Men of Manhattan - The Rules of Dating - Vi Keeland - E-Book

Men of Manhattan - The Rules of Dating E-Book

Vi Keeland

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Beschreibung

Bei ihm ist es Liebe auf den ersten Blick, doch sie verbannt ihn in die Friendzone ...

Nach einer schmerzhaften Trennung schwört Tattoo- Artist Billie den Männern ab. Doch ihr guter Vorsatz geht - fast! - flöten, als ihr neuer Vermieter Colby Lennon vor ihrer Tür steht. Der Geschäftsmann und Besitzer des Gebäudes, in dem sich ihr Tattoostudio befindet, ist attraktiv, charmant und daran gewöhnt, dass er immer bekommt, was er will. Und jetzt will Colby sie und lässt daran keinen Zweifel. Aber mehr als Freundschaft ist für Billie nicht drin! Aus diesem Grund stellt sie strikte Regeln für ihre sogenannten Nicht-Dates mit dem Single-Dad auf und verflucht sich bei jedem Treffen ein bisschen mehr dafür, dass sie Colby in die Friendzone verbannt hat ...

»Lustig, romantisch und so, so hinreißend!« BOOKS AND TEQUILA

Auftakt der neuen MEN OF MANHATTAN-Reihe vom Bestseller-Duo Vi Keeland und Penelope Ward

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Seitenzahl: 524

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INHALT

Titel

Zu diesem Buch

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

Epilog

Danksagung

Die Autorinnen

Die Romane von Vi Keeland und Penelope Ward bei LYX

Impressum

VI KEELAND / PENELOPE WARD

Men of Manhattan

THE RULES OF DATING

Roman

Ins Deutsche übertragen von Antje Görnig

ZU DIESEM BUCH

Nachdem Billie herausgefunden hat, dass sich ihr Freund noch nebenher mit anderen Frauen über Tinder verabredet, verpasst die Tätowiererin ihm nicht nur das Logo der Dating-App als Geburtstagsgeschenk, sondern bestellt auch gleich alle seine Flammen in ihr Studio. In dieses Chaos platzt ausgerechnet ihr neuer Vermieter. Colby Lennon ist sofort hingerissen von der temperamentvollen Frau, doch sein Timing ist denkbar schlecht. Billie hat erst einmal die Nase gestrichen voll von Männern und will sich auf kein Date mit dem charmanten Single-Dad einlassen. In seiner Verzweiflung schlägt Colby Nicht-Dates vor: Unternehmungen, die so unromantisch wie möglich sind, ihm aber dennoch Zeit mit der Künstlerin schenken. Und zwischen Treffen zum Kickboxen, IKEA-Besuchen und einer Kunstausstellung merkt Billie, dass es ihr gar nicht gefällt, Colby in die Friendzone verbannt zu haben. Doch gerade als aus den Nicht-Dates echte Verabredungen werden, wird Colby von seiner Vergangenheit eingeholt und droht das Wichtigste in seinem Leben zu verlieren …

1. KAPITEL

BILLIE

»Mist.« Mein verdammtes Handy war wieder leer.

Ich sah mich in Kaidens Küche nach einem Ladegerät um. Eigentlich lag immer eins auf der Theke, heute jedoch nicht. Weil er gerade unter der Dusche stand, ging ich in Richtung Bad, um ihn danach zu fragen. Doch als ich am Schlafzimmer vorbeikam, sah ich, dass sein Handy auf dem Nachttisch lud. Es war schon voll, daher löste ich das Kabel, um meins anzuschließen, als sein Handy plötzlich summte und eine Benachrichtigung von Tinder auf dem Display erschien.

Mir rutschte das Herz in die Hose.

Warum bekam Kaiden eine Mitteilung von Tinder? Sicher, wir hatten uns erst vor ein paar Monaten kennengelernt, und auch ich hatte die App auf meinem Handy, aber ich bekam keine Benachrichtigungen mehr, nachdem ich mein Konto vorübergehend deaktiviert hatte. Wir waren schließlich in einer festen Beziehung.

Hatte sich womöglich eine Frau gemeldet, zu der er vor unserem Kennenlernen Kontakt gehabt hatte? Ich hätte das Ganze gerne ignoriert und ihm einen Vertrauensbonus gegeben, aber das ließ meine Vorgeschichte nicht zu. Ich war ein gebranntes Kind. Statt ihm zu vertrauen, lauschte ich daher, ob das Wasser in der Dusche noch lief, und gab seinen Code ein – 6969. Ich hatte darüber gelacht, als ich ihn einmal die Zahlen hatte eintippen sehen. Doch vielleicht hätte es mir eine Warnung in Bezug auf Kaidens Beziehungsreife sein sollen.

Er hatte jede Menge Nachrichten in der App, und ich öffnete diejenige, die als neu markiert war.

Katrina: Ich kann es auch nicht erwarten, dich zu sehen.

Auf den Text folgten drei unsägliche Emojis: ein Kussmund, ein Herz und ein Cocktailglas. Wie ich feststellen musste, schrieben sie sich schon eine ganze Weile, und die letzte Nachricht hatte Kaiden ihr erst vor einer Stunde geschickt. Mein Herz raste. Ich wäre am liebsten ins Bad marschiert, um den Mistkerl zu ertränken. Doch ich wischte weiter. Mir wurde übel, als ich die endlosen Gesprächsverläufe überflog. Allein in der vergangenen Woche hatte sich der Arsch mit zwölf Frauen geschrieben. Eine wäre schon schlimm genug, aber zwölf? Dann fiel mir sein Profilbild auf. Es kam mir irgendwie bekannt vor, und als ich es vergrößerte, wurde mir klar warum. Ich hatte dieses Foto gemacht! Der Mistkerl hatte mich aus dem Bild rausgeschnitten.

Mir schoss dermaßen die Hitze ins Gesicht, dass ich mich fühlte, als käme mir Dampf aus den Ohren. Ausgerechnet heute. Kaiden hatte Geburtstag, und ich hatte mein Studio früher geschlossen, um noch schnell Cupcakes zu backen.

Dabei hatte ich mit Backen überhaupt nichts am Hut. Und ich machte nie früher zu.

Außerdem hatte ich zwei Wochen lang an seinem Geschenk gearbeitet – an einem Entwurf für ein Tattoo, mit dem ich ihn überraschen sollte. Das hatte er sich gewünscht. Und es ist wirklich wahnsinnig stressig, etwas für jemanden zu entwerfen, der keine Vorgaben macht und das Tattoo erst sehen will, wenn es für immer auf seiner Haut prangt.

Grrr. Ich hätte schreien können.

Aber ich ließ es bleiben. Ich atmete tief durch, schloss die Augen und zählte langsam bis zehn. Danach ging es mir jedoch nicht besser. Ich wollte Kaiden immer noch den Kopf abreißen. In diesem Moment fiel mir ein, dass es außer Schreien noch etwas gab, das mir helfen könnte, mich besser zu fühlen, und das war Rache.

Ich heckte einen Plan aus. Zunächst schickte ich der Frau, der er zuletzt geschrieben hatte, eine Nachricht. Die kopierte ich und sendete sie auch an die anderen elf ahnungslosen Frauen, mit denen er flirtete. Danach schloss ich sein Handy wieder an das Ladegerät an. Aber was, wenn die Damen auf meine Mitteilungen antworteten? Dann würde er unweigerlich mitbekommen, was ihm bevorstand.

Damit das nicht passierte, war eine kleine Planänderung nötig. Ich nahm sein Handy und knallte es auf die Kante des Nachttischs. Jetzt ließ es sich nicht mehr einschalten, und beim Anblick des gewaltigen Sprungs im Display ging es mir zugegebenermaßen ein bisschen besser.

Als Kaiden zwei Minuten später aus dem Bad kam, hatte ich immer noch Herzrasen. Trotzdem zog ich meinen Plan durch. Ich versteckte das Handy hinter meinem Rücken, schob die Unterlippe vor und setzte meinen besten Dackelblick auf.

»Es tut mir so leid, Schatz. Ich habe versehentlich etwas kaputtgemacht. Ich fühle mich ganz schrecklich.«

Er hatte sich ein weißes Handtuch um die Hüften geschlungen und rubbelte sich mit einem anderen die Haare trocken. »Ist schon gut. Was hast du kaputtgemacht?«

Ich hielt ihm sein Telefon hin. »Dein Handy.«

Kaiden sah mich entsetzt an. »Oh. Scheiße. Wie hast du das angestellt? Es sieht aus, als wäre es auf einen Stein geknallt.«

Nicht ganz, aber nah dran … »Ich bin so ein Tollpatsch. Ich habe es klingeln gehört und bin hingelaufen, um es dir zu bringen. Ich wollte nicht, dass du den Anruf verpasst, weil ich dachte, dir will bestimmt jemand zum Geburtstag gratulieren. Aber dann bin ich gestolpert und gegen den Bettpfosten gekracht. Dein Telefon hat das Meiste abbekommen. Tut mir leid. Ich besorge dir nachher ein neues Glas, wenn wir im Studio fertig sind.« Oder wenn die Hölle zufriert …

»Ich habe eine Handyversicherung, also mach dir keine Sorgen.«

Mache ich mir sicher nicht …

Eine Stunde später betraten wir mein Tätowierstudio Billie’s Ink. Ich hatte keine anderen Abendtermine vereinbart, um mich ganz auf Kaidens Geburtstagsgeschenk konzentrieren zu können. Leider war das Tattoo, das ich mir ausgedacht hatte – ein sexy Pin-up-Girl, das ihm garantiert gefallen würde –, womöglich meine bislang beste Arbeit. Freitagabends war sonst immer viel los, und ich arbeitete mit mindestens einem weiteren Tattookünstler bis nach Mitternacht. Aber weil ich den anderen den Abend freigegeben hatte, war nur meine Rezeptionistin Justine da.

