sich Bahn, was in den folgenden Wochen und Monaten zur Methode wird: Im Glanz der Sensation verzichten Journalisten auf jegliche kritische Beobachtung.

1Die dpa-Meldung lautete: »Eine mysteriöse Lungenkrankheit ist in der zentralchinesischen Metropole Wuhan ausgebrochen. Bislang seien 27 Erkrankte identifiziert worden, berichtete die Gesundheitskommission der Stadt. Gerüchten im Internet, es könnte sich um einen neuen Ausbruch der Lungenseuche SARS handeln, trat die ›Volkszeitung‹ entgegen. Die Gesundheitskommission berichtete, viele der Infektionen könnten auf den Besuch des Huanan-Fischmarktes von Wuhan zurückgeführt werden. Die Erkrankten seien in Quarantäne untergebracht worden. Sieben seien in einem ernsten Zustand.« www.zeit.de/news/2019-12/31/mysterioeselungenkrankheit-in-zentral-chinaausgebrochen?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

2WHO international schreibt in seiner Timeline zu Covid-19: »Die WHO-Niederlassung in der Volksrepublik China griff eine Medienerklärung der städtischen Gesundheitskommission von Wuhan von deren Website über Fälle von ›viraler Lungenentzündung‹ in Wuhan, Volksrepublik China, auf. Das Länderbüro unterrichtete die Anlaufstelle für Internationale Gesundheitsvorschriften (IHR) im WHO-Regionalbüro Westpazifik über die Medienerklärung der städtischen Gesundheitskommission von Wuhan zu den Fällen und stellte eine Übersetzung davon zur Verfügung. Die Plattform Epidemic Intelligence from Open Sources (EIOS) der WHO griff auch einen Medienbericht über ProMED (ein Programm der Internationalen Gesellschaft für Infektionskrankheiten) auf, in dem es um dasselbe Cluster von Fällen von ›Lungenentzündung unbekannter Ursache‹ in Wuhan ging. Mehrere Gesundheitsbehörden aus der ganzen Welt wandten sich an die WHO, um zusätzliche Informationen zu erhalten.« www.who.int/news-room/detail/29-06-2020-covidtimeline

3finance.sina.cn/2019-12-31/detail-iihnzahk1074832.d.html?from=wap

4promedmail.org/promed-post/?id=6864153%20#COVID19

5tech.sina.com.cn/roll/2019-12-31/dociihnzhfz9428799.shtml

6promedmail.org/promed-post/?id=6864153%20#COVID19

7»Das Program for Monitoring Emerging Diseases (ProMED) ist ein Programm der Internationalen Gesellschaft für Infektionskrankheiten (ISID). ProMED wurde 1994 als Internet-Dienst gestartet, um ungewöhnliche Gesundheitsereignisse im Zusammenhang mit neu- und wiederauftretenden Infektionskrankheiten und Toxinen bei Menschen, Tieren und Pflanzen zu identifizieren. ProMED ist das größte öffentlich zugängliche System zur weltweiten Berichterstattung über Ausbrüche von Infektionskrankheiten. Es wird täglich von Führungskräften des internationalen Gesundheitswesens, Regierungsbeamten auf allen Ebenen, Ärzten, Tierärzten und anderen Beschäftigten im Gesundheitswesen, Forschern, Privatunternehmen, Journalisten und der breiten Öffentlichkeit genutzt. Die Berichte werden von einem multidisziplinären globalen Team von Fachexperten (SME) erstellt und kommentiert, die in verschiedenen Bereichen wie Virologie, Parasitologie, Epidemiologie, Entomologie, Tier- und Pflanzenkrankheiten moderieren. ProMED ist 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche in Betrieb und hat fast 80.000 Abonnenten, die fast alle Länder der Welt vertreten.« promedmail.org/about-promed

8promedmail.org/about-promed

9Robert J. Blendon, »The Public's Response to Severe Acute Respiratory Syndrome in Toronto and the United States«. In: Clinical Infectious Diseases, Vol. 38, April 2004, S. 925-931. doi.org/10.1086/382355

