Memento - Der Neubeginn - Julianna Baggott - E-Book

Memento - Der Neubeginn E-Book

Julianna Baggott

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Beschreibung

Neun Jahre sind vergangen, seit die Bomben die Erde zerstörten. Im geschützten Kapitol führen die Reinen ein elitäres Leben, während außerhalb die Menschen ums Überleben kämpfen müssen. Partridge kehrt ins Kapitol zurück und übernimmt den Platz seines Vaters, um eine innere Rebellion zu organisieren. Außerhalb kommen sich Pressia und Bradwell immer näher. Sie wollen die Unterdrückung der Reinen ein für allemal zu stoppen, doch dafür sind sie auf Partridge angewiesen. Können Sie ihrem Freund noch vertrauen, oder wird ein neuer Krieg ausbrechen?

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Seitenzahl: 620

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Vollständige E-Book-Ausgabe des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Burn« Für die Originalausgabe: Copyright © 2014 by Julianna Baggott Für die deutschsprachige Ausgabe: Copyright © 2014 by Bastei Lübbe AG, Köln Lektorat: Kristin Overmeier Umschlaggestaltung: Tanja Østlyngen unter Verwendung von Motiven von © Kevin Twomey/© shutterstock/Hal_P Datenkonvertierung E-Book: Dörlemann Satz, Lemförde ISBN 978-3-8387-5271-6 Sie finden uns im Internet unter www.luebbe.de Bitte beachten Sie auch www.lesejury.de

Für David Scott. Manchmal will ich mich einfach nur hinlegen – blind und müde vom Chaos des Lebens – und mit dir überleben.

PROLOG

BRADWELL

Er weiß, wie es enden wird. Er sieht das Ende vor sich – fast so deutlich wie den Anfang.

»Dort hat es begonnen«, flüstert er in den Wind, während seine sperrigen Schwingen rascheln und die unteren Federn hinter ihm über den Boden schleifen. Auf dem Weg zu dem felsigen Abgrund am Rand des Stoppelfelds muss er die Flügel anlegen, um nicht zur Seite geweht zu werden. Am liebsten würde er umkehren und sich in die Vergangenheit graben, zu dem kleinen Jungen, der er einmal war.

Zu dem Moment, von dem er nie erzählen konnte.

Er hatte den Mord an seinen Eltern nicht verschlafen. Auch wenn er es sich hinterher immer wieder einreden wollte.

Kurz nachdem die Männer bei ihm zu Hause eingebrochen waren, weckte ihn plötzlicher Lärm – ein Handgemenge, der Schrei seiner Mutter. Etwas später müssen sie seine Eltern erschossen haben. Aber Bradwell wusste, dass er sich vor Einbrechern in Acht nehmen musste, und so schlüpfte er schnell unter das Bett.

In der schmalen Lücke zwischen der Stoffumrandung des Bettrahmens und dem Boden tauchte ein Stiefelpaar auf – und blieb stehen. Dann ging der Mörder, Bradwells Möchtegernmörder, in die Knie und hob die Matratze an, und einen Moment lang blickten sie sich in die Augen.

Bradwell rührte sich nicht. Er wagte kaum zu atmen. Er starrte nur auf das längliche, knochige Gesicht mit dem leicht schiefen Kinn. In die blauen Augen des Killers.

Schließlich ließ der Mann die Matratze wieder fallen, ohne ein Wort zu sagen.

»Anscheinend übernachtet der Junge bei Freunden!«, rief er seinem Kameraden zu.

»Hast du das Zimmer durchsucht?«, fragte der andere.

»Klar hab ich das verdammte Zimmer durchsucht!«

Bradwell lauschte, bis er sich sicher war, dass die beiden verschwunden waren, und stand trotzdem nicht auf. Er blieb unter dem Bett und stellte sich schlafend. Er stellte sich träumend. Erst nach einer Weile öffnete er die Augen, und was danach geschah, hat er seinen Freunden erzählt: Er lief wie jeden Morgen in die Küche, als wäre nichts gewesen; anders konnte er wohl nicht mit der Situation umgehen. Weil seine Eltern noch kein Frühstück gemacht hatten, rief er nach ihnen, und als sie nicht antworteten, geriet er endlich in Panik. Und fand sie in ihren Betten. Tot.

Er hätte zu seiner Mutter rennen können, als sie geschrien hat, aber stattdessen hat er sich versteckt. Pressia hat er erzählt, er hätte die Morde verschlafen – weil er selbst daran glauben wollte. Aber die Wahrheit ist, dass dieser Tag sein letzter hätte sein sollen. Und darauf folgten noch so viele andere letzte Tage, die er irgendwie überlebt hat. Dass er noch am Leben ist, ist Zufall.

Bradwell klettert über die Felsen zum Abhang. Am dunklen Himmel hängt ein strahlender Mond. Bradwell breitet seine Schwingen aus, so weit es geht, und als er sich in den Wind lehnt, denkt er: Wenn der Wind jetzt nachlässt, stürze ich in den Abgrund – und fliege?

Aber seine Flügel würden ihn nicht tragen.

Und er wird nicht als fliegender Mensch enden.

Er wird in Staub und Asche enden.

Er hätte als Märtyrer sterben sollen, an der Seite seiner Eltern.

Er hatte kein Recht auf die Zeit, die er mit seinen Brüdern verbracht hat, mit El Capitán und Helmud. Er hat kein Recht, zu lieben und geliebt zu werden. Pressia. Sobald er an Pressia denkt, fühlt er sich, als hätte man ihm das Herz herausgeschnitten. Er hätte in ihren Armen sterben sollen, auf dem vereisten Waldboden. Oder an seine Brüder gefesselt, während sich ihr Blut miteinander mischte. Aber er ist nicht gestorben. Das war nicht das Ende.    

Hier, am Abgrund, sieht er das Ende vor sich: Er liegt im Staub, in der Asche seiner Heimat, mit einem klaffenden Loch in der Brust, und aus seinem Körper erhebt sich die Wahrheit wie ein langer, weißer, gewundener, von seinem Blut gesprenkelter Rauchfaden.

Wie wird er dorthin gelangen? Und wann ist es so weit?

Bradwell weiß nur, dass er nicht mehr allzu lange warten muss.

Als der Wind durch seine Schwingen pfeift, kommt er sich vor, als würde er unaufhaltsam auf das Ende zuschlingern – oder ist es das Ende, das auf ihn zurast?

Diesmal wird er sich nicht verstecken. Diesmal wird er handeln, wenn er den Schrei hört.

PRESSIA

SCHLÜSSEL

Die Tür von Pressias Zimmer ist abgeschlossen. Wenn die Betreuerinnen kommen und gehen, klimpern sie mit einem großen Schlüsselbund. Wie viele Zimmer gibt es hier? Und wo ist Bradwell? Wo sind Helmud und El Capitán? Wo sind Pressias Sachen, die Ampulle und die Formel?