»Hallo ihr beiden.« Sie lächelte. »Alles Gute zum Geburtstag, Kaiden.«

»Danke.«

»Hast du Billies Entwurf schon gesehen?«

Kaiden schüttelte den Kopf. »Nein. Ich lasse mich überraschen.«

Justine stützte mit einem verträumten Gesichtsausdruck den Kopf in die Hände. »Ich finde es so romantisch, sich von seiner Freundin ein Überraschungstattoo stechen zu lassen.«

Ich musste lachen und hustete, um es zu überspielen. Es war romantisch, aber in diesem Fall auch ziemlich bescheuert.

Ich räusperte mich. »Justine, ich habe dir zwar gesagt, dass du um sechs gehen kannst, aber könntest du vielleicht doch ein bisschen länger bleiben? Ich habe …« Ich lächelte Kaiden zu. »Noch eine Überraschung vorbereitet. Mehrere Überraschungen sogar.«

Der Idiot strahlte.

»Klar«, sagte Justine. »Kein Problem. Ich kann so lange bleiben, wie du mich brauchst.«

»Danke. Ich bringe das Geburtstagskind nur schnell zu seinem Platz, und dann erzähle ich dir, was ich vorhabe.«

Ich führte Kaiden nach hinten ins Studio und bat ihn, es sich auf meinem Stuhl bequem zu machen. Schnell legte ich Musik auf, stellte sie etwas lauter als sonst, damit er nicht mitbekam, was vorne am Empfang vorging. Mit einem zuckersüßen Lächeln versprach ich ihm, gleich wieder da zu sein und mit dem Tattoo zu beginnen.

Ich lief rasch nach vorn. »Also …«, sagte ich zu Justine und biss mir auf die Unterlippe. »Ich hoffe, du hast nichts gegen ein bisschen Rambazamba.«

Sie grinste. »Dafür bin ich doch immer zu haben. Was hast du vor?«

Mit gedämpfter Stimme berichtete ich ihr von meiner Entdeckung auf Kaidens Telefon. Ihr fiel die Kinnlade herunter, noch bevor ich zum Wesentlichen kam. »Und ich habe sie alle für heute Abend auf einen Drink eingeladen.«

Sie runzelte die Stirn. »Wen?«

»Die Frauen, mit denen er tindert.«

»Alle?«

»Alle zwölf. Ich weiß nicht, wie viele tatsächlich auftauchen, aber ich habe sie alle gebeten, sich hier mit mir zu treffen. Also, nicht mit mir, weil ich natürlich an Kaidens Stelle geschrieben habe, aber du weißt, was ich meine.«

Justine sah mich groß an. »Zwölf Frauen von Tinder werden hier aufschlagen, weil sie Kaiden treffen wollen?«

Ich nickte. »Ich habe geschrieben, dass er ein Tattoo zum Geburtstag bekommt und Hilfe bei der Auswahl braucht, bevor es dann später in die Bar am Ende des Blocks geht.«

Justine schlug die Hand vor den Mund. »Oh mein Gott. Was willst du machen, wenn sie alle hier sind?«

»Ich habe noch ein paar Stunden Zeit und hoffe, ich bekomme sein Tattoo in der Zeit fertig und kann ihn nach vorn bringen, um es gleichzeitig ihm und den Damen zu präsentieren.«

Justine runzelte die Stirn. »Das Tattoo, das du entworfen hast, ist fantastisch. Es ist zu gut für die Haut dieses Schwindlers.«

Ich lächelte. »Ach, apropos – es wird ein anderes Geburtstagstattoo geben. Du müsstest mir schnell ein Stencil vorbereiten. Geht das?«

Ihre Augen funkelten. »Klar.«

Ich nahm mein Handy und tippte etwas in die Suchmaschine ein, bevor ich es Justine zeigte.

»Davon hätte ich gern ein Stencil.«

Sie zog die Brauen zusammen, dann riss sie die Augen auf. »Du willst ihm das Tinder-Logo tätowieren?«

Ich grinste. »Er hat gesagt, ich kann machen, was ich will …«

Justine fing an zu lachen. »Du bist echt irre. Das ist klasse! Kann ich das Ganze filmen? Ich wette, das Ding geht viral.«

»Unbedingt. Wir sollten es in den sozialen Medien posten, sozusagen als Dienst an der Öffentlichkeit. Vielleicht überlegen es sich andere Männer dann zweimal, ob sie eine Frau weiter betrügen wollen.«

»Was soll ich den Frauen sagen, wenn sie reinkommen?«

»Das ist ein heikler Punkt. Wir müssen sie vom Reden abhalten. Vielleicht drückst du jeder sofort ein Musterbuch in die Hand? Und sagst ihr, Kaiden hätte angerufen, weil er sich ein paar Minuten verspätet, und sie soll schon mal schauen, was ihr gefällt. Mit meinen und denen von Deek haben wir doch bestimmt ein Dutzend Künstlermappen da. Aber du musst leise sprechen, damit man es hinten nicht hört.«

»Ich kriege das schon hin.« Sie schüttelte den Kopf und blies die Wangen auf. »Das wird der absolute Megahammer!«

Ich nickte. »Oh ja, das wird was werden.«

Kaiden war eingeschlafen.

Es war wirklich zum Totlachen. Zwar schlief ab und zu mal jemand auf dem Stuhl ein, aber meist waren es Frauen, die wegen ihres ersten Tattoos nervös waren und vorher eine Beruhigungspille geschluckt hatten. Ich hätte nie gedacht, dass unser Geburtstagsjunge ein Nickerchen halten würde. Aber ich war froh darüber.

Als ich anfangen wollte, hatte er seine freie Hand auf meinen Oberschenkel gelegt. Ich hatte sie weggeschoben und ihm gesagt, er müsse in genau der gleichen Position bleiben. Allerdings hatte ich befürchtet, dass ich ihm eine scheuern würde, falls seine Hand als Nächstes auf meinem Hintern landen würde. Es erleichterte mir die Arbeit ungemein, dass ich nicht die ganze Zeit von ihm beobachtet wurde. Ich musste keine Angst haben, dass er versuchte, im Spiegel einen Blick auf seinen Arm zu erhaschen, und ich konnte das Tattoo sogar abdecken, bevor er sich rührte.

Justine hatte mich in den vergangenen zwanzig Minuten mit Nachrichten auf dem Laufenden gehalten. Offenbar waren acht Frauen aufgetaucht und warteten nun wenige Meter entfernt auf der anderen Seite meiner Studiotür darauf, sich mit ihrem attraktiven Tinder-Date zu treffen. Ich war wie elektrisiert. Es fühlte sich an, als würde Strom durch meine Adern fließen. Ich musste ein paarmal tief durchatmen, bevor ich meinen Traumprinzen weckte.

»Hey.« Ich stieß ihn an der Schulter an und schenkte ihm ein falsches Lächeln. »Hallo Schlafmütze, Zeit zum Aufstehen.«

Er wurde blinzelnd wach. Ein paar Sekunden lang blickte er verwirrt drein, dann hob er jedoch den Kopf und schaute auf seinen Arm. »Scheiße. Bin ich eingeschlafen?«

»Allerdings.«

»Wie lange war ich weg?«

»Oh … Stunden.«

Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Bist du schon fertig?«

»Ja, ich kann es nicht erwarten, dass du es siehst.«

Er richtete sich auf. »Du hättest es nicht abdecken sollen.«

»Ich wollte es spannend machen. Und Justine ist noch da, und ich habe sie gebeten, den großen Moment auf Video aufzunehmen. Ich möchte mir dein überraschtes Gesicht immer wieder ansehen können.«

»Na schön.« Er lächelte. »Danke, Baby.«

»Es war mir wirklich ein Vergnügen.«

Ich ging mit klopfendem Herzen nach vorn. Kaiden folgte mir. Als ich die Tür öffnete, sprang Justine von ihrem Stuhl auf und versperrte mir den Weg. »Wir haben einen Kunden da. Einen echten Kunden«, zischte sie mir zu. »Ich habe gerade versucht, ihn abzuwimmeln.«

Ich schaute an ihr vorbei in den Empfangsbereich. Am Tresen stand tatsächlich ein Mann. Er trug einen Anzug, die Krawatte saß locker. Er sah irgendwie aus wie ein sexy Drogenfahnder. Gott, bitte mach, dass er kein Cop ist. Die meisten Stühle im Wartebereich hinter ihm waren von Frauen besetzt, die nun alle zu uns herüberschauten. Eine erhob sich lächelnd. Der arme Kerl würde jeden Moment sein blaues Wunder erleben, denn die Explosion stand unmittelbar bevor.

Kaiden sah den Typen am Tresen an. »Ich dachte, du hättest heute Abend geschlossen, Baby.«

»Ich, äh, ich habe ein paar Freunde zu der feierlichen Enthüllung eingeladen.« Ich ergriff seine Hand, atmete noch einmal tief durch und zog ihn hinter mir her. Als wir mitten im Raum standen und alle Blicke auf mich gerichtet waren, bekam ich weiche Knie. Kaiden musterte die Frauen, und sein Blick blieb an einer Blondine hängen. Er schien zu überlegen, woher er sie kannte. Die ganze Sache würde jeden Moment implodieren, wenn ich die Bombe nicht augenblicklich zündete.

Ich räusperte mich.

