Men of Manhattan - An Unplanned Match - Vi Keeland - E-Book

Men of Manhattan - An Unplanned Match E-Book

Vi Keeland

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Beschreibung

SIE IST DIE FRAU SEINER TRÄUME, DOCH SIE DATET KEINE MÄNNER WIE IHN...

Brayden Foster hat es nicht eilig, die Eine zu finden. Er ist völlig zufrieden mit seinem Leben als Junggeselle und mit seiner Arbeit bei einer wohltätigen Stiftung, wo er Häuser für bedürftige Menschen renoviert. Er hätte niemals gedacht, dass sich Alex, einer der freiwilligen Helfer, mit dem er bisher ausschließlich via E-Mail kommuniziert hat, als Alexandria Jones entpuppt - die schönste Frau, der Brayden je begegnet ist. Von Tag eins an verdreht sie ihm den Kopf, und auch Alexandria kann nicht lange leugnen, dass da mehr zwischen ihnen ist. Doch es gibt ein Problem: Alexandria ist älter als Brayden und hat nicht vor, einen jüngeren Mann zu daten ...

»Ein wundervolles Buch voller Emotionen! Ein Must-Read!« AC Book Blog

Der vierte Band der THE-LAW-OF-OPPOSITES-ATTRACT-Reihe des Bestseller-Duos Vi Keeland & Penelope Ward

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Seitenzahl: 436

Veröffentlichungsjahr: 2025

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INHALT

Titel

Zu diesem Buch

Leser:innenhinweis

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

Epilog

Danksagung

Die Autorinnen

Die Romane von Vi Keeland und Penelope Ward bei LYX

Impressum

VI KEELAND / PENELOPE WARD

Men of Manhattan

AN UNPLANNED MATCH

Roman

Ins Deutsche übertragen von Antje Görnig

ZU DIESEM BUCH

Brayden Foster ist felsenfest davon überzeugt, dass Alex, einer der freiwilligen Helfer seiner wohltätigen Stiftung, mit dem er bisher ausschließlich via E-Mail kommuniziert hat, eine männliche Nervensäge ist – bis er bei der ersten persönlichen Begegnung plötzlich der wunderschönen Alexandria Jones gegenübersteht. Sie ist die Frau seiner Träume und fühlt sich von Braydens gedankenlosen Kommentaren über Alex vor den Kopf gestoßen. Zum Glück gelingt es dem Junggesellen die Wogen mit einer ehrlichen Entschuldigung zu glätten, denn Brayden ist angewiesen auf Alexandrias Know-how bezüglich Inneneinrichtung. Sie müssen zusammenarbeiten, um Häuser für krebskranke Patienten zu renovieren, die sich während ihrer Behandlung keine andere Unterkunft leisten können. Und obwohl von Tag eins an eindeutig mehr als nur Freundschaft zwischen ihnen entsteht, gibt es ein Problem: Alexandria ist älter als Brayden und hat sich für ihr Liebesleben harte Regeln auferlegt, die es scheinbar unmöglich machen, ihr jemals näherzukommen. Allerdings hat sie die Rechnung ohne Brayden gemacht, der alles daransetzt, Alexandria davon zu überzeugen, dass es sich sehr wohl lohnen kann, einen jüngeren Mann zu daten …

Liebe Leser*innen,

Men of Manhattan – An Unplanned Match enthält Elemente, die triggern können.

Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.

Wir wünschen uns für euch alle das bestmögliche Leseerlebnis.

Euer LYX-Verlag

1. KAPITEL

BRAYDEN

Ich schaute auf mein Handy und schüttelte den Kopf.

»Warum machst du so ein Gesicht?« Mein Kumpel Colby kam zurück in die Küche und warf mir seine Autoschlüssel zu. »Ich dachte, kinderlose Singlemänner mit fettem Bankkonto hätten keinen Stress.«

Ich fing die Schlüssel auf. »Leck mich.«

Er schmunzelte. »Nein, im Ernst. Ist alles in Ordnung? Neulich, als wir uns im Aufzug getroffen haben, warst du auch schon so mies drauf.«

»Ja, alles gut. Mich macht nur einer der Freiwilligen bei dem neuen Projekt von Ryans Haus verrückt. Du erinnerst dich doch, dass wir bei jeder Hausrenovierung zwei Teamleiter auswählen, damit es mit der Aufgabenkoordination klappt?«

Colby nickte. »Einen für die Handwerker – Elektro, Sanitär, Heizung und so – und einen für die Raumgestaltung – Wandfarben, Bodenbeläge, Einbauten und Geräte, oder?«

»Genau. Und dieser Alex ist der Leiter des Gestaltungsteams. Er macht mich wahnsinnig mit seinen Vorschlägen. Er hat an allem, was ich schon ausgesucht habe, etwas auszusetzen. Heute möchte er die Wandfarbe für das Wohnzimmer um eine Nuance verändern – um eine verdammte Nuance. Ich habe online nicht mal einen Unterschied zwischen den beiden Farbmustern gesehen. Und jetzt hat er gefragt, ob wir uns heute zum Abendessen treffen können, um ein paar Änderungen zu besprechen, die er gern noch vornehmen würde.« Ich schüttelte den Kopf. »Das mache ich auf keinen Fall. Gut, dass ihr Clowns am Wochenende zum Helfen kommt. Ich habe nämlich das Gefühl, der Typ bringt mich an meine Grenzen.«

Colby zog eine Schnute. »Och, Brayden hat Schwierigkeiten, mit anderen zusammenzuarbeiten.«

Ich schüttelte den Kopf, lächelte aber. »Ich weiß nicht, warum ich dir überhaupt irgendwas erzähle.«

»Wahrscheinlich, weil dir sonst niemand zuhört.«

»Autsch.«

Er lachte. »Wann machst du dich auf den Weg?«

»So gegen zwei. Ich muss noch was aus dem Büro holen, das ich für einen Jungen gemacht habe. Er ist wieder im Krankenhaus, und ich will ihn am Wochenende besuchen und damit überraschen.«

»Was hast du diesmal gebastelt?«

Ich grinste. »Wie du weißt, verrate ich vor der Enthüllung nichts über meine Meisterwerke. Ich habe seinen Eltern gesagt, dass ich Sonntag komme. Wenn ihr dann noch da seid, solltet ihr mich begleiten.«

»Klingt gut.«

Ich hielt Colbys Autoschlüssel hoch. »Danke noch mal für den Autotausch. In meinen Wagen passen die Abdeckungen für die Fußleistenheizung nicht rein.«

»Ich gebe meinen zehn Jahre alten, ramponierten SUV jederzeit für deinen heißen, kleinen, sechs Monate alten Porsche her.« Er grinste. »Ich freue mich schon auf die Fahrt am Samstagmorgen.«

Ich öffnete die Tür. »Pass auf, dass sie dich nicht mit überhöhter Geschwindigkeit erwischen.«

Später am Abend checkte ich in Seneca Falls ins Hotel ein und beschloss, in der Bar noch etwas zu trinken. Sie war leer bis auf eine Frau, die allein an der Theke saß. Sie hatte einen Drink vor sich, und an dem Platz neben ihr stand ein volles Glas Wein. Ich nahm also an, dass sie in Begleitung war. Ich setzte mich an die kurze Seite der Bar, um ihnen etwas Privatsphäre zu lassen.

Aber verdammt … Von hier konnte ich die Frau noch besser sehen, und sie war einfach umwerfend – sandblonde Haare, große blaue Augen, hohe Wangenknochen und volle Lippen. Sie war vielleicht ein paar Jahre älter als ich, aber mir schoss das Adrenalin in die Adern, und ein Ruck ging durch meinen Körper.

Der Barkeeper kam herüber und legte eine Serviette vor mich. »Was kann ich Ihnen bringen?«

»Ich hätte gern einen Whiskey Sour. Haben Sie zufällig Russell’s zehnjährigen Reserve Bourbon da?«

Er zog die Augenbrauen zusammen und wies mit dem Daumen auf die Frau. »Gehören Sie zu ihr?«

»Nein, warum?«

Er zuckte die Achseln. »Sie hat gerade das Gleiche bestellt. Denselben Drink, denselben Bourbon.«

»Wirklich?«

»Ja.«

Ich schaute noch einmal zu ihr hinüber und fragte mit gedämpfter Stimme: »Ist sie allein?«

»Jetzt schon. Als sie vor ein paar Minuten kam, hat sich sofort ein Typ an sie rangemacht, aber er hat sich ziemlich schnell wieder verzogen – mit eingezogenem Schwanz.«

Alles klar. »Gibt es hier auch etwas zu essen?«

»Aber sicher. Ich hole Ihnen die Speisekarte.«

Obwohl ich jetzt wusste, dass sie allein war, hatte ich nicht das Bedürfnis, ein Gespräch mit der hübschen Blondine anzufangen. Nicht nachdem sie gerade einen anderen Kerl in die Flucht gejagt hatte.