Die Betreuerinnen beantworten keine Fragen. Sie sagen, Pressia soll erst mal gesund werden. »Ich bin nicht krank«, erwidert Pressia. Sie sagen, sie soll sich ausruhen. »Ich kann nicht schlafen.« Dann lächeln und nicken die Betreuerinnen und deuten auf die Alarmknöpfe an allen Wänden ihres Zimmers. »Drück da drauf, wenn es einen Notfall gibt.« Jede Betreuerin trägt ein Halsband mit einem ähnlichen Alarmknopf. Doch Pressia weiß nicht, was für ein Notfall eintreten könnte, und wenn sie sich danach erkundigt, meinen die Betreuerinnen: »Nur für alle Fälle …«

»Was für Fälle?«

Darauf antworten sie nicht.

Die Tage gleichen einander. Es sind bereits zu viele verstrichen, um noch mitzuzählen. Wochen, vielleicht schon ein ganzer Monat.

Hier arbeiten ausschließlich Frauen, und allen haftet das gleiche goldene Schimmern an. Ist es bloß eine Spiegelung des Kaminfeuers? Oder liegt es daran, dass so viele von ihnen schwanger sind – leuchten schwangere Frauen? Ein inneres Leuchten? Über der Hüfte der meisten Betreuerinnen wölben sich runde Bäuche, wie aufgehende Blüten.

Doch auch alle anderen strahlen wie Gold. Auch die Kinder auf der Wiese, die tagsüber in bestimmten Abständen zum Spielen ins Freie geschickt werden. Sie vergnügen sich mit Stöcken und Bällen und Netzen, die sie an Stangen in den kalten Boden rammen. Die Kinder glitzern, als wären sie in eine Art Lack getaucht worden. Keine Verschmelzungen, keine Narben und Wunden. Reine Haut. Und Alarmknöpfe, die auf ihren Mantelkragen tanzen.

Die Betreuerinnen bringen Pressia zu essen und zu trinken: heiße Brühe, Haferbrei, große Gläser mit kalter Milch – weiße, absolut weiße Milch, in der kein einziger Aschekrümel schwimmt. Denn die Aschefresser sind überall: Sie krabbeln über das Besteck, über die Kante der Edelstahlbadewanne, über die Fensterscheiben, drinnen wie draußen. Überall blitzen ihre gewölbten, schillernden Panzer. Die Kälte scheint ihnen nichts auszumachen. Tag und Nacht schaufeln sie die Asche mit ihren zierlichen Armen in ihr winziges Maul.

Eine Betreuerin hat Pressia erzählt, die Aschefresser seien gezüchtet worden, um reinen Tisch zu machen. So hat sie sich ausgedrückt.    

Nur wegen der Aschefresser ist der Himmel vor Pressias Fenster blau statt grau.

Nur wegen der Aschefresser sind die Laken und Kissenbezüge und selbst die zarten Daunenfedern, die ab und zu aus einem Kissen entwischen, strahlend weiß. Sauberer als alles, was Pressia jemals gesehen hat.

Ihr ganzes Zimmer ist unglaublich sauber. Das Bettzeug wird täglich gewechselt, und nebenan, im Badezimmer, liegt immer ein frisches Stück Seife. Irgendwer entfernt sogar die verknoteten Haare, die sich in ihrer Bürste verhaken. Jeden Morgen sieht die Bürste aus wie neu.

Pressia streicht über die Fensterscheibe und blickt ins Freie. Von hier aus kann sie den uralten gemauerten Turm erkennen, der sich am Wind anzulehnen scheint; auf dem nebligen Hang darunter treiben sich einige der seltsamen, schwerfälligen Tiere herum – sie sind groß wie Kühe, aber sie haben kein Fell, sondern eine dicke, gummiartige Haut, manchmal auch Stoßzähne. Hinter der Herde liegt das Luftschiff, das durch ein Rankengewirr mit dem Boden verwachsen ist. Als wolle die Erde es verschlingen.

Ob Pressia jemals nach Hause zurückkehren wird? Oder war ihre Heimat nur eine Einbildung? Und nach allem, was geschehen ist, nach all ihren Fehlern – hat sie es noch verdient, ein Zuhause zu haben? Bradwells gigantische Flügel … Was hat sie ihm nur angetan? Pressia würde am liebsten die Zeit zurückdrehen. Aber es gibt kein Zurück.

Reinen Tisch machen.

Was, wenn das nicht geht? Nie wieder?

Versucht überhaupt irgendwer, das Luftschiff zu reparieren? Sind Bradwell, El Capitán und Helmud schon wieder gesund genug, um sich auf die Reise zu machen? Und wird Bradwell ihr irgendwann verzeihen?

»Das ist doch alles Zeitverschwendung!« Ein paarmal hat Pressia die Geduld verloren und ihre Betreuerinnen angeschrien. »Wir müssen nach Hause! Die Leute brauchen uns!«

Doch die Betreuerinnen haben nur gelächelt und genickt und auf die Alarmknöpfe hingewiesen.

Nachts, wenn es in Pressias Zimmer dunkel wird, leuchten die Alarmknöpfe rötlich. Und Pressia hört das Heulen. Jede Nacht – Hunde in der Ferne. Oder Wölfe, Füchse, Kojoten? Was für Hunde wohl in diesem Land leben? Manchmal stellt Pressia sich vor, die Hunde würden sie einkreisen, vielleicht sogar attackieren. Manchmal will sie in Stücke gerissen werden, von der Bildfläche verschwinden.

Und wenn sie aufwacht, fühlt sie sich kaum besser. Sie wünschte, sie könnte den Hunden ihre Schuldgefühle zum Fraß vorwerfen. Ständig denkt sie an Bradwell, auch jetzt, unter der schwachen Morgensonne, die durchs Fenster fällt. Kaum hatte sie den Vögeln in seinem Rücken das Serum gespritzt, schwollen ihre Flügel rasant an, und sein Brustkorb, seine Schultern dehnten sich aus – und Bradwell brüllte: »Was hast du mir angetan?« Pressia weiß, dass sie ihn verraten hat. Er wollte nicht durch die Flüssigkeit in den Ampullen vor dem Tod bewahrt werden, durch die Medizin, die eines Tages alle Überlebenden von ihren Narben und Verschmelzungen befreien könnte. Bradwell wollte als Reiner sterben – als seine Version eines Reinen. Aber dazu hätte Pressia ihn loslassen müssen.

Pressia dreht sich im Bett um und hängt ihren Träumen nach. Sie hat nie vergessen, was für ein Gefühl es war, mit Bradwell auf dem harten Boden unter der gemauerten Unterführung zu liegen. Wie sich seine rauen, warmen Hände auf ihre Wangen gelegt haben. Ein Gefühl, als wäre sie zum ersten Mal wirklich lebendig – als wäre jede Zelle ihres Körpers zum Leben erwacht. Nun ist ein Teil von ihr abgestorben. Sie spürt eine Leere im Inneren. Bradwell hasst sie. Sie hasst sich selbst. Was ist schlimmer? Pressia weiß es nicht. Sie würde alles tun, um sein Vertrauen zurückzugewinnen. Aber ihr ist klar, dass sie ihren Fehler nie wiedergutmachen kann.