»Meine Damen, das hier ist mein Freund Kaiden. Er hat heute Geburtstag, und ich wollte ihm etwas ganz Besonderes schenken. Weil wir eine wunderbare Beziehung haben und uns gegenseitig so vertrauen, hat er mich das Tattoo aussuchen lassen, das seinen Körper nun für immer ziert. Er hat es noch nicht gesehen, aber ich denke, ihr werdet zustimmen, dass ich ihm kein passenderes Tattoo hätte stechen können.«

Mit zitternden Händen löste ich die Kompresse von seinem Bizeps. Nun gab es kein Zurück mehr. Das auffällige pinkfarbene Flammensymbol war mindestens zehn mal zehn Zentimeter groß und sicherlich aus hundert Metern Entfernung zu erkennen. Ab dem Moment schien alles in Zeitlupe abzulaufen.

Kaiden schaute an seinem Arm hinunter und verzog irritiert das Gesicht. »Was zum Teufel ist das?«

Eine der Tinder-Frauen schlug die Hand vor den Mund. »Oh mein Gott. Es ist das Tinder-Logo. Heilige Scheiße!«

Kaiden sah sich das Tattoo genauer an. »Was zur Hölle soll das, Billie?«

Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Komm mir nicht mit ›was zur Hölle‹!« Ich zeigte in den Raum. »Erkennst du diese Frauen eigentlich nicht?«

Er blickte in die Runde und studierte das erste Gesicht, dann das zweite. Bei der dritten Frau weiteten sich seine Augen, und er blinzelte verdutzt. Dann schnellte sein Blick weiter von Person zu Person, während es ihm dämmerte. Er schloss die Augen. »Was zum Teufel hast du getan?«

»Was zum Teufel ich getan habe?«, schrie ich. »Mal überlegen … Ich habe für dich gekocht, wenn du lange arbeiten musstest. Ich habe dir den Rücken massiert, wenn du einen schweren Tag auf der Baustelle hattest. Ich habe sogar deinen Bruder vom Flughafen abgeholt, als er zu Besuch kam. Aber das Wichtigste ist wohl, dass ich dir geglaubt habe, als du gesagt hast, dass du dich in mich verliebt hast und eine feste Beziehung willst.«

Kaiden streckte die Hand nach mir aus, aber ich wich zwei Schritte zurück und hob die Hände. »Fass mich nicht an.«

»Ich kann es dir erklären.«

Das machte mich aus irgendeinem Grund noch wütender. Als könnte es eine vernünftige Erklärung für sein Verhalten geben! Ich rastete aus.

»Raus! Und zwar sofort!«, brüllte ich und zeigte zur Tür.

Ich hatte Kaiden gemeint, aber eine der Frauen eilte zur Tür und stürzte praktisch nach draußen auf den Gehsteig.

»Gut. Ja.« Ich nickte. »Gute Idee. Raus mit euch allen! Verschwindet aus meinem Studio!«

Wäre ich bei klarem Verstand gewesen, hätte ich mich durchaus über die Komik der Situation amüsieren können. Ein baumlanger, kräftig gebauter, tätowierter Kerl rannte schnurstracks zur Tür hinaus – auf der Flucht vor einer kleinen, zierlichen Verrückten, die ihm ein riesiges pinkfarbenes Tinder-Logo auf den Arm tätowiert hatte. Er war so durch den Wind, dass er fast ein paar Tinder-Tussis niedergetrampelt hätte.

Als sie alle draußen waren, schloss ich die Tür, machte die Augen zu und versuchte, mich zu beruhigen.

Die Stimme eines Mannes schreckte mich auf.

»Äh … der Zeitpunkt ist wohl etwas ungünstig«, sagte der sexy Drogenfahnder, der außer Justine und mir als Einziger im Studio geblieben war.

»Sieht so aus«, raunte Justine ihm zu. »Vielleicht kommen Sie ein andermal wieder.«

Aber bei mir war eine Sicherung durchgebrannt, und da genügte Kaidens Verschwinden nicht, um mich zu beschwichtigen. Ich trat mit einem irren Lächeln im Gesicht an den Tresen.

»Nein, gehen Sie nicht. Was für ein Tattoo hätten Sie gern?« Meine Stimme war fast tonlos, regelrecht unheimlich. Und aus irgendeinem Grund setzte mein Lidschlag aus.

Der Mann wirkte etwas nervös. »Äh … Ich weiß nicht.«

Ich legte den Kopf schräg. »Nein? Dann will ich Ihnen auf die Sprünge helfen. Wo bekommen Sie die Frauen her, die Sie hinter dem Rücken Ihrer Freundin vögeln? Wie wäre es mit dem Bumble-Logo?« Ich hob einen Finger. »Oder Plenty of Fish? Das wäre doch süß. So ein putziges kleines Fischlein? Oder vielleicht Hinge? Ein H kann ich in einer Viertelstunde schaffen.«

Der arme Kerl starrte mich nur an.

Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Also, was nehmen Sie? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«

Mir fiel auf, dass er ein Stück Papier mit einer Abbildung in der Hand hielt. Ich schnappte es mir und lachte wie eine Wahnsinnige. »Eine Rose? Eine verdammte Rose. Das ist ja wohl das absolute Klischee. Dann haben Sie sicher schon ein Unendlichkeitssymbol irgendwo, oder?« Ich warf ihm den Zettel zurück, aber er machte keine Anstalten, ihn aufzufangen.

»Wissen Sie was?« Er wies mit dem Daumen zur Tür. »Ich werde einfach wieder gehen …«

»Gut! Sie sind wahrscheinlich auch ein Arschloch! Wollen Sie wissen, warum ich das weiß? Weil alle Männer Arschlöcher sind!«

Der Typ warf Justine ein betretenes Lächeln zu. »Danke für Ihre Hilfe.« Er öffnete die Tür, hielt jedoch inne, bevor er hinausging. »Sie sind wahrscheinlich Billie?«

Als ich nicht antwortete, schüttelte er den Kopf. »Na dann. Es war nett, Sie kennenzulernen. Ich bin übrigens Colby Lennon, Ihr neuer Vermieter.«

2. KAPITEL

COLBY

Holden kam am nächsten Morgen in aller Frühe vorbei, um das undichte Abflussrohr meiner Küchenspüle zu reparieren. Ich hätte es selbst tun können, aber er wusste, wie wichtig mir die Wochenenden waren, denn es waren die einzigen Tage, die ich ganz mit meiner Tochter Saylor verbringen konnte. Doch Holden war hier nicht nur der Mann für alles. Er war auch Miteigentümer des Hauses, zusammen mit mir und zwei weiteren guten Freunden. Als Berufsmusiker war er nirgendwo festangestellt, daher kümmerte er sich um die Reparaturen, die im Haus anfielen, wenn er nicht auf Tour war. Er hatte seinem Vater, einem Bauunternehmer, von klein auf geholfen und war daher in der Lage, so gut wie alles in Ordnung zu bringen. Er hatte viele Gelegenheitsjobs gehabt, bevor er unser Hausmeister geworden war.

Saylor saß neben mir am Tisch und malte, während ich Kaffee trank und Holden bei der Arbeit zusah. Irgendwann kam er unter der Spüle hervor und warf einen Blick auf ihren Zeichenblock.

»Hat sie da das gemalt, was ich denke?«, fragte er.

Ich schaute zu meiner Dreijährigen hinüber, die etwas zu Papier gebracht hatte, das verdächtig nach einem Penis mit Augen und Tentakeln aussah.

»Was ist das, Saylor?«, fragte ich.

»Das bist du, Daddy«, erklärte sie.

»Kommt ungefähr hin.« Holden lachte.

Saylor malte gern und liebte Kunst im Allgemeinen, was sich bei ihr bereits im zarten Alter von drei Jahren deutlich zeigte. Ihr Sinn für Kunst war einer der Gründe, warum ich sie mit einem Tattoo zu ihren Ehren hatte überraschen wollen. Der Plan war allerdings in die Hose gegangen. Apropos …

Ich wandte mich Holden zu. »Sag mal, was weißt du über die Frau, die das Lokal im Erdgeschoss gemietet hat? Billie?«

»Du hast sie noch nicht kennengelernt?«

Ich schüttelte den Kopf. »Oh, und ob ich sie kennengelernt habe.«

»Was ist passiert?«

Ich erzählte ihm kurz, was ich am vergangenen Abend in dem Tätowierstudio erlebt hatte – oder zumindest was ich aus dem Theater geschlossen hatte, das sich vor meinen Augen abgespielt hatte.

»Scheiße. Man kann ihr nicht verübeln, dass sie es dem Typen heimgezahlt hat. Ziemlich geniale Idee.«

Ich schmunzelte. »Ja, das muss ich zugeben – auch wenn ich mitten ins Kreuzfeuer geraten bin.«

»Aber ich sage dir …« Er zeigte mit einem Schraubenschlüssel auf mich. »Sie ist total cool. Du hast sie offensichtlich in einem schlechten Moment erwischt.«

»Ja, aber sie sollte Kunden mit Respekt behandeln, auch wenn sie einen schlechten Tag hat.«

»Wie hat sie reagiert, als du ihr gesagt hast, dass dir das Haus gehört?«

»Sie war geschockt, hat sich aber nicht entschuldigt. Allerdings habe ich mich auch aus dem Staub gemacht, bevor sie groß etwas sagen konnte.«

»Ich will zum Mamakurs!«, rief Saylor dazwischen.