Doch als mir der Barkeeper meinen Drink brachte und sie zu mir herüberschaute, hob ich mein Glas.

»Offenbar haben wir den gleichen Drink bestellt.«

»Whiskey Sour?«, fragte sie.

»Mit Russell’s Reserve Bourbon.«

Sie hielt lächelnd ihr Glas hoch. »Auf den guten Geschmack!«

Ich prostete ihr zu.

Wenig später bekam ich einen Anruf von Colby. Ich wischte, um ihn anzunehmen. »Ich hoffe, du rufst nicht an, weil du meinen Wagen schon demoliert hast.«

»Nein, aber wie zur Hölle lässt sich das Verdeck schließen?«

»Weißt du noch, mit welchem Knopf du es geöffnet hast? Du musst ihn nur zehn Sekunden lang gedrückt halten.«

»Mist. Okay, danke.«

»Warum zum Teufel fährst du mit offenem Verdeck?«

»Ich habe einen Babysitter engagiert und mache eine Spritztour mit meiner Frau. Der Wind in unseren Haaren gibt uns mal wieder das Gefühl, jung und frei zu sein, obwohl wir als Eltern von zwei kleinen Kindern meistens um acht im Bett liegen.«

Ich lachte. »Na dann, viel Spaß.«

»Werde ich haben. Genau deshalb will ich jetzt auch das Verdeck schließen. Ich habe gerade auf einem ruhigen Rastplatz angehalten und brauche ein bisschen Privatsphäre, wenn du verstehst, was ich meine.«

»Oh nein. Erzähl mir doch so was nicht, Mann. Ich will deinen nackten Hintern nicht auf meinem Sitz haben.«

»Ich kann nichts versprechen, mein Freund.«

Ich schüttelte den Kopf. »Gott, ich hasse dich. Bis dann.«

Als ich aufgelegt hatte, schaute mich die Frau an. »Normalerweise bin ich nicht unhöflich, aber Ihr Telefonat war schwer zu überhören«, sagte sie. »Bei meinem letzten Autokauf habe ich bei der Abholung des Wagens eine leere Kondomverpackung vor dem Fahrersitz gefunden. Daraufhin habe ich mir ein anderes Auto geben lassen.«

Ich lächelte. »Mein Kumpel und ich haben für das Wochenende die Autos getauscht. Ich überlege, ob ich seinen zehn Jahre alten Schrotthaufen behalte und ihm meinen schicken Neuwagen überlasse, nachdem er seine Arschbacken an den teuren Ledersitzen gerieben hat.«

»Das ist eine gute Idee. Obwohl …«

»Was?«

»Hat Ihr Freund vielleicht eine Schwäche für Sex im Auto? Dann hat er es wahrscheinlich auch schon in dem Wagen getrieben, den Sie gerade fahren.«

»Da haben Sie recht. Ich werde meinen einfach komplett reinigen lassen.«

Die schöne Frau lächelte wieder, und ich fragte mich unwillkürlich, ob ihre Lippen angemalt waren oder von Natur aus diese Farbe hatten. Sie waren etwas rosiger, als ich es bei ihrem Teint erwartet hätte. Vielleicht trug sie aber auch Lipgloss, denn sie glänzten perfekt.

Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich wahrscheinlich wie ein Verrückter rüberkam, weil ich während meiner viel zu langen Analyse ihren Mund angestarrt hatte. Daher schaute ich schnell in die Speisekarte, die der Barkeeper mir gebracht hatte. Doch während ich die Vorspeisen las, schaute ich immer wieder verstohlen zu ihr hinüber. Sie hatte etwas Unwiderstehliches. Vielleicht lag es daran, dass ihr Gesicht nicht mit Schminke auf vermeintliche Perfektion getrimmt war wie bei den meisten Frauen heute.

Als ich wenige Minuten später wieder einen Blick in ihre Richtung riskierte, stellte ich fest, dass ihr Glas leer war. Also versuchte ich mein Glück. »Soll ich uns noch eine Runde bestellen?«

Sie biss sich auf die Unterlippe. »Äh …«

Ich hob beschwichtigend die Hände. »Es ist nur ein Drink. Ich will mich Ihnen nicht aufdrängen und werde mich nicht neben Sie setzen.«

Sie lächelte. »Gut, warum nicht? Danke.«

Ich hob die Hand. »Noch eine Runde für uns beide. Auf mich, bitte. Und ich hätte gern die Tacos mit Huhn.«

»Oh«, sagte die Frau. »Ich liebe Tacos. Das klingt köstlich.«

»Ach, jetzt soll ich Ihnen also einen Drink und ein Essen spendieren?«

Sie wedelte mit den Händen. »Oh nein, das wollte ich nicht …«

Ich lächelte. »War nur Spaß.« Ich wandte mich wieder dem Barkeeper zu. »Zweimal Tacos, bitte.«

»Geht klar.«

»Also, nachdem Sie mich zu einem Drink und zum Essen eingeladen haben, fühle ich mich verpflichtet, Ihnen den freien Platz neben mir anzubieten.«

»Oh, nein. Das müssen Sie nicht.«

Sie grinste. »War auch nur Spaß.«

Ich lachte und ging zu ihr hinüber. »Ist der Platz noch frei?«

»Ja. Aber ich kann nicht versprechen, dass noch nie ein nackter Hintern darauf gesessen hat.«

»Das Risiko gehe ich ein.« Ich setzte mich zu ihr und gab ihr die Hand. »Brayden.«

»Alexandria. Freut mich, dich kennenzulernen, Brayden.«

»Gleichfalls. Wohnst du hier im Hotel, oder bist du nur vorbeigekommen, um mit einem Kerl zu flirten und dich zum Essen einladen zu lassen?«

Sie lächelte. Mir gefiel, dass sie Humor hatte. »Ich wohne hier. Und du?«

»Ich auch. Weshalb bist du hergekommen?«

»Ich arbeite ehrenamtlich für eine Stiftung, die Häuser in der Umgebung von Krankenhäusern für Patienten renoviert, die sich während ihrer Krebsbehandlung kein Hotel leisten können.«

Mir fiel die Kinnlade herunter. »Im Ernst? Du arbeitest für Ryans Haus?«

»Du kennst die Stiftung?«

»Ich bin der Gründer. Aber einmal im Jahr packe ich bei einem Projekt selbst mit an, und das ist dieses Wochenende.«

»Echt?«

»Damit ich das richtig verstehe: Wir mögen denselben Drink, essen beide gern Tacos, verabscheuen Arschabdrücke auf Autositzen und arbeiten für dasselbe Projekt? Soll ich dir direkt einen Antrag machen oder abwarten, ob du so auf Candy Corn stehst wie ich?«

Ihre Augen funkelten. »Ich liebe Candy Corn.«

Ich legte die Hand auf mein Herz. »Alexandria Foster. Das klingt auch noch gut.«

Der Barkeeper brachte unsere Drinks und unterbrach unser Geschäker. Als er wegging, lächelten wir beide noch immer.

»Du bist also wirklich der Gründer von Ryans Haus?«, sagte Alexandria. »Wie bist du dazu gekommen?«

»Vor fast zehn Jahren ist einer meiner besten Freunde an Leukämie gestorben. Ryan und ich, wir haben beide Maschinenbau studiert, als seine Behandlung begann. Er hat viel Zeit im Krankenhaus verbracht und sich irgendwann für die Entwicklung von Prothesen mit größerer Flexibilität interessiert. Zum Zeitvertreib haben wir bei meinen Besuchen zusammen an Ideen gearbeitet. Nach seinem Tod habe ich an einigen von den Konzepten weitergearbeitet, die wir uns gemeinsam ausgedacht hatten. Lange Rede, kurzer Sinn, ein paar Jahre später habe ich das Patent für eine neuartige Gelenkprothese angemeldet. Sie wird heute von den führenden Herstellern von künstlichen Gliedmaßen produziert. Ich hatte vor, den Gewinn mit Ryans Eltern zu teilen, aber sie wollten das Geld nicht haben. Also geht seine Hälfte in den Kauf von Häusern, die von der Stiftung renoviert werden.«

»Das ist unglaublich.«

Ich nippte an meinem Drink. »Und du? Wolltest du einfach etwas Ehrenamtliches tun, oder hast du dir Ryans Haus aus einem bestimmten Grund ausgesucht?«

Alexandria lächelte traurig. »Ich habe meinen Mann vor ein paar Jahren verloren. Er ist an Leukämie gestorben.«

»Mein Beileid.«

»Danke. Er war älter als ich, aber trotzdem viel zu jung.«

»Bist du zum ersten Mal dabei, oder hast du schon bei anderen Häusern geholfen?«

»Es ist mein erstes Mal. Ehrlich gesagt bin ich ein bisschen nervös.«

»Weshalb das denn?«, fragte ich.