Aus philosophischer Sicht versteht sie, warum Bradwell die Vorstellung hasst, sich selbst und alle anderen von den alten Narben und Verschmelzungen zu reinigen: Er lehnt es ab, die Vergangenheit umzukehren, die Sünden des Kapitols auszulöschen. Aber Pressia kann nicht glauben, dass er sich in einem geheimen Winkel seiner Seele nicht doch danach sehnt, wieder ganz zu sein.

Sie legt den Finger auf die Narbe an der Innenseite ihres Handgelenks, auf die dünne, gewellte Linie, wo sich ihre Nervenenden mit dem Plastik des Puppenkopfs verwoben haben. Mit dreizehn hat sie versucht, sich den Puppenkopf abzuschneiden, und ihre Hand gleich mit. Sie erinnert sich an die Kälte der Klinge auf ihrer Haut. An den scharfen Schmerz. Den Schmerz, den sie mithilfe des Messers kontrollieren konnte. Alles andere lag außerhalb ihrer Kontrolle, und sie wollte Kontrolle. Dachte sie, mit einem Stumpf würde es sich besser leben? Dachte sie überhaupt nach? Nicht wirklich. Sie wollte den Puppenkopf einfach loswerden.

Das will sie noch immer, und mit der Ampulle und der Formel waren ihre Chancen gestiegen, es tatsächlich möglich zu machen. Doch Bart Kelly hat beides beschlagnahmt, nachdem Pressia und ihre Freunde ihr Leben riskiert hatten, um die Formel zu bergen. Pressia will die Ampulle und die Formel ins Kapitol schaffen, zu den Wissenschaftlern in ihren Laboren, und zwar nicht nur aus Eigennutz. Sie träumt von einer Zukunft, in der alle Überlebenden geheilt sind.

Pressia reibt sich die Knöchel, die sich im Inneren des Puppenkopfs verbergen, und kratzt sich mit den Fingernägeln über den Arm. Sie will wieder ganz sein. Ist das nicht normal, nach so vielen Jahren?

Ein Schlüssel klimpert im Schloss, der Türknauf wird herumgedreht. Vor dem Fenster strahlt die Morgensonne.

Pressia richtet sich auf, schwingt die Beine über die Bettkante und wartet ab.

Die einzige Frau, die Pressia mit Namen kennt, tritt ein: Fedelma, die Leiterin der Betreuerinnen, die ihr Haar immer zu zwei abstehenden Hörnchen verknotet. Womöglich darf sie aufgrund ihrer höheren Position offener sprechen als die anderen? Pressia ist froh, sie zu sehen.

Auch Fedelma ist schwanger. Sie manövriert ihren Bauch durch die Tür wie eine prall gefüllte Tonne. Dabei ist sie nicht mehr besonders jung – an den Schläfen wird sie bereits grau, und wenn sie lächelt, wirft die Haut um ihre Augen tiefe Fältchen.

Mit einer Hand schließt Fedelma die Tür hinter sich, auf der anderen balanciert sie ein Blechtablett. »Wie hast du geschlafen?«

»Kaum.« Pressia beschließt, sofort zum Thema zu kommen. »Ich will Bart Kelly sprechen.« Sie hat Kelly nicht mehr gesehen, seit sie alle auf einen Wagen geladen und hierhergeschafft wurden. In ihrer Erinnerung ist dieser Tag ein einziger Strudel aus Lärm, Dornen, Blut und Federn. »Er hat etwas, das mir gehört.«

»Auf Bart ist Verlass«, erwidert Fedelma, während sie das Tablett auf dem Nachttisch abstellt. »Wenn es so weit ist, wird er euch alles erklären.«

Alles. Auch was mit Pressias Eltern geschehen ist? Auch die ganze Vergangenheit? Bart war ein Mitglied der Sieben, ein Jugendfreund ihrer Eltern. Er kannte sie besser, als Pressia sie je kennenlernen wird. Und sie hatte sich sogar Hoffnungen gemacht, vielleicht ihren Vater hier zu finden! Darüber kann sie nur noch lachen. Doch obwohl sie ihn kaum kennt, vermisst sie ihn noch immer.

»Und was ist mit dem Luftschiff?«, fragt sie. »Will Kelly es einfach da draußen liegen lassen, unter dem ganzen Gestrüpp?«

»Die Ranken dienen als Tarnung. Sie schützen das Luftschiff vor Raubtieren und Räuberbanden. Dazu wurden die fleischfressenden Pflanzen gezüchtet – zu unserem Schutz.«

Die haben fleischfressende Pflanzen gezüchtet? Dann muss es hier Labore geben, Petrischalen mit Nährböden …

Fedelma beugt sich vor und fasst Pressia sanft am Handgelenk – natürlich nicht an dem Handgelenk, das mit dem Puppenkopf verschmolzen ist. Die Plastikhaut über Pressias verborgener Faust beunruhigt Fedelma zutiefst, auch wenn sie versucht, sich nichts anmerken zu lassen.

»Was machst du da?«, fragt Pressia.

Fedelma schiebt den Ärmel von Pressias Pullover nach oben und deutet auf ihren Arm. »Siehst du? Deine Haut färbt sich langsam golden. Wir versetzen dein Essen mit Chemikalien, die die Ranken fernhalten. Sie erzeugen einen Duft, der aus deinen Poren dringt.«

Jetzt sieht Pressia es auch – ein kaum zu erahnendes Schimmern. Sie zieht den Ärmel wieder herunter. »Ich lasse mich nicht vergiften.«

»Willst du dich lieber von Dornenranken erdrosseln lassen und langsam verbluten?«

Fedelma hat recht. Pressia hat gesehen, wie die Ranken Bradwell, El Capitán und Helmud zugerichtet haben.

»Schön aufessen«, meint Fedelma und schiebt ihr das Tablett hin.

»Warum sagt ihr mir nicht, was die ganzen Alarmknöpfe sollen? Wovor habt ihr solche Angst?«

Fedelma reibt sich die Arme, als wäre ihr plötzlich kalt, und geht zum Fenster. »Darüber sprechen wir nicht.«

»Fürchtet ihr euch vor dem Heulen in der Nacht?«

»Nein, die streunenden Hunde gehören uns. Sie passen auf uns auf.«

»Warum sagt ihr’s mir dann nicht? Ich will es wissen.«

»Ihr seid unsere ersten Gäste. Wir wissen nicht, wie man mit Fremden umgeht. Sie sind uns einfach nur fremd, und was fremd ist, könnte eine Bedrohung darstellen.«

»Was ist denn so bedrohlich an mir?«

Fedelma mustert Pressia und gibt ihr doch keine Antwort. »Einer deiner Freunde unternimmt neuerdings Spaziergänge durch die Anlage. Ich weiß nicht, wer ihm die Erlaubnis gegeben hat – als ihr angekommen seid, sah er am schlimmsten aus. Vielleicht hat er gar keine Erlaubnis? Aber er läuft da draußen herum. Ich habe ihn nun schon am zweiten Tag hintereinander gesehen.«

»Bradwell?«, fragt Pressia, springt auf und eilt zum Fenster.