10www.charite.de/forschung/themen_forschung/dem_virus_voraus_sein

2

DER TEST

Nach eigenen Angaben hat Christian Drosten durch »soziale Medien« von den Lungenerkrankungen in Wuhan erfahren.1 Doch ist unwahrscheinlich, dass er sich mit chinesischen Kollegen per Facebook oder Twitter austauscht. Gemeint ist vermutlich das Netzwerk von ProMED, mit dem Drosten spätestens seit SARS eng zusammenarbeitet. »Damals war ich aus einem technischen Grund in der Lage, den Diagnostiktest für das neue Virus weltweit zu verteilen. Was damals auch neu aufkam, war das Kommunizieren über öffentliche Gesundheit über das Internet, unter anderem mit ProMED-mail, so eine Art Blog. Darüber sind viele Infektionsmediziner weltweit vernetzt.«2 Wahrscheinlich also aus dieser Quelle weiß Drosten vor allen Nachrichtenagenturen, dass sich da etwas anbahnt:

»Bereits zwischen Weihnachten und Neujahr ging das los, dass hier die erste informelle Information ankam. Und wir haben uns dann natürlich gleich daran gemacht, das zu machen, was wir besonders gut können: In sehr kurzer Zeit diagnostische Testverfahren entwickeln. Und dann vor allem auch weltweit verfügbar machen.«3

Und wonach er suchen sollte, war ihm auch schon zugeflüstert worden.

»Ja wir haben uns tatsächlich auf so ein paar Indizien verlassen. Wir haben aus sozialen Medien Informationen gehabt, dass das ein SARS-ähnliches Virus sein könnte, und wir haben dann eins und eins zusammengezählt.«

Erst am 7. Januar geben chinesische Virologen bekannt, dass es sich bei dem Erreger um ein neuartiges Coronavirus handelt.4 Sie hätten aus dem Körper eines Erkrankten das Virus isoliert und dessen Erbgut entschlüsselt. »Und als dann so eine Zeit später die Kollegen aus China die erste Genom-Sequenz öffentlich gestellt haben von diesem neuen Virus, haben wir das natürlich mit all unseren Kandidatentests verglichen, die besten herausgesucht und mit denen weitergearbeitet«, erklärt Christian Drosten dem begeisterten Journalisten Volkart Wildermuth, der übrigens studierter Biochemiker ist.

Am 13. Januar 2020 wird die komplette Genomsequenz eines Isolats des neuen Coronavirus in der NCBI-GenBank5 hinterlegt (GenBank-Nummer MN908947). Bereits am selben Tag geht ein vorläufiges Protokoll für die »Real Time Quantitative Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion« an die WHO6  – geschrieben von einem Team unter Leitung von Drosten: der qRT-PCR-Test.7 Am 16. Januar gibt die Charité bekannt, den ersten Test für »das neuartige Coronavirus in China entwickelt« zu haben.8

Darüber frohlockt am 21. Januar wie erwähnt der Journalist Sven Siebert in der Berliner Zeitung. Es war zwar kein Wochenende, wie Siebert schreibt, sondern das Team arbeitete bereits daran, bevor jemand wissen konnte, dass es sich um ein SARS-ähnliches Coronavirus handelte. Die Charité-Virologen hatten auch kein Virusmaterial zur Verfügung – wie sie frank und frei schreiben: »Im vorliegenden Fall von 2019-nCoV9 sind Virusisolate oder Proben von infizierten Patienten für die internationale Gemeinschaft der öffentlichen Gesundheit bisher nicht verfügbar. Wir berichten hier über die Einrichtung und Validierung eines diagnostischen Workflows für das 2019-nCoV-Screening und die spezifische Bestätigung, die in Abwesenheit verfügbarer Virusisolate oder Original-patientenproben erstellt wurden. Design und Validierung wurden durch die enge genetische Verwandtschaft mit dem SARS-CoV von 2003 ermöglicht und durch den Einsatz der synthetischen Nukleinsäuretechnologie unterstützt.« Mit anderen Worten: Der Test wurde aufgrund von anfangs ein paar Hinweisen aus den sozialen Medien, altem SARS-Virusmaterial und schließlich unüberprüften Genom-Datensätzen zusammengeschraubt. Die interne Validierung, schreibt Wildermuth, sah so aus:

