Melody's Bakery - Faye Donaghue - E-Book

Melody's Bakery E-Book

Faye Donaghue

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Beschreibung

Linas Probleme häufen sich. Ihre Großmutter hat ihr ein Café und ein großes Anwesen vererbt, doch das Geld wird knapp. Das Angebot einer großen Hotelkette könnte ihre finanziellen Schwierigkeiten mit einem Schlag lösen, doch dafür müsste sie alles verkaufen woran ihr Herz hängt. Als dann der mysteriöse Blake auftaucht, ist das Chaos perfekt. Wer ist der Mann, von dem sie nichts weiß und der ihren Puls hochtreibt. Warum ist er nach Cresent Cove gekommen?

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Inhaltsverzeichnis

Ende

Danksagungen

Wo Du mich findest

Leseproben

Rosa Post-it I – Einsame Wut

Zuckerwatteküsse

Dragon Chronicles – A Dragon’s Love

Zuckerwatteküsse

Über das Buch:

Lina O’Farell lebt für ihre Bakery! Und für die alte Plantage, die sie von ihrer Großmutter geerbt hat.

Doch die finanziellen Probleme werden immer größer.

Das äußerst großzügige Angebot einer Hotelkette könnte ihre Rettung sein, aber Lina weigert sich, ihre Seele zu verkaufen.

Jordan Blake hat nur ein einziges Ziel: Dem Wunsch seines Vaters zu entsprechen und diesen Auftrag abzuschließen. Als sein Auto liegen bleibt, lernt er die kleine Küstenstadt Cresent Cove von einer anderen Seite kennen. Besonders aber Lina und plötzlich gerät sein Entschluss ins Wanken.

Wird Lina ihre Bakery behalten können oder wird Jordans Geheimnis alles zerstören?

Faye Donaghue

Melody’s Bakery

­

Copyright © Faye Donaghue

Die Buch- und Coverrechte liegen allein bei der Autorin. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung und Vervielfältigung (auch auszugsweise) ist nur mit der ausdrücklichen, schriftlichen Genehmigung der Autorin gestattet. Alle Rechte, inklusive Übersetzungs-, Film- und Medienrechte liegen allein bei der Autorin.

Zuwiderhandlungen sind strafbar und verpflichten zu entsprechendem Schadenersatz.

Solvig Schneeberg

Am Waldesrand 2

99427 Weimar

Umschlaggestaltung: Double A Coverdesign

Lektorat: Tanja Krügener

Dieses Werk ist rein fiktiv.

Ähnlichkeiten zu lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Für

Die Liebe meines Lebens.

All die wundervollen Frauen unserer Schreibgruppe, die mir um jede Tages- und Nachtzeit mit ihrem Rat zur Seite stehen.

Für Tanja, die mich immer ertragen muss.

Kapitel 1 – Lina

„Nein! Pass doch auf!“ Nur mit Mühe schaffte ich es, die dreistöckige Hochzeitstorte zu stützen, die Melanie zu nah am Rand der Theke abgestellt hatte. Nur eine falsche Bewegung und das Meisterstück aus rosa Fondant und Buttercreme würde, mitsamt seinen sechzig Zuckerschmetterlingen, auf dem Holzboden der Backstube landen. Unwiederbringlich zerstört. Eine halbe Stunde bevor es bei der Location sein sollte.

Das hätte mir gerade noch gefehlt. Ein weiterer Misserfolg. Ein Auftrag, der kein Geld einbringen würde.

Vorsichtig schob ich das schwere Stück in Sicherheit und sah Melanie wütend an, die sich keiner Schuld bewusst war. Sie flirtete lieber mit einem unserer Fahrer und warf ihre platinblonden Haare schwungvoll über die Schulter. Ich musste mich daran erinnern, warum ich die 19-jährige überhaupt beschäftigte: Sie war die Nichte meiner besten Freundin Tanja, die mir gerade besänftigend eine Hand auf die Schulter legte.

„Ich kümmere mich darum“, sagte sie leise und ich seufzte.

„Bitte!“ Mir war egal, dass ich flehte. Ich wollte nur, dass Melanie aus meiner Bäckerei verschwand, eh sie ernsthaften Schaden anrichtete.