Sie meinte den Mutter-Kind-Kurs, den ich einmal pro Woche mit ihr besuchte. Ich war der einzige Vater in der Runde, aber wir waren glücklicherweise mit offenen Armen empfangen worden, obwohl es bei uns keine Mama gab. Mit ihren drei Jahren wusste Saylor bereits, dass es ungewöhnlich war, ohne Mutter aufzuwachsen, aber sie war noch nicht alt genug, um Komplexe deswegen zu haben. Ich wusste, es war nur eine Frage der Zeit, doch vorläufig genügte ich ihr.

»Daddy ist meine Mama«, sagte sie immer. Mir graute vor dem Tag, an dem sie mich zu löchern begann, warum ihre Mutter nicht an ihrem Leben teilhaben wollte. Bis dahin war ich einfach dankbar, dass sie keine Fragen stellte. Sie akzeptierte meine allgemein gehaltenen Antworten wie: »Deine Mutter kann nicht bei uns sein. Sie hat Dinge zu tun, die wir nicht verstehen müssen.«

Ich schaute auf mein Telefon. »Wir haben noch ein bisschen Zeit, bevor wir losmüssen. Und zuerst müssen wir dich sauber machen. Du hast überall Schokolade von dem Donut im Gesicht. Kein Wunder, dass du Onkel Holden so gernhast. Er bringt dir immer dieses süße Zeug mit.«

Holden zuckte die Achseln. »Ich weiß, wie sehr sie Donuts mag. Ich kann einfach nicht anders.«

»Gut, aber du musst ja nicht jedes Mal welche mitbringen, wenn du kommst. Ich versuche ihr gesunde Gewohnheiten beizubringen.«

»Oh, wie wir sie früher hatten?« Er schnaubte. »Weißt du nicht mehr, wie oft wir uns in dem Laden an der Ecke Süßigkeiten gekauft haben? Wir können froh sein, dass wir noch alle Zähne im Mund haben.«

Saylor lächelte strahlend, und ihre kleinen Milchzähnchen kamen zum Vorschein. Ich versuchte mich schon jetzt für den Tag zu wappnen, wenn sie ihr auszufallen begannen. Irgendwann wurde sie groß, und ich wusste, dass ich nicht besonders gut damit klarkommen würde.

Holden strich meiner Tochter über den Kopf. »Wenn Onkel Holden jemals den Durchbruch schafft, kauft er dir einen ganzen Donut-Laden und benennt ihn nach dir.«

Ich stand auf und brachte meine Kaffeetasse zur Spüle. »Wir müssen uns allmählich fertigmachen. Hast du noch länger zu tun?«

»Ja, ich werde wohl noch eine Weile brauchen.«

»Okay, aber übertreib’ es nicht. Du kannst auch morgen noch mal wiederkommen. Es ist ja nur ein tropfendes Rohr.«

»Ich werde verrückt, wenn ich es nicht hinkriege. Das weißt du doch.«

»Tja, besser du als ich«, entgegnete ich lachend.

Wir kamen eine Viertelstunde zu spät zum wöchentlichen Treffen der »Manhattan Moms of Girls«. Die Hälfte der Anwesenden drehte sich zu uns um, als wir hereinkamen, aber ihre Mienen waren freundlich. Die Frauen behandelten mich alle, als wäre ich eine von ihnen. Nur dass sie manchmal mit mir flirteten. Auch die verheirateten.

»Hallo Colby«, rief eine.

Ich lächelte Lara Nicholson zu, einer Single-Mutter in der Runde. Sie lebte getrennt von ihrem Mann, mit dem sie sich das Sorgerecht für ihre Tochter Maddie teilte. Lara hatte mir schon öfter vorgeschlagen, ein Spieltreffen für unsere Mädels zu vereinbaren. Ihre Hartnäckigkeit vermittelte mir jedoch den Eindruck, dass sie eigentlich mit mir spielen wollte. Aber mir war nicht danach. Gefühlsmäßig war in letzter Zeit ohnehin nicht viel bei mir los. Ich hatte hin und wieder ein Date, aber als Vater war ich wählerischer geworden. Eine Frau musste schon etwas ganz Besonderes sein, damit ich sie in die Nähe meiner Tochter ließ. Und weil Saylor das Ergebnis einer ungewollten Schwangerschaft war, litt ich unter der Paranoia, dass sich die Geschichte wiederholen könnte.

Das heutige Treffen stand unter dem Motto »Wellness«, und es gab verschiedene Angebote für die kleinen Mädchen: Im »Friseursalon« konnten sie sich die Haare zu einem Dutt hochstecken lassen wie eine Prinzessin, in einer anderen Ecke konnten sie sich verkleiden, und es gab auch ein »Nagelstudio«, wo sie sich die Fingernägel lackieren lassen konnten. Es war eine wunderbare Gelegenheit für Saylor, außerhalb des Kindergartens mit anderen Mädchen in Kontakt zu kommen. Und ich war froh, dass ich sie dazu an einen angenehmen Ort mit Klimaanlage bringen konnte, denn in letzter Zeit war es unglaublich heiß in der Stadt; viel zu heiß für den Spielplatz.

Einige Mütter ließen sich ebenfalls die Nägel lackieren. Als meine Tochter es bemerkte, sagte sie: »Daddy, du auch!«

»Nein, Kleines, das ist nichts für mich.«

»Kommen Sie her, Colby. Ich kümmere mich um Sie«, sagte Amanda McNeeley mit einem anzüglichen Unterton. Amanda war ebenfalls Single.

Mir blieb nichts anderes übrig, als zu ihr zu gehen und mich hinzusetzen. »Welche Farbe?«, fragte ich meine Tochter.

»Pink!«

Ich sah Amanda lächelnd an. »Ich kann wohl ebenso gut direkt aufs Ganze gehen, nicht wahr?«

Saylor suchte einen knallig leuchtenden Lack aus, und Amanda schüttelte das Fläschchen. Während sie meine Nägel lackierte, betrachtete ich das strahlende Gesicht meiner Tochter. Sie sah aufmerksam zu. Es gab wirklich nichts, das ich nicht für sie tun würde. Dies war der Beweis.

Auf dem Heimweg kam uns eine Frau entgegen, deren dunkle Mähne in der warmen Sommerbrise wehte. Es war Billie, die ausgeflippte Tattookünstlerin. Sie hielt auf ihr Studio zu. Verdammt. Offenbar hatte mich ihr unzivilisiertes Verhalten am gestrigen Abend derart verwirrt, dass mir gar nicht aufgefallen war, was für eine Granate sie war. Billie war sehr zierlich und selbst auf ihren hohen Hacken eine kleine Person. Ihr schwarzes Haar bildete einen starken Kontrast zu ihrem hellen Porzellanteint, und sie hatte ein Ganzarm-Tattoo.

Sie lächelte, als sie mich sah. Aber dann wurde mir klar, dass ihr Lächeln nicht mir galt. »Wen haben wir denn da?«, fragte sie und blieb vor uns stehen.

»Das ist meine Tochter Saylor. Saylor, das ist Billie, die nette Frau aus dem Tätowierstudio.«

Billie kniete sich hin. »Dein Vater hält mich für verrückt, und das aus gutem Grund, aber ich schwöre, ich bin eine nette Frau.« Sie richtete den Kragen von Saylors Kleid. »Wie alt bist du?«

Meine Tochter hielt drei Finger hoch. »Rei. Aber fast vier.«

»Drei. Wow! Du bist ja schon ein großes Mädchen.«

»Guck mal, meine Nägel, Billie!«

»Oh, wie hübsch!« Billie streckte ihre Hand aus. »Ich habe auch blaue Nägel.«

Ich zeigte meine Finger vor. »Und meine sind pink.«

Billie machte große Augen. »Tatsächlich.« Sie lachte. »Ganz schön krass, Herr Vermieter.«

»Mein Name ist Colby.«

Sie nickte. »Colby.«

Nach gestern sah sie in mir wahrscheinlich einen verklemmten Schwachkopf. Da brachten mir meine pinkfarbenen Nägel vielleicht einen Pluspunkt in Sachen Coolness ein.

Sie erhob sich. »Hör mal, Colby … ich möchte mich für meine Unhöflichkeit entschuldigen. Es war einfach ein schrecklicher Abend für mich.«

»Ja, das habe ich mitbekommen.«

»Dachte ich mir.«

Als sie zu Boden schaute, fiel mein Blick kurz auf ihre Brüste. Es war schwer, nicht hinzusehen, denn sie trug ein Korsett, aus dem zwei milchweiße Hügel herauslugten – ein schwarzes Korsett unter einem rot-schwarz karierten Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln.

Meine Tochter streckt die Hand aus und zeichnete mit dem Finger die Linien von Billies Tattoo auf ihrem Arm nach.

»Sie ist total fasziniert von Körperkunst«, sagte ich und strich Saylor über den Rücken. »Möchtest du, dass Daddy sich irgendwann ein Tattoo machen lässt?«

Sie nickte, ohne den Blick von Billie abzuwenden.

»Ich wollte sie überraschen«, sagte ich mit einem Augenzwinkern. »Aber daraus ist ja nichts geworden, wie du weißt.«

»Zum Glück nicht.« Sie schnaubte. »Was hast du dir dabei gedacht? Ich meine, wenn sie Rose hieße, würde ich eine Rose als Tattoo durchgehen lassen, aber ansonsten ist das Motiv total langweilig. So etwas Gewöhnliches würde ich dir nicht stechen.« Billie schaute zu Saylor hinunter. »Möchtest du ein Tattoo für deinen Daddy aussuchen?«

Saylor hüpfte vor Begeisterung auf und ab. »Ja!«

»Willst du auf einen Sprung mit reinkommen?«

Ich legte Saylor die Hand auf die Schulter. »Wir wollen uns nicht aufdrängen.«

Unsere Blicke trafen sich. »Ich habe erst um vier wieder einen Kunden.«

Meine Tochter traf die Entscheidung für mich: Sie nahm Billies Hand und ging mit ihr gemeinsam auf die Eingangstür zu. Ich nutzte die Gelegenheit, um die Rückansicht meiner schönen Mieterin zu bewundern, die der Vorderansicht in nichts nachstand. Sie trug schwarze glänzende Leggings, die nur wenig der Fantasie überließen. Kein Wunder, dass ihr Laden immer voll zu sein schien. Verdammt.