»Und da kam der Kühlschrank ins Spiel. Die Forscher aus Berlin holten sich – zusammen mit Kollegen aus Rotterdam und London – alte Proben von Patienten mit bekannten Atemwegserkrankungen und probierten daran den neuen Virentest aus. Wie erwartet reagierte er weder bei Grippeviren, noch bei Adenoviren, Enteroviren oder anderen Erregern. Damit war klar: Der neue Test schlägt nicht fälschlich Alarm. Das ist das erste wichtige Kriterium für einen guten Test. Das zweite lautet natürlich: Erkennt der Test auch wirklich den gesuchten Erreger?«

Und auch die entscheidende Frage löste man im Handumdrehen. Drosten: »Wir haben diesen Test Kollegen in China zur Verfügung gestellt, deren Namen ich jetzt nicht nennen kann. Und die haben das für uns getestet und uns gesagt, dass es gut funktioniert.« Später wird Drosten behaupten, der Test sei sehr wohl validiert worden. »Es ist eine sehr, sehr große Validierungsstudie durchgeführt worden. Ich müsste die jetzt aufmachen auf meinem Computer, um noch mal auf die Zahlen zurückzugehen.«10

Bis heute hat er meines Wissens keine Zeit gefunden, den Computer noch mal aufzumachen. Wenn man die Zeitleiste betrachtet, lagen zwischen der Veröffentlichung der Genomsequenzen und der Erstveröffentlichung seines PCR-Test-Bausatzes nur wenige Tage. Außerdem weiß Drosten natürlich, dass Validierung etwas anderes bedeutet, als ein paar Probetests durchzuführen.

So entstand, ohne jede klinische Anschauung und ohne je des Virus ansichtig geworden zu sein, eines der problematischsten Werkzeuge medizinischer Diagnostik aller Zeiten. Die WHO war offenbar unmittelbar überzeugt.

PCR ist die Abkürzung für »Polymerase Chain Reaction«, auf Deutsch »Polymerase-Kettenreaktion«. In diesem Fall handelt es sich um einen qRT-PCR-Test: »Quantitative Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion«.

»Quantitative Reverse« heißt, zunächst muss die RNA in DNA umgeschrieben werden. Ein Virus ist kein Lebewesen, sondern ein Bündel an Informationen, die ein Genom bilden. Der PCR-Test identifiziert nicht das ganze Virus, sondern lediglich bestimmte Nukleinsäure-Sequenzen, die für das Virus typisch sein sollen. Es müssen drei bestimmte Gensequenzen gefunden werden. Der zu untersuchenden Probe werden sogenannte Primers beigemischt – synthetisch hergestellte DNA-Sequenzen, die den gesuchten entsprechen. Ob sich die gesuchten Sequenzen in der Probe befinden, weiß man erst, wenn man sie kopiert bzw. vermehrt. Wie vieler Zyklen es bedurfte, um fündig zu werden, besagt der Ct-Wert (Ct → engl. »Cycle threshold«, deutsch »Zyklus-Schwellenwert«). Im ersten Zyklus wird die DNA-Sequenz zweimal vermehrt, im zweiten viermal, im dritten achtmal. Ein Ct von 30 bedeutet dann bereits über eine Milliarde Vermehrungen. Die gesuchten Genabschnitte werden bis zu ihrer Messbarkeit repliziert. Dann gilt die Probe als positiv. Falls keine Genabschnitte nachweisbar sind, gilt die Probe als negativ.

Das »q« vor dem RT-PCR-Test bedeutet quantitativ, doch in aller Regel wird weltweit immer nur der qualitative Wert abgefragt, ja oder nein, positiv oder negativ. Dabei hätte der quantitative Wert eine erhebliche Bedeutung. Denn er besagt, wie viele Vermehrungszyklen der Test durchlaufen hat, bis etwas gefunden wurde. Das kann in verschiedener Hinsicht außerordentlich bedeutsam sein. Als Standard bei PCR-Tests gelten maximal 35 Zyklen (Ct 35). Jede weitere Vermehrung könnte nicht nur Genfragmente einer älteren Erkrankung aufspüren, sondern auch auf eine äußerst geringe und damit bedeutungslose Viruslast hinweisen. Die meisten PCR-Tests arbeiten aber mit Cts von 35 bis über 40. Das Referenzmodell von Drosten & Co. arbeitet mit 45 Zyklen.11 Das könnte die enorm hohe Zahl von sogenannten asymptomatischen Fällen erklären, die gleichwohl als infektiös gewertet und als »laborbestätigte« Fälle von COVID-19 gezählt werden.