Während ich darauf vertraute, dass Tanja die Situation regelte, wandte ich mich dringenderen Problemen zu.

Meiner finanziellen Situation.

In meinem Büro stapelten sich die unbezahlten Rechnungen. Vom Café und meinem Haus.

Seufzend ließ ich mich auf das kleine Sofa fallen, dass meine Granny schon benutzt hatte. Ich hatte es aus unserem Haus gerettet, bevor ich einen Großteil der Sachen versteigern lassen musste. Auf dem verschlissenen Polster lag das neueste Schreiben einer großen Hotelkette. Meine Rettung. Und mein Untergang. Sie boten mir einen unverschämt hohen Betrag, wenn ich ihnen das Land verkaufte, das meine Familie bereits seit etwa dreihundert Jahren bewohnte.

Ein leises Klopfen ließ mich aufsehen. Tanja lehnte im Türrahmen. Sobald sie meinen Gesichtsausdruck sah, schloss sie die Tür. Von innen.

„Schon wieder?“, fragte sie und setzte sich neben mich. Sie angelte das Schreiben aus meinen Fingern. „Wow! Na, das nenne ich aber mal viele Nullen.“

„Mh“, stöhnte ich und lehnte mich mit geschlossenen Augen zurück.

„Und du wirst wieder ablehnen?“

War das eine ernstgemeinte Frage? Wie könnte ich nicht erneut ablehnen? Sie boten einen Betrag in achtstelliger Höhe für meine Seele.

Tanja schob sich vom Sofa und ging zum Bücherregal. Hinter einem dicken Buch von Stolz und Vorurteil gab es einen versteckten Raum. Für Whiskey. Als das Café noch meiner Großmutter gehörte, stand dort immer eine Flasche. Tanja war die Einzige, die davon wusste, und diese alte Tradition wieder aufleben ließ. Besonders in Momenten wie diesen war ich ihr sehr dankbar dafür.

Wortlos reichte sie mir die Flasche und ich nahm einen großen Schluck. Würgend gab ich sie ihr zurück.

Ich hasste Whiskey. Aber das warme Gefühl in meiner Speiseröhre hatte eine seltsam beruhigende Wirkung auf mich.

Wissend sah sie mich an und ich verdrehte die Augen. Sie liebte dieses Zeug. Unverpanscht, ohne Cola. Aber ich traute mich auch mit Cola nicht wirklich an Whiskey.

Sie genehmigte sich ebenfalls einen Schluck und stellte die Flasche dann wieder zurück ins Regal.

„Also, wenn wir sie noch ein bisschen hinhalten, bieten sie uns noch mehr.“

Ich wies sie nicht darauf hin, dass es kein uns gab. Und ich vermied es auch, sie darauf hinzuweisen, dass ich für kein Geld die alte Plantage außerhalb der Stadt verkaufen würde. Aber es war nett, dass sie versuchte, mich aufzumuntern.

Tanja nahm das Schreiben der Blackwell Resorts und legte es auf den Schreibtisch. Zu den anderen Schreiben dieser blöden Firma. Ich glaube, mittlerweile waren es sieben oder acht? Neun, mit dem heutigen.

„Komm schon, Süße. Alles halb so wild. Wir finden eine Lösung.“

„Wir?“, fragte ich dann doch nach und sah sie skeptisch an.

„Natürlich wir!“ Sie ließ sich neben mich fallen und legte eine Hand auf meinen Oberschenkel. „Ja, wir. Wie lange arbeite ich jetzt ohne Gehalt?“

Innerlich zuckte ich zusammen. Sie hatte Recht. Seit drei Monaten bezahlte ich sie nicht mehr. Eigentlich sogar seit sechs Monaten. Aber sie hatte mich nie auf die anderen drei Monate angesprochen.

„Wir werden noch mehr Werbung machen“, schlug sie vor.

„In Cresent Cove?“, fragte ich zweifelnd. Jeder in unserem kleinen Küstenstädtchen kannte Melody’s Bakery bereits. Das kleine Café war schließlich eine Institution. Meine Großmutter hatte den Laden vor über sechzig Jahren aus dem Nichts erbaut. Als sie vor vier Jahren starb, hatte sie ihn an mich vererbt.