»Ich habe im Prinzip keine Erfahrung auf dem Bau.«

»Dann werde ich dafür sorgen, dass du in das gute Team kommst.«

»Ich wusste nicht, dass es ein gutes und ein schlechtes Team gibt.«

»Gibt es eigentlich auch nicht. Aber wir teilen die freiwilligen Helfer in zwei Teams auf, die jeweils einen Leiter haben, der die Arbeiten koordiniert und Material bestellt und so weiter. Einer der Leiter ist eine echte Nervensäge, ein Besserwisser. Bevor wir überhaupt angefangen haben, will er schon alles ändern, was bisher geplant wurde. Er wird die Leute in seinem Team garantiert ordentlich kontrollieren.«

»Oh, wow. Okay. Danke.«

»In der Regel teilen wir die Freiwilligen einfach in zwei gleich große Gruppen auf. Aber ich werde sehen, dass du in Jasons Team kommst und nicht in das von Alex.«

»Oh, dann ist Alex also die Nervensäge?«

»Eine Riesennervensäge.«

Der Barkeeper brachte unser Essen. Es sah so lecker aus, wie es in der Speisekarte beschrieben war. Wir redeten nicht viel beim Essen, doch ich genoss das einvernehmliche Schweigen. Als wir fertig waren, wandte ich mich Alexandria zu, um sie etwas zu fragen, aber nach drei Wörtern verlor ich den Faden. Ihre Augen waren wahnsinnig faszinierend.

»Was ist?« Sie wischte sich die Wange. »Habe ich Soße im Gesicht?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, entschuldige. Ich hoffe, es ist okay, wenn ich das sage, aber du bist wunderschön. Ich bin froh, dass ich mich neben dich setzen konnte, weil ich dich immer wieder ansehen musste, als ich noch da drüben saß.«

Sie wurde rot. »Danke.«

Unsere Gläser waren inzwischen fast wieder leer, und ich fragte: »Möchtest du noch einen?«

»Nein, danke. Ich denke, ich gehe jetzt schlafen.«

Ich war enttäuscht und hoffte, dass ich sie nicht mit meinem Kompliment genervt hatte.

Alexandria winkte dem Barkeeper. »Kann ich bitte bezahlen?«

»Sofort.«

Er verschwand und kam kurz darauf wieder. Ich überlegte immer noch, ob ich mich entschuldigen sollte. War ich vielleicht zu aufdringlich gewesen?

Sie unterschrieb den Kreditkartenbeleg und glitt von ihrem Hocker.

»Hör mal, Alexandria. Ich wollte dich nicht verärgern, als ich gesagt habe, wie schön ich dich finde. Ich entschuldige mich, wenn das irgendwie schräg rübergekommen ist.«

»Nein, das hat mich nicht gestört.«

»Das nicht? Dann hat dich also etwas anderes gestört?«

Sie sah mich einen Moment lang an. »Wirklich schade. Ich finde dich nämlich auch attraktiv.«

»Ich bin verwirrt. Was ist schade?«

Sie schüttelte den Kopf. »Gute Nacht, Brayden. Wir sehen uns morgen früh. Ach, und du musst dir keine Gedanken darüber machen, in welches Team ich komme. Ich bin mit Alexandrias Team sehr zufrieden.«

»Mit Alexandrias Team?«

»Oh. Habe ich Alexandrias Team gesagt? Ich meinte das Team von Alex. Ich werde mal so, mal so genannt. Alexandria ist mein Taufname, nach meiner Großmutter. Alex ist die Kurzform.«

2. KAPITEL

ALEX

»Hey. Kann ich kurz mit dir reden?«

Am folgenden Nachmittag kam Brayden nach oben ins Schlafzimmer, als ich dort gerade mit dem Ausmessen fertig war. Ich drückte den Knopf, um das Maßband einzuziehen, nahm den Stift, den ich hinter dem Ohr hatte, und hob meinen Notizblock vom Boden auf.

»Klar«, sagte ich. »Ich bin gleich so weit. Lass mich nur schnell die Zahl aufschreiben, damit ich sie nicht vergesse.«

Seit ich die Hotelbar am vergangenen Abend verlassen hatte, waren wir zum ersten Mal allein. Als ich morgens an der Baustelle eingetroffen war, war der andere Teamleiter schon da gewesen. Wir hatten uns eine Weile zu dritt besprochen, dann war Brayden mit einer langen Liste losgefahren, um Material zu kaufen. Weil am Samstagmorgen um acht zwanzig Helfer anrücken sollten, hatte jeder von uns eine Menge vorzubereiten.

Es war keine Überraschung, dass Brayden mich bei unseren E-Mail-Austausch für einen Mann gehalten hatte, und ich hatte es bisher vermieden, mit ihm über den gestrigen Abend zu reden. Im Grunde nahm ich es ihm nicht übel, dass er mich als Nervensäge bezeichnet hatte. Ich hatte mir auf meinem Zimmer noch einmal unsere Mails angesehen, und ich hatte tatsächlich viele Änderungen vorgeschlagen, aber nur, weil ich alles perfekt haben wollte. Und ich war schon öfter »speziell« und »detailversessen« genannt worden, zum Beispiel von meinem Geschäftspartner, was lediglich eine höfliche Umschreibung für »Nervensäge« war. Es war mir also nicht neu, dass mich jemand pingelig fand. Ich war eher sauer auf mich selbst als auf Brayden – weil ich wegen eines Mannes ganz kribbelig geworden war. Das war nicht mehr passiert, seit mein Mann vor drei Jahren verstorben war, und ich hatte Schuldgefühle, obwohl mir klar war, dass es dafür keinen Grund gab. Abgesehen davon war Brayden sowieso zu jung für mich.

Ich klappte meinen Block zu. »Was gibt’s?«

Brayden fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Ich möchte mich für gestern Abend entschuldigen.«

»Schon gut.« Ich zuckte mit den Schultern. »Mir ist klar, dass ich schwierig sein kann. Aber das liegt nur daran, dass ich gute Arbeit leisten will.«

»Ich hätte nicht schlecht über jemanden reden dürfen, der sich ehrenamtlich engagiert. Du machst deine Sache gut, und ich war ein Idiot. Es tut mir wirklich leid.«

»Ist okay.«

Er reichte mir die Hand. »Freunde?«

Ich nickte und schlug ein. »Na klar.«

Es gefiel mir nicht, dass dieses kribbelige Gefühl vom vergangenen Abend sofort wieder da war, als sich unsere Hände berührten. Mir entging auch nicht, wie groß seine Hand war und wie warm sie sich anfühlte. Ich zog meine so schnell wie möglich zurück, ohne dass es zu hastig wirkte.

Brayden wies mit dem Kopf nach draußen. »Hast du Lust, mit mir zum Baumarkt zu fahren? Du kannst mir beim Aussuchen der Leisten helfen.«

»Willst du meine Meinung hören oder fragst du, weil ich sie offensichtlich gern abgebe?«

Brayden lächelte. »Ich will ehrlich sein. Beides.«

Ich verdrehte die Augen. »Na gut. Aber ich fahre nur mit, weil ich den Waschtisch gesehen habe, den du ausgesucht hast, als er vorhin geliefert wurde.«

»Was ist an dem auszusetzen?«

»Nichts. Wenn man in einem Studentenwohnheim lebt.«

»Er ist schlicht. Ich mag es schlicht.«

»Er war der erste, der auf der Website aufgetaucht ist, oder?«

Seine Lippen zuckten. »Nein.«

Ich sah, dass er versuchte, sich das Grinsen zu verkneifen, und zeigte auf sein Gesicht. »Du lügst, Foster.«

Wir verließen zusammen das Haus, und Brayden war zu Beginn der Fahrt ziemlich schweigsam.

