Menschenseele - Véronique Bizot - E-Book

Menschenseele E-Book

Véronique Bizot

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Beschreibung

In einem gottverlassenen und bergigen Landstrich besuchen sich vier Männer: Ein so berühmter wie misanthropischer Theaterautor und sein überaus mysteriöser Fan, ein von der Liebe enttäuschter Übersetzer und sein stiller Bruder. Über so manches sprechen die Männer, doch über weitaus mehr schweigen sie einvernehmlich. In gepflegtem Desinteresse leisten sie einander Gesellschaft und gehen noch in Situationen behutsam miteinander um, deren Komik ins Groteske taumelt. So tanzen sie einen solidarischen Reigen der Einsamkeit und suchen ihr Auskommen, bis plötzlich das Unerwartete seinen Lauf nimmt und sie gemeinsam auf Reisen schickt. Raus aus dieser verlassenen und feindseligen Gegend hinein in ein helleres Italien, wo der eine auftreten soll, sich aber mehr für das Abtreten interessiert, wo der andere nie den Überblick, der dritte jedoch erneut sein Herz verliert. Und wo ein junger und stummer Erzähler endlich das rechte Wort findet.

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Véronique Bizot

Menschen

seele

Aus dem Französischen

von Tobias Scheffel und Claudia Steinitz

Steidl/Roman

für Christian

für Romain, Félix, Gaspard

In dem Moment, als der Theaterautor Adrien Fouks (und nicht der Geschäftsmann Adrien Fouks), dem wir einen Besuch abstatteten, meinem Bruder die Stelle unter einer Treppe zeigte, wo Besen, Wischlappen und weitere Putzutensilien lagerten, nahm die nachbarschaftliche Beziehung, die sie seit rund zwei Jahren pflegten, eine etwas andere Wendung, ohne dass ich, obwohl ich auf jede Nuance achte, hätte sagen können, in welche Richtung – in die einer plötzlichen und rätselhaften Verschlechterung, die die meisten Beziehungen in die Sackgasse führt, oder in die größerer Vertrautheit, auch wenn mir jegliche Art von Vertrautheit mit Fouks von Anfang an undenkbar erschienen war. An diesem Vormittag ging es darum, die Scherben der Gläser zusammenzufegen, die auf dem Küchenboden zersplittert waren, nachdem Fouks das Tablett hatte fallen lassen, Scherben, die er mit unbeteiligtem Gesicht betrachtet hatte, bevor er sich langsam niederbeugte, um den unversehrt gebliebenen Stopfen einer Karaffe aufzulesen, den er auf den großen Holztisch zurücklegte. Die Küche, in der wir uns befanden, war riesig, mit vier niedrigen Fenstern, die schwaches weißes Licht hereinließen – es schneite –, und mit einem professionellen Sechs-Flammen-Herd, dabei kochte Fouks soweit wir wussten nichts. Täglich kam eine Frau aus dem Dorf vorbei und brachte ihm Mahlzeiten, die er an manchen Tagen nicht anrührte. An dem Morgen war die Frau, deren Name mir nicht einfällt, nicht gekommen, sicher wegen des Schnees, der alles blockierte, und Fouks, der am Tisch lehnte, sah reglos meinem Bruder zu, wie er mit dem Besen hantierte, seine Schuhe umfuhr und sich bückte, um ein Stück Glas aufzulesen, das sich in seinem Schnürsenkel verfangen hatte. Als mein Bruder alles in den Mülleimer geworfen und den Besen an seinen Platz zurückgestellt hatte, wies er darauf hin, dass sicher hier und da noch Glassplitter lägen, laufen Sie in diesem Bereich nicht barfuß herum, fügte er hinzu, worauf Fouks antwortete, er habe nicht die Angewohnheit, irgendwo barfuß zu laufen, und sollte ihn das wenig wahrscheinliche Bedürfnis überkommen, mitten in der Nacht in die Küche hinunterzugehen, so besitze er mehrere Paar ausgezeichneter Lederhausschuhe, ein Modell, das er sich