„Okay, dann eben auch außerhalb.“ Tanja ließ nicht locker.

„Außerhalb? Meinst du, jemand aus Charleston würde nur zum Kaffeetrinken herkommen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das wird nichts.“

Das Problem war ja auch nicht, dass wir zu wenig Kunden hatten. Melody’s Bakery war das einzige Café im Ort. Es lag direkt an der Hauptstraße und war für alle hier ein Treffpunkt. Ob nun die Teenager sich hier verabredeten oder die alte Mrs Gregory ihre tägliche Tasse Tee am Fensterplatz in der Ecke trank. Das Problem waren die laufenden Kosten für das alte Haus, in dem ich lebte und das dringend eine Renovierung benötigte, sowie die Bakery. Die Einnahmen reichten gerade mal dafür, die Bakery am Laufen zu halten und selbst das oft nicht. Der monatliche Miete für den Laden hatte sich erhöht, Strom und Gas waren teurer geworden. Ich wollte nicht alle Auslagen auf meine Kunden abwälzen und die Preise erhöhen. Wahrscheinlich war das kein guter wirtschaftlicher Gedanke ...

Ein lautes Scheppern riss mich aus meinen trübsinnigen Gedanken. Erschrocken sah ich zu meiner Freundin und betete im Stillen, dass es nicht Melanie mit der Hochzeitstorte war.

Umsonst.

Sobald ich aus meinem Büro trat, sah ich die Schweinerei. Schmetterlinge und Blüten lagen auf dem Boden verstreut. Die Mischung aus Tortenboden. Marzipan und Buttercreme lag auf dem Boden. Und Melanie stand ahnungslos daneben. Nicht unschuldig, nein. Sie war sich ihrer Schuld durchaus bewusst. Aber vollkommen desinteressiert.

„Lina, nicht aufregen“, flüsterte Tanja und griff nach meinem Arm.

Aufregen? Nein. Ich regte mich nicht auf. Ich überlegte gerade, wie viel Jahre wohl auf Mord standen. Es wäre Notwehr – das gab doch sicherlich mildernde Umstände!

In meinem Kopf drehten sich die Gedanken. In zwanzig Minuten sollte die Torte bei der Feier sein.

„Was haben wir noch da?“, fragte ich und wandte mich von Melanie ab. Ich ertrug ihren Anblick gerade nicht.

Tanja holte zwei fertige Tortenböden aus dem kleinen Kühlraum. Sie waren für eine andere Feier geplant, aber jetzt musste ich improvisieren.

„Lina, es tut mir wirklich leid“, versuchte sich Melanie zu entschuldigen und trat näher. Ich hob abwehrend eine Hand. Wenn sie auch nur noch einen Schritt näher kam oder gar noch ein Wort sagte, würde ich ausrasten und wirklich einen Mord begehen. Ich hatte jetzt keine Zeit dafür. Sowohl für den Mord, als auch ihre Worte.

Tanja suchte in der Zwischenzeit alles für eine neue Buttercreme zusammen. Zum Glück hatte ich immer eine fertige Portion Fondant in meiner Vorratskammer. Ein paar der Schmetterlinge ließen sich tatsächlich noch retten. Sie lagen einsam und verlassen auf den Teigresten oder der Servierplatte.

Nach zehn Minuten hatten wir eine respektable Grundstruktur zusammengebaut. Nichts im Vergleich zu der dreistöckigen Torte von vorhin.

„Ruf die Hochzeitsplanerin an. Sie muss Bescheid wissen, dass wir später kommen“, wies ich Tanja an, während ich aus Marzipan ein paar Schmetterlinge und Rosen fertigte. Zwanzig Sekunden später hörte ich sie am Handy reden. Offensichtlich gab es bei der Hochzeit auch schon einige Verspätungen, so dass es nicht dramatisch war, dass wir dreißig Minuten später kamen. In den dieser Zeit gelang uns keine Glanzleistung, aber immerhin etwas.

Während sich der Lieferant mit der Torte auf den Weg machte, vereinbarte ich mit der Hochzeitsplanerin am Telefon, dass sie nur die Ersatztorte würden bezahlen müssen. Es war schließlich nicht die vereinbarte Ware. Sie würde schmecken, keine Frage. Aber es war nicht der Stil meiner Bäckerei. Granny drehte sich vermutlich gerade im Grabe um.