Die Glocke läutete, als sie die Tür öffnete.

»Kinder haben normalerweise aus Sicherheitsgründen keinen Zutritt«, erklärte sie. »Aber solange ich nicht tätowiere, ist es in Ordnung.«

Ich kratzte mich am Kinn. »Ah … Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Zum Glück habe ich Saylor nicht versprochen, dass sie zuschauen darf, wenn ich mich tätowieren lasse.«

»Ja. Die meisten seriösen Studios halten sich daran.« Sie ging zu einem Regal, nahm eine große schwarze Mappe mit laminierten Seiten heraus und gab sie Saylor. »Hier sind viele hübsche Tattoos drin. Schau sie dir an und sag mir, was dir an deinem Dad gefallen würde. Ich kann mir aber auch etwas ganz Neues einfallen lassen.« Sie lächelte.

Saylor setzte sich und legte die Mappe auf ihren Schoß. »Schmetterlinge!« Sie zeigte auf eine Seite, nachdem sie ein bisschen geblättert hatte.

Aber es waren nicht bloß Schmetterlinge; jeder von ihnen war kunstvoll mit anderen Fantasiemotiven verflochten. An den Tattoos in dieser Mappe war tatsächlich nichts »gewöhnlich«.

Ich legte den Arm um Saylor, während sie die Seiten umschlug. »Fantastisch, hm?«

Sie nickte und blätterte neugierig weiter.

»Hast du Lust auf einen kleinen Snack, Saylor?«, fragte Billie.

Sie nickte, ohne von der Mappe aufzusehen.

»Magst du Goldfischli?«

Saylor strahlte. »Oh, lecker! Goldfischli!«

»Sie liebt diese Dinger.« Ich kniff die Augen zusammen. »Aber warum hast du so etwas hier?«

Billie zuckte die Achseln. »Ich mag sie auch. Sie sind schön klein, und man kann sie sich in den Mund stecken, ohne alles vollzukrümeln. Und weißt du, was ich noch mag? Trinkpäckchen. Die sind umweltfreundlicher als Plastikflaschen.« Sie lächelte. »Möchtest du auch eins, Saylor?«

Meine Tochter nickte. »Ja!«

»Wie heißt das?«, fragte ich.

»Ja, bitte«, sagte Saylor.

»Wow, Billie, Goldfischli und Trinkpäckchen. Erinner mich daran, dass ich dir nächstes Mal Cracker mitbringe«, zog ich sie auf.

Billie ging schmunzelnd den Snack holen. Und wieder heftete ich den Blick auf den Hintern dieser sexy Frau, der straff und wohlgerundet war. Verdammt umwerfend.

Sie kehrte mit einer kleinen Tüte Goldfischli mit Pizzageschmack und einem Apfelsaft zurück. Sie öffnete beide Päckchen und stellte sie auf den kleinen Tisch neben meiner Tochter, die prompt von der Mappe aufsah, um zuzugreifen.

»Das ist sehr nett von dir. Danke«, sagte ich.

»Sehr gerne.« Billie setzte sich mir gegenüber.

»Hör mal …« Ich senkte die Stimme. »Du musst entschuldigen, wenn ich gestern irgendwie unfreundlich rübergekommen bin. Dir das mit dem Vermieter einfach so ins Gesicht zu schleudern, war …«

»So habe ich das nicht aufgefasst. Ich meine, du bist der Vermieter, also …« Sie seufzte. »Ich muss mich vielmehr dafür entschuldigen, dass ich einen zahlenden Kunden abgewiesen habe, der geduldig gewartet hatte, Vermieter hin oder her. So wie du mich gestern gesehen hast, verhalte ich mich normalerweise nicht.«

Ich nickte. »Mach dir keine Gedanken. Du hattest allen Grund, sauer zu sein.« Ich hielt inne. »Wie ist es überhaupt dazu gekommen?«

»Du meinst, abgesehen von der Tatsache, dass er ein Scheißkerl ist?« Sie schlug sofort die Hand vor den Mund und schaute zu Saylor hinüber, die zum Glück nichts mitbekommen hatte. »Tschuldigung. Ist mir so rausgerutscht.«

»Keine Sorge. Sie ist viel zu beschäftigt mit dem Snack und deiner Mappe.«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe es nicht kommen sehen. Der einzige Trost ist, dass ich zum Glück nur ein paar Monate in die Beziehung investiert habe.«

Ich nickte. »Freut mich zu hören, aber eigentlich habe ich gemeint, wie du das Ganze eingefädelt hast.«

»Er hat sein Handy liegen lassen, als er duschen war, und ich habe eine Tinder-Benachrichtigung auf dem Display gesehen. Das hat mich stutzig gemacht, und ich musste einfach nachforschen. Ich wusste seinen Zugangscode, und als mir klar wurde, was er da abzieht, habe ich alle Frauen herbestellt, mit denen er geschrieben hat – zur selben Uhrzeit. Und den Rest kennst du.«

»Das war wirklich der Hammer.«

»Danke.« Sie lächelte stolz. »Fand ich auch.«

»Es braucht schon eine Menge Kraft, um so etwas durchzuziehen, wenn man verletzt ist.«

»Ich denke, der Schmerz hat mir merkwürdigerweise die nötige Kraft gegeben.«

Ich nickte. »Kann ich nachvollziehen.«

Billie beeindruckte mich. Sie war nicht nur extrem talentiert, sondern auch stark – mit einem Hauch Verrücktheit. Ich wurde immer neugieriger auf sie. Ich schaute ihr für einen kurzen Moment in die Augen, doch dann stand sie auf, um eine Serviette für Saylor zu holen.

Danach setzte sie sich wieder zu mir. »Wohnst du im Haus oder bist du nur der neue Eigentümer?«

»Ja, ich wohne oben.«

»Und du bist der einzige Eigentümer oder …?«

»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Holden kennst du schon, nicht wahr?«

»Den Musiker-Schrägstrich-Hausmeister? Ja. Der ist cool.«

»Genau. Er ist Miteigentümer. Genau wie zwei weitere Freunde.«

Sie sah mich groß an. »Wow. Dann gehört euch allen vier das Gebäude?«

»Ja. Also, es gehört der Firma, die wir zu viert gegründet haben. Einer der Jungs, Owen heißt er, macht in gewerbliche Immobilien und hat den Deal vermittelt. Und dann ist da noch Brayden.«

»Ihr müsst einander wirklich vertrauen, wenn ihr gemeinsam so etwas aufzieht.«

»Das tun wir. Sie sind die einzigen drei Menschen, von denen ich das sagen kann.«

»Und gestern bist du bestimmt zu deiner Frau nach oben gegangen und hast ihr von der durchgeknallten Tätowiererin erzählt, was?«

Oh. Wegen Saylor dachte jeder, ich wäre verheiratet. »Ich bin nicht verheiratet.«

»Oh.« Billie sah mich betroffen an. »Geschieden?«

»Nein. Saylors Mutter war nie Teil unseres Lebens«, flüsterte ich ihr zu. »Sie wollte nicht.«

Ihr wich die Farbe aus dem Gesicht. »Verstehe.«

Ich stand auf und bedeutete ihr, mit mir auf die andere Seite des Raums zu gehen.

»Die Schwangerschaft war … gelinde gesagt eine Überraschung«, sagte ich leise und schaute aus dem Fenster. »Ich hatte niemals damit gerechnet. Die Frau und ich, wir kannten uns im Grunde gar nicht. Aber Saylor ist das Beste, was mir je passiert ist.«

Billie schaute zu meiner Tochter hinüber. »Sie ist wunderschön.«

Genau wie du, hätte ich fast gesagt. Billie war wirklich eine Schönheit. Sie war zwar stark geschminkt, doch irgendwie wusste ich, dass sie ohne Make-up noch viel besser aussah.

»Aber es ist sicher eine Herausforderung, sie allein aufzuziehen.«

»Danke. Und ja, ich hatte vorher noch nie ein Baby im Arm.«

»Das ist schon krass.« Billie sah mich an, als hätte sie gern mehr erfahren. Aber es war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Ich wollte nicht, dass Saylor etwas mitbekam.

Ich verlor mich einen Moment lang in Billies Augen. Sie waren dunkelbraun, wie Kaffeebohnen. Dann saugte Saylor geräuschvoll den letzten Rest Saft aus dem Päckchen und riss mich aus meiner Trance.

»Hast du dir etwas ausgesucht?«, fragte Billie, als wir wieder zu ihr hinübergingen.

»Das hier!« Sie zeigte auf ein Einhorn, das in allen Regenbogenfarben leuchtete.

Billie musste lachen. »Also, das würde ich deinem Dad wirklich gern stechen, wenn er einverstanden ist.«

»Darüber muss ich nachdenken. Ich sage zwar immer, dass es nichts gibt, was ich nicht für meine Tochter tun würde …« Ich wackelte mit meinen pink lackierten Fingernägeln. »Aber dieses knallbunte Einhorn ist vielleicht die erste Ausnahme.«

»Wenn du dich dafür entscheidest, brauchst du es nur zu sagen. Und wenn du etwas anderes willst, mache ich das auch.« Sie zwinkerte mir zu. »Nur keine Rose.«

Ich nickte. »Ich denke, ich brauche ein bisschen Zeit. Wenn mich der gestrige Abend eines gelehrt hat, dann dass man so eine wichtige Entscheidung nicht überstürzen sollte.«

»Da hast du recht.« Sie lächelte.