mit seinen Schirmen aus England schicken lasse, Schuhe und Schirme, sagte er, zwei Waren, die allein England, das sich ansonsten mitten im Niedergang befinde, noch herzustellen vermöge. Er führte uns in die Halle und fügte hinzu, dass er sich ohne diese vier Paar englischer Hausschuhe, die in seinem Kleiderschrank aufgereiht ständen, und diese vier Exemplare englischer Schirme, die in seiner Garderobe aufgehängt seien, wirklich regendichte Schirme und nicht vorgeblich regendichte Schirme, dem Leben nicht hätte stellen können. Im Licht der Halle wirkte er erschöpft, obwohl es erst elf Uhr vormittags war. Dass er das Tablett hatte fallen lassen, war möglicherweise dieser Erschöpfung zuzuschreiben, oder aber der Sturz dieses Tabletts hatte ihm eine Art Schock versetzt, weniger die etwa fünfzehn dünnen Gläser und die Karaffen, die in tausend Stücke zersprungen waren – sicherlich besaß er andere und in ausreichender Menge – als der plötzliche, geräuschvolle Sturz, dem wir alle drei erstarrt und ohnmächtig beigewohnt hatten. Wie dem auch sei, man konnte immerhin die Erschöpfung als Grund dafür anführen, dass er weder meinem Bruder für das Fegen gedankt noch uns bisher aufgefordert hatte, unsere Anoraks auszuziehen – trotzdem hatte ich meine Mütze abgesetzt –, und ich sah, wie mein Bruder zögerte, ihm vorzuschlagen, dass wir uns einen Augenblick auf die Bank in der Halle setzen könnten. Er und ich waren gerade, wie jeden Tag, zwei Kilometer durch den Schnee gelaufen, und wir hatten noch zwei weitere bis zum »Mageren Hasen« zurückzulegen, wo wir stets das Mittagessen zu uns nahmen, zumindest dann, wenn Fouks, bei dem wir manchmal auf dem Weg vorbeischauten, uns nicht vorschlug zu bleiben und seines zu teilen, was er übrigens selten tat, und wenn er es tat, schien er sehr schnell wieder zu vergessen, dass er es getan hatte, und wir saßen dort herum, in seiner Halle oder in seiner Arbeitsbibliothek, während der Nachmittag voranschritt, ohne dass wir die Spur eines Essens gesehen hätten, welches doch, fertig vorbereitet, nur aus dem Kühlschrank hätte genommen und aufgewärmt werden müssen. Die Frau aus dem Dorf, die es gebracht hatte, war die ehemalige Köchin aus dem »Falschen Hasen«, einem Gasthof, der inzwischen geschlossen war und über den mein Bruder sagte, er sei früher ziemlich gut besucht gewesen, aber die vom »Mageren Hasen«, die praktisch direkt gegenüber eröffnet hatten wie ein schlechter Witz, hätten ihm binnen einiger Monate die Gäste weggenommen, sodass vom »Falschen Hasen« nur das verrostete Wirtshausschild, Symbol seines blitzartigen Zusammenbruchs, übrig geblieben war und alle sich im »Mageren Hasen« drängen, der in einem tristen Aluminiumanbau recht anständiges Essen serviert. Ich weiß weder, wie sehr Fouks sich an diesen Tagen unseres Hungers bewusst war, noch warum mein Bruder, den doch die Erfahrung gelehrt hatte, dass sich nichts derartiges zeigen würde, Fouksens Einladung zum Mittagessen jedes Mal annahm, ohne sich je zu trauen, einen Abstecher in die Küche vorzuschlagen, wobei wir doch zumeist bloß ein paar Meter von dieser Küche entfernt in der Halle saßen, einem langen, düsteren Raum, an dessen hoher Decke eine Reihe schwach elektrifizierter Leuchter hängt und in dessen hinterem Teil eine breite alte Steintreppe nach oben führt, aus Stein so blank poliert wie in Kathedralen. Mein Bruder sagte, Fouks messe seiner Umgebung und seinem Komfort größte Bedeutung bei und sein Haus bestehe, wenn auch spartanisch eingerichtet, aus den besten Materialien und Stoffen, was