Fedelma nickt. »Aber er ist noch etwas wacklig auf den Beinen. Kein Wunder …«

Das Vieh wurde auf eine andere Weide getrieben, doch die Kinder sind noch da, sie toben immer noch mit ihren Bällen und Stöcken über die Wiese. Das meiste Spielzeug wirkt nagelneu, genau wie ihre Mützen und Schals. Vielleicht waren es Geschenke? Weihnachten ist noch nicht lange her. Die Kinder johlen und pfeifen. Ein Grüppchen singt ein Lied und klatscht dabei die Hände gegeneinander.

Am Rand drückt sich ein kleines Mädchen in einem knallroten Pulli herum. Es hält eine Puppe im Arm. Pressia erinnert sich, wie sie früher mit ihrer Puppe herumgelaufen ist – mit der Puppe, die sie nun nicht mehr loswird. Aber damals war die Puppe ganz neu, mit zwei glänzenden, klimpernden Augen, die sich gleichzeitig öffneten und schlossen. Neu. Neu zu sein … Pressia hat vergessen, was für ein Gefühl das ist.

Ein anderes Mädchen gesellt sich zu der Kleinen mit der Puppe. Die beiden müssen eineiige Zwillinge sein. Sie haken sich beieinander unter und spazieren davon.

So viele Kinder, so wenige Erwachsene. Die Bevölkerung muss wiederaufgebaut werden. Die Menschen haben gar keine Wahl. Aber wo ist Bradwell? »Wo ist er? Siehst du ihn?«

»Nein«, meint Fedelma. »Aber irgendwo da draußen wird er schon sein.«

»Dann muss ich auch raus.«

Fedelma schüttelt den Kopf. »Du musst essen. Du musst schlafen. Wenn du wieder auf die Beine kommen willst, musst du …«

»Ich muss ihn sehen – mit eigenen Augen«, sagt Pressia und läuft zur Tür. Fedelma hat vergessen abzuschließen.

»Nein!«, ruft Fedelma. »Bleib stehen, Pressia!«

Doch Pressia ist schon durch die Tür.

Als sie durch den Flur hetzt und die erstbeste Treppe hinunterstürmt, hört sie Fedelmas Schritte hinter sich. »Nicht, Pressia!«

Darf man als Schwangere überhaupt rennen? Wie alt ist Fedelma eigentlich?

Pressia drückt eine schwere Holztür auf und stolpert ins Freie.

Feuchte, schneidende Kälte.

Schnell marschiert sie durch das Gewimmel der goldenen Kinder. Eine größere Gruppe spielt ein Spiel: Die einen stellen sich in einem lockeren Kreis auf, die anderen drehen sich in der Mitte um die eigene Achse.

Schau in den Spiegel, Spiegel.

Schau, wer dir gleicht, gleicht.

Bis du dich gefunden hast! Gefunden hast!

Aber beeil dich! Beeil dich!

Die Kinder, die den Kreis bilden, brüllen das Lied und fliehen dann in alle Richtungen, während die anderen, denen mittlerweile natürlich furchtbar schwindlig ist, die Verfolgung aufnehmen.

Doch die, die nicht mitmachen, halten inne und starren Pressia an. Jetzt wo sie mitten in der Kinderschar steht, entdeckt sie ein weiteres Zwillingspaar – und noch ein Kind, das exakt gleich aussieht. Eineiige Drillinge? Aber Pressia sollte die Kinder nicht anstarren. Sie mag es selbst nicht, angestarrt zu werden.

Ein Junge mit rabenschwarzem Haar deutet auf ihre Puppenkopffaust. »Da!«

Natürlich könnte Pressia den Puppenkopf verbergen, aber sie will nicht.

Hinter ihr schnauft Fedelma. »Halt den Mund, Junge! Spiel weiter!«

Pressia rennt zum alten Turm; vielleicht kann sie Bradwell von dort oben aus finden. Die Kinder lassen sie ans Kapitol denken – an ein gelobtes Land, in dem es keine Missbildungen, Narben und Verschmelzungen gibt. Nur saubere Luft. Sie fragt sich, was ihr Halbbruder Partridge wohl gerade macht. Er ist freiwillig ins Kapitol zurückgekehrt, er hat sich gestellt. Hat er schon Verbündete gefunden, die ihm helfen werden, seinen Vater von der Macht zu verdrängen? Wird er sich an die leidenden Menschen in der Außenwelt erinnern? Wird er das Richtige tun? Und tut Pressia das Richtige? Ist es nicht falsch, in einer Zelle zu hocken und abzuwarten? Was, wenn Kelly nicht Wort hält?

»Du darfst nicht im Freien rumlaufen!«, ruft Fedelma irgendwo in ihrem Rücken. »Du sollst dich erholen, auf ausdrücklichen Befehl von Bart Kelly! Wenn er erfährt, was du hier treibst … Hörst du mir denn gar nicht zu!?«

Das letzte Stück zum Turm sprintet Pressia. Kalte Luft brennt ihr in der Lunge. Dann hastet sie die enge Wendeltreppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal. Mit ihrer gesunden Hand zieht sie sich am Geländer weiter, die Puppenkopffaust drückt sie an die Brust, als könnte die Puppe ihr trommelndes Herz hören.

Es ist ein kreisrunder Turm mit spitzem Dach. Durch die schmalen, nicht verglasten Fenster pfeift der Wind, und auf dem kalten, verwitterten Stein wächst glitschiges Moos. Pressia bleibt an einem Fensterloch stehen und schaut hinaus – dichte Nebelschwaden, das verwucherte Luftschiff aus einer anderen Perspektive. Als die Ranken rascheln, scheint das Schiff leicht zu schwanken. Haben sie sich schon so tief in die Hülle gegraben, dass sie das ganze Gefährt ins Wanken bringen? Oder hat sich dort irgendein Ungeziefer eingenistet?

Pressia fragt sich, ob sie und die anderen dieses Land jemals wieder verlassen werden. Das Luftschiff ist ihre einzige Chance.

Sie rennt zum nächsten Fensterloch – doch von dort aus sieht sie nur ein paar der eigenartigen Tiere, deren Namen sie nicht kennt. Sie grasen an einem Felsvorsprung.

Hinter ihr trampeln Fedelmas Stiefel über die Stufen, und als Pressia sich umdreht, steht die schwer atmende Betreuerin bereits vor ihr.

»Solltest du in deinem Zustand wirklich rennen?«, fragt Pressia.