Melanie stand immer noch in der Backstube. Das dumme Kind war nicht einmal auf die Idee gekommen, einen Wischlappen in die Hand zu nehmen und die Sauerei zu beseitigen! Und wir hatten bisher keine Zeit gehabt uns darum zu kümmern.

Tanja nahm mich kurz in den Arm.

„Du gehst jetzt nach Hause, Süße“, verlangte sie. Ich schüttelte den Kopf. Mein Blick fiel auf das Chaos in meiner Bäckerei.

„Ich verspreche dir, wir räumen das hier auf. Melanie“, betonte sie lauter und sah ihre Nichte strafend an, „räumt das auf.“

„Und der Laden?“

„In zwei Stunden passiert nicht mehr viel. Mrs Gregory wird ihre Tasse Tee trinken und der alte Scott wird ihr ein Stück Kuchen spendieren, das sie wieder ablehnt.“

Ich musste trotz dem Ernst der Situation grinsen. Mr Scott war schon seit Jahren vollkommen vernarrt in Witwe Gregory, aber sie ließ ihn immer wieder abblitzen.

„Ich schließe ab, sobald hier alles sauber ist. Fahr nach Hause, Lina. Nimm dir morgen frei!“

Sie schob mich Richtung Ausgang und ich kapitulierte. In meinem Kopf formte sich ein wunderbares Bild: Eine Flasche Wein. Chips. Und einer dieser dramatischen Bollywoodfilme, bei denen ich hemmungslos heulen und es auf den Film schieben konnte.

„In Ordnung“, lenkte ich ein. „Vielleicht komme ich morgen später“, warnte ich sie vor. Obwohl ich vermutlich dennoch pünktlich sein würde. Dafür bedeutete mir der Laden zu viel. In den letzten fünf Jahren hatte ich erst einmal gefehlt: weil ich eine Grippe hatte.

Seufzend verließ ich den Laden und hörte noch, wie Tanja mit Melanie schimpfte. Meine Laune hob sich ein bisschen. Minimal.

Der alte Jeep meiner Großmutter sprang ausnahmsweise mal ohne Zicken an. Normalerweise musste ich den Wagen mehrmals starten und drei Gebete sprechen. Irgendwann müsste ich wohl auch ein Opferlamm darbieten. Aber vermutlich hatte das Teil heute Mitleid mit mir.

Auf dem Weg zum Supermarkt drehten sich die Zahlen in meinem Kopf. Die Kosten für die Torte, plus die der Ersatztorte hätten meine nächste Stromrechnung bezahlt. In der nächsten Zeit müsste ich zu Hause also vermutlich auf Kerzenlicht zurückgreifen. Besser ich setzte gleich ein paar Kerzen auf meine Einkaufsliste. Dafür musste ich eben eine Dose Ravioli von der Liste streichen. Kerzen waren eben teuer. Vielleicht verzichtete ich in der nächsten Zeit auch auf den Kaffee und trank nur welchem im Geschäft. Dann hätte ich wieder gespart.

Ich hasste dieses ewige Rechnen!

Kapitel 2 – Blake

Ich wechselte die Radiosender durch, aber entweder hatte der Sender keinen Empfang oder spielte nur Mist.

Stöhnend griff ich nach meinem Handy und versuchte es mit dem Autoradio zu verbinden. Dummerweise war es ein Mietwagen und ich brauchte länger die Verbindung herzustellen. Mit meinem Porsche wäre das innerhalb weniger Sekunden und per Bluetooth möglich gewesen, aber nicht mit diesem alten Volvo, welchen mein Vater für mich organisiert hatte.

Für einen Moment nahm ich den Blick von der Straße. Das war zu lang. Als ich wieder aufsah, stand dieses verdammte Schaf einfach auf der Straße! Hektisch riss ich das Lenkrad herum und wich dem Mistvieh aus.

Der Volvo kam ein Stück von der Straße ab, geriet ins Schlingern und landete letztendlich im Straßengraben.

Mein Herz raste. Dann fluchte ich. Laut.