»Was ist eigentlich ein Rejuvenation Center?«, fragte er irgendwann aus heiterem Himmel.

»Wie kommst du darauf?«

»Das steht unter deinen E-Mails. TheRejuvenationCenter.com.«

»Oh, natürlich. Das ist mein Betrieb. Ich bin Eigentümerin eines Medi-Spa. Also, Miteigentümerin. Mein bester Freund Wells ist mein Partner.«

»Ein Spa? Mit Massagen und so?«

Ich schüttelte den Kopf. »Ein Medi-Spa ist etwas anderes als ein Entspannungs-Spa. Es ist medizinisch ausgerichtet. Wir machen nicht-invasive kosmetische Behandlungen wie Laser-Haarentfernung, Botox, Lip-Filler, chemische Peelings, Zahnaufhellung … Solche Sachen.«

»Interessant. Wie bist du dazu gekommen?«

»Ich bin ausgebildete Krankenschwester. Vor Jahren habe ich für einen Schönheitschirurgen gearbeitet. Viele Leute, die zur Beratung kamen, ließen den gewünschten Eingriff später dann doch nicht durchführen – aus Kostengründen oder weil ihnen die Narkose zu lang war. Sie haben sich oft nach weniger invasiven Behandlungsmethoden erkundigt, und da dachte ich, warum soll ich ihnen jemanden empfehlen, wenn ich diese Behandlungen selbst anbieten könnte?«

»Also hast du gekündigt, um deinen eigenen Laden aufzumachen, und der Chirurg hat die Leute an dich weiterempfohlen?«

Ich lächelte. »Er hatte keine andere Wahl, wenn er sein Abendessen haben wollte. Er war mein Mann.«

An der nächsten Ampel mussten wir anhalten. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Brayden mich prüfend musterte. Ich blickte stur geradeaus und fragte: »Überlegst du, ob ich etwas habe machen lassen, weil ich mit einem Schönheitschirurgen verheiratet war?«

»Nein«, antwortete er viel zu schnell.

»Oh doch!«

»Ich habe mir deine Lippen angesehen.«

»Weil du denkst, ich habe sie aufspritzen lassen?«

»Nein, weil sie so rosarot sind. Aber allem Anschein nach trägst du keinen Lippenstift. Das ist mir gestern schon aufgefallen.«

»Nimmst du alle Leute, die du kennenlernst, so genau unter die Lupe?«

»Nur die, von denen ich die Augen nicht lassen kann.«

Ich schmunzelte. »Clever.«

»Das ist keine Phrase, sondern die Wahrheit. Ich habe letzte Nacht kaum geschlafen, weil ich wegen dem Blödsinn, den ich erzählt habe, sauer auf mich war. Ich finde dich sehr hübsch, und es hat mir wirklich Spaß gemacht, mich mit dir zu unterhalten.«

Ich hatte auch schlecht geschlafen. Ich hatte die ganze Zeit an einen gewissen Mann mit einem sexy Lächeln und seine Grübchen denken müssen. Aber das wollte ich ihm nicht verraten, um ihn nicht noch zu ermutigen.

Der Baumarkt war einen Block weiter auf der rechten Seite. Ich zeigte auf das Gebäude. »Du musst an dem Gebäude vorbeifahren. Der Parkplatz ist dahinter.«

»Wohnst du hier in der Nähe?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, in Connecticut. Aber ich bin gestern Nachmittag hergekommen, um mir Waschtische anzusehen. Ich wollte dir ein anderes Modell vorschlagen. Aber das war, bevor ich erfahren habe, was du von meinen Vorschlägen hältst.«

Brayden ließ den Kopf hängen. »Du wirst mir wohl nie verzeihen, dass ich so blöd war, oder?«

»Wahrscheinlich nicht.«

Im Baumarkt angekommen ließ Brayden mich die Leisten aussuchen. Danach gingen wir in die Farbenabteilung, und ich zeigte ihm den Unterschied zwischen seinem blau-grauen Farbton und dem, den ich ausgesucht hatte. Unter dem Leuchtkasten war gut zu erkennen, dass seine Wahl einen Grünstich hatte und meine nicht.

»Im Wohnzimmer gibt es viel Licht«, erklärte ich. »Deine Farbe würde also grüner aussehen, als sie auf dem kleinen Farbkärtchen wirkt, und meine ist nur eine Nuance anders. Für die angrenzende Küche sind blaue Fliesen vorgesehen, und ich dachte, dass meine Wahl besser passen würde und trotzdem in der Farbpalette bleibt, die du ausgewählt hast.«

»Jetzt sehe ich den Unterschied.«

Ich kniff die Augen zusammen. »Wirklich? Oder willst du dich nur wegen gestern bei mir einschleimen?«

Brayden lächelte. »Nein, ich sehe ihn deutlich. Aber auf der Website habe ich ihn nicht erkannt und dachte, du wärst bloß anstrengend.«

»Siehst du?« Ich nahm ihm das Kärtchen ab. »Mein Wahnsinn hat Methode.«

Als wir zum Projekthaus zurückkehrten, hielt Brayden am Straßenrand an. »Musst du noch mal rein oder bist du für heute fertig?«

»Ich bin fertig und auf meine Freiwilligen morgen vorbereitet.«

»Wollen wir zusammen etwas essen?«

Ich biss mir auf die Unterlippe. »Als Kollegen? Oder bittest du mich um ein Date?«

»Was ist, wenn ich Date sage?«

»Dann müsste ich ablehnen, weil du so jung bist, dass du mein Sohn sein könntest.«

Brayden verzog das Gesicht. »Du bist auf keinen Fall so alt, dass du meine Mutter sein könntest. Es sei denn, du hättest einen Jungbrunnen in deinem Medi-Spa.«

»Vom Aussehen her vielleicht nicht, aber ich habe eine Stieftochter, die ungefähr in deinem Alter ist. Und ich schätze, ich bin mindestens zehn Jahre älter als du.«

»Wie alt ist sie?«

»Dreißig. Mein Mann war siebzehn Jahre älter als ich.«

Er zuckte mit den Schultern. »Der Altersunterschied hat dir bei ihm also nichts ausgemacht. Warum nimmst du ihn jetzt so wichtig?«

Ich lächelte. »Es ist keine gute Idee, Brayden.«

»Na schön, also kein Date – dann gehen wir halt als Kollegen essen.«

Ich wollte es. Ich wollte es wirklich. Und deshalb wusste ich, dass ich Nein sagen musste. Ich seufzte. »Danke für die Einladung. Aber ich denke, ich esse lieber in Ruhe allein.«

Er runzelte die Stirn. »Gut. Wo hast du geparkt? Ich setze dich bei deinem Auto ab.«

Ich zeigte auf den Wagen direkt vor uns. »Da stehe ich. Schönen Abend noch, Brayden.«

»Ebenso«, sagte er schmollend.

Ich stieg aus und ging zu meinem Auto. Als ich die Tür öffnete, ließ Brayden sein Fenster herunter.

»Hey, Alex?«

»Ja?«

»Mag sein, dass du eine Stiefmutter bist, aber ich kenne keine Mütter, die so aussehen wie du.«

3. KAPITEL

ALEX

Am Abend beschloss ich, im Hotelrestaurant zu essen. Rückblickend gesehen war es eine ziemlich blöde Idee, da ich Brayden ja eigentlich aus dem Weg gehen wollte. Mein Fehler wurde mir aber erst in dem Moment bewusst, als er hereingeschlendert kam. Er sah so gut aus, dass ich hätte schreien können.

Er trug ein dunkelblaues Poloshirt und dunkle Jeans. Seine dicke Uhr war das perfekte Accessoire für seine sexy Hände. Als er mich in der Ecke sitzen sah und vorgab, überrascht zu sein, bildeten sich bezaubernde Lachfältchen um seine Augen.

Er kam schnurstracks auf mich zu. »Na, so was … Dass wir uns hier treffen!«

»Ja, total verrückt, oder? Wo wir ja beide hier wohnen.« Ich lachte.

Er hob verteidigend die Hände. »Ich schwöre, ich stalke dich nicht. Ich habe nur Hunger, und hier in der Nähe gibt es nicht viele Möglichkeiten.«

Als er mir in die Augen sah, dachte ich: Du hast Hunger, so, so. Nur nicht auf Essen. Und ehrlich gesagt fand ich ihn auch zum Anbeißen.