Es gab eigentlich keinen Grund, länger zu bleiben, und ich wollte nicht, dass Billie uns hinauswerfen musste. Also tippte ich Saylor auf die Schulter. »Sag danke, Saylor. Wir müssen nach oben.«

»Vielen Dank!« Meine Tochter umarmte Billie.

Billie schloss die Augen. »Nichts zu danken, meine Hübsche. Komm mich bald wieder besuchen. Ich habe immer einen kleinen Snack da.«

Sie begleitete uns zur Tür.

Bevor wir das Studio verließen, drehte ich mich um. »Hey, Billie?«

»Ja?«

»Dein Ex ist ein Idiot.«

Ihre Wangen röteten sich. Vielleicht wegen meiner Bemerkung. Vielleicht aber auch, weil ich noch einen Blick auf ihr Dekolleté riskiert hatte.

3. KAPITEL

COLBY

Als ich am Dienstag aus dem Büro kam, ging ich extra langsam am Tattoostudio vorbei, um einen Blick auf die Inhaberin zu erhaschen – auf die Frau, die in den vergangenen Nächten durch meine Träume gegeistert war. Es war völlig abgefahren. Ich träumte nicht oft – oder zumindest erinnerte ich mich nur selten an meine Träume –, aber nun hatte ich drei Nächte in Folge das Gleiche geträumt. Ich saß bei Billie auf dem Tätowierstuhl und bekam von ihr ein Brückenmotiv in Schwarz-Weiß auf die rechte Brust gestochen. Bis dahin war der Traum eigentlich ganz harmlos, doch irgendwann trat sie auf das Fußpedal und fuhr den Stuhl hinunter. Dann beugte sie sich über mich und fuhr mit der Zunge über meine Bauchmuskeln … Es endete immer gleich: Billie auf meinem Schoß mit den Beinen über meinen Schultern, während ich sie nach allen Regeln der Kunst vögelte.

Großartig, oder? Die Frau war nett zu meiner Tochter, und ich dankte es ihr, indem ich mir jeden Morgen in Erinnerung an meine wiederkehrenden erotischen Fantasien einen runterholte. Schon bei dem Gedanken fühlte ich mich wie ein Dreckskerl, und ich hätte zwar gern auf ein paar Minuten bei Billie hereingeschaut, aber ich verdiente es ganz offensichtlich nicht.

Also beschloss ich, es dem Schicksal zu überlassen. Wenn ich sie zufällig im Fenster sah, würde ich stehen bleiben. Wenn nicht, dann nicht. Leider war das Glück nicht auf meiner Seite, und ich sah nur die Rezeptionistin. Tja, wahrscheinlich war es besser so. Billie hatte eine üble Trennung hinter sich, und das Timing stimmte einfach nicht – abgesehen davon war es nicht sehr wahrscheinlich, dass sie selbst bei perfektem Timing mit mir ausgehen würde.

Ich ging an der Studiotür vorbei zum Hauseingang und direkt zum Aufzug. Als er sich öffnete, kam mein Kumpel Owen heraus.

»Hey«, sagte ich. Wir begrüßten uns mit einem Faustcheck und einer einarmigen Umarmung. »Wie läuft’s? Wir haben uns eine ganze Weile nicht gesehen.«

»Ja, ich habe viel zu tun. Meine Assistentin ist im Mutterschutz, und einer von meinen Maklern hat ohne Vorwarnung gekündigt, daher sind wir total unterbesetzt.«

Als ich sah, was Owen in der Hand hatte, grinste ich. »Was hast du mit dem Werkzeugkasten vor? Willst du zu einem Kostümfest oder so? Du hast doch keine Ahnung, was man mit dem Werkzeug darin anfängt.«

»Du kannst mich mal. Ich bin nicht total unfähig, aber ich mache mir eben nur ungern die Hände schmutzig.«

Ich schmunzelte. »Ja, wie ich hörte, regen sich die Damen bei deiner Maniküre immer auf, wenn du zu viel Hornhaut hast.«

Ich zog ihn natürlich nur auf, obwohl er tatsächlich zur Maniküre ging. In unserer Viererrunde war er derjenige, der jemanden anrief, wenn etwas repariert werden musste, während er im Grunde nie von anderen um Hilfe gebeten wurde.

»Jetzt mal im Ernst«, sagte ich. »Wo willst du mit dem Werkzeugkasten hin?«

»Holden hat kurzfristig einen Gig bekommen. Er wollte ihn unbedingt machen, weil da irgendein großes Tier aus der Musikbranche aufkreuzt, und hat mich gebeten, ihn ein paar Tage als Hausmeister zu vertreten. Ich wollte nicht, aber er wirkte ziemlich verzweifelt. Jetzt könntest du mir allerdings einen Freundschaftsdienst erweisen und für mich einspringen …«

Ich grinste. »Ich kann nicht. Oben wartet mein süßes Mädchen auf mich.«

»Komm schon. Es dauert nicht lange. Onkel Owen kann sie auf ein Eis einladen, während du den Job erledigst.«

»Warum wollt ihr Blödmänner mein Kind ständig mit Zucker füttern?«

Owen grinste. »So kriegen wir alle Mädchen dazu, uns zu mögen.«

Ich betrat lachend den Aufzug und drückte auf den Knopf. »Du bist ein Idiot. Viel Spaß beim Hände-schmutzig-Machen, wenn es um eine verstopfte Toilette oder so was geht.«

»Ja, es wird bestimmt unheimlich spaßig, ein Klimagerät zu reparieren. Aber vielleicht bekomme ich zur Belohnung ja ein Tattoo – mit einer Nadel bearbeitet zu werden, klingt für mich fast genauso amüsant.«

Die Aufzugtüren schlossen sich bereits, aber bei dem Wort »Tattoo« hatte ich aufgehorcht. Ich hielt die Hand in die Lichtschranke. »Das Klimagerät unten im Tattoostudio?«

»Genau. Die Inhaberin hat vorhin angerufen.«

Sieh an, sieh an. Anscheinend hatte das Schicksal andere Pläne für mich. »Wenn ich es mir recht überlege, hast du von Klimageräten keine Ahnung. Vielleicht sehe ich mir das besser selbst an. Die Babysitterin ist noch mit Saylor im Park, aber sie kommen in etwa einer Stunde zurück. Du musst nur da sein, um sie abzulösen, wenn ich nicht rechtzeitig fertig werde.«

»Wirklich?«

Ich verließ den Aufzug und nahm ihm den Werkzeugkasten aus der Hand. »Wirklich. Aber du bist mir was schuldig.«

»Alles klar. Danke. Wenn ich eine Stunde habe, gehe ich noch schnell in mein Büro und hole mir eine Akte, die ich morgen früh brauche. Aber ich bin auf jeden Fall wieder da, bevor Saylor nach Hause kommt.«

»Gut. Bitte verspäte dich nicht.«

»Nein. Nochmals danke, Kumpel.«

Ich hatte fast ein schlechtes Gewissen. Aber ich fühlte mich längst nicht schlecht genug, um zuzugeben, dass mir jede Ausrede recht war, um Billie zu sehen, und schon gar nicht so schlecht, dass ich nicht irgendwann den Gefallen einfordern würde, den Owen mir schuldete.

»Hallo«, sagte ich zu der Rezeptionistin. »Ich komme wegen des Klimageräts.«

Sie sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Sind Sie nicht der Typ von neulich abends? Der mitten in das Tinder-Treffen geraten ist?«

»Genau der.« Ich reichte ihr lächelnd die Hand. »Colby Lennon. Ich bin einer der Hauseigentümer. Wenn möglich versuchen wir Reparaturen selbst zu erledigen.«

Sie erwiderte mein Lächeln. »Justine Russo. Wenn Sie das Teil reparieren, ist Billie sicher netter zu Ihnen. Es kommt nur heiße Luft raus. Da hinten ist es bestimmt schon dreißig Grad.«

»Ich werde sehen, was ich tun kann. Wo ist das Gerät?«

»Im Studio. Billie ist auch hinten. Gehen Sie nur durch.«

Ich folgte ihrer Aufforderung – etwas zu begeistert davon, ein blödes Klimagerät in Ordnung zu bringen. Doch meine Begeisterung war rasch dahin, als ich die Tür zum Studio öffnete und Billie entdeckte, die auf einem Tätowierstuhl lag und sich von einem großen tätowierten Kerl die Schultern massieren ließ. Sie trug ein Korsett – offenbar ihr typisches Arbeitsoutfit –, aber ohne Flanellhemd darüber.

Sie hatten mich scheinbar nicht gehört, und weil ich das Gefühl hatte, in einem privaten Moment zu stören, räusperte ich mich. Der große Kerl sah auf, ohne die Massage zu unterbrechen. »Kann ich Ihnen helfen?«

»Ja, äh, ich komme wegen des Klimageräts.«

Billie richtete sich auf. Als sich ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete, fühlte ich mich etwas besser.

»Hey, wie geht’s, Big Daddy?«, fragte sie augenzwinkernd.