Ich suchte nach den Zigaretten, bevor mir einfiel, dass ich seit über vier Jahren nicht mehr rauchte. Gerade jetzt hätte ich eine Ausnahme machen wollen. Nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte, startete ich den Motor. Schließlich hatte ich keine Lust, die Nacht in dieser Einöde zu verbringen. Wo man auch hinsah, nichts als weites, grünes Land. Natürlich war das genau der Grund, warum ich überhaupt hierher musste. Gefallen musste es mir deswegen aber trotzdem nicht!

Der Scheiß Motor stotterte ein paar Mal, bevor er zum Leben erwachte.

„Dreckskarre“, fluchte ich und legte den Rückwärtsgang ein. Beinah sofort bemerkte ich, dass es nicht funktionieren würde. Ich spürte, wie sich die Reifen in den Schlamm eingruben. Hätte ich die Dreckskarre mal nicht beleidigt. Meine Mutter warnte mich immer davor. Sie hatte diesen spirituellen Spleen, dass man alles im Universum mit dem nötigen Respekt behandeln sollte.

„Super.“

Obwohl ich wusste, dass es sinnlos war, versuchte ich den Volvo noch ein paar Mal aus dem Straßengraben zu manövrieren. Am Ende musste ich aber eingestehen, dass ich es wohl nur schlimmer machte.

„Okay, dann eben anders.“ Ich stieg aus, um mir die Sache genauer anzusehen. Vielleicht konnte ich die Karre ja mit ein bisschen Muskelkraft aus dem Schlamm schieben. Ich zog die schwarze Anzugjacke aus und krempelte die Ärmel von meinem Hemd hoch. Dass ich in dem Gras ausrutschte und mich der Länge nach auf die Schnauze legte, half meinem Selbstwertgefühl nicht gerade. Ich kam mir unfassbar bescheuert vor!

Ich musste diesen Kampf verloren geben. Hoffentlich funktionierte mein Empfang in dieser Gegend.

Und wen wollte ich eigentlich anrufen? War ja nicht gerade so, dass ich die Nummer der lokalen Abschleppdienste kannte!

Google, dein Freund und Helfer.

Seufzend setzte ich mich wieder in den Wagen und scrollte durch ein paar Einträge, bis ich etwas Passendes gefunden hatte. „Sam’s Autowerkstatt“ klang nicht einladend, aber im Moment war es meine einzige Möglichkeit.

Offensichtlich sprach ich sofort mit dem Besitzer Sam, der mir versicherte innerhalb der nächsten dreißig Minuten bei mir zu sein. Gott sei Dank war ich kurz vor meinem eigentlichen Ziel Cresent Cove steckengeblieben.

Als der Abschleppwagen endlich in Sicht kam, war mehr als eine halbe Stunde vergangen. Und der Kerl, der aus dem Truck ausstieg, war definitiv das, was ich mir vorgestellt hatte. Ein bärtiger, alter Mann mit Bierbauch im Holzfällerhemd und Ölflecken auf der ausgewaschenen Jeans.

„So, liegen geblieben, ja?“

Wow. Ein wirklich schlauer Mann.

„Das stand ein Schaf auf der Straße“, versuchte ich die Situation zu erklären, aber Sam schien nicht wirklich daran interessiert zu sein. Er winkte ab und betrachtete den Volvo.

„Ganz schön alte Mühle.“

„Es ist ein Mietwagen.“

„Ah“, wieder winkte Sam ab, bevor er um den Wagen herum ging und anfing, ihn auf seinen Abschlepper zu laden. Er wollte ihn nur aus dem Schlamm ziehen, doch mit einem lauten Schlag wurde mir bewusst, dass der Volvo so bald nirgendwo mehr hinfahren würde. Nicht nur, dass die hintere Stoßstange abriss, sondern mit ihr auch gleich die Heckschürze.

Überrascht hielt Sam die Winde an.

„Was ham wa denn da?“

Er schien eher neugierig, denn geschockt. Ich war mittlerweile echt wütend. Erschöpft.

„Können Sie mich mitnehmen?“

„Na, wie woll’n Se denn sonst hier wegkommen? Laufen? Nee, Mister. Steigen Se ein, ich nehm Se mit.“

Ich holte meine Jacke aus dem Auto und wartete, bis Sam meinen Volvo verladen hatte, bevor ich einstieg.