Er zeigte mit einem verschmitzten Grinsen auf den Stuhl mir gegenüber. »Ist der Platz besetzt?«

»Nein, stell dir vor, er ist frei.«

Er klimperte mit seinen verboten langen Wimpern. »Darf ich mich dann zu dir setzen?«

Ich spürte, dass ich rot wurde. »Ja, klar.«

Brayden setzte sich und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Hast du schon bestellt?«

»Nein.« Ich hielt die Speisekarte hoch. »Ich habe gerade reingeschaut, aber ich kann mich nicht entscheiden, was ich will.« WasdasEssenangeht. Nach der Reaktion meines Körpers zu urteilen, wusste der ganz genau, was er wollte. Nur dass Brayden nicht auf der Speisekarte war – und es niemals sein würde.

Ein Hauch seines unglaublichen Dufts umwehte mich. Meine Nippel wurden hart – ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Verbindung zwischen meinem Körper und meinem Verstand komplett gekappt war.

Er studierte die Speisekarte. »Wie hungrig bist du?«

»Ziemlich.« Ich räusperte mich.

Er sah zu mir auf. »Würdest du dir eine Pizza und den Auberginenauflauf mit Parmesan mit mir teilen? Ich kann mich nicht entscheiden, weil ich Lust auf beides habe.« Er klappte die Karte zu.

Auf mich vielleicht auch? Was zur Hölle ist nur mit mir los?

»Das klingt super. Ich hatte auch beides im Auge.« Und deine Lippen. Deine Hände. Deine starken Arme.

»Kein Wunder, wenn man bedenkt, wie oft wir schon den gleichen Geschmack hatten«, sagte er augenzwinkernd.

»Bei bestimmten Dingen … aber nicht unbedingt, was die Inneneinrichtung angeht.« Ich zwinkerte zurück.

Er legte die Speisekarte weg und sah mich an. Ich fühlte mich, als wäre ein Scheinwerfer auf mich gerichtet. Sein Blick war durchdringend. Dieser Mann schenkte einem seine ungeteilte Aufmerksamkeit, und das war ein bisschen überwältigend.

Der Kellner kam, um unsere Bestellung aufzunehmen, und verschaffte mir eine kleine Verschnaufpause. Doch sobald er gegangen war, konzentrierte sich Brayden wieder voll und ganz auf mich.

»Also … du hast eine Stieftochter erwähnt«, sagte er. »Hast du noch mehr Kinder?«

»Nein.« Ich starrte in mein Wasserglas. »Mein Mann wollte keine Kinder mehr, deshalb haben wir keine gemeinsamen.«

»Und was war mit deinen Wünschen? Wolltest du Kinder?«

Auf diese Frage war ich nicht gefasst gewesen. Damals war es mir nicht wichtig gewesen, aber jetzt wünschte ich manchmal, Richard und ich hätten wenigstens ein gemeinsames Kind gehabt. Caitlin hätte einen Bruder oder eine Schwester haben können. Ich schüttelte diese Gedanken ab und antwortete ausweichend. »Es hat einfach nicht sein sollen.« Ich legte den Kopf schräg. »Ich nehme an, du hast keine Kinder?«

»Wie kommst du darauf?«

»Weil du so viel Energie hast.« Ich schmunzelte. »Kinder sind anstrengend.«

»Du hast recht. Ich habe noch keine Kinder.«

Noch nicht. »Also willst du auf jeden Fall welche …?«

»Irgendwann schon«, sagte er.

Ein weiterer Grund für mich, nicht mit dem Feuer zu spielen. »Ich habe auch deshalb vermutet, dass du keine Kinder hast, weil es sonst schwierig für dich sein könnte, die Wochenenden auf einer Baustelle zu verbringen.«

»Das stimmt. Deshalb können meine Kumpel nur selten dabei sein, aber morgen kommen sie. Meine engen Freunde haben inzwischen alle Kinder.«

»Erzähl mir von deinen Freunden«, sagte ich und ließ die Eiswürfel in meinem Wasserglas klirren.

»Ryan war der Fünfte im Bunde. Wir sind alle zusammen in Pennsylvania aufgewachsen: Colby, Holden, Owen und ich. Ryan hat uns nach seinem Tod viel Geld hinterlassen, mit dem wir das Haus gekauft haben, in dem wir alle wohnen. Die anderen Wohnungen vermieten wir.«

»Dann bist du also Hausbesitzer?«

»Ja.«

»Beeindruckend.«

»Geht so. Meine Arbeit und Ryans Haus erfüllen mich wesentlich mehr mit Stolz.«

»Natürlich, aber ich meine, es ist beeindruckend, dass ihr euch zusammengetan und das Geld gut investiert habt, statt es zu verprassen. Es war sehr klug, es in eine Immobilie zu stecken.« Ich lächelte. »Und es ist bestimmt ziemlich cool, mit seinen Freunden unter einem Dach zu wohnen.«

»Genau, und dann trinken wir alle zusammen Kaffee im Central Perk«, scherzte er.

Ich schnippte mit den Fingern. »Oh, ja. Ich liebe die Serie! Ich dachte, du wärst zu jung, um Friends zu kennen.«

»Autsch.« Er lachte. »Ich muss zugeben, dass ich die Serie in meinem Superman-Schlafanzug geguckt habe. Also liegst du vielleicht nicht ganz falsch.«

»Du hast sicher süß ausgesehen.«

Er seufzte. »Es ist tatsächlich schön, mit meinen Freunden in einem Haus zu wohnen, aber es hat den Nachteil, dass jeder seine Nase in die Angelegenheiten der anderen steckt.« Er sah mich fragend an. »Bist du mit jemandem zusammen?«

»Das war mal ein abrupter Themawechsel.«

»So ist das bei mir, wenn mich etwas interessiert … oder jemand.«

»Nein. Zurzeit nicht.«

»Dann hattest du hier und da mal ein Date, seit dein Mann gestorben ist …«

»Ja. Und es waren viele Nieten dabei. Alles nichts Ernstes.« Jedenfalls hat die Chemie mit keinem so gestimmt wie mit dir.

»Tja, jemand wie du kann es sich leisten, wählerisch zu sein.«

»Danke, aber nur unter der Voraussetzung, dass es eine gute Auswahl gibt.« Ich zerbiss einen Eiswürfel. »Die meisten Männer in meiner Altersgruppe sind geschieden und bringen komplizierten Ballast mit. Und wenn nicht, dann … gibt es häufig einen guten Grund dafür, dass sie nie geheiratet haben.«

»Siehst du?« Brayden wackelte mit den Augenbrauen. »Genau deshalb solltest du dich nach einem Jüngeren umsehen.«

»Lass mich raten, du kennst genau den Richtigen für mich.«

»Er mag sogar denselben Bourbon wie du.«

Ich grinste.

Als unser Essen kam, plauderten wir ganz entspannt weiter. Und nachdem wir uns die Pizza und die Auberginen geteilt hatten, beschloss ich, einfach zu fragen. »Wie alt bist du überhaupt?« Ich hatte zwar vorher gescherzt, er könne mein Sohn sein, aber das war natürlich übertrieben.

»Einunddreißig. Ich werde dieses Jahr zweiunddreißig.« Er zuckte mit den Schultern. »Siehst du? Ich habe nichts zu verbergen.« Er grinste. »Was war deine Vermutung?«

»Irgendwas zwischen fünfundzwanzig und dreißig.«

Seine Augen weiteten sich. »Verdammt. Fünfundzwanzig?«

»Das war meine schlimmste Befürchtung.«

Er seufzte.

Nach einer kleinen Pause fragte ich: »Und du willst mein Alter nicht wissen?«

»Nein.« Er schüttelte den Kopf und sah mir in die Augen.

»Warum nicht?«

»Weil es mir egal ist, wie alt du bist. Du kannst es mir sagen, wenn du willst. Aber es wird nichts ändern.«

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte mich zurück. »Du willst nicht mal raten?«

»Du siehst nicht älter als fünfunddreißig aus. Mehr habe ich zu dem Thema nicht zu sagen.«

»Und wenn du erfahren würdest, dass ich zwanzig Jahre älter bin als du?«

Er verschränkte ebenfalls die Arme. »Das bist du eindeutig nicht.«

»Du hast recht. Aber würde das etwas ändern?«

»Nein«, antwortete er ohne zu zögern.