»Solltest du in deinem Zustand rennen?«, erwidert Fedelma. Jetzt stehen sie beide hier, ohne Jacke in der Kälte. Fedelma verschränkt die Arme vor der Brust, über ihrem runden Bauch, während der Wind an ein paar Strähnen zupft, die aus ihren spitzen Haarknoten entkommen sind.

»Warum denkt ihr eigentlich, ich wäre krank?«, fragt Pressia. »Bradwell, El Capitán und Helmud wären beinahe umgekommen, aber ich doch nicht!«

»Deine Freunde leiden noch unter den Stichwunden von den Dornen. Aber du bist sogar schlimmer dran, wenn man so will. Dein Herz ist krank.«

Pressia zuckt zusammen. »Was redest du da?« Doch sie weiß, was Fedelma meint. Der Schmerz sitzt in ihrem Inneren wie ein Felsblock auf ihrer Brust. Die Trauer. Die Schuldgefühle einer Verräterin. Sie geht zum nächsten Fenster, blickt ins Freie und sieht nichts als Himmel, Erde und ein paar Bäume in der Ferne. Ein Aschefresser krabbelt durch den schmalen Spalt zwischen zwei Steinen. Pressia stupst ihn mit der Fingerspitze an.

»Dein Inneres muss verheilen«, erklärt Fedelma. »Und das dauert.«

Pressias Augen werden feucht. Die Schuld lastet so schwer auf ihrer Brust, dass sie kaum noch Luft bekommt. Ein Druck auf der Lunge, ein stechender Schmerz.

»Kelly will euch sprechen. Euch alle. Heute.«

»Warum hast du mir das nicht gleich gesagt?«

»Weil ich es euch nicht sagen sollte«, seufzt Fedelma. »Kelly kann euch helfen. Aber dafür verlangt er eine Gegenleistung.«

»Was will er?«

Statt zu antworten, lehnt Fedelma sich aus dem Fenster. Es wird still. Nur die spielenden Kinder unten auf der Wiese und der zischende Wind sind zu hören. »Da ist er. Der, den du suchst«, sagt Fedelma und tritt einen Schritt zurück. »Schau.«

Pressia stürzt zum Fenster.

Bradwell läuft den Hang hinunter, durch das hohe Gras. Auf seinem Rücken krümmen sich drei riesige Flügelpaare. Sie reichen bis hinab zu den Stiefelfersen, die äußersten Spitzen schleifen über den Boden. Offenbar hat Bradwell sich noch nicht an ihr Gewicht gewöhnt – bei heftigeren Windböen gerät er ins Stolpern. Er bewegt sich ungeschickt, tapsig, übervorsichtig, ganz anders als früher. Fast wie ein Fohlen, das erst noch lernen muss, wie seine Beine funktionieren.

Hinter ihm rollt Fignan durch das Gras, die Blackbox, Bradwells treuer Gefährte. Die Räder an seinen spinnenartigen Beinen hinterlassen eine schmale Spur aus platt gedrückten Halmen.

Pressia erinnert sich, wie die Spritze in ihrer Hand gezittert hat – und wie sie die Nadel dennoch in die drei kleinen Vögel in Bradwells Rücken gebohrt hat. Bradwell wusste, wie er sterben wollte, und diesen Tod hat sie ihm verwehrt. Doch er hat überlebt. Pressias Herz pocht. Egal was er von ihr denkt, sie wird sich nicht dafür entschuldigen, ihm das Leben gerettet zu haben. Sie kann nicht.

Und er wird ihr nie verzeihen.

Als Bradwell kurz stehen bleibt, fragt Pressia sich, ob er ihren Blick spürt. Doch er dreht sich nicht zu ihr. Er starrt in den Himmel, auf die Vögel, die hoch über ihm kreisen. Sein Gesicht ist blass, er hat viel Blut verloren – doch sein Kinn wirkt noch genauso kantig wie früher, sein Blick genauso entschlossen. Als er tief einatmet, bläht sich sein Brustkorb noch weiter, und während er die Flugbahn der Vögel verfolgt, zuckt einer seiner Flügel. Nur ganz leicht.

Dreh dich um, denkt Pressia. Dreh dich um und schau mich an. Ich bin hier.

Doch Bradwell zieht den Kopf ein, stemmt sich gegen den Wind und geht weiter.

PARTRIDGE

TRAUER

Manchmal steigen die Worte einfach in seiner Kehle auf: Ich habe ihn umgebracht. Manchmal öffnet er fast schon den Mund, als wollte er es in aller Öffentlichkeit gestehen: Ich habe meinen Vater umgebracht, euren geliebten Herrn, euren Retter Willux. Bis es ihm wieder den Hals zuschnürt.

Er darf sein Verbrechen nicht gestehen, niemandem – außer Lyda. Nachdem er ihr alles erzählt hatte, ging es ihm etwas besser, doch die Erleichterung hat nur kurz angehalten. Er sieht Lyda bloß alle paar Tage. An Weihnachten ist er über Nacht geblieben, aber das ist schon wieder einen knappen Monat her. Am Weihnachtsmorgen, gleich nach dem Aufwachen, haben sie sich ihre bescheidenen Geschenke überreicht, in der hübschen Wohnung auf Ebene Oben Zwei, die Partridge für Lyda organisiert hat. Er hat sie aus dem Therapiezentrum geholt, seine erste Amtshandlung, nachdem die Macht seines Vaters auf ihn übergegangen war. Jetzt wird Lyda gut umsorgt – Lyda und das Baby in ihrem Bauch. Ihr gemeinsames Kind.

Die Wahrheit gellt durch seinen Schädel: Ich habe ihn umgebracht. Partridge hätte nie gedacht, dass ein Geheimnis so quälend sein kann. Aber es ist mehr als ein Geheimnis. Es ist Mord. Er ist ein Vatermörder.

Partridge sitzt im Nebenzimmer der Haupthalle. Er hört, wie sich drüben die Trauergesellschaft versammelt. Noch unterdrücken die Leute ihre Gefühle, aber bald werden sie alles rauslassen. Bald wird es laut, laut und stickig wegen der vielen Menschen, die sich aneinanderdrängen, während Partridge ihre Beileidsbekundungen entgegennimmt, ihre ganze krankhafte Liebe zu seinem Vater.

Foresteed tritt ein. Partridge hat ihn erwartet; Foresteed gilt schon lange als offizielles Gesicht der Führung des Kapitols, und bei den Gedenkzeremonien fehlt er nur selten. Willux hatte ihn als Strohmann benutzt, seit es mit seiner Gesundheit bergab gegangen war, sodass Foresteed sich sicher Hoffnungen gemacht hatte, eines Tages seinen Platz einzunehmen. Er ist nicht gerade Partridges größter Fan.

Natürlich kommt Foresteed in Begleitung: seine Mitarbeiter Purdy und Hoppes. Nach den üblichen Begrüßungsfloskeln nehmen die drei auf der anderen Seite des Mahagonitisches Platz. Partridge steckt wie immer in einem schwarzen Anzug. Davon besitzt er inzwischen sieben Stück, einen für jeden Wochentag. Er trägt Trauer.