meines Bruders Meinung nach nur schlecht zu der Art passte, uns das Mittagessen vorzuenthalten. Jedes Mal, wenn wir bei ihm eintrafen, nahm mein Bruder sich vor, eine mögliche Einladung abzulehnen, die er jedes Mal annahm, aber genau genommen formulierte Fouks die Dinge nicht ausdrücklich, er ließ einfach eine Wendung ins Gespräch einfließen, mit der er uns zu bitten schien, zum Essen zu bleiben, etwa so: Wenn wir nachher essen, oder wir bekommen sicher bald Hunger, sodass mein Bruder nickte und die Stunde verstrich, da wir in der Tat zu Mittag hätten essen sollen oder können, und der Moment kam, da mein Bruder so großen Hunger hatte, dass er absolut nicht mehr gewillt war, Fouks zuzuhören, oder jener, da Fouks sich plötzlich erhob und sagte, er werde sich jetzt unverzüglich wieder an die Arbeit machen, als sei er irgendwie im Kontakt mit uns in Fahrt geraten und ihm sei eine plötzliche Idee gekommen oder ein Dialogfetzen, der dringend zu notieren wäre, vielleicht etwas, was mein Bruder gesagt hatte, oder eine Geste von ihm. Und mir kam in den Sinn, dass Fouks ebenso gut dabei sein konnte, einen Text über unser Durchhaltevermögen oder das menschliche Durchhaltevermögen im Allgemeinen zu schreiben, für das mein Bruder und ich ihm auf dieser niedrigen Ebene eines kleinen Nahrungsentzugs ein untadeliges Vorbild boten. In der Tat behauptete Fouks, das menschliche Durchhaltevermögen sei praktisch grenzenlos, da die Menschheit, wie er schließlich begriffen habe, lieber alles aushalte, als sich einer Freiheit zu stellen, die sie im Grunde mehr als alles andere fürchte. Er lebte zurückgezogen, um nicht zu sagen verschanzt, auf diesem ehemaligen Wehrhof, so wie wir, mein Bruder und ich, auf einem ehemaligen Hof zwei Kilometer von ihm entfernt lebten, und da hörten die Gemeinsamkeiten auf, da Fouksens Hof in Vegetation verborgen und für jeden, der den Zugang nicht kennt, unauffindbar ist, während unserer auf der Kuppe eines kahlen Hügels gepflanzt steht, mit gerade mal einem Apfelbaum an einer Ecke. Von seinem Haus hatte Fouks keinerlei Aussicht außer auf seinen quadratischen, von einem breiten Holztor verschlossenen Innenhof, und nach hinten auf seine von Hecken und großen Bäumen umstandene Wiese; von uns aus hatten wir einen Rundumblick über das gesamte Tal, und jeder Bewohner dieses Tales konnte unseren Bauernhof sehen, sobald er den Blick hob, und mit Leichtigkeit hinaufsteigen, was niemand tat. Es ist klar, dass unser Bauernhof, von dem gut die Hälfte abgebrannt ist, deutlich weniger ansehnlich ist als der von Fouks, wenn auch immer noch recht groß, und dass der Wind dort jeden Winkel kennt, während er sich bei Fouks mit den Baumwipfeln zufrieden geben muss. Und während wir, mein Bruder und ich, den Bauernhof nach dem Brand geerbt und uns mit dem Gebäude in seinem Zustand abgefunden hatten, hatte Fouks methodisch die Gegend abgesucht, bis er den Ort, den er sehr genau im Kopfe hatte, gefunden und die Dinge methodisch nach seiner Vorstellung gestaltet hatte. Als Theaterautor war Fouks relativ berühmt, eine Berühmtheit, aus der er, wie mein Bruder dachte, heimliche Befriedigung zog, auch wenn Fouks behauptete, er habe eine Passion für die Einsamkeit, und in der Tat lebte er höchst einsam. Gleichwohl hatte er am Vorabend offenkundig Gäste gehabt, jene, die aus den Gläsern getrunken hatten, die mein Bruder zusammengefegt hatte, es sei denn, Fouks hätte ihnen zu guter Letzt nichts zu trinken angeboten oder sie gleich rausgeworfen, oder aber diese Leute waren nie erschienen, alles