»Das sollte es aber.«

Brayden kniff die Augen zusammen. »Warum?«

»Weil es bei so einem Altersunterschied eine große Diskrepanz hinsichtlich der Lebenserfahrung gibt.«

»Nach dem, was du gerade erzählt hast, waren deine Erfahrungen mit Männern deines Alters nicht so toll.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Warst du denn schon mal mit einem Jüngeren zusammen?«

»Nein.«

»Du hast also keine Erfahrungen und kannst es im Grunde gar nicht beurteilen. Ich biete mich freiwillig an, dir zu zeigen, wie es ist. Ich denke, du musst es ausprobieren, bevor du es verwirfst.«

»Und wenn ich dich verwerfe?«, spottete ich.

Er lachte. »Du hast Glück, dass ich nach einer Niederlage direkt wieder aufstehe. Meistens bin ich dann sogar noch motivierter.«

Ich schüttelte den Kopf. »Was mache ich bloß mit dir?« Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch ich unterbrach ihn sofort: »Vergiss es!«

»Okay, jetzt im Ernst.« Er spielte mit seiner Serviette. »Du hast gesagt, deine Stieftochter sei in meinem Alter. Und dein Mann war siebzehn Jahre älter als du. Die Dynamik zwischen dir und ihr muss interessant gewesen sein, als du aufgetaucht bist.«

Ich dachte an die erste Zeit mit Caitlin. »Am Anfang war es nicht einfach. Caitlin war zehn, als ihre Mutter starb, und ich bin in ihr Leben getreten, als sie in der Pubertät war.«

»Sie kann froh sein, dass sie dich hat, zumal ihre Eltern inzwischen beide verstorben sind.«

»Zuerst war unsere Beziehung ziemlich turbulent. Aber mir war bewusst, warum es für sie so schwierig war. Wenn der Vater plötzlich eine jüngere Frau hat, findet kein Kind das gut. Aber irgendwann kam sie immer besser mit mir zurecht und hat mir schließlich vertraut. Im Lauf der Zeit habe ich dann mehr eine mütterliche Rolle übernommen. Jetzt sind wir total eng miteinander, und ich bin sehr dankbar dafür.« Ich lächelte. »Sie ist praktisch meine beste Freundin.«

Er stützte lächelnd das Kinn in die Hände. »Das ist großartig.«

»Aber …« Ich trank einen Schluck Wein. »Hast du schon mal eine ältere Frau gedatet?«

»Nein.« Er kratzte sich am Kinn. »Nicht dass ich wüsste.«

»Was soll das denn bedeuten?«

»Es bedeutet, dass ich mit ein paar Frauen geschlafen habe, deren Alter ich nicht kannte.«

Mein Magen zog sich zusammen. »Oh.«

»Stört dich das?« Er runzelte die Stirn. »Ich bin einfach ehrlich. Aber wenn es dich beruhigt, ich habe längst kein Interesse mehr an One-Night-Stands. Ich bin das Theater leid und würde wirklich gern die Richtige finden.«

Daswerdesichernichtichsein. »Wenn man das Alter gar nicht kennt, zählt es nicht. Aber ausgerechnet du willst mir sagen, ich soll mich mit einem jüngeren Mann treffen, obwohl du selbst nie wissentlich mit einer älteren Frau zusammen warst.«

»Das ist ein weiterer Grund, warum das mit uns perfekt ist.« Er zeigte zwischen uns hin und her. »Wir können viel voneinander lernen.«

»Weißt du, was du mir beibringen kannst?«

Brayden beugte sich vor. »Was?«

»Wie man mit einer Nagelpistole umgeht.« Ich lachte. »Ich fürchte, ich bin dem handwerklichen Aspekt des Projekts nicht gewachsen. Ich habe nur Erfahrung mit Innendesign.«

Er lächelte strahlend. »Ich bringe dir alles bei, was du willst. Wenn du bei irgendetwas Hilfe brauchst, bin ich für dich da.«

Genau das war meine Sorge. Ich würde bei der Arbeit ziemlich viel Zeit mit ihm verbringen. Da wäre es hilfreich, wenn er nicht so verdammt unwiderstehlich wäre. Apropos: Am besten verschwand ich jetzt in mein Zimmer, bevor dieses Abendessen noch einen Absacker nach sich zog … oder zwei.

Nachdem Brayden die Rechnung bezahlt hatte – ohne mich etwas beisteuern zu lassen –, nahm ich meine Tasche. »Wir müssen morgen zeitig raus. Ich denke, ich gehe nach oben.«

Er wirkte enttäuscht. »Bist du sicher? Ich finde, es ist zu früh, um gute Nacht zu sagen.«

»Es ist kurz vor zehn.«

»Wie ich sagte, es ist noch früh.«

»Dann müssen wir wohl akzeptieren, dass wir in diesem Punkt unterschiedlicher Meinung sind.«

»Unter anderem.« Seine Augen funkelten. »Komm schon«, drängte er. »Nur noch ein Drink an der Bar.«

Mein Körper spannte sich an, aber ich blieb bei meiner Entscheidung. »Ich kann nicht. Ich muss duschen und ins Bett.«

»Das klingt auch gut.«

Ich verdrehte die Augen.

»Kann ich dich wenigstens zu deinem Zimmer bringen?«, fragte er.

Ich wollte nicht, dass aus diesem Satz berühmte letzte Worte wurden. »Nein, danke. Ich will mir noch schnell Ibuprofen im Hotelkiosk besorgen.«

»Habe ich dir Kopfschmerzen bereitet?«

Äh, nein. Es ist nur eine Ausrede, weil ich mir selbst nicht traue, was dich angeht. Ich ging, bevor er mich umstimmen konnte. »Gute Nacht, Brayden.«

»Gute Nacht, Alex. Träum schön und lass dich nicht von den Bettwanzen beißen«, rief er.

Ich drehte mich zu ihm um und ging rückwärts weiter. »Wir sind in einem Hotel. Erzähl mir nichts von Bettwanzen.«

Brayden warf mir eine Kusshand zu, und ich wäre fast mit jemandem zusammengestoßen. Daraufhin schwor ich mir, mich nicht noch einmal umzudrehen. Ich befürchtete nämlich, dass ich es mir dann anders überlegen könnte und nicht wie ein braves Mädchen in mein Zimmer gehen würde. Trotzdem hatte ich ein Dauergrinsen im Gesicht, als ich schließlich nach oben ging.

In meinem Zimmer angekommen betrachtete ich mich im Badezimmerspiegel. Ich hatte rote Wangen, vor Aufregung oder Erregung oder Verlegenheit oder wegen allem zusammen. Ich schlug mir auf die Wangen. »Reiß dich zusammen!« Dann musste ich über mich selbst lachen. Obwohl ich mich zu alt für Brayden fühlte, benahm ich mich wie ein albernes Schulmädchen.

Das Klingeln meines Telefons riss mich aus meinen Gedanken. Ich nahm den FaceTime-Anruf an, und meine Stieftochter Caitlin erschien auf dem Display.

»Was gibt’s Neues bei dir?«

Ich blies die Wangen auf. »Nichts Besonderes.«

»Du siehst irgendwie aufgelöst aus.«

Ich biss mir auf die Lippe und strich mir die Haare hinters Ohr. »Echt?«

»Ja. Als hätte ich dich mit runtergelassener Hose erwischt oder so.« Sie kicherte. »Ist jemand bei dir?«

»Nein. Wie kommst du darauf?«

»Ich weiß nicht. Du wirkst verlegen. Als wärst du nicht allein.«

»Ich bin total allein.« Ich drehte mein Handy um und zeigte ihr mein leeres Hotelzimmer. »Siehst du?«

»Alles okay bei dir?«

»Ja.« Ich hielt inne. Gott, ich würde es ihr so gern erzählen.

Was hatte ich zu verbergen? Ich hatte Caitlin jahrelang alles erzählt. Was war jetzt anders? »Hier gibt es so einen Typen, der irgendwie … ganz interessant ist«, stieß ich hervor.

Sie zeigte auf mich. »Ich wusste es!« Sie stampfte triumphierend mit dem Fuß auf. »Ich kenne dich doch.«

Ich spielte es sofort herunter. »So ist es nicht. Ich meine, da läuft nichts, und da wird auch nie etwas laufen, aber Mannomann, ich hatte fast vergessen, wie es ist, mit jemandem zu flirten. Es gibt nichts Besseres.«

»Moment.« Sie sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Warum wird da nichts laufen?«

Ich nagte an meiner Unterlippe. »Ich finde, er ist zu jung für mich.«

»Was heißt ›zu jung‹?«

»In deinem Alter.«

Mein Herz raste, während Caitlin darüber nachzudenken schien. »Okay. Und wo ist bitte schön der Unterschied zu mir und Greg, der zehn Jahre älter war als ich?«

Mit Greg war Caitlin etwa sechs Monate lang zusammen gewesen. Es hatte nicht gehalten. Wahrscheinlich wegen des Alters.