»Wir sollten uns kurz unterhalten«, meint Foresteed.

Partridge nickt. »Ja. Ich wollte sowieso fragen, wann die Gedenkzeremonien mal ein Ende haben.« Er fühlt sich, als wäre er mit der Urne seines Vaters auf einer Tour der Trauer. Am schlimmsten sind die endlosen Lobreden auf den Verstorbenen. Die meisten heben hervor, wovor Willux seine Untergebenen bewahrt hat: vor den Unglückseligen, diesem Schandfleck der Erde, diesen seelenlosen Nichtmenschen. Und gleichzeitig muss Partridge sich die Hoffnung bewahren, dass er die Meinung der Leute ändern kann, wenn die Zeit gekommen ist. »Wenn sie erst mal eine Unglückselige kennenlernen, zum Beispiel Pressia«, hat er Lyda erklärt, »dann wird alles anders.« Doch seine Zweifel bringen ihn fast um.

Foresteed legt den Kopf schief. »Sind Ihnen die Zeremonien zu viel? Ich weiß, Sie müssen sich neben Ihrer Trauer auch noch mit der grenzenlosen Bewunderung der Bevölkerung auseinandersetzen … Kommen Sie damit klar?«

Eines muss man Foresteed lassen – er ist ein Meister doppelbödiger Unterhaltungen. War diese Bemerkung sarkastisch gemeint? Will er andeuten, dass Partridge nicht ausreichend trauert? Ahnt er, dass Partridge seinen Vater umgebracht hat? Oder will er ihn bloß als Schwächling hinstellen? »Ich will mich einfach endlich an die Arbeit machen«, meint Partridge. »So, wie es mein Vater gewollt hätte.« Er starrt auf den Tisch und reibt sich die Stirn, um seine feuchten Augen zu verbergen. Ja, er hat seinen Vater ermordet, und nein, er bereut es nicht – doch er vermisst ihn trotzdem. Das ist ja das Kranke daran. Er hat ihn geliebt. Und ein Sohn darf seinen Vater lieben, oder? Trotz allem? Partridge hasst dieses dauernde Hin und Her seiner Gefühle: Gewissensbisse, Trauer, Angst vor der Entlarvung …

Während Purdy den Zeitplan auf seinem Handheld studiert, führt Foresteed das Gespräch fort. »Die Leute haben Willux’ Tod noch nicht bewältigt. Sie müssen öffentlich trauern.«

»Warum können sie nicht zu Hause trauern?«, erwidert Partridge. »Still und leise? Unsere Gesellschaft hat doch eine Menge Übung im Unterdrücken von Gefühlen.«

»Ihr Vater wollte eine Phase der öffentlichen Trauer.« Manchmal hat Partridge den Verdacht, dass Foresteed seinen Vater insgeheim gehasst hat. Foresteed war der ewige Thronfolger, der doch nie an die Macht kam.

»Aber die heutige Zeremonie unterscheidet sich von den anderen«, wirft Purdy ein.

»Inwiefern?«

»Das hatte ich in meinem letzten Bericht erwähnt …«, sagt Foresteed. Er schüttet Partridge mit Berichten zu, mit dicken Papierstapeln, die ihn über die neuesten Auswüchse der Bürokratie informieren sollen. Aber die Berichte sind so undurchschaubar formuliert und so inhaltsleer, dass Partridge keine zwei Seiten durchhält (»Fortan soll der zuvor Genannte als Ausführender und Verantwortlicher für die oben genannten Aufgaben gelten, die …«).

»Oh, das muss ich überlesen haben«, meint Partridge. »Worum ging es noch mal?«

Purdy nickt Hoppes und Foresteed zu. Für einen Kapitolbewohner ist Foresteeds Haut auffällig gebräunt, seine Zähne glitzern wie frisch poliert, und sein Haar sieht aus, als hätte sich der Nebel des Haarsprays gerade erst verzogen. »Heute kommen die Würdenträger und Prominenten«, erklärt Foresteed. »Die Öffentlichkeit hat keinen Zutritt, aber die Veranstaltung wird als Livestream übertragen. Es soll ein bewegender, bedeutender Tag werden. Der Tag, an dem die Bevölkerung ein für alle Mal erkennt, wer sie in die Zukunft führen wird. In die nächste Epoche.«

Partridge lehnt sich seufzend zurück. Er weiß, was auf ihn zukommt: die Leute von den politischen Veranstaltungen, von den Partys, die Nachbarn aus dem Apartmenthaus, in dem er aufgewachsen ist, die Eltern seiner Freunde von der Akademie. »Aber diesmal sitze ich nicht neben Iralene«, sagt er. »Nicht dass ich Iralene nicht leiden kann. Ich respektiere sie sehr. Aber die Menschen müssen langsam verstehen, dass wir nicht heiraten werden, und wenn sie mich ständig mit ihr sehen, werde ich ihnen nie begreiflich machen können, dass Lyda und ich ein Paar sind.« Am Weihnachtsabend haben sie sich vorsichtig geküsst, und er hat die Hand auf ihren zarten Bauch gelegt, in dem das Baby wächst. Noch ist es ganz klein. »Ich werde Vater. Lyda und ich werden heiraten. Das müssen wir den Leuten beibringen, sonst glauben sie immer weiter an die Lügen meines Vaters.«

Hoppes schüttelt so energisch den Kopf, dass seine speckigen Wangen hin und her wackeln. Er ist für Partridges persönliche PR verantwortlich. »Wir arbeiten bereits an einer Story, die das alles plausibel macht. Wir haben einen Plan, aber es ist noch zu früh. Vertrauen Sie mir. Meine Leute geben ihr Bestes.«

»Ein Plan? Wie wäre es denn mit der Wahrheit?« Eine plötzliche Hitze überkommt Partridge. Lügen waren das Werkzeug seines Vaters – er hat den Leuten Märchen erzählt, damit sie nachts ruhig schlafen können, Fantasiegeschichten über eine Welt, in der die Unglückseligen die natürlichen Feinde der Reinen sind. »Nur so zur Abwechslung!«

Foresteed stemmt die Fäuste auf den Tisch, steht auf und beugt sich weit vor. »Sie wollen den Leuten die Wahrheit sagen? Dass Sie irgendein Mädchen geschwängert haben, obwohl Sie mit einer anderen verlobt sind? Dass Sie Ihrer Gespielin eine Luxuswohnung besorgt haben, damit sie den Mund hält?« Er schnaubt. »Wie der Vater, so der Sohn!«

»Ich bin nicht wie mein Vater«, zischt Partridge, ohne Foresteeds Augen auszuweichen. Doch Foresteed hält seinem Blick ebenfalls stand. Als wolle er Partridge zu einer Prügelei herausfordern.

Purdy beendet die angespannte Stille. »Ich verstehe das einfach nicht«, sagt er und kratzt sich am Hinterkopf. »Warum interessieren Sie sich nicht für Iralene? Sie ist wie geschaffen für Sie.«

»Sie wurde für mich geschaffen«, sagt Partridge.