Verdammt. Mein Schwanz regte sich. Weil sie mich Daddy genannt hatte oder weil sie mir zugezwinkert hatte? Vielleicht beides. Ich versuchte, cool zu bleiben, und hob mein Kinn. »Hey. Wie geht’s?«

Sie drehte sich zu dem tätowierten Kerl um. »Er ist der neue Vermieter, von dem ich dir erzählt habe – der, dem ich keine Rose stechen wollte. Deek, das ist Colby. Colby, das ist Deek.«

Billie sprang von dem Stuhl. Es war unmöglich zu ignorieren, wie ihre Brüste in dem knappen Korsett hüpften. Es war aus schwarzer Spitze, und ich fragte mich unwillkürlich, ob sie ein dazu passendes Spitzenhöschen unter ihrer Jeans trug. Ich hätte darauf gewettet. Ihr Flanellhemd hatte sie sich um die Taille gebunden, was nicht verwunderlich war, denn die Hitze im Raum war unerträglich.

Billie wies mit dem Kopf nach hinten. »Komm mit.«

Ich bemühte mich, ihren Hintern nicht anzustarren, als ich ihr folgte, aber das war nicht so einfach. Ihre Jeans war eng, und zwischen dem Korsett und dem Hosenbund war ein Streifen nackte Haut zu sehen, herrlich cremeweiße Haut.

Verdammt. Was war das nur mit dieser Frau? Eigentlich war ich nicht so ein geiler Bock.

Als wir vor dem großen Klimagerät standen, machte Billie eine ausschweifende Geste wie Vanna White beim Glücksrad. »Hier ist das kaputte Ding. Ich habe es Kaiden getauft, weil es nutzlos ist und nur heiße Luft von sich gibt.«

Ich lachte. »Gut zu wissen. Und wo ist das Thermostat?«

Sie zeigte darauf, dann hakte sie die Daumen in die Gürtelschlaufen ihrer Jeans. »Also, ich will nicht hier rumstehen und dir bei der Arbeit zusehen. Ruf einfach, wenn du etwas brauchst.«

»Mache ich.«

Nachdem ich die Steuerung kontrolliert und mich vergewissert hatte, dass nichts eingefroren war und die Filter sauber waren, ging ich zu dem Thermostat. Während ich das Gehäuse aufschraubte, lauschte ich dem Gespräch von Billie und Deek.

»Es wäre gut für dich«, sagte er. »Ich meine, du solltest es tun. Ignorier sie einfach.«

»Du kennst Renee. Sie lässt sich nicht so leicht ignorieren.«

»Weißt du, was meiner Meinung nach dein eigentliches Problem ist?

»Nein, aber du wirst es mir bestimmt gleich sagen.«

»Du bist total schlecht darin, Hilfe anzunehmen.«

»Bin ich nicht.«

Ich schaute zu ihnen hinüber. Deek sah Billie stirnrunzelnd an. »Muss ich dich an den horrenden Zinssatz des Kredits erinnern, den du aufgenommen hast, um diesen Laden hier aufzumachen?«

»Nein, die sechshundertsiebenunddreißig Male, die du das schon getan hast, genügen vollauf.«

»Du hättest das Geld ohne Zinsen von mir bekommen können.«

»Ich wollte dein Geld nicht riskieren.«

»Du bist eine der gefragtesten Künstlerinnen in einer Acht-Millionen-Stadt, und Tattoos sind heutzutage bei allen Gesellschaftsschichten angesagt. Es wäre kein Risiko gewesen.«

Billie zuckte die Achseln. »Wie auch immer. Es ist nichts Falsches daran, Dinge selbst schaffen zu wollen.«

»Stimmt. Es ist aber auch nicht falsch, ab und zu Hilfe von Leuten anzunehmen, die einen lieben.«

»Ich werde darüber nachdenken. Und jetzt massiere mir noch ein bisschen den Nacken.«

Schließlich blendete ich das Gespräch aus. Irgendwie machte es mich verrückt, dass sie von einem anderen Mann angefasst wurde, daher ignorierte ich sie einfach komplett.

Zwanzig Minuten später war ich ziemlich sicher, dass ich die Ursache für die Funktionsstörung gefunden hatte. Ein altes gelbes Kabel im Thermostat war an einer Stelle völlig zerschlissen und fast auseinandergerissen. Ich hoffte, dass sich das Problem mit einer Neuverkabelung lösen ließ. Zum Glück war eine Spule Kupferdraht im Werkzeugkasten, und nachdem ich die Gummihülle auf beiden Seiten mit dem Abisolierer entfernt hatte, beschloss ich, Billie erst einmal zu informieren.

In dem Moment kam ein weiterer Mann herein. Er ging direkt auf Billie zu, nahm ihr Gesicht in beide Hände und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. Mein Wangenmuskel zuckte. Aber dann ging der Typ zu Deek und küsste ihn ebenfalls auf den Mund. Und er strich ihm zärtlich über den Arm. »Bist du so weit? Ich will keinen Verspätungszuschlag mehr bei der Hundepension bezahlen, weil du noch nicht mit Tratschen fertig bist.«

Deek verdrehte die Augen. »Kostet doch nur zehn Dollar.«

Der Typ stemmte die Hände in die Hüften. »Das sind zehn Dollar, die ich in meine Botoxspardose stecken könnte.«

Billie kicherte. »Gute Nacht, Jungs.« Dann rief sie nach vorn: »Du kannst auch Schluss machen, Justine! Schließ bitte die Tür ab, wenn du gehst, ja?«

»Mache ich! Gute Nacht, Billie!«

Die beiden Männer zankten sich noch ein bisschen weiter, während sie das Studio verließen. Billie sah ihnen lächelnd nach, bevor sie sich mir zuwandte. »Wie sieht’s aus? Hast du Kaiden repariert? Aber ich glaube, wir brauchen einen anderen Namen für das Gerät. Kaiden ist nämlich irreparabel.«

Ich lächelte und zeigte ihr das zerschlissene Kabel. »Ich habe das Problem vermutlich gefunden. Sicher weiß ich es erst, wenn ich es neu verkabelt habe, aber das hier sieht nicht gut aus.«

»Gut, großartig. Meine Jeans klebt mir an den Beinen. Wenn das Ding nicht bald wieder läuft, reiße ich sie mir vom Leib und laufe hier in Unterwäsche rum.« Sie fächelte sich Luft zu. »Ich kann diese Hitze nicht ertragen.«

»Wenn ich es mir recht überlege, bekomme ich die Reparatur vielleicht doch nicht hin.« Ich lächelte. »Soll ich dir mit der Jeans helfen?«

Sie lachte. »Wenn mir heiß ist, werde ich richtig unausstehlich. An dem Abend neulich war mir noch nicht mal warm. Also bringst du das am besten schnell in Ordnung.«

Meine Laune hatte sich entschieden verbessert, seit ich mitbekommen hatte, dass Deek nicht an Billie interessiert war. Und nun, wo wir allein waren, folgte sie mir und setzte sich neben meinem Werkzeugkasten auf den Boden.

»Was machst du denn so den ganzen Tag, Herr Vermieter? Du trägst einen Anzug. Bist du Immobilienmakler oder so?«

Ich begann, die neuen Kabel mit den alten zusammenzuzwirbeln, während wir redeten. »Nein, ich bin Architekt.«

»Echt?«

»Ja.«

»Ich glaube, ich habe noch nie einen Architekten kennengelernt.«

Ich grinste. »Ist es so aufregend, wie du es dir vorgestellt hast?«

Billie lachte. »Noch viel aufregender.«

Nachdem ich Kabel und Kupferdraht auf der einen Seite verzwirbelt hatte, führte ich die Enden auf der anderen Seite zusammen. Es funkte, und ich bekam eine gewischt. Dann ging das Licht aus. »Mist.« Ich stöhnte. »Die Sicherung ist rausgeflogen.«

Es gab keine Fenster im hinteren Teil des Studios, und es war stockdunkel. Ich konnte nicht einmal Billie sehen.

»Was kann ich tun?«, fragte sie.

»Nichts. Warte mal. Ich glaube, ich habe eine Taschenlampe im Werkzeugkasten.« Ich kniete mich hin und tastete nach dem Kasten.

»Äh …«, kam ihre Stimme aus der Dunkelheit, »das ist keine Taschenlampe. Das ist meine Brust.«

»Scheiße. Tut mir leid.«

Sie lachte. »Warum habe ich das Gefühl, dass es dir eigentlich gar nicht leidtut?«

»Projiziert da jemand seine Fantasien auf mich?«, neckte ich sie. »Du weißt schon, wer mit einem Finger auf andere zeigt, zeigt mit drei Fingern auf sich.«

»Du willst also behaupten, es täte mir nicht leid, dass du mich betatscht hast?«

»Ich verstehe das«, fuhr ich fort. »Ich bin ein gut aussehender Mann, und du hast Bedürfnisse. Das nehme ich dir nicht übel. Wenn du möchtest, mache ich es noch mal – natürlich nur, um dir einen Gefallen zu tun.«

»Ich glaube, der Stromschlag, den du gerade bekommen hast, hat in deinem Hirn einen Kurzschluss ausgelöst, lieber Herr Vermieter.«

»Die Dame, wie mich dünkt, gelobt zu viel.«

Billie bekam einen Lachanfall. »Hast du gerade aus Hamlet zitiert, um zu rechtfertigen, dass du meine Brust angefasst hast?«

Ich hatte die Taschenlampe endlich gefunden und hielt sie mir ans Kinn, um mein Gesicht zu beleuchten. »Ich war letzten Monat mit Saylor bei ›Shakespeare im Park‹. Wir sind beide auf der Wiese eingeschlafen, und das war vermutlich einer der wenigen Sätze, den ich überhaupt mitbekommen habe.«

»Ich glaube, ich habe noch ein paar Kerzen in meiner Vorratsschublade«, sagte Billie und stand auf. »Kannst du mir den Weg leuchten?«

Ich folgte ihr mit der Taschenlampe, und sie kramte drei Kerzen hervor und stellte sie im Raum auf. Als sie die letzte anzündete, fiel mir auf, wie schön sie in dem sanften Lichtschein aussah. Keine Ahnung, wann ich zum Romantiker mutiert war, aber ich hätte sie gern zu einem romantischen Dinner bei Kerzenschein eingeladen.