»Es gibt keinen Unterschied. Es ist nur …« Ich hatte keine Antwort darauf. »Ich weiß nicht.«

»Alex, du siehst fantastisch aus. Du schlägst die meisten Frauen um Längen, die in meinem Alter sind oder jünger. Wen interessiert es schon, dass er jünger ist?«

»Mich interessiert es. Ich bin an einem Punkt angekommen, an dem ich das Leben genießen und mir keinen Kopf um einen Mann machen will, der vielleicht irgendwann Kinder habe möchte.«

»Jetzt preschst du viel zu weit vor. Warum amüsierst du dich nicht ein bisschen mit ihm, solange du dort für dieses Projekt arbeitest? Ihr wohnt nicht mal in derselben Stadt, oder? Wer sagt denn, dass du dir überhaupt wegen ernsthafteren Dingen Gedanken machen musst?«

Dazu fiel mir nichts ein, aber ich wusste tief im Inneren, dass die Verbindung, die ich zu Brayden spürte, etwas Besonderes war. Ich könnte mir vorstellen, mich in ihn zu verlieben. Und genau aus diesem Grund musste ich sehr vorsichtig sein. Die Anziehung war nicht nur körperlich.

Ich ermahnte mich immer wieder, aber ein Teil von mir wollte es nicht hören, denn ich freute mich einfach darauf, ihn am nächsten Tag wiederzusehen. Besser gesagt: Ich war vor Freude ganz aus dem Häuschen.

»Da ist er wieder«, sagte Caitlin unvermittelt.

»Wer?«

»Dieser Gesichtsausdruck.« Caitlin schlug lachend die Hand vor den Mund. »Du solltest dich sehen.«

Ich wusste genau, was sie meinte. Ich hatte es selbst gesehen – im Spiegel. Vielleicht muss ich mir fester eine verpassen.

4. KAPITEL

BRAYDEN

»Hast du dir etwa Fotos schicken lassen und die Freiwilligen nach ihrem Aussehen ausgesucht?« Holden hob verteidigend die Hände. »Natürlich habe ich kein persönliches Interesse. Meine Frau ist meine Königin. Trotzdem ist mir aufgefallen, dass ein paar ziemlich attraktive Frauen dabei sind. Ich war schon bei anderen Projekten dabei, und da sahen die Leute nicht alle so gut aus.«

Meine Kumpels Owen, Holden und Colby waren am Morgen angerückt, um bei der Renovierung des dreiundzwanzigsten Hauses der Stiftung zu helfen. Wir arbeiteten alle mit, wann immer wir konnten. Die meisten Projekte dauerten drei bis vier Monate, und dabei gingen etliche Wochenenden drauf. Doch wenn einer von uns ein Projekt leitete, versuchten die anderen, wenigstens an ein bis zwei Wochenenden mit anzupacken. Es war immer schön, wenn wir auf diese Weise Ryan zu Ehren zusammenkamen, und außerdem sorgten wir dann immer für eine Menge Spaß.

Ich schaute zu Kyra hinüber, einer supersexy Frau Anfang zwanzig. Sie warf mir ein kokettes Lächeln zu. Ich schüttelte den Kopf.

»Ich weiß nicht, wie es dazu gekommen ist. Aber letztes Jahr hatte ich bei einem Projekt siebzehn Männer, ein lesbisches Paar und eine sechzigjährige Frau, die Kette rauchte und mich an meine Tante erinnerte. Sie hat mehr draußen gestanden und geraucht, als dass sie im Haus gearbeitet hat.«

Holden lachte. »Diese Kyra guckt dich schon so an, seit wir vor einer Stunde reingekommen sind.«

Eigentlich war eine Frau wie Kyra genau mein Fall, aber seit Kurzem hatte ich nur eine im Kopf, und die kam in diesem Moment mit Chad herein, einem gut aussehenden Helfer Mitte vierzig. Beide lächelten.

»Entschuldige mich kurz«, sagte ich zu Holden. »Ich gebe jetzt den Startschuss. Eine Stunde für Kaffee, Besichtigung und Kennenlernen muss reichen.«

Holden klopfte mir auf die Schulter. »Na klar. Zeit für deinen großen Auftritt, Mann.«

Ich warf meinen leeren Kaffeebecher in den Müll und stellte mich in die Mitte des Raums. »Darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten?«

Die zweiundzwanzig Helfer scharten sich um mich.

»Wir wollen anfangen. Wie ich schon bei der Vorstellungsrunde gesagt habe, gibt es zwei Teamleiter – Jason und Alex. Jason übernimmt mit der Hälfte von euch den Bereich Elektro, Sanitär, Heizung und so weiter. Die Arbeiten, die eine besondere Qualifikation erfordern, übernehmen verschiedene Unternehmer, aber die Teams unterstützen sie dabei. Zum Beispiel wird ein Elektriker kommen, der das Haus neu verkabelt. Er macht alles, was mit stromführenden Leitungen zu tun hat, aber ihr könnt beispielsweise die neuen Kabel durch die Wände ziehen, bevor alles angeschlossen wird. Das andere Team, das von Alex geleitet wird, kümmert sich um die Innenausstattung inklusive Wandfarbe, Bodenbeläge, Einbauten und Geräte. Nachher kommt ein Handwerker, der euch zeigt, wie Laminat verlegt wird, und wir arbeiten ihm zu, um Kosten einzusparen. Hat jemand Fragen dazu?«

Alle schüttelten den Kopf.

Ich nahm ein Klemmbrett vom Tisch. »Gut. Auf dem Bewerbungsformular haben wir nach eurer Handwerkserfahrung gefragt. Einige bringen Erfahrung mit, und wir teilen euch so auf, dass in jeder Gruppe sowohl Erfahrene als auch Anfänger sind. Alle anderen werden zufällig verteilt.«

Ich sah mir die Teamlisten an, die ich am Vorabend zusammengestellt hatte, und nahm im letzten Moment eine Änderung vor. Weil Dave und Holden die Erfahrensten waren, hatte ich Holden Jason zugeordnet und Dave Alex. Wahrscheinlich hatte ich unbewusst meinen Kumpel, den die Frauen liebten, von der Frau getrennt, an der ich interessiert war. Aber Holden war glücklich verheiratet, und Dave freute sich für meinen Geschmack ein bisschen zu sehr darauf, Zeit mit Alex zu verbringen. Deshalb tauschte ich ihn gegen Holden aus.

Ich wollte die Listen gerade vorlesen, als Kyra die Hand hob. »Ich habe eine Frage.«

»Ja. Was gibt’s?«

Sie grinste. »Kann ich in deinem Team sein?«

Aus dem Augenwinkel bekam ich mit, dass Alex die Stirn runzelte. Vielleicht besteht ja doch noch Hoffnung. »Tut mir leid. Ich bin in keinem Team. Ich fasse überall mit an. Aber ich stehe jederzeit zur Verfügung, wenn du etwas brauchst.«

Ich las die Namen der Reihe nach vor und grinste verstohlen, als Dave ein enttäuschtes Gesicht machte, weil ich ihn Jason zugeteilt hatte. Danach erklärte ich, welche Gruppe wo anfangen sollte, und schickte sie los.

Damit die Teams sich nicht gegenseitig auf den Füßen standen, begann eins im Erdgeschoss und das andere im ersten Stock. Alex ging mit ihren Leuten die Treppe hoch, aber ich hielt Holden am Ärmel fest, bevor er ihr folgen konnte.