»Trotzdem, sie wäre ein toller Fang«, meint Purdy. »Und es gibt Momente, da sollte man sich einfach mal auf einen gut gemeinten Rat verlassen. Stimmt doch, Männer?«

»Selbstverständlich«, antwortet Hoppes.

Foresteed nickt.

Partridge spürt eine Enge in der Brust. »Ich liebe Lyda. Und wenn wir noch tausend Gespräche unter Männern führen – Sie werden mich nicht dazu bringen, sie zu verlassen. Also sparen Sie sich die klugen Ratschläge.«

Purdy hebt die Hände. »Wir kriegen das schon hin. Alles wird gut!«

Und dabei setzt er dieses typische beschönigende Lächeln auf. Ein Lächeln, das die große Lüge übertünchen soll. Partridge hält es nicht mehr aus. Wenn er so weitermacht, zerreißt es ihn noch. Er beugt sich vor. »Ich kenne die Wahrheit, und ich werde sie nicht vergessen, nur weil ich auf einmal an der Macht bin. Mein Vater war der größte Massenmörder der Geschichte.« Endlich hat er es ausgesprochen, nachdem er die Wahrheit so lange unterdrückt hat. Er fühlt sich gut. Mächtig. Seine Gegner sollten sich in Acht nehmen. »Das wissen die Leute genauso gut wie ich, aber sie machen sich was vor. Sie klammern sich an die Lüge, die er ihnen eingeflößt hat. Doch die Lüge frisst sie auf. Das weiß ich. Sie sind bereit, den Tatsachen ins Auge zu sehen, und das müssen sie tun, wenn wir vorankommen wollen. Sie müssen sich der Wahrheit stellen und neu anfangen.«

»Du meine Güte«, sagt Hoppes, zieht ein Taschentuch hervor und tupft sich Oberlippe und Stirn ab.

»Und wie stellen Sie sich das vor?« Foresteed starrt Partridge entgeistert an. »Dass wir einfach so Hand in Hand mit den Unglückseligen in eine goldene Zukunft schreiten, oder wie?«

»Es wäre sicher vernünftig, Vorkehrungen für die Zeit nach dem Kapitol zu treffen«, erwidert Partridge. »Irgendwann werden wir uns ein neues Leben in der Außenwelt aufbauen müssen. Und es wäre doch nur menschlich, ein bisschen Mitgefühl mit den Überlebenden zu haben.« Er und Lyda haben bereits einen Plan erstellt – erste, einfache Schritte zur Verbesserung der Zustände im Freien: sauberes Wasser, Nahrungsmittel, Bildung, medizinische Versorgung. »Ich meine, da draußen können wir wirklich was bewegen!«

»Welch nobles Ansinnen«, spottet Foresteed auf seine unerträglich herablassende Art.

Und Purdy sagt: »Immer langsam mit den jungen Pferden …«

Partridge hat lange genug mitgespielt. Er will seine Pläne nicht mehr aufschieben, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Aber es bringt nichts, laut zu werden. »Hören Sie mir einfach zu«, fährt er möglichst ruhig fort. »Ich habe nachgedacht. Was spricht dagegen, einen gemeinsamen Rat aus Leuten von drinnen und draußen einzurichten?« Partridge selbst könnte in dem Rat sitzen, Lyda und Pressia und natürlich Bradwell und El Capitán. Gemeinsam könnten sie viel erreichen.

»Ach du meine Güte«, stöhnt Foresteed. Er geht zur Tür, um sich zu vergewissern, dass sie abgeschlossen ist, und setzt sich wieder.

»Was spricht dagegen? Was spricht gegen ein bisschen Fortschritt?«, fragt Partridge. Er glaubt an den Fortschritt. Sonst wäre er nicht freiwillig ins Kapitol zurückgekehrt. Sonst hätte er seinen Vater nicht umgebracht. All das hat er für eine bessere Zukunft getan.

»Nein«, flüstert Hoppes. »Nein, nein, nein. Sie sind zuallererst für die Bewohner des Kapitols verantwortlich, und die Leute wollen keine Veränderungen. Sie können nicht einfach ankommen und alles kaputt hauen.«

Partridge hat große Lust, aufzuspringen und den Tisch umzuschmeißen. Aber er verschränkt nur die Arme, um sein hämmerndes Herz zu beruhigen. »Warum nicht? Vielleicht geht es nicht anders, wenn wir die Erde wiederaufbauen wollen.«

Foresteed lacht.

»Was ist daran so lustig?« Partridge hasst Foresteed wie noch nie. Seine Wangen brennen vor Wut. Er hätte nichts dagegen, wenn der Typ ihm eine scheuern oder ihm wenigstens widersprechen würde – aber er lacht ihn nur aus.

»Ich als Wissenschaftler«, sagt Hoppes, »kann Ihnen gerne erklären, inwiefern die sogenannte Lüge, die Sie vorhin …«

»Von einer Lüge zu sprechen ist reiner Hohn!«, mischt Purdy sich ein.

»Diese ›Lüge‹ …«, Hoppes tupft Anführungsstriche in die Luft, »… ist der einzige Rahmen, in dem die Leute sich selbst annehmen können. Ohne diesen Rahmen könnten sie nicht in den Spiegel blicken, sie könnten einander nicht lieben, nicht leben. Nehmen Sie ihnen diesen Rahmen … tja …«

»Was?«, fragt Partridge.

Foresteed lächelt. »Zerstören Sie ihre geliebte Lüge, werden sich die Menschen selbst zerstören. Darauf können Sie sich verlassen. Und finden Sie nicht, dass auch die Bewohner des Kapitols Ihr Mitgefühl verdient haben? Na?«

Partridge schweigt. Diese drei Männer werden es nie begreifen. Doch im Kapitol gibt es ein geheimes Netzwerk, das auf seiner Seite ist: den Cygnus. Das Netzwerk hatte seit Langem geplant, Partridge zur Macht zu verhelfen, und schon seine Mutter hatte versucht, den Plan aus dem Exil in Gang zu setzen. Aber wo verstecken sich die ganzen Leute, die angeblich hinter ihm stehen? Partridge hätte nichts gegen ein bisschen Unterstützung. Er kann nicht mal beurteilen, ob Foresteed die Wahrheit sagt. Ist die Lüge wirklich die ganze Lebensgrundlage der Kapitolbewohner? Oder will er Partridge bloß einschüchtern? »Ich will mich mit Glassings treffen.«

»Glassings?«, fragt Hoppes.

»Mein alter Weltgeschichtslehrer.« Glassings führt eine der Schläferzellen des Cygnus an; er hat Partridge die Kapsel gegeben, mit der er seinen Vater vergiftet hat. In gewisser Hinsicht trägt Glassings die Verantwortung für Partridges jetzige Lage. Er könnte ruhig mal wieder auf der Bildfläche erscheinen.