Die Fahrt nach Cresent Cove dauerte noch einmal fünfzehn Minuten. Mit ebenso grauenvoller Musik, wie schon auf meiner bisherigen Reise.

„Wo wollten Se denn hin, Mister?“

Sam drehte die Musik ein bisschen leiser.

„Ich wollte mir die Gegend ansehen.“

„In der Karre?“ Er deutete mit dem Daumen nach hinten. „Keine gute Idee, Mister.“

„Bitte, nennen Sie mich Blake“, verlangte ich. Es ging mir gehörig auf die Nerven, dass er mich ständig nur mit Mister anredete. Allerdings wollte ich ihm auch nicht meinen Vornamen anbieten. Nur meine Familie und engsten Freunde nannten mich Jordan.

„Kein Wunder, dass Se von der Straße abgekommen sin.“

„Es war der letzte Wagen, den die Mietwagenfirma noch hatte. Und da war ein Schaf“, versuchte ich wieder zu erklären, wieso ich von der Straße abgekommen war. Aber es schien Sam immer noch nicht zu interessieren.

Er fuhr die Hauptstraße entlang, vorbei an malerischen kleinen Läden und kleinbürgerlichen Häusern. Und wieder einmal fragte ich mich, was mein Vater mit dieser langweiligen kleinen Stadt wollte! Dann sah ich es.

Am Ende der Hauptstraße konnte ich ein opulentes Steintor ausmachen, das die Zufahrt zu dem weißen Herrenhaus auf dem Hügel blockierte.

„Was ist das?“, fragte ich, obwohl ich vermutlich die Antwort kannte.

Sam beugte sich ein Stück über das Lenkrad, obwohl das Gebäude wohl kaum zu übersehen war.

„Das? Das ist Grey Oak Hall. Es ist unser Wahrzeichen, sozusagen.“ Er grinste mich an. „Der alte O’Farell kam hier zu Reichtum und hat diese Plantage gebaut. Reis“, erzählte er ungefragt. „Viele Menschen aus Cresent Cove haben auf der Plantage gearbeitet. Ist über dreihundert Jahre her.“

Ich nickte, milde interessiert und wandte den Blick ab, als er auf den Hof seiner Werkstatt fuhr. Gleich neben einer kleinen Tankstelle.

„Dann woll’n wa mal gucken, ob wir das alte Ding wieder flott kriegen“, sagte Sam und parkte den Wagen mitten auf dem Hof.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte ich und stieg ebenfalls aus.

„Kenn’se sich denn mit Autos aus?“

Ich wünschte, ich könnte etwas auf seinen zweifelnden Blick erwidern, aber die Wahrheit war: Ich hatte keine Ahnung von Autos! Ich fuhr sie und brachte sie in die Werkstatt, wenn etwas nicht stimmte. Auf keinen Fall machte ich mir die Finger schmutzig an Motoröl oder sonst irgendwas.

„Dacht ich mir. Setzen Se sich mal da drüben hin, während ich mir das anschaue.“

Mit da drüben meinte Sam offensichtlich eine alte, vor allem aber dreckige Plastikbank.

„Danke, ich stehe lieber.“

„Wie Se wollen, Mister. Blake ...“, verbesserte er sich, aber es klang nicht sehr freundlich. Eher als hielte er mich für arrogant. Das war absolut nicht mein Problem! Ich war arrogant. Eingebildet. Und ich liebte es.

Ich verschränkte die Arme und beobachtete ihn eine Weile, wie er leise murmelnd um den Volvo herumlief – ohne überhaupt etwas zu machen! Für wen hielt sich der Kerl? Konnte er telepathisch mit Autos kommunizieren oder was sollte der Scheiß?!

Gerade ich als beschlossen hatte, mich doch auf der dreckigen Bank niederzulassen, fuhr ein anderer Wagen auf den Parkplatz. Ein rostiger Jeep. Ernsthaft? War hier eigentlich irgendetwas nicht alt und verdreckt?

Sam beendete sofort seinen Monolog mit meinem Volvo und drehte sich zu dem Neuankömmling um.