»Hast du eine Sekunde?«

»Für dich, mein Freund, habe ich ein ganzes Leben.«

»Nur damit du Bescheid weißt, ich interessiere mich für Alex.«

Holden grinste. »Ach ja?«

»Ich sage dir das nicht, um dich zu warnen. Ich weiß, dass du nur Augen für Lala hast. Aber vielleicht könntest du mich gut dastehen lassen, wenn es sich ergibt.«

»Wenn du damit meinst, dass ich ihr erzählen soll, wie du dir in der vierten Klasse in die Hose gemacht und behauptet hast, ein Fisch wäre aus Mrs Reardons Aquarium rausgesprungen und hätte dich nass gespritzt, dann gern.«

Ich schloss die Augen. »Warum habe ich dir überhaupt erzählt, dass ich auf sie stehe?«

Holden schmunzelte. »Das wüsste ich auch gern. Es war ziemlich dumm von dir.« Er hob die Hand. »Hey, Owen. Komm mal kurz her.«

Owen trat zu uns. »Was ist?«

»Unser Kumpel hier steht auf Alex, die Leiterin des Teams für die Innenausstattung.«

»Echt? Kennt sie die Geschichte schon, als ich ihn mit vier versehentlich mit dem Baseball getroffen habe, als wir werfen geübt haben? Er war so sauer, dass er die Luft angehalten hat, bis er ohnmächtig wurde, und dann in einen Hundehaufen gefallen ist.«

Ich stöhnte. »Ich hasse euch.«

Owen legte die Hände an den Mund. »Hey, Colby! Komm doch mal schnell.«

Der Letzte in unserem Club gesellte sich zu uns. »Was ist los?«

Holden wies mit dem Kinn auf mich. »Brayden ist scharf auf eine von den Ladys hier.«

»Kyra?«

»Nein, auf Alex.«

Colby wirkte überrascht. »Im Ernst?«

»Ja.« Holden grinste. »Wenn du also zufällig mit ihr redest, dann leg ein gutes Wort für unseren Kumpel ein.«

»Selbstverständlich. Ich erzähle ihr alles über deine ehrenamtlichen Tätigkeiten.«

»Gott sei Dank«, sagte ich. »Wenigstens ein Freund, der kein Volltrottel ist.«

Colby feixte. »Zum Beispiel, dass du im achten Schuljahr beim Freiwilligendienst in der Kirche im Beichtstuhl masturbiert hast.«

Ich sah ihn groß an. »Das habe ich nicht getan. Ich war da drin, um die verdammte Wärmesalbe von meinem Schwanz abzuwischen. Owen hatte sie mir als Handcreme angedreht, und danach war ich pinkeln und habe meinen Schwanz angefasst. Als ich von der Toilette kam, ist Owen sofort reingegangen. Deshalb konnte ich nicht wieder rein, als es anfing zu brennen. Was zur Hölle sollte ich denn machen? Die Hose vor dem Altar runterlassen?«

Owen klopfte mir auf die Schulter. »Du bleibst also bei dieser Salbenstory, hm?«

Ich ließ resigniert den Kopf hängen. »Ihr seid echt blöd.«

Der Elektriker, den ich bestellt hatte, traf kurz darauf ein, und alle gingen an die Arbeit. Eine Aufgabe folgte der nächsten, und ehe ich michs versah, war es schon Nachmittag und ich war noch nicht oben bei Alex gewesen. Ich freute mich darauf, ihr wie versprochen mit der Nagelpistole zu helfen. Also holte ich mir den Koffer und ging in den ersten Stock.

Alex, Holden und ein Freiwilliger, der Joe hieß, waren im ersten Raum am oberen Ende der Treppe. Ich hörte sie lachen, und als ich hereinkam, sahen sie mich an und lachten noch mehr.

»Mist«, brummelte ich. »Das ist nicht gut.«

Alex wollte etwas sagen, aber als sie den Mund öffnete, bekam sie einen hysterischen Lachanfall. Ihr liefen die Tränen über die Wangen, als sie schließlich fragte: »Bist du wirklich an deinem ersten Tag im Kindergarten aufgestanden und hast gesagt ›Ich darf in der Badewanne nicht mehr mit mir spielen, wenn Mama mir die Haare wäscht. Ich muss warten, bis wir fertig sind und ich allein in meinem Zimmer bin.‹?«

Ich schloss die Augen. »Da war ich drei, und jeder von uns musste aufstehen und etwas über sich sagen. Mir ist nichts anderes eingefallen. Meine Mutter hatte mir nicht gesagt, dass man über so etwas nicht spricht.«

Holden kugelte sich buchstäblich vor Lachen auf dem Boden.

Ich schüttelte den Kopf. »Vielen Dank, Kumpel.«

Alex stand auf und legte beschwichtigend die Hand auf meine Brust, was mich ein wenig besänftigte, auch wenn ich das Gefühl hatte, von Holden verraten worden zu sein. »Keine Sorge. Er hat uns auch ein paar richtig tolle Sachen über dich erzählt.«

Ich runzelte die Stirn. »Ja, darauf wette ich.«

»Wie bist du vorangekommen?«, fragte sie. »Ich war vorhin unten, um eine Packung Schrauben zu holen, und du warst total beschäftigt.«

»Ja, aber es läuft gut. Wir haben schon einiges geschafft.« Ich hielt den Koffer hoch. »Ich wollte dir die Nagelpistole erklären. Hast du ein paar Minuten Zeit?«

»Ja. Zwei von den Jungs holen gerade das Laminat, das wir hier verlegen. Aber wenn du zu viel zu tun hast, kann Holden es mir vielleicht auch zeigen.«

Holden stand auf und wischte sich den Staub von den Händen. »Ich bin zwar geschickt, aber Brayden ist Experte, was Elektrowerkzeuge angeht. Er hat mir alles beigebracht, was ich weiß.«

Das war natürlich Unsinn, aber ich war ihm dankbar, dass er mir den Vortritt ließ. Holden zwinkerte mir hinter Alex’ Rücken zu.

Ich zeigte zur Tür. »Gehen wir doch rüber in das große Schlafzimmer. Da arbeitet heute niemand, und alle Balken liegen frei, sodass du prima üben kannst.«

»Okay!«

Im Schlafzimmer packte ich den Akku-Nagler aus und erklärte Alex das Gerät.

»Das ist die Sicherheitsnase. Sie sorgt dafür, dass die Pistole nur dann auslöst, wenn du sie fest auf die Stelle drückst, wo der Nagel hinsoll.«

»Oh, gut. Ich hatte ein bisschen Sorge, aber jetzt fühle ich mich wohler damit, das Ding zu benutzen.«

Ich zeigte ihr die Entriegelung, das Magazin, den Knopf für die Magazin-Entriegelung und den Auslöser. Die Bedienung war nicht sehr schwierig, aber weil das Gerät eine enorme Schlagkraft hatte und man sich leicht einen Nagel in die Hand schießen konnte, verstand ich Alex’ Bedenken.

»Bist du bereit, es auszuprobieren?«

»So bereit, wie es geht.«

Ich gab ihr die Pistole und stellte mich hinter sie. Weil es keine bestimmte Position gab, die man einnehmen musste, nutzte ich die Situation aus. »Am besten setzt du einen Fuß vor den anderen, um einen festen Stand zu haben«, sagte ich.

»Okay.«

»Und jetzt setzt du die Pistole an.« Ich griff um Alex herum und zeigte auf einen Punkt in Augenhöhe. »Schlagen wir doch gleich hier einen Nagel rein. Ich halte die Pistole, und du betätigst den Auslöser, damit du ein Gefühl dafür bekommst.«

Ich umfing ihren zierlichen Körper von hinten. Es fühlte sich gut an, daher hatte ich nicht vor, sie zur Eile zu treiben.

»Soll ich jetzt?«, fragte sie einen Augenblick später.

»Wenn du bereit bist.«

Sie drückte auf den Auslöser, und der Knall, als der Nagel in den Balken schlug, hallte durch den Raum. Alex drehte sich mit einem begeisterten Lächeln zu mir um. »Das war einfach!«

Ihr fiel eine Haarsträhne in die Stirn, und ich konnte mich nicht beherrschen, sondern strich sie ihr aus dem Gesicht. Weil wir allein waren und so nah beieinanderstanden, wurde der Moment intimer.

»Du bist wirklich hübsch, Alex.«

Sie nagte an ihrer Unterlippe. »Danke.«

Als mein Blick auf ihren Mund fiel, beschleunigte sich ihr Atem.

»Du fühlst es auch, nicht wahr?«, fragte ich leise.

Sie schluckte. »Was meinst du?«

»Es ist schwer in Worte zu fassen, aber ich spüre eine magnetische Anziehungskraft zwischen uns. Wenn ich in deine Nähe komme, zieht es mich immer zu dir hin.«

Im Flur waren Schritte zu hören, doch ich war zu sehr in dem Moment versunken, um zu reagieren – zumindest bis Dave hereinplatzte.