Sie erwischte mich dabei, wie ich sie anstarrte, und sah mich schräg an. »Was ist?«

»Nichts.« Ich schüttelte den Kopf. »Wo ist der Sicherungskasten?«

»Im Badezimmer. Frag mich nicht, warum er dort eingebaut wurde.«

Als ich den Kasten öffnete, fand ich zu meinem Erstaunen noch alte Drehsicherungen vor. Die Sicherung für die Beleuchtung konnte ich wieder hineindrehen, die für den hinteren Bereich allerdings nicht. Ich nahm sie heraus und sah sie mir an. »Die ist durchgebrannt. Du hast nicht zufällig noch eine hier, oder?«

Billie schüttelte den Kopf. »Leider nicht. Meist habe ich nicht mal Ersatzglühbirnen, und ich habe schon mehr als einmal bei dem Imbiss an der Ecke Servietten geklaut, weil wir kein Klopapier mehr hatten.«

Ich zog mein Handy aus der Tasche. »Ich rufe Owen an. Direkt neben seinem Büro hat ein Baumarkt aufgemacht. Wenn er noch da ist, kann er auf dem Heimweg eine mitbringen.«

Owen war gerade erst in seinem Büro angekommen, als er sich meldete. Ich hatte ihn also rechtzeitig erwischt. Und so konnten Billie und ich nichts weiter tun, als im Dunklen herumzusitzen und auf ihn zu warten. Doch in meinem Anzug kam ich fast um vor Hitze. »Owen dürfte in etwa zwanzig Minuten da sein. Ich ziehe so lange meine Anzugjacke aus. Mir ist kochend heiß.«

»Ich verstehe nicht, wie du das Teil so lange anbehalten konntest«, sagte Billie.

Nachdem ich eine Schicht abgelegt hatte, setzte sich Billie auf ihren Tätowierstuhl. Ich setzte mich auf den anderen.

»Wie bist du eigentlich zum Tätowieren gekommen?«, fragte ich.

»Mit achtzehn habe ich ein paar Gemälde von mir in der Galerie meiner Mutter ausgestellt, und ein tätowierter Typ hat eins davon gekauft. Er hat sich nach meinen Zukunftsplänen erkundigt, und als ich gesagt habe, ich sei mir nicht sicher, hat er gefragt, ob ich zimperlich sei. Ich habe verneint, und er hat mir seine Visitenkarte gegeben und mich eingeladen, bei ihm vorbeizukommen. Er würde mich über seine Schulter schauen lassen, sagte er, damit ich herausfinden könne, ob Tätowieren etwas für mich ist.« Sie lächelte. »Meine Mutter war total sauer. Sie wollte, dass ich ans College gehe und Kuratorin werde wie sie. Ehrlich gesagt bin ich wahrscheinlich deshalb direkt am nächsten Tag zu dem Tätowierer gelaufen. Meine Lieblingsbeschäftigung als Teenager war, meine Mutter auf die Palme zu bringen. Eigentlich macht es mir heute immer noch Spaß … Jedenfalls war ich fasziniert von Devins farbenprächtigen Arbeiten, und binnen eines Monats habe ich als Rezeptionistin bei ihm angefangen, um das Geschäftliche zu lernen. Und dann hat er mir schließlich angeboten, eine Ausbildung in seinem Studio zu machen.«

»Ist ja cool. Du wurdest also praktisch entdeckt?«

»So habe ich das noch nie gesehen.« Sie lachte und zuckte die Achseln. »Aber im Grunde stimmt es. Obwohl meine Mutter behauptet, Devin hätte mich nicht wegen meines vermeintlichen Talents eingestellt, sondern um mir auf den Hintern gucken zu können.«

Ich runzelte die Stirn. »Das war ja nicht gerade ermutigend. Gibt es einen Grund, warum sie so gedacht hat? Hat der Mann dich mal angemacht?«

Billie schüttelte den Kopf. »Nein, gar nicht. Devin ist wie ein Vater für mich. Und er ist so viele Jahre glücklich verheiratet, wie ich auf der Welt bin. Meine Mutter verabscheut einfach meinen Beruf.«

»Warum?«

»Weil sie Tätowieren nicht für Kunst hält. Nur Gemälde, die in Galerien hängen und einen sechsstelligen Preis erzielen, sind der Aufmerksamkeit von Renee Holland wert. Meine Arbeit nennt sie ›Verschwendung von Talent an obszöne Schmierereien‹.«

»Nun, ich für meinen Teil würde deine Mappe jederzeit einem Besuch im Museum für moderne Kunst vorziehen.«

Sie lächelte. »Danke. Sie liegt mir damit in den Ohren, dass ich einige meiner Werke bei einer Ausstellung zeigen soll, die sie plant. Es ist zwar eine tolle Chance, weil viele Zeitschriften, die von Leuten gelesen werden, denen meine Art von Kunst gefällt, ihre Kritiker schicken werden. Aber ich weiß nicht, ob ich es mache, weil mir die Vorstellung nicht gefällt, dass ich ihr dafür dankbar sein muss.«

»Wenn du es nicht machst, schneidest du dich aber ins eigene Fleisch. Manchmal muss man einfach die Zähne zusammenbeißen, um weiterzukommen.«

Billie schwieg einen Moment. »Ja, wahrscheinlich hast du recht. Ich werde noch mal drüber nachdenken.«

Irgendwann tauchte Owen mit der Sicherung auf, aber weil es Zeit wurde, die Babysitterin abzulösen, konnte er nicht bleiben, und Billie und ich waren wieder allein.

»Gut, ich drehe sie jetzt rein, und dann funktioniert das Licht hoffentlich wieder«, sagte ich.

»Mach das«, sagte Billie und stöhnte. »Mir ist so heiß, dass ich mich nicht bewegen kann.«

Kurz darauf ging das Licht an. Als ich mich umdrehte, hatte Billie sich auf ihrem Tätowierstuhl zurückgelehnt. Auf ihrer Haut glänzte der Schweiß, wie ich es mir in meinen Träumen ausgemalt hatte. Und plötzlich konnte ich an nichts anderes mehr denken, als sie auf diesem Stuhl zu vögeln. Ich konnte den Blick nicht von ihr abwenden.

»Äh … checkst du mich etwa ab?« Billie richtete sich lachend auf.

»Nein, gar nicht … Ich habe nur über die Verkabelung nachgedacht.«

Sie sprang mit einem Satz vom Stuhl und kam auf mich zu. »Du lügst.«

»Nein, wirklich nicht.«

Sie baute sich vor mir auf und zog eine Augenbraue hoch. »Schau mir in die Augen und sag mir, dass du gerade keine schmutzigen Gedanken hattest.«

Mein Blick wanderte zu ihren Augen. Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Dann öffnete ich ihn erneut, aber es kam nichts heraus.

Billie lachte. »Es ist ja okay. Du musst es nur zugeben, wenn du erwischt wirst.« Sie fuhr mit einem Finger über meinen Arm. »Ich meine, während du mich angestarrt hast, ist dir gar nicht aufgefallen, dass ich dich auch genauer angeschaut habe. Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass du unter deinem spießigen Jackett so aussiehst. Aber wenn du mich erwischt hättest, hätte ich es zugegeben. Es ist doch nichts Schlimmes dabei, wenn man Gefallen am Körper eines anderen findet. Es ist nur gruselig, wenn man es abstreitet.«

Tja, wenn sie es so sieht … Ich schaute auf sie hinunter. Sie war so klein und stand so dicht vor mir, dass ich freie Sicht auf ihr Dekolleté hatte. Ich grinste. »Jetzt schaue ich, wenn du es wissen willst. Ich gebe es zu.«

Billie lachte wieder und stieß mich gegen die Brust. »Du bist ein Blödmann. Und jetzt bring bitte das Klimagerät in Ordnung, sonst kriege ich noch einen Hitzeschlag.«

»Jawohl.«

Eine halbe Stunde später kam endlich wieder kalte Luft aus dem Gerät. Ich verabschiedete mich nur ungern, aber ich musste wirklich los, um Abendessen für meine Tochter zu machen. Also sammelte ich mein Werkzeug zusammen. »Ich muss nach oben und mich um das Essen für Saylor kümmern.«

»Oh, ja, natürlich. Danke, dass du mich gerettet hast. Der alte Vermieter hätte sich erst nach vier Tagen gemeldet. Ich weiß deine schnelle Reaktion zu schätzen.«

»Kein Problem. Am besten gebe ich dir meine Handynummer, falls das Ding noch mal Ärger macht.«

»Das wäre super, danke.«

Billie reichte mir ihr Handy, und ich tippte meine Nummer ein und gab es ihr zurück. »Also, gute Nacht.«

»Dir auch, Colby.«

Wir hatten rund zwei Stunden miteinander verbracht und sogar ein bisschen geflirtet. Und ich wusste zwar, dass sie gerade aus einer Beziehung kam, aber ich sagte mir: Scheiß drauf. »Hey, würdest du vielleicht irgendwann mal mit mir essen gehen?«

Billie lächelte traurig und schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Tut mir leid.«

Pff.