war vollkommen aufgeräumt im Haus und wie immer vollkommen still. In den zwei Jahren, die wir mit Fouks verkehrten, hatte er meiner Kenntnis nach niemals jemanden empfangen, abgesehen von meinem Bruder, mir und Montoya. Dennoch hatte er Kontakt zu Menschen – wurde er bedrängt, wie er sagte –, die, nachdem sie schließlich begriffen hatte, dass er praktisch nicht ans Telefon ging, ihm alle möglichen Briefe schrieben, die sich, selten geöffnet und noch seltener gelesen, auf einem Tisch in seiner Bibliothek stapelten. Fouks behauptete, allein schon das Öffnen eines Umschlags reiche aus, ihm den Tag zu verderben. Die Leute, sagte er, die Theaterliebhaber, wie er sie nannte, versteiften sich darauf, ihm zu schreiben, und hätten sie gewusst, dass er seine Post nicht öffnete, hätten sie ihm ebenso viel geschrieben. Sie sehen sich eines meiner Stücke an und Schwupp!, kommt ein Brief. Sie lesen eines meiner Stücke, und noch ein Brief. Studenten, Professoren, Eltern von Schülern, karitative Einrichtungen, Kulturreferenten, Bibliothekare, bis hin zu Zoodirektoren, schreiben mir. Warum müssen die mir alle schreiben, können Sie mir das sagen? Tatsächlich waren mein Bruder und ich einmal zu Fouks gekommen und hatten ihn mit einem Blatt Papier in der Hand angetroffen, das er mit düsterer Miene betrachtet und meinem Bruder hingestreckt hatte. Das kommt von einem Botschafter, hatte er gesagt, und in der Tat trug das Schreiben den Briefkopf einer Botschaft. Mächtig viel Zeit totzuschlagen im Tagesablauf eines Botschafters, jeder weiß das, hatte Fouks fortgefahren, und was tut er? Er nimmt ein Blatt dieses prachtvollen Botschaftspapiers und schreibt mir – unvermeidlich. Sein Botschaftertelefon ist den ganzen Tag über stumm geblieben, denn wollen Sie mir wohl sagen, wer auf die unsinnige Idee käme, den Botschafter anzurufen, der immer als Letzter von Staatsangelegenheiten erfährt? Man ruft den Präsidenten, den König, die Minister oder auch die Journalisten an, nie den Botschafter, der da von morgens an mit seinem silbernen Haar in der totalen Stille seiner Botschaft am Schreibtisch sitzt, in Erwartung des Moments, in dem die Empfangszimmer seiner Botschaft sich öffnen und er für ein paar Stunden seine Rolle als Botschafter ausfüllen kann. Lesen Sie, hatte Fouks meinem Bruder gesagt, lesen Sie diesen Brief des Botschafters. Mein Bruder hatte also rasch den Brief überflogen, von dem er mir später sagte, er habe ein begeistertes Kompliment enthalten, gefolgt von einer Einladung in die Botschaft. Ein absolut beleidigender Brief, nicht wahr?, hatte Fouks gesagt und das Papier zusammengeknüllt, um es in den Kamin zu schleudern. Kurze Zeit danach bot er meinem Bruder an, eines seiner Stücke für eine italienische Theatertruppe zu übersetzen, dann ein zweites, wieder ins Italienische. Mein Bruder dachte zu Beginn, es werde ihm unmöglich sein, mit Fouks zu arbeiten, doch dann merkte er, dass nichts einfacher war als das. Fouks händigte ihm seine Texte aus und wollte schlicht nichts weiter davon wissen, ließ meinen Bruder seine Übersetzungen direkt nach Italien schicken und Details und Geldfragen mit den Italienern klären, beschränkte sich darauf, ihm größte Entschlossenheit hinsichtlich seiner Tarife als Übersetzer sowie größtes Misstrauen hinsichtlich der italienischen Zahlungsmoral anzuraten. Mein Bruder und er redeten folglich fast nie über Theater – Fouks lehnte es ab, mit irgend jemandem über seine Arbeit zu reden –, während ich mich in der Bibliothek aufhielt, in deren Stille ich inzwischen, wenn