Das ist der nächste Punkt: Mit qRT-PCR-Tests könnte man die Viruslast einer Probe bestimmen. Man geht davon aus, dass die höchste Zahl an Viren mit Beginn der Symptome auftritt, nämlich 100 Millionen Kopien der viralen DNA pro Mikroliter (→ 0,001 Milliliter). Dem entspricht aber ein sehr geringer Ct-Wert. Je weniger Zyklen benötigt werden, um die Virenfragmente aufzuspüren, umso höher ist die Viruslast. Umgekehrt heißt das, je höher der Ct-Wert ist, umso weniger Virus ist da. Ein Ct von 32 entspricht 10 bis15 gefundenen RNAs, ein Ct von 35 entspricht nur noch einer RNA pro Mikroliter. »Über Ct 35 wird es unmöglich, eine Virus-Sequenz zu isolieren und zu kultivieren.«12 Spätestens dann kann die Probe auch kaum mehr infektiös sein. Doch offenbar weigert man sich, zwischen 100 Millionen RNAs und einer RNA eine Infektionsgrenze zu definieren. Dadurch könnte allerdings die Zahl der Infizierten geradezu dramatisch sinken. Das RKI glaubt festgestellt zu haben, dass unter 50 RNAs pro Mikroliter keine Zellkultur mehr anzüchtbar sei, das heißt, spätestens bei einem Ct von 30 kann Infektiosität und dementsprechend die Ansteckungsgefahr definitiv ausgeschlossen werden.13 Konsequenzen wollte man daraus nicht ziehen. Schließlich hat man im Ct-Wert ein wunderbares Instrument, die Zahl der Fälle nach Belieben hochzuschrauben. Die PCR-Tests müssen nur auf eine höhere Zahl von Zyklen eingestellt werden. Die werden meistens nicht einmal im Protokoll erwähnt oder abgefragt.14

PCR-Tests gehören zum alltäglichen Handwerkszeug von Molekularbiologen, insofern besteht das Problem weniger darin, wie schnell der Test entwickelt wurde. Vielleicht war nicht einmal so wichtig, dass Drosten & Co. nur die Daten der RNA-Sequenz eines einzigen Virenisolats zur Verfügung stand. Beängstigend war, dass der von der Charité entwickelte PCR-Test auf Coronaviren nie genauer überprüft und direkt zugelassen wurde. Ebenso wenig die vielen Hunderte weiterer Tests, die bald weltweit entwickelt wurden. Jeder Hersteller eines solchen Tests konnte sich mit dem Segen der WHO und der jeweiligen nationalen Gesundheitsbehörden selbst zertifizieren, um damit ganz schnell das ganz große Geld zu machen.

Völlig unverantwortlich wurde der Umgang mit dem Test, weil er lediglich ein paar winzige Nukleinsäure-Sequenzen jenes Virus-Genoms anzeigt oder, besser gesagt, chemisch herauskitzelt, aber keineswegs notwendig ein infektiöses Virus nachweist. Mit anderen Worten: Ein positiv Getesteter ist nicht zwangsläufig ein Infizierter. Genau das aber behaupten fast sämtliche am Pandemiemanagement Beteiligten bis heute – und selbstredend sämtliche Medien. Allerdings bricht Christian Drosten am 8. September in der ersten Folge des Coronavirus-Update im NDR nach den Pandemieferien aus dieser Phalanx aus. Er schlägt vor, in Zukunft zu unterscheiden, ob Positive auch infektiös und damit ansteckend seien. Nach neun Monaten eine überraschende Einsicht. Zumal er früher entschieden die entgegengesetzte Auffassung vertreten hatte.