»Was wollen Sie von ihm?«, fragt Foresteed. Traut er Glassings nicht über den Weg?

»Ich will mich mit ihm über Weltgeschichte unterhalten«, improvisiert Partridge. »Ich will wissen, wie andere Regierungschefs gearbeitet haben. Das könnte doch ganz interessant sein, was?«

»Ihr Vater war ein großartiger Herrscher.« Purdy lächelt nervös. »Das beste Vorbild, das man sich wünschen kann.«

Eigentlich wollte Partridge Purdy bitten, einen Termin mit Glassings zu vereinbaren – aber seit er seinen ehemaligen Lehrer erwähnt hat, beäugt Foresteed ihn noch misstrauischer. Deswegen seufzt Partridge nur, als wäre ihm todlangweilig. »Wie viele Zeremonien sind es noch?«

Purdy vertieft sich in den Zeitplan, tippt auf verschiedene Einträge und zählt laut bis sieben. »Mehr nicht. Noch sieben Gedenkzeremonien. Das geht doch.«

»Und danach können wir mit unserer Story an die Öffentlichkeit gehen«, meint Hoppes. »Der Bruch zwischen Ihnen und Iralene – und Lyda, Ihre neue große Liebe. Von Ihrem anstehenden Nachwuchs erfahren die Leute dann etwa zwei Monate später.«

Wie lange wollen sie ihn denn noch hinhalten? »Aber die Story mit Lyda bringen wir sofort? Nicht in ein paar Wochen, sondern in ein paar Tagen?«

»Aber natürlich«, erwidert Hoppes.

»Jetzt gehen Sie schon raus und sagen Sie Ihren Text auf«, meint Foresteed. »Lassen Sie die Leute trauern.«

»Meinetwegen. Aber keine Iralene, klar? Sie braucht sowieso mal eine Pause. Schicken Sie sie nach Hause.« Iralene bereitet Partridge Sorgen. Sie steht unter enormem Druck und ständiger Beobachtung, und natürlich weiß sie, dass sich ihre Rolle bald drastisch ändern wird. Partridge hat ihr versprochen, sie würde immer ein Teil seines Lebens bleiben – eine gute Freundin – und immer den Respekt der Gesellschaft genießen. Aber er hat keine Ahnung, wie das im Detail funktionieren soll.

»Was Iralene angeht, können wir Ihnen nichts versprechen«, erwidert Hoppes. »Wie Sie wissen, gibt es da viele unkalkulierbare Faktoren …« Er meint Mimi, die zugleich Willux’ Witwe und Iralenes Mutter ist – eine unberechenbare Person.

»Wir dürfen uns nicht von Mimi erpressen lassen.« Partridge steht auf. »Ich habe hier das Sagen.« Aber warum zittert seine Stimme dann? »Keine Iralene, verstanden? Heute nicht. Ich will nicht, dass sie im Livestream neben mir sitzt.« Denn Lyda wird den Livestream sicher einschalten. Oder? Lyda taucht vor Partridges innerem Auge auf, wie er sie das letzte Mal gesehen hat: in einem langen, weißen Baumwollnachthemd. Sie war müde – wegen ihrer Schlafprobleme –, aber gleichzeitig ruhelos.

»Ich fühle mich wie ein Tiger im Käfig«, meinte sie. »Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte. Wann kommst du wieder her?«

Er küsste sie. »So schnell wie möglich.« Doch er wollte ihr keine leeren Versprechungen machen. »Im Moment kann ich nicht selbst über mein Leben bestimmen. Aber das wird sich schon bald ändern. Ganz bald. Ehrenwort.«

»Die Besprechung ist beendet«, sagt Partridge jetzt. Er muss die kleinen Dinge im Leben genießen – etwa dass er eine Sitzung abbrechen kann, wann immer es ihm passt. Nicht dass es ihm viel bringen würde, aber es tut gut, wenigstens in mancher Hinsicht wirklich das Sagen zu haben.

Foresteed steht eilig auf und ist vor Partridge am Ausgang. »Nach Ihnen«, sagt er und hält ihm die Tür auf.

Draußen steht die vornehm herausgeputzte Trauergemeinde Schlange. Als Partridge erscheint, starren ihn die Leute an, als würden sie irgendetwas von ihm erwarten. Hier und da ertönt ein ersticktes Schluchzen.

Da legt Foresteed ihm die Hand auf die Schulter – und packt mit aller Kraft zu. »Weißt du was?«, zischt er Partridge ins Ohr. »Du irrst dich. Dein Dad war nicht nur der größte Massenmörder der Geschichte, sondern auch der erfolgreichste. Das ist ein Unterschied.«

»Aber seine Lügen sind mit ihm gestorben«, erwidert Partridge, während er die Tür weiter aufstößt. »Ich bin nicht seine Marionette. Und ganz sicher nicht deine.«

Foresteed schenkt ihm ein strahlend weißes Lächeln. »Als hättest du dir nicht längst eigene Lügen zugelegt.« Er flüstert die Worte nur, aber Partridge versteht jedes einzelne. »Wenn du wirklich so ein großer Anhänger der Wahrheit wärst, würdest du bei dir selbst anfangen.«

EL CAPITÁN

SCHUTZPANZER

El Capitán hat kein Messer mitgenommen. »Wir brauchen keins«, sagt er zu Helmud. »Wir haben literweise Chemie intus.« Am Anfang ist ihm das seltsame Schimmern nur an Helmuds Armen aufgefallen, die ihm immer über die Schultern baumeln, und zuerst dachte er, es wäre die Gelbsucht. Doch dann haben ihm die Betreuerinnen erklärt, dass die Farbe von einer Arznei komme, die die verflucht scharfen Dornenranken fernhält– scharf wie Reißzähne. Da hat El Capitán verlangt, seine Dosis zu erhöhen. »Zwei Herzen irgendwo hier, zwei Lungen, zwei Gehirne oder wenigstens eindreiviertel Gehirne… deshalb brauchen wir auch die doppelten Medikamente. Das darf man nicht vergessen.«

Jetzt sieht er aus, als hätte er einen ganzen Sommer am Strand verbracht; wobei er dann eher einen knallroten Sonnenbrand hätte. Seine Haut ist goldbraun, ein fast metallisches Glänzen. Er erinnert sich noch, wie schnell er als Kind braun geworden war, an den Armen, im Gesicht und im Nacken– als würdest du auf dem Feld arbeiten, haben die anderen gesagt. Aber auf seiner schönen braunen Haut klebte immer ein bisschen Dreck. Er und Helmud waren dauernd draußen, sind auf ihren Mountainbikes rumgekurvt, auf Bäume geklettert und im Schlamm gewatet. Das heißt, diese Vergnügungen waren eher El Capitáns Ding. Helmud war bereits etwas zivilisierter. El Capitán war der Rabauke, der Halbwilde, er hatte gar keine Wahl. Er musste schon in jungen Jahren den Mann im Haus spielen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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