es meinem Bruder beliebte, mich allein zu lassen, oder er irgendwo etwas zu tun hatte, wohin er mich nicht mitnehmen konnte, Stunden mit Lesen zubrachte, vollkommen reglos im großen gepolsterten Ledersessel. Die bis zur Decke mit Büchern vollgestellte Bibliothek war der Ort, an dem Fouks seine Stücke schrieb und den ich eines Tages zufällig betreten hatte. Ich war wohl eine ganze Zeit da geblieben, denn als mein Bruder mich dort friedlich im Ledersessel fand, sah er aus wie jemand, der mich eine Weile gesucht hatte. Dann hatte sein Gesichtsausdruck sich von besorgt in eigenartig verwandelt, als er merkte, dass ich dieses Buch – Eugénie Grandet – in der Hand hielt, aber plötzlich hatte ich keine Lust mehr gehabt, auf die Ausdrücke zu achten, die das Gesicht meines Bruders jedes Mal annahm, wenn er mich beobachtete, und mich sofort wieder in meine Lektüre vertieft. Mein Bruder war einen Augenblick dort stehen geblieben und hatte mich beobachtet, dann war er wohl irgendwo im Haus zu Fouks gegangen, und als ich das Buch beendet hatte, war ich allein im Raum und hatte nicht bemerkt, wie jemand unterdessen vorbeigekommen war und eine Lampe angemacht hatte. Bei unserem nächsten Besuch war ich direkt in die Bibliothek gegangen und hatte neben dem Ledersessel ein paar dort bereitgelegte Bücher gesehen. Ich hatte das Buch genommen, das oben auf dem Stapel lag. Und, was hast du heute gelesen?, fragte mein Bruder, als wir wieder zu uns hinaufliefen, als erwartete er, dass ich endlich zu reden begänne, und obwohl er natürlich nicht glaubte, dass ich wirklich las – ich selbst hatte das zu Beginn von Eugénie Grandet nicht sofort geglaubt –, sondern dachte, ich täte bloß so, als ob ich läse, da ich mich nach Aussage der Ärzte im Stadium post-traumatischen Denkens befand und sie nicht viel auf meine kognitive Entwicklung gaben. Aber das war in seinen Augen schon etwas, eine Art Initiative, die ich ergriffen hatte, ein ermutigendes Zeichen – die Art Zeichen, auf die mein Bruder bei mir unaufhörlich lauerte –, und die Stunden, die ich mit einem Buch in den Händen verbrachte, boten ihm zumindest eine Atempause von der beständigen Kontrolle, die er über mich ausübte. Fouks dagegen schien weniger überzeugt, dass ich nur so tat, als läse ich, er erneuerte regelmäßig meinen Lektürevorrat und beließ es dabei. Ich war jung, und die Jugend, sagte er, interessiere ihn nicht im Geringsten. Ich meinerseits hatte unterdessen alle möglichen Bilder vor Augen, den gewaltigen Kopf von Eugénie Grandet, die schlecht verteilte Fülle von Rose Cormon, die schlammigen Strudel des Mississippi und die schwangere Frau im Kahn, die verrückte Seele von Kurtz in den Tiefen des Kongo, die endlosen Nächte in eiskalten Kammern und Straßen in gleißender Hitze, ich hatte Ahab, Murphy, den Abbé Birotteau, die Barone in Wien, die alten Pferde, die Straßenbahnen von Algier und die Hutmacher von Sankt Petersburg vor Augen, all jene Dinge, die man zu allen Zeiten beinahe verstanden hat, und bei allen so viel Sorgen. Und etwas in mir erweiterte sich, als habe man mir neue Karten ausgeteilt, die eine Unzahl neuer Motive offenbarten, und als wüsste ich nun, trotz der fünfundzwanzig Jahre, die mich von meinem Bruder trennten, genauso viel wie er über das Leben und vielleicht sogar mehr, in jedem Fall genug, damit er aufhörte auszusehen, als rechne er damit, dass mir der Geifer aus dem Mund läuft, und genug, damit er mich allein überall dorthin gehen ließ, wo es Bürgersteige und Dinge anzusehen gab, und nicht nur rund um unser