Der Jeep gab einen jämmerlichen Ton von sich, bevor der Motor erstarb und eine junge Frau ausstieg. Die einen überraschend hübschen Anblick bot! Mal von ihrem Klamottengeschmack abgesehen: abgewetzte Jeans, Turnschuhe und eine graue Bluse. Aber der Rest? Sie war groß und schlank. Als sie sich umdrehte, um die Wagentür zu schließen, hatte ich einen perfekten Blick auf ihren knackigen, kleinen Arsch.

„Sam? Ich brauche deine Hilfe!“

Ihre blonden Haare hatten sich aus dem Pferdeschwanz gelöst und als sie mich ansah, war ich für einen Moment sprachlos. Vermutlich, weil sie gar nicht mit mir sprach. Im Gegenteil. Sie schien mich gar nicht zu bemerken, bis sie direkt in der Werkstatthalle stand. Und meinen Volvo bemerkte.

„Oh, ich wusste nicht, dass du -“, sie sah mich, „jemanden hier hast.“

„Nein, kein Problem. Was‘ los?“

„Ähm“, sie deutete mit dem Daumen auf ihren alten Jeep. „Die Öllampe blinkt wieder.“

Sie klang verzweifelt. Besonders weil Sam seufzte.

„Hab dich gewarnt, Lina.“ Er ging auf sie zu und umarmte sie. „Kannst das nicht ewig flicken.“

„Aber noch ein bisschen?“ Sie grinste schief und sah ihn fragend an. Dann erst sah sie mich an. Dieses Mal richtig.

„Entschuldige bitte. Ich wollte mich nicht vordrängeln.“

Sam winkte ab, als hätte sie nicht gerade mit mir geredet. „Macht nix. Schau ich mir schnell an.“

Grinsend kam Lina näher.

„Tut mir wirklich leid. Ich hoffe, du hattest es nicht eilig.“ Sie sah zu meinem Wagen und ich konnte ihre Gedanken geradezu hören.

„Mit dem Wagen wohl eher nicht“, wich ich aus und sie nickte grinsend.

„Was ist passiert?“

„Da war ein Schaf.“

Verdammt, wie oft hatte ich das jetzt bereits gesagt?

„Die Viecher stehen hier öfter mal auf der Straße. Man gewöhnt sich dran“, sagte sie schulterzuckend.

„Gut zu wissen“, murmelte ich.

„Hat sich für dein Haus interessiert“, mischte sich Sam ein, der erstaunlich leise herangetreten war. Er wischte sich an einem fleckigen Lappen die Hände ab.

„Wirklich?“ Sofort änderte sich ihre Haltung. Sie wirkte plötzlich auf der Hut.

Großartig. So viel zum ersten Eindruck.

Moment: Ihr Haus? Grey Oak Hall gehörte ihr? Na wunderbar! Vielleicht sollte ich sie gleich auf das Angebot meines Vaters ansprechen?!

„Was ist mit dem Jeep?“, fragte sie, bevor ich die Gelegenheit dazu hatte.

Sam schüttelte den Kopf.

„Krieg’s wieder hin. Für kurz. Brauchst ’nen Neues. Schnell.“

„Tja, einen neuen Wagen kann ich mir nicht leisten.“

Seufzend wischte sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie wirkte müde.

Ich öffnete den Mund, denn das war genau mein Stichwort, da funkte der verdammte Mechaniker wieder dazwischen.

„Kannst noch ’nen Mitbewohner brauchen? Der hier braucht ’ne Unterkunft.“

Mit seinen dreckigen Fingern zeigte Sam auf mich.

„Wie bitte? Was?“

„Hab die Teile für die Schrottkarre nicht da. Könnte ein paar Tage dauern.“ Er zuckte mit der Schulter, als würde es ihn nicht interessieren. Tat es vermutlich auch nicht nicht.

„Gibt es hier kein Hotel?“

„Ausgebucht.“

Zweifelnd sah ich Lina an.

„Er hat Recht. Es gibt eine große Hochzeit und das Hotel ist total voll. Aber ich biete ein Zimmer zur Untermiete an. Wenn du willst.“

Sie schien nicht wirklich begeistert von der Idee.

„Machst du das öfter?

---ENDE DER LESEPROBE---